Aus der Enge in die Weite Siehe die AV Darbysten Sekte
Ps. 31, 8-9: "Ich will frohlocken über deine Gnade, dass du mein Elend angesehen, die Bedrängnisse meiner Seele erkannt hast, dass du mich nicht
überliefert hast in die Hand des Feindes, sondern meine Füsse auf weiten
Raum gestellt hast."
Seitem unsere Grosseltern zum Glauben kamen, war unsere Familie fest eingebettet in der Christlichen Versammlung Andelfingen (Darbisten).
Bis Anfang 1926 kamen die Geschwister zu ihren Versammlungen im Schloss Andelfingen zusammen, das zu jener Zeit noch Besitz der Familie Sulzer-Warth
war.
Meine älteren Geschwister hatten das noch miterlebt.
Noch bevor ich auf die Welt kam, ist die Versammlung in das Lokal in der Hofwiese umgezogen.
Über dem Versammlungssaal befand sich eine Abwartswohnung, in der zu jener
Zeit noch Witwe Steiner wohnte.
Zuhause las Papa täglich aus der Elberfelder-Bibel vor. Da er selbst eine
Zeitlang Sonntagsschulunterricht erteilt hatte, suchte er die einfachen,
verständlichen Geschichten heraus und machte uns so mit dem Inhalt der Bibel
bekannt. Es war selbstverständlich, dass am Sonntag die ganze Familie zur
Versammlung ging.
Am Morgen um 9.30 Uhr war Anbetungsstunde, um 13.00 Uhr
Sonntagsschulstunde und oft am Sonntagnachmittag auch noch Wortverkündigung..
Meine ersten Erinnerungen gehen in die Zeit zurück, als ich auf der hintersten Bank bei Mama sass.
Von dem, was gesungen, gebetet und gesprochen _ ...
wurde, verstand ich natürlich noch nichts.
Dafür verweilte ich mich
beim _ ,
Durchsuchen von Mamas Handtasche. Vor mir, auf der Rückseite der nächsten t ,
Bank, war eine Rinne, in der die Liederbücher steckten.
Mit diesen spielte
ich jeweils Eisenbahn, indem ich sie hin und herschob. Ich musste aufpassen, > _
wann man Amen sagte, aufstand und sich wieder hinsetzte. Später kam ich dann
auf die vorderste Bank links neben Papa zu sitzen. Nach und nach registrierte ich auch die Eigenheiten der Brüder.
Am liebsten war mir der alte Schlossgärtner Herter, der immer ein grosses Hörrohr in der Hand hielt _ _
und jeden Sonntag Jesaja 53 las.
Das war ihm der wichtigste Text in der Bibel. Ferner waren da die Brüder Graf und Stoll anwesend.
Letzterer zitierte immer wieder die Ordnung Melchisedeks, was ich bis zur Zeit der _ _
Bibelschule nie verstanden habe; dann Bruder Hostettler, der jeweils schon _ _
morgens zwischen vier und fünf Uhr auf den Feldern Gras für sein Vieh holte _
und deshalb während der Versammlung schläfrig wurde.
Wir zählten immer, wieviel Strophen es dauerte, bis ihm das Singbuch aus den Händen rutschte
und zu Boden fiel. Da mehrere Glaubensbrüder jeweils vor der Versammlung
nochmals im Stall nachsehen mussten, ob dort alles in Ordnung war, lag im
ganzen Versammlungsraum ein entsprechender Duft. Von der Sonntagsschule sind
mir die Stunden mit Konrad Herter noch immer in lebendiger Erinnerung. Wir
erlebten mit ihm die Wanderung Israels durch die Wüste.
Er hatte eine Karte
angefertigt, auf welcher die einzelnen Stationen eingezeichnet waren. Jeder
von uns hatte ein Spruchbüchlein, in welches Papa für jeden Sonntag einen
Spruch einschrieb. Dieser musste gelernt und in der Sonntagsschule aufgesagt
werden. Später durften wir selber die Sprüche aussuchen und einschreiben.
Während der Wortverkündigung, mitten am Sonntagnachmittag, gab es durch die
auswärtigen Brüder etwas Abwechslung. Da war zuerst Onkel Paul Schönherr.
Achtung: Die Chrischona Organisation verleugnet Aktiv und in Praxis Gottes Wort! = Abfall
1. Kor. 14,34 sagt dass die Frauen schweigen sollen, es ist ihnen nicht erlaubt zu reden!
1. Tim. 2,12 erlaubt einer Frau nicht zu lehren.
Siehe die Warnung vor der Perversion, wenn Frauen in Zusammenkünften sich redend oder fragend oder lehrend beteiligen Die Beteiligung der Frau in den Versammlungen
Ihm hatte man angemerkt, dass er auf St. Chrischona studiert hatte. Er war
immer bei uns einquartiert, rauchte seine Stumpen und duftete nach einer
guten Aftershavelotion. Er hatte stets Läkerol-Tabletten bei sich. In
Erinnerung dazu bleibt mir, wie er stets ein für sich eingebundenes
Altes und Neues Testament bei sich hatte.
Papa begleitete ihn bei seinen Besuchen
in die umliegende Dörfer.
Manchmal kam ein Telefonanruf, dass jemand gestorben sei und er die Beerdigung zu halten habe.
Dann liess er sich jeweils seinen schwarzen Anzug aus Birsfelden zusenden.
Auch Onkel Jan Stübi, der eine Schwester von Papa zur Frau hatte, kam manchmal zu
uns. Er , .. redete mit einem französischen Akzent.
Hin und wieder waren die Brüder Zutter und Grobetti unsere Gäste. Papa schätzte es nicht, wenn diese auf
einer offenen Postkarte ihren Besuch mit den Worten:
"Im Herrn Jesus geliebter Bruder Pfeifer" ankündigten.
Je nachdem wer zu uns kam, verkündete _ _Papa zu unser aller Freude:
"Kinder, am Sonntag machen wir einen Spaziergang _
in dieses oder jenes Dorf!" Das waren unvergessliche Erlebnisse.
Da ging's über die hohe Eisenbahnbrücke nach Ossingen ins Blaue Kreuz, oder über den _ _
Goldenberg zur frommen Helene nach Dorf. Sie hatte eine an Gicht kranke Tochter,
der wir dann unsere Lieder sangen.
Der "obligate Spaziergang" gehörte überhaupt zum Sonntagnachmittag.
Einmal kam ein neuer Pfarrer ins Dorf. Er meinte, er würde wohl in Andelfingen kaum Gläubige finden;
doch als er unsere Familie singen hörte,
schöpfte er Mut.
Etwas später musste er aber zu seiner grossen Enttäuschung _
vernehmen, dass diese Familie, die ihm so Mut gemacht hatte, gar nicht zur
Landeskirche gehörte. Wie enttäuscht war er da.
Auch bei einem anderen Pfarrer, in einem Nachbardorf, machten wir dann und wann einen Besuch.
Doch weil dort so viele Mädchen im Haus waren, wollte ich nicht mit hingehen. -
Papa schickte uns auch zu Evangelisationen bei den Baptisten, Methodisten .
und Offenen Brüdern. Er tat das vielleicht gerade darum, weil wir in der
Versammlung immer wieder hörten, was die andern alles verkehrt machen.
- Nur einmal, in einer Evangelisation von Bruder Müller-Kersting, rührte Gott mein
Herz an, nämlich als dieser über den Heilsplan sprach und uns klar machte,
dass es vor dem Gericht Gottes kein Ausweichen gibt.
