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Hohelied 3:3, wächter

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  • Hohelied 3:3, wächter

    Liebe Geschwister im Herrn


    Was ist mit Wächter gemeint? Ist dies ein Sinnbild?


    Hohelied 3:3 Es fanden mich die Wächter, die in der Stadt umhergehen: Habt ihr den gesehen, den meine Seele liebt?

  • #2
    AW: Hohelied 3:3, wächter

    Liebe Schwester Larissa

    Zu Deiner Frage bezüglich der Wächter:

    Hl 3,3
    Es fanden mich die Wächter, die in der Stadt umhergehen: Habt ihr den gesehen, den meine Seele liebt? Hl 5,7 Es fanden mich die Wächter, die in der Stadt umhergehen: sie schlugen mich, verwundeten mich; die Wächter der Mauern nahmen mir meinen Schleier weg.

    einiges aus dem sehr guten aber etwas umfangreichen Buch von >>> WJO

    Aber zunächst eine kleine Übersicht zu LdL von A.C. Gaebelein


    Das Lied der Lieder (Das Hohelied)
    Einführung

    Das Lied Salomos – so die Bezeichnung in der King-James-Übersetzung (svw. Authorized Version [AV]) – ist nach den Sprüchen und dem Prediger das dritte Buch, dessen Verfasser Salomo ist. In der hebräischen Bibel wird es anders eingeordnet als bei uns. Dort befindet es sich in demjenigen Teil, dessen Schriften als »Ketubim« bzw. »Hagiographen« (A. d. Ü.: griechisch svw. »heilige Schriften«) bezeichnet werden. Es gehört zu den sogenannten »Megillot« bzw. Festrollen (Lied Salomos, Rut, Klagelieder, Prediger und Ester) und nimmt unter ihnen den ersten Platz ein. Nach einer Festlegung des Synagogengottesdienstes wird es am achten Tag des Passa, dem Fest der Erlösung, verlesen. Dies ist vielsagend, denn dieses Lied umfaßt – wie wir sehen werden – ein Liebeslied, das die Liebe des Messias zu seinem Volk ausdrückt.
    Ein besserer Titel für dieses Buch lautet »Lied der Lieder«. Er entspricht den hebräischen Anfangsworten des Buches – Schir Ha-schirim. Als »Lied der Lieder« wird es sowohl in der Septuaginta (Asma Asmaton) als auch in der Vulgata (Canticum Canticorum) bezeichnet. Dieser Titel bringt die geistliche Bedeutung dieses Büchleins am umfassendsten zum Ausdruck.
    Natürlich ist auch dieses wunderbare Lied in hohem Maße den Angriffen derjenigen ausgesetzt gewesen, die den Anspruch erheben, Kritiker des Wortes Gottes zu sein. Wir wollen nicht die gegen dieses Lied gerichteten Vorwürfe wiederholen, worin ihm unterstellt wird, in seinen Andeutungen sinnlich, wenn nicht gar unmoralisch zu sein. Darin besteht das Urteil des natürlichen Menschen, der durch solche Kritik den eigenen Herzenszustand offenbart.
    Die salomonische Verfasserschaft wurde gleichermaßen angegriffen. Man behauptet, das Buch sei lange nach der Zeit Salomos geschrieben worden. Der deutsche Kritiker Wellhausen erklärt, daß »der ursprünglichste Teil der Hagiographen das Hohelied beinhaltet. Die darin vorkommenden Namen und Gegenstände verweisen es eindeutig in die zweite Hälfte der persischen Zeit. Wir ersehen daraus, daß das Gesetz die Liebeslyrik noch nicht aus dem jüdischen Leben verbannt hatte und der Genuß der Lebensfreuden noch möglich war.« Fast alle anderen Kritiker haben es als nachexilisch eingeordnet. Die gegen eine Abfassung in Salomos Zeit bestehenden Einwände werden hauptsächlich aufgrund einiger Wörter erhoben, die nach Meinung der Kritiker unter Salomos Herrschaft im Volk unbekannt waren. Was wir in der Einleitung zum Prediger über diese sprach- und literaturwissenschaftlichen Einwände dargelegt haben, gilt auch im Falle dieses Buches. Obwohl Wellhausen und andere die salomonische Verfasserschaft und eine entsprechende Datierung geleugnet haben, erklärten andere Gelehrte, daß die im Lied selbst enthaltenen Merkmale auf Salomo deuten. Unter diesen Merkmalen erwähnt Professor Delitzsch »die Vertrautheit mit der Natur, die Fülle geographischer Hinweise, die weitreichende Ortskenntnis des Buches und den darin geoffenbarten Kunstsinn. Außerdem werden so viele exotische Pflanzen und fremdartige Dinge erwähnt, insbesondere Luxusgegenstände wie die mit ägyptischen Pferden bespannten Wagen.«

    Weder das Judentum noch das Frühchristentum bezweifelten die Echtheit des Hohenliedes. Es gehörte seit sehr alter Zeit zu den kanonischen Schriften des Judentums, und es gibt keinen stichhaltigen Grund dafür, es als unecht zu verwerfen oder die salomonische Verfasserschaft zu leugnen.
    Eine andere Frage, die aufgeworfen worden ist, betrifft die Einheitlichkeit des Inhalts. Da verschiedene Personen in diesem Büchlein zu Wort kommen und da es aus Dialogen sowie Monologen besteht, behaupten einige Kritiker, daß das Buch nicht als einheitliches Ganzes, sondern vielmehr als eine Sammlung von Liebesgedichten anzusehen ist, die den von Burns1 und Heine2 geschriebenen ähneln. Budde, ein Kritiker, ist bestrebt nachzuweisen, daß das Buch eine Sammlung volkstümlicher, zu Hochzeiten gesungener Lieder darstellt, die von unbekannter Hand gesammelt wurden. Doch aufgrund der stilistischen Einheitlichkeit des Buches und seiner Sprache ist diese Theorie vom Tisch. Auch besteht kein Grund dazu, sich denjenigen anzuschließen, die es als hebräisches Drama bezeichnet haben.
    1 A. d. Ü.: schottischer Dichter (1759 – 1796)
    2 A. d. Ü.: deutscher Dichter (1797 – 1856)

