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    Mystik in d. Reformation

    Gesichter und Geschichten der Reformation
    von Roland Werner und Johannes Nehlsen. (Hg)

    Stellungnahme von Alexander Seibel

    Diese Stellungnahme war wirklich nicht geplant. Zunächst freute ich mich über diese „dicke“
    Weihnachtsgabe Gesichter und Geschichten der Reformation, Fontis – Brunnen Basel. Doch je
    mehr ich hineinschaute und erkennen musste, wer hier alles als Vorbild und Beispiel porträtiert
    wurde, desto frustrierter, um nicht zu sagen entsetzter, wurde ich.

    Vorweg möchte ich hier betonen, dass es nicht unsere Aufgabe ist zu richten. Die Motive kennt
    allein der lebendige Gott und in dieser Sammlung von Kurzbiographien gibt es Menschen, deren
    Nachfolge und Eifer nicht hinterfragt werden soll. Wer möchte z.B. die kompromisslose Hingabe
    eines Sadhu Sundar Singh bezweifeln. Hierin ist dieser Mann nach wie vor vorbildlich. Doch wehe
    uns, wenn wir, besonders in diesen Tagen, nicht die Geister prüfen, eigentlich alles prüfen, wie es
    uns ja auch befohlen ist. Hier ist der Werdegang von Sundar Singh besonders erschütternd.

    So habe ich mir nun schweren Herzens vorgenommen, auf einige Beispiele in diesem Buch
    hinzuweisen, wo man meiner Erkenntnis nach Licht mit verkleideter Finsternis verwechselt hat.

    Was ich hier aufliste ist natürlich nicht vollständig, abgesehen davon, dass ich von etlichen Namen
    noch nie etwas vorher gehört habe. Diese Stellungnahme beansprucht auch nicht in allen
    Bereichen „hieb- und stichfest“ zu sein, das wäre bei diesem umfangreichen Buch nicht möglich,
    doch möchte ich auf einige meiner Erkenntnis nach besonders eklatante Beispiele hinweisen.

    Bernhard von Clairvaux (S. 12) ist untrennbar mit den schrecklichen Verirrungen der Kreuzzüge
    verbunden und gehört somit zu den dunkelsten Blättern der Kirchengeschichte. So formulierte er:
    „Ein Ritter Christi tötet mit gutem Gewissen; noch ruhiger stirbt er. Wenn er stirbt, nützt er sich
    selber; wenn er tötet, nützt er Christus.“
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    Das erinnert eher an Dschihad denn an neutestamentliches Christentum. Unsere Gegner greifen
    auch gerne solche Zitate auf, um bibeltreue Christen und Salafisten in die selbe Schublade zu
    stecken.
    Berühmt wegen seiner großen Redegabe, stellte Bernhard sie in die Anwerbung für die Kreuzzüge,
    für die er europaweit einen Rausch der Begeisterung entfachte. Er pries in Briefen und bei
    seinen Reisen durch Frankreich, Flandern und Deutschland den Kreuzzug als etwas Gerechtes
    und sogar Heiliges und munterte mit allen Registern der Rhetorik zur Gewalt gegen die „Heiden“
    auf. http://www.zisterzienserlexikon.de/w..._von_Clairvaux
    Es erinnert an Joh 16,2-3. Es kam 1147 zum 2. Kreuzzug, der 1149 in einer Katastrophe endete.

    Bernhard galt als glühender Marienverehrer, weswegen er oft mit ihr dargestellt wird. Aus Sankt
    Bernhards Herzen ist erstmals auch jenes kleine Mariengebet geflossen, das seitdem ungezählte
    Marienverehrer beglückt und begnadet hat.
    Ich habe mir vorgenommen, den Blick vor allem auf das Bild der Gottesmutter Maria zu richten, das die Kirche mit dem umfangreichen Glaubensschatz empfangen hat: Maria mit dem Kinde lieb, uns allen deinen Segen gib!


    Er muss eine Person von großem Faszinosum gewesen sein. Bereits 1174 wurde er heilig gesprochen.
    Auch wenn er in diesem Lebensbild als „Charismatiker“ bezeichnet wird, jemand, der
    durch Kreuzzugsbegeisterung und süße Mariengebete bekannt ist, sollte nicht unbedingt als ein
    Gesicht der Reformation angepriesen werden.

    Franz von Assisi (Seite 16) ist für mich eine tragische Gestalt, die es sicherlich von Herzen gut
    meinte. Als er 1224 am Berg von Alverna eine Vision des gekreuzigten Christus hatte, waren bei
    ihm die Wundmale zu sehen. Er war übrigens der Erste, bei dem solche Stigmata auftraten. Er
    fügte zu den vielen Irrlehren Roms damals eine weitere hinzu. Es handelt sich um einen Jesus, der
    immer noch leidet, immer noch geopfert wird, wie es die katholische Eucharistie lehrt, immer
    noch blutet bzw. bluten muss. Es ist ein völlig anderer, als der, den das Wort Gottes offenbart. In
    meinem Heimatland Österreich waren es nach den Jesuiten die Franziskaner, die am meisten die
    Reformation bekämpften und Protestanten und Wiedertäufer austilgten.

    Ein besonders schlimmer Fehlgriff ist meiner Ansicht nach Meister Eckhart (S. 20). Von ihm gibt
    es eigentlich schon blasphemische Zitate: „Wenn Gott nicht wäre, so wäre ich nicht und wenn ich
    nicht wäre, so wäre Gott nicht.“ Dieses Zitat ist eine „fatale Umkehrung“ und lehrt, dass der „absolute
    Geist [Gott] im menschlichen Geist zum Bewusstsein seiner selbst kommt.“ Die Bibel jedoch
    lehrt, dass zwischen dem endlichen und unendlichen Geist, zwischen dem Menschen und Gott, ein
    Gegensatz besteht. HELMUT LAMPARTER, PRÜFET DIE GEISTER, AUSSAAT-VERLAG, WUPPERTAL,
    1961, S.75-76.
    „Darum bitte ich Gott, dass er mich Gottes quitt mache, denn mein wesentliches Sein ist oberhalb
    von Gott…“ Meister Eckhart, Q413,29, zitiert in Willigis Jäger, Wiederkehr der Mystik. Das Ewige
    im Jetzt erfahren, Freiburg im Breisgau: Herder, 2004, S. 152.

    Er ist eine Art „Urvater“ der Mystiker, gemäß deren Verständnis man Gott im Grunde seiner Seele
    findet, trage doch jeder Mensch den sogenannten göttlichen Funken in sich. Der Mystiker bzw.
    Schwärmer kann sich ohne Wort Gottes bei Gott „andocken“, er braucht sich nur in sich
    versenken, um angeblich tiefer mit Gott Gemeinschaft zu haben. Kontemplation und „Meditation“
    sind deswegen bevorzugte Themen innerhalb dieser Strömungen. Empfohlen werden dann eine
    passive Stille, Atemübungen oder die Vorstellung eines unendlichen Ozeans, in den es einzutauchen
    gilt.
    Die Mystiker finden Gott nicht primär in seinem Wort sondern in ihrem tiefsten Seelengrund, in
    den gewöhnlich über eine passive Stille hineingetaucht wird. Ein besonders extremes Beispiel ist
    Thorsten Hebel. Er hat zwar inzwischen offen in seinem Buch „Freischwimmer“ bekannt, wie er
    seinen Glauben an Gott verloren hat, praktiziert nun dafür die Gegenwart Gottes durch Meditation.
    „Nein, das ist christliche Mystik. Ich nehme mir jetzt etwa dreimal die Woche meditative
    Auszeiten. Ich… versuche in mich hineinzugehen. Ich bade in der Präsenz Gottes: Gott in dir und
    du in Gott. Es geht weniger um den Verstand, sondern darum, die Präsenz Gottes zu spüren und
    zu erleben. … Ich rede über Sex mit Gott … dann kommt Gott ganz zärtlich, es ist wie ein Kraftstrom.“
    ideaSpektrum 6/2016.

    Auf ähnlicher mystischer Wellenlänge ist auch Johannes Tauler (S. 22), dessen Lehrer niemand anderer
    als der berühmte Dominikaner Meister Eckhart war. „So predigte er die Einheit mit Gott im
    Sinne der Deutschen Mystik“. Es ist dies übrigens der typische Klostergeist, der inzwischen auch
    immer mehr im evangelikalen Lager besonders über Kommunitäten sich ausbreitet.
    Als jemand, der selber halbintern im katholischen Kloster war, ist mir diese Atmosphäre nicht unbekannt.
    Eines der stärksten mystischen Medien ist für mich Teresa von Avila (S. 73), und die Tatsache,
    dass sie nun auch im evangelikalen Lager immer mehr Bewunderer und Anhänger findet, sehe ich
    mit wachsender Sorge. Denn viele große »Heiligen« der katholischen Kirche waren tatsächlich irregeführte
    Medien einer fremden Macht und hatten Symptome von (zeitweiliger) Besessenheit. So
    litt Teresa von Avila dauernd an Ohrensausen und Schwindelanfällen; sie konnte fast zwei Jahrzehnte
    kaum essen. Herzattacken und Nervenschmerzen führten nahezu zum Tode. Teresa hatte
    Höllenvisionen. Eberhard Straub, „Das Experiment einer Seele mit Gott“, FAZ, 2. Okt. 1982, Nr.
    228.
    Ihre bekannteste Vision war die sogenannte Transverberation, die Durchbohrung ihres Herzens.
    „Ich sah einen Engel neben mir, an meiner linken Seite, und zwar in leiblicher Gestalt, was ich
    sonst kaum einmal sehe. […] Er war nicht groß, eher klein, sehr schön, mit einem so leuchtenden
    Antlitz, daß er allem Anschein nach zu den ganz erhabenen Engeln gehörte, die so aussehen, als
    stünden sie ganz in Flammen. […] Ich sah in seinen Händen einen langen goldenen Pfeil, und an
    der Spitze dieses Eisens schien ein wenig Feuer zu züngeln. Mir war, als stieße er es mir einige
    Male ins Herz, und als würde es mir bis in die Eingeweide vordringen. Als er es herauszog, war
    mir, als würde er sie mit herausreißen und mich ganz und gar brennend vor starker Gottesliebe
    zurücklassen. Der Schmerz war so stark, daß er mich […] Klagen ausstoßen ließ, aber zugleich ist
    die Zärtlichkeit, die dieser ungemein große Schmerz bei mir auslöst, so überwältigend, daß noch
    nicht einmal der Wunsch hochkommt, er möge vergehen, noch daß sich die Seele mit weniger als
    Gott begnügt. Es ist dies kein leiblicher, sondern ein geistiger Schmerz, auch wenn der Leib
    durchaus Anteil daran hat, und sogar ziemlich viel.“

    Ich bezweifle keinen Moment die Faktizität dieser Erlebnisse. Mir ist es jedoch immer noch ein
    Rätsel, wie man solch offensichtliche Phänomene aus der Geisterwelt nicht durchschauen will und
    als göttlich erklärt. Hier ist der „Engel des Lichts (2. Kor. 11,13-14) kaum getarnt.