Als ich sechs Jahre alt war, führte die Heilsarmee eine Evangelisation in Kleinandelfingen durch.
Ein Offizier Gutherz sprach so lebendig über die Arche Noah und alle die
Tiere, die zur rechten Zeit dort hineingingen, dass auch ich wusste, jetzt
muss ich mich bekehren. Doch als aufgerufen wurde, nach vorne an die Bussbank zu kommen,
hatte ich nicht den Mut zu gehen, weil ein Erstklässler
auch da war und ich Angst hatte, er würde es am nächsten Tag in der Schule erzählen.
Unsere Eltern beteten jeden Morgen mit uns. Als Ruedi einmal fragte,
wofür sie denn jeden Morgen noch so lange im Schlafzimmer beteten, da meinte
Papa: "Wir beten, dass Gott unsere Erziehungsfehler korrigieren möchte."
Wenn Papa sonntagsfrüh die Schuhe der ganzen Familie putzte, so redete er auch dabei
mit Gott über jedes seiner Kinder. Darauf war es wohl zurückzuführen, dass _
alle meine Geschwister zum Glauben kamen.
Als ich 1940 zum ersten Mal ins
Vennerlager gehen durfte, sagte mir Mama klar auf dem Weg zum Bahnhof, was _
ihr auf dem Herzen lag: "Komm dann anders zurück, als du jetzt gehst!" Gross _
war daraufhin meine Freude, als ich nach Hause schreiben durfte:
"Nun gehöre auch ich zu den Gläubigen und werde dabei sein, wenn Jesus wiederkommt."
In den folgenden Jahren setzte Gott sein Gnadenwerk an mir fort. In der Zeit _
des zweiten Weltkrieges machten wir Bekanntschaft mit den Geschwistern von
Thayngen; dann kam Ruedi zur Familie von Missionar Krampf in Schaffhausen. _
Mein Weg führte mich nach der Lehre nach St. Gallen und ich trat in Verbindung mit Samuel Rutishauser.
Unser Bekanntenkreis erweiterte sich zusehends. Wir nahmen an einem Jugendlager in Monti ob Locarno im Haus Tabor
teil.
Dort stellte ich mich bewusst dem Dienst der Mission zur Verfügung.
Dann waren wir mit dabei an Jugendtreffen.
Ich suchte mich auch in der Sonntagschule unserer Versammlung nützlich zu machen und fuhr deshalb jeden
Sonntag nach Hause zurück. Ich nahm auch teil an einem Jugendtag in Hallau
und besuchte ein Missionsfest der Allianz-Mission in Winterthur. Ich hatte
Hunger nach mehr geistlichem Leben und fand heraus, dass es auch ausserhalb
der Versammlung eine Menge Leute gab, die Jesus lieb hatten.
Vielleicht war gerade darum, dass es nun von Seiten der Versammlungsbrüder vermehrte Kritik
gab.
Als Noldi und ich an einem sehr heissen Sommertag ohne Schlips und Jacke, nur in einer Hose und kurzärmligem Hemd zum Gottesdienst kamen,
meinte ein Bruder recht spitz:
"Jetzt geht's nicht mehr lang, dann kommt ihr noch in der Badehose in die Versammlung."
Als es uns aufging, dass auch wir Verantwortung zu tragen hätten und es wagten,
auch einmal eine kurze Botschaft zum Thema Mission zu geben, da war die Reaktion:
"Wer einen Ruf hat, des soll gehen, aber unsere Aufgabe ist nicht Mission, sondern Anbetung."
Das war nur ein Vorgeschmack von dem, was an Schwierigkeiten von
dieser Seite noch kommen sollte.
Der Ausschluss
1949 wurde Noldi und mir klar, dass wir eine Bibelschule absolvieren sollten. Nach Beatenberg wollten wir nicht, weil dort eine Frau lehrte, und _ _
so war Wiedenest das Naheliegendste. Ich erhielt meine Empfehlung von Bruder
Höhn, bei dem ich in St. Gallen wohnte, und von Bruder Otto Rapp, der zur
Versammlung Andelfingen gehörte. Dieser meinte:
"Pass auf: Als Mose gerufen wurde, da schien alles klar und er ging freudig;
doch dann, als er dem Pharao gegenüber stand, begannen die Schwierigkeiten.
So wird's auch bei . . euch sein."
Schon am ersten Sonntag in Wiedenest war es für uns wie ein Schock,
dass uns jemand Grüsse vom Haus des baptistischen Bundes ausrichtete.
Wir waren in der Versammlung doch gelehrt worden, dass die ganze Sache mit dem "Bund" mit Sicherheit vom Teufel sei.
Ferner wünschten die Brüder der örtlichen Darbysten-Versammlung ein Empfehlungsschreiben unserer Heimatgemeinde in Andelfingen,
obwohl die Darbysten-Versammlungen nicht organisiert sein wollen,
besassen die Brüder in der Schweiz ein genaues Verzeichnis von den zur Versammlung gehörenden Gemeinden in Deutschland.
Die am nächsten liegende Darbysten-Gemeinde war Bergneustadt, _
und der leitende Bruder dort hiess Bubenzer.
Dorthin sollten Noldi und ich in die Versammlung gehen und Bruder Stoll bestand darauf,
dass das Empfehlungsschreiben an Bruder Bubenzer zu richten sei.
Eines Tages, als wir gerade unsere kurze Siesta hielten, klopfte es an die Tür.
Ein fremder Mann trat ein und richtete uns aus: "Br. Bubenzer lässt sie zu sich bitten."
Wir fuhren hin und Br. Bubenzer erklärte uns ohne die Anwesenheit irgendwelcher Zeugen,
dass wir im ganzen Gebiet der Bundesrepublik von der Versammlung ausgeschlossen seien,
weil wir in einer Bibelschule studierten, die zum Bund Evangelisch Freikirchlicher Gemeinden gehöre.
Das wird in darbystischen Kreisen als grosse "Sünde" betrachtet.
Diese Meldung ging daraufhin in die Schweiz.
Nichts ahnend kamen wir am Karfreitag nach Hause
zu unseren Eltern. Da hörten wir, dass am Freitag eine wichtige Versammlung
stattfinde.
Es handle sich dabei irgendwie um uns.
Da wir nun gerade zu Hause waren, wollten wir verständlicherweise auch dabei sein.
Wir waren verdutzt, wer da alles aufmarschierte.
Unsere Onkels, Paul Schönherr und Jean Stübi, und noch andere wichtige Brüder von auswärts.
Es wurde der Versammlung mitgeteilt, dass wir in Deutschland ausgeschlossen worden seien..
- Wie Gott Ruedi geführt hatte, wussten die Brüder schon. Er war Schüler auf Chrischona gewesen,
hatte aber dort nie das Brot beim Abendmahl mitgebrochen,
sondern war aus Rücksicht auf seinen darbistischen Hintergrund
immer zur Versammlung in Basel gegangen.
Nun erzählten auch Noldi und ich,
wie Gott uns geführt hatte. Doch das schien keinen Eindruck zu machen,
im , Gegenteil; eine Erklärung wurde abgegeben, dass Noldi und ich nun auch
aus .der Gemeinschaft der Versammlungen der Schweiz ausgeschlossen seien.
Das wurde noch besiegelt, indem einer der Brüder das Wort aus Offenbarung
22,15 .
las: "Draussen sind die Hunde und die Zauberer und die Unzüchtigen und
die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Es war _ _ _
ein trauriges Auseinandergehen. Fast wollte es mir scheinen, als wären wir ... .
nun auch vom ewigen Leben ausgeschlossen.
