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Messianische Christologie A. Fruchtenbaum komplett

s. 40 Messianische Christologie   Ex.: Fundamentum

Messianische Christologie

Eine Studie der hebräischen Prophetie über das  erste Kommen des Messias

I.Teil
 Dr. Arnold G. Fruchtenbaum
 (Biographische Angaben finden sich am Ende des Artikels)

 Einleitung
 Diese Studie beschäftigt sich mit dem, was theologisch «messianische Christologie» genannt wird. Einfacher gesagt handelt es sich um einen Überblick über alle messianischen Prophetien der hebräischen Schriften, die sich beim ersten Kommen des Messias erfüllt haben.
Die orthodoxe jüdische Interpretation erwartet dabei aber natürlich nicht, dass der Messias zweimal kommen sollte, sondern rechnet stattdessen mit zwei Messiassen, von denen jeder einmal kommt.
 Diese Studie erfolgt aus einer judenchristlichen Perspektive, und es wird gezeigt werden, dass diese hebräischen Prophetien erfüllt worden sind im Leben von Jeschua (Jesus) und auf keine andere Art und Weise erfüllt werden können.
Als erstes wollen wir aber als Einführung einen Blick auf das Neue Testament werfen und sehen, wie Jesus und seine Jünger dieses Thema behandelt haben.

Der neutestamentliche Gebrauch
 Die Evangelien stellen ganz klar fest, dass der Tod Jesu auch für die Apstel eine Überraschung war.
 Ihre Verwirrung rührte vor allem von da her, dass sie nicht das ganze messianische Programm kannten. Sie hatten voll ständig erwartet, dass Jesus ihre Feinde überwinden und sein Königreich auf der Erde aufrichten würde. Sie waren sehr gut vertraut mit denjenigen Prophezeiungen, die sich auf diesen Aspekt des messianischen Programms bezogen. Was sie aber verfehlt hatten zu verstehen, war, dass der Messias zweimal zu kommen hatte: Beim ersten Mal, um zu leiden, und dann, später, um zu siegen. Der Grund für sein erstes Kommen war also ein ganz anderer als der für sein zweites Kommen. Um den Grund seines ersten Kommens

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 zu belegen, fordert Jesus die Jünger nicht auf, einfach nur zu glauben, sondern verweist sie zurück auf die Autorität ihrer eigenen hebräischen Schriften, nämlich auf das, was Heidenchristen heute das Alte Testament nennen.

25 Und er sprach zu ihnen: O ihr Unverständigen und im Herzen träge, an alles zu glauben, was die Propheten geredet haben!
26 Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit hineingehen?
27 Und von Mose und von allen Propheten anfangend, erklärte er ihnen in allen Schriften das, was ihn betraf.

44 Er sprach aber zu ihnen: Dies sind meine Worte, die ich zu euch redete, als ich noch bei euch war, dass alles erfüllt werden muss, was über mich geschrieben steht in dem Gesetz Mose und in den Propheten und Psalmen.
45 Dann öffnete er ihnen das Verständnis, damit sie die Schriften verständen,
46 und sprach zu ihnen: So steht geschrieben, und so musste der Christus leiden und am dritten Tag auferstehen aus den Toten
47 und in seinem Namen Busse zur Vergebung der Sünden gepredigt werden allen Nationen, anfangend von Jerusalem.
48 {Ihr} seid Zeugen hiervon.
Lukas 24, 25-27.44-48

 Hier auf der Strasse nach Emmaus, bei einer seiner Erscheinungen nach der Auferstehung, tadelt Jesus seine Jünger dafür, dass sie nicht alles wussten, was die Propheten gesagt hatten. Dazu gehörten nämlich auch die Prophezeiungen über sein Leiden und Sterben. Sie hatten keine Schwierigkeiten damit, an diejenigen Prophezeiungen zu glauben, die den Messias als einen regierenden König beschrieben, der Israel seine frühere Ehre zurück bringen würde. Sie hatten aber grosse Schwierigkeiten damit, diejenigen Prophetien zu akzeptieren, die das Leiden und Sterben des Messias vorher sagten. Die Tatsache, dass die Jünger so aufgeregt waren darüber, dass Jesus gefangen und exekutiert wurde, zeigt, dass sie sich in gewissem Sin ne noch im Unglauben befunden haben. Es wird uns berichtet, dass Jesus mit dem Gesetz des Mose begonnen hat, fortfuhr mit den Propheten, und die gesamten hebräischen Schriften durchgegangen ist, um seinen Jüngern alles zu zeigen, was sich auf den Messias bezog. Dadurch konnte er beweisen, dass sein Tod und seine Auferstehung in völliger Übereinstimmung mit der Schrift und sogar für sein Werk notwendig waren. Sie waren wesentlich, weil sie seine Messianität bewiesen haben. Von den allerfrühesten Quellen bis zu den modernen Rabbinern haben jüdische Lehrer die Schriften immer in drei Abteilungen gegliedert:
Das Gesetz,
die Propheten
 und die Schriften.
 Wir sehen hier (und teilweise auch in Vers 44), dass Jesus dasselbe tut. Die «Schriften» werden manchmal auch die «Psalmen» genannt, weil die Psalmen das erste Buch dieser Gruppe sind. Jesus bezieht systematisch die gesamten Schriften ein, um seinen Jüngern alles über sich selbst zu erklären. «Alles» schliesst dabei sowohl die Prophetien über sein zweites Kom-

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men (die immer noch auf ihre Erfüllung warten) mit ein als auch diejenigen über sein erstes Kommen (die sich gerade erfüllten, als Jesus sprach). In dem er Prophetien aus allen drei Teilen der jüdischen Schriften zusammen nahm, konnte Jesus beweisen, dass es für ihn notwendig war, umgebracht und beerdigt zu werden und am dritten Tag wieder aufzuerstehen. Die Nachfolger Jesu haben ihre Lektion gut gelernt. Später im Neuen Testament, nach Jesu Himmelfahrt, sehen wir, dass die Jünger immer wieder Jesu Messianität aus den hebräischen Schriften heraus gerechtfertigt und begründet haben - und das sowohl gegenüber Heiden als auch bei Juden.

Apg 8,26 Ein Engel des Herrn aber redete zu Philippus und sprach: Stehe auf und geh gegen Süden auf den Weg, der von Jerusalem nach Gaza hinabführt; derselbe ist öde.
Apg 8,27 Und er stand auf und ging hin. Und siehe ein Äthiopier, ein Kämmerer, ein Gewaltiger der Kandace, der Königin der Äthiopier, der über ihren ganzen Schatz gesetzt war, war gekommen, um zu Jerusalem anzubeten;
Apg 8,28 und er war auf der Rückkehr und saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaias.
Apg 8,29 Der Geist aber sprach zu Philippus: Tritt hinzu und schließe dich diesem Wagen an.
Apg 8,30 Philippus aber lief hinzu und hörte ihn den Propheten Jesaias lesen und sprach: Verstehst du auch, was du liesest?
Apg 8,31 Er aber sprach: Wie könnte ich denn, wenn nicht jemand mich anleitet? Und er bat den Philippus, daß er aufsteige und sich zu ihm setze.
Apg 8,32 Die Stelle der Schrift aber, welche er las, war diese: "Er wurde wie ein Schaf zur Schlachtung geführt, und wie ein Lamm stumm ist vor seinem Scherer, also tut er seinen Mund nicht auf.
Apg 8,33 In seiner Erniedrigung wurde sein Gericht weggenommen; wer aber wird sein Geschlecht beschreiben? denn sein Leben wird von der Erde weggenommen."
Apg 8,34 Der Kämmerer aber antwortete dem Philippus und sprach: Ich bitte dich, von wem sagt der Prophet dieses? von sich selbst oder von einem anderen?
Apg 8,35 Philippus aber tat seinen Mund auf, und, anfangend von dieser Schrift, verkündigte er ihm das Evangelium von Jesu.
Apg 8,36 Als sie aber auf dem Wege fortzogen, kamen sie an ein gewisses Wasser. Und der Kämmerer spricht: Siehe, da ist Wasser; was hindert mich, getauft zu werden?
Apg 8,37
Apg 8,38 Und er hieß den Wagen halten. Und sie stiegen beide in das Wasser hinab, sowohl Philippus als der Kämmerer; und er taufte ihn.
Apg 8,39 Als sie aber aus dem Wasser heraufstiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus; und der Kämmerer sah ihn nicht mehr, denn er zog seinen Weg mit Freuden.
Apg 8,40 Philippus aber wurde zu Asdod gefunden; und indem er hindurchzog, verkündigte er das Evangelium allen Städten, bis er nach Cäsarea kam.

 
Apostelgeschichte 8,26-39

Das ist die berühmte Geschichte des äthiopischen Eunuchen, der die Prophetie von Jesaja in Kapitel 53 liest.
Philippus wird zu ihm geschickt, um ihm die Bedeutung dieser Prophetie zu erklären.
Wir lesen in Vers 35, dass «beginnend von dieser Schrift» Philippus ihm Jesus gepredigt hat. Beginnend mit Jesaja 53, einer Passage, die in dieser Studie später untersucht wird, ist es Philippus möglich, die Messianität Jesu zu zeigen. Der äthiopi-

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sehe Eunuch ist so beeindruckt von der Art und Weise, in der Jesu Leiden und Sterben auf Jesajas Beschreibung des Messias passt, dass es ihn überzeugt und er sofort Christ wird.

1 Nachdem sie aber durch Amphipolis und Apollonia gereist waren, kamen sie nach Thessaionich, wo eine Synagoge der Juden war.
2 Nach seiner Gewohnheit aber ging Paulus zu ihnen hinein und unterredete sich an drei Sabbaten mit ihnen aus den Schriften,
3 indem er eröffnete und darlegte, dass der Christus leiden und aus den Toten auferstehen musste und dass dieser der Christus ist: der Jesus, den ich euch verkündige.
4 Und einige von ihnen liessen sich überzeugen und geseilten sich zu Paulus und Silas und eine grosse Menge von den anbetenden Griechen und nicht wenige der vornehmsten Frauen.
 Apostelgeschichte 17,1-4

Hier sehen wir, wie Paulus in der Synagoge vorging. Er hat zuerst die Schriften des Alten Testaments ausgelegt, und zwar besonders die messianischen Prophetien, die wir später studieren werden. Nachdem er dann erklärt hatte, was die Schriften vom Messias forderten, konnte er anschliessend zeigen, wie perfekt Jesus der Gestalt des Messias entsprach, wie sie im Alten Testament gefordert wurde.

28 denn kräftig widerlegte er die Juden öffentlich, indem er durch die Schriften be wies, dass Jesus der Christus ist.
Apostelgeschichte 18, 28
 Hier sehen wir noch einmal Paulus' Methode beim Diskutieren mit den jüdischen Führern. Er ging zurück zu den Schriften und hat bewiesen, dass Jesus die Anforderungen der hebräischen Prophetie erfüllt hat. Ein letztes Beispiel hierfür finden wir in
Apostelgeschichte 28. 23

Als sie ihm aber einen Tag bestimmt hatten, kamen mehrere zu ihm in die Herberge, denen er das Reich Gottes auslegte und bezeugte. Und er suchte sie zu überzeugen von Jesus, sowohl aus dem Gesetz Moses als auch den Propheten, von frühmorgens bis zum Abend.

Apostelgeschichte 28.23
 Hier sehen wir Paulus in der Debatte mit den jüdischen Führern in Rom. Wiederum nimmt Paulus sein Beweismaterial nicht aus Matthäus, Markus, Lukas oder Johannes - die Evangelien werden nicht erwähnt, weil sie noch nicht geschrieben worden waren -  sondern stattdessen aus den Schriften des Alten Testaments. In dieser besonderen Situation beruft Paulus sich

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 ausschliesslich auf das Gesetz und die Propheten. Wahrscheinlich spart er die «Schriften» wegen bestimmter jüdischer Anschauungen über die Inspiration der Heiligen Schrift aus. Der Judaismus lehrt nämlich, dass zwar alle Schrift von Gott inspiriert ist, dass es dabei aber drei unterschiedliche Ebenen von Inspiration gibt.

Dem Gesetz wird dabei die grösste Autorität zuge schrieben, weil es aus den eigenen Worten Gottes selbst besteht, die dieser direkt menschlichen Schreibern diktiert hat.
Die Propheten seien von gerin gerer Autorität, weil sie zwar Gottes Botschaften haben, diese aber nur durch den Mund von Menschen ausgesprochen.
Die Schriften werden schliesslich als die geringste Autorität angesehen, weil man annimmt, dass sie nur aus den Worten von Menschen bestehen, wenn auch deren Denken von Gott geleitet war.

Der Judaismus hat also eine sehr hohe Anschauung vom Gesetz und den Propheten, aber keinen besonders grossen Respekt vor den Schriften. Darum beschränkt sich Paulus hier darauf, nur diejenigen Worte Gottes zu benutzen, die im Gesetz und den Propheten gegeben sind. Jesus hat alle drei Teile des Alten Testaments benutzt, denn was ihn und die Apostel anging, waren alle hebräischen Schriften von gleicher Gültigkeit. Traurigerweise gibt es heutzutage nur sehr wenige Leute, die tun können, was die Apostel damals taten, nämlich das ganze messianische Programm ausschliesslich aus dem Alten Testament heraus entfalten. Die Fähigkeit, das zu tun, ist aus verschiedenen Gründen wichtig, kommt aber vor allem beim Dienst unter Juden zum Tragen. Es ist notwendig, aus dem Alten Testament entfalten zu können, was für einen Messias es fordert, bevor man sich ins Neue Testament begibt und dort zeigt, dass Jesus alle diese biblischen Anforderungen perfekt erfüllt.

Die vier Typen messianischer Prophetie
Wenn wir uns mit messianischer Prophetle beschäftigen, ist es sehr wichtig, zu wissen, dass es vier verschiedene Arten davon gibt. Es ist unbedingt erforderlich, sie auseinanderzuhalten.
Die vier Kategorien lauten:

1. Nur erstes Kommen
2. Nur zweites Kommen
3. Sowohl erstes als auch zweites Kommen
4. Der ganze Erlösungsweg

 Manche Prophetien sind sehr deutlich darin, dass sie sich entweder mit dem ersten Kommen (Kategorie 1) oder mit dem zweiten Kommen (Kategorie 2) beschäftigen. Andere Prophetien sind komplizierter aufgebaut.

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 Die dritte Kategorie von Prophezeiungen beinhaltet Verse, die das erste und zweite Kommen so zusammenbienden, dass die Zeitspanne, die dazwischenliegt, versteckt wird. Um sie doch zu erkennen, ist es notwendig, die Parallelstellen zu lesen. Sacharja 9, 9.10 ist ein gutes Beispiel dafür.

Vers 9 geht auf das erste Kommen ein,
Vers 10 auf das zweite.

Diese Verse für sich allein genommen treffen keine Unterscheidung, aber dass es eine gibt, wird von anderen Schriftstellen klargelegt. Die vierte Kategorie bezieht sich auf Abschnitte, die das ganze messianische Programm einschliessen, also erstes Kommen, Zeitintervall, zweites Kommen und messianisches Königreich. In dieser Studie werden wir uns mit allen Stellen der ersten Kategorie aus einandersetzen.

Die zweite Kategorie wird ignoriert, denn sie stellt ein ganzes, eigenständiges Thema dar (und wird vollständig im «Handbuch der biblischen Prophetie» behandelt). Die Prophetien der dritten und vierten Kategorie werden nur insofern berührt, als sie sich auf das erste Kommen des Messias beziehen.

Wichtig
 Eine Studie dieser Art hat drei Hauptvorteile:

Unzulässige Vereinfachungen vermeiden
 Die Beziehung zwischen dem Alten und Neuen Testament und die Natur des alttestamentlichen Glaubens werden oftmals übermässig vereinfacht. Zum Beispiel hört man oft das Klischee, dass «die Heiligen des Alten Testaments auf den Tod Jesu vorausschauten, während die Heiligen des Neu en Testaments auf ihn zurückschauen». Wenn das wahr wäre, warum waren dann die Jünger so erstaunt bei Jesu Tod? Wir haben die Tendenz, ins Alte Testament ein neutestamentliches Verständnis hineinzulesen, das in jenen Tagen noch nicht existierte. Wenn wir die fortschreitende Offenbarung in der Heiligen Schrift verfolgen, werden wir uns der Beschränkungen bewusster, die es auf verschiedenen Stufen von Israels Geschichte gab, was das Verstehen anging. Insbesondere gibt es keinen Weg, aus den fünf Büchern des Gesetzes allein zu erkennen, dass der Messias sterben muss. Das wurde erst etwa im 8. Jahrhundert v. Chr. offenbart, nämlich durch den Propheten Jesaja.
Das Gesetz stellt den Messias hauptsächlich in Gestalt eines Königs und Erlösers dar, aber nicht als einen sterbenden Retter. Es ist nicht wahr, dass die alttestamentlichen Heiligen auf den Tod des Messias vorausgeschaut hätten: Für den grössten Teil der alttestamentlichen Ge schichte wussten sie gar nicht, dass dies zu geschehen hatte. Wir sollten

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vorsichtig sein, den Glaubensinhalt der alttestamentlichen Gläubigen nicht zu sehr zu vereinfachen.

Auslegen der Prophetien über das zweite Kommen
Die Prophetien über das erste Kommen und ihre Erfüllungen zu verstehen, hilft uns, auch diejenigen über das zweite Kommen richtig zu begreifen und korrekt auszulegen. Weil alle Prophetien über das erste Kommen sich auf wörtliche Art und Weise erfüllt haben und nicht «allegorisch» oder «geistlich», sollten wir von denen über das zweite Kommen erwarten, dass sie sich in derselben Art und Weise erfüllen.

Evangelisatlon unter Juden

Wie bereits zu sehen war, haben die alttestamentlichen Prophetien der hebräischen Schriften die Basis zum Evangelisieren im Neuen Testament gebildet. Zuerst Jesus mit seinen Jüngern und danach die Jünger selbst haben das Alte Testament benutzt, um Jesu Anspruch, der Messias zu sein, zu bestätigen. Wenn die messianischen Erwartungen der hebräischen Prophetie verstanden werden, dann wird klar, dass Jesus und nur Jesus diese An forderungen erfüllen kann. Das sind also die Schriften, die wir jetzt studieren wollen, wobei wir uns mit ihnen in denselben Kategorien beschäftigen, wie es Jesus und die Apostel getan haben: Im Gesetz, in den Propheten und in den Schriften.

1. Teil: Das Gesetz

 Genesis 3,15 - Der Same der Frau
15 Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; [er] wird dir den Kopf zermaimen, und du, du wirst ihm die Ferse zermalmen.

Messianische Prophetie beginnt schon im dritten Kapitel des Buches Gene sis. Es ist kein Wunder, dass die allererste messianische Prophetie im Kon text des Sündenfalls auftaucht. Wenn die Sünde nicht in die Welt eingedrungen wäre, hätte es niemals die Notwendigkeit für einen erlösenden Messlas gegeben. Gott verflucht die Schlange nach dem Fall, den sie verursacht hat und erklärt Feindschaft zwischen der Schlange und der Frau. Diese Feind schaft soll sich bis auf den Samen der Frau und der Schlange erstrecken. Der «Same der Frau» bezieht sich auf Christus, den Messias, und der Same der Schlange wird der Antichrist sein. (Eine Untersuchung des Antichristen

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 der Schlange wird der Antichrist sein. (Eine Untersuchung des Antichristen würde den Rahmen dieser Studie sprengen, vgl. «Handbuch der biblischen Prophetie» für weitere Details.)

Die Prophezeiung

Diese, die erste messianische Prophezeiung, erklärt, dass die Herkunft oder Abstammung des Messias nach einer Frau benannt werden wird und nicht nach einem Mann. Das widerspricht sofort der biblischen Norm. Es gibt viele Genealogien in der Schrift, und angefangen von den frühesten in den Kapi teln Genesis 5 und 11 bis zu den ersten 9 Kapiteln des 1. Buches der Chronik, bis Matthäus 1 und Lukas 3 sind (unter vielen anderen) fast alle davon Listen von Männernamen. Die legale Abstammung, die Identität nach Nation und Stamm, wurden immer vom Vater und niemals von der Mutter genommen (die einzige Ausnahme hierzu findet sich in Esra 2, 61 und noch in Nehemia 7, 63). Es geschah nur sehr selten, dass der Name einer Frau überhaupt aufgenommen wurde in die Liste; das geschah nur, wenn sie eine wichtige Rolle in der jüdischen Geschichte gespielt hatte, und selbst dann brachte ihr das nur die Erwähnung in einer Nebenbemerkung ein. Mose gibt hier keine Erklärung, sondern zeichnet einfach die Tatsache auf, dass beim Messias etwas in besonderer Weise ganz anders sein wird, was dazu führt, dass er seine Abstammung über die Mutter und nicht den Vater angibt.

Es wird für einige Jahrhunderte auch keine Erklärung gegeben, bis zur Zeit des Propheten Jesaja. Er wird prophezeien (in Kapitel 7), dass der Messias von einer Jungfrau geboren werden und keinen menschlichen Vater haben wird. Genesis 3,15 stellt fest, dass der Messias der Schlange, das ist Satan, den Kopf zerschmettern wird.' Dabei wird Satan es zwar zuwege bringen, die Ferse des Messias zu verwunden, wird aber unfähig sein, seine eigene Zerstörung zu verhindern.
Das Verwunden der Ferse des Messias fand bei Jesu Kreuzigung statt - schmerzhaft, aber, bezogen auf die Ewigkeit, nicht tödlich. Das Zerschmettern des Kopfes der Schlange begann mit Jesu Tod und Auferstehung, wie in Hebräer 2, 14-18 festgestellt wird.
Römer 16, 20 sieht das Zerschlagen von Satans Kopf als immer noch zukünftig an. So wird seine endgültige Zerstörung nicht kommen, bevor er in den Feuersee geworfen wird, wie es Offenbarung 20,10 beschreibt.

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 'Im Hebräischen steht aber das männliche Fürwort Sin hü' (er). Dieses als SIH hP (sie) zu vokalisieren und nach der Vulgata ««ipsa» (sie selbst), bezogen auf die Frau zu verstehen und zu übersetzen (dann wären im Hebräischen andere Verformen), entspricht nicht dem hebräi schen Text. Man darf auch nicht die Frau auf eine spätere Frau beziehen. Vgl. FUNDAMENTUM 1/1988, S. 20f. Red.

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 Genauso wie er einen Hinweis auf die Jungfrauengeburt gibt, zeigt dieser Vers auch  an, dass der Messias ein Mensch sein wird. Der Messias, der Erlöser, wird kein Enge! oder einfach göttlich, sondern wird ein Gott-Mensch sein. Diese Gedanken werden in den folgenden Prophetien weiter entwickelt.

Gen 4,5 und 6  -Frühe Echos der Verheissung

 Das ist unsere Interpretation aus unserer eigenen historischen Perspektive, aber wie wurde dieser Vers von denen verstanden, die ihn als erste gehört haben? Es gibt drei Abschnitte in den folgenden Kapiteln, die einige Hinweise darüber geben, was die drei Personen, die Gen 3, 15 als erste gehört hatten, darüber dachten. Eine Studie dieser Passagen zeigt, dass, obwohl die Jungfrauengeburt bis Jesaja nicht verstanden wurde, doch begriffen worden war, dass man einen Gott-Menschen als Erlöser zu erwarten hatte.

Genesis 4,1
 
Und der Mensch erkannte Eva, sein Weib, und sie ward schwanger und gebar Kain; und sie sprach: Ich habe einen Mann erworben mit Jehova.

 Eine wörtliche Übersetzung des hebräischen Textes würde lauten: Und der Mann erkannte Eva, seine Frau, sie empfing und gebar Kain und sagte: «Ich habe einen Mann bekommen: Jahwe.»

 Das ist exakt dieselbe Satzkonstruktion wie im nächsten Vers:
Und wiederum gebar sie seinen Bruder: Abel.

Nur wenige Bibelübersetzer verstehen, was Eva hier sagt. Deshalb lauten auch die englischen Übersetzungen nicht so, wie es oben angegeben ist. Eva hat von Gottes Worten in Gen 3, 15 her klar verstanden, dass die Schlange von einem Gott-Menschen besiegt werden wird. Offensichtlich denkt sie, dass Kain Jahwe ist. Ihre Theologie ist grundsätzlich korrekt: Der Messias würde beides sein, Mensch und Gott. Ihr Fehler liegt in ihrer Anwendung dieser Theologie. Sie hat angenommen, dass Kain, ihr erstes Kind, der versprochene Gott-Mensch wäre. Dass sie ihren Fehler schnell erkannt hat, zeigt sich bei der Geburt von Kains Bruder - sie nennt ihn Abel, was «Nichtigkeit» bedeutet.
Es ist interessant zu sehen, wie unterschiedliche Gelehrte zu verschiedenen Zeiten mit diesem Vers umgegangen sind. Die meisten englischen Überset zungen lesen: «Ich habe einen Mann bekommen mit der Hilfe von Jahwe.»
Die Worte «mit der Hilfe von» wurden dabei von den Übersetzern eingefügt.