    Die Handlung des Liedes

    Es umfaßt die Geschichte der Liebe des Königs Salomo zu Sulamith, der Braut. Einmal erscheint sie als Weingärtnerin, dann als Hirtin, als diejenige, die um Mitternacht auf der Suche ist usw. Der König wiederum wird in all seiner Schönheit als der Geliebte beschrieben. Auf diese Weise haben die jüdischen Ausleger sowie die überwältigende Mehrheit christlicher Exegeten die Handlung des Liedes verstanden.
    Doch daneben gibt es eine andere Deutung des Liedes, die sogenannte »Hirtenhypothese«1. Sie wurde erstmals 1771 von einem Ausleger namens Jacobi vorgebracht und später von Herder, Umbreit, dem Kritiker Ewald, dem französischen Atheisten Renan und anderen übernommen. In England hat sie in Dr. Ginsburg einen kompetenten Befürworter gefunden. Diese Hirtenhypothese läßt sich kurz folgendermaßen darlegen:
    1 A. d. Ü.: Mit diesem in einschlägigen theologischen Werken hinsichtlich der Auslegung des Hohenliedes zu findenden Begriff wird hier und im folgenden versucht, den Ausdruck des Originals, »the literalist«, wiederzugeben. Die Namen der diese Hypothese vertretenden Ausleger ermöglichen eine eindeutige Zuordnung.
    Irgendwo in Sulem (oder »Sulam«) lebte eine verwitwete Mutter mit mehreren Söhnen und einer schönen Tochter. Sie bebauten den Acker. Eines Tages, als das Mädchen die Herden hütete und unter einem Apfelbaum ruhte, begegnete sie einem jungen Hirten, mit dem sie später verlobt wurde. Eines Morgens bat dieser junge Mann sie, ihn aufs Feld hinaus zu begleiten. Da aber ihre Brüder um ihren guten Ruf besorgt waren, sagten sie ihr, sie solle sich statt dessen um die Weinberge kümmern. Sie bat ihn dann, am Abend zu ihr zu kommen. Als er nicht zur verabredeten Zeit erschien und sie fürchtete, es habe ihm etwas zustoßen können, suchte und fand sie ihn. An einem Sommertag begab es sich, daß sie zufällig König Salomo begegnete, der gerade diese Gegend bereiste. Der König, von der Schönheit des Mädchens entzückt, führte sie in sein königliches Zelt und bemühte sich dort, umgeben von Hofdamen, mit verlockenden Versprechungen und Schmeichelworten ihre Zuneigung zu gewinnen, jedoch ohne Erfolg. Kaum hatte sie der König gehenlassen, suchte das Mädchen den geliebten Hirten. Doch nun nahm der König sie in großem Prunk mit nach Jerusalem. Er hoffte, sie mit seiner Pracht blenden zu können, doch auch das schlug fehl, denn sogar während ihres dortigen Aufenthaltes sagte sie ihrem geliebten Hirten, der ihr in die Stadt gefolgt war, daß sie sich danach sehne, bei ihm zu sein.
    Der Hirte rühmte, als er dies hörte, ihre Treue. Sie bekundeten einander ihre Liebe auf so ergreifende Weise, daß mehrere unter den Hofdamen zutiefst davon berührt waren. Der König war noch immer entschlossen, ihre Zuneigung zu gewinnen, und wartete auf eine günstige Gelegenheit. Er versuchte mit alles Bisherige übertreffenden Schmeicheleien und Verlockungen sein Ziel zu erreichen. Er versprach, sie in den höchsten Stand zu erheben, wenn sie sich seinen Wünschen fügte. Sie aber lehnte ab und erklärte, daß sie einem anderen Treue gelobt habe. Damit war der König gezwungen, sie gehenzulassen, so daß die Hirtin mit ihrem Geliebten in ihr Heimatdorf zurückkehren konnte.
    Es gibt mindestens drei Gründe dafür, warum wir diese Ansicht ablehnen müssen. Erstens läßt sie den Gedankengang des Buches völlig außer acht. Der Text muß zerstückelt werden, so daß man sich tatsächlich der »Rösselsprung-Methode«, des vers- bzw. kapitelweisen Hin- und Herspringens, bedienen muß, um solch eine Handlung rekonstruieren zu können. Zweitens läuft sie der gesamten jüdischen und christlichen Auslegung der Vergangenheit zuwider, so daß diese ausnahmslos als falsch hingestellt werden müßte, wenn diese Hirtenhypothese der Wahrheit entsprechen würde. Und schließlich sieht sie König Salomo – der als Friedenskönig und in der Herrlichkeit seines Reiches ein Typus im Blick auf Christus, den Messias, ist – als einen gemeinen Verführer, der sein Äußerstes versucht, um die Hirtin zu betören.
    Wir sind daher in Einklang mit der überwältigenden Mehrheit der jüdischen und christlichen Ausleger der Überzeugung, daß es um die Geschichte der Liebe Salomos zu seiner Braut, der Sulamithin1, geht.
    1 A. d. Ü.: Der in 7,1 erwähnte Name der Braut kann entweder als Eigenname aufgefaßt oder im Sinne von »Bewohnerin Sulams« (svw. Sulamithin) verstanden werden. Hier geht es um die letztgenannte Bedeutung, da dem Namen im Original der bestimmte Artikel vorangestellt ist.