    George Fox (S. 88) war ein beeindruckender Pionier in seinem Streben nach religiöser Toleranz
    und Freiheit, der ganz sicherlich nach seinen Idealen leben wollte. Vieles war in seinem Verhalten
    vorbildlich. Das entbindet uns aber nicht von dem Auftrag, solche Phänomene zu prüfen, die sich
    bei ihm öfters zeigten. So heißt es in diesem Porträt: Häufig, wenn der Geist über ihn kam, überfiel
    ihn ein Zittern und er sprach ohne Rücksicht auf Ort oder Zuhörerschaft. Seine Anhänger wurden
    bald „quakers“ – „Zitterer“ – genannt (S. 88).
    Die Verfechter des Toronto-Segens beriefen sich mit ihren Phänomenen nur allzu gerne auf diesen
    Gründer der Quäker, unter dessen Verkündigung Menschen anfingen zu zittern und sich zu
    schütteln. Bei aller schon erwähnten Achtung vor der moralischen Integrität und dem sozialen Anliegen
    dieses Mannes und seiner Anhänger, sollte man aber auch wissen, dass George Fox die
    Kirche, das Amt und schließlich sogar die Bibel als Autorität verworfen hat. Er war davon
    überzeugt, dass nur eine „innere Salbung“ die Vollmacht zur Verkündigung geben würde.
    „Jesus Christus wurde ihm im Gegensatz zum Autoritätsglauben an die Bibel der echte Lehrer, der
    das innere Licht als die ‚Saat Gottes‘ aufgehen läßt. Die Freiheit Gottes, sich nach seinem
    Ermessen zu offenbaren, hat (so George Fox) die menschliche Freiheit von Bibel, Dogma und kirchlicher
    Institution zur Folge. Echter Gottesdienst kann nur im Warten auf die unberechenbare Offenbarung
    bestehen.“ Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ Bd. 2, Mohr, Tübingen 1986, S.
    1010 .

    Auch hier zeigt sich, wie bedenklich es ist, Männer und Frauen der Kirchengeschichte unbekümmert
    ob ihrer theologischen Irrtümer als Zeugen für ein „neues“ Phänomen zu zitieren.
    Auch Gerhard Tersteegen kannte so ein Zittern und wird deswegen gerne von Vertretern solch direkter
    Inspirationen angeführt.

    Ernst Buddeberg hat wegen der damals in die Gemeinschaftsbewegung eingebrochenen Zungenbewegung
    warnend dargelegt: Gott will durch sein offenbartes Wort mit uns verkehren. – Die Schwärmerei
    will darüber hinaus „inneres“ Wort Gottes haben und richtet ein neues Prophetentum
    mit autoritativer Gewalt auf. b) Gott will durch seinen Sohn mit uns verkehren. – Die Schwärmerei
    löst den Geist von der Person Christi. f) Gott tut uns seinen Willen vornehmlich kund durch sein
    Wort, durch die Lebensführung und durch erfahrene Christen- – Die Schwärmerei will nur unmittelbar
    vom Geist geleitet werden. Zitiert bei Paul Fleisch: „Die Pfingstbewegung in Deutschland“,
    Feesche Verlag Hannover 1957, S. 170.

    Mehr als fragwürdig ist für mich Jeanne Marie Guyon (S. 96). Sie vertrat eine ebenso mystische
    wie streckenweise gegenreformatorische Frömmigkeit. So war sie Vorsteherin eines Klosters in
    der Nähe von Genf, in dem protestantische Töchter und Neukatholikinnen im katholischen
    Glauben (!) erzogen und gegründet werden sollten. Es ging von einem Kloster zum anderen.
    In schwärmerischer Gefühlsergriffenheit nannte sie Jesus ihren divin epoux (himmlischen
    Bräutigam) ähnlich wie die Marienschwestern. Entscheidend war für sie der Rat eines stark der
    Mystik ergebenen Franziskaners: Madam, das kommt daher, daß Sie draußen suchen, was Sie in
    Ihrem Inneren haben. Gewöhnen Sie sich daran, Gott in Ihrem Herzen zu suchen, und Sie werden
    ihn darin finden.“ Aus Real-Enzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Band 5,
    Leipzig, 1879, S. 480.
    Also Gnosis oder wie man heute sagen würde, New Age. Wie oben dargelegt, Gott als der Urgrund
    alles Seins und somit das Gegenteil von Röm. 7,18.

    In ihrer Autobiographie erklärt Madam Guyon: Ich schreibe nicht aus meinem Geiste, sondern
    durch den inneren Geist. Griff ich zur Feder, so wusste ich kein Wort von dem, was ich schreiben
    würde; und auch nachher nicht, was ich geschrieben hatte. Es floß – im Strömen des inneren
    Lichts – gleichsam aus der Tiefe hervor. Und nahm nicht den Weg über den Kopf. Die Geschwindigkeit,
    mit der ich schrieb, war so groß, daß mein Arm anschwoll und ganz steif wurde… Ich
    schrieb Tag und Nacht ununterbrochen, wobei die Hand kaum Schritt halten konnte mit dem diktierenden
    Geist. Während dieser Arbeit benutzte ich nie ein Buch. Ein Schreiber konnte in fünf Tagen
    kaum abschreiben, was ich in einer einzigen Nacht geschrieben hatte.“ „Während ich schrieb,
    sah ich, daß ich über Dinge schrieb, die ich nie gesehen hatte, und daß Schätze an Wissen und
    Erkenntnis in mir schlummerten, von denen ich nichts ahnte.“ Kurt Hutten, Seher Grübler Enthusiasten,
    Quell Verlag Stuttgart, 1982, S. 620.

    Trotz dieses so offensichtlich klassischen Phänomens des automatischen Schreibens, wie man es
    im frommen Spiritismus und eben nicht in der Bibel kennt, hatte und hat sie noch immer großen
    Einfluss auf das protestantische und pietistische Lager. Man wird an 2. Kor. 11,4 bzw. an Luk.
    11,35 erinnert.

    Jonathan Paul (S. 364) war sicherlich ein begnadeter Man und begabter Verkündiger. Durch seinen
    großen Einfluss allerdings kam es am Beginn des vorigen Jahrhunderts nach dem Einbruch
    des Pfingstgeistes zu der Trennung von der Gemeinschaftsbewegung und zur Entstehung der
    Mühlheimer Bewegung. Bekannt ist von ihm die Irrlehre des reinen Herzens. Noch tragischer sind
    seine letzten Worte, die sein Schwiegersohn Heinrich Vietheer berichtet. „Ehe Pastor Paul
    heimging, rief er uns und alle die Missionsgeschwister, die gerade in meinem Missionshause anwesend
    waren, zusammen und sagte uns: Ich war am Bahnhof der Ewigkeit, und die Tür war mir verschlossen,
    und es wurde mir gesagt: Du hast von dem Gift der alten Schlange getrunken.“ Heinrich
    Vietheer, Unter der guten Hand Gottes, S. 152.

    Smith Wigglesworth (S. 378) war es, der über David du Plessis, genannt Mr. Pentecost, 1936
    weissagte, er werde die Pfingstbotschaft in alle Kirchen, einschließlich der Katholischen tragen.
    Für diesen Brückenschlag nach Rom wurde du Plessis von der damaligen Pfingstgemeinde ausgeschlossen.
    Zu jener Zeit wusste praktisch noch jeder aus dem nichtkatholischen Lager, dass die
    Papstkirche nicht die Kirche Christi sein kann und solche Führungen nicht vom Heiligen Geist
    stammen. Dieses Wissen ist inzwischen immer mehr am Verdunsten.
    Sogar in diesem Beitrag wird zugegeben, dass Wigglesworths Methoden mitunter unorthodox
    waren. Gemäß „Apg. 19,12 segnete er Taschentücher, damit sie Kranken zu Hause aufgelegt werden
    können“ (S. 379). Ähnliches praktiziert auch Peter Wenz in seinem Gospel Forum. „Ich kenne
    viele Beispiele, wo wir den Kranken Tücher unter den Kopf legten, und am nächsten Morgen
    waren sie gesund.“ ideaSpektrum 46/2006

    Es zeigt ein zutiefst magisches Verständnis vom Wirken des angeblich Heiligen Geistes.

    In Wigglesworths Biographie wird berichtet, wie er einer angeblich besessenen Frau zwecks „Befreiung“
    die Faust in den Magen schlug, mit dem Hinweis, der Schlag gelte nicht ihr, sondern dem
    Dämon. Also die Verwechslung von Sichtbarem mit Unsichtbarem. Es erinnert an heidnische Methoden
    des Exorzismus, wo man diese armen Opfer noch physisch misshandelt.

    Die damaligen Leiter von Gnadau hatten also Grund, vor diesem Mann zu warnen, in dem sich
    ganz offensichtlich frommer Spiritismus mit Bibel vermischte. Doch wovor die Väter noch gewarnt
    haben, wird inzwischen in unseren Tagen von führenden Größen der Allianz willkommen geheißen.

    Albert Schweitzer (S. 428) gehört mit seiner Geschichte der Leben-Jesu-Forschung zu den schlimmsten
    Bibelkritikern überhaupt. Dazu nur ein Zitat aus diesem Werk aus dem Jahre 1906: „Der
    Jesus von Nazareth, der als Messias auftrat, die Sittlichkeit des Gottesreiches verkündete, das
    Himmelreich auf Erden gründete und starb, um seinem Werke die Weihe zu geben, hat nie existiert.
    Es ist eine Gestalt, die vom Rationalismus entworfen, vom Liberalismus belebt und von der
    modernen Theologie in ein geschichtliches Gewand gekleidet wurde“.