Wie in einem Traum kamen wir
nach Hause. Papa sass bereits im Rollstuhl und hörte sich die ganze Sache voller _
Anteilnahme an. Dann meinte er:
"Macht nichts, meine Buben! Ich warte nur auf den Tag, an dem ihr die ersten Menschen zum Herrn führen dürft.
Dann hat sich alles ausbezahlt!"
Mir ging das nahe, doch Noldi schien leichter darüber hinwegzukommen.
Zum Glück sprach uns Dr. Rene Pache Trost zu, doch
erst während der Bibelschulzeit verstanden wir allmählich das Ganze.
Ernst Schrupp hat es in seinem Buch
"Gott macht Geschichte" Seite 63 - 66
zusammengefasst.
Die "Kirchenfrage" in der Auseinandersetzung im Brüdertum:
Einheit und Erneuerung nach dem Neuen Testament?
Die Brüderbewegung war, wie die meisten evangelischen Erweckungs- und Gemeinschaftsbewegungen,
eingebettet in den Strom der reformatorischen Entwicklung.
Er war im 16. Jahrhundert aufgebrochen und ist in seinen vielen
Verästelungen bis heute nicht zum Abschluss gekommen.
Die Wurzeln der speziellen Brüdergewegungen und zugleich ihrer Spaltungen liegen in Irland
und England
(Anthony Norris Groves, Georg Müller, B.W. Newton, John Nelson Darby).
In Bristol kam es 1848 zu einer Auseinandersetzung mit dem Ergebnis
einer Trennung (sog. Bethestastreit).
Diese Aufteilung in "exklusive" und "offene" Brüder hat sich in der Verbreitung des Brüdertums auch über England
hinaus fortgesetzt.
Vor allem waren Darby (1800 - 1898, Jurist und Theologe
aus der Anglikanischen Kirche) und Georg Müller (1805 - 1898, Theologiestudium in Halle, Gründer der Waisenhäuser in Bristol)
die Exponenten der beiden getrennten Brüderrichtungen. Johannes Warns musste
sich bei seinem Suchen nach den neutestamentlichen Gemeinden auch mit Ursachen und Folgen jener Trennung befassen.
Und im letzten Jahr vor seinem
Tode, also kurz vor der Wiedervereinigung der beiden Gruppen in Deutschland ,
schrieb er darüber: "Einen Rückblick auf den sogenannten Bedestastreit
zu Bristol im Jahre 1848 - Georg Müller und John Nelson Darby", 1936.
Warns sieht in jener Auseinandersetzung zwei unterschiedliche Kirchenbegriffe offenbar werden.
In den ersten Jahren der Brüderbewegung war .
gerade die Bereitschaft zur Gemeinschaft mit allen Gläubigen unter
"völliger
Nichtachtung aller Zäune und Parteigrenzen"
das auffallendste Merkmal dieser _
neuen Bewegung.
Darum wuchs sie so ausserordentlich, darum zog sie viele der _ _
gediegensten und treusten Gläubigen an. Es schien, als sei ihr Siegeslauf _ _
nicht zu bremsen.
Darby hat jedoch später dem gegenüber einen ihm ganz eigenen Kirchenbegriff (nach ihm "Darbysmus" genannt)
entwickelt und praktiziert.
Bei diesem handelt es sich eigentlich, nach dem Urteil Warns, _
um das "katholische Gemeindeideal" als "ein Erbstück aus der englischen Staatskirche".
Darbys Prinzip war die "korporativ verantwortliche Kirche",
die des "Leibes Christi auf Erden", woraus sich ihm (Darby) das einheitliche
Handeln aller Versammlungen (örtliche Gemeinden) ergab, und darüberhinaus _
die Notwendigkeit des Ausschlusses solcher Versammlungen, die sich die Freiheit eigener und anderer Entschlüsse Vorbehalten.
Nach Darby Lehre dürfen Versammlungen nicht unabhängig voneinander handeln, sondern nur solidarisch, als "Körperschaft".
Dabei ging Darby davon aus, dass im Anfang
eine ewige, sichtbare Gesamtkirche mit bestimmter Ordnung und festen Ämtern
als ein gemeinsames Zeugnis aller Gemeinden bestanden habe.
Aber diese Ur-Kirche sei, schon zur Zeit des Neuen Testaments, in Verfall geraten (vgl..
1. Tim.3,15; 2.Tim.2,20). Sie könne auch nicht wiederhergestellt werden (d.i..
Darbys "Verfallstheorie"), sondern sie könne nur noch in der Absonderung von
den in stetem Verfall begriffenen etablierten Kirchen dargestellt werden.
Das geschehe gewissermassen durch den "Überrest" wahrer Gläubiger am "Tisch
des Herrn" je an ihrem Ort durch das gemeinsame Brotbrechen (d.i.
Darbys "Darstellungstheorie").
So wurde jedoch gerade diese Mahlsgemeinschaft, die
ursprünglich ein Kennzeichen der Einheit der Kinder Gottes war, zum Trennungsmerkmal in den "exklusiven" Versammlungen der Brüder, entsprechend
der "Absonderungslehre" Darbys. Das Ergebnis war nicht Förderung, sondern
eher ein Hemmnis der Einheit Jesu. Dazu kommt ein weiteres Trennungsmerkmal: In der ursprünglichen,
neutestamentliehen Kirche Christi sieht auch Darby Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten (Älteste) und Lehrer "von Gott gegeben" und im Dienst
bestätigt (Eph. 4,11; 1.Kor.12 u.a.). Aber mit dem Verfall der Kirche
diese Möglichkeit z.B. Älteste und Diakone (Diener) zu erkennen, zu benennen
und in ihrem Dienst als solche anzuerkennen (vgl. l.Thess.5,12/13), so nicht
mehr gegeben. Die Wirkung dieser Lehre auf die Entwicklung der Brüderbewegung ist nicht zu bestreiten. "Die Tatsache, dass der deutsche _ _ >4
Zweig heute mindestens in drei parallelen Teilentwicklungen verläuft",
so .
Gerhard Jordy, "ist von der Lehre Darbys nicht zu trennen."
Diese darbystische Lehre von Einheit und Verfall mit der Behauptung der
Nichtwiederherstellbarkeit neutestamentlicher Gemeinde stand fortan in Teilen des Brüdertums einer Gemeindeerneuerung nach dem Neuen Testament im Wege.
Im Unterschied zu Darby stand Georg Müller und den "Offenen" Brüdern das
echte, ursprüngliche Gemeindeideal des Neuen Testaments vor Augen; das suchten sie zu verwirklichen. Sie sehen die Gemeinde Jesu im Neuen Testament _ ,
nicht "als korperative Zusammenfassung aller Gemeinden auf Erden". Sie sehen _
die einzelnen örtlichen Gemeinden als "sichtbares Bild der Gesamtekklesia".
Jede "örtliche Gemeinde" ist für sich selbst dafür verantwortlich, dass dieses Bild möglichst klar in Erscheinung tritt. Jede Ortsgemeinde" ist eine _
selbständige Grösse, sie ist unabhängig von jeder menschlichen Regierungsgewalt ausserhalb ihrer Grenzen. Sie ist aber mit den anderen Gemeinden verbunden durch
unsichtbare Bande der Einheit, die fester und dauernder sind als jede nur denkbare Organisation und kirchliche Verbindung..