    1 A. d. Ü.: Der in 7,1 erwähnte Name der Braut kann entweder als Eigenname aufgefaßt oder im Sinne von »Bewohnerin Sulams« (svw. Sulamithin) verstanden werden. Hier geht es um die letztgenannte Bedeutung, da dem Namen im Original der bestimmte Artikel vorangestellt ist.
    Die allegorische Bedeutung
    Daß dieses Lied eine tiefe, geheimnisvolle und geistliche Bedeutung hat, ist stets anerkannt worden. Die Juden haben es in diesem Licht gesehen, wobei einige orthodoxe Juden für denjenigen, der es lesen wollte, als Mindestalter das 30. Lebensjahr festlegten. Es wurde von ihnen »das Allerheiligste« genannt. Die jüdische Auslegung hat dieses Liebeslied zu Recht als Versinnbildlichung der Liebe des Herrn zu seinem Volk Israel und seiner Vereinigung mit ihm gedeutet. Wir glauben, daß dies die richtige Auslegung ist. Allerdings ist nicht Israel als ganzes Volk, sondern vielmehr der fromme Überrest gemeint. Das Lied der Lieder kündet von den innersten Regungen, die der Messiaskönig im Herzen der Angehörigen dieses Überrests in der Zeit der Wiederherstellung ihrer Beziehung zu ihm wachruft. Dann werden sie sich wieder jener glückseligen Beziehung erfreuen, die so lange unterbrochen gewesen ist. Hier befindet sich demnach in geheimnisvoller Form eine glückselige Offenbarung der hingebungsvollen Liebe Christi zum Überrest seines Volkes und zu Jerusalem sowie die Herzensreaktion auf seiten der Angehörigen jenes Überrests.
    Die umfassendere Anwendung
    Diese Auslegung schließt eine andere, umfassendere Anwendung auf Christus und die Gemeinde nicht aus. Solch eine Anwendung ist durch die Lehre des Neuen Testaments voll und ganz gerechtfertigt. Zweifellos gilt die Liebe des Messias den Angehörigen des Überrests seines Volkes Israel, deren Liebe und Herzenshingabe er an einem zukünftigen Tag wecken wird, da sie in die Gnadenstellung vor ihm zurückgeführt werden. Doch genauso hat er die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben. Sowohl Israels Vereinigung mit dem Messias – mit Gott, dem Herrn – als auch die darüber hinausgehende Vereinigung der Gemeinde mit Christus werden in beiden Testamenten durch die eheliche Beziehung versinnbildlicht. Die folgenden Stellen weisen dies vollends nach: Jesaja 54,5; 62,5; Jeremia 3,1; Hesekiel 16,23 usw. im Alten sowie Matthäus 9,15; 22,2; 25,1; Johannes 3,29; 2. Korinther 11,2; Epheser 5,23.32; Offenbarung 19,7; 22,17 im Neuen Testament.
    Die Lehre einiger, wonach nur Israel die Braut Christi sei, muß abgelehnt werden. Es stimmt, daß die Gemeinde als Leib und Braut Christi im Alten Testament nicht geoffenbart ist. Sie wird aber darin vorgeschattet, so daß wir uneingeschränkt das Recht haben, die kostbaren Aussagen in diesem Liebeslied auf uns anzuwenden.
    Dies ist bereits in der Vergangenheit geschehen. Die Geschichte der Anwendung auf die Gemeinde ist Gegenstand sehr interessanter Betrachtungen. Darauf gehen wir kurz ein:
    Hippolytus (225 n. Chr.) war der erste Exeget des Hohenliedes. Er legt dar, daß es in erster Linie auf Israel und dann auch auf die Gemeinde angewendet werden muß. Origenes entfaltete diese Anwendung auf die Gemeinde und ihre Vereinigung mit Christus umfassender. Seit seiner Zeit bildete die Gleichsetzung des Bräutigams und der Braut mit Christus bzw. der Gemeinde die vorherrschende Auslegungsmethode. Athanasius, Gregor von Nyssa und Hieronymus folgten mehr oder weniger dieser von Origenes vorgebrachten Auslegung und Anwendung. Hieronymus sah in dem Bräutigam und der Braut Christus und die Gemeinde bzw. Christus und die Seele. Auch Augustin stimmte dem zu, beschränkte aber die Bedeutung auf die Vereinigung Christi mit der Gemeinde.
    Theodor von Mopsuestia, ein herausragender Ausleger des Wortes Gottes, kehrte weithin zur wörtlichen Deutung des Liedes zurück. Chrysostomus1, Theodoret und fast alle Exegeten des Frühchristentums lehren, daß das Lied die Liebe Christi zu seiner Gemeinde versinnbildliche.
    1 A. d. Ü.: »Chrysostomus« (Goldmund) war der Beiname von Johannes, des Patriarchen von Konstantinopel (um 354 – 407)
    Im Mittelalter machte die Mystik von diesem zum Wort Gottes gehörenden Lied vielfach Gebrauch. Allein Bernhard von Clairvaux hielt nicht weniger als achtzig Predigten über die ersten beiden Kapitel. Wollte man alle Ausleger des Mittelalters und späterer Zeiten erwähnen, würde das viele Seiten füllen.
    Die kritische Theologie hat sich von der geistlichen Anwendung auf Christus und die Gemeinde vollständig losgesagt. Dr. Harper sagt in der Cambridge Bible: »Daß in dieser Bildersprache das Sinnliche mit der eher geistlich ausgerichteten Leidenschaft der Braut und ihres Geliebten vermischt worden ist, hat uns mehr abgestoßen als frühere Generationen.«