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 um eine Lesart zu vermeiden, die für sie unakzeptabel war.(2)  Aber im Hebräischen steht wörtlich: «Ich habe einen Mann bekommen: Jahwe.»
 Das ist tatsächlich die gleiche Konstruktion wie im Hebräischen für die sofort folgenden Worte: «und sie gebar: Kain.» Die geläufige englische Übersetzung basiert nicht auf dem hebräischen Text, sondern auf der griechischen Septuaginta.
Dort heisst es «durch Gott.» Dem folgte auch die lateinische Vulgata, die ebenfalls «durch Gott» liest.
Der Jerusalemer Targum, eine aramäische Übersetzung, liest: «Ich habe einen Mann bekommen, den Engel von Jahwe». Die Rabbiner gaben eine Lesart an, die dem originalen hebräischen Text viel näher kam. Der Targum Pseudo Jonathan liest: «Ich habe als einen Mann den Engel Jahwes be kommen». Eine andere aramäische Übersetzung ist der Targum Onkelos, der «von vor dem Herrn» bietet. Diese aramäischen Übersetzungen und Umschreibungen sehen, was das Hebräische sagt und was das für übernatürliche Folgen beinhaltet. In der christlichen Theologie sieht man den Engel Jahwes als die zweite Person des dreieinigen Gottes (etwas, was später unter «Andere Linien der Beweisführung» diskutiert wird), aber das war natürlich nicht die Sichtweise der jüdischen Übersetzer der Targume.
Der Midrasch Rabbah, der rabbinische Kommentar zur Genesis, bietet in 22, 2 für Genesis 4, 1 «mit der Hilfe des Herrn». «Rabbi Ishmael fragte Rabbi Akiba 'Da du Nahum von Ginzo 22 Jahre lang gedient hast und er gelehrt hat, dass jedes ach und räch eine Begrenzung, aber jedes et und gam eine Erweiterung ist, sage mir, was der Sinn des et hier ist.' Er antwortete 'Wenn gesagt wird 'Ich habe einen Mann bekommen: Den Herrn', wäre es schwie rig auszulegen, darum ist et 'mit der Hilfe des Herrn' erforderlich.'» Somit hatten die Rabbiner also klar die Aussagen dieser Konstruktion verstanden und mussten darum die nötigen Anpassungen in ihrer Übersetzung machen. Die Peshitta bietet «Ich habe einen Mann bekommen zu dem Herrn».
Ein führender Rabbi, bekannt als Saadia Gaon, las es als «von mit dem Herrn». Rashi übersetzt es als «mit dem Herrn» und Nachmanides übersetzt es als «für den Herrn zum Dienst für den Herrn».
Auch hier werden wieder Versuche gemacht, das Offensichtliche zu umgehen.

Genesis 5, 28.29
 Und Henoch lebte 65 Jahre und zeugte Metuschelach.
2 Und Henoch wandelte mit Gott, nachdem er Metuschelach gezeugt hatte, 300 Jahre und zeugte Söhne und Töchter.
23 Und alle Tage Henochs betrugen 365 Jahre.
_____________
 'Das Hebräische nx 'et kann als Akkusativzeichen «den» oder als Präposition «mit» verstanden werden: Übersetzung somit entweder: den Jhwh oder mit Jhwh. Vgl. FUNDAMENTUM 3/1989, S. 14f. Red.

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24 Und Henoch wandelte mit Gott; und er war nicht mehr da, denn Gott nahm ihn hinweg. -
25 Und Metuscheiach lebte 187 Jahre und zeugte Lamech.
26 Und Metuscheiach lebte, nachdem er Lamech gezeugt hatte, 782 Jahre und zeugte Söhne und Töchter.
27 Und alle Tage Metuscheiachs betrugen 969 Jahre, dann starb er. -
28 Und Lamech lebte 182 Jahre und zeugte einen Sohn.
29 Und er gab ihm den Namen Noah, indem er sagte: Dieser wird uns trösten über unserer Arbeit und über der Mühsal unserer Hände von dem Erdboden, den der HERR verflucht hat. Genesis 5,21-29

In Genesis 5, 21-24 lesen wir von dem gerechten Henoch, der «nicht war, denn Gott nahm ihn». Das Neue Testament, in Judas 14-15, sagt uns, dass Henoch ein Prediger der Gerechtigkeit und ein Prophet war. Der Name, den er seinem Sohn gab, war tatsächlich reich an prophetischer Bedeutsamkeit. Methuselach ist ein hebräischer Name, der wörtlich bedeutet «Wenn er stirbt, wird es kommen».
Da es im Hebräischen kein Neutrum gibt, heisst es also tatsächlich «Wenn er stirbt, wird er kommen».

Diese Prophezeiung bezieht sich auf das Kommen der Flut. Eine einfache Berechnung mit den in Genesis gegebenen Zahlen zeigt, dass die Flut im Jahre 1656 a.H.® kam - dasselbe Jahr, in dem Methuselach auch starb (siehe Diagramm).
Lamech hat verstanden, dass der Name seines Vaters prophetisch war, hat ihn aber fälschlicherweise auf die Geburt seines Sohnes Noah bezogen. Noah wird tatsächlich ein Mann von enormer Bedeutung für die Menschheitsgeschichte sein, aber nicht so, wie Lamech sich das gedacht hatte. Es ist klar, dass Lamech gehofft hat, Noah (was «Trost» bedeutet) würde der sehnlich er wartete Messias sein.
Es ist von den Alters- und Jahresangaben in Gen 5 her klar, dass Lamech 56 Jahre alt war, als Adam starb. Lamech wird darum einen Bericht aus erster Hand bekommen haben über alles, was im Garten Eden geschehen war und von allen Worten, die Gott gesprochen hatte.
 Dar um ist es sehr interessant, in Vers 5, 29 zu sehen, wie Lamech seine eigene messianische Hoffnung ausdrückt: Er sieht den Messias als den Erlöser, der den Fluch von Adams Fall aufheben wird, und auch all dessen Folgen. Wie bei Eva ist seine Theologie grundsätzlich richtig, aber er hat sie falsch an gewandt. Lamech hat Recht-solch ein Mann wird eines Tages kommen, in Erfüllung der Verheissung in Genesis 3, 15 - aber Noah sollte nicht dieser Mann sein.

_____________
 'a.H. = anno Homini, im Jahre des Menschen, d.h. nach der Erschaffung des Menschen.

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 Genesis 6,1-4
Die menschlichen Geschöpfe waren nicht die einzigen, die den Sinn und die Bedeutsamkeit von Gottes Worten in Genesis 3, 15 verstanden. Satan, an den sich jene Worte richteten, hat sie auch verstanden.
In Genesis 6, 1-4 sehen wir Satans ersten Versuch, Gottes messianisches Programm zu durchkreuzen. Da der Messias Nachfahre einer Frau zu sein hat, musste es Satans Ziel sein, diese Nachkommenschaftslinie zu korrumpieren.

1 Und es geschah, als die Menschen begannen, sich zu vermehren auf der Fläche des Erdbodens, und ihnen Töchter geboren wurden,
2 da sahen die Söhne Gottes die Töchter der Menschen, wie schön sie waren, und sie nahmen sich von ihnen allen zu Frauen, welche sie wollten.
3 Da sprach der HERR: Mein Geist soll nicht ewig im Menschen bleiben, da er ja auch Fleisch ist Seine Tage sollen 120 Jahre betragen.
4 In jenen Tagen waren die Riesen auf der Erde, und auch danach, als die Söhne Gottes zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen [Kinderj gebaren. Das sind die Helden, die in der Vorzeit waren, die berühmten Männer. Genesis 6, 1-4

 Auf Satans Befehl hin sind gefallene böse Engel («die Söhne Gottes») Mischehen mit menschlichen Frauen eingegangen (eine Vorschattung auf die übernatürliche Empfängnis des Antichristen, auf die ebenfalls in Genesis 3, 15 hingewiesen wird). Die Ergebnisse dieser Ehen waren groteske Kreaturen - die Nephilim. Es war das Auftreten dieser diabolischen Kreaturen, die das Gericht der Flut über die Erde brachte.
Durch das Mittel der Flut hat Gott sämtliche Nephilim zerstört und eine Linie erhalten, durch die der Messias geboren werden würde. Da diese Interpretation des Abschnitts von einigen in Frage gestellt wird, findet sich in Anhang 1 eine ausführliche Er klärung dazu.

52 - Messianische Christologie

Die Abstammung von Noah


 Genesis 22,18 - Der Same Abrahams

18 Und in deinem Samen werden sich segnen alle Nationen der Erde dafür, dass du meiner Stimme gehorcht hast.

Genesis 22 beschäftigt sich, zusammen mit vielen anderen Passagen, mit dem abrahamitischen Bund, einem der acht Bundesschlüsse in der Heiligen Schrift. Der Ausdruck «Same» im hebräischen Text wird zwar immer im Singular verwendet, kann aber auf zwei verschiedene Arten gebraucht wer den. Er kann als absoluter Singular benutzt werden, wobei er dann eine individuelle Person meint, oder kann auch als kollektiver Singular auf eine Gruppe bezogen werden.
Im Kontext des abrahamitischen Bundes bezieht sich der «Same», wenn er im kollektiven Sinn gebraucht wird, immer auf die Nation Israel (z.B. 'dein Same soll sein wie die Sterne und der Sand'). Wenn


Messianische Christologie 53

er als absoluter Singular benutzt wird, gilt er einem bestimmten Individuum
— dem Messias.
 Das wird im Neuen Testament vom Apostel Paulus betont: Dem Abraham aber wurden die Verheissungen zugesagt und seinem Nachkom men. Er spricht nicht: «und seinen Nachkommen» wie bei vielen, sondern wie bei einem: «und deinem Nachkommen», [und] der ist Christus.

Galater 3,16
Hier in Galater 3, 16 zitiert Paulus Genesis 22, 18, indem er die Bedeutung von «Same» als absolutem Singular betont und ihn auf Jesus bezieht. In Genesis 3, 15 haben wir erfahren, dass der Messias der «Same der Frau» sein würde. Der Messias würde also menschlich sein. Im abrahamitischen Bund wird dies eingeschränkt darauf, dass der Messias ein Nach komme aus einem bestimmten Zweig der Menschheit sein muss, nämlich ein Nachfahre Abrahams.

Eine zweite Aussage, die in dieser Prophezeiung getroffen wird, ist, dass die Heiden - die Nationen - in Zukunft gesegnet werden durch den Samen Ab rahams. Das wird hier nicht erklärt, wird aber in späteren Prophezeiungen genauer beschrieben (Jesaja 42,1-4 und 49, 6).

Insgesamt sind es sechs verschiedene Passagen, die zum abrahamitischen Bund gehören.
Das sind:
 Genesis 12, 1-3,
 Genesis 12, 7,
 Genesis 13, 14-17,
 Genesis 15, 1-21, 
 Genesis 17, 1-21 und
 Genesis 22, 15-18.
 Eine Studie dieser Abschnitte zeigt, dass es insgesamt 13 spezifische Zusagen in nerhalb dieses Bundes gibt.

Darauf kann hier nicht näher eingegangen wer den, aber wenn man den Bund auf seine grundsätzlichsten Aussagen reduziert, dann könnte man sagen, dass er drei Hauptaspekte hat.
Das sind das Land, der Same und der Segen.
 Der Landaspekt wird in der Schrift im palästinischen Bund weiterentwickelt.
Der Segensaspekt wird im Neuen Testament weiter ausgeführt.
Der Aspekt des Samens wird durch den davidischen Bund noch mehr detailliert, und da der Same für unsere jetzige St die wichtig ist, wird auf den davidischen Bund später bei 1. Chronik 17,10b14 eingegangen. (Das ist in dem Teil über die Schriften, aber es wäre sinnvoll, diese Schriftstelle schon vor dem Teil über die Propheten zu studieren. Einige der Passagen in den Propheten entwickeln tatsächlich Aspekte des davidischen Bundes weiter.)

Genesis 49,10 - Der Same Judas

10 Nicht weicht das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füssen weg, bis er kommt, dem es gehört, und ihm werden die Völker gehorchen.

54 Messianische Christologie

Genesis Kapitel 49 beschreibt die Prophetien, die Jakob über seine Söhne ausgesprochen hat.
In Vers 10 macht er eine prophetische Aussage über Juda. Grundsätzlich bedeutet sie, dass Juda seine Stammesidentität oder sein Recht, über die anderen Stämme zu herrschen, nicht verlieren wird, bevor jemand kommt.
 Der genaue Wortlaut der Aussage variiert zwischen den Übersetzungen. Die meisten Versionen verdunkeln die wirkliche Be deutung, indem sie das Wort «Schiloh» so gebrauchen, als ob es'ein spezi eller Name für den Messias wäre. Das Wort sollte tatsächlich aber als ein Possessivpronomen verstanden werden. Die beste Übersetzung ist wahr scheinlich die der New International Version: «bis er kommt, dem es ge hört».
Eine wörtlichere Übersetzung des Verses würde lauten:
 «Das Zepter wird nicht weichen von Juda, noch der Herrscherstab von zwischen seinen Füssen, bis er kommt, dessen Recht es ist, und für ihn soll der Gehorsam der Völker sein.»
Judas Identität und Recht zu herrschen können nicht verloren gehen, bis er kommt, der das volle Anrecht auf das Zepter hat, den vollen Anspruch auf das Recht zu herrschen. So übersetzt die Septuaginta den Vers, und so tut es auch die syrische Übersetzung.

Diese Lesart des Verses wird weiter gestützt durch Vergleich mit einer Passage in Hesekiel.
25 Du sollst einen Weg machen, damit das Schwert komme nach Rabba der Söhne Ammon und nach Juda, das [nur noch] in Jerusalem befestigt ist.
26 Denn der König von Babel bleibt am Kreuzweg stehen, am Anfang der beiden Wege, um das Losorakel zu befragen; er schüttelt die Pfeile, befragt die Teraphim, beschaut die Leber.
27 In seiner Rechten ist das Losorakel «Jerusalem», dass er Sturmböcke aufstelle, den Mund öffne mit Geschrei, die Stimme erhebe mit Kriegsgeschrei, Sturmböcke gegen die Tore aufstelle, Belagerungswälle aufschütte und Belage rungstürme baue.
Hesekiel 21, 25-27
Hesekiel 21, 25-27 beschäftigt sich vor allem mit dem zweiten Kommen des Messias.
Vers 25 bezieht sich auf den Antichristen, den letzten Heiden, der über Israel herrscht.
In Vers 26 ist mit dem Turban oder der Mitra diejenige des Priesters gemeint (Exodus 28, 4.37.39; 29, 6; 39, 28.31; Leviticus 8, 9; 16, 4) und die Krone ist die Königskrone.
Genauso wie Genesis 49, 10 das königliche Zepter benutzt, um die Autorität, das Recht zu herrschen, darzu stellen, benutzte Hesekiel die Königskrone, um dasselbe darzustellen.
Und es wird genau derselbe Satz verwendet: «bis er kommt, dessen Recht es ist». Dabei sollte man anmerken, dass Hesekiels Bezugnahme auf die priesterliche Mitra anzeigt, dass der Messias sowohl Priester als auch König sein wird.
Darauf wird in Psalm 110 näher eingegangen. Sowohl Priestertum als auch Königsherrschaft werden von Israel weggenommen werden, bis

Messianische Christologie 55

der Messias (zum zweiten Mal) kommt, wenn ihm sowohl Priestertum als auch Königswürde übergeben werden.
Wenn wir zu Genesis 49, 10 und dem ersten Kommen des Messias zurückkehren, können wir sehen, dass dieser Vers drei Aussagen trifft.
Vom Messias ist vorher schon erklärt worden,
dass er ein Mensch sein wird, der Nachfahre Abrahams. Jetzt wird seine Abstammung dahingehend eingeschränkt,
dass er ein Sohn von Juda sein muss.

Ein zweiter  Punkt ist, dass der Messias ein König sein wird.
Das Zepter und der Herrscherstab zeigen Königswürde und Autorität an.
Drittens
 sollte man sehen, dass der Messias kommen muss, bevor der Stamm Juda seine Identität verliert. Das legt klar eine bestimmte Zeitspanne für diese Prophezeiung fest. Die Aufzeichnungen, durch die die stammesmässigen Zugehörigkeiten festgehalten wurden, bewahrte man im jüdischen Tempel auf. Alle diese Aufzeichnungen sind mit der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. verloren gegangen. In nur wenigen Generationen hatten alle Stämme Israels, mit Ausnahme Levis, ihre Identität verloren. Sofort nach 70 n. Chr. haben die Rabbiner Gesetze erlassen, die die Identität des priesterlichen Stammes Levi erhalten würden, aber Juden von anderen Stämmen haben ihre Identität schnell verloren. Da der Stamm Juda seine hervorragende Bedeutung und Identität im Jahre 70 n. Chr. ver loren hat, ist klar zu sehen, dass der Messias einige Zeit vor 70 n. Chr. gekommen sein musste. Es war für den Messias nicht möglich, erst nach 70 n. Chr. zu kommen.

Dieser Vers ist von den Rabbinern einmütig als messianischer Vers ange ehen worden. Zum Beispiel übersetzt ihn der Targum Onkelos (eine aramäische Übersetzung) als: «das Übertragen der Herrschaft soll nicht weichen vom Haus Juda, noch der Herrscherstab von seinen Kindeskindern für immer, bis der Messias kommt, dem das Königreich gehört und dem die Nationen gehorchen sollen.» Onkelos hat diesen Vers klar als messianisch gesehen.
Die Rabbiner haben diesen Vers auch als Quelle für einen der rabbinischen Namen des Messias interpretiert: Schilo. Eine Passage lautet: «Der Messias soll Schilo genannt werden, um anzuzeigen, dass er von einer Frau geboren wurde und darum kein göttliches Wesen sein konnte.» Die Plazenta, in der der Fötus gebildet wird im Mutterleib, wird auf Hebräisch shilyah genannt. Das ist ähnlich wie schiloh, dem hebräischen Wort für Schilo. Das ist eines der rabbinischen Argumente gegen die Göttlichkeit des Messias. Dass er Schilo genannt wurde, hat man sich als einen Hinweis darauf vorgestellt, dass er aus einer shilyah geboren wurde und darum - nach ihrem Denken - einfach nur Mensch war.

56 Messianische Christologie

 Rashi sagte: «Bis König Messias kommen wird, dem das Königreich zu kommt [gemeint ist der Messias], sollen die Nationen suchen.»

Die Midrasch Rabbah zu dieser Passage, 97, lautet wie folgt: «Weiterhin wird der königliche Messias vom Stamm Juda abstammen, wie es heisst [zitiert Jesaja 11,10]. Somit wird vom Stamm Juda, aus dem Salome stammte, der den ersten Tempel baute, und Serubbabel, der den zweiten Tempel baute, auch der königliche Messias abstammen, der den Tempel wieder aufbauen wird. Nun ist über den Messias geschrieben [zitiert Psalm 89, 37]...»

 «... Juda ist ein Löwenjunges. Rabbi Hummah ben Rabbi Hannina sagte: 'Das spielt auf den Messias, den Sohn Davids an, der von zwei Stämmen abstammte, sein Vater von Juda und seine Mutter von Dan, in Verbindung mit dem vom 'Löwen' geschrieben ist' [zitiert Deuteronomium 33, 22]...»

 «... Das Zepter spielt auf den Messias, den Sohn Davids an, der die Nationen züchtigen wird mit einem Stab, wie es geschrieben ist [zitiert Psalm 2,9]...» «... 'bis Schiloh kommt', das zeigt an, dass alle Nationen dem Messias, dem Sohn Davids, ein Geschenk bringen werden, wie es heisst [zitiert Jesaja 18,7]...»

 Die Midrasch Rabbah 98 lautet wie folgt:
 «Dies spielt auf den königlichen Messias an. 'Gehorsam der Völker,' der Messias wird kommen und wird die Nationen der Welt unruhig machen.»

 Die Midrasch Rabbah 98 sagt zu Vers 49, 10 «dem das Königtum gehört» und nimmt damit wiederum «Schiloh» als Possessivpronomen. Es ist daher völlig klar, dass die übereinstimmende rabbinische Ansicht von Genesis 49,10 lautete, dass sich diese Stelle auf den Messias bezieht.


 Numeri 23 + 24 - Die Vorhersagen Bileams

Die Kapitel 22-24 im Buch Numeri berichten uns die Geschichte von Bileam. Bileam war ein heidnischer Astrologe, ein Seher, der aus einer Region Babylons kam. Er hatte sich quer durch die ganze antike Welt einen beacht lichen Ruf aufgebaut. Es war weithin anerkannt, dass «der, den Bileam ver flucht hatte, verflucht war, und der, den Bileam gesegnet hatte, gesegnet war» (22, 1-6, dabei besonders Vers 6 und 22,12).

 Zu diesem Punkt des Auszugs aus Ägypten war Israel an der Grenze von Moab angekommen und war gerade dabei, das verheissene Land zu betreten. Der König von Moab, einer der frühesten Antisemiten der Geschichte, war allerdings gegen die Aussicht, neue Nachbarn zu bekommen, und entschied sich, aktiv zu werden. Er sandte nach Bileam und beauftragte ihn mit einem ansehnlichen Geldbetrag, zu kommen und die Juden zu verfluchen.


Messianische Christologie 57

 Bileam strengt sich sehr an, seinen Auftrag auszuführen, aber jedesmal, wenn er seinen Mund öffnet, um Flüche auszusprechen, ergreift Gott die Kontrolle über seine Zunge, und er findet sich plötzlich dabei wieder, dass er stattdessen die Juden segnet. Die vier Vorhersagen, die er ausspricht, die Ihm von Gott In den Mund gelegt werden, gehen zum grössten Tel! auf das zweite Kommen des Messlas und auf sein Königreich ein. Es gibt aber trotzdem ein paar Aussagen, die für unsere jetzige Studie von Interesse sind.

Die erste Vorhersage- Numeri 23, 7-10

7 Da begann er seinen Spruch und sprach: Aus Aram hat Baiak mich her geführt, von den Bergen des Ostens der König von Moab: Komm, verfluche mir Jakob! Ja, komm und verwünsche Israel!
8 Wie soll ich verfluchen, wen Gott nicht verflucht, und wie verwünschen, wen der HERR nicht verwünscht hat?
9 Denn vom Gipfel der Felsen sehe ich es, und von den Höhen herab schaue ich es; siehe, ein Volk, das abgesondert wohnt und sich nicht zu den Nationen rechnet.
10 Wer könnte zählen den Staub Jakobs und der Zahl nach den vierten Teil Israels ? Meine Seele sterbe den Tod der Aufrichtigen, und mein Ende sei gleich dem ihren!

 Es gibt ein paar Punkte In diesem ersten Orakel, die wert sind, beachtet zu werden. Bileam betont in Vers 8, dass er unfähig Ist, zu verfluchen, wen Gott nicht verflucht hat. Es wird manchmal gesagt, dass es von Israels Gehor sam abhängt, ob es sich des göttlichen Segens erfreuen kann. An diesem speziellen Punkt seiner Geschichte befindet sich Israel zwar Im Ungehor sam, aber trotzdem wacht Gott über es. Unabhängig von seinem Gehorsam oder Ungehorsam wird Israel Immer Gottes erwähltes Bundesvolk bleiben. Gott wird niemals Helden erlauben, Flüche auf es zu legen, die ewige Aus wirkungen hätten (wie es nämlich bei Bileam der Fall gewesen wäre). Gott hat daher In dieser Situation eingegriffen und die Absichten der Menschen zunichte gemacht.

Ein zweiter Punkt Ist In Vers 9 zur Kenntnis zu nehmen. Die jüdische Nation wird nicht als eine Nation als solche zu erkennen sein. Für einen grossen Teil Ihrer Geschichte war es den Juden nicht möglich. In einem eigenen Land zu leben. Während das Land von Kanaan oder Palästina oder besser das Land von Israel den Juden durch göttliches Recht bereits gehört, war Ihre Fähigkeit, das Land auch wirklich einzunehmen, weltgehend von Ihrem Gehorsam gegenüber Gott abhängig. Was Menschen angeht, kann ein Volk ohne Land keine Nation sein, weshalb es In Vers 9 auch heisst: «Sie woh nen alleine ... nicht anerkannt unter den Nationen». Vom göttlichen Ge-

58 Messianische Christologie

 sichtspunkt aus aber wird das Volk von Israel immer eine klar abgegrenzte Nation sein. Es macht dabei keinen Unterschied, ob Israel sich im Land befindet oder im Ausland zerstreut ist. Gott sieht Israel nicht als das Volk einer bestimmten Gegend, sondern als die Nation an, die von Abraham ab stammt. Jude zu sein wird nicht vom Geburtsort oder von religiösen Glau bensansichten bestimmt, sondern ausschliesslich durch die Abstammung. Es ist irrelevant, was ein einzelner Jude glauben oder nicht glauben mag, seine jüdische Identität wird von seiner Abstammung bestimmt. Der Judaismus als eine Religion wird natürlich vom Glauben bestimmt, aber Atheisten und Agnostiker werden sich selbst immer noch Juden nennen aufgrund ihrer Linie von Vorfahren.
In der Zerstreuung sind die Juden jahrhundertelang «nicht anerkannt wor den unter den Nationen» - das heisst, sie haben keinen separaten nationa len Status erhalten. Sie sind amerikanische, polnische oder russische Juden genannt worden und so weiter, was auch gar nicht ganz falsch ist - ein ame rikanischer Jude ist ein Jude, der in Amerika lebt. Aber biblisch gesprochen kann das niemals stimmen - ein Jude kann nie Amerikaner, Pole oder Rus se sein - sondern immer nur ein Jude, wenn auch mit einer recht deutlichen nationalen Identität. Das mag von den Heiden nicht anerkannt werden, aber in Gottes Augen wird Israel immer etwas Besonderes ganz für sich und ein zigartig unter den Nationen der Welt sein.

Als Bileam prophetisch in die Zukunft dieser Nation blickt, sieht er, dass Gottes Endziel für sie eines von überragendem Segen ist, und in Vers 10b drückt er seinen Wunsch aus, diesen Segen zu teilen.

Die zweite Vorhersage - Numeri 23,18-24

4. Mo 23,18 Da hob er seinen Spruch an und sprach: Stehe auf, Balak, und höre! Horche auf mich, Sohn Zippors!
4. Mo 23,19 Nicht ein Mensch ist Gott, daß er lüge, noch ein Menschensohn, daß er bereue. Sollte er gesprochen haben und es nicht tun, und geredet haben und es nicht aufrecht halten?
4. Mo 23,20 Siehe, zu segnen habe ich empfangen; und er hat gesegnet, und ich kann es nicht wenden.
4. Mo 23,21 Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Unrecht in Israel; Jehova, sein Gott, ist mit ihm, und Jubelgeschrei wie um einen König ist in seiner Mitte.
4. Mo 23,22 Gott hat ihn aus Ägypten herausgeführt; sein ist die Stärke des Wildochsen.
4. Mo 23,23 Denn da ist keine Zauberei wider Jakob, und keine Wahrsagerei wider Israel. Um diese Zeit wird von Jakob und von Israel gesagt werden, was Gott gewirkt hat.
4. Mo 23,24 Siehe, ein Volk: gleich einer Löwin steht es auf, und gleich einem Löwen erhebt es sich! Es legt sich nicht nieder, bis es den Raub verzehrt und das Blut der Erschlagenen getrunken hat.