    Schweitzer war zweifellos ein hochbegabter Mann, doch dadurch wird er mit seiner rigorosen Kritik
    an Gott und seinem Wort nur gefährlicher. Die Bibel nennt Menschen mit solch einer Einstellung,
    auch wenn ihnen die Welt die akademischen Titel und sogar den Nobelpreis zu Füßen legt,
    die elendsten unter den Menschenkindern (1. Kor. 15,19). Welche Maßstäbe gelten heute unter
    den sogenannten Evangelikalen? Wenn das Beurteilungskriterium ein vorbildliches Leben ist, das
    sich für andere einsetzt, könnte dann nicht auch Mahatma Gandhi unter den Gesichtern der Reformation
    aufscheinen? Doch gerade eingedenk der vor 500 Jahren beginnenden Reformation sollte
    die Devise lauten „Die Schrift allein“, zurück zu Gott und seinem Wort.
    Albert Schweitzer in dieser Auflistung zu finden, zeigt nur, wie sehr postmodernes und pluralistisches
    Denken bereits unsere Reihen infiltriert hat, wie sehr, – jedenfalls bei einigen – humanistische
    und nicht mehr geistliche, vom Wort allein her bestimmte Maßstäbe auch fromme
    Beurteilung beeinflusst.

    Ähnlich überrascht bis leicht fassungslos war ich, als ich auf Pierre Teilhard de Chardin (S. 450)
    stieß. Er gilt mit seinem Buch „Der Mensch im Kosmos“ als der Vater der New Age-Bewegung. Gespeist
    von einer Vision einer brennenden Hostie, die schließlich das ganze Universum erfasst und
    als großer Verehrer der katholischen Maria propagierte dieser jesuitische Priester den kosmischen
    Christus. Es ist ein pantheistischer Jesus, der ein kosmisches Bewusstsein vermitteln soll.

    Teilhard de Chardin lehrte, dass Gott das Bewusstsein des Universums sei, dass alles eins ist, und
    dass alles eine Evolution zu einer größeren Erleuchtung hin, zu einem höchsten Punkt der Vollkommenheit
    durchmacht. Er bezeichnete diese Vollkommenheit als Christus, den Geist der Erde,
    und als den Punkt Omega. Er war glühender Evolutionist und sprach viel von Christus, aber sein
    Christus war nicht der Christus der Bibel, also wiederum eine traurige Erfüllung von 2. Kor. 11,4.
    Teilhard de Chardin verstand sich aber auch als Pantheist. Durch seine Werke vermittelte er die in
    der New Age-Bewegung um sich greifende Überzeugung, auf die Menschheit warte ein universeller
    evolutionärer Quantensprung, der sie auf mystischer Ebene mit Gott, Natur, Materie und
    auch mit sich selbst vereint.

    Für Teilhard war Mystizismus das Herz wahrer Religion und im Prinzip ein pantheistischer Glaube
    an die Einheit des Universums. „Ohne Mystizismus kann es keine förderliche Religion geben: und
    es kann keinen gut begründeten Mystizismus ohne den Glauben an eine Vereinigung des Universums
    geben.“ “The Road of the West: To a New Mysticism,” cited from Ursala King, Spirit of Fire,
    S. 141

    Teilhard de Chardin beschrieb seine Meditationspraxis als „in das innerste Selbst einzugehen, in
    die tiefsten Abgründe. … Bei jedem Schritt in die Tiefe wurde eine neue Person in mir offenbar,
    deren Namen ich mir nicht sicher war zu kennen, und die mir nicht länger gehorchte.“ The Divine
    Milieu, Benzinger, 1990, S. 76.

    Mehr als deutlich kann man hier erkennen, wie die Mystik alle konfessionellen und religiösen
    Grenzen überspringt. Der Mystiker ist gewöhnlich auch ein leidenschaftlicher “Prophet” der Einheit
    und dementsprechend ist der “Todfeind” der Mystik die biblische Lehre. Doch der Kampf um
    Dogmen ist heute megaout und mit dem Hinweis auf die Pharisäer bzw. toten Buchstabenglauben
    werden Warnungen vor der Mystik und gewissen “beseligenden Erfahrungen” zurückgewiesen.

    Zwar passt die Erwähnung von Teilhard de Chardin in diesem Buch einigermaßen zu dem derzeit
    herrschenden auch evangelikalen Zeitgeist bzw. zu zunehmender Durchblickslosigkeit. Doch letztlich
    ist für mich seine Anwesenheit, ähnlich wie die von Albert Schweitzer, in einem Werk, das
    auch die begnadetsten Männer und Frauen der Kirchengeschichte auflistet, ungefähr so, als
    wären in nahrhaften Speisen nun etliche Dosen von Zyankali beigemischt. Allerdings ist es genau
    das, was sich heute auch in den meisten evangelikalen Verlagen vorfindet. Von Vitaminen bis
    Strychnin, von geistlichen bis New Age-Büchern ist alles vorhanden bzw. aufgetischt.

    Afrikanischer Animismus vermischt mit einigen Bibelversen ergibt recht schnell „charismatische“
    Phänomene. Der Vater der charismatischen Bewegung auf deutschem Boden, Arnold Bittlinger,
    machte folgende Beobachtungen: Im Zuge meiner Nachforschungen begann ich mich für die
    afrikanischen unabhängigen Kirchen zu interessieren, wo ich eine harmonische Vermischung von
    traditionellen afrikanischen und christlichen Elementen vorfand. Als ich entdeckte, daß viele
    charismatische Elemente dieser Kirchen ihre Wurzel in vorchristlichen Traditionen hatten, begann
    ich auch nach charismatischen Elementen in anderen Religionen Ausschau zu halten. Ich entdeckte,
    daß vor allem die Charismata der „Heilung“ und der „Prophezeiung“ in solchen Religionen
    manchmal überzeugender waren als in der charismatischen Erneuerungsbewegung – wenigstens
    soweit sie von der nordamerikanischen Art des Christentums beeinflußt ist. Im Schamanismus
    fand ich faszinierende Parallelen zu dem Dienst Jesu, den ich immer mehr als einen Archetypus
    des Schamanen erkannte. Bezüglich „Heilung“ war ich besonders beeindruckt durch den
    ganzheitlichen Zugang zur Heilung, den ich unter den Indianern fand. Das hat mich motiviert,
    solch einen Zugang auch für unsere christlichen Heilungsdienste zu ermöglichen. Arnold
    Bittlinger, Integrating Other Religious Traditions into Western Christianity, S. 96-97.

    Hier wird eigentlich ziemlich ungeschminkt festgestellt, aus welchen Quellen die auch bei uns immer
    beliebter werdenden Heilungsdienste und prophetischen Gabenaufbrüche tatsächlich gespeist
    werden.

    Jedenfalls wurde ich an dieses Zitat erinnert, als ich den Beitrag über Simon Kimbangu (S. 470)
    las. Wenig Bibelkenntnis, dafür aber Visionen, Handauflegungen und Heilungen, so, als würde
    man solche Phänomene nicht zur Genüge bei den Zauberpriestern und Medizinmännern kennen.
    Dann jedoch scheint man beeindruckt von den großen Wachstumszahlen. Eine Bewegung, die sogar
    Millionen Anhänger um sich scharen konnte, kann ja nur “die Kraft Gottes, die große sein”
    (Apg. 8,10). Dass bei solchen häufig schnellwachsenden Strömungen oft ein großes lehrmäßiges
    Durcheinander herrscht, wird in diesem Beitrag sogar erwähnt. „In den letzten Jahren wird diese
    Kirche jedoch vom Machtwahn ihrer Leitenden, den Nachkommen Kimbangus, gegängelt. Sie
    haben sich samt dem Gründer zu Personen der göttlichen Dreieinigkeit erklärt“ (S. 471).

    Explosionsartiges Wachstum verbunden mit schlimmsten Irrlehren und Machtgebaren, das kann
    man in diesen Ländern immer wieder beobachten. Besonders beliebt ist die Bezeichnung Prophet
    oder Apostel, getragen von einem besonderen Sendungsbewusstsein. Dementsprechend groß ist
    die Ehrfurcht, die man ihnen entgegenbringt. Wer nicht über die Heilungsgabe verfügt, hat so gut
    wie keine Autorität.

    Wie ein Steppenbrand breitet sich in solchen Ländern das Wohlstandsevangelium aus, von Charismatikern
    oft als Beleg großer Erweckungen unserer Tage angesehen, in Wirklichkeit ein verheerender
    Dammbruch.
    Sadhu Sundar Singh (S. 484)

    Als Jungbekehrter hat mich seine Biographie sehr beeindruckt. Seine Nachfolge war vorbildlich
    und er gilt in Indien für die Christen dieses Subkontinents als “Patron saint”, als Schutzheiliger.