    Die Gliederung des Liedes
    Es sind verschiedene Gliederungen dieses Liedes vorgeschlagen worden, von denen keine befriedigend zu sein scheint. Unserer Überzeugung nach studiert man das Lied der Lieder am besten, wenn man Vers für Vers darauf eingeht, ohne zu versuchen, eine ausführliche Gliederung und Analyse vorzunehmen.
    Analyse und Kommentare
    Beim Studieren dieses Liebesliedes darf nicht außer acht gelassen werden, daß es in erster Linie auf den Überrest Israels angewendet werden muß. Wir müssen im Auge behalten, daß wir uns auf jüdischem Boden befinden, so daß die uneingeschränkte Zusicherung jener vollkommenen Liebe, die wir als Glieder des Leibes Christi kennen, fehlt. Die tiefgehenderen geistlichen Anwendungen, die der einzelne Gläubige in der Herzensgemeinschaft mit dem Herrn erkennen mag, bleiben jedem selbst überlassen. Im gewissen Sinne befinden wir uns hier im »Allerheiligsten«, denn Liebesgemeinschaft mit unserem Heiland, dem Herrn, ist das Kostbarste. Sie ruft jene Anbetung und Bewunderung hervor, die in seinen Augen so wohlannehmlich ist – die Anbetung im Geist. Unsere Anmerkungen werden daher mehr allgemein gehalten sein. Wir vertrauen aber darauf, daß sie gemäß der göttlichen Gedanken zu einem tiefgründigeren Studium des Buches beitragen.
    KAPITEL 1
    Die Braut redet zuerst. Sie beschäftigt sich mit dem Geliebten. Sein Wesen und all seine Freundlichkeit sowie Lieblichkeit haben in ihrem Herzen die Liebe und Bewunderung hervorgerufen, die sie zum Ausdruck bringt. Zunächst bricht sie entzückt in die Worte aus: »Er küsse mich mit Küssen seines Mundes, denn deine Liebe ist köstlicher als Wein.« Sie erwähnt den Geliebten nicht namentlich – für sie gibt es nur einen. Dies wird auf wunderbare Weise durch Maria veranschaulicht. Sie kam zum Grab, suchte ihren Herrn und sagte zu demjenigen, den sie für den Gärtner hielt: »Wenn du ihn weggetragen … hast« (Joh 20,15). Der Kuß ist Ausdruck der Versöhnung (Lk 15,20), das Zeichen des Friedens und vor allem der Zuneigung. Somit wird sich der Überrest Israels nach ihm, nach Versöhnung, Frieden und seiner innersten Zuneigung sehnen. Doch wahre Gläubige, die Glieder seines Leibes, haben die völlige Gewißheit ihrer Versöhnung in ihm: Er ist ihr Friede, und sie dürfen sich seiner Zuneigung erfreuen. Seine Liebe ist köstlicher als Wein. Wein ist das Sinnbild irdischer Freuden und Vergnügungen. Was es auch immer unter der Sonne gibt – seine Liebe ist weitaus köstlicher.
    In Vers 3 wird sein in Ehren gehaltener Name als »ausgegossenes Salböl« bezeichnet. Dies hat mit all dem zu tun, was er ist und was er gibt. Treffend singen wir: »Jesu Name ist mir teuer, heiß ist mir das Herz entbrannt.« Die Stelle erinnert uns an Markus 14,3. Für alle, die ihn kennen, ist sein Name über jeden anderen Namen erhaben. Doch während wir schon jetzt seinen Namen in all seiner Kostbarkeit kennen, werden ihn die Angehörigen seines Volkes Israel – die Frommen unter ihnen – erst an einem zukünftigen Tag erkennen. Die hier erwähnten, ihn liebenden Jungfrauen sind diejenigen Abgesonderten in Israel, die sich nicht der antichristlichen Täuschung der großen Trübsal anschließen. In Offenbarung 14,1-5 lesen wir erneut von ihnen.
    Die Braut verlangt danach, von ihm gezogen zu werden, und weiß, daß alle ihm nacheilen werden, wenn er zieht. Dann erscheint der König und führt sie in seine Gemächer als Sinnbild völliger Liebesgemeinschaft. Dies bringt Jubel und Freude mit sich. Die Verse 5-6 umfassen das Bekenntnis der Braut. Sie bekennt, daß sie schwarz ist. Dies bedeutet keineswegs, daß sie – wie einige angenommen haben – eine Äthiopierin ist. Damit ist vielmehr »sonnengebräunt« gemeint, denn sie erklärt: »Seht mich nicht an, weil ich schwärzlich bin, weil die Sonne mich gebräunt hat!« Sie hat die sengende Hitze der Drangsal und Betrübnis durchlebt und ist dennoch schön (Hes 16,14), weil seine Barmherzigkeit und Freundlichkeit sie nicht verlassen haben. Die Töchter, an die sich die Braut wendet, sind diejenigen Angehörigen des Volkes, die noch nicht wie sie den Geliebten, den Messias, erkennen. Israel, die Geliebte, war berufen worden, »Hüterin der Weinberge« zu sein. Sie sollte Hüterin der Nationen und Segensträgerin für sie sein, versagte aber. Sie hat nicht einmal ihren eigenen Weinberg gehütet. Hier finden wir ihr Bekenntnis vor demjenigen, den sie jetzt kennt und dessen Nähe sie ersehnt.
    Und sie möchte nur ihm gehören und dort sein, wo er ist. Sie sucht Zuflucht an der Stätte, wo er seine Herde am Mittag lagern läßt, denn ihre Seele liebt ihn. Für sie ist er zum Hirten Israels geworden, der seine Schafe gefunden hat (Jes 49,10; Hes 34,13-15). Und wenn sich schon die Angehörigen des Überrests so nach ihm und der kostbaren Gemeinschaft mit ihm sehnen, wieviel mehr sollten wir, sein himmlisches Volk, ihn lieben und nur ihm anhangen! Dann redet er in Vers 8. Aufgrund ihres Bekenntnisses nennt er sie die »Schönste unter den Frauen«. Sie soll weitergehen, »den Spuren der Herde nach«. Was er von ihr sagt und was sie ist, hat er selbst in ihr und für sie entstehen lassen. Während die Pferde auf kraftvolles Vorwärtsstürmen und Schnelligkeit schließen lassen (ebenso wie im Neuen Testament), verkörpert der Schmuck die Geschenke seiner Liebe (Hes 16,11). Interessant ist Vers 11: »Goldene Schmuckkettchen wollen wir dir machen mit Perlen aus Silber.« Die Juden glauben, daß sowohl Gott als auch der Messias königliche Würde besitzen. »Wir« bezeichnet den Vater und den Sohn. Die goldenen Schmuckkettchen verkörpern die Freude, mit den silbernen Perlen ist die Hochzeitskrone für die Braut gemeint (Est 2,17; Hes 16,12). Auf diese Weise wird der Messias seine Treuen in Israel krönen, während seine Gemeinde in der Herrlichkeit gekrönt werden wird.
    In den restlichen Versen des Kapitels spricht dann wiederum die Braut von ihren innersten Regungen. Während sie der Bräutigam als »schön« bezeichnet, ruft sie umgekehrt aus: »Siehe, auch du bist schön, mein Geliebter, und hold.«