Messianische Christologie 59


 Es werden hier zwei Hauptaussagen gemacht, die sich vor allem in Vers 21 finden. Bileam sieht eine Zeit in der Zukunft, zu der Israel als Nation als sündlos zu sehen sein wird. Zweitens sagt Bileam, dass während dieser Zeit der Sündlosigkeit Gott selbst bei Israel gegenwärtig sein wird als sein König. Diese Prophetien beziehen sich auf das zweite Kommen des Messias, aber es sollte immer noch bemerkt werden, dass Israel eines Tages Gott selbst in der Mitte des Volkes anwesend haben wird, der als König herrscht.

 Die dritte Vorhersage - Numeri 24,3-9

4. Mo 24,3 Und er hob seinen Spruch an und sprach: Es spricht Bileam, der Sohn Beors, und es spricht der Mann geöffneten Auges.
4. Mo 24,4 Es spricht, der da hört die Worte Gottes, der ein Gesicht des Allmächtigen sieht, der hinfällt und enthüllter Augen ist:
4. Mo 24,5 Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, Israel!
4. Mo 24,6 Gleich Tälern breiten sie sich aus, gleich Gärten am Strome, gleich Aloebäumen, die Jehova gepflanzt hat, gleich Zedern am Gewässer!
4. Mo 24,7 Wasser wird fließen aus seinen Eimern, und sein Same wird in großen Wassern sein; und sein König wird höher sein als Agag, und sein Königreich wird erhaben sein.
4. Mo 24,8 Gott hat ihn aus Ägypten herausgeführt; sein ist die Stärke des Wildochsen. Er wird die Nationen, seine Feinde, fressen und ihre Gebeine zermalmen und mit seinen Pfeilen sie zerschmettern.
4. Mo 24,9 Er duckt sich, er legt sich nieder wie ein Löwe und wie eine Löwin; wer will ihn aufreizen? Die dich segnen, sind gesegnet, und die dich verfluchen, sind verflucht!

 Wiederum sind es zwei Punkte, die hier betont werden. Der erste ist eine Beschreibung des zukünftigen Zustandes von Israel — nämlich eines von überragendem Segen. Der zweite Höhepunkt ist die Beschreibung von Isra els zukünftigem König (Vers 7b). Nachdem er die Einzigartigkeit der Nation Israel im ersten Ausspruch vorge stellt hat, fahren der zweite und dritte Ausspruch damit fort, die Einzigartig keit des Königs zu betonen, der eines Tages über diese Nation herrschen wird.

Die Vierte Vorhersage — Numeri 24,15-24

15 Und er begann seinen Spruch und sprach: Es spricht Bileam, der Sohn Beors, und es spricht der Mann mit geöffnetem Auge.
16 Es spricht, der die Worte Gottes hört, der die Erkenntnis des Höchsten besitzt, der ein Gesicht des Allmächtigen sieht, der da liegt mit enthüllten Augen:
17 Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich schaue ihn, aber nicht nahe. Es tritt hervor ein Stern aus Jakob, und ein Zepter erhebt sich aus Israel und zerschlägt die Schläfen Moabs und zerschmettert alle Söhne Sets.
18 Und Edom wird sein Besitz,

60 Messianische Christologie

 und Seir wird sein Besitz, seine Feinde; und israel wird Mächtiges tun.
19 Und einer aus Jakob wird herrschen, und er wird den Uberrest aus der Stadt verioren gehen lassen.
20 Und er sah Amalek und begann seinen Spruch und sprach: Die erste der Nationen war Amaiek, aber sein Ende [führt] zum Untergang.
21 Und er sah die Keniter und begann seinen Spruch und sprach: Fest ist dein Wohnsitz, und auf den Felsen gesetzt ist dein Nest;
22 jedoch ist Kain der Verwüstung verfallen. Wie lange noch! Dann führt Assur dich gefangen weg.
23 Und er begann seinen Spruch und sprach: Wehe! Wer wird am Leben bleiben, wenn Gott das eintreten läset?
24 Und Schiffe [kommen] von der Küste von Kittim und demütigen Assur und demütigen Eber, aber auch das [führt] zum Untergang. —
5 Und Biieam machte sich auf, ging weg und kehrte an seinen Ort zurück; und auch Balak ging seines Weges.

Es ist das vierte der Orakel, das von grösstem Interesse ist, da wir die Prophetien über das erste Kommen studieren. Die Schlüsselprophezeiungen werden in Vers 17a gegeben. Sie bauen auf der Vorhersage auf, die bereits in Genesis 49,10 gegeben wurde.

Ein Stern soll hervorgehen aus Jakob, das ist Israel, und verbunden mit diesem Stern ist ein Zepter, das wie in Genesis 49, 10 für das Königtum steht (wer das Zepter hat, besitzt auch das Recht zu herrschen). Die Bot schaft lautet darum, dass der Messias, wenn er kommt, ein König sein wird. Wie wir noch sehen werden, hat der Messias drei Ämter, wovon eines das des Königs ist.

Die Bedeutung der Schlussworte von Kapitel 24 darf nicht übergangen wer den. Nachdem er sein Werk vollendet hat, kehrt Biieam, der babylonische Astrologe, zu «meinem Volk» (Vers 14) zurück und zu «meinem Ort» (Vers 25). Mit sich nimmt er die Prophezeiung eines Sterns, der die Geburt eines einzigartigen und mächtigen Königs anzeigen wird, der über Israel herr schen wird. Wie wir später in dieser Studie noch sehen werden (in Anhang 6), haben spätere Generationen von Astrologen diese Worte aufgezeichnet und haben Ausschau gehalten nach diesem Stern. Bei seinem Erscheinen sind sie hingegangen und haben den neugeborenen König gefunden und ihn angebetet. Deuteronomium 18,15-19 - Ein Prophet wie Mose 15 Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, erstehen lassen. Auf ihn sollt ihr hören 16 nach allem, was du vom HERRN, deinem Gott, am Horeb erbeten hast am Tag der Ver sammlung, indem du sagtest: ich möchte die Stimme des HERRN, meines

Messianische Christologie 61

 Gottes, nicht länger hören, und dieses grosse Feuer möchte ich nicht mehr sehen, damit ich nicht sterbe! 17 Da sprach der HERR zu mir: Sie haben recht getan [mit dem], was sie geredet haben. 18 Einen Propheten wie dich will ich ihnen aus der Mitte ihrer Brüder erstehen lassen. Ich will meine Worte in seinen Mund legen, und er wird zu ihnen alles reden, was ich ihm befehlen werde. 19 Und es wird geschehen, der Mann, der nicht auf meine Worte hört, die er in meinem Namen reden wird, von dem werde [ich] Re chenschaft fordern.

Deuteronomium 18, 18 enthält eine Verheissung, die Gott Mose gegeben hat. Gott verspricht Mose, dass er einen Propheten aufstehen lassen wird «wie dich». Warum legt Gott genau fest, dass es ein Prophet wie Mose sein wird? Der einzigartige Status von Mose unter den anderen Propheten wird in Numeri 12, 5-8 erklärt.

5 Und der HERR kam in einer Wolkensäule herab und stand im Eingang des Zeltes; und er rief Aaron und Mirjam, und die beiden traten hinaus.
6 Und er sprach; Hört doch meine Worte! Wenn ein Prophet des HERRN unter euch ist, dem will ich mich in einem Gesicht zu erkennen geben, im Traum will ich mit ihm reden.
7 So steht [es] nicht [mit] meinem Knecht Mose. Er ist treu in meinem ganzen Haus;
8 mit ihm rede ich von Mund zu Mund, im Sehen und nicht in Rätselworten, und die Gestalt des HERRN schaut er. Warum habt ihr euch nicht gefürchtet, gegen meinen Knecht, gegen Mose, zu reden?
Numeri 12, 5-8

In dieser Passage lästern Aaron und Miriam gegen ihren Bruder Mose, weil sie nicht mit der Frau einverstanden sind, die er geheiratet hat. Gott selbst tritt daraufhin für Mose ein und erkiärt Moses einzigartige Position vor ihm. Sogar bei grossen Männern wie Elia und Jesaja hat Gott sich nicht direkt offenbart, sondern Träume, Visionen und andere Methoden benutzt. Mose ist der einzige Mensch, der direkte Offenbarung von Gott empfangen hat. Es ist auf dieser Basis geschehen, dass der Judaismus seine Anschauung von der dreifachen Inspiration der Heiligen Schrift entwickelt hat (s. Einleitung). Vorher ist uns gesagt worden, dass der Messias ein König sein wird. Jetzt aber wird uns erklärt, dass er auch ein Prophet sein wird, und nicht ein ge wöhnlicher Prophet, sondern einer, der «Mund zu Mund» mit Gott sprechen wird und der die tatsächliche Gestalt von Jahwe sehen wird. Viele Autoren haben versucht, Listen mit Ähnlichkeiten zwischen Mose und Jesus aufzustellen, dem «Prophet wie Mose». Viele dieser Parallelen sind ziemlich erfunden und etwas phantastisch. Wir können aber auf jeden Fall auf vier klare Ähnlichkeiten zwischen dem Dienst von Mose und dem des Messias hinweisen:


 62 Messianische Christologie

1. Ein Prophet (Numeri 12, 6-6)
 Wie oben erklärt.
2. Ein Erlöser (Exodus 3,10)

In Exodus 3, 1-10 sieht Gott das Leiden des Volkes Israel und erklärt seine Absicht, sie aus dem Land Ägypten zu retten. Mose ist der Mann, den Gott erwählt hat, das Volk aus seiner Gefangenschaft herauszufüh/en. (Man beachte, dass der Engel Jahwes, der in Vers 2 erwähnt wird, im vierten Teil dieser Studie eingehender behandelt wird.) Wie bereits zu sehen war, wird der Messias ebenfalls ein Erlöser sein.

 3. Ein Vermittler (Exodus 20,18-21)
Gott sprach direkt zum Volk Israel (Exodus 19, 16-25). Der Klang seiner Stimme war so überwältigend, dass das Volk Mose bat, für sie zu vermitteln, so dass sie Gottes Stimme nicht mehr hören würden, sondern nur Gottes Worte, die ihnen von Mose wiederholt wurden.

4. Ein Fürbitter (Exodus 32, 7-35)

Während des langen Auszugs aus Ägypten geschah es oft wegen Moses Fürbitte ihretwegen, dass Israel dem Gericht Gottes entkam und überlebte. Das wird besonders klar in Exodus 32, 30-32. Der Messias wird der Gestalt des Mose in jedem dieser vier Gebiete ent sprechen: Er wird ein Prophet sein, ein Erlöser, ein Vermittler und Fürbitter.

 Zusammenfassung des Gesetzes

Die messianischen Prophetien im Gesetz, die sich auf das erste Kommen des Messias beziehen, können in 6 Schlüsselaussagen zusammengefasst werden.

Der Same
Dem Thema des Samens sind wir dreimal begegnet:

1. Der Same der Frau
 Der Messias würde ein Mensch sein, also weder ein Engel noch ein fach Gott als Gott.

2. Der Same Abrahams
Der Messias würde aus einem bestimmten Teil der Menschheit kom men; er würde ein Jude sein, kein Heide.

Messianische Christologie 63


3. Der Same Judas
 Obwohl es zwölf jüdische Stämme gab, würde der Messias aus einem bestimmten dieser Stämme kommen, dem Stamm Juda. Das erfordert, dass der Messias vor der Zerstörung der jüdischen genealogischen Aufzeichnungen im Jahre 70 n. Chr. kommen musste.

Sowohl Gott als auch Mensch
Obwohl Eva fälschlicherweise Kain als den Messias identifiziert hatte, hat sie doch klar verstanden, dass der Messias ein Gott-Mensch zu sein hatte.

 Ein König
 Mehr als einmal wurde das Symbol des Zepters benutzt, um anzuzeigen, dass der Messias ein König sein würde.

Ein Prophet wie Mose
Der Messias würde ein Prophet sein, und zwar ganz speziell ein Prophet wie Mose.

Entfernen des Fluches
Obwohl Lamech fälschlicherweise seinen Sohn Noah als Messias angese hen hatte, hat er doch klar verstanden, dass der Messias, sobald er käme, den Fluch entfernen würde, der durch Adams Sünde über die Erde gebracht worden war.

Ein Fingerzeig auf die Jungfrauengeburt
Obwohl es nicht so klar festgestellt wird wie die obigen fünf Punkte, gibt es in Genesis 3, 15 doch einen Hinweis, dass der Messias von einer Jungfrau geboren werden würde. Der Messias würde als der Same einer Frau be nannt werden und nicht als der eines Mannes. (Fortsetzung folgt)

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Messianische Christologie (2)

Messianische Christologie (1) Eine Studie der hebräischen Prophetie über das erste Kommen des Messias

Jesaja 7,1-17
Geboren von einer Jungfrau

Jes 7,1: Und es geschah in den Tagen Ahas', des Sohnes Jothams, des Sohnes Ussijas, des Königs von Juda, da zog Rezin, der König von Syrien, und Pekach, der Sohn Remaljas, der König von Israel, nach Jerusalem hinauf zum Streit wider dasselbe; aber er vermochte nicht wider dasselbe zu streiten.
Jes 7,2: Und es wurde dem Hause David berichtet und gesagt: Syrien hat sich in Ephraim gelagert. Da bebte sein Herz und das Herz seines Volkes, wie die Bäume des Waldes vor dem Winde beben.
Jes 7,3: Und Jehova sprach zu Jesaja: Geh doch hinaus, dem Ahas entgegen, du und dein Sohn Schear-Jaschub, an das Ende der Wasserleitung des oberen Teiches, nach der Straße des Walkerfeldes hin,
Jes 7,4: und sprich zu ihm: Hüte dich und halte dich ruhig; fürchte dich nicht, und dein Herz verzage nicht vor diesen beiden rauchenden Brandscheit-Stümpfen, bei der Zornglut Rezins und Syriens und des Sohnes Remaljas.
Jes 7,5: Darum, daß Syrien Böses wider dich beratschlagt hat, Ephraim und der Sohn Remaljas und gesagt:
Jes 7,6: Laßt uns wider Juda hinaufziehen und ihm Grauen einjagen und es uns erobern und den Sohn Tabeels zum König darin machen;
Jes 7,7: so spricht der Herr Jehova: Es wird nicht zustande kommen und nicht geschehen.
Jes 7,8: Denn Damaskus ist das Haupt von Syrien, und Rezin das Haupt von Damaskus; und in noch fünfundsechzig Jahren wird Ephraim zerschmettert werden, daß es kein Volk mehr sei.
Jes 7,9: Und Samaria ist das Haupt von Ephraim, und der Sohn Remaljas das Haupt von Samaria. Wenn ihr nicht glaubet, werdet ihr, fürwahr, keinen Bestand haben!
Jes 7,10: Und Jehova fuhr fort, zu Ahas zu reden, und sprach:
Jes 7,11: Fordere dir ein Zeichen von Jehova, deinem Gott; fordere es in der Tiefe oder oben in der Höhe.
Jes 7,12: Und Ahas sprach: Ich will nicht fordern und will Jehova nicht versuchen.
Jes 7,13: Da sprach er: Höret doch, Haus David! Ist es euch zu wenig, Menschen zu ermüden, daß ihr auch meinen Gott ermüdet?
Jes 7,14: Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären, und wird seinen Namen Immanuel heißen.
Jes 7,15: Rahm und Honig wird er essen, wenn er weiß, das Böse zu verwerfen und das Gute zu erwählen.
Jes 7,16: Denn ehe der Knabe weiß, das Böse zu verwerfen und das Gute zu erwählen, wird das Land verlassen sein, vor dessen beiden Königen dir graut.
Jes 7,17: Jehova wird über dich und über dein Volk und über das Haus deines Vaters Tage kommen lassen, wie sie nicht gekommen sind seit dem Tage, da Ephraim von Juda gewichen ist – den König von Assyrien
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Die Kapitel 7-12 bilden bei Jesaja eine einzige Einheit, die manchmal als das «Buch vom Immanuel» bezeichnet wird, weil der Name «
Immanuel» dreimal im hebräischen Text erscheint
(7, 14; 8, 8.10).
Die erste Prophetie, die wir in diesem Abschnitt der Bibel betrachten wollen, beschäftigt sich mit der Geburt Immanuels.
In der Bibel zeigen sich die Gedanken der Eltern in der Bedeutung des Namens, den sie ihrem Kind geben.
Und wenn Gott selbst ein Kind benennt, wie hier, dann zeigt dessen Name seine innerste Natur. «Immanuel» bedeutet «mit uns, Gott».
Der Charakter des Kindes wird sein «Gott unter uns».

Wie in unserer Diskussion von Genesis 3,15, so ist auch Jesaja 7,13-14 eine Prophezeiung, die sich auf die jungfräuliche Empfängnis und Geburt des Messias bezieht.
Es ist vielleicht die am gegensätzlichsten ausgelegte der messianischen Prophetien und erfordert darum eine genauere textliche Analyse als andere.
Die genaue Bedeutung dieser Passage wird von Rabbinern, liberalen Theologen und sogar einigen evangelikalen Theologen bestritten.
Die Passage spricht von einem «Zeichen: Eine Jungfrau wird schwanger sein».

Es gibt hier zwei Streitpunkte:

1. Das Zeichen

Da der Kontext des Kapitels eine sich schnell erfüllende Prophezeiung erfordert, die König Ahas ein Zeichen gibt,
wie kann sie auf die Geburt eines Kindes bezogen werden, das erst etwa 700 Jahre später geboren wurde, wie in Matthäus 2, 22-23 erklärt wird?

2. Das hebräische Wort «almah»

Bedeutet es wirklich «Jungfrau» oder einfach eine junge, unverheiratete Frau?
Wir werden uns mit diesen beiden umstrittenen Fragen beschäftigen, bevor wir über den Sinn des Textes selbst sprechen.

Da Jesaja 7,13-14 ein sofortiges Zeichen an König Ahas erfordert, haben viele Evangelikale diesen Vers als ein Beispiel von «doppelter Erfüllung» angesehen.
Dieses Prinzip besagt, dass eine Prophetie mehr als eine Erfüllung haben kann.
Demgemäss kann dieser Vers also sowohl ein Zeichen für König Ahas als auch das Zeichen aus Matthäus 2, 22-23 (die Geburt von Jesus) sein.

Der Verfasser dieses Artikels akzeptiert das Prinzip der doppelten Erfüllung weder hier noch an irgendeiner anderen Stelle der Bibel.
Wenn dieser Grundsatz nämlich zutreffen würde, bestünde überhaupt keine wirkliche Notwendigkeit für die Jungfrauengeburt.

Es gibt noch ein anderes, besseres Auslegungsprinzip für biblische Texte, nämlich dasjenige der «doppelten Bezugnahme».
Dieses Prinzip besagt, dass ein Abschnitt der Heiligen Schrift, der sich mit einer Person, einem Ereignis und einer Zeit befasst, von einem anderen Schriftabschnitt gefolgt werden kann, der sich mit einer anderen Person oder Zeit bzw. Ort beschäftigt, ohne dass dabei eine klare Trennung zwischen den beiden Blöcken gemacht oder auf eine Lücke zwischen ihnen hingewiesen wird. Die Tatsache eines solchen Zeitsprungs ist von anderen Schriftstellen her bekannt. Es gibt hier daher zwei verschiedene Prophezeiungen, die Seite an Seite stehen und jede ihre eigene Erfüllung haben - aber eben nur eine Erfüllung pro Prophetie. «Doppelte Erfüllung» bedeutet, dass eine Weissagung zwei Erfüllungen haben kann. «Doppelte Bezugnahme» besagt demgegenüber, dass ein Teil der Schrift tatsächlich zwei Prophetien beinhalten kann, die jede ihre eigene Erfüllung haben. Wie später erklärt werden wird, enthält Jesaja 7, 13-17 zwei ziemlich verschiedene Prophetien mit unterschiedlichen Zielsetzungen, die unterschiedliche Erfüllungen zu verschiedenen Zeitpunkten haben. Die grösste Debatte ist natürlich über die genaue Bedeutung des hebräischen Wortes almah entstanden, hier mit Jungfrau übersetzt. Um eine junge Frau zu beschreiben, hätte Jesaja drei verschiedene Worte gebrauchen können:

1. .Na 'a'rah Na'a'rah bedeutet junge Frau und kann sich entweder auf eine Jungfrau (1. Könige 1,2) oder eine Nicht-Jungfrau beziehen (wie in Ruth 2, 6).

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(2) Wir unterscheiden direkte und indirekte messianische Verheissungen. Die direkten erfüllen sich direkt nur im Messias (Beispiel: Psalm 110),
die indirekten beziehen sich zuerst auf einen Typus des Messias zur Zelt des Schreibers (Vorerfüllung) und haben eine Enderfüllung zur Zeit des Messias. Nach der Überzeugung der Redaktion gibt es mehr indirekte als direkte messianische Verheissungen. Red.

Von diesem Ausdruck nimmt man im allgemeinen an, dass er
- und zwar ausschliesslich
- eine Jungfrau bedeutet. Es wird argumentiert, dass Jesaja, wenn er wirklich eine Jungfrau gemeint habe, er dieses Wort verwendet hätte.
Es ist zwar wahr, dass dieses Wort oft im Sinne von Jung frau gebraucht wird, aber nicht immer. Zum Beispiel:

I.. In Joel 1,18 wird es mit Bezug auf eine Witwe gebraucht.
II. In Genesis 24,16 fügt der Schreiber, weil das Wort eben nicht exklusiv «Jungfrau» meint, den Satz «hatte niemals einen Mann erkannt» hinzu, um klarzumachen, was er meint.
II. Nochmals muss auch in Richter 21, 12 der Satz «hatte keinen Mann erkannt» hinzugefügt werden, um die genaue Bedeutung wiederzugeben.

3. Almah


Almah bedeutet eine Jungfrau, eine junge Jungfrau, eine Jungfrau im heiratsfähigen Alter.
Dieser Ausdruck wird siebenmal in den hebräischen Schriften gebraucht, ohne auch nur ein einziges Mal eine verheiratete Frau zu beschreiben - dieser Punkt ist unumstritten.

I. Genesis 24, 43. Im Kontrast zur oben erwähnten Stelle 24,16 erfordert Vers 43 keine hinzugesetzten erklärenden Bemerkungen, da das Wort schon allein ausreicht, um «Jungfrau» auszudrücken. Ausserdem wird es von Rebekka benutzt, die zum Zeitpunkt ihrer Verheiratung mit Isaak ganz offensichtlich noch eine Jungfrau war.

II Exodus 2, 8. In Bezugnahme auf Miriam, die Schwester Moses, benutzt, die eine Jungfrau war.

III. Psalm 68, 25. Gebraucht in bezug auf die königliche Prozession von Jungfrauen. Da der König in diesem Textzusammenhang Gott selbst ist, ist völlige Jungfräulichkeit gefordert; es ist undenkbar, dass Gott unzüchtige unverheiratete Frauen in seiner Prozession zulassen würde.

IV . Hohelied 1, 3. Der Kontext hier ist Reinheit in der Ehe.

V. Hohelied 6, 8. Das Wort wird hier im Gegensatz zu Ehefrauen und Konkubinen gebraucht, die offensichtlich nicht Jungfrauen sind.

VI . Sprüche 30, 18.19. Der Begriff wird in Vers 19 im Kontrast zu einer Ehebrecherin in Vers 20 benutzt.

VII. Jesaja 7, 14. Da alle oben genannten sechs Verse eine «Jungfrau» meinen, welchen Grund gibt es, Jes 7, 14 zur einzigen Ausnahme zu machen? (3)
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(3) 'Wenn wir, wie der Kontext zeigt, eine Geburtsankündigung in nächster Zukunft zu erwarten haben (Jes 7, 15!.), und wenn Jes 7, 14 zugleich den Messias meint, muss almah sowohl


Da jedermann darin übereinstimmt, dass almah eine unverheiratete Frau bezeichnet, würde, wenn die Frau in Jes 7, 14 eine Nicht-Jungfrau wäre, Gott ein Zeichen, das Unzucht und Illegitimität beinhalten würde,
versprechen. Es ist undenkbar, dass Gott Sünde sanktionieren würde, und abgesehen davon, was wäre so ungewöhnliches an einem illegitimen Baby, dass es überhaupt ein Zeichen ausmachen könnte?

Was die antiken jüdischen Schriftsteller angeht, so gab es keinen Streit darum, dass Jes 7,14 eine Jungfrauengeburt vorhersagt. Die Septuaginta ist eine griechische Übersetzung der hebräischen biblischen Schriften, die ungefähr 200 Jahre v. Chr. angefertigt wurde, 200 Jahre, bevor die Frage nach Jesu Messianität überhaupt auftauchte. Die Juden, die diese Übersetzung machten und viel näher an den Zeiten von Jesaja lebten als wir es heute tun, übersetzten Jes 7, 14, indem sie das griechische Wort
 parthenos gebrauchten, das sehr klar und ausschliesslich eine Jungfrau meint.

Es kann darum keinen Zweifel daran geben, dass es sich bei dem einzigartigen Ereignis, das Gott als Zeichen verheisst, um die wundersame Empfängnis eines Sohnes von einem Mädchen, das noch Jungfrau ist, handelt.

Zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte war ein Königreich dabei, sich zu erheben, das die kleineren Reiche des Mittleren Ostens bedrohte
- das Assyrische

Reich. Unter diesen kleineren Königtümern waren Syrien (oder Aram), das nördliche Reich von Israel (oder Ephraim) und das südliche Reich von Juda.