    Wegen dieser unvergleichlichen Hingabe und des exemplarischen Lebensstils hielt man seine
    außergewöhnlichen Erlebnisse, Träume, Visionen und Entrückungen in die jenseitige Welt für
    göttlich. Sein Buch “Gesichte aus der jenseitigen Welt” begeisterte Evangelikale, Pfingstler, aber
    auch die Anhänger der ‚Kirche des neuen Jerusalems‘. Sie schickten Sundar Singh die Bücher
    ihres Gründers und Geistersehers Emanuel Swedenborg, den man problemlos als den Vater des
    modernen Spiritismus bezeichnen kann, auf jeden Fall den größten Spiritisten des 18. Jahrhunderts.
    Sundar Singh war hocherfreut und antwortete in einem Brief: Swedenborg war ein großer Mann,
    ein Philosoph, Wissenschaftler und vor allem ein Seher klarer Gesichte. Ich spreche oft mit ihm in
    meinen Visionen. … Nachdem ich seine Bücher gelesen habe und mit ihm in der geistigen Welt in
    persönliche Beziehung gekommen bin, kann ich ihn unbedingt als einen großen Seher empfehlen.
    In einem Brief vom 12. Nov. 1928 schrieb Sundar Singh: Ja, ich habe den verehrten Swedenborg
    in meinen Gesichten mehrmals gesehen. Er ist eine sehr liebenswerte Persönlichkeit und hat im
    Himmel eine hohe Stellung inne; A.J. Appasamy, Sundar Singh, Verlag Friedrich Reinhardt AG.,
    Basel, S. 271 u. 273.
    Bei diesen Aussagen nun hätte man merken können, dass dieser hingegebene Zeuge Jesu dank
    seiner Eingebungen in dem Spiritismus verstrickt war. Doch hat man diese anstößigen Stellen in
    Biographien gewöhnlich weggelassen und damit die arglosen Gläubigen verführt. Eine Fälschung,
    die das Echte genauer imitiert, ist deswegen nicht besser, sondern nur gefährlicher.
    Hier zeigt sich nun am deutlichsten der Unterschied zwischen der Intention jener neo-evangelikalen
    Herausgeber dieses hier rezensierten Buches und meiner Betonung. Es werden diese Offenbarungen
    und Phänomene verglichen mit den Erfahrungen des Apostels Paulus und als Begründung
    wird gewöhnlich eine Bibelstelle, hier 2. Kor. 12,2, angeführt. Doch tatsächlich ist man in
    der Geisterwelt gelandet, im blanken Spiritismus. Und das ist nun wirklich keine Kleinigkeit oder
    Nebensache, ob am Ende des Lebens Paradies oder Hades steht. Es geht letztlich um Hölle oder
    Paradies, Leben oder Tod. Wer hier versucht zu vermitteln oder Brücken zu bauen, ist, auch bei
    besten Absichten, die zu beurteilen uns nicht zusteht, letztlich ein Werkzeug der Verführung.
    Doch ist dies leider ziemlich genau das, was sich in unseren Tagen abspielt. Man hat Eingebungen
    und hört Stimmen, propagiert hörendes oder prophetisches Gebet und überklebt es mit einer Bibelstelle.
    Man nennt es beispielsweise die Gabe der Prophetie oder Erkenntnis, während es tatsächlich
    Hellseherei ist. Man spricht von Gabe der Heilung und „belegt“ seine magischen Heilungshandlungen
    mit 1. Kor. 12 oder Apg. 19,12 und in Wirklichkeit sind es die wirksamen Kräfte der
    Verführung (2. Thess. 2,11).
    Es ist schon Jahre her, als ich Friedrich Hänssler fragte, warum er die zweite Auflage von Friso
    Melzers Buch „Sadhu Sundar Singh“ verhindern wollte. Friso Melzer hat nicht zufällig hier eine
    geistige Verwandtschaft mit diesem indischen Heiligen empfunden. Die Antwort lautete: „Ich
    musste feststellen, dass den Löwenanteil dieses Buches die Deutsche Gesellschaft für Parapsychologie
    bestellt hatte.“
    Und ich möchte all denen, die meinen, mit solchen Impulsen und Eingebungen die Gemeinden zu
    bereichern, ins Stammbuch schreiben: Wenn Sundar Singh betrogen werden konnte, dessen Hingabe
    für mich immer noch bewundernswert ist, dann kann auch jeder von uns verführt werden,
    falls wir so töricht sind, auf innere Bilder, Eindrücke, Träume und übernatürliche Erfahrungen zu
    achten. Dies besonders in unseren Tagen, wo wir es mit einer regelrechten Okkultinvasion zu tun
    haben. Dementsprechend werden solche Eingebungen und „Inspirationen“ immer beliebter, auch
    in unseren Kreisen.
    Fast prophetisch haben Evan Roberts und Jessie Penn-Lewis in dem Klassiker „War on the Saints“
    dies schon vor 100 Jahren vorweggenommen, was sich heute abspielt: Wie viele lassen sich z.B.
    beim Beten in passives, apathisches ‚Warten auf Gott’ hineinsinken oder bringen ihren Geist absichtlich
    zum Schweigen, um ‚Eindrücke von oben’ zu empfangen, die sie für göttliche Offenbarungen
    halten. Jessie Penn-Lewis „Der bedrohte Christ“, Exodus, S. 141-142.
    Noch ein weiteres Zitat aus diesem “Klassiker”: Es gibt heute viele Betrogene unter den Aufrichtigsten
    und Besten, weil sie nicht wissen, daß Satan ein Heer betrügerischer Geister entsandt hat,
    um Gottes Volk zu verführen, und daß den geistlichen Gliedern der Gemeinde eine besondere Gefahr
    aus dem Bereich des Übernatürlichen droht. Denn von dort flüstern die Verführer ihre
    „geistlichen“ Lehren allen denen zu, die „geistlich“ d.h. für geistliche Dinge offen sind, und besonders
    den zum Lehren Berufenen. Und sie suchen ihre Irrtümer mit Wahrheit zu vermischen, um
    sie glaubwürdiger zu machen“ JessiePenn-Lewis, Evan Roberts, War on the Saints“, »Kampf nicht
    mit Fleisch und Blut«, S. 22-23.
    Vor Hermann Zaiss (S. 486) haben die Väter noch deutlich gewarnt. So schrieb der begnadete
    Verkündiger Wilhelm Busch einen warnenden Artikel über den „Heilungsdiener“ Hermann Zaiss,
    unter ausdrücklicher Berufung auf die Berliner Erklärung: „Die Brüder haben damals in den Stürmen
    jener Zeit zweierlei gelernt:
    1. Der Teufel kann sich verstellen in einen Engel des Lichts, wie die Bibel sagt. Es kann also
    geschehen, dass eine Bewegung den Namen ‚Jesus’ rühmt und doch einen ‚fremden’ Geist, ein
    ‚fremdes’ Feuer (3. Mose 10) hat.
    2. Wunder beweisen nichts. Denn nach Offenbarung 13,13 tut auch der Geist aus dem Abgrund
    Wunder… Nein! Mit diesem Geist wollen wir nichts zu tun haben … Unser Herz schreit nach Erweckung.
    Aber nicht auf diesem Weg der alten, wieder neu aufgelegten Pfingstbewegung. Nein!
    Auf diesem Wege nicht!“ Gerhard Jordy, Die Brüderbewegung in Deutschland, Teil 2., Brockhaus
    Verlag, S. 80-81)
    Doch wovor früher gewarnt wurde, wird inzwischen hofiert bzw. verharmlost. Ähnliches hat sich
    im Bereich der Moral bzw. Ethik, die ja der wahre Gradmesser geistlicher Kraft sind, abgespielt.
    Abtreibung und Förderung von Homosexualität wurden früher bestraft, heute belohnt. Inzwischen
    ist auch das evangelikale Lager streckenweise moralisch so degeneriert, dass man darüber ernsthaft
    debattieren muss, ob man praktizierte Homosexualität nicht nur tolerieren, sondern auch
    akzeptieren sollte.
    In diesem Beitrag werden auch Zaiss‘ erstaunlichen Krankenheilungen gewürdigt (S. 487). Der
    ehemalige Allianzvorsitzende Dr. Rolf Hille erklärte im Zusammenhang mit der Vorstellung, im sogenannten
    vollmächtigen Evangelium sei Heilung mit inbegriffen: Zwar sei für Christen die Schuldfrage
    dadurch geklärt, dass Jesus Christus Sünden vergebe, jedoch bleibe die Frage nach Glück
    und Wohlergehen im irdischen Leben offen. Die charismatische Bewegung sei für ihn in dieser Hinsicht
    „die tragischste Bewegung in der Geschichte der Kirche“, so Hille. Sie scheitere an einer fehlerhaften
    Bibelauslegung, da sie Heilung als Normalfall und Krankheit als Ausnahmefall ansehe.
    Der Wunsch nach Wiederherstellung des Paradieses erfülle sich jedoch nicht in diesem Leben.
    ideaSpektrum 36/2009, S. 14.
    Mit dieser leider tragischsten Bewegung der Kirchengeschichte versucht man nun auch immer
    mehr unsere Kreise zu „erwecken.“ Das soll mit keiner Silbe heißen, dass Gott nicht heute auch
    heilen kann. Doch hier geht es um eine falsche Exegese. Wie mir Helmut Helling, der selber 10
    Jahre Pastor einer Pfingstgemeinde war und sich dann distanzierte, in einem privaten Gespräch
    wörtlich sagte: „Ich kannte viele, die an ihrem Glauben gestorben sind.“
    Auf Seite 574 wird Mutter Basilea (Klara Schlink) vorgestellt. Wiederum wollen wir deutlich
    zwischen Person und Lehre unterscheiden, doch ich halte den von ihr gegründeten Orden für eine
    der schlimmsten Psychosekten der Neuzeit. Ehemalige Mitglieder haben bekanntgegeben, was
    sich in den besonderen Offenbarungen der „Lichtstunden“ abspielte. So erklärte dieser „Jesus“
    der Marienschwestern angeblich von seiner Mutter Maria: „Meine Mutter ist wie eine goldene
    Brücke…Sie kennt die verborgensten Wege der Liebe meines Herzens und bringt das auch den
    Menschen nahe‘.“ „Und ich weiß, daß der Herr Jesus auch unter uns immer gebeten hat und gesagt:
    Mein Opfer genügt heute nicht mehr! Ich brauche so viele Opferseelen noch dazu; die Sünde
    und das Grauen hat solch ein Ausmaß angenommen.“ Wer redet da eigentlich? Das Minimum des
    Evangeliums besagt doch, dass mit dem „Es ist vollbracht“ alles bezahlt worden ist.
    An anderer Stelle ermahnt dieser „Jesus“: „Betet den Rosenkranz!“. In einem Schlussgebet vom
    18. Mai 1982 sagte Klara Schlink: „Ja, wir danken Dir auch, unserer Mutter Maria, daß Du so viel
    Schmerzen jetzt durchleidest, so viel Schmach…Dein Herz ist wirklich durchbohrt und wund von
    lauter Leiden und Schmerzen. Du bist wirklich die Schmerzensmutter heute.“ Das alles ist nur die
    Spitze des Eisberges. (Alle Zitate aus „Interne Schriften der Marienschwesternschaft“, die im Rahmen
    einer Staatsarbeit zum Teil veröffentlicht wurden unter dem Titel „Christliche Existenz