So schliessen Unabhängigkeit und Einheit der Gemeinden einander nicht aus,
und es bleibt jeder Gemeinde Raum für Erneuerung nach dem Neuen Testament.
Während es in der "exklusiven" Brüderbewegung Englands immer weitere Spaltungen, gegenseitige Absonderungen und Ausschliessungen gegeben hat,
haben die Offenen Brüder auch bei unterschiedlichen Auffassungen und Praktiken die Einheit im grossen und ganzen bewahrt.
Der Kirchenbegriff Darbys war also der eigentlich trennende Faktor im Brüdertum. Er beruht auf
dem Grundsatz, dass die ursprüngliche neutestamentliche Gemeinde nicht wiederherzustellen und ihre Einheit nur noch in der Trennung "darzustellen"
sei. In seiner Schrift bringt Warns das am Schluss auf den Punkt. "Die eine
Frage, die zwischen den Brüdern steht, ist aber die Kirchenfrage. Im Grunde
nur sie. Denn alle anderen trennenden Fragen haben in ihr ihren Ursprung.
Alle Verständigungsversuche müssen daher misslingen, solange man einer Nachprüfung seines Kirchenideals aus dem Wege geht, das mit Notwendigkeit zu
den exklusiven Grundsätzen führt und, anstatt zu einigen, die Brüder
voneinander trennt" und eine gebotene Erneuerung und Weiterentwicklung hindert.
"Die Kirchenfrage ist recht eigentlich die unerledigte Frage
der protestantischen Theologie", bemerkt der Schweizer Theologe Emil Brunner ,
(1899 - 1966, Zürich). Diese Tatsache betreffe nicht nur die deutsche, sondern in ganz gleicher Weise die protestantische Theologie aller Länder. , .
Man habe Jahrzehnte lang Kirche genannt, was gar nicht Kirche sei,
"und man _
konnte das darum tun, weil man sich über den Inhalt dieses Wortes
nicht klar
war". Diese Unklarheit sei der "tiefste Grund der gegenwärtigen Kirchenkrise". Im Denken über die Kirche sei die reformatorische Theologie _ .
und in der Gestaltung der Kirche entsprechend diesem Denken sei "die Reformation überhaupt nicht zu Ende gekommen oder nicht durchgedrungen".
Dieses echte, ursprüngliche Gemeindeideal stand Georg Müller und den Offenen
Brüdern vor Augen und sei, so Warns, "in dem stillen, von der grossen Öffentlichkeit nicht beachteten Brüderkreisen zu verwirklichen versucht worden".
In darbystischer Exklusivität liess sich dieses "ursprüngliche Gemeindeideal" nicht verwirklichen.
Durch diesen Ausschluss am Karfreitag 1950 waren wir drei Brüder eigentlich
gegen unseren Willen, aber unter Gottes Vorsehung für den Dienst von diesem _ _
exklusiven Denken befreit worden. Bis ich jedoch mit wirklich gutem Gewissen _ _
das Mahl mit anderen Gläubigen feiern konnte, wurde es 1956, als wir in Japan an den Missionskonferenzen das Mahl mitfeierten. Dort erst ging uns
auf, wieviel grösser doch die wahre Gemeinde Jesu Christi ist. Wir fanden
Missionare aus anderen Kreisen, an denen wir, was ihren Wandel betraf, nur
hinaufschauen konnten. Das hat uns echt fröhlich gemacht.
Als wertvolles Gut aus der Versammlung habe ich mitgenommen:
1. Die absolute Treue dem Wort gegenüber. Das blieb die Grundlage in meinem
Dienst bis heute.
1. Die Treue im Versammlungsbesuch. Nur einmal hatte ich bei meinen Eltern
erzwungen, zuhause bleiben zu dürfen. Jener Sonntagmorgen war der längste in meinem Leben.
1. Die tägliche Erwartung der Wiederkunft des Herrn, auf die ich mich manchmal zurückbesinnen muss.
Hätten uns die Brüder nicht ausgeschlossen, wären wir wohl nie aufs Missionsfeld gekommen.
Gott liess uns gar nicht erst in eine Schwermut versinken, sondern hat uns in jeder Beziehung gezeigt, dass er um so mehr
mit uns war. Wohl war es schmerzlich, nun vom grossen Teil der
Verwandtschaft getrennt zu sein.
Aber Gott segnete den Dienst in Österreich, ,
der in den Praktikumseinsätzen begonnen hatte, derart, dass wir heute
nur noch mit Dankbarkeit daran zurückdenken können.
Auch in dem, was unsere Versorgung anbelangte, liess uns der Herr nicht sitzen.
Die erste Gabe kam von einem Geschäftsbücherfabrikanten in Frauenfeld.
Das zeigte uns, dass uns nicht alle Brüder als vom Herrn abgeschrieben betrachteten. Wenn uns der Herr heute fragen würde:
"Habt ihr _ je Mangel gelitten?" so könnten wir freudig bekennen: "Nein, niemals Herr." .
Und jetzt, wo mit dem Eintritt ins Ruhestandsalter unser regelmässiger Unterhalt von der Gemeinde aufhört, wissen wir, dass der Herr versprochen
hat: "Ich will euch tragen bis ins Alter, bis dass ihr grau werdet."
Wie Modersohn es in einem seiner Bücher bezeugt hat zum Thema: "Menschen,
durch die ich gesegnet wurde", so können auch wir und von Herzen singen:
Du hast mein Leben so reich gemacht, dem heissen Sehnen Erfüllung gebracht,
All meine Sünden decktest du zu, an deinem Herzen fand ich die Ruh.
Ferner: Mein Bruder Noldi (auszugsweise)
"Wenn meine Eltern so gedacht hätten, wie es viele Ehepaare heute tun, dann
wäre ich nicht auf der Welt", so pflegte Noldi oft zu sagen. Man schrieb den
28. April 1923, als er als siebentes Kind der Familie geboren wurde. Mama
hat oft erzählt, wie er mit rollenden Augen in seinem Kinderbettchen lag. _ _
"Wenn ich ihn nicht zuhause geboren hätte, so müsste ich bestimmt annehmen,
er wäre im Spital verwechselt worden."
Von klein auf sorgte er für Überraschungen in der Familie. Friedlich sass
die Familie eines Sonntagmorgens beim Frühstück. Da man sich beim Essen immer angeregt unterhielt, merkte niemand, dass der kleine Noldi fehlte. Er
war damals noch keine drei Jahre alt. Doch die Geräusche aus dem hinteren
Teil des Hauses drangen schliesslich bis zu uns durch: "Trapp, trapp, trapp,
klack." Was mochte er bloss tun? Jemand ging nachschauen. Man erwischte ihn
eben noch, als er einen Schuh ins Plumpsklo fallen liess, und entdeckte,
dass er sehr systematisch gearbeitet hatte.
Von jedem Paar stand nur noch je
ein Schuh im Schrank. Natürlich war damit das gemütliche Familienfrühstück
zu Ende. Mit einem Haken musste Papa alle Schuhe aus der Jauchegrube fischen , .
und sie waschen. Es hat wohl nur noch knapp gereicht, rechtzeitig zur Versammlung zu kommen, und zum Stallgeruch den die Bauernbrüder mitgebracht _
hatten, gesellte sich nun noch derjenige Geruch hinzu, den die Schuhe der
Familie Pfeifer verströmten!