    KAPITEL 2
    Die Stimme der Braut ist in den einleitenden Versen dieses Kapitels erneut zu hören. Obwohl einige die Verse so auslegen, als rede hier der Messias von sich als der Narzisse und Lilie der Täler, ist hier die Braut gemeint. Sie ist in ihrer Reinheit und Absonderung der Lilie unter Dornen, unter den Abgefallenen des Volkes während des Endes des jüdischen Zeitalters, gleich. Den Messias bezeichnet sie als einen Apfelbaum. Sie hat keine eigene Frucht vorzuweisen, sondern ruht bei ihm als dem Hochgelobten, der Frucht getragen hat. Bei ihm findet sie Zuflucht. Er ist ihr Schutz, in seinem Schatten kann sie seine Frucht genießen. Dort findet sie wie alle wahren Gläubigen Wonne und Ruhe, genießt sie seine süß schmeckende Frucht. Der Bräutigam hat sie in seinen Palast, genauer gesagt ins Weinhaus geführt. Unbegrenzte Freude und Wonne darf sie jetzt erfüllen. Das Zeichen der Liebe ist über ihr, während sie sich aus ganzem Herzen an seiner Liebe erfreut und auch er in seiner Liebe ruht, denn all seine Gnadenabsichten hinsichtlich des frommen Überrests Israels sind verwirklicht worden.
    Die geistliche Anwendung auf die Gemeinde ist leicht zu erkennen. In Vers 7 beschwört sie die Töchter Jerusalems, die Liebesbeziehung, derer sie sich erfreut, in keiner Weise aufzustören, bis es ihm gefällt und er auch von den übrigen unter den Töchtern Jerusalems gemäß seiner Absicht erkannt werden wird. Es ist interessant, in diesem Lied das mehrmalige Vorkommen der Wendung »ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems« zur Kenntnis zu nehmen. Jedesmal folgt ihr sein Kommen. Hier lesen wir: »Horch, mein Geliebter! Siehe, da kommt er!« Damit ist sein Kommen als Messias gemeint, der sich der Braut offenbart. In Kapitel 3,6 kommt er als Messiaskönig, wird sein Name »Salomo«, der Friedensfürst, geoffenbart. Diese Wendung »ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems« kommt dann noch einmal in Kapitel 8,4-5 vor. Hier kommt die Braut aus der Wüste, an ihn, ihren Geliebten, gelehnt. Es ist nicht der fiktive Geliebte in Gestalt des Hirten, sondern der Messiaskönig.
    Die restlichen Verse dieses Kapitels bezeugen die Richtigkeit der jüdischen Auslegung. Alle Aussagen lassen erkennen, daß sie sich auf die Zeit beziehen, da die Angehörigen des Überrests Israels ihn erkennen und sich der ihnen verheißenen Segnungen sowie Herrlichkeiten erfreuen. Der Winter, die Zeit der tödlichen Erstarrung und Kälte, ist vorbei. Die Regenzeit ist vorüber, der Frühling steht bevor. Der Morgen ohne Wolken bricht an! Es zeigen sich Blumen, die Vögel fangen an zu singen. Das Gurren der Turteltaube, der Verkörperung der Liebe, ist zu hören. Außerdem bringt der Feigenbaum die ersten Feigen hervor (als Ausdruck der Tatsache, daß der einst verfluchte Feigenbaum – Israel – wieder Frucht trägt). Auch die Weinstöcke setzen die ersten Trauben an1. Sehen wir nicht in der Bildersprache all dieser Aussagen, daß die Zeiten des Tausendjährigen Reiches unmittelbar bevorstehen? Dann ruft er ihr zu: »Mach dich auf, meine Freundin, meine Schöne, und komm!« Sei ganz für mich da! Er nennt sie »meine Taube«. Sie befindet sich in den Schlupfwinkeln der Felsen, während er selbst derjenige Fels ist, wo sein Volk geborgen ist und Zuflucht findet. Er sehnt sich genauso nach ihr wie sie sich nach ihm. Seine Augen sind auf sie, seine geliebte Braut, gerichtet, und sie erwidert seinen Blick. Nachdem die Zusicherung seiner großen Liebe sie innerlich erregt hat, ruft die Braut freudig aus: »Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein.« Trotzdem ist die Fülle noch nicht gekommen. Dies alles geschieht noch in der glückseligen Erwartung der Zeit umfassendster Offenbarung, »wenn der Tag verhaucht und die Schatten fliehen«. Sie ruft ihm zu: »Wende dich her (d. h. komme schnell), mein Geliebter, gleiche einer Gazelle oder einem jungen Hirsch auf den Bether-Bergen«, den Bergen der Balsamöle und des Weihrauchs! Dann beginnt die Zeit der Anbetung.
    1 A. d. Ü.: Während in deutschen Bibelübersetzungen übereinstimmend davon die Rede ist, daß die blühenden Reben ihren Duft geben, wird in der AV ihr Duften in Verbindung mit dem Ansatz der ersten Früchte gesehen.
    KAPITEL 3
    Es folgt ein Szenenwechsel. Die Braut ist nun allein, befindet sich in dunkler Nacht. Sie sucht ihren Geliebten und ist nicht imstande, ihn zu finden. Ihr Herz ist mit der gleichen Liebe erfüllt, die sie im vorhergehenden Kapitel erkennen läßt, doch ihr fehlen Freude und Trost. Wir sehen sie die Straßen und die Plätze auf der Suche nach dem durchstreifen, den ihre Seele liebt. Sie suchte ihn und fand ihn nicht. Während dann die Nachtwächter auf ihrem Stadtrundgang an der Suchenden vorüberkamen, fragte sie wißbegierig: »Habt ihr ihn gesehen, den meine Seele liebt?« Sie konnten ihr nicht antworten. Vermutlich wußten sie nicht, was sie meinte. Kaum war sie an ihnen vorübergegangen, fand sie ihn.
    All dies umfaßt prophetische Sachverhalte, da dies die Herzensbewegung jenes frommen Überrests Israels während der Nacht der Trübsal offenbart. Dabei brauchen wir nicht in jede Einzelheit eine Bedeutung hineinzulegen.
    Wie bereits dargelegt, wird in den Versen 6-11 sein Kommen beschrieben: Hier kommt er als Messiaskönig. Im letzten Vers finden wir den Schlüssel dazu: »Kommt heraus und betrachtet doch, ihr Töchter Zions, den König Salomo in der Krone, mit der ihn seine Mutter gekrönt hat am Tag seiner Hochzeit und am Tag der Freude seines Herzens!« Mit seiner Mutter ist Israel gemeint, denn aus Israel ging er dem Fleisch nach hervor. Dies ist auch in der großen Vision der Offenbarung (Offb 12) zu erkennen. An jenem Tag kommt er, Rauchsäulen gleich, in der Wolke, der Schechina1, aus der Wüste herauf. Er kommt als der mächtige Sieger und dennoch als der wahre Salomo, der Friedensfürst, der den Nationen Frieden verkündet. Dann wird seine Mutter, Israel, ihn zum Herrn über alle krönen.
    1 A. d. Ü.: Hebr. »das Wohnen«; im Spätjudentum Bezeichnung für das Wohnen Gottes inmitten seines Volkes, als dessen Sinnbild die Wolke galt.
    KAPITEL 4
    Nun redet der König, der Bräutigam, von ihr als derjenigen, die »vollkommen (ist) durch meinen Glanz, den ich auf dich gelegt habe« (Hes 16,14). Er kündet von all dem, was seine Augen, sein liebevoller Blick, an ihr finden. Er hat sie von den Lagerstätten der Löwen, von den Bergen der Leoparden gerufen (Vers 8). Nachdem sie die Feuer der Verfolgung und Trübsal durchlebt hat, bringt sein Herz sein Wohlgefallen an ihr zum Ausdruck. Auf achtfache Weise wird ihre Schönheit beschrieben: »Siehe, schön bist du, meine Freundin. Siehe, du bist schön!« In ihr, die er aus der Wüste geführt und von den Lagerstätten der Löwen weggeholt hat, erblickt er die hier beschriebene Schönheit. Danach sagt er: »Alles an dir ist schön, meine Freundin, und kein Makel ist an dir.« Er gibt ihr die Zusicherung, daß sie sein Wohlgefallen findet. Dies alles ist sein Werk – nicht aufgrund eigener Anstrengungen steht sie schön und makellos da. Vielmehr hat dies seine Gnade und Kraft für sie bewirkt. Und was für den Überrest Israels in Gestalt der Braut gilt, trifft auch auf die Gemeinde zu. In ihm finden wir unsere Vollendung und Vollkommenheit. Seine Anmut und Herrlichkeit ist uns zuteil geworden. Es kommt für ihn und für uns der glückselige Tag, an dem er sich die Gemeinde darstellen wird »in herrlicher Schönheit … ohne Flecken und Runzeln oder irgendeinen derartigen Fehler, vielmehr so, daß sie heilig und ohne Tadel sei« (Eph 5,27 Menge).
    In den Versen 12-15 finden wir eine wunderbare Beschreibung des Gartens, des Landes Israel, worin seine Geliebte jetzt wieder eingepflanzt wird. Hier gibt es köstliche Früchte sowie Narde und all die Weihrauchgewächse. Dort befindet sich die Quelle, der Brunnen lebendigen Wassers. Dies versinnbildlicht zusammen mit dem Nordwind und dem Südwind den Heiligen Geist. Und sie bittet ihn, in seinen Garten zu kommen: »Mein Geliebter komme in seinen Garten und esse seine köstlichen Früchte!«