    zwischen Evangelium und Gesetzlichkeit“, Marianne Jansson und Riitta Lemme Tyinen, im Verlag
    Peter Lang / Europäischer Verlag der Wissenschaften, Berlin, New York, Paris 1997).
    Es ist einleuchtend, warum die Marienschwestern mit gerichtlicher Klage drohten, falls diese
    „Eingebungen“ und Christusvisionen, wie ursprünglich geplant, von idea dokumentiert worden
    wären. Auch der blauäugigste Schwärmer hätte dann zur Kenntnis nehmen müssen, dass dies nun
    doch nicht biblisch ist, auch bei großzügigster ökumenischer Deutung. Jeder hätte realisieren können,
    wie Mutter Basilea einem Irrgeist aufgesessen ist.
    Dabei hatte Klara Schlink einmal eifrig begonnen, beflügelt von dem Wunsch, Jesus ganz zu dienen.
    Doch über Tersteegens Buch Leben heiliger Seelen, wo leider viele katholische Mystiker als
    Vorbilder vorgestellt werden und von diesem pietistisch geprägten Mystiker nicht durchschaut
    wurden, faszinierte sie das Leben der Teresa von Avila, die sie zu imitieren suchte. Es ist eine
    tragische Entwicklung und sie ist nicht die einzige, die über Tersteegen in eine mystische Richtung
    stolperte. Wie in dem Klassiker „War on the Saints“ dargelegt wird, sind viele Sekten und
    Irrströmungen durch eifrige Männer und Frauen entstanden, von denen die anderen Gläubigen
    sinngemäß sagten, „der Bruder oder die Schwester sind so hingegeben an den Herrn, sie können
    nicht betrogen sein.“
    Klara Schlink entwickelte eine Leidensmystik, die sich immer mehr von der reformatorischen
    Erkenntnis der Erlösung aus Gnade allein entfernte. Etliche Charismatiker schwärmen jedoch bis
    heute von den Marienschwestern und so heißt es auch in diesem Buch zur Reformation: Ihr Vermächtnis
    ist von brennender Aktualität (S. 575).
    Zwei ehemalige Marienschwestern haben dann noch ein Buch verfasst „Wenn Mauern fallen“, wo
    ebenfalls aufgezeigt wurde, welch ein knechtischer Geist in dieser Kommunität herrschte. Es ist
    eine Erfüllung – leider – von 2. Kor. 11,4 und 11,20. Der damalige Allianzvorsitzende Rolf Hille
    schrieb noch das Vorwort zu diesem Buch. Doch auch hier wieder, wovon sich die Allianz noch vor
    relativ kurzer Zeit distanzierte, wird inzwischen von unserem postmodernen Zeitgeist willkommen
    geheißen.
    Wegen gewisser Parallelen zu den Marienschwestern nehme ich den Beitrag zu dem Ehepaar Walter
    und Hanna Hümmer (S. 604) vorweg. Sie gründeten 1949 die Christusbruderschaft Selbitz. Es
    wird die „prophetische“ Gabe der Frau Hümmer erwähnt und wie man im Raum der Stille die
    Stimme Gottes hören kann.
    Auch hier spielten besondere Offenbarungen bzw. Eingebungen der Frau Mutter, Hanna Hümmer,
    eine entscheidende Rolle. So hieß es wörtlich im Zusammenhang mit den „Stillen Zeiten der
    Frau Mutter“: Direktweisung Gottes. Sie kommen senkrecht von oben, unmittelbar, direkt. … Das
    ist ja das Unfassbare: Gott entäußert sich in die Stillen Zeiten der Frau Mutter hinein, in dies irdene
    Gefäß hinein. Ja man kann sagen, Gott nimmt Knechtsgestalt an und wird an Gebärden wie
    ein Mensch. Gottes Wort kommt über das irdene Gefäß der Frau Mutter. Sie ist nur Kanal, sie ist
    passiv. Bruder Michael, Junggeschwisterstunde, 31. 12. 74, Thema: „Stille Zeit“
    Also ähnlich wie bei den Marienschwestern meinte man, unter der Leitung besonders begnadeter
    Gefäße des Herrn zu stehen. Diesen Eingebungen darf auch nicht widersprochen werden, habe
    doch der Herr direkt durch jene so entschieden hingegebenen Schwestern geredet. Wer dann
    allerdings diese Berufungen bzw. Eingebungen in Frage stellt, konnte eine andere Seite der frommen
    Medaille kennenlernen. Es gibt ja keine andere Erklärung als Ungehorsam, denn wie kann
    man dem widersprechen, was Gott angeblich direkt mitgeteilt hat? Wie mir der Bruder wörtlich
    sagte, der eine Zeitlang in Selbitz dabei war und mir diese Korrespondenz und Unterlagen vor
    Jahrzehnten in die Hand drückte: „Sie haben Harpunen in meine Seele geschossen.“
    Whitefield sagte in einer im Jahre 1746 veröffentlichten Predigt vor einer Gemeinde in Neuengland:
    Es macht das Wesen der Schwärmerei aus, daß sie vom Geist Gottes ohne das Wort geführt
    sein will; Benedikt Peters, George Whitefield, CLV, 1997, S. 221 Die Bibel dient dann oft nur als
    Feigenblatt, das innere angeblich direkte Wort hat viel mehr Gewicht und Überzeugungskraft.
    Selbitz hat auch vor einiger Zeit gemäß einer idea-Meldung gemeinsam mit anderen Kommunitäten
    erklärt, wie sie sich durchaus den Papst als Oberhaupt der christlichen Kirche vorstellen
    können. Also ungeschminkte Gegenreformation. Luther würde sich im Grabe umdrehen.
    Friso Melzer (S. 598) befasste sich sehr mit der Mystik und empfahl seinen Studenten an der damaligen
    FETA sogar, die Exerzitien des Ignatius von Loyola zu praktizieren. Loyola war der Gründer
    des Jesuitenordens, voller Christus- und Marienvisionen, und wurde zum schlimmsten
    Werkzeug der Gegenreformation.
    Das Rosenkranzgebet sah Melzer eher positiv und schrieb dazu: „Vielmehr liegen hier Möglichkeiten
    des betrachtenden Gebets, das den Beter bis in die Meditation hineinführen, in ihr erhalten kann.“
    Meditation in Ost und West, Stuttgart 1957, Evangelisches Verlagswerk, S. 99.
    Mehr als ungewöhnlich sind seine Vorschläge, auf einen Totenschädel zu meditieren: „Damit erschließt
    sich uns eine im Mittelalter vollzogene Übung: Der Fromme hat einen Totenschädel vor –
    sich hingestellt (damals war das noch möglich) – er tritt gegen Abend oder des Nachts vor ihn hin
    und prägt sich ein, daß auch von ihm einmal nichts weiter als solche Knochen übrig bleiben werden.
    Aber – und das unterscheidet ihn von Übungen ähnlicher Art, etwa im Buddhismus – er hat
    diesen Totenschädel so aufgestellt, daß er unter dem Cruzifixus steht.“ Konzentration Meditation
    Kontemplation, Kassel 1974, Stauda, S. 100.
    Somit besteht der einzige Unterschied zu einer Übung, wie sie im Buddhismus häufig praktiziert
    wird, nur darin, dass ein Kruzifix darüber angebracht ist.
    Für das Wort „Meditation“ wählte er den Begriff „Innerung“. Er warnt bei solchen Techniken vor
    einer falschen Art der Atmung und vor Gegenständen, die als Objekt der Besinnung nicht angebracht
    seien, etwa: „Was mir als Spitze gegenübersteht, geht durch solche Übung in mich ein und
    stärkt das Spitzige in mir (ein Ergebnis, das doch gewiß nicht gewünscht ist).“ Konzentration Meditation
    Kontemplation, a.a.O., S. 33.
    Friso Melzer war ein hochbegabter und faszinierender Mann, der besonders in der Schweiz viele
    entscheidende Leute u.a. durch Bildmeditation zu einer ökumenisch mystischen bis charismatischen
    Frömmigkeit „inspirierte“. Seine Techniken zielten viel eher in Richtung Gegenreformation,
    man denke nur an die empfohlenen Exerzitien eines Ignatius von Loyola, denn Reformation.
    Sogar Helmut Gollwitzer (602) scheint in dieser kunterbunten Liste von Kurzbiographien auf. Als
    Zeitzeuge weiß ich noch, wie er bei der Beerdigung von Rudi Dutschke sagte: „Gott hat es gut mit
    dir gemeint!“
    Vielleicht bin ich schon zu alt, aber wie man so etwas von diesem 68er-Chaoten an seinem
    Lebensende sagen kann und sich dabei als Pfarrer und Christ versteht, bekomme ich nun doch
    nicht auf die Reihe. Georg Huntemann nannte die 68er-Revolte den Aufstand der Schamlosen. Der
    Abschaum der Menschheit trat den langen Marsch durch die Institutionen an. Dass man laut Jesus
    „an der Frucht den Baum erkennt“, scheint in unserer Zeit der postmodernen Weite kaum von Bedeutung
    zu sein. Man fragt sich, wie weit die Vernebelung in unseren Tagen und Reihen bereits
    fortgeschritten ist.
    Was würden wir sagen, wenn ein Pfarrer am Grabe von Roland Freisler erklärt hätte: „Gott hat es
    gut mit dir gemeint!“? Allerdings passt Gollwitzer immer besser zu einer Christenheit, die
    vielleicht noch pietistisch betet, aber marxistisch, auf jeden Fall humanistisch denkt.
    Ähnlich absurd ist für mich die Erwähnung von Mutter Teresa (S. 610). Sie lehnte das Evangelium
    ab und bestand darauf, dass jeder nach seiner eigenen „Fasson“ selig werden soll.
    Mutter Teresa schrieb, „wir versuchten nie, jene, die Hilfe [von Missionaries of Charity] erhielten,
    zum Christentum zu bekehren, sondern wir geben in unseren Werken Zeugnis für die Liebe von
    Gottes Gegenwart, und wenn Katholiken, Protestanten, Buddhisten oder Agnostiker deswegen
    bessere Menschen werden – einfach besser – sind wir zufrieden“ Mother Teresa, Life in the Spirit:
    Reflections, Meditations and Prayers, pp 81-82.
    Mutter Teresas Einsatz für die Armen in Kalkutta und vielen anderen Orten verdient unsere Achtung
    und unseren Respekt. Doch sie war völlig in die katholischen Irrlehren und dementsprechenden
    Aberglauben verstrickt. Die konservativ-katholische Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ zitierte
    noch 1998 mit Stolz Mutter Teresa: „Ich habe mit Jesus einen Vertrag abgeschlossen, daß er
    für jede Fotografie, die man von mir macht, eine Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel holen
    muß. Er war damit einverstanden.“ Mit dieser Art „Evangelium“ allerdings haben die Hindus tatsächlich
    wenig Probleme.
    Was jemand mit solch erzkatholischen Überzeugungen in einem Buch zum Thema Reformation zu
    suchen hat, bleibt das Geheimnis der neo-evangelikalen Herausgeber bzw. Autoren.