Aus Samuel Pfeifer "Erinnerungen eines Japan-Missionars und seiner Familie"
Ps. 31, 8-9: "Ich will frohlocken über deine Gnade, dass du mein Elend angesehen, die Bedrängnisse meiner Seele erkannt hast, dass du mich nicht
überliefert hast in die Hand des Feindes, sondern meine Füsse auf weiten
Raum gestellt hast."
Seitem unsere Grosseltern zum Glauben kamen, war unsere Familie fest eingebettet in der Christlichen Versammlung Andelfingen (Darbisten).
Bis Anfang 1926 kamen die Geschwister zu ihren Versammlungen im Schloss Andelfingen zusammen, das zu jener Zeit noch Besitz der Familie Sulzer-Warth
war.
Meine älteren Geschwister hatten das noch miterlebt.
Noch bevor ich auf die Welt kam, ist die Versammlung in das Lokal in der Hofwiese umgezogen.
Über dem Versammlungssaal befand sich eine Abwartswohnung, in der zu jener
Zeit noch Witwe Steiner wohnte.
Zuhause las Papa täglich aus der Elberfelder-Bibel vor. Da er selbst eine
Zeitlang Sonntagsschulunterricht erteilt hatte, suchte er die einfachen,
verständlichen Geschichten heraus und machte uns so mit dem Inhalt der Bibel
bekannt. Es war selbstverständlich, dass am Sonntag die ganze Familie zur
Versammlung ging.
Am Morgen um 9.30 Uhr war Anbetungsstunde, um 13.00 Uhr
Sonntagsschulstunde und oft am Sonntagnachmittag auch noch Wortverkündigung..
Meine ersten Erinnerungen gehen in die Zeit zurück, als ich auf der hintersten Bank bei Mama sass.
Von dem, was gesungen, gebetet und gesprochen _ ...
wurde, verstand ich natürlich noch nichts.
Dafür verweilte ich mich
beim _ ,
Durchsuchen von Mamas Handtasche. Vor mir, auf der Rückseite der nächsten t ,
Bank, war eine Rinne, in der die Liederbücher steckten.
Mit diesen spielte
ich jeweils Eisenbahn, indem ich sie hin und herschob. Ich musste aufpassen, > _
wann man Amen sagte, aufstand und sich wieder hinsetzte. Später kam ich dann
auf die vorderste Bank links neben Papa zu sitzen. Nach und nach registrierte ich auch die Eigenheiten der Brüder.
Am liebsten war mir der alte Schlossgärtner Herter, der immer ein grosses Hörrohr in der Hand hielt _ _
und jeden Sonntag Jesaja 53 las.
Das war ihm der wichtigste Text in der Bibel. Ferner waren da die Brüder Graf und Stoll anwesend.
Letzterer zitierte immer wieder die Ordnung Melchisedeks, was ich bis zur Zeit der _ _
Bibelschule nie verstanden habe; dann Bruder Hostettler, der jeweils schon _ _
morgens zwischen vier und fünf Uhr auf den Feldern Gras für sein Vieh holte _
und deshalb während der Versammlung schläfrig wurde.
Wir zählten immer, wieviel Strophen es dauerte, bis ihm das Singbuch aus den Händen rutschte
und zu Boden fiel. Da mehrere Glaubensbrüder jeweils vor der Versammlung
nochmals im Stall nachsehen mussten, ob dort alles in Ordnung war, lag im
ganzen Versammlungsraum ein entsprechender Duft. Von der Sonntagsschule sind
mir die Stunden mit Konrad Herter noch immer in lebendiger Erinnerung. Wir
erlebten mit ihm die Wanderung Israels durch die Wüste.
Er hatte eine Karte
angefertigt, auf welcher die einzelnen Stationen eingezeichnet waren. Jeder
von uns hatte ein Spruchbüchlein, in welches Papa für jeden Sonntag einen
Spruch einschrieb. Dieser musste gelernt und in der Sonntagsschule aufgesagt
werden. Später durften wir selber die Sprüche aussuchen und einschreiben.
Während der Wortverkündigung, mitten am Sonntagnachmittag, gab es durch die
auswärtigen Brüder etwas Abwechslung. Da war zuerst Onkel Paul Schönherr.
Achtung: Die Chrischona Organisation verleugnet Aktiv und in Praxis Gottes Wort! = Abfall
1. Kor. 14,34 sagt dass die Frauen schweigen sollen, es ist ihnen nicht erlaubt zu reden!
1. Tim. 2,12 erlaubt einer Frau nicht zu lehren.
Siehe die Warnung vor der Perversion, wenn Frauen in Zusammenkünften sich redend oder fragend oder lehrend beteiligen Die Beteiligung der Frau in den Versammlungen
Ihm hatte man angemerkt, dass er auf St. Chrischona studiert hatte. Er war
immer bei uns einquartiert, rauchte seine Stumpen und duftete nach einer
guten Aftershavelotion. Er hatte stets Läkerol-Tabletten bei sich. In
Erinnerung dazu bleibt mir, wie er stets ein für sich eingebundenes
Altes und Neues Testament bei sich hatte.
Papa begleitete ihn bei seinen Besuchen
in die umliegende Dörfer.
Manchmal kam ein Telefonanruf, dass jemand gestorben sei und er die Beerdigung zu halten habe.
Dann liess er sich jeweils seinen schwarzen Anzug aus Birsfelden zusenden.
Auch Onkel Jan Stübi, der eine Schwester von Papa zur Frau hatte, kam manchmal zu
uns. Er , .. redete mit einem französischen Akzent.
Hin und wieder waren die Brüder Zutter und Grobetti unsere Gäste. Papa schätzte es nicht, wenn diese auf
einer offenen Postkarte ihren Besuch mit den Worten:
"Im Herrn Jesus geliebter Bruder Pfeifer" ankündigten.
Je nachdem wer zu uns kam, verkündete _ _Papa zu unser aller Freude:
"Kinder, am Sonntag machen wir einen Spaziergang _
in dieses oder jenes Dorf!" Das waren unvergessliche Erlebnisse.
Da ging's über die hohe Eisenbahnbrücke nach Ossingen ins Blaue Kreuz, oder über den _ _
Goldenberg zur frommen Helene nach Dorf. Sie hatte eine an Gicht kranke Tochter,
der wir dann unsere Lieder sangen.
Der "obligate Spaziergang" gehörte überhaupt zum Sonntagnachmittag.
Einmal kam ein neuer Pfarrer ins Dorf. Er meinte, er würde wohl in Andelfingen kaum Gläubige finden;
doch als er unsere Familie singen hörte,
schöpfte er Mut.
Etwas später musste er aber zu seiner grossen Enttäuschung _
vernehmen, dass diese Familie, die ihm so Mut gemacht hatte, gar nicht zur
Landeskirche gehörte. Wie enttäuscht war er da.
Auch bei einem anderen Pfarrer, in einem Nachbardorf, machten wir dann und wann einen Besuch.
Doch weil dort so viele Mädchen im Haus waren, wollte ich nicht mit hingehen. -
Papa schickte uns auch zu Evangelisationen bei den Baptisten, Methodisten .
und Offenen Brüdern. Er tat das vielleicht gerade darum, weil wir in der
Versammlung immer wieder hörten, was die andern alles verkehrt machen.
- Nur einmal, in einer Evangelisation von Bruder Müller-Kersting, rührte Gott mein
Herz an, nämlich als dieser über den Heilsplan sprach und uns klar machte,
dass es vor dem Gericht Gottes kein Ausweichen gibt.