    KAPITEL 5
    Nachdem die Braut gesagt hatte: »Mein Geliebter komme in seinen (nicht: ihren) Garten«, antwortet der Bräutigam auf die ihm gegenüber ausgesprochene Einladung. Er sagt: »Ich komme in meinen Garten, meine Schwester, meine Braut.« Sie ist sowohl Schwester als auch Braut. Wenn er von ihr als Schwester redet, erkennt er ihre Volkszugehörigkeit an. In Matthäus 12,46-50 tut er dies nicht, weil die Angehörigen des Volkes das Angebot des Reiches verwarfen. Doch jetzt wird Israel wiedereingesetzt, stellen die Frommen Israels die zukünftige Braut dar. sein Garten, als Frucht seiner Liebe und seines Todes entstanden, hält für ihn jetzt Wonne, Freude und volle Genüge bereit. Doch er will, daß auch andere kommen und daran Anteil haben: »Eßt, Freunde, trinkt und berauscht euch an der Liebe!«
    Doch hier erfolgt keine Reaktion von seiten der Braut. Sie zeigt sich träge. Er ist jetzt als draußen Stehender zu erkennen. Während sein Kopf voller nächtlicher Tautropfen ist, steht er an der Tür und klopft an (Offb 3,20). Es ist außerordentlich hilfreich, hinsichtlich dieses schwierigen Abschnitts des Liedes die in der Synopsis of the Bible (svw. »Die Bibel im Überblick«) wiedergegebene Anmerkung zu zitieren:
    »Ach, was haben wir für Herzen! Kaum sind wir dadurch ermuntert worden, daß der Herr seine Liebe uns gegenüber bekundet hat, wenden wir uns wieder uns selbst zu! Der Bräutigam, der Empfindsame und Gerechte, handelt auf ihr Wort hin, doch er zieht sich von demjenigen zurück, der nicht auf seine Stimme hört. Sie erhebt sich und erkennt: Wie töricht war ich! Wie zart war er, den ich gekränkt habe, mir gegenüber! Wie berechtigt ist sein Verhalten! Wie oft handeln wir im Blick auf die Stimme seines Geistes und die Offenbarungen seiner Liebe leider ebenso! Was hat sie verloren und doch aus Gnade andererseits dazugelernt! Sie wird von denjenigen gezüchtigt, die als Wächter für den Frieden Jerusalems verantwortlich sind. Was hatte sie nachts auf den Straßen zu tun – sie, die der Bräutigam zu Hause gesucht hatte? Und nun mußte sie sich angesichts ihrer tiefsten Zuneigung tadeln lassen, deren ausdrucksstarke Bekundung sie in eine Stellung versetzte, worin deutlich wurde, daß sie ihren Geliebten gekränkt hatte. Wenn wir uns nicht im Frieden der Liebe Christi erfreuen und dort sind, wo er uns in Gnaden begegnet, veranlassen uns die Intensität unserer Zuneigung und unserer Selbstverurteilung dazu, diese Zuneigung in gewissem Sinne an der falschen Stelle zu zeigen. Dadurch kommen wir mit denen in Verbindung, die unsere Stellung beurteilen. Daß ein Wächter eine Frau züchtigte, die aus welchen Gründen auch immer draußen umherstreifte, war berechtigt. Wie sie zu Hause ihre Zuneigung, die Liebe ihres Herzens, gegenüber ihrem Geliebten bezeugt hat, interessiert den Wächter nicht. Obwohl Zuneigung vorhanden sein mag, geht es dem Geliebten um Ordnung und einen angemessenen Wandel. Trotzdem war ihre Zuneigung echt, so daß sie leidenschaftlich all das zum Ausdruck brachte, was ihr Geliebter ihr bedeutete. Dabei wandte sie sich an andere, die sie hätten verstehen sollen – nicht an den Wächter, sondern an ihre Gefährtinnen. Erst hatte Trägheit sie daran gehindert, ihn als den aufzunehmen, der aus Liebe heimsucht. Doch jetzt kann ihr Herz – vom Wächter gezüchtigt und ihrem Geliebten wieder zugewandt – ihn nur noch rühmen. Von Gott gelehrt weiß sie, wo er zu finden ist.«
    Die in Vers 9 aufgezeichneten Worte umfassen zweifellos an die Braut gerichtete Aussagen aus dem Munde der übrigen Angehörigen des Volkes. Wie wunderbar ist ihre Antwort! Nach ihren Worten ist er »hervorragend unter Zehntausenden«. Hier werden Sinnbilder gebraucht. Weiß kündet von seiner Heiligkeit, Rot erinnert uns an seine Liebe, die so umfassend zum Ausdruck kam, als er sein Blut vergoß. Seine Wangen wurden einst geschlagen. Anmut ist über seine Lippen ausgegossen. Der Leib kündet von seinem herzlichen Erbarmen. Für seine Augen ist der liebevolle Blick kennzeichnend. Das Gold ist Symbol seiner Göttlichkeit, während das Haar Sinnbild seines vollkommenen Menschseins ist. Nachdem sie zehn Merkmale seiner Schönheit wiedergegeben hat, ruft sie ganz außer Atem wie Abertausende in jeder Generation seither verzückt aus: »Und alles an ihm ist begehrenswert … das (ist) mein Freund.« Glückselig sind alle, die diese Worte wiederholen und ebenfalls sagen können: »Das ist mein Freund.«
    KAPITEL 6
    Die Beschreibung ihres Geliebten war an die Töchter Jerusalems gerichtet. Deren Antwort ist zu Beginn dieses Kapitels aufgezeichnet. Weil sie ihn so leidenschaftlich rühmte und so überschwenglich von ihm zeugte, entstand auch im Herzen anderer das Verlangen, ihm zu gehören: »Wohin ist dein Geliebter gegangen … wir (suchen) ihn mit dir.« Die Braut antwortet darauf und erklärt dann mit Worten voller kostbarer Gewißheit: »Ich gehöre meinem Geliebten, und mein Geliebter gehört mir.«
    Dann rühmt der Bräutigam sie mit Worten dessen, der seine Liebe bekundet. Er redet davon, was sie für ihn bedeutet. Er erkennt an, daß die Braut als jener Überrest »die einzige« (Vers 9) ihrer Mutter (des Volkes Israel) ist. Sie ist nicht nur seine Taube, sondern auch schön wie der Mond und klar wie die Sonne. Sie wird von Herrlichkeit bedeckt und gleicht Kriegsscharen mit weithin sichtbaren Panieren.
    Er ging in den Garten hinab, um die jungen Triebe des Tales zu besehen und zu schauen, ob der Weinstock treibt. Plötzlich, ehe er sich’s versieht, erscheint er in seiner Liebe als Ammi-Nadib, d. h. als »die Prachtwagen meines edlen Volkes« (Ps 110,3). Er führt seine Angehörigen in Triumph und in Herrlichkeit fort.