    Ähnlich sonderbar ist für mich die Erwähnung des Trappistenmönchs Thomas Merton (S. 634). Er
    war eigentlich mehr Buddhist als Christ. Nun wird sogar in diesem Werk erwähnt, dass er sich
    „um den Dialog von Christentum und östlichen religiösen Traditionen bemühte“ (S. 635).
    Vor allem die katholischen Wüstenväter hatten Merton fasziniert. Er war einer der ersten
    katholischen Mönche in den USA, die den Zen Buddhismus sowie andere kontemplative Methoden
    und Philosophien des Ostens studierten und eine Verbindung zu den katholischen Wüstenvätern
    herstellten, die seit dem Ende des dritten nachchristlichen Jahrhunderts gewirkt hatten. Merton
    machte Aussagen wie „Ich sehe keinen Unterschied zwischen dem Buddhismus und dem Christentum…
    Ich will ein so guter Buddhist wie möglich werden.“ David Steindl-Rast, „Recollection of Thomas
    Merton’s Last Days in the West“, Monastic Studies, 7:10, 1969.
    Ein New Age Gelehrter, der Merton bewundert, sagte: „Der Gott, den er [Merton] im Gebet erkannte,
    ist der gleiche Gott, den Buddhisten in ihrer Erleuchtung erfahren.“ Brian C. Taylor, Setting
    the Gospel Free, New York, NY: Continuum Publishing, 1996, p. 76.
    Wiederum stellt sich die Frage, was ein vom Buddhismus mystisch erleuchteter Mönch in einem
    Buch zum Thema Reformation zu suchen hat? Was würden wir dazu sagen, wenn der SPD-Vorsitzende
    in die Galerie großer Sozialdemokraten Franz Josef Strauß einfügte?
    Thomas Merton ist allerdings in gewisser Hinsicht nicht zu trennen von Henri Nouwen (S. 706),
    der zwar in der Auflistung des besprochenen Buches später folgt, doch wegen der Geistesverwandtschaft
    hier nachfolgend erwähnt wird. Nouwen war ein katholischer Mystiker des 20.
    Jahrhunderts, der auch fernöstliche Meditation bejahte und überzeugt war, dass Menschen auch
    ohne Glauben an Jesus Christus gerettet würden.
    Nouwen verfasste ein Buch über seinen großen Mentor mit dem Titel Thomas Merton: Contemplative
    Critic. Darin erwähnt er die „neue Sicht“, zu der ihm Merton verholfen hat und erläutert, dass
    Merton und sein Werk „einen derartigen Einfluss“ auf sein Leben hatte, dass er die Person war,
    die ihn am meisten inspirierte.Henri J.M. Nouwen, Thomas Merton: Contemplative Critic, San
    Francisco, CA: Harper & Row Publishers, 1991, Books Edition, p.3.
    Nicht zuletzt durch den Einfluss von von Thomas Merton kommt Henri Nouwen zu der Erkenntnis:
    „Der Gott, der in unserem inneren Heiligtum wohnt, ist derselbe, der im inneren Heiligtum eines
    jeden Menschen wohnt.“ Henri Nouwen, Here and Now – Living in the Spirit, Crossroad Publishing
    Co., S.22 „Heute glaube ich, obwohl Jesus kam, um die Tür zu Gottes Haus zu öffnen, dass alle
    Menschen durch diese Tür gehen können, ob sie Jesus kennen oder nicht. Heute sehe ich es als
    meine Berufung, jeder Person zu helfen, ihren eigenen Weg zu Gott in Anspruch zu nehmen.“ Henri
    Nouwen, Sabbatical Journey, 1998, S.51.
    Man kann es immer wieder beobachten: Mystizismus neutralisiert die Unterschiede in der Lehre,
    indem man die Wahrheit der Schrift auf dem Altar mystischer Erfahrungen opfert. Mystizismus bietet
    eine gemeinsame Grundlage, und angeblich ist die Göttlichkeit in allem das verbindende Element.
    Im Prinzip ein verschieden stark gefärbter Pantheismus.
    Nouwen erläutert nun, dass Merton von dem LSD-abhängigen Autor Aldous Huxley beeinflusst
    wurde, der „ihn auf eine höhere Erkenntnisebene“ brachte und „einer von Mertons Lieblings-autoren“
    war. Henri J.M. Nouwen, Thomas Merton: Contemplative Critic, San Francisco, CA: Harper
    & Row Publishers, 1991, Triumph Books Edition, p. 19-20.
    Huxleys Buch, Ends and Means, brachte Merton zum ersten Mal „in Kontakt mit dem Mystizismus.“
    Ibid., p. 20. Merton schreibt: „Er [Huxley] war sehr belesen und hatte eine tiefe und
    scharfsinnige Einsicht in alle Arten christlicher und orientalischer Literatur über Mystik, und er
    kam zu der erstaunlichen Einsicht, dass all dies weit davon entfernt war, lediglich Träumerei oder
    Magie oder Scharlatanerie zu sein, sondern es war sehr real und sehr aufschlussreich.“ibid.
    Aldous Huxley gilt auch als Vater der Droge, besonders für die studentische Welt, durch sein Essay
    „The Doors of Perception“ (Die Pforten der Wahrnehmung). Er beschreibt in diesem 1954 erschienenen
    Werk die Auswirkungen von halluzinogenen Drogen wie LSD und Meskalin auf das
    menschliche Bewusstsein und öffnete sich intensiv für die Mystik.
    Der Mann, der Aldous Huxley mit der Droge in Verbindung brachte, war Aleister Crowley, der als
    der größte Satansmagier des 20. Jahrhunderts gilt. Huxley wurde 1929 von ihm in den „Isis-Urania
    Temple of Hermetic Students of the Golden Dawn“ eingeführt. Kurz vor seinem Tod ließ sich
    Aldous Huxley von seiner zweiten Ehefrau Laura 100 Mikrogramm LSD verabreichen. Er wollte
    auf einem Trip sterben. Seine Frau las ihm dabei aus dem Tibetanischen Totenbuch vor.
    Man kann es tatsächlich beobachten, was sich in unseren Tagen ausbreitet! Droge, Magie, Okkultismus
    und Perversion auf der einen, Mystik und zunehmende „Erleuchtungen“, Prophezeiungen
    und schwärmerische „Erweckungen“ auf der andern Seite.
    Henri Nouwen hatte bis an sein Lebensende mit Depressionen zu kämpfen und er war einer der ersten
    katholischen Priester, der homosexuelle Empfindungen verteidigte. Der Biograph Michael
    Ford kommt zu dem Schluss, dass der Priester Nouwen auch klinischer Psychologe war und „Carl
    Jungs Sicht verstand, dass homosexuelle Menschen oft voller religiöser Gefühle waren, was eine
    Spiritualität schuf, die sie für Offenbarung sensibel machte.“ Michael Ford, Wounded Prophet – A
    Portrait of Henri J. M. Nouwen, Dartman, Longman and Todd, London, 1999, S.226.
    Auch der Versuch, seine homosexuellen Gefühle und Neigungen mit Hilfe der Versenkung in eine
    Ikone „für Christus zu heiligen“, konnten ihn nie ganz von seinen Neigungen befreien. Michael
    Ford, Wounded Prophet – A Portrait of Henri J. M. Nouwen, Dartman, Longman and Todd, London,
    1999, S.154
    Maria nimmt für Nouwens geistliches Leben eine besondere Stelle ein. Der populäre Benediktinerpater
    Anselm Grün schreibt im Vorwort zu Nouwens Buch Unser heiliges Zentrum finden über
    dessen Verhältnis zu Maria: „Für Henri Nouwen ist Maria Begleiterin auf dem Weg zum inneren
    Zentrum, zum inneren Ort der Stille und des Schweigens, zum Ort, in dem Jesus wohnt, zum Ort,
    in dem Gott in uns geboren wird.“ Henri J. M. Nouwen, Unser Heiliges Zentrum finden, Vier-
    Türme-Verlag, Münsterschwarzbach, 2008, S. 8-9, 11.
    Henri Nouwen, der eine „natürliche Affinität zur Spiritualität und Kultur der Russisch-Orthodoxen
    Kirche“ Michael Ford, Wounded Prophet – A Portrait of Henri J. M. Nouwen, Dartman, Longman
    and Todd, London, 1999, S.21 hatte, war in Bezug auf die Evangelikalen der Ansicht, dass es ihnen
    an der „mystischen Dimension des spirituellen Lebens fehlte, obgleich sie eifrig, hingegeben
    und Wort-zentriert waren.“ (Ebd. S. 47)
    In der Spiritualität Nouwens spielten Ikonen eine besondere Rolle: „Ikonen schufen für ihn einen
    Einblick in den Himmel. Wie die westliche Spiritualität durch den Heiligen Benedikt das Hören betonte,
    stellte die östliche Spiritualität durch die byzantinischen Väter das Betrachten in den Mittelpunkt:
    das Anschauen dieser heiligen Bilder eines ewigen Geheimnisses mit ganzer Aufmerksamkeit.“(
    Ebd. S. 158)
    In einem Rundbrief der Jesus-Bruderschaft Gnadenthal heißt es unter der Überschrift „Ikonen--
    Malen“: „Wer die Ikone schaut, schaut in ihr Christus.“ Kommunität Gnadenthal „Haus der Stille“
    Jahresplan 1991 Das ist natürlich ein anderer Christus, als der des Wortes. Die Bibel kennt nicht
    zufällig das Bilderverbot.
    Henri Nouwen ist vielleicht der einflussreichste katholische Priester überhaupt, auch im evangelikalen
    Raum. Deswegen habe ich hier ausführlicher einige Zitate zusammengestellt.
    Im Jahre 1994 erreichte die Popularität Nouwens unter Protestanten offenkundig einen Höhepunkt.
    „In einer Umfrage einer Zeitschrift in Vancouver wurden 3400 protestantische Führer befragt,
    wer sie am meisten beeinflusst hatte. Die Umfrage ergab, dass Nouwen Platz 2 einnahm,
    Lyle Schaller, ein Spezialist für Gemeindewachstum war auf Platz 1, und Billy Graham kam auf
    Platz 3.“Deirdre LaNoue, The Spiritual Legacy of Henry Nouwen, Continuum, New York/London,
    2001, S.49.
    Dementsprechend sieht die evangelikale Welt aus und dieser Geist der katholischen Mystik schwappt
    nun auch immer mehr in unsere eigenen Reihen.
    Zu Recht fragt George Walter: Warum also sollte man einem Mann und seinen kontemplativen
    Lehren folgen, der bis an sein Lebensende keinen Frieden fand, weil er Frieden suchte, wo wahrer
    Friede nicht zu finden ist? Warum sollte man den Werken eines Mannes Vertrauen schenken, der
    vom Geist des Katholizismus beseelt war und das biblische mit dem psychologischen Menschenund
    Weltbild vermischte und verwässerte? Warum sollte man sich für einen Autor begeistern, der
    Befreiungstheologie, Universalismus und Marienkult befürwortet? Dass Nouwen auch hie und da
    gute Gedanken zum Ausdruck brachte, die auch ein Evangelikaler bejahen kann, darf nicht
    darüber hinwegtäuschen, dass Nouwens Gesamtwerk dennoch mit nahezu allen zentralen Lehren
    des traditionellen Evangelikalismus unvereinbar ist.

