Christen in Deutschland, die in der Kindererziehung einen konsequenten Weg beschreiten, und - da es ihnen möglich ist - sich entschieden haben, ihre Kinder daheim zu unterrichten, sehen sich immer stärker werdender Verfolgung ausgesetzt. Ende Okober hat es nun auch eine mir bekannte Familie in Bissingen/Teck getroffen. Es folgt ein Artikel aus der örtlichen Presse, sowie ein Leserbrief, den ich zu dem Fall verfaßt habe, der aber noch nicht veröffentlicht wurde.
Herzliche Grüße
Eberhart
Drei Kinder von der Polizei zur Schule gebracht
25.10.2006
BISSINGEN: Konflikt um Schulpflicht - Eltern wollen zu Hause unterrichten - Jugendamt prüft Sorgerecht
Drei Kinder, die seit Schuljahresbeginn von ihren Eltern unterrichtet werden, wurden am vergangenen Freitag in Bissingen von der Polizei zur Grundschule gebracht. Von "rücksichtsloser Polizeigewalt", die so noch nie in Baden-Württemberg praktiziert worden sei, spricht des "Netzwerk Bildungsfreiheit", in dem sich alternative Bildungsanbieter zusammengeschlossen haben.
Von R.K.
Vor zwei Wochen hat das Bürgermeisteramt Bissingen die Familie R. aufgefordert, ihre drei schulpflichtigen Kinder in die Schule zu schicken, andernfalls werde ein Bußgeld verhängt, und zwar 30 Euro pro Kind und pro Tag versäumten Unterrichts. Die Gemeinde sei gewillt, als Polizeibehörde die Erst-, Dritt- und Viertklässler zwangsweise zur Schule zu bringen.
Am Freitag, morgens um halb acht Uhr, klingelte die Polizei bei R's. Zuerst habe er gehofft, die Polizei würde wieder gehen, erzählt U. R., dann habe die Polizei über den Anrufbeantworter angekündigt, einen Schlosser zu holen, um die Tür zu öffnen. Schließlich habe er geöffnet, so R., weil die Polizei zugesagt habe, die verängstigten Kinder nicht aus dem Schlafzimmer zu holen.
Als seine Frau die Schulranzen herrichtete und das Material der Privatschule herausgenommen habe, sei ein Polizist "rabiat" geworden und habe ihr die Papiere aus der Hand gerissen. Die zwei Polizisten hätten ihre Kinder zum Polizeiauto geführt und in die Schule gebracht. Bei jedem Klingeln seien die Kinder nun eingeschüchtert. R.: "Zum Wohl der Kinder war das nicht."
Im Fernunterricht aufgeblüht
Bis zu den Sommerferien waren die Kinder auf die Grundschule gegangen. Aber aus "vielfältigen Gründen" habe man sich entschlossen, die Kinder künftig selbst zu unterrichten, erklärt Klavierlehrer U. R.. In öffentlichen Schulen beobachte er, dass wenig Respekt zwischen Kindern und Erwachsenen herrsche. Auch vom gewalttätigen Umgang wollten sie ihre Kinder fernhalten. Soziale Kontakte hätten ihre Kinder über Sportvereine und Verwandtschaft. R's meldeten ihre Kinder an der Philadelphia-Schule an, die Fernunterricht anbietet und Unterstützung durch Fachlehrer. Man komme schneller durch den Lernstoff und die Kinder hätten nachmittags Zeit für andere Dinge, berichtet R.. Die Kinder würden zudem schnell lernen, selbstständig zu arbeiten. R.: "Sie haben viel Freude daran, früher sind sie manchmal deprimiert von der Schule heimgekommen, jetzt sind sie aufgeblüht."
Übers Wochenende haben sich R's mit anderen Eltern beraten, die ebenfalls mit dem so genannten Homeschooling sympathisieren. Am Montag standen R's nicht allein der Polizei gegenüber, so dass diese "nach einigem Hin und Her" abgezogen sei. In einem Telefonat habe Bürgermeister Wolfgang Kümmerle zugesagt, die Polizei nicht mehr einzusetzen, aber das Sorgerecht werde nun Thema. Dies bestätigte der Sprecher des Landrats. Das Amt prüfe, ob das elterliche Sorgerecht "in ausreichender Weise" ausgeübt werde. Die Eltern sollten einen Antrag auf Befreiung von der Schulpflicht stellen. Es gebe die Möglichkeit, Kinder auf staatlich anerkannte Ersatzschulen zu schicken. Die Philadelphia-Schule zähle allerdings nicht dazu.
Die "zwangsweise Zuführung zum Unterricht" sei durch das Gesetz gedeckt, erklärte ein Sprecher des Stuttgarter Kultusministeriums. Ob so verfahren werde, sei Sache der örtlichen Behörden. In Baden-Württemberg gibt es laut Netzwerk Bildungsfreiheit etwa 100 Familien, die zu Hause unterrichten.