Als ich sechs Jahre alt war, führte die Heilsarmee eine Evangelisation in Kleinandelfingen durch.
Ein Offizier Gutherz sprach so lebendig über die Arche Noah und alle die
Tiere, die zur rechten Zeit dort hineingingen, dass auch ich wusste, jetzt
muss ich mich bekehren. Doch als aufgerufen wurde, nach vorne an die Bussbank zu kommen,
hatte ich nicht den Mut zu gehen, weil ein Erstklässler
auch da war und ich Angst hatte, er würde es am nächsten Tag in der Schule erzählen.
Unsere Eltern beteten jeden Morgen mit uns. Als Ruedi einmal fragte,
wofür sie denn jeden Morgen noch so lange im Schlafzimmer beteten, da meinte
Papa: "Wir beten, dass Gott unsere Erziehungsfehler korrigieren möchte."
Wenn Papa sonntagsfrüh die Schuhe der ganzen Familie putzte, so redete er auch dabei
mit Gott über jedes seiner Kinder. Darauf war es wohl zurückzuführen, dass _
alle meine Geschwister zum Glauben kamen.
Als ich 1940 zum ersten Mal ins
Vennerlager gehen durfte, sagte mir Mama klar auf dem Weg zum Bahnhof, was _
ihr auf dem Herzen lag: "Komm dann anders zurück, als du jetzt gehst!" Gross _
war daraufhin meine Freude, als ich nach Hause schreiben durfte:
"Nun gehöre auch ich zu den Gläubigen und werde dabei sein, wenn Jesus wiederkommt."
In den folgenden Jahren setzte Gott sein Gnadenwerk an mir fort. In der Zeit _
des zweiten Weltkrieges machten wir Bekanntschaft mit den Geschwistern von
Thayngen; dann kam Ruedi zur Familie von Missionar Krampf in Schaffhausen. _
Mein Weg führte mich nach der Lehre nach St. Gallen und ich trat in Verbindung mit Samuel Rutishauser.
Unser Bekanntenkreis erweiterte sich zusehends. Wir nahmen an einem Jugendlager in Monti ob Locarno im Haus Tabor
teil.
Dort stellte ich mich bewusst dem Dienst der Mission zur Verfügung.
Dann waren wir mit dabei an Jugendtreffen.
Ich suchte mich auch in der Sonntagschule unserer Versammlung nützlich zu machen und fuhr deshalb jeden
Sonntag nach Hause zurück. Ich nahm auch teil an einem Jugendtag in Hallau
und besuchte ein Missionsfest der Allianz-Mission in Winterthur. Ich hatte
Hunger nach mehr geistlichem Leben und fand heraus, dass es auch ausserhalb
der Versammlung eine Menge Leute gab, die Jesus lieb hatten.
Vielleicht war gerade darum, dass es nun von Seiten der Versammlungsbrüder vermehrte Kritik
gab.
Als Noldi und ich an einem sehr heissen Sommertag ohne Schlips und Jacke, nur in einer Hose und kurzärmligem Hemd zum Gottesdienst kamen,
meinte ein Bruder recht spitz:
"Jetzt geht's nicht mehr lang, dann kommt ihr noch in der Badehose in die Versammlung."
Als es uns aufging, dass auch wir Verantwortung zu tragen hätten und es wagten,
auch einmal eine kurze Botschaft zum Thema Mission zu geben, da war die Reaktion:
"Wer einen Ruf hat, des soll gehen, aber unsere Aufgabe ist nicht Mission, sondern Anbetung."
Das war nur ein Vorgeschmack von dem, was an Schwierigkeiten von
dieser Seite noch kommen sollte.
Der Ausschluss
1949 wurde Noldi und mir klar, dass wir eine Bibelschule absolvieren sollten. Nach Beatenberg wollten wir nicht, weil dort eine Frau lehrte, und _ _
so war Wiedenest das Naheliegendste. Ich erhielt meine Empfehlung von Bruder
Höhn, bei dem ich in St. Gallen wohnte, und von Bruder Otto Rapp, der zur
Versammlung Andelfingen gehörte. Dieser meinte:
"Pass auf: Als Mose gerufen wurde, da schien alles klar und er ging freudig;
doch dann, als er dem Pharao gegenüber stand, begannen die Schwierigkeiten.
So wird's auch bei . . euch sein."
Schon am ersten Sonntag in Wiedenest war es für uns wie ein Schock,
dass uns jemand Grüsse vom Haus des baptistischen Bundes ausrichtete.
Wir waren in der Versammlung doch gelehrt worden, dass die ganze Sache mit dem "Bund" mit Sicherheit vom Teufel sei.
Ferner wünschten die Brüder der örtlichen Darbysten-Versammlung ein Empfehlungsschreiben unserer Heimatgemeinde in Andelfingen,
obwohl die Darbysten-Versammlungen nicht organisiert sein wollen,
besassen die Brüder in der Schweiz ein genaues Verzeichnis von den zur Versammlung gehörenden Gemeinden in Deutschland.
Die am nächsten liegende Darbysten-Gemeinde war Bergneustadt, _
und der leitende Bruder dort hiess Bubenzer.
Dorthin sollten Noldi und ich in die Versammlung gehen und Bruder Stoll bestand darauf,
dass das Empfehlungsschreiben an Bruder Bubenzer zu richten sei.
Eines Tages, als wir gerade unsere kurze Siesta hielten, klopfte es an die Tür.
Ein fremder Mann trat ein und richtete uns aus: "Br. Bubenzer lässt sie zu sich bitten."
Wir fuhren hin und Br. Bubenzer erklärte uns ohne die Anwesenheit irgendwelcher Zeugen,
dass wir im ganzen Gebiet der Bundesrepublik von der Versammlung ausgeschlossen seien,
weil wir in einer Bibelschule studierten, die zum Bund Evangelisch Freikirchlicher Gemeinden gehöre.
Das wird in darbystischen Kreisen als grosse "Sünde" betrachtet.
Diese Meldung ging daraufhin in die Schweiz.
Nichts ahnend kamen wir am Karfreitag nach Hause
zu unseren Eltern. Da hörten wir, dass am Freitag eine wichtige Versammlung
stattfinde.
Es handle sich dabei irgendwie um uns.
Da wir nun gerade zu Hause waren, wollten wir verständlicherweise auch dabei sein.
Wir waren verdutzt, wer da alles aufmarschierte.
Unsere Onkels, Paul Schönherr und Jean Stübi, und noch andere wichtige Brüder von auswärts.
Es wurde der Versammlung mitgeteilt, dass wir in Deutschland ausgeschlossen worden seien..
- Wie Gott Ruedi geführt hatte, wussten die Brüder schon. Er war Schüler auf Chrischona gewesen,
hatte aber dort nie das Brot beim Abendmahl mitgebrochen,
sondern war aus Rücksicht auf seinen darbistischen Hintergrund
immer zur Versammlung in Basel gegangen.
Nun erzählten auch Noldi und ich,
wie Gott uns geführt hatte. Doch das schien keinen Eindruck zu machen,
im , Gegenteil; eine Erklärung wurde abgegeben, dass Noldi und ich nun auch
aus .der Gemeinschaft der Versammlungen der Schweiz ausgeschlossen seien.
Das wurde noch besiegelt, indem einer der Brüder das Wort aus Offenbarung
22,15 .
las: "Draussen sind die Hunde und die Zauberer und die Unzüchtigen und
die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Es war _ _ _
ein trauriges Auseinandergehen. Fast wollte es mir scheinen, als wären wir ... .
nun auch vom ewigen Leben ausgeschlossen.