    Doch besonders die Zeitschrift Aufatmen, eine Art Flaggschiff der modernen mystisch-ökumenisch-
    charismatischen Spiritualität, hat uns diesen ruhe- und friedlosen Menschen als eine Art
    Vorbild hingestellt. Für viele Evangelikale ist Henri Nouwen wie eine Ikone geworden und ihn zu
    zitieren scheint besonders progressiv. Doch der Mensch braucht, wie Vishal Mangalwadi angesichts
    der indischen Spiritualität betont, nicht Erleuchtung sondern Vergebung. Dementsprechend
    werden in den Sendschreiben nicht etwa mehr Spiritualität, Sakramente, Geistestaufe,
    Charismen oder Stilleübungen angeboten, sondern zur Buße aufgerufen. Doch dies ist im Zeitalter
    der
    Selbstverwirklichung nicht so gefragt.
    Auf Seite 642 wird der Gründer von Taizé Frère Roger Schutz vorgestellt. Es handelt sich um einen
    zutiefst gegenreformatorischen Orden. Auf die Frage, warum er (Schutz) nicht gleich nach
    Rom überwechselt, war seine Antwort: „Ich würde jetzt zu wenig Schafe mitnehmen.“
    Wie alle Mystiker war für ihn nicht das Wort entscheidend, was eigentlich das Wesen der Reformation
    ausmachte, sondern das Versenken in jene Stille, wo wir angeblich Gott begegnen.
    »Um nicht in der Trockenheit des Schweigens stehenzubleiben, sollten wir sehen, daß das Schweigen
    Wege zu unbekannten schöpferischen Möglichkeiten eröffnet. In der weiten Tiefenschicht der
    menschlichen Person, im Unterbewußtsein, betet Christus weit mehr, als wir es uns vorstellen können.
    Verglichen mit der Unermeßlichkeit dieses verborgenen Betens Christi in uns, ist unser artikuliertes
    Gebet nur ein kleiner Teil. Das Wesentliche des Gebets vollzieht sich vor allem in einem
    großen Schweigen.« Jakob Hitz, „Entspricht Taizé dem Evangelium?“, Schwengeler-Verlag, 1978,
    S. 28-29.
    Als typischer Mystiker erklärte er bei dem Taizé-Treffen in Stuttgart öffentlich: In jedem menschlichen
    Wesen wohnt der Heilige Geist. idea spektrum Nr. 5/97, S. 4. Dies hat mit New Age sehr
    viel, mit dem biblischen Menschenbild sehr wenig zu tun.
    Auch hier kann man nur sagen: „Sieh zu, dass das Licht in dir nicht Finsternis ist“ (Luk. 11,35).
    Man wird an die Feststellung Georg Huntemanns erinnert „Diese Generation kann einen nüchternen
    Glaubenswandel nicht mehr ertragen. Sie braucht eine religiöse Sinnlichkeit bzw. sinnliche
    Religiosität“. Gerade dies wird ihr heute überreichlich angeboten.
    In einer idea-Meldung vom 2. Jan.1985 war zu lesen: Schutz kündigte für den 2. Juli dieses Jahres
    eine Zusammenkunft mit dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Pérez de Cuéllar, an, bei
    der er einen Aufruf zu weltweiter Abrüstung und zur Einsetzung einer Weltautorität überreichen
    will. So eine Weltautorität wird es tatsächlich einmal geben, allerdings nicht von oben, sondern
    von unten.
    Es wird in unseren Tagen immer offensichtlicher, wie durch charismatische, eigentlich mystische
    Erfahrungen, katholische Frömmigkeit – besonders in Kommunitäten sich zunehmender Sympathie
    erfreut – immer beliebter wird. Die mystische Sakramentslehre des Katholizismus geht völlig
    parallel mit den charismatischen Erlebnissen. »Die Erfahrung zeigt, dass viele Christen aufgrund
    ihrer charismatischen Erfahrung eine tiefere Beziehung zu den Sakramenten, vor allem zur
    Eucharistie, gewinnen.« »Erneuerung in Kirche und Gesellschaft«, Verlag Erneuerung, Heft 10,
    1981, S. 9.
    Auf Seite 674 stößt man auf Paul Toaspern. Er war Leiter der Geistlichen Gemeinde-Erneuerung
    in der evangelischen Kirche der DDR. Ich erinnere mich noch gut, wie die Brüder in der damaligen
    DDR über seine Verbreitung charismatischer Sonderlehren klagten. Wie es in diesem Buch
    heißt: „Nach einer tief prägenden geistlichen Erfahrung in Ungarn öffnete er sich ganz dem
    Wirken des Heiligen Geistes“ (S. 675).
    Was war geschehen? So berichtet er mit eigenen Worten über den Empfang von Botschaften nach
    einer Handauflegung durch Steve Lightle: »Nach einer Gewitternacht wurde ich … wach und
    fühlte es wie einen Befehl, etwas aufzuschreiben. Das Niederschreiben, bei dem mir kein Reflektieren
    oder Untermischen eigener Gedanken erlaubt war, geschah in einer drängenden Eile, in etwa
    zwölf bis vierzehn Minuten … Gegen den Inhalt eines der Abschnitte und gegen einen Begriff
    wollte ich mich sträuben, aber ich hatte nur aufzuschreiben und wusste genau, was zu schreiben
    war. Das war eine Erfahrung, die ich bisher nicht kannte. Nach Niederschrift des letzten Satzes
    war dann plötzlich der Strom wie abgeschaltet. Am Abend haben dann meine Frau und ich das in
    der großen Eile niedergeschriebene fast eineinhalb Stunden lang entziffert und in Reinschrift
    geschrieben. …“. Und dann beginnt es: „So spricht der Herr: Ich bin der Herr, der lebendige,
    heilige, ewige Gott, der dich, mein Volk, liebt mit unverbrüchlicher Treue, …“.« Paul Toaspern,
    Rundbrief vom 10. April 1976, S. 1.
    Das sind wiederum die klassischen Symptome des automatischen Schreibens, wie man es im
    Spiritismus und der Künstlerwelt zur Genüge kennt, abgesehen davon, dass die Formulierung “So
    spricht der Herr“ dem NT fremd ist. Steve Lightle von den Geschäftsleuten des vollen Evangeliums,
    heute „Christen im Beruf“, wurde besonders durch seine Prophezeiungen über den angeblichen
    Exodus der Juden aus Russland über Finnland und Deutschland bekannt. Prophezeiungen,
    die sich so nicht erfüllt haben.
    Das war leider nicht das Wirken des heiligen, sondern eines verführerischen Geistes. Toasperns
    sogenannte Geistestaufe war leider eine Geistertaufe.
    Durch das Buch von David Wilkerson (S. 702) Das Kreuz und die Messerhelden wurde ich selber
    am meisten betrogen und öffnete mich durch diesen Bestseller der pfingstlichen Lehre der Geistestaufe.
    Doch Wilkerson wurde mir je länger je mehr sympathisch, trotz mancher Prophezeiungen
    aus seinem Munde, die sich nicht erfüllt haben. Er trat mutig gegen die Verweltlichung seiner
    charismatischen Freunde auf und nannte besonders bei dem Wohlstandsevangelium Ross und Reiter,
    sehr zum Ärgernis mancher „Gesalbten des Herrn“.
    Gegen Ende seines Wirkens duldete er in seiner Times Square Church in New York kein öffentliches
    Zungenreden mehr, wie mir Dave Hunt erzählte. Seine Begründung, „it is always so disruptive!“
    (es ist immer so störend). In manchen Bereichen fand ich sein Verhalten vorbildlich, besonders
    seine seelsorgerliche Anteilnahme. Im Prinzip hatte er sich je länger je mehr von dem distanziert,
    womit man heute in manchen Kreisen die Gemeinden erneuern möchte.
    Leider wird gegen Ende des Buches sogar noch John Wimber (S. 718) als vollmächtiges Werkzeug,
    dessen Dienst Zeichen und Wunder begleitete, vorgestellt. Dabei könnte man Bücher, wie Dave
    Hunt sagte, mit seinen falschen Prophezeiungen füllen. TBC, März 1997. Er ist eine Art Paradebeispiel
    für Falschprophetie. Wenn man ihn schon erwähnt, dann als Kronzeuge für Pseudopropheten
    wie ein Montanus, Nikolaus Storch oder Edward Irving.
    Keith Parker zählt sich zum charismatischen Lager. Er musste resigniert feststellen: „Auf der
    Rückseite von John Wimbers Magazin war eine Erklärung abgedruckt, die besagte, daß während
    einer bestimmten Zeit in England eine Erweckung ausbrechen würde, während sein Team in London
    arbeitete. Der Termin kam und ging. Es gab keine Erweckung. Anstatt zu bekennen, er habe
    das Volk Gottes verführt, leugnete er, daß diese Voraussage gemacht worden war oder daß wir
    falsch verstanden hätten, was dort geschrieben war. Danach gewann ich den Eindruck, daß
    Wimber und die ‚Propheten‘ sich selbst disqualifiziert hatten; und ich fühlte mich berechtigt, alles
    zu ignorieren, was aus dieser Quelle kam.“ Keith Parker, „Prophets – True or False? Signs and
    Wonders – Real or Bogus?“, Stellungnahme vom 22. Juli 1994, S. 2.
    Er hatte die typischen Phänomene der Geistheiler, aber eben nun in frommer Verpackung. Dazu
    gehört das Empfinden von Wärme, gewöhnlich im Zusammenhang mit körperlichen Berührungen.
    So schreibt seine Frau Carol über das Kommen des angeblichen Heiligen Geistes:
    »Aber ich wußte, daß Gott zu uns gekommen war. Ich war sehr glücklich, denn ich hatte so lange
    um Gottes Kraft gebetet. Ich hatte es mir etwas anders vorgestellt, aber Gott gab uns seine Kraft
    eben auf diese Weise. Ich stand auf, ging umher und hielt meine Hände in die Nähe der Menschen,
    die auf der Erde lagen. Ich konnte die Kraft spüren, die von ihren Körpern ausging, es war
    so etwas wie Hitze oder Elektrizität.« John Wimber/Kevin Springer, „Die Dritte Welle des Heiligen
    Geistes“, Projektion J Verlag 1988, S. 42.
    Der Entwickler des Alpha-Kurses beschreibt, wie John Wimber für ihn betete: „Nicky Gumbel,
    Vikar in einer anglikanischen Kirche in England, wurde von John Wimber in diesen neuen ‚Aufbruch
    des Heiligen Geistes’ gezogen. Gumbel bezeugt, er habe ‚etwas wie 10.000 Volt’ elektrische
    Spannung durch seinen Körper strömen gefühlt, als Wimber für ihn betete.“ ‚More Power‘ (mehr