Die Könige von Israel und Syrien vereinigten ihre Kräfte gegen ihren gemeinsamen Feind (Verse 1-2), aber sie hatten immer noch nicht genug militärische Macht, um der assyrischen Attacke zu widerstehen.
Sie luden Juda ein, sich Ihnen anzuschliessen, aber Ahas, der König von Juda, lehnte das ab.

Israel und Syrien verschworen sich daraufhin, Ahas den Thron zu nehmen, aber nicht nur Ahas allein (sonst hätten sie vielleicht Erfolg gehabt), sondern sie wollten auch das ganze Haus Davids absetzen (das ist die Betonung in Vers 2). Anschliessend wollten sie eine neue Dynastie in Juda aufrichten, die eher zu einer Allianz gegen Assyrien geneigt wäre.


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junge Frau wie Jungfrau heissen, sonst haben wir 2 Jungfrauengeburten, eine im Alten und eine im Neuen Testament. Red.


Das ist dann ein direkter Angriff auf Gottes ewigen Vertrag mit David. Er ist daher zum Scheitern verurteilt. (Der davidische Bund wird unter 1. Chronik 17,10b-14 im Abschnitt über die Schriften" besprochen.)

Ahas ist kein Verehrer des einen, wahren Gottes, sondern ist in Götzendienst gefallen und fürchtet sich sehr vor dem näherrückenden Angriff (Vers 2).
In den Versen 3-9 gibt Gott eine Botschaft für Ahas.
In Vers 3 wird Jesaja damit beauftragt, Ahas zu treffen, der die Wasservorräte für eine Belagerung inspiziert.
Jesaja hat auch seinen Sohn mitzunehmen.
Sein Sohn heisst
 Schear-Jaschub,
 was bedeutet «ein Überrest wird zu rückkommen».
Die Begründung, weshalb er seinen Sohn mitzunehmen hat, wird nicht vor den Versen 15-16 erklärt.

In den Versen 4-6 wird die Botschaft übermittelt, die die Verschwörung beschreibt, und Ahas ermutigt, sich nicht zu fürchten.
Die Verschwörung besteht daraus, Ahas zu stürzen und ihn durch den Sohn des
 Tabeel zu ersetzen.
Jesaja war ein Meister der hebräischen Sprache und liebte es, Wortspiele anzustellen.
Das tut er hier in Vers 6.
 Tabeel bedeutet «Gott ist gut». Indem er das Vokalmuster nur ganz leicht variiert, verändert Jesaja das zur Bedeutung «gut für nichts».
Derjenige, dessen Name lautet «Gott ist gut», wird sich als «gut für nichts» herausstellen. Wegen des davidischen Bundes kann keine Verschwörung gegen das Haus David jemals Erfolg haben.
Gott stellt das klar in Vers 7 fest, und in den Versen 8-9 wird Gott die zwei Könige richten, die an der Verschwörung beteiligt waren.

Aber Ahas ist ein Götzendiener, der Gott nicht vertraut und der bereits seine eigenen Arrangements gemacht hat.
Er hat Briefe und Geschenke an den assyrischen Kaiser geschickt, in denen er ihn um Hilfe bei seiner Verteidigung gegen diese beiden Könige bittet.
Er hat grösseren Glauben an das Assyrische Reich als an den Gott Israels.

So spricht Gott in Vers 10 ein zweites Mal.
Er bietet Ahas ein Zeichen an — wessen auch immer es bedürfen würde, um Ahas zu überzeugen, sich nicht zu fürchten, nicht den Assyrern, sondern Gott zu vertrauen
- was auch immer es brauchte, lasst ihn darum bitten und Gott wird es für ihn tun.
Das Wort «Zeichen» meint nicht an sich ein Wunder, es könnte ein Wunder oder ein natürliches Zeichen sein.
Im Kontext ist dabei aber klar, dass ein Wunder nötig sein würde, um Ahas zu überzeugen. Gott bietet ihm ein Zeichen an, wo auch

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(4) Der Ausdruck «Schriften» bezieht sich hier speziell auf die Gliederung der hebräischen Bibel. Die «Schriften» stellen den 3. Teil dar und sind folgende Bücher: Psalmen, Hieb, Sprüche, Ruth, Hohelied, Prediger, Klagelied, Esther, Daniel, Esra, Nehemia und die Chroniken (in dieser Reihenfolge). Red.


immer er es will - im Himmel, auf der Erde, unter der Erde - was auch immer es brauchte, um ihn zu überzeugen.

Als Antwort wird der götzendienerische Ahas plötzlich sehr geistlich.
In Vers 12 lehnt er es ab, Gott «auf die Probe zu stellen» oder zu «versuchen». Das ist eine Bezugnahme auf 5. Mose 6,16 (auch noch im Götzendienst war sich Ahas des wahren Gottes nicht unbewusst!), aber er wendet es falsch an. 5. Mose 6, 16 warnt davor, Gott um ein Zeichen zu bitten, aber hier bietet Gott ein Zeichen an und Ahas ist dazu eingeladen, darauf zu antworten. Ahas will kein Zeichen, damit es nicht zustande käme und er gezwungen wäre, seinen Bund mit Assyrien aufzugeben. Hierauf folgen die entscheidenden Verse, nämlich 13 und 14.
In Vers 13 wendet sich Jesaja davon ab, Ahas als Individuum anzureden, und spricht das ganze Haus Davids an.
Die englische Sprache unter scheidet nicht zwischen dem «Du», das sich an eine Person, und dem «Ihr», das sich an viele Menschen richtet (5)

Im Hebräischen gibt es aber einen Unterschied und es gibt einen klaren Wechsel zwischen dem
«Du» im Singular in den Versen 9,10,11,16,17 und dem
«Du» im Plural in den Versen 13-14.


Das Zeichen ist darum nicht nur für Ahas, sondern für das ganze Haus Davids.
Das wird klarer, wenn wir die Passage wiedergeben mit genauer Bezeichnung der Worte im Singular (Sg) und Plural (Pl):

Und wie Samaria das Haupt ist in Ephraim, so soll der Sohn Remaljas das Haupt zu Samaria sein. Glaubst du (
Sg) nicht, so bleibt du (Sg) nicht.
Und Jehova redete abermals zu Ahas und sprach: Fordere dir (
Sg) ein Zeichen von Jehova, deinem Gott, es sei unten in der Hölle oder droben in der Höhe!

Aber Ahas sprach: Ich will's nicht fordern, dass ich Jehova nicht versuche.
Da sprach er: Wohlan, so höret, ihr vom Hause David: Ist's euch (
Pl) zu wenig, dass ihr (Pl) die Leute beleidigt, ihr müsst auch meinen Gott beleidigen?
Darum so wird euch (
Pl) Jehova selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie heissen Immanuel. Butter und Honig wird er essen, wenn er weiss. Böses zu verwerfen und Gutes zu erwählen. Denn ehe der Knabe lernt Böses verwerfen und Gutes erwählen, wird das Land verödet sein, vor dessen zwei Königen dir (Sg) graut. Aber Jehova wird über dich (Sg), über dein Volk und über deines Vaters Haus Tage kommen lassen, die nicht gekommen sind, seit der Zeit, da Ephraim von Juda geschieden ist, durch den König von Assyrien.

In Vers 14 wird mit dem hebräischen Ausdruck «Siehe» ein Wort gebraucht, das die Aufmerksamkeit auf ein Ereignis zieht, das an sich so wohl in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft sein könnte.

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(5) Dies wird im Deutschen zwar unterschieden, eine Prüfung zeigt aber, dass die deutschen Übersetzungen hier nicht immer exakt sind.


Grammatikalisch ist es allerdings so, dass immer dann, wenn «siehe» mit einem hebräischen Partizip Präsens gebraucht wird, auf ein zukünftiges Ereignis Bezug genommen wird. Das ist der Fall hier. Nicht nur die Geburt, sondern auch die Empfängnis selbst ist Zukunft. Die Aussage bezieht sich nicht auf eine schwangere Frau, die dabei ist, zu gebären. (6)
Der Text sagt ausdrücklich «
die Jungfrau» (die Elberfelder Bibel, NIV und NKJV sind an diesem Punkt korrekt;
die Luther-Bibel und NASB (7) sagt wie die meisten Übersetzungen «eine Jungfrau», was falsch ist).

Gemäss den Regeln der hebräischen Grammatik sollte der Leser, wenn er die Benutzung eines bestimmten Artikels {die) findet, nach einem Bezug im unmittelbaren vorherigen Kontext suchen.

Nachdem wir der Passage von Kapitel 7, 1 an gefolgt sind, hat es aber keine Erwähnung von irgendeiner Frau gegeben.
Nachdem die Suche im unmittelbaren Textzusammenhang erfolglos war, kommt als
 zweite Regel das «Prinzip der vorherigen Bezugnahme»,
also etwas, worauf viel früher eingegangen worden war und was als Allgemeinwissen unter den Beteiligten vorausgesetzt werden kann.
Wo in der jüdischen Schrift oder Tradition gibt es irgendeinen Begriff von «
der Jungfrau, die einen Sohn gebiert
»?
Der einzige mögliche Bezug ist Genesis 3, 15. Im Gegensatz zur biblischen Norm würde der Messias nach der Nachkommenschaft der Frau benannt werden.
Warum?
Deswegen, weil er keinen menschlichen Vater haben würde; die Seinige würde eine jungfräuliche Empfängnis und Geburt sein.

Der Schlüsselgedanke hiervon darf nicht verfehlt werden. Gott verspricht, dass das Haus Davids nicht abgesetzt werden oder seine Identität verlieren kann bis zur Geburt des von einer Jungfrau geborenen Sohnes. Das wiederum erfordert, dass der Messias vor der Zerstörung des Tempels und seiner genealogischen Aufzeichnungen 70 n. Chr. geboren werden musste.

Nachdem wir geschlossen haben, dass Jesaja 7, 12-14 eine langfristige Prophezeiung über die Geburt des Messias ist, bleibt dabei immer noch ein Problem übrig. Was ist mit Ahas? Ein Ereignis, das 700 Jahre in der Zukunft liegt, ist von geringer Bedeutung für ihn. Aber es gibt noch ein zweites Zeichen, in den Versen 15-17, und dieses Mal Ist es speziell für Ahas.
 Das «Du» in Vers 16 steht wieder im Singular und meint Ahas.
Bevor Jesajas Sohn alt genug sein wird, moralische Entscheidungen

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(6) Hier gehen die Meinungen der Kommentatoren auseinander. Wenn man hier eine indirekte messianische Weissagung sieht, erwartet man eine Vorerfüllung In Jesajas Zeit und eine Enderfüllung zur Zeit des Messias. In diesem Fall bezieht sich V. 14 zuerst auf eine schwangere Frau in Jesajas Zeit. Red. 'New International Version und New King James Version; New American Standard Bible (Anm. d. Übers.)



zwischen gut und böse anzustellen, werden die Könige von Israel und Syrien abgesetzt und ihre Bedrohung damit entfernt werden. Dies wurde binnen drei Jahren erfüllt. Jesaja verwendet wiederum den bestimmten Artikel vor dem Ausdruck «Junge». Diesmal gibt es einen anderen Jungen, der im Kontext erwähnt wird: Jesajas Sohn.
Der Junge von Vers 16 kann nicht der Sohn aus Vers 14 sein,
sondern bezieht sich zurück auf Jesajas Sohn in Vers 3.
Warum hätte ihn Jesaja sonst mitnehmen sollen? (8)

In Jesaja Kapitel 7 befindet sich Ahas, der König von Juda, unter der Drohung eines Angriffs. Diese Bedrohung gilt nicht nur ihm persönlich, sondern richtet sich gegen das ganze Haus Davids. Durch den Propheten Jesaja fordert Gott König Ahas auf, beruhigt zu sein und sich nicht zu fürchten. Zwei Gründe werden gegeben, zwei Zeichen, die Gottes Verheissung von Sicherheit garantieren.

Das erste Zeichen, in den Versen 13 und 14, ist, dass kein Versuch, das Haus Davids zu zerstören, Erfolg haben wird bis zur Geburt eines von einer Jungfrau geborenen Sohnes (der Ausdruck «Jungfrau» wird sowohl vom hebräischen Vokabular als auch vom Kontext gefordert).
Das zweite Zeichen, in den Versen 15 und 16, wird Ahas persönlich gegeben. Gott verspricht, dass der Angriff gegen ihn von Israel und Syrien keinen Erfolg haben wird, und dass die beiden feindlichen Könige aufhören werden, zu existieren, bevor Jesajas Sohn Schear-Jaschub ein Alter von moralischer Reife erreicht.

Jesaja 7, 14 lehrt:

• Der Messias wird von einem Mädchen geboren werden, das noch Jungfrau ist; die Erklärung von Genesis 3, 15.
• Der Messias wird ein Gott-Mensch sein.
• Der Messias wird ein König sein.
• Der Messias muss vor der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. geboren werden.

Jesaja 8, 9-10
Die Verheissung des Immanuel


Jes 8,9 Tobet, ihr Völker, und werdet zerschmettert! Und nehmet es zu Ohren, alle ihr Fernen der Erde! Gürtet euch und werdet zerschmettert, gürtet euch und werdet zerschmettert!
Jes 8,10 Beschließet einen Ratschlag, und er soll vereitelt werden; redet ein Wort, und es soll nicht zustande kommen; denn Gott ist mit uns.

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(8)
Siehe diesbezüglich frühere Fussnoten der Redaktion.


Jesaja Kap. 7 beschreibt, wie König Ahas unter der Androhung eines An griffs stand. Diese Drohung richtete sich zunächst gegen König Ahas selbst, aber auch gegen das Haus von König David. Als Gott seinen Bund mit David schloss, hatte er ihm eine ewige Dynastie verheissen (vgl. die Diskussion zu 1. Chronik 17, 10b-14 im Abschnitt über die Schriften). Dieser Bund versicherte dem Haus Davids Gottes Schutz.
Gottes Antwort in Jesaja 7 bestand darin, König Ahas ein Zeichen anzubieten, das ihm seine Sicherheit bestätigen sollte, und noch ein weiteres Zeichen anzubieten, das den Fortbestand des Hauses Davids beglaubigen sollte.
Der Kerngedanke lautete also, dass Gott sich vorgenommen hatte, die Linie Davids zu bewahren, bis «die Jungfrau empfangen und einen Sohn gebären und seinen Namen Immanuel nennen soll».
Es ist daher klar, dass alle Verschwörungen und Aufstände gegen das Haus Davids zum Scheitern verdammt sind,
bis diese Geburt stattfindet. Das ist auch der Punkt, der in Jesaja 8, 9-10 bestätigt wird.

Die Stossrichtung dieser beiden Verse geht allerdings in den englischen Übersetzungen verloren, weil sie es verfehlen,
«Immanuel» als wirklichen Eigennamen wiederzugeben.
Der Name bedeutet zwar «
Gott mit uns», aber es ist falsch,
in Vers 10 statt des Namens die Übersetzung anzugeben. Es ist dasselbe Wort wie in 7, 14 und 8, 8 und sollte hier genauso wie dort wiedergegeben werden: Immanuel. Was gesagt wird, lautet nämlich «greift an, wenn ihr wollt, aber ihr werdet besiegt werden wegen Immanuel».

Bis zur jungfräulichen Geburt des Messias verspricht Gott die Sicherheit und Identität des Hauses David zu erhalten. 70 n. Chr. wurde der Tempel in Jerusalem zerstört, und mit ihm gingen auch alle genealogischen Aufzeichnungen Israels verloren.
Seit 70 n. Chr. ist es nicht mehr möglich gewesen, die Nachkommen des Hauses Davids zu identifizieren.
Wenn die Verheissung, die in Jesaja 8,10 gegeben wird, wahr ist, dann folgt daraus, dass der Messias vor 70 n. Chr. geboren worden sein muss.

Jesaja 8, 10 lehrt:

• Der Messias muss vor der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. geboren werden.

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'So z.B. auch die Elberfelder Übersetzung.



Jesaja 9,6-7
Uns ist ein Sohn gegeben


Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; er heisst Wunderbar, Rat, Held, Ewig-Vater, Friedefürst; auf dass seine Herrschaft gross werde und des Friedens kein Ende auf dem Stuhl Davids und in seinem Königreich, dass er's zurichte und stärke mit Gericht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer Jehova Zebaoth.

Die Kapitel 7-12 bei Jesaja umfassen den fünften grösseren Teil des Buches und bilden eine einzige Einheit, die manchmal als «Das Buch vom Immanuel» bezeichnet wird. Der Name «Immanuel» erscheint dreimal in diesem Abschnitt, nämlich in den Versen 7, 14; 8, 8 und 8, 10, aber die Einheit als ganze beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten des Messias. Die beiden Verse, die hier diskutiert werden, gehen vor allem auf den Ursprung des Messias ein, sowohl den menschlichen als auch den göttlichen.

Jesaja 9, 6a betont das Menschsein des Messias (seine Messianität wird dabei in Vers 7 gezeigt). Jesaja sieht einen Sohn, der von Gott gegeben und in die menschliche Welt geboren wird, genauer noch in die jüdische Welt. Der Satz «Uns ist ein Sohn gegeben» betont im Alten Testament ein einzigartiges Geschenk Gottes. Das ist derselbe Sohn wie in Psalm 2, auf den später eingegangen wird.

In 9, 6b werden dem Sohn vier Namen
 gegeben, von denen jeder zwei Teile hat. Jeder dieser Namen ist auf Gott anwendbar, wobei drei davon exklusiv nur Gott meinen können.

1. Wunderbarer Ratgeber (Peie - Yoeitz)
In manchen Übersetzungen wird ein Komma zwischen diese beiden Worte gesetzt, so dass sie zu zwei getrennten Namen werden. Das Wort «wunderbar» steht im Status Constructus und sollte deswegen mit Ratgeber zusammengenommen werden. Es gibt einige Worte im Hebräischen, die nur in bezug auf Gott gebraucht werden und nie für Menschen. Ein Beispiel ist barah, was «erschaffen» bedeutet. Es wird nur von Gott und dem, was er tut, verwendet, niemals von dem, was der Mensch tut. Ein anderes Wort wie dieses ist pe/e, was im Englischen mit «wunderbar» wiedergegeben wird. Im Englischen kann «wunderbar» ganz frei für verschiedene Dinge benutzt werden, aber im Hebräischen ist es exklusiv für das reserviert, was göttlich ist.


2. Mächtiger Gott (El-Gibbor)
Dieser Ausdruck wird offensichtlich nie für einen blossen Menschen verwendet.


3. Ewiger Vater (AvI-Ad)
Wörtlich: Vater der Ewigkeit. Der Sohn, der geboren werden wird, wird der Vater der Ewigkeit sein, was bedeutet, dass er die Quelle ewigen Lebens ist. Von daher ist klar, dass es kein blosser Mensch sein kann.

4. Friedefürst (Sar—Schalom)
Dies ist der einzige der vier Namen, der sowohl für Menschen als auch für Gott verwendet werden kann. Ausserdem werden alle diese Namen auch noch anderswo im Buch Jesaja verwendet und beziehen sich in jedem Fall auf Gott, niemals auf Menschen.

1. Wunderbarer Ratgeber
Dieser Ausdruck findet sich auch in Jesaja 25, 1 «Ich will deinen Namen preisen, denn du hast wunderbare Dinge getan, (sogar) Ratschlüsse von alters her ...» und in Jesaja 28, 29 «Auch dies geht aus von Jahwe der Heerscharen, der wunderbar im Ratschluss ist ...». In beiden Fällen bezieht sich der Ausdruck klar auf Gott.

2. Mächtiger Gott
Diese Bezeichnung findet sich schon im nächsten Kapitel, in Jesaja 10, 21 «zum mächtigen Gott». Es gibt viele liberale Theologen, die Einwände gegen diesen Begriff des Messias als eines Gott-Menschen vorbringen. Wenn sie Verse wie Jesaja 9, 6 übersetzen, sind sie gezwungen, in den Text einzugreifen, um ihre eigenen Vorannahmen zu rechtfertigen.

3. Ewiger Vater
Das kann mit Jesaja 63, 16b verglichen werden «... du, Jahwe, bist unser Vater; unser Erlöser von Ewigkeit her ist dein Name.» (Luther) Dieselben Worte, die in Jesaja 9, 6 verwendet werden, sind auch in diesem Satz zu sehen, wo sie eindeutig für Gott gebraucht werden.

4. Friedefürst
Jesaja 26, 3 sagt: «Bewährten Sinn wirst du in Frieden bewahren». Das Objekt und Subjekt dieses Satzes ist Gott selbst. Auch in Jesaja 26, 12

Messianische Christologie 73

wird das Werk des Friedens wieder Gott zugeordnet: «Herr, du wirst uns Frieden geben ...». Wie oben schon gesagt wurde, wird der vierte Name «der König des Friedens» im hebräischen Text manchmal auch für Menschen verwendet. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit allerdings auf das Buch Jesaja beschränken, dann ist das Werk des Friedens allein Gottes Werk. Jesaja 9, 6 stellt uns ein Wesen vor, das sowohl Gott als auch Mensch ist. Jesaja 9, 7 zeigt uns, dass diese Person der Messias Israels ist: Er wird auf dem Thron Davids sitzen. Vers 7 ist eine weitere Bestätigung des davidischen Bundes (der in 1. Chronik 7, 10b-14 im Abschnitt über die Schriften studiert wird). Im davidischen Bund hat Gott vier Dinge verheissen:

1. Ein ewiges Haus bzw. Dynastie
2. Ein ewiges Königreich
3. Ein ewiger Thron
4. Ein ewiger Sohn


Jesaja 9, 7 bestätigt ausserdem, dass Davids Haus, Königreich und Thron ewig erhalten bleiben werden durch den ewigen Sohn.

Jesaja 9, 6 lehrt:
• Der Messias wird ein König sein.
• Der Messias wird sowohl Gott als auch Mensch sein.
• Der Messias muss vor 70 n. Chr. erscheinen wegen der Erfordernisse des davidischen Bundes und der Zerstörung des Tempels.

Jesaja 11,1-2
Der Stumpf Isais


Und es wird eine Rute aufgehen von dem Stamm Isais und ein Zweig aus seiner Wurzel Frucht bringen, auf welchem wird ruhen der Geist des HERRN, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des HERRN.

Die Betonung in Vers 1 liegt auf der niedrigen Herkunft des Messias. Es wird das Bild eines Baumes gegeben, der abgehauen worden ist und nur noch einen toten Stumpf übrig gelassen hat. Ein einzelner Spross bleibt, der tief, nahe am Boden wächst, bis er schliesslich Frucht bringt. Es ist interessant, dass speziell diese Prophezeiung nicht den Namen Davids, sondern den von Jesse, seinem Vater, benutzt. David wird normalerweise
mit Königtum, königlicher Familie und Reichtum in Verbindung gebracht. Es sollte dabei allerdings nicht vergessen werden, dass David in seiner Jugend, als er im Haus von Jesse lebte, ein armer Hirtenjunge war. Während der Lebenszeit Davids wurde das Haus von Jesse von der Armut in Bethlehem zu Ehre und Majestät in Jerusalem erhoben.

Die Betonung in Vers 1 liegt darauf, dass, obwohl der Messias ein Nachkomme Davids sein wird, er doch nicht erscheinen wird, bevor nicht das Haus Davids wieder einmal reduziert werden wird zu dem, was es in den Tagen von Jesse war. Der Vers konzentriert sich auf die niedrige Herkunft des Messias zur Zeit seiner Geburt anstelle der Majestät seines Königreiches, die bei seinem Zweiten Kommen zu sehen sein wird. Vom Stumpf Jesses aus wächst also ein Spross, der zwar tief am Boden, aber nicht fruchtlos bleibt.

Am Ende wird dieser Schössling selbst ein eigener Baum werden. In Vers 2 wird uns erklärt, dass er die siebenfache Fülle des Heiligen Geistes haben wird. Die Beschreibung, die hier gebraucht wird, ist repräsentativ für die
 jüdische Menorah, den siebenarmigen Leuchter. Der «Geist des Herrn» wird einmal erwähnt, gefolgt von drei weiteren Bezugnahmen auf «den Geist von», von denen jede von zwei Attributen gefolgt wird (siehe Abbildung). Wenn wir im Leben Jesu nach der Erfüllung dieser Prophetie suchen, dann finden wir, dass:

1. Jesus ins Haus Davids geboren wurde.
2. er in Bethlehem geboren wurde, dem Heim Jesses.
3. er in grosser Armut geboren wurde.

Das wird sichtbar zur Zeit von Miriams (Marias) Reinigung.
Das Gesetz forderte in Leviticus 12, 1-8, dass die Mutter nach der Geburt eines Babys zum Tempel gehen und zwei Opfer zu ihrer Reinigung darbringen sollte. Das hatte ein Blutopfer zu sein, und zwar gab es zwei verschiedene Opfergaben, die annehmbar waren. Normalerweise würde das Opfer aus einem Lamm und einer jungen Taube oder Turteltaube bestehen, aber für den Fall, dass eine Familie ausserordentlich arm war, war die Vorkehrung getroffen worden, dass auch zwei junge Tau ben oder Turteltauben angenommen werden konnten.

Im Evangelium des Lukas wird uns berichtet, dass Jesu Mutter sich nur zwei Vögel leisten konnte. Sowohl Maria als auch Josef waren Nachkommen Davids, und hierdurch wird die tiefste Armut des Hauses David klargemacht.
4. In Johannes 3, 34 beschreibt Johannes der Täufer Jesus als den, der die Fülle des Geistes hat.
«Denn er, den Gott gesandt hat, spricht die Worte Gottes; denn er gibt den Geist ohne Mass.»

Das Neue Testament lehrt, dass alle, die an Jesus als den Messias glauben, ein Mass des Heiligen Geistes bekommen. Weil jeder Gläubige nur ein gewisses Mass des Heiligen Geistes hat, hat auch jeder verschiedene Gaben und Dienste (1. Korinther 12, 13-14). Niemals hat jemand alle Gaben, denn Gott hat es den Gliedern der Gemeinde verordnet, gegenseitig voneinander abhängig zu sein.
Jesus aber wurde der Geist ohne Mass gegeben.