Wie in einem Traum kamen wir
nach Hause. Papa sass bereits im Rollstuhl und hörte sich die ganze Sache voller _
Anteilnahme an. Dann meinte er:
"Macht nichts, meine Buben! Ich warte nur auf den Tag, an dem ihr die ersten Menschen zum Herrn führen dürft.
Dann hat sich alles ausbezahlt!"
Mir ging das nahe, doch Noldi schien leichter darüber hinwegzukommen.
Zum Glück sprach uns Dr. Rene Pache Trost zu, doch
erst während der Bibelschulzeit verstanden wir allmählich das Ganze.
Ernst Schrupp hat es in seinem Buch
"Gott macht Geschichte" Seite 63 - 66
zusammengefasst.
Die "Kirchenfrage" in der Auseinandersetzung im Brüdertum:
Einheit und Erneuerung nach dem Neuen Testament?
Die Brüderbewegung war, wie die meisten evangelischen Erweckungs- und Gemeinschaftsbewegungen,
eingebettet in den Strom der reformatorischen Entwicklung.
Er war im 16. Jahrhundert aufgebrochen und ist in seinen vielen
Verästelungen bis heute nicht zum Abschluss gekommen.
Die Wurzeln der speziellen Brüdergewegungen und zugleich ihrer Spaltungen liegen in Irland
und England
(Anthony Norris Groves, Georg Müller, B.W. Newton, John Nelson Darby).
In Bristol kam es 1848 zu einer Auseinandersetzung mit dem Ergebnis
einer Trennung (sog. Bethestastreit).
Diese Aufteilung in "exklusive" und "offene" Brüder hat sich in der Verbreitung des Brüdertums auch über England
hinaus fortgesetzt.
Vor allem waren Darby (1800 - 1898, Jurist und Theologe
aus der Anglikanischen Kirche) und Georg Müller (1805 - 1898, Theologiestudium in Halle, Gründer der Waisenhäuser in Bristol)
die Exponenten der beiden getrennten Brüderrichtungen. Johannes Warns musste
sich bei seinem Suchen nach den neutestamentlichen Gemeinden auch mit Ursachen und Folgen jener Trennung befassen.
Und im letzten Jahr vor seinem
Tode, also kurz vor der Wiedervereinigung der beiden Gruppen in Deutschland ,
schrieb er darüber: "Einen Rückblick auf den sogenannten Bedestastreit
zu Bristol im Jahre 1848 - Georg Müller und John Nelson Darby", 1936.
Warns sieht in jener Auseinandersetzung zwei unterschiedliche Kirchenbegriffe offenbar werden.
In den ersten Jahren der Brüderbewegung war .
gerade die Bereitschaft zur Gemeinschaft mit allen Gläubigen unter
"völliger
Nichtachtung aller Zäune und Parteigrenzen"
das auffallendste Merkmal dieser _
neuen Bewegung.
Darum wuchs sie so ausserordentlich, darum zog sie viele der _ _
gediegensten und treusten Gläubigen an. Es schien, als sei ihr Siegeslauf _ _
nicht zu bremsen.
Darby hat jedoch später dem gegenüber einen ihm ganz eigenen Kirchenbegriff (nach ihm "Darbysmus" genannt)
entwickelt und praktiziert.
Bei diesem handelt es sich eigentlich, nach dem Urteil Warns, _
um das "katholische Gemeindeideal" als "ein Erbstück aus der englischen Staatskirche".
Darbys Prinzip war die "korporativ verantwortliche Kirche",
die des "Leibes Christi auf Erden", woraus sich ihm (Darby) das einheitliche
Handeln aller Versammlungen (örtliche Gemeinden) ergab, und darüberhinaus _
die Notwendigkeit des Ausschlusses solcher Versammlungen, die sich die Freiheit eigener und anderer Entschlüsse Vorbehalten.
Nach Darby Lehre dürfen Versammlungen nicht unabhängig voneinander handeln, sondern nur solidarisch, als "Körperschaft".
Dabei ging Darby davon aus, dass im Anfang
eine ewige, sichtbare Gesamtkirche mit bestimmter Ordnung und festen Ämtern
als ein gemeinsames Zeugnis aller Gemeinden bestanden habe.
Aber diese Ur-Kirche sei, schon zur Zeit des Neuen Testaments, in Verfall geraten (vgl..
1. Tim.3,15; 2.Tim.2,20). Sie könne auch nicht wiederhergestellt werden (d.i..
Darbys "Verfallstheorie"), sondern sie könne nur noch in der Absonderung von
den in stetem Verfall begriffenen etablierten Kirchen dargestellt werden.
Das geschehe gewissermassen durch den "Überrest" wahrer Gläubiger am "Tisch
des Herrn" je an ihrem Ort durch das gemeinsame Brotbrechen (d.i.
Darbys "Darstellungstheorie").
So wurde jedoch gerade diese Mahlsgemeinschaft, die
ursprünglich ein Kennzeichen der Einheit der Kinder Gottes war, zum Trennungsmerkmal in den "exklusiven" Versammlungen der Brüder, entsprechend
der "Absonderungslehre" Darbys. Das Ergebnis war nicht Förderung, sondern
eher ein Hemmnis der Einheit Jesu. Dazu kommt ein weiteres Trennungsmerkmal: In der ursprünglichen,
neutestamentliehen Kirche Christi sieht auch Darby Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten (Älteste) und Lehrer "von Gott gegeben" und im Dienst
bestätigt (Eph. 4,11; 1.Kor.12 u.a.). Aber mit dem Verfall der Kirche
diese Möglichkeit z.B. Älteste und Diakone (Diener) zu erkennen, zu benennen
und in ihrem Dienst als solche anzuerkennen (vgl. l.Thess.5,12/13), so nicht
mehr gegeben. Die Wirkung dieser Lehre auf die Entwicklung der Brüderbewegung ist nicht zu bestreiten. "Die Tatsache, dass der deutsche _ _ >4
Zweig heute mindestens in drei parallelen Teilentwicklungen verläuft",
so .
Gerhard Jordy, "ist von der Lehre Darbys nicht zu trennen."
Diese darbystische Lehre von Einheit und Verfall mit der Behauptung der
Nichtwiederherstellbarkeit neutestamentlicher Gemeinde stand fortan in Teilen des Brüdertums einer Gemeindeerneuerung nach dem Neuen Testament im Wege.
Im Unterschied zu Darby stand Georg Müller und den "Offenen" Brüdern das
echte, ursprüngliche Gemeindeideal des Neuen Testaments vor Augen; das suchten sie zu verwirklichen. Sie sehen die Gemeinde Jesu im Neuen Testament _ ,
nicht "als korperative Zusammenfassung aller Gemeinden auf Erden". Sie sehen _
die einzelnen örtlichen Gemeinden als "sichtbares Bild der Gesamtekklesia".
Jede "örtliche Gemeinde" ist für sich selbst dafür verantwortlich, dass dieses Bild möglichst klar in Erscheinung tritt. Jede Ortsgemeinde" ist eine _
selbständige Grösse, sie ist unabhängig von jeder menschlichen Regierungsgewalt ausserhalb ihrer Grenzen. Sie ist aber mit den anderen Gemeinden verbunden durch
unsichtbare Bande der Einheit, die fester und dauernder sind als jede nur denkbare Organisation und kirchliche Verbindung..