    Kraft) war das einzige, worum gebetet wurde.“ Dave Hunt, „Die okkulte Invasion“, CLV, S. 14.
    Von daher überrascht es nicht, wenn im Alpha-Kurs selber nachzulesen ist: „Personen aus der
    New Age-Bewegung dagegen stellen fest …, dass sie bei dem gemeinsamen Wochenende bekanntes
    Territorium betreten, wenn es darum geht, vom Heiligen Geist erfüllt zu werden.“ Alpha-Leitfaden:
    Starthilfe für Alpha-Kurse, Erfahrungsberichte und Tipps, Projektion J, 1997, S. 31.
    Zu Wimbers fragwürdigen Lehren bzw. Praktiken listet Dr. John D. Hannah u.a. auf: Er betet über
    Objekten, daß sie „geheilt“ (übernatürlich repariert) werden, z.B. Kühlschränken, Autos, Waschmaschinen
    etc. … Auch ruft John Wimber den Heiligen Geist, um auf besondere Leute in einer
    Versammlung herabzukommen. Dr. John D. Hannah, „The Signs and Wonders Movement, The
    Vineyard Movement or The Third Wave“, Lesson 30, S. 14.
    Wimber wurde bekannt durch seine medialen Steuerungen, angebliche Worte der Erkenntnis, und
    erhielt Eindrücke und auch Bilder über Personen, die in sexuellen Sünden verstrickt waren.
    »Manchmal bekomme ich Schmerzen in verschiedenen Teilen meines Körpers. Das zeigt mir an,
    welche Krankheiten Gott bei anderen heilen will.«John Wimber/Kevin Springer, ibid, S. 69.
    Auch das sind die bald klassischen Phänomene der Geistheiler. Ich erinnere mich noch gut, wie
    mir der damalige Allianzvorsitzende Dr. Fritz Laubach von solch einer Heilungsveranstaltung mit
    John Wimber berichtete, die er besuchte. Die Art und Weise, wie Wimber seine inneren Bilder,
    Eingebungen und Impulse schilderte, empfand er als ungeistlich und abstoßend.
    Typisch für die falschen Propheten ist das Fallen auf den Rücken (Jes. 28,13). Ich sagte zu Carol:
    ›Ich denke, etwas geschieht mit uns‹, und kaum hatte ich das gesagt, sauste ich schon zu Boden!
    … Ein Mädchen fiel so hart, ich dachte: O nein, sie stirbt ja! Sie schlug mit ihrem Kopf auf den
    Stuhl, Tisch und Boden auf. Bam! Bam! Bam! … Dann brauchten wir eben Auffänger.« J. Wimber,
    Vortrag in Yorba Linda 1980 ü. seine Arbeit, Kassettenaufnahme.
    Doch in einem postfaktischen Zeitalter zählt das äußere Erscheinungsbild, und sein großer
    Charme übertünchte mögliche Bedenken bezüglich merkwürdiger Phänomene. Als Zeitzeuge weiß
    ich noch genau, wie die damalige pfingstliche und charismatische Welt ihm zu Füßen lag. Eine Art
    Vorzeigeikone für „vollmächtiges“ Wirken. Es ist für mich nur ein weiterer Beweis, wie diese Strömungen
    in Erfüllung von Matth. 24,11 von einem Irrgeist verschieden stark gesteuert werden.
    Muss man in dieser Galerie angeblich reformatorischer Gestalten auch noch Larry Norman (S.
    734), den “Vater der christlichen Rockmusik“ auflisten? Der Mann, der etliche außereheliche Affären
    hatte, darunter mit der Frau seines besten Freundes und sich bis zu seinem Lebensende
    weigerte, die Vaterschaft eines Kindes einer australischen Ex-Verlobten anzuerkennen? Wahrlich
    kein Ruhmesblatt. Über diese dunkle und erschütternde Seite Normans ist sogar ein Film “Fallen
    Angel” gedreht worden. Darüber sollte man lieber den Mantel des Schweigens breiten, als ihn in
    so einem Buch mit derartig anspruchsvollem Titel zu erwähnen. Noch dazu wird im Vorwort (S. 5)
    Hebr. 13,7 Schaut euch ihr Lebensende an! zitiert. Wie ist so eine Zusammenstellung möglich?
    Doch im Zeitalter des zunehmenden Pluralismus scheint es kaum noch Abgrenzungen zu geben.
    Bei Herausgeber Roland Werner – Johannes Nehlsen ist mir kein Begriff – bin ich natürlich über
    einige solcher Verwechslungen bzw. Verwirrung der Geister nicht überrascht. Roland Werner ist
    ein brillanter und sympathischer Bruder, der die Nachfolge Christi zweifellos ernst meint. Als
    Charismatiker jedoch beurteilte er den Toronto-Segen zu Beginn positiv. Als damaliger Christival-
    Vorsitzender kommentierte er nach seinem Besuch der Londoner anglikanischen Gemeinde
    „Holy Trinity Brompton“ (wo dieser „Segen“ besonders um sich griff): „Diese Sache ist echt, da ist
    wirklich etwas aufgebrochen, es ist aufregend!“ dran, Nr. 7/94
    Noch euphorischer kommentierte Ulrich Eggers in derselben Nummer diesen Aufbruch: „Über
    eine Viertelmillion Menschen sind bisher zu den Treffen in der Toronto Vineyard oder in Baptistengemeinden
    der Umgebung gekommen, um an diesem besonderen Segen teilzuhaben. Das
    Schöne daran ist, daß dies alles wirklich übergemeindlich ist, es geht weit über die Grenzen von
    Denominationen hinaus, hat alles erfaßt. Eine Erneuerung der Hingabe und Berufung, eine Erweiterung
    der geistlichen Vision und neuentflammte Leidenschaft für Jesus und das Reich Gottes
    ist zu sehen.“
    Wer besagten Toronto-Segen so kommentiert mag zwar gute Absichten haben, ist aber diakritisch
    leider völlig neben der Spur. Kaum getarnter frommer Spiritismus wird als Wirken des Heiligen
    Geistes proklamiert. Elke Werner praktiziert das hörende Gebet und behauptet sogar, dass sie
    über die Jahre nun gelernt hat, Gottes Stimme zu erkennen und sie könnte sie aus dem allgemeinen
    Stimmengewirr so deutlich erkennen wie die Stimme ihres Mannes. Klaus-Günther Pache u.
    Elke Werner, Stille: 40 Tage Gott erleben, Bemerkung in einem FEG-Hauskreis bei Betrachtung
    ihres Buches.
    Was man bei Charismatikern immer wieder beobachten kann: Es sind oft ganz liebe Menschen, ihr
    Einsatz nicht selten vorbildlich, allerdings wenn diesen „Gabenträgern“ etwas mangelt, dann ist
    es die Gabe der Geisterunterscheidung. Anstatt in unseren Tagen besonders wachsam zu sein,
    sind sie besonders gutgläubig und nehmen oft die bizarrsten Wundergeschichten, Totenauferweckungen
    ect. für bare Münze. Inzwischen gibt es eine ganze Nahtodindustrie und Bücher über Jenseitserlebnisse
    sind Bestseller, auch wenn alles nur erfunden ist oder ganz offen der Bibel widerspricht.
    Es offenbart sich das Szenario, das Paulus in 2. Kor. 6,14 – 7,1 skizziert. Eine Generation wächst
    heran, die an Fleisch und Geist (Kap. 7,1) besudelt ist. Stichwort, Frühsexualisierung, nun sogar
    von staatlichen Stellen bis in die Grundschulen hinein. Wer hat heute keine Pornofilme gesehen?
    Gleichzeitig eine Explosion okkulter und magischer Praktiken bzw. Esoterisierung der Gesellschaft,
    wie es eine weltliche Zeitschrift nannte. Derartig geprägt hat man immer weniger
    Probleme, Christus und Belial, Gläubige und Ungläubige, Licht und Finsternis zu vermischen
    (Kap. 6,14 – 15). Besonders die nun so aktuelle Mystik macht es möglich. Insofern entspricht
    diese Auflistung von Gesichtern und Gestalten vielmehr dem Zeitgeist als dem heiligen Geist der
    Absonderung (Kap. 6,17). Berührungsängste sind dieser Generation ziemlich fremd geworden.
    Dieses Buch spiegelt allerdings zutreffend den Zustand der derzeitigen sogenannten evangelikalen
    Welt, die längst immer mehr ökumenisch mystisch denn evangelikal im ursprünglichen
    Sinne ist. Es passt in eine Zeit, wo das Andachtsbuch der Sarah Young, in dem ein über Channeling
    kontaktierter „Jesus“ sich in direkter Rede meldet, seit Jahren auf der Bestsellerliste der modernen
    Evangelikalen zu finden ist. Innerhalb der deutschen Evangelikalen ist Anselm Grün der
    meistgelesene Autor, ein katholischer Mystiker, der über das Kreuz unserer Erlösung spottet. In
    manchen Köpfen schwirrt noch immer die Idee herum, dass Gott seinen Sohn sterben lässt, um
    unsere Sünden zu vergeben. Doch was ist das für ein Gott, der den Tod seines Sohnes nötig hat,
    um uns vergeben zu können? „Erlösung“, Kreuz-Verlag 2004, S. 7.
    Doch die Reformation begann nicht damit, dass ein Mann ins Kloster ging, wie die heutige mystische
    Frömmigkeit immer wieder nahelegt, sondern dadurch, dass ein Mann aus dem Kloster austrat
    und all diesen subjektiven Erlebnissen die Autorität des Wortes Gottes entgegenhielt: »Die
    Schrift allein.«
    Man kann abschließend Jung Stilling, der auch in dem hier besprochenen Buch aufgelistet ist (S.
    152), in diesem diakritischen Chaos besagten Werkes zitieren: Mir sind viele männliche und weibliche
    Personen bekannt geworden, die auch solche Zuckungen bekamen, dann in eine Entzückung
    gerieten und so die herrlichsten und heiligsten Bibelwahrheiten auf die schönste und heiligste
    Weise aussprechen, sogar künftige Dinge voraussagten, die pünktlich eintrafen. Aber allmählich
    und am Ende ging es kläglich und oft schändlich aus, und nun zeigte es sich, daß sich ein falscher
    Geist in einen Engel des Lichts verstellt hatte… Nichts in der Welt ist gefährlicher als Inspiration,
    sie ist eine offene Tür für falsche Geister. Die Bibel, die Bibel ist unser einziger Leitstern, der uns
    zu Jesus Christus führt. Er sei und bleibe uns alles in allem.« »Die Gnade bricht durch«, Jakob Schmitt,
    Brunnen-Verlag, Seite 121-122.
    Nach alldem, was in diesem Buch empfohlen wird, wäre ein anderer Titel womöglich zutreffender:
    Gesichter und Geschichten der Reformation und der mystischen ökumenischen Gegenreformation.
    Alexander Seibel

    Im Herrn Jesus Christus
    Hans Peter Wepf
    1. Mose 15.6
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