In der Schrift bedeutet die
 Zahl Sieben Vollkommenheit, Vollständigkeit oder Fülle.
Die siebenfache Natur des Heiligen Geistes in Jesaja 11,2 ist daher synonym mit der Fülle in Johannes 3, 34.
Sie entspricht auch den «sieben Geistern» in Offenbarung 1, 4; 3, 1; 4, 5 und 5, 6.


Jesaja 11,1.2 lehrt:

• Der Messias wird ins Haus Davids geboren.
• Der Messias wird nicht geboren, bevor das Haus David wieder zu dem Zustand der Armut zurückgekehrt ist, in dem es während der Tage von Davids Vater Jesse war. Der Messias wird in einem Haus der Niedrigkeit geboren werden.
• Der Messias wird die siebenfache Fülle des Heiligen Geistes haben und demgemäss handeln.







Jesaja 40, 3-5
Der Herold des Königs


Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet Jehova den Weg, macht auf dem Gefilde eine ebene Bahn unserm Gott! Alle Täler sollen erhöht werden und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was ungleich ist, soll eben, und was höckericht ist, soll schlicht werden; denn die Herrlichkeit Jehovas soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander wird es sehen; denn Jehovas Mund hat es geredet.

Diese Verse beschäftigen sich nicht mit dem Messias persönlich, sondern mit seinem Vor-Läufer.
Zur Zeit der Antike wurde jeweils ein Herold oder Vor-Läufer ausgesandt, um den Weg von Hindernissen zu befreien oder etwaige Löcher im Strassenbelag zu reparieren vor der Reise des Königs. Diese Passage stellt fest, dass ein Vor-Läufer der Ankunft des messianischen Königs vorangehen wird wie bei jedem anderen antiken König auch. Im Neuen Testament werden diese Wort speziell auf Johannes den Täufer angewandt, dessen Worte im vorangegangenen Abschnitt zitiert worden sind.


Zu der Zeit kam Johannes der Täufer und predigte in der Wüste des jüdischen Landes und sprach: Tut Busse, das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! Und er ist der, von dem der Prophet Jesaja gesagt hat und gesprochen: «Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet dem HERRN den Weg und macht richtig seine Steige!» Er aber, Johannes, hatte ein Kleid von Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Lenden; seine Speise aber war Heuschrecken und wilder Honig. Da ging zu ihm hinaus die Stadt Jerusalem und das ganze jüdische Land und alle Länder an dem Jordan und Hessen sich taufen von ihm im Jordan und bekannten ihre Sünden.

Vgl. auch Mk 1, 2-8; Lk 1, 5-80 (besonders Vers 76); Lk 3, 1-20 (besonders Verse 4-6) und Joh 1, 6-8.15-36 (besonders Vers 23).

Jesaja 40, 3-6 lehrt:
• Der Messias würde einen Vor-Läufer oder Herold haben, der Vorbereitungen für seine Ankunft trifft.


Die «Knecht-Gottes-Abschnitte» in Jesaja (sog. Ebed
Jahwe-«Lieder») Jesaja 42,1-6
Der Diener Jahwes


Siehe, das ist mein Knecht, ich erhalte ihn, und mein Auserwählter, an welchem meine Seele Wohlgefallen hat. Ich habe ihm meinen Geist gegeben; er wird das Recht unter die Heiden bringen. Er wird nicht schreien noch rufen, und seine Stimme wird man nicht hören auf den Gassen. Das zerstossene Rohr wird er nicht zerbrechen, und den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen. Er wird das Recht wahrhaftig halten lehren. Er wird nicht matt werden noch verzagen, bis dass er auf Erden das Recht anrichte; und die Inseln werden auf sein Gesetz warten.

So spricht Gott, der HERR, der die Himmel schafft und ausbreitet, der die Erde macht und ihr Gewächs, der dem Volk, so darauf ist, den Odem gibt, und den Geist denen, die darauf gehen: Ich, der HERR, habe dich gerufen in Gerechtigkeit und habe dich bei deiner Hand gefasst und habe dich behütet und habe dich zum Bund unter das Volk gegeben, zum Licht der Heiden.

Eine von Jesajas bevorzugten Bezeichnungen für den Messias ist der Ausdruck «Diener» [«Knecht»]. Dieser messianische Titel findet sich durchgehend in den Kapiteln 42 bis 66 im Buch Jesaja. Dies ist die erste von fünf «Diener»-Passagen, die wir studieren werden. Jede dieser fünf Passagen betont einen anderen Aspekt der Person des Messias. Die unterschiedlichen Aussagen können detailliert werden wie unten aufgelistet.

Vers 1 macht vier Aussagen:

1. Er ist der Diener Jahwes.

Das ist das Thema des Markusevangeliums.
Jeder der vier Evangelien Autoren hat für eine andere Zuhörerschaft geschrieben und unterschiedliche Aspekte des Lebens Jesu betont.
Matthäus betont die Königlichkeit des Messias - Jesus, der König der Juden.
Lukas, der Arzt, beschäftigt sich mit dem Menschsein Jesu — Jesus, der Messias, der Menschensohn.
Johannes konzentriert sich auf die Göttlichkeit des Messias — Jesus, der Sohn Gottes.
Markus sieht Jesus vor allem als den Diener Gottes. Er geht genauer auf diejenigen Aspekte des Lebens Jesu ein, die am besten die Art und Weise demonstrieren, auf die Jesus die Aufgaben, die ihm gegeben worden waren, perfekt erfüllt hat, wie sie in den Propheten und besonders in den «Diener»-Stellen bei Jesaja beschrieben sind.

2. Er ist Jahwes Erwählter, an dem Jahwe grosse Freude haben wird.


3. Er ist mit dem Geist gesalbt.
Das ist wieder eine Bestätigung von Jesaja 11,2.

4. Er wird den Heidennationen Gutes tun.
Obwohl der Messias vor allem für die jüdische Nation kommt, wird es auch einen Weg geben, auf dem die Heiden (die Nationen) ebenfalls davon profitieren werden. Das wird hier nicht erklärt, wird aber in Jesaja 49, 6, unserer nächsten Passage, weiter entwickelt.

Die meisten Rabbiner, ausser Rashi, sahen dies als messianisch an.

Targum
«Siehe mein Diener, der Messias, ich will ihn nahe ziehen, mein Erwählter, in dem meine Memra (10) sich freut.»

Rabbi David Kimchi

«Siehe mein Diener... Das ist König Messias.»

Vers 2
beschreibt die Art und Weise, in der er sich benehmen wird. Der Messias wird kein Strassenprediger sein. Die Evangelien beschreiben Jesus als vorrangig in den Synagogen predigend. Er lehrte auch grosse Gruppen von Leuten auf den Hügeln, aber das waren Leute, die zu ihm kamen, die ihn suchten. Zu keiner Zeit hat Jesus absichtlich Aufmerksamkeit auf den Strassen der Städte gesucht, sondern vielmehr war es so, dass ihm sein Ruf vorauseilte, und dass es Massen gab, die kamen und nach ihm suchten. Das soll nicht bedeuten, dass irgend etwas verkehrt daran wäre, auf der Strasse zu predigen. Das Neue Testament ermutigt im Gegenteil sogar dazu und beschreibt, dass die Apostel das getan ha ben, aber es war nicht die Art, wie der Messias handelte.
Vers 3
betont seine Charakterzüge. Er wird geprägt sein von Barmherzigkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit. Diejenigen, die zu ihm kommen, um Hilfe zu finden, werden angenommen und mit grosser Freundlichkeit behandelt werden.
Vers 4
lehrt, dass der Messias am Ende sein Ziel nicht verfehlen und nicht entmutigt werden wird. Es wird zwar Entmutigungen auf dem Weg geben, wie wir in der nächsten Passage sehen werden, aber sie werden nur zeitweilig sein. Alle Zielsetzungen für sein Erstes Kommen werden erreicht werden.
Die Verse 5-6
erklären, dass das Kommen des Messias für zwei Gruppen von Menschen zum Vorteil sein wird. Erstens wird der Messias der «Bund des Volkes», also derjenige sein, der Gottes bundesmässige

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(10)
 Meine Memra = mein Wort oder meine Person.


Verheissungen an Israel erfüllt. Zweitens wird er das «Licht für die Nationen» sein, derjenige, der das Licht der Erlösung zu den Heiden bringt.

Jesaja 42, 1-6 lehrt:
• Der Messias würde vom Heiligen Geist gesalbt werden.
• Der Messias würde sich in Sanftmut und Freundlichkeit verhalten.
• Obwohl die Mission des Messias den Anschein haben würde, als ob sie mit einem Fehlschlag endete, würde sie in Wirklichkeit doch ein völliger Erfolg sein (der Erfolg seiner Mission erforderte nämlich seinen Tod).
• Die Mission des Messias schliesst die Errettung der Heiden mit ein.

Jesaja 49,1-13
Die Entmutigung des Dieners


Höret mir zu, ihr Inseln, und ihr Völker in der Ferne, merket auf! Jehova hat mich gerufen von Mutterleib an; er hat meines Namens gedacht, da ich noch im Schoss der Mutter war, und hat meinen Mund gemacht wie ein scharfes Schwert; mit dem Schatten seiner Hand hat er mich bedeckt; er hat mich zum glatten Pfeil gemacht und mich in seinen Köcher gesteckt und spricht zu mir: Du bist mein Knecht Israel, durch welchen ich will gepriesen werden. Ich aber dachte, ich arbeite vergeblich und brächte meine Kraft umsonst und unnütz zu, wiewohl meine Sache des Herrn und mein Amt meines Gottes ist. Und nun spricht Jehova der mich von Mutterleib an zu seinem Knechte bereitet hat, dass ich soll Jakob zu ihm bekehren, auf dass Israel nicht weggerafft werde (darum bin ich Jehova herrlich, und mein Gott ist meine Stärke), und spricht: Es ist ein Geringes, dass du mein Knecht bist, die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten Israels wiederzubringen; sondern ich habe dich auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil bis an der Welt Ende. So spricht Jehova, der Erlöser Israels, sein Heiliger, zu der verachteten Seele, zu dem Volk, das man verabscheut, zu dem Knecht, der unter den Tyrannen ist: Könige seilen sehen und aufstehen, und Fürsten sollen niederfallen um Jehovas willen, der treu ist, um des Heiligen in Israel willen, der dich erwählt hat. So spricht Jehova : Ich habe dich erhört zur gnädigen Zeit und habe dir am Tage des Heils geholfen und habe dich behütet und zum Bund unter das Volk gestellt, dass du das Land aufrichtest und die verstörten Erbe austeilest; zu sagen den Gefangenen: Geht heraus! und zu denen in der Finsternis: Kommt hervor! dass sie am Wege weiden und auf allen Hügeln ihre Weide haben. Sie werden weder hungern noch dürsten, sie wird keine Hitze noch Sonne stechen, denn ihr Erbarmer wird sie führen und wird sie an die Wasserquellen leiten. Ich will alle meine Berge zum Wege machen, und


meine Pfade sollen gebahnt sein. Siehe, diese werden von ferne kommen, und siehe, jene von Mitternacht und diese vom Meer und jene vom Lande Sinim. Jauchzet, ihr Himmel, freue dich, Erde, lobet, ihr Berge, mit Jauchzen; denn der HERR hat sein Volk getröstet und erbarmt sich seiner Elenden.

Dies ist die zweite der fünf «Diener»-Passagen in Jesaja.
Die erste Passage, 42, 1-6, hat den Diener vorgestellt. Dieser Abschnitt, 49, 1-13, sagt uns jetzt mehr über die Mission des Dieners und entfaltet die Verheissung in Jesaja 42, dass er einen Segen zu den Heiden bringen werde. Das wird aus seinem anfänglichen Abgelehnt werden von der Nation Israel folgen, obwohl die Versicherung gegeben wird, dass er am Ende von Israel angenommen werden wird.

Die Verse 1-4 betonen eine zeitweilige Entmutigung im Leben des Messias. In Vers 1 werden die Worte des Messias selbst prophetisch von Jesaja gesprochen. Er sagt, dass er schon von seiner Empfängnis selbst an eine spezifische Mission von Gott gegeben bekommen hat (im Neuen Testament, in Matthäus 1,21, wird uns berichtet, dass der Engel zur Zeit von Marias Empfängnis sagte «... du hast ihn Jesus zu nennen, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden»). Hier haben wir wieder eine Bezugnahme zu einer Mutter, aber nicht zu einem Vater, was wiederum mit der Prophezeiung der Jungfrauengeburt in Jesaja 7,14 übereinstimmt.

In Vers 2 ist der Messias speziell berufen und ausgerüstet worden für seine Aufgabe.

In Vers 3 wird der Diener Jahwes «Israel par excellence>^ genannt, weil er der einzige Jude ist, der vollständig und perfekt das mosaische Gesetz erfüllt.

Es ist in Vers 4, dass die Bemerkung über die Entmutigung kommt. Wie auch anderswo zu sehen ist, wird der Diener trotz seiner Vollkommenheit abgelehnt werden, und das ist es, was seine Traurigkeit hervorruft. Aber trotzdem hat er noch Hoffnung: «Meine Belohnung ist bei meinem Gott.» Vom neutestamentlichen Standpunkt aus ist der einzige Ort, an dem sich das erfüllt haben kann, der Garten von Gethsemane. In den Evangelien ist ein Grund für seine Entmutigung seine Angst, den geistlichen Tod zu erleben, und er betet, dass der Kelch von Gottes Zorn an ihm vorbeigehen möge (Matthäus 26, 38.39 und Markus 14, 34- 6).

Jesaja 49 betont
aber auch noch einen zweiten Grund zur Entmutigung. Obwohl er für dreieinhalb Jahre am Volk Israel gedient hat, obwohl er als ihr Messias gekommen ist, lehnt ihn die jüdische Nation trotzdem ab. Der Herr antwortet mit Worten der Ermutigung in den Versen 5-6. Er beginnt in Vers 5, indem er den ursprünglichen Auftrag des Messias zusammenfasst:


1. Israel zu geistlicher Errettung zu bringen.
2. Das verstreute Israel zu physischer Wiederherstellung zu sammeln.

Wenn aber gegeben ist, dass Israel den Diener abgelehnt hat, wie können diese Zielsetzungen erreicht werden? Der Herr fährt fort in Vers 6, indem er dem Diener ein drittes Ziel gibt:

3. Ein Licht für die Heidennationen zu sein und ihnen die Errettung zu bringen.

Israels Ablehnung des Messias bei seinem Ersten Kommen ist Teil von Gottes Plan. Es braucht keine Quelle für Entmutigung zu sein. Es war immer Gottes Plan, dass die ersten beiden Ziele für eine Zeitperiode beiseite gesetzt würden, damit die Erlösung zu den Heiden ausgehen könne. Schon in Jesaja 42, 1 war bemerkt worden, dass die Heiden irgendwie vom Kommen des Messias profitieren würden - jetzt wird uns genau gesagt, wie.

Vers 7a
bestätigt, dass Israel den Messias ablehnen wird, aber Vers 7b fährt damit fort, zu erklären, dass die Ablehnung nur für eine bestimmte Zeit sein und der Messias eines Tages angenommen werden wird.

In Vers 8 wird, wenn die Mission des Messias bei den Heiden abgeschlossen ist, die abschliessende Wiederherstellung Israels kommen. Der Rest der Passage bis Vers 13 geht näher auf diese schlussendliche Wiederherstellung ein. Der Messias wird der Bund für das Volk (Singular, gemeint ist Israel) werden und zeigen, dass sie ihn endlich akzeptiert haben. Mit Israels Annahme des Messias kommt die Versammlung der verstreuten Ju den, in Vers 12 sogar von so weit weg wie Sinim. «Sinim» ist das moderne hebräische Wort für «China», aber es ist unsicher, ob das auch die Bedeutung im Alten Testament war. Das Wort beinhaltet auf jeden Fall etwas im Fernen Osten. Also werden, wenn es Juden im Fernen Osten gibt, auch diese wieder versammelt. Es ist interessant, anzumerken, dass zu der Zeit, als Jesaja dies schrieb, das jüdische Volk noch nicht vom Land weg verstreut war und dass China, oder irgendwo im Fernen Osten, der aller letzte Ort gewesen wäre, um nach einem Juden zu suchen. Zur gegenwärtigen Zeit wird Jesus als Messias immer noch von Israel abgelehnt. Es wird oft gesagt, dass Jesus, wenn er wirklich der Messias gewesen wäre, von den jüdischen Führern seiner Zeit willkommen geheissen worden wäre. Diese Passage macht es aber klar, dass dies das genaue Gegenteil der Wahrheit ist. Jeder Mann, der von der jüdischen Führung als Messias bejubelt wurde, hat sich als falscher Messias erwiesen.

Jesaja sagt spezifisch, dass der Messias - zunächst - abgelehnt werden wird. Die Ablehnung wird als eine der Beglaubigungen der Messianität festgestellt. Israels Ablehnung Jesu als Messias stärkt in Wirklichkeit seinen Anspruch darauf, der Messias zu sein. Der Zweck der Ablehnung lag darin, dass Gott die Erlösung zu den Hei den bringen konnte. Für eine begrenzte Zeit würde es mehr heidnische als jüdische Gläubige geben. Im Neuen Testament, in Apostelgeschichte 15, 14, heisst es, dass Gott «von den Heiden ein Volk für sich selbst nimmt». In Römer 11, 25-26 heisst es, dass das weitergehen wird, «bis die Vollzahl der Heiden hereingekommen ist. Und so soll ganz Israel gerettet werden ...» (Man beachte, dass diese Dinge von den jüdischen Führern der ersten jüdischen Kirche in Jerusalem geschrieben wurden). Die gegenwärtige Zeit wird weitergehen, bis die Kirche zahlenmässig voll ständig ist, zu welchem Zeitpunkt dann die Entrückung eintreten wird. Gott wird sich dann mit Israel beschäftigen, und wie Paulus oben sagt, wird «ganz Israel gerettet werden». Paulus baut auf dem auf, was in Jesaja 49, 7 geschrieben steht. In der ersten Hälfte des Verses muss der Messias von Israel verachtet und verabscheut werden, ist aber zu späterer Ehre und Ruhm bestimmt, dazu, von Königen und Prinzen weltweit verehrt zu werden.

Jesaja 49, 1-13 lehrt:

• Das Erste Kommen des Messias würde von Israel abgelehnt werden.
• Für eine gewisse Zeit wird die Botschaft von der Erlösung durch den Messias ausgehen zu den Heiden.
• Am Ende wird Israel den Messias annehmen; Er wird ihr neuer Bund werden.
• Israels Annahme des Messias wird die Wiederversammlung aller Ju den ins Land Israel ankündigen.

Jesaja 50, 4-9
Die Ausbildung des Dieners


Der HERR HERR hat mir eine gelehrte Zunge gegeben, dass ich wisse mit dem Müden zu rechter Zeit zu reden. Er weckt mich alle Morgen; er weckt mir das Ohr, dass ich höre wie ein Jünger. Der HERR Jehova hat mir das Ohr geöffnet; und ich bin nicht ungehorsam und gehe nicht zurück. Ich hielt meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften; mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel. Aber der HERR HERR hilft mir; darum werde ich nicht zu Schanden. Darum habe ich mein Angesicht dargeboten

Messianische Christologie 83

wie einen Kieselstein; denn ich weiss, dass ich nicht zu Schanden werde. Er ist nahe, der mich gerecht spricht; wer will mit mir hadern? Lasst uns zusammentreten; wer ist, der Recht zu mir hat? Der komme her zu mir Siehe, der HERR Jehova hilft mir; wer ist, der mich will verdammen? Siehe, sie werden allzumal wie ein Kleid veralten. Motten werden sie fressen.

Das Neue Testament gibt uns einen Bericht davon, wie der 12jährige Jesus den Tempel in Jerusalem zum ersten Mal besucht (Lk 2, 41-50). Im Alter von 12 Jahren war Jesus bereits völlig vertraut mit den hebräischen Schriften und fähig, tiefe geistliche Dinge mit den leitenden Theologen seiner Zeit zu debattieren. Ausserdem antwortet er, als seine Mutter ihn zurechtweist, weil er im Tempel geblieben war: «Hast du nicht gewusst, dass ich in meines Vaters Haus sein würde?» Diese eine Aussage zeigt, dass Jesus im Alter von 12 Jahren bereits wusste, dass nicht Josef, sondern Gott sein Vater war und deswegen verstand, dass er der Messias Israels war.

Da es klar ist, dass Jesus in seinem Menschsein nicht allwissend war, wie hat er dann sein Wissen und seine Gelehrtheit erworben? Das Neue Testament erklärt das nicht. Es gibt einige Aspekte von Jesu Leben, die nur im Alten Testament offenbart werden - das hier ist einer davon.


Jesaja 50,4-9
gibt uns ein Bild des Lernprozesses, den Jesus durchlief. Vers 4 beschreibt das Lernen oder diszipliniert werden des Dieners. Während seiner Kindheit in Nazareth wurde Jesus jeden Morgen von seinem Vater in den frühen Morgenstunden aufgeweckt, um Unterweisung zu empfangen. So hat Jesus gelernt, wer er war, was seine Mission war und wie er demgemäss zu handeln und zu reagieren hatte.

In Vers 5 wird uns gesagt, dass Jesus alles gelernt hatte, was von ihm gefordert wurde, dass er leiden und sterben musste. Zu der Zeit, als Jesu Dienst öffentlich wurde, war er nicht rebellisch und zog sich nicht zurück. Als die Zeit kam (Vers 6), hat er sich willig seinen Folterern überlassen. Die Misshandlungen, die hier beschrieben werden, finden sich auch voll ständig in den Evangelien sowohl während seiner religiösen wie auch zivil rechtlichen Prozesse wieder.


Als er aber solches redete, gab der Diener einer, die dabeistanden, Jesus einen Backenstreich und sprach: Sollst du dem Hohenpriester also antworten? Jesus antwortete: Habe ich übel geredet, so beweise es, dass es böse sei; habe ich aber recht geredet, was schlägst du mich? Joh 18, 22.23 84



Die Männer aber, die Jesum hielten, verspotteten ihn und schlugen ihn, verdeckten ihn und schlugen ihn ins Angesicht und fragten ihn und sprachen: Weissage, wer ist's, der dich schlug? Und viele andere Lästerungen sagten sie wider ihn, Lk 22, 63-65

Da fingen an etliche, ihn zu verspeien und zu verdecken sein Angesicht und ihn mit Fäusten zu schlagen und zu ihm zu sagen: Weissage uns! Und die Knechte schlugen ihn ins Angesicht. Mk 14, 65

Da gab er ihnen Barabbas los; aber Jesus liess er geisseln und überantwortete ihn, dass er gekreuzigt würde. Da nahmen die Kriegsknechte des Landpflegers Jesus zu sich in das Richthaus und sammelten über ihn die ganze Schar und zogen ihn aus und legten ihm einen Purpurmantel an und flochten eine Dornenkrone und setzten sie auf sein Haupt und ein Rohr in seine rechte Hand und beugten die Kniee vor ihm und verspotteten ihn und sprachen: Gegrüsset seist du, der Juden König! und spieen ihn an und nahmen das Rohr und schlugen damit sein Haupt. Und da sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm seine Kleider an und führten ihn hin, dass sie ihn kreuzigten. Mt 27,26-31

Die Kriegsknechte aber führten ihn hinein in das Richthaus und riefen zusammen die ganze Schar und zogen ihm einen Purpur an und flochten eine Dornen Krone und setzten sie ihm auf, und fingen an, ihn zu grüssen: Gegrüsset seist du, der Juden König! Und schlugen ihm das Haupt mit dem Rohr und verspeiten ihn und fielen auf die Kniee und beteten ihn an. Und da sie ihn verspottet hatten, zogen sie ihm den Purpur aus und zogen seine eigenen Kleider an und führten ihn aus, dass sie ihn kreuzigten. Mk 15,16-20

In den Versen 7-9 ist Jesus fähig, die Leiden zu ertragen, die zu seinem Tod führten (obwohl sein Tod hier nicht ausdrücklich erwähnt wird), weil er weiss, dass durch das alles hindurch Gott bei ihm ist.

Jesaja 50, 4-9 lehrt:
• Der Messias würde eine besondere Ausbildung von Gott, dem Vater empfangen.
• Das Erste Kommen des Messias würde von Leiden charakterisiert sein.
• Der Messias würde dann gehorsam sein, indem er sich der physischen Misshandlung aussetzt.

Jesaja 52,13-53,12
Das Leiden des Gottesknechtes


Die entscheidendste Passage Im ganzen Buch Jesaja Ist 52, 13 - 53, 12. Dieser lange Abschnitt von Jesaja Ist so klar In seiner Beschreibung des leidenden Messias, dass er enorme Probleme für die Lehrer des orthodoxen Judentums hervorgerufen hat. Es Ist heute recht gängig, Rabbiner sagen zu hören, dass diese Passage nicht vom Messias spricht, sondern vom Volk Israel, das In einer heidnischen Welt leidet. Sie können sogar so weit gehen, dass dies schon Immer der traditionelle Standpunkt des Judentums gewesen sei. Aber an diesem Punkt sind sie gänzlich von der Unwissenheit Ihrer Zuhörer abhängig. Alle antiken jüdischen Schriften - die Mischna, die Gemara, (der Talmud), die Midraschim und viele andere - alle sehen diesen Teil der Schrift als auf die Person des Messias bezogen an. Der erste Rabbi, der etwas anderes vorschlug, war RashI, und zwar etwa um 1050 n. Chr. Jeder Rabbiner vor RashI ohne Ausnahme hatte diesen Abschnitt als Beschreibung des Messias angesehen. Als RashI seinen Vorschlag, dass dieser Text vom Volk Israel spreche, das erste Mal vorbrachte, löste er damit eine scharfe Debatte unter seinen Zeltgenossen aus. Der bekannteste von Ihnen war Rambam (vielleicht besser bekannt als Malmonides). Rambam stellte sehr klar fest, dass RashI völlig Unrecht hatte. Indem er sich gegen den traditionellen jüdischen Standpunkt stellte."