    KAPITEL 7
    Die Worte, womit die Braut, der gerettete und verherrlichte Überrest Israels, zu Beginn dieses Kapitels voller Entzückung gerühmt wird, dürfen nicht dem Bräutigam, dem Messiaskönig, in den Mund gelegt werden. Sie wird vielmehr von den Töchtern Jerusalems gerühmt, die sie jetzt als Geliebte des Königs anerkennen. In diesem Kapitel befindet sich ihr überragendstes Bekenntnis. Ab Vers 7 beginnt er von ihr zu reden: »Wie schön bist du, und wie lieblich bist du, o Liebe voller Wonnen!« Dann antwortet sie auf seine Liebesbekundungen: »Ich gehöre meinem Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen.« Dies ist das Höchste: Sie weiß, daß sie ihn besitzt und sein Herz Wohlgefallen an ihr findet. Diese glückselige Erkenntnis gilt auch für uns. Wir wissen, daß er uns gehört (7,11). Wir gehören Christus, und an uns, den ihm Wohlgefälligen, findet er seine Wonne. Glückseligkeit kennzeichnet die Szene, womit das Kapitel schließt. Sie bittet ihn, mit ihr aufs Feld hinauszugehen. Sie wollen zu den Weinbergen gehen, um das Treiben der Stöcke und das Aufgehen der Weinblüte sowie die blühenden Granatapfelbäume zu sehen – die köstlichen Früchte, frische und alte, die alle für den Geliebten aufbewahrt sind.
    Dies führt uns in die Zeiten des Tausendjährigen Reiches, da auf den Feldern, in den Weinbergen und unter all den Völkern der Welt Frucht und Herrlichkeit für ihn zu sehen sein wird: »Denn wie die Erde ihr Gewächs hervorbringt und wie ein Garten seine Saat aufsprossen läßt, so wird der Herr, HERR, Gerechtigkeit und Ruhm aufsprossen lassen vor allen Nationen« (Jes 61,1). »Wahrheit wird sprossen aus der Erde, Gerechtigkeit herniederschauen vom Himmel. Auch wird der HERR das Gute geben, und unser Land wird seinen Ertrag bringen« (Ps 85,11.12).
    Israel, in die Gemeinschaft mit dem König wiedereingesetzt, wird dann im umfassendsten Sinne an diesen kommenden Segnungen und dieser Herrlichkeit Anteil haben.
    KAPITEL 8
    Im letzten Kapitel wird auf das Lied als Ganzes zurückgeblickt. Es stellt zweifellos eine kurze Zusammenfassung des gesamten Buches dar. Die Braut verlangt wiederum danach, von ihm geliebt und gekost zu werden. Zum letzten Mal lesen wir davon, daß die Töchter Jerusalems beschwört werden. Erneut wird der Kommende angekündigt: »Wer ist sie, die da heraufkommt aus der Wüste, an ihren Geliebten gelehnt?« Sie kehrt mit ihm zurück. Der Geliebte wird im Buch siebenmal erwähnt: Es geht um die Stimme des Geliebten (2,8) und den Ruf des Geliebten (2,10). Ihr gehört er (2,16), ihm öffnet sie (5,5), ihn rühmt sie (5,9-16), an ihn lehnt sie sich (8,5), nach ihm sehnt sie sich (8,14).
    Hier kommt erneut der Apfelbaum vor (vgl. 2,3). Damit ist Christus gemeint. Dort weckte sie der Herr, offenbarte er sich ihr. Christus allein verdankt sie ihr Leben. Somit kann Israel lediglich das Volk sein, in dem dieser Überrest entsteht, der in Jerusalem zur irdischen Braut des großen Königs werden wird. Das Verlangen des Überrests, wie ein Siegel an seinem Herzen zu sein, wird dann erfüllt werden. Dies vermag die Kraft einer Liebe, die stark wie der Tod keine Kompromisse kennt und nicht nachgibt. Die Aussagen über die kleine Schwester (Vers 8) sind in bezug auf Ephraim, die zehn Stämme, ausgelegt worden. Ihnen wird er dann ebenfalls seine Aufmerksamkeit und seinen Segen zuwenden. Salomos Weinberg in Baal-Hamon (»Herr der Menge«) weist eindeutig auf die zum Glauben gekommenen, dann zu seinem Weinberg gehörenden Nationen im Tausendjährigen Reich hin. Israel wird in Vers 12 erwähnt.
    Das Lied der Lieder endet mit einem Gebet: »Enteile, mein Geliebter, und tu es der Gazelle gleich oder dem jungen Hirsch auf den Balsambergen!« Während somit der Überrest Israels in zukünftiger Zeit inständig darum bitten wird, daß er in seiner Herrlichkeit kommen und geoffenbart werden möge, betet die Braut Christi, die Gemeinde: »Amen, komm, Herr Jesus!« (Offb 22,20).
    Abschließend erwähnen wir die von einigen unternommenen Versuche, in diesem Lied der Lieder den gesamten geschichtlichen Weg der Gemeinde zu verfolgen. Deshalb gliedern wir es hier für diejenigen, die diese Auslegung untersuchen wollen. Der Dienst Johannes des Täufers umfasse, so behauptet man, Kapitel 2,8 – 3,5. Der Dienst des Herrn Jesus auf Erden sei in Kapitel 3,6 – 5,1 zu finden. Der Zeitraum vom Todeskampf in Gethsemane bis zur Evangeliumsverkündigung in Samaria entspricht nach dieser Meinung Kapitel 5,2 – 8,4. Dann, so diese Ausleger, stelle 8,5-14 ein Bild der Zeiten der Nationen von ihrer erstmaligen Berufung bis zu der Offenbarung und dem Kommen des Herrn dar.
    Die unserer Meinung nach sicherste Auslegung ist diejenige, die sich entsprechend diesen kurzen Anmerkungen weithin an die Bedeutung für das jüdische Volk hält.