Mein Leserbrief:
Schulzwang contra Kindeswohl
Betrifft: Artikel „Drei Kinder von der Polizei zur Schule gebracht“ vom 25.10.2006
Die Polizei fährt vor, klingelt an der Tür und führt daraufhin drei kleine Kinder ab. Sie sollen zwangsweise dem Unterricht an der öffentlichen Schule zugeführt werden. Diese Vorgehensweise, so heißt es, sei zur Durchsetzung der Schulpflicht durch das Gesetz gedeckt. Es werden Erinnerungen wach, an eben diese Zeit, in welcher auch dieses Gesetz erlassen wurde.
Das Gesetz, das hier zur Anwendung kam nennt sich „Schulzwang“. Der Schulzwang wurde durch das Reichsschulpflichtgesetz vom 6. Juli 1938 gesetzlich normiert und ist heute in den Schulgesetzen der einzelnen Bundesländer geregelt.
Sicherlich übergehen Heimschulfamilien geltendes deutsches Recht. Doch schätze auch ich, die im Grundgesetz verbürgte Glaubens- und Gewissensfreiheit weit höher ein, als die Schulpflicht. Außerdem handelt es sich hierbei nicht um eine Straftat, die einen derartigen Polizeieinsatz rechtfertigen könnte.
Man ist entsetzt auf welche Weise unbescholtene Bürger kriminalisiert werden, nur weil sie die Erziehung und die Bildung ihrer Kinder ernst nehmen. Paradoxerweise wird der Familie sogar mit dem Entzug des Sorgerechts gedroht.
Die für dieses Vorgehen Verantwortlichen haben - meiner Meinung nach - den Sinn der Gesetze (Schulpflicht, Sorgerecht) nicht erkannt. Indem sie allein am Buchstaben des Gesetzes kleben und dabei eine vermeintliche Übertretung konstatieren, bemerken sie nicht, wie sie selbst in der Folge unschuldige Menschen verurteilen. Als Parallele wäre die Übertretung des Sabbatgebotes durch Jesus Christus und die darauf folgende Reaktion der Obersten der Juden zu nennen.
Sowohl die Verhängung von Bußgeldern, als auch die Ausübung des Schulzwangs und die Überprüfung des Sorgerechts fördern bestimmt nicht das Wohl der Kinder. Darüber hinaus wird eine solche Vorgehensweise der Behörden auch dem Staat und der Gesellschaft nicht dienlich sein. Denn wer jenen Eltern, denen gerade Kindererziehung am Herzen liegt, mit strafrechtlichen Sanktionen das Leben erschwert, wird unser Gemeinwesen nicht stärken, sondern schwächen.
Ich rufe die zuständigen Personen auf, jegliche Zwangsmaßnahmen gegen die betroffene Familie unverzüglich einzustellen und ihnen die freie Wahl ihres Bildungswegs zu gewährleisten. Eine dafür zu erteilende Ausnahmegenehmigung ist - ebenso wie der Schulzwang - im Schulgesetz vorgesehen.
Herzliche Grüße
Eberhart
Drei Kinder von der Polizei zur Schule gebracht
25.10.2006
BISSINGEN: Konflikt um Schulpflicht - Eltern wollen zu Hause unterrichten - Jugendamt prüft Sorgerecht
Drei Kinder, die seit Schuljahresbeginn von ihren Eltern unterrichtet werden, wurden am vergangenen Freitag in Bissingen von der Polizei zur Grundschule gebracht. Von "rücksichtsloser Polizeigewalt", die so noch nie in Baden-Württemberg praktiziert worden sei, spricht des "Netzwerk Bildungsfreiheit", in dem sich alternative Bildungsanbieter zusammengeschlossen haben.
Von R.K.
Vor zwei Wochen hat das Bürgermeisteramt Bissingen die Familie R. aufgefordert, ihre drei schulpflichtigen Kinder in die Schule zu schicken, andernfalls werde ein Bußgeld verhängt, und zwar 30 Euro pro Kind und pro Tag versäumten Unterrichts. Die Gemeinde sei gewillt, als Polizeibehörde die Erst-, Dritt- und Viertklässler zwangsweise zur Schule zu bringen.
Am Freitag, morgens um halb acht Uhr, klingelte die Polizei bei R's. Zuerst habe er gehofft, die Polizei würde wieder gehen, erzählt U. R., dann habe die Polizei über den Anrufbeantworter angekündigt, einen Schlosser zu holen, um die Tür zu öffnen. Schließlich habe er geöffnet, so R., weil die Polizei zugesagt habe, die verängstigten Kinder nicht aus dem Schlafzimmer zu holen.
Als seine Frau die Schulranzen herrichtete und das Material der Privatschule herausgenommen habe, sei ein Polizist "rabiat" geworden und habe ihr die Papiere aus der Hand gerissen. Die zwei Polizisten hätten ihre Kinder zum Polizeiauto geführt und in die Schule gebracht. Bei jedem Klingeln seien die Kinder nun eingeschüchtert. R.: "Zum Wohl der Kinder war das nicht."