Als christliche Evangelisten In grösserem Umfang diese Passage zu be nutzen begannen, besonders vom frühen 19. Jahrhundert an, sah eine steigende Anzahl von Rabbinern In Rashis Anschauung eine attraktive Art, der christlichen Lehre entgegenzutreten. Wenn man den Abschnitt durch liest, wird man merken, dass es darin einige Aussagen gibt, die unmöglich auf die Nation Israel bezogen werden können. Dieser Textabschnitt wird In den Synagogen nicht verlesen; die öffentliche Lesung von Jesaja springt von Jesaja 52 zu Jesaja 54.

Vorher, In Jesaja 49, war nämlich ausgesagt worden, dass der Messias zunächst von Israel abgelehnt, schliesslich aber In einem späteren Stadium angenommen werden würde. Diese Passage von Jesaja beschäftigt sich mit dem endgültigen Anerkannt werden - das Immer noch In der Zukunft Hegt - wenn die Führer Israels sich zu Ihrem Versagen beim Ersten Kommen des Messias bekennen und Ihr nationales Schuldeingeständnis

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11 Siehe Anhang 2 In einer späteren Ausgabe von FUNDAMENTUM für Details zu diesen rabbinischen Quellen.


mit genau den genannten Worten machen werden.'^ Die Beschreibung des Messias wird damit an dieser Stelle nicht im Sinne von etwas gege ben, was noch in der Zukunft liegt. Vielmehr handelt es sich um einen Rückblick auf das Erste Kommen, vorgenommen von einem bestimmten Punkt der Zukunft aus, nämlich unmittelbar vor dem Zweiten
 Kommen des Messias. Der ganze Abschnitt lässt sich leicht in fünf Teile gliedern, von denen jeder drei Verse hat. Die erste Zeile jedes Abschnitts dient dabei als Titel.

Siehe, mein Knecht wird erhöht werden—52,13-15
In den Versen 13,14 und 15 von Kapitel 52 finden wir eine Zusammenfassung des gesamten Kapitels 53; die Verse 1-12 von Kapitel 53 gehen dann näher auf diese drei Verse ein.

Was in Vers 13 betont wird ist die Erhöhung des Messias, spricht von seiner Himmelfahrt und seinem Sitzen zur rechten Hand Gottes des Vaters. «Erhöhung» meint dabei Jesu Auferweckung, «aufgehoben» beschreibt seine Himmelfahrt und «sehr hoch» spricht von seinem Sitzen zur rechten Hand Gottes des Vaters. Indem auf den Messias als den Knecht Bezug genommen wird, verbindet Jesaja ihn mit den vorhergehenden Passagen über den Knecht Jahwes. In 42,1-6 hat Jesaja die Mission des Dieners beschrieben; in 49, 1-13 wird erklärt, dass diese Mission von Schwierigkeiten begleitet wird; in 50, 4-9 war zu sehen, wie der Knecht körperlich leidet, aber nicht stirbt, und es wurde kein Grund für sein Leiden angegeben. Jetzt aber, in 52, 13 - 53, 12, wird offenbart, dass seine körperlichen Leiden zu seinem Tod führen werden und dass der Grund für sein Leiden und seinen Tod genannt werden wird.

Zusammenfassung:
Der Diener wird weise handeln und seine Handlungen werden ihm eine Position der Ehre einbringen.

Vers 14 erklärt, dass der Messias vor seiner Erhöhung Demütigung erleiden muss. Sein Leib war so schwer verunstaltet worden, dass er nicht mehr länger menschlich aussah. Bei den Leiden Jesu ist das während des Geisseins geschehen. Die 40 Schläge wurden mit einer mehrbändigen Peitsche gegeben, wobei an jedem Band ein Nagel oder ein Stück Glas befestigt war. Dadurch wurde ihm das Fleisch buchstäblich von den Knochen gerissen, und zwar nicht nur vom Rücken, sondern auch darüber hinaus von allen Teilen des Körpers. Es gab viele, die nie gekreuzigt wurden, weil sie das Ausgepeitschtwerden am Anfang nicht überlebten. Am

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12 Siehe Handbuch der Biblischen Prophetie, Asslar: Schulte + Gerth, 1983 (Band 1) S 291.


Ende seiner Geisselung, als Pilatus sagte: «Seht den Mensch», war Jesus so entstellt, dass er kaum noch als Mensch zu erkennen war.

Zusammenfassung: Der Knecht wird leiden und schrecklich entstellt werden. Entgegen dem entsetzlichen Leiden von Vers 14 hält Vers 15 aber fest, dass der Messias schlussendlich zu Erfolg und Sieg vorherbestimmt ist. Diejenigen, die ihn verspottet haben, werden von ihm zum Schweigen gebracht werden. Ein Tag wird kommen, an dem sich ihre Münder schliessen vor Staunen über ihn. Zusammenfassung: Das Leiden des Dieners wird am Ende das schweigende Staunen der Führer der Welt erringen, wenn sie beginnen, den Sinn seines Leidens zu verstehen.

Mit diesem Überblick geht Kapitel 53 jetzt genauer auf diese Punkte ein.

Wer hat unserer Botschaft geglaubt?- 53,1-3

Die Betonung in Vers 1 liegt auf dem Unglauben Israels. Sie haben der Botschaft nicht geglaubt, der Botschaft nämlich, dass Jesus der Messias ist. Jesaja nennt den Messias ausser «der Knecht Jahwes» auch «den Arm Jahwes», so wie hier. Früher, in Kapitel 40,10, hat Jesaja verkündigt, dass dieser Arm für Gott herrschen wird; in 51, 5 heisst es, dass die Hei den dem Arm vertrauen werden; 51, 9 erklärt, dass der Arm erlösen wird und 52, 10 stellt fest, dass er die Rettung bringen wird. Jetzt, in 53, 1, offenbart Jesaja die Identität des «Armes»: Er ist der Diener Jahwes, der Messias.

Zusammenfassung:
Israel drückt Überraschung aus über das, was gerade in 52,13-15 festgestellt worden war.

Einige Gründe für diesen Unglauben werden in Vers 2 gegeben. Es gab nichts über sein Erstes Kommen, was ungewöhnlich aussah. Er wurde in einem gewöhnlichen - tatsächlich recht armen — Umfeld geboren. Das ist eine Bestätigung von Jesaja 11,1. Ausserdem gab es nichts, was an sei ner äusseren Erscheinung dazu gedient hätte, Menschen zu ihm zu ziehen. Diese Aussage protestiert gegen die Porträts und Darstellungen Je su, die so oft zu sehen sind. Jesus war ein jüdischer Mann mit einem jüdischen Bart, dunklen Augen und wahrscheinlich nicht besonders gross. Gemäss diesem Vers war er nicht besonders gutaussehend.
Zusammenfassung:
Israel bekennt, dass es dann, als der Messias bei ihm war, nichts an seiner äusseren Erscheinung festgestellt hat, das es zu

88 Messianische Christologie

ihm hingezogen hätte; seine Kindheit und Jugend waren nicht anders als die von anderen.

In Vers 3 wird uns gesagt, dass sein ganzes Leben von Ablehnung und Leiden gekennzeichnet war. Menschen haben sich von ihm abgewandt, und zu keiner Zeit wurde ihm der Respekt entgegengebracht, der einem König gebührt.

Zusammenfassung:
Im Gegenteil, er wurde verachtet und abgelehnt und im allgemeinen taten die Leute ihr Bestes, um ihm aus dem Weg zu gehen.

Jedoch hat er unsere Leiden getragen und unsere Sorgen auf sich geladen—53, 4-6
Die Betonung in Vers 4 liegt auf dem stellvertretenden Charakter des Leidens des Messias. Zu der Zeit (Vers 4b) hat Israel das nicht verstanden, sondern stattdessen seine Leiden als Strafe Gottes angesehen. Er wurde als jemand angesehen, der für seine eigenen Sünden litt, nicht für diejenigen anderer.

Zusammenfassung:
Die Nation, die ihn, den Diener, vorher verachtete, erkennt nun, dass er stellvertretend gelitten hat. Sie dachten, daß er für seine eigenen Sünden leide, verstehen jetzt aber, daß er für ihre Sünden gelitten hat.

Aber dann, in Vers 5, erkennen sie, dass «er für unsere Übertretungen durchbohrt und für unsere Ungerechtigkeit zerbrochen wurde», dass sein Tod tatsächlich stellvertretend geschah, so dass «durch seine Wunden wir geheilt sind».


Zusammenfassung: Die Nation bekennt, dass die stellvertretenden Leiden Versöhnung und geistliche Heilung brachten, denn Er war die Strafe für ihre Sünden.

Der Messias litt nicht für seine eigenen Sünden, sondern, wie es in Vers 6 heisst, «der Herr legte auf ihn unser aller Schuld». Der Messias litt für die Sünden Israels.


Zusammenfassung:
Israel bekennt, dass sie es waren, die gesündigt haben und in die Irre gingen, und dass Gott die Ungerechtigkeit Israels auf den Diener legte, der deswegen gelitten hat.

Man beachte die Pronomen in dieser ganzen Passage: «Wir», «unser» usw. Jesaja war nicht ein Heide, sondern ein Jude, der zu einer jüdischen Nation sprach. Die Pronomen bedeuten, dass Jesaja und die Juden ein geschlossen sind, sie können sich nicht auf Heiden beziehen. Ausserdem


Messianische Christologie 89

kann man von keinem der Dinge, die hier über diese Einzelperson ausgesagt werden, behaupten, es bezöge sich auf die Nation Israel. Jesaja spricht ganz klar von nur einer Person. Die Nation wird nur in den Fürwörtern mit eingeschlossen.

Er wurde gequält und bedrückt, aber doch öffnete er seinen Mund nicht—53, 7-9

Gemäss Vers 7 bleibt der Messias während seiner Anfechtung stumm. Das stimmte bei Jesus sowohl bei seinen jüdischen als auch römischen Prozessen (Mt 26, 63; 27, 12-14; Lk 23, 9). Er äusserte keine Worte gegen die vielen Anklagen, die gegen ihn vorgebracht wurden. Das kann man kaum von Israel behaupten. Zum einen ist Israel nicht still geblieben in seinen Leiden; vielmehr hat es viele Bücher verfasst, in denen es seine Leiden beschreibt und die Verantwortlichen anklagt. Der moderne Staat Israel ist nicht stumm geblieben im Angesicht des arabischen Angriffs; er hat irakische Nuklearinstallationen und palästinensische Militärcamps bombardiert. Dieser Vers über Leiden und Stummbleiben kann nicht auf die Nation Israel angewandt werden, weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart. Aber er passt auf die Person des Messias.
Zusammenfassung:
Der Diener hat sich demütig dem Leiden und der ungerechten Behandlung unterworfen und hat nichts gesagt, sei es zu seiner Verteidigung oder zu irgendeiner Beschwerde.

In Vers 8 unterzieht er sich einem Gerichtsprozess, in dem er zum Tode verurteilt wird. Dann wurde er «abgeschnitten» — legal exekutiert - aber er hat diese Strafe des Gesetzes für «die Übertretung meines Volkes, dem der Schlag galt» erlitten. Er wurde für die Übertretungen des Volkes exekutiert. «Übertretung» ist ein Begriff für Sünde, der das Brechen des Gesetzes betont. Dieser eine, der der Messias ist, ist sicherlich zu unter scheiden von «meinem Volk», was Israel meint. Durch das ganze Alte und Neue Testament hindurch ist «mein Volk» immer eine Bezugnahme auf Israel. Der Messias wird wegen der Sünden Israels umgebracht werden. Hier wird zum ersten Mal in der Heiligen Schrift ausdrücklich festgestellt, dass der Messias sterben muss. Es hat zwar auch vorher schon viele Erwähnungen seines Leidens gegeben, aber es war niemals vorgebracht worden, dass er werde sterben müssen. Es ist wichtig, festzustellen, dass die Prophetien über den Messias im Sinne einer fortschreitenden Offenbarung aufeinander aufbauen.

Zusammenfassung: Nach einem Gerichtsprozess und dem Urteil wurde der Knecht zur Exekution gebracht und Israel begriff nicht, dass er für die Sünden des Volkes starb.

90 Messianische Christologie

Vers 9 spricht vom Begräbnis des Messias. Nachdem er als Krimineller exekutiert worden ist, würde man erwarten, dass er auch das Grab eines Verbrechers bekommen würde. Aber Gott schreitet ein und, obwohl er ungerecht und entehrend bei seiner Exekution behandelt wurde, wird er doch, wie es ihm gebührt, in eine ehrenvolle Grabstätte gelegt, in die Grabkammer eines reichen Mannes, nämlich Josefs von Arimathäa (Mt 27, 57-60). Gott hat das so angeordnet, weil «da keine Verführung in sei nem Munde war», sein Tod war rein stellvertretender Natur. Zusammenfassung: Dem Diener wurde zwar das Grab eines Kriminellen zugewiesen, aber aus der göttlichen Gerechtigkeit heraus wurde er statt dessen in der Grabkammer eines reichen Mannes beigesetzt.

Doch dem HERRN gefiel es, ihn zu zerschlagen 53, 10-12

Beachten wir, wer in Vers 10 schlussendlich verantwortlich ist für den Tod des Messias. Es sind weder die Juden noch die Römer, sondern es ist Jahwe selbst. Es war Gottes Wille, ihn zu zerschlagen und Gott selbst war es, der «seine Seele zu einem Sündopfer machte». Der einzige, der dazu fähig ist und die Macht hat, der Welt Rettung zu bieten, ist Gott. Der Tod des Messias war weder zufällig noch der Macht der Umstände zuzu schreiben, sondern er war Teil von Gottes göttlichem Plan. Es ist ein biblisches Prinzip, dass es keine Vergebung für Sünden gibt, ohne dass dabei Blut vergossen wird. Als zeitlich begrenzte Massnahme war ein System von Tieropfern eingerichtet worden, aber diese Opfer haben die Sünde nur bedeckt, sie haben sie nicht entfernt. Und sogar diese Bedeckung dauerte jeweils nur ein Jahr, bis zum nächsten Jörn Kippur, dem nächsten Versöhnungstag. Aber der Messias würde das endgültige Sündopfer sein, dasjenige Opfer nämlich, das die Sünde ein für allemal entfernt, und derjenige, der für dieses Opfer sorgt, ist Gott selbst. Gott ist derjenige, der schlussendlich verantwortlich ist für den Tod des Messias. (13)

Und dann kommt eine merkwürdige Zeile. «Er wird Nachkommen sehen, er wird seine Tage verlängern ...» Wenn er umgebracht worden ist, wie kann er dann seine geistlichen Nachkommen sehen? Wenn er tot ist, wie können seine Tage verlängert werden? Der einzige Weg, auf dem diese Dinge geschehen können, ist durch die Auferstehung, die später beschrieben wird.



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(13) Vgl. Anhang 3 in einer späteren Ausgabe von FUNDAMENTUM für eine genauere Erklärung dieser wichtigen Lehraussage.


Messianische Christologie 91

Nachdem uns zum ersten Mal gesagt worden ist, dass der Messias sterben wird, bekommen wir auch sofort einen klaren Hinweis darauf, dass er wieder von den Toten auferweckt wird. Nach der Auferstehung wird der Messias den Erfolg seiner Mission sehen und deswegen wird «was dem Herrn gefällt, durch seine Hand gelingen».

Zusammenfassung:
Gott hatte es gefallen, zuzulassen, dass der Knecht litt und starb, weil das das Mittel war, durch das Gott die Versöhnung für das Volk vollbrachte. Obwohl der Diener stirbt, wird er trotzdem seine Nachkommenschaft sehen und seine Tage werden verlängert werden.

Auch in Vers 11 ist es wieder der Messias, der gestorben ist und fähig sein wird, das Resultat seiner Leiden zu sehen. Dadurch, dass er selbst weiss, dass er der Messias ist, der für die Sünde starb, wird er dazu
 fähig sein, vielen die Rechtfertigung zu bringen. Während er für alle starb, galt sein Tod aber nur denen, die glauben. Für diejenigen, die glauben, «wird er ihre Ungerechtigkeiten tragen».

Zusammenfassung: Gott wird zufriedengestellt werden durch das Werk seines Dieners, denn er stirbt einen stellvertretenden Tod für sein Volk, und durch seinen Tod rechtfertigt er viele, indem er ihre Ungerechtigkeit trägt.

In Vers 12 wird er endlich in sein Reich kommen, weil er «seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod». Er wurde als Sünder angesehen, ohne es aber zu sein, sondern er trug vielmehr die Sünde anderer und hat durch seinen Tod und seine Auferstehung Fürsprache für die Übertretungen anderer eingelegt. Zusammenfassung: Der Knecht wird am Ende mehr als alle anderen reich gesegnet werden, weil er um anderer willen gestorben ist, damit ihre Sünde trug und nun für sie Fürbitte tut.

Zusammenfassung von Jesaja 52-53

Nachdem wir diese Passage jetzt durchgelesen haben, sollte es völlig klar sein, dass diese Prophezeiung keinesfalls auf die Nation Israel angewendet werden kann. Israel ist nicht schweigend. Israel ist niemals legal vor Gericht gestellt und verurteilt worden. Israel als Nation ist nie durch eine legale Exekution gestorben. Wie schon gesagt worden ist, haben alle antiken Rabbiner ohne Ausnahme die Anschauung gehabt, dass es sich hier um eine messianische Pas sage handelt. Es gibt natürlich einen scheinbaren Konflikt zwischen Stellen wie dieser, die den Messias als leidend beschreiben, und anderen, die von ihm sagen, dass er erobert, herrscht und regiert in Jerusalem.


Für die Gläubigen ist das leicht zu verstehen dadurch, dass der Messias zweimal kommt, einmal um zu leiden und ein zweites Mal, um sein König reich aufzurichten und in Frieden von Jerusalem aus zu regieren. Die antiken Rabbiner haben das Problem auf andere Weise gelöst, nämlich indem sie das Konzept von den zwei Messiassen aufgestellt haben. Sie haben gelehrt, dass der erste Messias, den sie «Messias, der Sohn von Josef» genannt haben, der in Ägypten gelitten hatte, kommen und in Erfüllung der Diener-Passagen sterben würde (als eine davon führten sie Jesaja 53 auf).
Der zweite Messias, «Messias, der Sohn von David», würde dann anschliessend kommen und den ersten Messias wieder zum Leben erwecken. Daraufhin würde er dann sein Königreich aufrichten um zu herrschen und zu regieren. Sie haben die Lehre vom Tod und der Auferstehung klar anerkannt, die in den messianischen Prophezeiungen liegt, haben aber darin versagt, korrekt zu interpretieren, dass der Messias ein erstes Mal kommen musste, um für unsere Sünden zu sterben und dann ein zweites Mal kommt, um in Jerusalem zu herrschen. In zehn Punkten lässt sich zusammenfassen, warum dieser Abschnitt sich auf den Messias und nicht auf Israel beziehen muss:
1. Das war schon die Ansicht aller antiken Rabbiner (siehe Anhang 2).
2. Charakteristische Pronomen wie «wir», «uns», «unser» müssen sich auf Jesaja und seine jüdischen Zuhörer beziehen, während «er», «ihn», «sein» dem Messias gilt.
3. Durch den ganzen Abschnitt hindurch wird der Knecht als Einzelperson und nicht als Nation dargestellt; es gibt keine Allegorien^" oder Personifizierungen des Dieners als Israel.
4. In Vers 9 ist das Leiden des Dieners freiwillig, absichtlich und schweigend, was niemals für Israel zugetroffen hat.
5. In Vers 8 stirbt der Knecht für «mein Volk», und da Jesajas Volk eben die Juden waren, wird damit klar unterschieden zwischen dem Diener und Israel.
6. Der Diener ist ein unschuldig Leidender (Verse 4-6, 8-9), aber Israel leidet immer für seine eigenen Sünden, wie Jesaja in 1, 4-8 festgestellt hat.
7. Der Knecht stirbt einen stellvertretenden Tod als Ersatz für uns (Verse 4-6.8.10.12), während Israel nicht stellvertretend für die Heiden leidet, sondern wegen der Heiden.

---------

14 Allegorie = bildliche Darstellung eines abstrakten Begriffs.

8. Die Leiden des Dieners bringen Rechtfertigung und geistliche Heilung für die, die sie annehmen (Verse 5b, 11b), aber Israel hat das nicht für die Heiden getan.
9. Der Diener stirbt (Verse 8,12), aber das Volk Israel überlebt immer.
10.Der Knecht wird wieder auferweckt (Verse 10-11), aber, da das Volk Israel niemals gestorben ist, besteht für es auch kein Bedarf einer Auferstehung.


Jesaja 52,13 - 53,12 lehrt:
→ Der Messias wurde in einem gewöhnlichen Umfeld geboren, das keine unüblichen Züge aufwies.
→ Das Erste Kommen des Messias wird von Leiden charakterisiert wer den.
→ Der Messias wird bei seinem ersten Kommen abgelehnt werden.
→ Der Messias wird einem legalen Gerichtsprozess unterzogen und zum Tode verurteilt werden.
→ Der Messias wird getötet werden.
→ Der Messias wird in der Grabkammer eines reichen Mannes beigesetzt werden.
→ Der Messias wird auferweckt werden.
→ All die Leiden des Messias und sein Tod werden stellvertretend sein. Er starb, damit wir Leben haben können. Er starb, damit unsere Sünden von uns weggenommen werden können.
Er starb, damit wir in eine neue Beziehung mit Gott eintreten können.
→ Der Messias wird all denen Rechtfertigung bringen, die an ihn glauben.

Jesaja 61,1--3 Die Mission des Dieners

Diese Prophezeiung fällt in die dritte Kategorie von messianischen Prophetien, die in der Einleitung erwähnt worden sind, nämlich diejenige solcher, die kombinierte Verweise auf Erstes und Zweites Kommen enthalten, ohne dabei einen klaren Hinweis auf den Zeitsprung zwischen beiden zu geben. Verse 1 und 2a beschäftigen sich mit dem Ersten Kommen, Verse 2b und 3 mit dem Zweiten Kommen. Das wird ganz klar anhand von Jesu Lesung dieser Passage, die im Lukasevangelium beschrieben wird:

Und er kam nach Nazareth, wo er erzogen worden war; und er ging nach seiner Gewohnheit am Sabbattag in die Synagoge und stand auf, um vorzulesen. Und es wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht; und als er das Buch auf gerollt hatte, fand er die Stelle, wo geschrieben war: «Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat. Armen gute Botschaft zu verkündigen; er hat mich gesandt, Gefangenen Freiheit auszurufen und Blinden, dass sie wieder sehen. Zerschlagene in Freiheit hinzusenden, auszurufen ein angenehmes Jahr des Herrn.» Und als er das Buch zugerollt hatte, gab er es dem Diener zurück und setzte sich; und aller Augen in der Synagoge waren auf ihn gerichtet. Er fing aber an, zu ihnen zu sagen: Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt. Lukas 4, 16-21
Jesus las die Verse 1 und 2a und stoppte dann - diese Worte waren jetzt erfüllt worden, aber die Erfüllung des Restes des Abschnitts wartet immer noch auf seine Wiederkehr.

Das Erste Kommen - 61, 1-2a
Vers 1 bestätigt nochmals Jesaja 11, 2 und 42, 1. Der Messias wird mit dem Heiligen Geist gesalbt werden für seine Mission und seine Aufgabe. Diese Salbung fand im Leben Jesu bei seiner Taufe statt (Mt 3, 16). Es geschah an diesem Punkt, dass er seinen öffentlichen Dienst begann und offen beanspruchte, der Messias zu sein. Für sein Erstes Kommen ist dem Messias prophezeit, vier Dinge zu tun:

1. Die Gute Nachricht (oder «das Evangelium») den Menschen zu predigen.
2. Den Gefangenen Freiheit zu verkündigen. Im jüdischen Kontext waren die Nation Israel und die Juden im besonderen unter das mosaische Gesetz versklavt, weil sie unfähig waren, es zu halten. Jeder, der eine Sünde begeht, wird zum Sklaven der Sünde. Da kein Jude dazu fähig war, alle 613 Gebote vollkommen einzuhalten, waren sie versklavt unter den Fluch des Gesetzes. Jesus kam, um Freiheit und Befreiung vom Gesetz zu predigen durch den Glauben an ihn.
3. Um denen, die gebunden sind, das Gefängnis zu öffnen. Das wird im Neuen Testament näher erklärt im Brief an die Hebräer 2,14-16. Wegen Israels Versagen unter dem Gesetz waren sie durch eine satanische Furcht vor dem Tod gebunden. Ein Teil von Jesu Mission bei seinem Ersten Kommen besteht darin, die Schlüssel des Todes und des Hades von Satan wegzunehmen, so dass derjenige, der an Jesus glaubt, Jude oder Heide, keine Angst mehr vor dem Tod haben und von dieser Furcht nicht mehr gefangen sein muss.



4. Um das angenehme Jahr der Gnade Jahwes zu verkündigen. Oder, wie man es auch ausdrücken könnte, «die angenehme Periode der Gunst der Gnade». Mit dem Tod des Messias ist das Zeitalter des Gesetzes zu Ende gebracht worden und das Zeitalter der Gnade hat begonnen. Unter der Gnade Gottes kommt unsere Rettung einzig und allein daher, dass wir akzeptieren, dass der Messias um unsertwillen starb und wieder auferstand. Das ist eine persönliche Entscheidung, die an einem Punkt im Leben einer Person getroffen werden muss. Niemand kann im neutestamentlichen Sinn des Begriffs 'als Christ geboren werden'.