So schliessen Unabhängigkeit und Einheit der Gemeinden einander nicht aus,
und es bleibt jeder Gemeinde Raum für Erneuerung nach dem Neuen Testament.
Während es in der "exklusiven" Brüderbewegung Englands immer weitere Spaltungen, gegenseitige Absonderungen und Ausschliessungen gegeben hat,
haben die Offenen Brüder auch bei unterschiedlichen Auffassungen und Praktiken die Einheit im grossen und ganzen bewahrt.
Der Kirchenbegriff Darbys war also der eigentlich trennende Faktor im Brüdertum. Er beruht auf
dem Grundsatz, dass die ursprüngliche neutestamentliche Gemeinde nicht wiederherzustellen und ihre Einheit nur noch in der Trennung "darzustellen"
sei. In seiner Schrift bringt Warns das am Schluss auf den Punkt. "Die eine
Frage, die zwischen den Brüdern steht, ist aber die Kirchenfrage. Im Grunde
nur sie. Denn alle anderen trennenden Fragen haben in ihr ihren Ursprung.
Alle Verständigungsversuche müssen daher misslingen, solange man einer Nachprüfung seines Kirchenideals aus dem Wege geht, das mit Notwendigkeit zu
den exklusiven Grundsätzen führt und, anstatt zu einigen, die Brüder
voneinander trennt" und eine gebotene Erneuerung und Weiterentwicklung hindert.
"Die Kirchenfrage ist recht eigentlich die unerledigte Frage
der protestantischen Theologie", bemerkt der Schweizer Theologe Emil Brunner ,
(1899 - 1966, Zürich). Diese Tatsache betreffe nicht nur die deutsche, sondern in ganz gleicher Weise die protestantische Theologie aller Länder. , .
Man habe Jahrzehnte lang Kirche genannt, was gar nicht Kirche sei,
"und man _
konnte das darum tun, weil man sich über den Inhalt dieses Wortes
nicht klar
war". Diese Unklarheit sei der "tiefste Grund der gegenwärtigen Kirchenkrise". Im Denken über die Kirche sei die reformatorische Theologie _ .
und in der Gestaltung der Kirche entsprechend diesem Denken sei "die Reformation überhaupt nicht zu Ende gekommen oder nicht durchgedrungen".
Dieses echte, ursprüngliche Gemeindeideal stand Georg Müller und den Offenen
Brüdern vor Augen und sei, so Warns, "in dem stillen, von der grossen Öffentlichkeit nicht beachteten Brüderkreisen zu verwirklichen versucht worden".
In darbystischer Exklusivität liess sich dieses "ursprüngliche Gemeindeideal" nicht verwirklichen.
Durch diesen Ausschluss am Karfreitag 1950 waren wir drei Brüder eigentlich
gegen unseren Willen, aber unter Gottes Vorsehung für den Dienst von diesem _ _
exklusiven Denken befreit worden. Bis ich jedoch mit wirklich gutem Gewissen _ _
das Mahl mit anderen Gläubigen feiern konnte, wurde es 1956, als wir in Japan an den Missionskonferenzen das Mahl mitfeierten. Dort erst ging uns
auf, wieviel grösser doch die wahre Gemeinde Jesu Christi ist. Wir fanden
Missionare aus anderen Kreisen, an denen wir, was ihren Wandel betraf, nur
hinaufschauen konnten. Das hat uns echt fröhlich gemacht.
Als wertvolles Gut aus der Versammlung habe ich mitgenommen:
1. Die absolute Treue dem Wort gegenüber. Das blieb die Grundlage in meinem
Dienst bis heute.
1. Die Treue im Versammlungsbesuch. Nur einmal hatte ich bei meinen Eltern
erzwungen, zuhause bleiben zu dürfen. Jener Sonntagmorgen war der längste in meinem Leben.
1. Die tägliche Erwartung der Wiederkunft des Herrn, auf die ich mich manchmal zurückbesinnen muss.
Hätten uns die Brüder nicht ausgeschlossen, wären wir wohl nie aufs Missionsfeld gekommen.
Gott liess uns gar nicht erst in eine Schwermut versinken, sondern hat uns in jeder Beziehung gezeigt, dass er um so mehr
mit uns war. Wohl war es schmerzlich, nun vom grossen Teil der
Verwandtschaft getrennt zu sein.
Aber Gott segnete den Dienst in Österreich, ,
der in den Praktikumseinsätzen begonnen hatte, derart, dass wir heute
nur noch mit Dankbarkeit daran zurückdenken können.
Auch in dem, was unsere Versorgung anbelangte, liess uns der Herr nicht sitzen.
Die erste Gabe kam von einem Geschäftsbücherfabrikanten in Frauenfeld.
Das zeigte uns, dass uns nicht alle Brüder als vom Herrn abgeschrieben betrachteten. Wenn uns der Herr heute fragen würde:
"Habt ihr _ je Mangel gelitten?" so könnten wir freudig bekennen: "Nein, niemals Herr." .
Und jetzt, wo mit dem Eintritt ins Ruhestandsalter unser regelmässiger Unterhalt von der Gemeinde aufhört, wissen wir, dass der Herr versprochen
hat: "Ich will euch tragen bis ins Alter, bis dass ihr grau werdet."
Wie Modersohn es in einem seiner Bücher bezeugt hat zum Thema: "Menschen,
durch die ich gesegnet wurde", so können auch wir und von Herzen singen:
Du hast mein Leben so reich gemacht, dem heissen Sehnen Erfüllung gebracht,
All meine Sünden decktest du zu, an deinem Herzen fand ich die Ruh.
Ferner: Mein Bruder Noldi (auszugsweise)
"Wenn meine Eltern so gedacht hätten, wie es viele Ehepaare heute tun, dann
wäre ich nicht auf der Welt", so pflegte Noldi oft zu sagen. Man schrieb den
28. April 1923, als er als siebentes Kind der Familie geboren wurde. Mama
hat oft erzählt, wie er mit rollenden Augen in seinem Kinderbettchen lag. _ _
"Wenn ich ihn nicht zuhause geboren hätte, so müsste ich bestimmt annehmen,
er wäre im Spital verwechselt worden."
Von klein auf sorgte er für Überraschungen in der Familie. Friedlich sass
die Familie eines Sonntagmorgens beim Frühstück. Da man sich beim Essen immer angeregt unterhielt, merkte niemand, dass der kleine Noldi fehlte. Er
war damals noch keine drei Jahre alt. Doch die Geräusche aus dem hinteren
Teil des Hauses drangen schliesslich bis zu uns durch: "Trapp, trapp, trapp,
klack." Was mochte er bloss tun? Jemand ging nachschauen. Man erwischte ihn
eben noch, als er einen Schuh ins Plumpsklo fallen liess, und entdeckte,
dass er sehr systematisch gearbeitet hatte.
Von jedem Paar stand nur noch je
ein Schuh im Schrank. Natürlich war damit das gemütliche Familienfrühstück
zu Ende. Mit einem Haken musste Papa alle Schuhe aus der Jauchegrube fischen , .
und sie waschen. Es hat wohl nur noch knapp gereicht, rechtzeitig zur Versammlung zu kommen, und zum Stallgeruch den die Bauernbrüder mitgebracht _
hatten, gesellte sich nun noch derjenige Geruch hinzu, den die Schuhe der
Familie Pfeifer verströmten!
Aus Samuel Pfeifer "Erinnerungen eines Japan-Missionars und seiner Familie"