    Zu Wächter von W.J. Ouweneel >>> Seite 28 3. Abschnitt

    Drittens sucht sie, nachdem sie an einem verkehrten Ort gesucht hat, nun auch bei den verkehrten Menschen. Der
    Psalmist sagt, daß wir unser Vertrauen nicht auf Fürsten setzen dürfen (Ps 146, 3). Wie leicht tun Gläubige das! Hier sind es die Wächter, die in der Stadt umhergehen. Es gibt viele Wächter, auch in der religiösen, christlichen Welt. Wieviele gibt es doch, die ihr Heil bei den Wächtern der Stadt suchen! Die Wächter sind da, um in der religiösen Weit Autorität auszuüben, und das kann an sich nützlich sein. Aber sie können uns nicht sagen, wo der Geliebte ist. Er hat doch so deutlich gesagt, wo Er sein will. Wie kann sie die Wächter danach fragen,die an sich ein gutes Werk tun, die die religiöse Welt leiten, die dort die Ordnung aufrecht erhalten. Doch wie können sie uns etwas über den Ort sagen, wo der Herr Jesus in der Mitte der Seinen ist? Das ist unmöglich. Sie fragt die Wächter: "Habt ihr den gesehen, den meine Seele liebt?" Wir lesen nichts von einer Antwort. Weich ein trauriger Zustand! Es erinnert uns an Maria, die auch nicht wußte, wen sie fragte. "Sie, in der Meinung, es sei der Gärtner, spricht zu ihm: Herr, wenn du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast" (Joh 20, 15). Sie hatte keine Ahnung, wen sie fragte und was sie fragte, denn sonst hätte sie gewußt, daß Er aus den Toten auferstanden war. So ist es oft um unsere geistliche Einsicht bestellt. Und je geringer unser geistliches Unterscheidungsvermögen ist, um so leichter gehen wir zu denen, die zwar vielleicht eine hohe Stellung in der christlichen Welt haben, die uns aber nichts über den Ort sagen können, wo der Geliebte ist. Dabei hatte sie es doch deutlich gehört, als sie fragte: "Sage mir an.... wo weidest du?“ (1, 7).So hat sie denn auf dreifache Weise verkehrt gesucht. Zuerst am verkehrten Ort, einem echt weltlichen Ort, denn wir lesen in Amos 3, 12 und 6, 1. 4, daß Gott mit zorniger Stimme zu dem Volk sagt, daßsie dort in der Ecke ihres Polsters in Lauheit und Genußsucht sitzen und ausgestreckt auf ihren Ruhebetten liegen. Sie sagen spottend: "Jehova tut nichts Gutes und tut nichts Böses" (Zeph 1, 12). Geschwister, sollten wir auf die gleiche Weise leben, wie die Welt in ihrer Genußsucht das tut, und so versuchen, den Herrn Jesus zu finden und Ihm nachzufolgen? Wenn du nicht bereit bist, diese Verhältnisse zu verlassen, dein Kreuz aufzunehmen und zu Ihm hinauszugehen, worum Er so freundlich gebeten hat, dann wirst du Ihn nicht finden. Aber vielleicht bist du aufgestanden und hast gelernt, die Welt für gekreuzigt zu halten, aber du bist aufgestanden, um in die Stadt zu gehen. Dort ist immer noch eine angenehme Umgebung, mit der bist du noch vertraut. Um die Stadt herum ist eine sichere Mauer, dort sind die Wächter, die aufpassen, während du draußen auf dem Feld nicht weißt, was dir geschehen kann. Denn es ist hier Nacht, ja, es ist sogar "in den Nächten", wie Vers 1 sagt, so daß diese Schwachheit bei der Braut also immer wieder auftritt. Es scheint sicherer zu sein, während der Nacht in der Stadt zu bleiben. Viele Gläubige sagen, daß es sicherer ist, in den großen christlichen Systemen zu bleiben. Doch wenn sie Offenbarung 2 und 3 kennen würden, dann wüßten sie, was Gott von der "Stadt" hält. Er wird die "Stadt" umkehren, wie Er Babel umgekehrt hat. Lies nur Offenbarung 18. Du mußt aus ihr hinausgehen, wenn du den Geliebten finden willst (Offb 18, 4). Du mußt den Spuren der Herde folgen, dann findest du Ihn. Wenndu das alles gelernt hast, wenn du sogar an den Wächtern, die doch für Ruhe in der Stadt sorgen, vorbeigegangen bist, dann wirst du den Geliebten finden.,Kaum war ich an ihnen vorüber, da fand ich, den meine Seele liebt. Ich ergriff ihn und ließ ihn nicht, bis ich ihn gebracht hatte in das Haus meiner Mutter und in das Gemach meiner Gebärerin" (Vers 4). Da hat sie alles hinter sich gelassen und gelernt, alle verkehrten Wege zu verurteilen. Nun findet sie Ihn Selbst. Der Herr hatte ihr verheißen, daß sie Ihn finden würde, wenn sie mit ganzem Herzen nach Ihm suchte (Jer 29, 12-14)! ER hatte Sich nicht vor ihr verborgen. ER hatte ihr nicht den Rücken zugewandt und es ihr unmöglich gemacht, Ihn zu finden (vgl. Jes 45, 19). Er war ihr ganz nahe. Er hatte durch das Fenster zu ihr hineingeschaut und gebeten: "Mache dich auf, meine Geliebte, und komm!" Doch ihr Auge war nicht einfältig gewesen. Wäre ihr Auge allein mit dem Herrn Jesus erfüllt gewesen, dann hätte sie nicht verkehrt gesucht. So ist es auch oft bei uns. Der Herr Jesus verbirgt Sich nicht vor uns, auch wenn wir vielleicht in unseren Schwierigkeiten und Sorgen denken, daß Er weit entfernt und unnahbar ist. Aber das ist nicht so! Es scheint nur so, weil unser Auge nicht einfältig ist. Es ist erfülltmit unseren eigenen Umständen, seien es nun Sorgen oder eben Genuß und Bequemlichkeit, worin der Herr Jesus keinen Platz hat, so daß wir nicht bereit sind, auszugehen. Doch hier findet die Braut Ihn endlich. Sie hält Ihn fest und läßt Ihn nicht mehr los. So taten es auch die Frauen, als sie endlich den Herrn Jesus nach Seiner Auferstehung gefunden hatten. Sie fielen zu Seinen Füßen nieder und hielten sie fest, voll Verlangen, Ihn nun für immer bei sich zu behalten (Mt 28, 9). Ja, das geschieht, wenn Seelenin Not gewesen sind, wenn sie den Herrn Jesus vermißt haben. Er war nicht weg gewesen, doch in ihrer Schwachheit haben sie Ihn vermißt, weil sie Ihn nicht wirklich kannt




















    Im Herrn Jesus Christus
    Hans Peter Wepf
    1. Mose 15.6

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