Im Fernunterricht aufgeblüht
Bis zu den Sommerferien waren die Kinder auf die Grundschule gegangen. Aber aus "vielfältigen Gründen" habe man sich entschlossen, die Kinder künftig selbst zu unterrichten, erklärt Klavierlehrer U. R.. In öffentlichen Schulen beobachte er, dass wenig Respekt zwischen Kindern und Erwachsenen herrsche. Auch vom gewalttätigen Umgang wollten sie ihre Kinder fernhalten. Soziale Kontakte hätten ihre Kinder über Sportvereine und Verwandtschaft. R's meldeten ihre Kinder an der Philadelphia-Schule an, die Fernunterricht anbietet und Unterstützung durch Fachlehrer. Man komme schneller durch den Lernstoff und die Kinder hätten nachmittags Zeit für andere Dinge, berichtet R.. Die Kinder würden zudem schnell lernen, selbstständig zu arbeiten. R.: "Sie haben viel Freude daran, früher sind sie manchmal deprimiert von der Schule heimgekommen, jetzt sind sie aufgeblüht."
Übers Wochenende haben sich R's mit anderen Eltern beraten, die ebenfalls mit dem so genannten Homeschooling sympathisieren. Am Montag standen R's nicht allein der Polizei gegenüber, so dass diese "nach einigem Hin und Her" abgezogen sei. In einem Telefonat habe Bürgermeister Wolfgang Kümmerle zugesagt, die Polizei nicht mehr einzusetzen, aber das Sorgerecht werde nun Thema. Dies bestätigte der Sprecher des Landrats. Das Amt prüfe, ob das elterliche Sorgerecht "in ausreichender Weise" ausgeübt werde. Die Eltern sollten einen Antrag auf Befreiung von der Schulpflicht stellen. Es gebe die Möglichkeit, Kinder auf staatlich anerkannte Ersatzschulen zu schicken. Die Philadelphia-Schule zähle allerdings nicht dazu.
Die "zwangsweise Zuführung zum Unterricht" sei durch das Gesetz gedeckt, erklärte ein Sprecher des Stuttgarter Kultusministeriums. Ob so verfahren werde, sei Sache der örtlichen Behörden. In Baden-Württemberg gibt es laut Netzwerk Bildungsfreiheit etwa 100 Familien, die zu Hause unterrichten.
Mein Leserbrief:
Schulzwang contra Kindeswohl
Betrifft: Artikel „Drei Kinder von der Polizei zur Schule gebracht“ vom 25.10.2006
Die Polizei fährt vor, klingelt an der Tür und führt daraufhin drei kleine Kinder ab. Sie sollen zwangsweise dem Unterricht an der öffentlichen Schule zugeführt werden. Diese Vorgehensweise, so heißt es, sei zur Durchsetzung der Schulpflicht durch das Gesetz gedeckt. Es werden Erinnerungen wach, an eben diese Zeit, in welcher auch dieses Gesetz erlassen wurde.
Das Gesetz, das hier zur Anwendung kam nennt sich „Schulzwang“. Der Schulzwang wurde durch das Reichsschulpflichtgesetz vom 6. Juli 1938 gesetzlich normiert und ist heute in den Schulgesetzen der einzelnen Bundesländer geregelt.
Sicherlich übergehen Heimschulfamilien geltendes deutsches Recht. Doch schätze auch ich, die im Grundgesetz verbürgte Glaubens- und Gewissensfreiheit weit höher ein, als die Schulpflicht. Außerdem handelt es sich hierbei nicht um eine Straftat, die einen derartigen Polizeieinsatz rechtfertigen könnte.
Man ist entsetzt auf welche Weise unbescholtene Bürger kriminalisiert werden, nur weil sie die Erziehung und die Bildung ihrer Kinder ernst nehmen. Paradoxerweise wird der Familie sogar mit dem Entzug des Sorgerechts gedroht.
Die für dieses Vorgehen Verantwortlichen haben - meiner Meinung nach - den Sinn der Gesetze (Schulpflicht, Sorgerecht) nicht erkannt. Indem sie allein am Buchstaben des Gesetzes kleben und dabei eine vermeintliche Übertretung konstatieren, bemerken sie nicht, wie sie selbst in der Folge unschuldige Menschen verurteilen. Als Parallele wäre die Übertretung des Sabbatgebotes durch Jesus Christus und die darauf folgende Reaktion der Obersten der Juden zu nennen.
Sowohl die Verhängung von Bußgeldern, als auch die Ausübung des Schulzwangs und die Überprüfung des Sorgerechts fördern bestimmt nicht das Wohl der Kinder. Darüber hinaus wird eine solche Vorgehensweise der Behörden auch dem Staat und der Gesellschaft nicht dienlich sein. Denn wer jenen Eltern, denen gerade Kindererziehung am Herzen liegt, mit strafrechtlichen Sanktionen das Leben erschwert, wird unser Gemeinwesen nicht stärken, sondern schwächen.
Ich rufe die zuständigen Personen auf, jegliche Zwangsmaßnahmen gegen die betroffene Familie unverzüglich einzustellen und ihnen die freie Wahl ihres Bildungswegs zu gewährleisten. Eine dafür zu erteilende Ausnahmegenehmigung ist - ebenso wie der Schulzwang - im Schulgesetz vorgesehen.
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