Das Zweite Kommen - 61, 2b -3
Dieser Aspekt liegt ausserhalb der Spannbreite dieser Studie (15)

Jesaja 61, 1-2a lehrt:
• Der Messias wird vom Heiligen Geist für seine Mission gesalbt werden.
• Der Messias wird einen prophetisch predigenden Dienst haben. (Fortsetzung folgt)

Der Autor: Dr. Arnold G. Fruchtenbaum, Lekt hpw

Messianische Christologie (1)  Teil 3

 Eine Studie der hebräischen Prophetie über das  erste Kommen des Messias

3. Teil

 Dr. Arnold G. Fruchtenbaum  FUNDAMETNUM /2000
/1 Messianische Christologie (1) Teil 3

Eine Studie der hebräischen Prophetie über das erste Kommen des Messias

3. Teil

Dr. Arnold G. Fruchtenbaum FUNDAMETNUM /2000

Jeremia 23, 5-6 - Der Messias als König

Jer 23,5 Siehe, Tage kommen, spricht Jehova, da ich dem David einen gerechten Spross erwecken werde;
und er wird als König regieren und verständig handeln, und Recht und Gerechtigkeit üben im Lande.
Jer 23,6 In seinen Tagen wird Juda gerettet werden und Israel in Sicherheit wohnen;
und dies wird sein Name sein, mit dem man ihn nennen wird: Jehova, unsere Gerechtigkeit (2)


Diese Verse befassen sich vor allem mit dem zweiten Kommen des Messias,
aber sie enthalten einen Aspekt, welcher auch auf das erste Kommen
hindeutet.
Vers 5 spricht von einem Mann, der ein Sohn Davids sein
wird, der regieren und als König herrschen wird.
Die Königsherrschaft des Messias ist erst im Anzug, aber dieser
Vers spricht klar vom Messias als von einem Nachkommen Davids
und hebt sein Menschsein hervor,

in Vers 6 dagegen wird diesem Mann ein Name gegeben, der Gott allein
zusteht: Jahwe. In modernen Übersetzungen steht meistens HERR, wenn
im Hebräischen die vier Buchstaben JHWH stehen,
die man Jahwe liest (Hebräisch: mn\ von rechts nach links sind es die Buchstaben jod, he, waw, he).
In allen hebräischen Schriften [das AT] wird der göttliche Name JHWH nur für Gott allein verwendet,
und doch wird dem Mann, von dem Vers 5 spricht, in Vers 6 eindeutig der Name von Gott gegeben.
Diese Tatsache stellt uns wieder vor die klare Auffassung vom Messias als
Gott Mensch.
___________________________

( 1)
Der folgende Beitrag wurde von der Redaktion aus dem Englischen übersetzt.
Der erste Teil dieser Ausführungen erschien in FUNDAMENTUM 2/1997,
der zweite Teil in 3/1998.
Vorliegender 3. Teil rundet die Ausführungen zu den messianischen Aussagen in den prophetischen Büchern ab.
Eine Fortsetzung dieser Reihe wird sich in loser Folge anschliessen

(2)
Wenn nicht anders vermerkt, werden die Bibelverse gemäss der Elberfelder 1905/27 wiedergegeben.


Eines der Argumente des rabbinischen Judentums, um diese Lehre zu
widerlegen, ist, dass es durch die Bibel hindurch Beispiele von Namen
gibt, welche den Namen Gottes enthalten. So zum Beispiel bedeutet

der Name
Jeremia «Jahwe wird gründen»
oder
«Jahwe wird stürzen».

Ein weiteres Beispiel Ist der Name

Jesaja: «Jahwe ist Rettung».
Und so gibt es viele andere Namen, welche «Jahwe» enthalten.
Wir müssen uns jedoch
bewusst werden, dass in keinem dieser Fälle alle vier Buchstaben
JHWH gefunden werden können. Normalerweise werden nur zwei Buchstaben
gebraucht, manchmal drei, aber nirgends alle vier für den Namen
Gottes, wo er in Beziehung zu einem menschlichen Wesen steht. Trotzdem
spricht Jer 23, 5 klar von einem Mann, einem menschlichen Nachkommen
des Königs David, und in 23, 6 ist ihm ein Name gegeben, welcher
einzig und allein der Name für Gott ist.

Dies ist etwas, welches in der Tat nicht von den alten Rabbinern diskutiert
wurde, welche diesen Schriftabschnitt immer als messianisch betrachtet
haben. Es ist erst später geschehen, dass Rabbiner versuchten, auf andere
Weise zu argumentieren. Vier Zitate von rabbinischen Schriften können
hier aufgezeichnet werden.

In dem Midrasch zu Spr 19, 21 (etwa 200 - 500 n. Chr.) steht:
Rabbi Hunah sagt: «Acht Namen werden dem Messias gegeben.
Diese heissen
Yinnon,
Shiloh,
David,
Menachem,
JHWH,
unsere Gerechtigkeit,
Tsemach,
Elias.»

Der fünfte der aufgelisteten Namen ist Jahwe,
der Name Gottes, und dieser basiert auf den Worten aus Jer 23, 6.
Der siebente Name ist Tsemach (oder Zweig), und dieser basiert auf Jer 23, 5.

In dem Midrasch zu Klagelieder 1,16 steht:
Welches ist der Name des Messias? Rav Ava ben Kahanna sagt: «JHWH ist sein Name»,
und das wird nachgewiesen durch das «dies wird sein Name sein»
aus Jer 23, 6.

Im Talmud (Babha Bathra Tractate 75b) steht:
Shmuel ben Nachman sagt im Namen des Rabbi Johanan: «Drei werden
nach dem Namen des Heiligen, gebenedeiet sei er, benannt, und zwar:
die Frommen, der Messias ... denn es heisst: Und dies wird sein Name
sein mit dem man ihn benennen wird: Der HERR ist unsere Gerechtigkeit
(Jer 23, 6)...»
-------------------------
Vgl. Lazarus Goldschmidt (Hrsg.), Der Babylonische Talmud, Bd. VI, S. 1142, Leipzig:
Otto Harrassowitz, 1906.


In dem Midrasch zu Ps 21,1 steht:
«Gott nennt den Messiaskönig mit seinem eigenen Namen, aber wie lautet
sein Name? Die Antwort lautet; 'JHWH ist ein Kriegsmann', und betreffs
des Messias lesen wir: 'JHWH unsere Gerechtigkeit, das ist sein
Name'.» ( 3)

(3)
Vgl. Lazarus Goldschmidt (Hrsg.), Der Babylonische Talmud, Bd. VI, S. 1142, Leipzig: Otto Harrassowitz, 1906.
Und so kann festgestellt werden, dass in alten rabbinischen Schriften, und
selbst im Talmud, Jer 23, 6 sich auf den Messias bezieht, und dass diesem
Messias der Name Jahwe gegeben worden ist.

Jeremia 23, 5-6 lehrt:
- Der Messias wird Gott-Mensch sein.
- Der Messias wird Jahwe selber sein; Jahwe sollte Mensch werden.
- Der Messias soll ein Nachkomme von David und deswegen ein
König sein. Jeremia bestätigt den Bund Gottes mit dem Geschlecht Davids
(vgl. die Erörterungen zu 1. Chr 17,10b-14).

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Micha 5,1 - Bethlehem Ephrata

Mi 5,1 Und du, Bethlehem-Ephrata, zu klein, um unter den Tausenden von Juda zu sein,
aus dir wird mir hervorkommen, der Herrscher über Israel sein soll; und seine Ausgänge sind von der Urzeit,
von den Tagen der Ewigkeit her.

Dieser Vers ist eine Ergänzung zu Jes 7, 14. Es hat sich schon gezeigt,
dass sehr viele Schriftstellen sowohl auf die göttliche als auch auf die
menschliche Natur des Messias hinweisen. Das wird bereits in Gen 3 und
4 deutlich und geht weiter bis zur Prophetie Michas. Micha war ein Zeitgenosse
Jesajas. Er prophezeite zur selben Zeit wie Jesaja, aber in
einer anderen Gegend Judäas.

In Jes 7, 14 lesen wir, dass der Messias
von einer Jungfrau geboren werden soll. Hier, in Micha 5, 1 lesen wir,
wo diese Geburt sein wird. Der Messias soll nicht in Jerusalem geboren werden,
wie man es eigentlich erwarten könnte, sondern in Bethlehem.
Das wird vielleicht in Jes 11, 1 angedeutet, aber hier wird es deutlich gesagt.

Es ist von Bethlehem Ephrata die Rede, das damit unterschieden wird von einem anderen Bethlehem in Galiläa.
Bethlehem Efrata ist das Bethlehem Davids und Judas und liegt südlich von Jerusalem.

Von dem, der geboren werden soll, wird gesagt, dass er «mir hervorgeht».
Er wird geboren, um einen besonderen Auftrag zu erfüllen,
eine spezifische Absicht Gottes. Was seinen menschlichen Ursprung betrifft, so wird
von ihm gesagt, dass er In Bethlehem geboren wird, aber was seinen göttlichen Ursprung betrifft, so wird von ihm gesagt, dass er «von der Urzeit» ist, «von den Tagen der Ewigkeit her». Die hebräischen Wörter für «von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her» sind Wörter, mit denen man die vergangene Ewigkeit ausdrücken kann. Sie werden in Bezug auf Gott, den Vater, z.B. in Ps 90, 2 gebraucht. Was also auf Gott, den Vater, zutrifft, das trifft nach dieser Aussage auch auf den zu, der in Bethlehem geboren werden soll. Diese Wörter werden auch in
Spr 8, 22.23 benutzt, wo die Stimme der Weisheit spricht.

Wir haben also wieder eine Textstelle vor uns, die zeigt, dass der Messias Mensch sein muss - geboren zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort -, dass er aber doch seit Ewigkeiten existiert und daher
göttlich sein muss.

Micha 5,1 lehrt:
- Der Messias muss In Bethlehem, der Stadt Davids, geboren werden.
- Der Messias muss sowohl göttlich als auch menschlich sein, weil er von Ewigkeit her existiert.

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Sacharja 9, 9-10 - Er reitet auf einem Esel


Sach 9,9 Frohlocke laut, Tochter Zion; jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König wird zu dir kommen: gerecht und ein Retter ist er, demütig, und auf einem Esel reitend, und zwar auf einem Füllen, einem Jungen der Eselin.
Sach 9,10 Und ich werde die Wagen ausrotten aus Ephraim und die Rosse aus Jerusalem, und der Kriegsbogen wird ausgerottet werden. Und er wird Frieden reden zu den Nationen; und seine Herrschaft wird sein von Meer zu Meer, und vom Strome bis an die Enden der Erde.


Die dritte Kategorie messianischer Prophetie ist - wie in der Einleitung
erwähnt - die Art, bei der Prophetien über das erste und das zweite
Kommen des Messias ohne erkennbare Trennung zusammengefasst
werden. Sach 9, 9-10 ist ein Beispiel dafür. Vers 9 bezieht sich auf das
erste Kommen und Vers 10 auf das zweite. Das kann man von anderen
Texten der Schrift her erschliessen, es wird aber aus dem Text selbst nicht ersichtlich.


Das Erste Kommen

Der Hintergrund für diese Verse ist eine Invasion Israels durch einen ausländischen König, die in den Versen 1-8 prophezeit wird. Diese Verse wurden durch Alexander den Grossen erfüllt. Aber in Vers 9 finden wir als Kontrast zu diesem einfallenden Heidenkönig eine Bezugnahme auf einen zukünftigen jüdischen König. Israel wird gesagt, es solle jauchzen, weil «dein König», also Israels König, kommt, nicht «gegen dich», sondern «zu dir». Jerusalem soll laut jubeln, denn dieser König wird im Gegensatz zu Alexander sein:

1. gerecht Sein Kennzeichen ist Gerechtigkeit, was auch durch Jer 23, 5-6 betont wird. Dagegen starb Alexander der Grosse sinnlos betrunken.

2. ein Retter In Gegensatz dazu steht Alexander, der kam um zu erobern.

3. niedrig und demütig Niedrig hat hier den Sinn, dass er erniedrigt wurde, durch Bedrückung. Der Messias wurde in der Tat niedergedrückt. Alexander kam jedoch mit Prunk und Macht.

Weiterhin wird dieser König im Gegensatz zu Alexander dem Grossen auf seinem weissen Ross auf einem Esel reiten. Genauer gesagt, er soll auf dem Füllen eines Esels reiten - einem Tier, das noch nicht zugeritten war, auf dem noch niemand vorher geritten war. Die Erfüllung dieser Prophetie finden wir in den Evangelien des Neuen Testamentes beim triumphalen Einzug Jesu in Jerusalem zu Beginn der letzten Woche seines Lebens (Mt 21, 1-11). Dies kennzeichnete sein offizielles Auftreten als messianischer König. Jesus beauftragt seine Jünger, nach Bethphage zu gehen und ein Füllen zu finden, das noch nie zuvor geritten wurde. Den Aspekt des Wunders darf man dabei nicht übersehen. Normalerweise hätte das Tier bocken müssen, als Jesus es bestieg: aber statt ihn abzuwerfen, fügte es sich ihm.


Das zweite Kommen

Vers 10 befasst sich mit den Ereignissen des zweiten Kommens, bei dem alle Kriegswaffen aus dem Land entfernt werden. Aber dies liegt nicht im Bereich dieser Studie.


Die rabbinische Sicht:

Hier sehen wir sehr deutlich die beiden Linien messianischer Prophetie Seite an Seite in der gleichen Textstelle. Zuerst wird der Messias be schrieben als niedrig und unterdrückt, aber dann, gleich im nächsten Satz, wird er als König gesehen, dessen Herrschaft sich bis an die Enden der ganzen Erde erstreckt. Wenn die Rabbis in alter Zeit diese beiden sich «widersprechenden» Prophetien betrachteten, versöhnten sie diese mit einander, indem sie sagten, dass es zwei verschiedene Messiasse geben werde. Zuerst würde der Messias kommen, den sie den Sohn Josephs nannten, um die Textstellen zu erfüllen, die vom Leiden sprechen. Dann würde ihm der Messias, der Sohn Davids folgen, der erobernde Messias. Eine alte rabbinische Quelle sagt:

Rabbi Joseph, der Sohn Levis, nimmt daran Anstoss, dass an einer Stelle geschrieben steht: «Siehe, jemand wie der Menschensohn kommt mit den Wolken des Himmels», aber dass an einer anderen Stelle geschrieben steht: «niedrig und auf einem Esel reitend». Die Lösung ist folgende: Wenn sie gerecht sind, dann kommt er mit den Wolken des Himmels, sind sie aber nicht gerecht, dann wird er niedrig kommen, auf einem Esel reitend.'* Das ist eine alternative rabbinische Interpretation, um die beiden Linien messianischer Prophetie zu erklären. Sie besagt, dass entweder die eine Linie der Prophetie erfüllt wird oder die andere, aber nicht beide. Wenn Israel gerecht ist, wird der Messias auf den Wolken reitend kommen, aber wenn es sündig ist, dann wird er auf einem Esel reitend kommen. Die Schrift verlangt jedoch ganz klar die Erfüllung beider Typen der Prophetie.

Die Sicht des Neuen Testamentes ist viel einfacher als die beiden oben wiedergegebenen rabbinischen Ansichten. Es lehrt, dass es einen einzi gen Messias gibt, aber dass er zweimal kommt: zuerst um zu sterben, und dann ein zweites Mal, um zu herrschen. Auf diese Weise erfüllt er alle prophetischen Äusserungen über ihn.

Sacharja 9, 9-10 lehrt: - Das erste Kommen des Messias wird gekennzeichnet sein durch Niedrigkeit. - Die offizielle Präsentation als messianischer König wird dann sein, wenn er durch Jerusalem reitet, und zwar auf einem Eselsfüllen.

________________________________


Vgl. Sanhedrin 97b im Talmud, a.a.O.

48 Messianische Christologie

Sacharja 11,1-17 - Die beiden Hirten


Sach 11,1 Tue auf, Libanon, deine Tore, und Feuer verzehre deine Zedern!
Sach 11,2 Heule, Zypresse! Denn die Zeder ist gefallen, denn die Herrlichen sind verwüstet. Heulet, Eichen Basans! Denn der unzugängliche Wald ist niedergestreckt.
Sach 11,3 Lautes Heulen der Hirten, denn ihre Herrlichkeit ist verwüstet; lautes Gebrüll der jungen Löwen, denn die Pracht des Jordan ist verwüstet!
Sach 11,4 Also sprach Jehova, mein Gott: Weide die Herde des Würgens, Sach 11,5 deren Käufer sie erwürgen und es nicht büßen, und deren Verkäufer sprechen: Gepriesen sei Jehova, denn ich werde reich! und deren Hirten sie nicht verschonen.
Sach 11,6 Denn ich werde die Bewohner des Landes nicht mehr verschonen, spricht Jehova; und siehe, ich überliefere die Menschen, einen jeden der Hand seines Nächsten und der Hand seines Königs; und sie werden das Land zertrümmern, und ich werde nicht aus ihrer Hand befreien. –
Sach 11,7 Und ich weidete die Herde des Würgens, mithin die Elenden der Herde; und ich nahm mir zwei Stäbe: den einen nannte ich Huld, und den anderen nannte ich Bande, und ich weidete die Herde.
Sach 11,8 Und ich vertilgte drei Hirten in einem Monat. Und meine Seele wurde ungeduldig über sie, und auch ihre Seele wurde meiner überdrüssig.
Sach 11,9 Da sprach ich: Ich will euch nicht mehr weiden; was stirbt, mag sterben, und was umkommt, mag umkommen; und die Übrigbleibenden mögen eines des anderen Fleisch fressen.
Sach 11,10 Und ich nahm meinen Stab Huld und zerbrach ihn, um meinen Bund zu brechen, den ich mit allen Völkern gemacht hatte.
Sach 11,11 Und er wurde gebrochen an jenem Tage; und also erkannten die Elenden der Herde, die auf mich achteten, daß es das Wort Jehovas war.
Sach 11,12 Und ich sprach zu ihnen: Wenn es gut ist in euren Augen, so gebet mir meinen Lohn, wenn aber nicht, so lasset es; und sie wogen meinen Lohn dar: dreißig Silbersekel.
Sach 11,13 Da sprach Jehova zu mir: Wirf ihn dem Töpfer hin, den herrlichen Preis, dessen ich von ihnen wertgeachtet bin! Und ich nahm die dreißig Silbersekel und warf sie in das Haus Jehovas, dem Töpfer hin.
Sach 11,14 Und ich zerbrach meinen zweiten Stab, die Bande, um die Brüderschaft zwischen Juda und Israel zu brechen. –
Sach 11,15 Und Jehova sprach zu mir: Nimm dir noch das Gerät eines törichten Hirten.
Sach 11,16 Denn siehe, ich erwecke einen Hirten im Lande: der Umkommenden wird er sich nicht annehmen, das Versprengte wird er nicht suchen, und das Verwundete nicht heilen; das Gesunde wird er nicht versorgen, und das Fleisch des Fetten wird er essen und ihre Klauen zerreißen.
Sach 11,17 Wehe dem nichtigen Hirten, der die Herde verläßt! Das Schwert über seinen Arm und über sein rechtes Auge! Sein Arm soll gänzlich verdorren, und sein rechtes Auge völlig erlöschen.



Das ganze Kapitel 11 behandelt in gewisser Hinsicht das erste Kommen und die Ereignisse, die es begleiten. Das Kapitel ist in drei Teile gegliedert. Verse 1-3 beschreiben eine grosse Verwüstung, die über das ganze Land Israel von Norden nach Süden kommt. Dies wurde in dem ersten und zweiten Aufstand gegen Rom in den Jahren 70 n. Chr. und 135 n. Chr. erfüllt. Verse 4-14 beschreiben die Ereignisse des ersten Kommens und die Ablehnung des wahren Hirten (Messias), was zur Vernichtung von 70 n. Chr. führte. Verse 15-17 beschreiben die Wahl eines falschen Hirten, die zur Vernichtung von 135 n. Chr. führte.

Die Verwüstung des Landes (Verse 1-3)

Die in den Versen 1-3 beschriebene Art der Verwüstung geschah nur im Jahr 70 n. Chr. als Folge des ersten jüdischen Aufstandes gegen Rom. Man könnte sagen, dass die Prophetie dieser ersten drei Verse dann voll ständig im Jahr 135 erfüllt wurde, als das Land bei dem zweiten Aufstand völlig verwüstet wurde. Der jüdische Tempel wurde oft bezeichnet als ein Zedernort oder als ein Zedernhaus (1. Könige 5, 5-6). Daher ist die in den Versen 1 und 2 beschriebene Zerstörung wahrscheinlich eine Anspielung auf die künftige Zerstörung des Tempels, und zwar des Tempels, an dessen Wiederaufbau man zur Zeit der Prophetie Sacharjas noch arbeitete. In Vers 3a wer den die Hirten, das bedeutet die jüdischen Führer, aufgefordert zu klagen wegen des Ruins ihrer Herrlichkeit. Als Jerusalem und der Tempel zerstört wurden, ist ihre Herrlichkeit wahrhaftig ruiniert worden. Schliesslich konzentriert sich Vers 3b auf die Zerstörung im Jordantal. Diese wird auch in Jer 12, 5; 49, 19 und 50, 44 erwähnt. Der Rest dieses Kapitels handelt von den zwei Gründen für diese Zerstörung, mit der Ablehnung des wahren Hirten und der Annahme des falschen Hirten.

Die Ablehnung des wahren Hirten (Verse 4-14)

Der Auftrag des Propheten

In den Versen 4-6 wird dem Propheten Sacharja ein Auftrag gegeben. Ihm wird eine Rolle übertragen, die er als Botschaft an das Volk spielen soll. Die Rolle, die er spielen soll, ist die des Messias bei seinem ersten Kommen. Der Messias wird hier In der Person eines Hirten dargestellt, der

50 Messianische Christologie

seine Herde versorgt. Die Herde (Vers 4) steht symbolisch für Israel. Die Schafe werden von ihren Eigentümer (symbolisch für Rom) umgebracht, und sogar «ihre eigenen Hirten» (symbolisch für die jüdischen Führer) «haben kein Mitleid mit ihnen». In Vers 5 ist die Herde, das Volk Israel, vom Menschen im Stich gelassen worden, aber weiter unten, in Vers 6, ist sie auch von Gott verlassen worden. Gott sagt, dass er bewirken will, dass er jeden einzelnen Menschen «in die Hand seines Königs geraten lässt». Das scheint auf den ersten Blick ein wenig verwirrend zu sein, weil ja Israel zur Zeit der römischen Besatzung keinen König hatte. In den Evangelien lesen wir aber, dass Pontius Pilatus, als Jesus (der wahre Hirte) vor ihm vor Gericht stand, dem Volk erklärte: «Hier ist euer König». Aber die Pharisäer verwarfen Jesus und schrien: «Wir haben keinen König ausser dem Kaiser» (Joh 19, 15). Weil der Messias als König abgelehnt wurde und nur der Kaiser als König anerkannt wurde, hat Gott sie diesem König zum Gericht überlassen. Im Krieg mit den Römern sind 70 n. Chr. insgesamt 1, 1 Millionen Juden getötet und 97.000 in die Sklaverei geführt worden.

Die Ausführung des Auftrags

In den Versen 7-11 führt Sacharja seinen Auftrag aus. In Vers 7 füttert er die zum Schlachten bestimmte Herde, aber vor allem «die Armen» (oder die Elenden). «Die Armen und Elenden» sind ein häufiger Ausdruck bei den Propheten und beziehen sich immer auf den gerechten Überrest Israels. Wenn Israel als Ganzes viele Male in seiner Geschichte rebellisch und gesetzlos gewesen ist, blieb dennoch immer eine kleine Gruppe Ge rechter, gläubiger Menschen, in Israel übrig, die als «der Rest Israels» bezeichnet wurde.

Der Messias wird zwar kommen, um ganz Israel zu dienen, aber es wird eine besondere Betonung auf seinem Dienst an dem glaubenden Überrest innerhalb Israels liegen. Die Erfüllung davon sehen wir in Mt 9, 35.36. Sacharja benutzt zwei Stäbe für seinen Dienst. Dem einen wird der Name «Freundlichkeit» gegeben und dem anderen «Verbindung». Der Stab «Freundlichkeit» diente zur Verteidigung der Herde, und der Stab «Verbindung» sollte die Herde zusammenhalten und ihre Einheit bewahren. In Vers 8 sieht sich Sacharja der Opposition dreier anderer Hirten gegen über. Im Zusammenhang mit Jesu Dienst stehen diese drei Hirten symbolisch für die Pharisäer, die Sadduzäer und die Schriftgelehrten, die Schlüsselfiguren der jüdischen Führung zur Zelt des ersten Kommens. Eine der Folgen von Jesu Dienst war die Vernichtung dieser drei Gruppen. Der Grund für ihre Vernichtung ist die in Vers 8 beschriebene gegen-

Messianische Christologie 51

seitige Gegnerschaft. Die Erfüllung dieser Prophetie ist vor allem zu sehen in Jesu Anprangerung der religiösen Führer Israels, wie sie in Mt 23, 1-37 beschrieben ist. Zweitens kann die feindselige Einstellung der Führer Jesus gegenüber darin gesehen werden, wie sie seine Hinrichtung planen und Judas Ischarioth bestechen, ihn zu verraten.

Obgleich Vers 7 den treuen Hirten der Herde beschrieb, gibt es in Vers 9 ein urplötzliches Aufhören mit der Fütterung der Schafe. Im Dienst Jesu wurde dieser Teil der Prophetie durch die in Mt 12, 22-45 geschilderten Ereignisse erfüllt. Dieses Kapitel beschreibt den entscheidenden Wende punkt in Jesu Dienst: die Verneinung seiner Messianität wegen angeblicher dämonischer Besessenheit. Vor dieser Ablehnung hatte Jesus öffentlich seinen Anspruch verkündet, der Messias zu sein. Nach seiner Ablehnung aber machte Jesus keine solchen Ansprüche mehr und verbot jedem (den Jüngern und denen, die er heilte), darüber zu reden, dass er der Messias ist. Vor seiner Ablehnung lehrte Jesus das Volk (fütterte er die Herde) offen und klar (z.B. mit der 'Bergpredigt'). Nach der Ablehnung ging Jesus plötzlich und unmittelbar zu dem ausschliesslichen Gebrauch von Gleichnissen über, um die Wahrheit vor den Massen zu verbergen. Ihn der Besessenheit anzuklagen bildete die «unvergebbare Sünde», und von dem Augenblick an war das Gericht von 70 n. Chr. unvermeidbar. In dem Augenblick, wo die unverzeihliche Sünde begangen wird, hört Jesus auf, die Herde als Ganze zu füttern und befasst sich nur mit einzelnen Menschen dieser Nation. In Vers 10 nimmt Sacharja, wenn mit dem Füttern aufgehört wird, den Stab mit dem Namen «Freundlichkeit» und zerbricht ihn. Dies symbolisiert, dass Gott den Schutz über Israel aufhebt, und dass das Gericht von 70 n. Chr. unvermeidbar wird. (Die Erfüllung davon ist in Luk 19, 41-44 und 21, 24 zu sehen.) Es ist zu beachten, dass «Völker» im Plural steht und so die Heidennationen meint. Israel ist jetzt den Angriffen der Heiden gegenüber verwundbar, und der Angriff der Römer im Jahre 70 war in der Tat vernichtend.

In Vers 11 sehen die Elenden der Herde, das heisst der gläubige Überrest, das Zerbrechen des Stabes «Freundlichkeit» als Wort Gottes und verstehen dessen Bedeutung. Während des Dienstes Jesu haben die jüdischen Gläubigen auch in der Tat verstanden, dass Gericht kommen würde, dass es aus der Hand Gottes kam und dass es unvermeidbar war. In Luk 21 hatte Jesus ihnen Anweisung gegeben, aus Jerusalem zu flie hen, wenn die Zeit der Zerstörung kommen würde. Dort heisst es In den Versen 20-24:

20 Wenn ihr aber Jerusalem von Heerscharen umzingelt seht, dann er kennt, dass seine Verwüstung nahe gekommen ist! 21 Dann sollen die in

52 Messianische Christologie

Judäa auf die Berge fliehen und die, die in seiner Mitte sind, daraus entweichen, und die, die auf dem Land sind, nicht dort hineingehen. 22 Denn dies sind Tage der Rache, dass alles erfüllt werde, was geschrieben steht. 23 Wehe aber den Schwangeren und den Stillenden in jenen Ta gen! Denn grosse Not wird auf der Erde sein und Zorn gegen dieses Volk. 24 Und sie werden fallen durch die Schärfe des Schwertes und gefangen weggeführt werden unter alle Nationen; und Jerusalem wird zertreten werden von den Nationen, bis die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden.

Als 66 n. Chr. die Römer Jerusalem belagerten, erkannten die Gläubigen in der Stadt, dass die Zeit des Gerichtes gekommen war, dass sie nicht an den Kämpfen teilnehmen, sondern in die Berge flüchten sollten. Später in diesem Jahr wurde die Belagerung zeitweilig aufgehoben und die gesamte jüdisch-christliche Gemeinschaft aus Jerusalem und dem ganzen Lande Israel (etwa 100.000 Menschen) verliessen Israel und fanden Zu flucht In Pella, östlich des Jordan. Im Jahre 68 wurde die Belagerung wie der aufgenommen, und 70 kam die endgültige Zerstörung.

Der Hauptpunkt ist hier, dass die «Eiendesten der Herde», diejenigen, denen ein besonderer Schwerpunkt im Dienst des Messias galt, verstanden, dass Gottes Schutz aufgehoben war, dass die Nation unter dem Gericht stand. Und daher handelten sie in Übereinstimmung mit Jesu Worten in Luk 21. Weil sie gläubig den Worten ihres Messias gehorchten, verlor keiner der jüdischen Gläubigen das Leben, wurde kein jüdischer Gläubiger In die Sklaverei geführt.

Der Preis für den guten Hirten

Verse 12-14 beschreiben den Wert, wie man die Arbeit des guten Hirten einschätzte. In Vers 12 tritt der gute Hirte auf die Führer Israels zu und verlangt seinen Lohn, dass er bezahlt werde gemäss dem, wie sie ihn wert schätzen. Man zahlt ihm dreissig Silberstücke. Heute könnte dies vielleicht als ein vernünftiger Betrag erscheinen, aber es war in Wirklichkeit ein Zeichen für Verachtung. Unter dem mosaischen Gesetz waren dreissig Silberstücke die Entschädigung für einen toten Sklaven (Ex 21, 32). Die Arbeit des guten Hirten wird daher so beurteilt, dass sie der eines toten Sklaven entspricht. Dreissig Silberstücke bezahlt zu bekommen, war beleidigender als gar nichts zu bekommen. Die Worte von Vers 13 sind hier ausserordentlich wichtig. Es ist zwar Sacharja, dem die dreissig Silberstücke ausgezahlt wurden, aber wer ist im Eigentlichen beleidigt? «Da sprach der HERR zu mir: Wirf ihn dem Töpfer hin, den herrlichen [= Sarkasmus] Wert, den ich ihnen wert bin!» Es ist der HERR, der der gute 
Hirte ist. Es ist der HERR, dessen Werk so verachtet wird, dass es ihnen nur die dreissig Silberstücke wert ist. Und so wird deutlich, dass Sacharja bloss ein Schauspieler ist, der eine prophetische Rolle spielt (ein übliches Mittel in der Heiligen Schrift, um Prophetien weiterzugeben), und dass diese Rolle von JHWH selbst erfüllt wird, wenn er Mensch wird, wie es in vorausgegangenen Prophetien gesagt wurde.

Sacharja wird dann gesagt, er solle die dreissig Silberstücke nehmen und fortwerfen, und zwar in das Gebiet des Töpfers auf dem Tempelareal. Diese Worte fanden ihre Erfüllung, als Judas Ischariot dreissig Silber stücke von den jüdischen Führern ausbezahlt bekam, um Jesus zu verraten. Später tat Judas das, was Sacharja tat; er warf die Münzen in das Tempelareal.

All dies wird in Mt 26, 14-16 und'27, 3-10 beschrieben. Es ist zu beachten, dass die dreissig Silberstücke Judas von den Hohenpriestern bezahlt wurden, die das Geld wohl aus dem Tempelschatz genommen hatten. Dieses Geld war für den speziellen Zweck bestimmt, Opfer zu kaufen. Obgleich sie sich dessen gar nicht bewusst waren, taten die Priester gerade das: Sie kauften ein Opfer. Jesus sollte das endgültige Opfer für die Sünde sein.

Die Antwort auf die im Vers 13 gezeigte Verachtung steht in Vers 14. Sacharja nimmt den zweiten Stab, «Verbindung» genannt, und zerbricht ihn. Auch dies ist wieder eine prophetische Handlung und bedeutet dieses Mal, dass die Herde zerstreut und die Einheit Israels zerstört werden soll.

Während des Krieges gegen die Römer von 66 - 70 n. Chr. entstanden verschiedene Gruppierungen unter den Zeloten, die begannen, sich ge genseitig zu bekämpfen. Sie vernichteten sich gegenseitig die Nahrungsvorräte und brachten sich gegenseitig um. Letztendlich war es der Streit unter den Bürgern in Jerusalem, der bewirkte, dass es so leicht an die Römer fiel. Die Zerstörung der Einheit führte daher zur Zerstreuung der Herde. Die grosse Zerstreuung der Juden hat in der Tat 70 n. Chr. begonnen.

Während die Führung den guten Hirten in den Versen 4-14 verwirft, akzeptiert sie im nächsten Abschnitt, Verse 15-17, stattdessen einen tö richten und ungerechten Hirten.


Der törichte Hirte (Verse 15-17)

In Vers 15 wird Sacharja gesagt, er solle eine zweite Rolle spielen: nicht die eines guten Hirten, wie vorher, sondern dieses Mal die eines törichten Hirten, welcher der Herde nichts als Schaden bringt. Im Jahre 132 führte Simon bar Kochba den zweiten jüdischen Aufstand gegen Rom an. Er wurde von vielen der Rabbis unterstützt, aber am bedeutsamsten ist, dass mitten im Aufstand der Oberrabbi, Rabbi Akiba, erklärte, bar Kochba sei der Messias. Am Anfang des Aufstandes hatten die christlichen Juden auch zum Schwert gegriffen und sich an dem beteiligt, was ursprünglich die Verteidigung des Landes war. Mit Rabbi Akibas Erklärung wurde jedoch der Aufstand eine messianische Bewegung, und die gläubigen Juden wurden gezwungen, sich aus dem Kampf zurückzuziehen, weil sie bar Kochba nicht als Messias unterstützen konnten. Das hatte zur Folge, dass Rabbi Akiba mit verschiedenen jüdischen Räten eine lange Liste von Gesetzen erliess, die jede Art von Verbindung mit jüdischen Gläubigen im Land verbot. Die Römer kehrten schliesslich nach der ihnen von bar Kochba zugefügten Niederlage zurück und begannen eine Politik der verbrannten Erde. Als bar Kochba 135 n. Chr. zu seinem letzten Kampf antrat, lag buchstäblich das ganze Land verbrannt da; kaum etwas wuchs noch, und die Menschen verhungerten in Scharen. So wurde die in Sach 11, 1-3 angekündigte Zerstörung in einem noch grösseren Ausmass erfüllt als im Jahre 70.

Sacharja 11,1-17 lehrt:
- Das erste Kommen des Messias wird abgelehnt, vor allem von der jüdischen Führung.
- Während die Nation als Ganzes den Messias ablehnt, wird es einen kleinen Überrest gläubiger Menschen geben, die ihn annehmen.
- Die Führung von Israel wird ihn für 30 Silberstücke verkaufen. - Die Folgen dieser Ablehnung werden zweifach sein. Erstens wird der Schutz aufgehoben und Israel für heidnische Angriffe verwundbar gemacht. Zweitens wird die Einheit von Israel genommen und Israel zerstreut.
- Weil sie sich vom wahren Messias abgewendet haben, werden sie so töricht sein und einen falschen Messias akzeptieren. -Wenn die in Sach 11, 1-3 beschriebene Zerstörung im Jahre 70 n. Chr. stattgefunden hat, dann muss der Messias vor 70 n. Chr. ge kommen sein.

Messianische Christologie 55

Sacharja 12,10 - Der Messias wird endlich anerkannt

Aber über das Haus David und über die Bewohnerschaft von Jerusalem giesse ich den Geist der Gnade und des Flehens aus, und sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über ihn wehklagen, wie man über den einzigen Sohn wehklagt, und werden bitter über ihn weinen, wie man bitter über den Erstgeborenen weint

Das ganze 12. Kapitel von Sacharja handelt von den Ereignissen des zweiten Kommens des Messias und ganz besonders von der Schlacht von Harmageddon. (Dieses Thema liegt zwar ausserhalb dieser Untersuchung, aber ich habe darüber in The Footsteps Of The Messiah auf S. 214 und 233-235 geschrieben.) Vers 10 ist jedoch sehr wichtig für das Studium der Prophetien zum ersten Kommen. Der Messias wurde von der jüdischen Führung bei seinem ersten Kommen verworfen, und es ist eine absolute Voraussetzung für sein zweites Kommen, dass die jüdischen Führer ihre ursprüngliche Ablehnung bereu en und Gott um seine Wiederkunft bitten. Sacharja beschreibt die tiefe Trauer, welche die jüdischen Führer einmal über den Tod des Messias bei seinem ersten Kommen erfahren müssen. Im Kontext dieser unserer Studie werden hier drei Punkte betont:

1. Eine weitere Bestätigung, dass der Messias von den Führern der Juden abgelehnt werden wird.

2. Uns ist schon von Jesaja mitgeteilt worden, dass der Messias sterben würde, aber jetzt wird uns gesagt, dass es ein gewaltsamer Tod sein wird: er wird durchstochen.

3. Es ist der HERR, der hier spricht und sagt: «Sie werden auf mich blicken, den sie durchbohrt haben» - es ist also JHWH, den sie durchbohrt haben. Uns wird also wieder gesagt, dass der Messias Gott selbst sein wird. Das Wort für «durchbohrt» bedeutet «durchbrochen». Dies wurde bei Jesu Kreuzigung erfüllt, als ein römischer Soldat ihm den Speer in die Seite stiess, wie es in Joh 19, 31-37 aufgezeichnet ist.

Sacharja 12,10 lehrt:
- Das erste Kommen des Messias wird von den Führern Israels ab gelehnt.
- Der Messlas wird einen gewalttätigen Tod sterben, durch Durch bohren.
- Der Messias wird beides sein, Gott und Mensch

56 Messianische Christologie

Sacharja 13, 7 - Der gute Hirte

Wach auf, Schwert, gegen meinen Hirten und gegen den Mann, der mein Gefährte ist!, spricht der HERR der Heerscharen. Schlage den Hirten, dass die Schafe sich zerstreuen! Und ich werde meine Hand den Kleinen zuwenden. (Besser nach der Lutherübersetzung: gegen die Kleinen)

Sach 13, 7 ist eine Zusammenfassung des ganzen Kapitels 11 von Sacharja in einem Vers. Der Hirte von 13, 7 ist der gute Hirte von 11, 4-14.
Dieser Vers stellt wiederum fest, dass der Messias ein Gottmensch sein wird. Die Menschheit des Messias ist offensichtlich: «... und gegen den Mann ...» Die Worte, die folgen, sind im Englischen oder Deutschen nie richtig übersetzt worden, und daher wird die Göttlichkeit des Messias nicht so deutlich. Was als «mein Gefährte» übersetzt wird, ist in Wirklichkeit im Hebräischen «der mir Gleichgestellte». (5)
Der Vers sollte also eigentlich gelesen werden: «und gegen den Menschen, den mir Gleichgestellten». Und um mit Gott gleich zu sein, muss der Messias auch wirklich Gott sein. Das mag aus der Übersetzung nicht so deutlich werden, aber im hebräischen Original ist es sehr klar.
Dieser Vers betont auch die Tatsache, dass der Tod des Messias gewaltsamer Natur ist, und sagt wiederum, dass sein Tod der Grund für die Zerstreuung Israels sein wird. Der Hirte wurde 30 n. Chr. geschlagen, als Jesus gekreuzigt wurde, und die Schafe wurden 70 n. Chr. zerstreut, als Israel vertrieben wurde. Diese Worte werden auch in Mt 26, 31.32 auf die Jünger Jesu bezogen, aber vor allem beziehen sie sich auf die Zerstreuung von 70 n. Chr. Nach Vers 7b müssen auch die Kleinen, das unschuldige gemeine Volk, leiden, weil die Führer Israels den Messias, den guten Hirten, verworfen haben.

Sacharja 13, 7 lehrt:
- Der Messias wird ein Gott-Mensch sein.
- Der Tod des Messias wird gewaltsamer Natur sein.
- Der Tod des Messias wird Grund für die Zerstreuung Israels sein.

5 im Englischen: equal. Das hebräische Wort 'ämei wird im hebr. Lexikon KB 3 mit «Gemeinschaft», «Volksgenossenschaft» übersetzt, und Sach 13, 7 wird wörtlich als «der Mann meiner Volksgemeinschaft», freier mit: «der Mann, der mir nahesteht», wiedergegeben.


Messianische Christologie 57


Maleachi 3,1 - Der Bote des Königs

Siehe, ich sende meinen Boten, damit er den Weg vor mir her bereite. Und plötzlich kommt zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht, und der Engel des Bundes, den ihr herbeiwünscht, siehe, er kommt, spricht der HERR der Heerscharen.

Nur zwei Prophetien In der hebräischen Heiligen Schrift handeln vom Vorläufer des Messias.

Die erste steht in Jes 40, 3-5 und die zweite hier in Mal 3, 1.
Der Vorläufer vom zweiten Kommen des Messias wird in Mal 4, 5-6 ganz klar als der Prophet Elia identifiziert.
Der Vorläufer des ersten Kommens aber wird nie bei Namen genannt, weder hier noch in Jesaja.
Nur im Neuen Testament wird er als Johannes der Täufer geoffenbart. Es heisst in Mt 11, 7a.10.11:

7 Als die aber hingingen, fing Jesus an, zu den Volksmengen zu reden über Johannes: ... 10 Dieser ist es, von dem geschrieben steht: «Siehe, ich sende meinen Boten vor deinem Angesicht her, der deinen Weg vor dir bereiten wird.» 11 Wahrlich, ich sage euch, unter den von Frauen Geborenen ist kein Grösserer aufgestanden als Johannes der Täufer; der Kleinste aber im Reich der Himmel ist grösser als er.

Maleachi ist der letzte der alttestamentlichen Propheten. Seine Prophetie war die letzte Offenbarung Gottes für 400 Jahre. Sein Name bedeutet im Hebräischen «mein Bote» oder «mein Engel». Das hebräische Wort für «mein Bote» in Vers 3, 1 lautet in der Tat malachi. Die nächste prophetische Stimme, die in Israel 400 Jahre später gehört werden sollte, wird die Stimme von malachi sem, von «meinem Boten», Johannes dem Täufer. Der Rest von Vers 1 spricht vom ersten Kommen des Messias. Er sagt, dass der Messias plötzlich in seinen Tempel kommen wird.

Dies ist der zweite Tempel, von Serubbabel gebaut und von Herodes dem Grossen erneuert. Es war dieser Tempel, zu dem Jesus bei zwei Gelegenheiten kam, um ihn von den Geldwechslern zu reinigen (Joh 2, 13-22; Mt 21, 12.13). Der Text sagt ausdrücklich «zu seinem Tempel». Dieser Tempel gehört dem Messias. Er hat volle Rechte an diesem Tempel und kann damit tun, wie es ihm gefällt. Als Jesus ihn reinigte, übte er seine Herrschaft, seine Autorität, sein Recht als Eigentümer aus. Die Verse 2-5 dieses Abschnitts sprechen dann davon, dass der Messias bei seinem zweiten Kommen das Volk reinigt.

Maleachi 3,1 lehrt:
- Dem ersten Kommen des Messias wird ein Herold vorausgehen. (Fortsetzung folgt)



Messianische Christologie Teil 4


Messianische Christologie
Teil 4


Messianische Christologie
Eine Studie der hebräischen Prophetie
über das erste Kommen des Messias

4. Teil
Dr. Arnold G. Fruchtenbaum


1. Chronik 17,10b-14 - Der davidische Bund
10b So verkündige ich dir (nun), dass der HERR dir ein Haus bauen wird. 11 Und es wird geschehen, wenn deine Tage erfüllt sind, so dass du zu deinen Vätern hingehst, dann werde ich deinen Nachkommen nach dir aufstehen lassen, der von deinen Söhnen sein wird, und werde seine Königsherrschaft festigen. 12 Der wird mir ein Haus bauen; und ich werde seinen Thron festigen für ewig. 13 Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein. Und ich will meine Gnade nicht von ihm weichen lassen, wie ich sie von dem habe weichen lassen, der vor dir war. 14 Und ich will ihm Bestand geben in meinem Haus und in meiner Königsherrschaft auf ewig; und sein Thron soll fest stehen für ewig.^

Wir haben Im Rahmen unseres Studiums bereits den abrahamitischen Bund in Gen 22, 18 kennengelernt. (3) Ein weiterer von den acht Bünden in der Schrift, der für die messianische Christologie von Bedeutung ist, ist der davidische Bund. Dieser wird in zwei Teilen der Schrift gefunden. Der erste konzentriert sich auf Davids unmittelbaren Sohn Salomo, und der zweite handelt von Davids entferntem Sohn, dem Messias.
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1Der folgende Beitrag wurde von der Redaktion aus dem Englischen übersetzt. Der 3. Teil dieser Folge (erschienen in FUNDAMENTUM 1/2000) rundete die Ausführungen zu den messianischen Aussagen in den prophetischen Büchern des AT ab. Der vorliegende 4. Teil beschäftigt sich mit den messianischen Abschnitten der Schriften des atl. hebräischen Kanons.
(2) Wenn nicht anders vermerkt, werden die Bibelstellen gemäss der revidierten Elberfelder Übersetzung wiedergegeben.
(3) Siehe FUNDAMENTUM 2/1997, S. 52f.

2. Samuel 7, 11b-16
Der erste Abschnitt ist in der Rolle der Propheten, in 2. Sam 7, 11b-16 zu finden.

11b So verkündigt dir (nun) der HERR, dass der HERR dir ein Haus machen wird. 12 Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern gelegt hast, dann werde ich deinen Nachkommen, der aus deinem Leib kommt, nach dir aufstehen lassen und werde sein Königtum festigen. 13 Der wird meinem Namen ein Haus bauen. Und ich werde den Thron seines Königtums festigen für ewig. 14 Ich will ihm Vater sein, und er soll mir Sohn sein. Wenn er verkehrt handelt, werde ich ihn mit einer Menschen Rute und mit Schlägen der Menschenkinder züchtigen. 15 Aber meine Gnade soll nicht von ihm weichen, wie ich sie von Saul habe weichen lassen, den ich vor dir weggetan habe. 16 Dein Haus aber und dein Königtum sollen vor dir Bestand haben für ewig, dein Thron soll feststehen für ewig. Dieser Abschnitt handelt von einem Sohn, der aus den Lenden Davids selbst hervorgehen wird, ein Sohn, der Davids unmittelbarer Nachfolger sein wird. In Vers 16 verspricht Gott drei Dinge als Bestandteile des Bundes:

1. ein ewiges Haus (oder Dynastie),
2. ein ewiges Königreich,
3. einen ewigen Thron.

Als unmittelbar folgenden Beweis für Gottes Treue diesem Bund gegen über wird Davids Linie von einem Sohn weitergeführt, der den Tempel bauen wird, welchen David nicht bauen durfte. Das wird natürlich Salomes Tempel sein. Wenn dieser Sohn sündigt, wie es Salome dann wirklich tat, als er in Götzendienst verfiel, wird er wohl gezüchtigt, aber Gottes Bundesliebe wird mit ihm bleiben.

1. Chronik 17, 14
Die Parallelstelle in 1. Chr 17,14 ist sehr ähnlich, aber es gibt bedeutsame Unterschiede. In 2. Sam 7 ist der Sohn der unmittelbar folgende, in 1. Chr 17 ist er in der Ferne. In 2. Sam 7 ist der Sohn ein Sünder, in 1. Chr 17 wird Sünde nicht genannt. In 2. Sam 7 bezieht sich der Text auf Salome, in 1. Chr 17 auf den Messias.


Die drei Versprechen aus 2. Sam 7 werden hier wiederholt, aber ein viertes wird noch hinzugefügt: ein ewiger Sohn: «Ich will ihm Bestand geben in meinem Haus ... auf ewig.» Davids Linie wird schliesslich in der Geburt einer ewigen Person ihren Höhepunkt finden, deren Ewigkeit Davids Dynastie, Königreich und Thron für immer garantieren wird.

In den vorangegangenen Prophetien sollte «der Same» geboren werden von einer Frau, und jetzt erfahren wir, in welcher Familie des Stammes Juda: in der Familie Davids. Es wird uns gesagt, dass er von einem der Söhne Davids abstammt, doch in Jer 22, 24-30 wird uns eine Familie genannt, die vom Propheten verflucht und ausgeschlossen wird. Das ist die Familie des Konja, auch als Jechonja oder Jojachin bekannt. Wegen seines Verhaltens sprach Gott in den Tagen Jeremias einen Fluch über ihn aus. Dieser Fluch, der in Jer 22, 30 wiedergegeben wird, besagt, dass kein Nachkomme Jechonjas jemals das Recht haben wird, auf Davids Thron zu sitzen. Der Messias musste also als Sohn Davids geboren werden, aber nicht aus der Linie des Jechonja. Im Evangelium nach Matthäus erfahren wir, dass Joseph, der Mann der Maria, der Mutter Jesu, ein Sohn Davids über Salome und Jechonja war. Er und seine Kinder waren daher unter Gottes Fluch und konnten niemals den Thron Davids erben. Das Evangelium nach Lukas gibt uns ganz klar zu verstehen, dass Jesu Abstammung über Maria'^ zurückgeht auf Nathan und David, und es beweist damit die Legitimität von Jesu Anspruch, der Messias zu sein.

1. Chronik 17,10b-14 lehrt:
- Der Messias wird ein Sohn Davids sein (aber über eine andere Linie
als die des Jechonja).
- Der Messias wird ewig leben.


Psalm 2, 7-12 - Der Sohn Gottes

7 Lasst mich die Anordnung des HERRN bekanntgeben! Er hat zu mir gesprochen: «Mein Sohn bist du, ich habe dich heute gezeugt 8 Fordere von mir. und ich will dir die Nationen zum Erbteil geben, zu deinem Besitz die Enden der Erde. 9 Mit eisernem Stab magst du sie zerschmettern. wie Töpfergeschirr sie zerschmeissen.» 10 Und nun. ihr Könige, handelt verständig; lasst euch zurechtweisen, ihr Richter der Erde! 11 Dienet dem HERRN mit Furcht, und jauchzt mit Zittern! 12 Küsst den Sohn, dass er
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(4) Die Genealogie in Luk 3, 23ff. als den Stammbaum Marias zu verstehen ist eine Auslegungsmöglichkeit, sicher ist sie nicht. Red.

nicht zürne und ihr umkommt auf dem Weg; denn leicht entbrennt sein Zom. Glücklich alle, die sich bei ihm bergen!

Das Buch der Psalmen könnte man mit einem einzigen Satz wie folgt zusammenfassen: «Die Psalmen sind die poetische Fassung der Botschaften von Gesetz und Propheten.» Das Buch der Psalmen wird oft als ein reines Gebetbuch betrachtet. Es ist zwar als solches sehr nützlich, aber es wäre falsch, wenn man es ausschliesslich darauf begrenzen würde. Das ganze Buch der Psalmen ist voller tiefgründiger Lehre und tiefer geistlicher Wahrheiten, die in poetische Begriffe eingebettet sind.

Der ganze 2. Psalm handelt vom zweiten Kommen des Messias, von den Ereignissen vorher, während und danach und ganz besonders bei der Schlacht von Harmagedon.(5) Es gibt jedoch einige Elemente, die auch schon für das erste Kommen wichtig sind, vor allem In den Versen 7-12.

Zuerst muss einmal festgestellt werden, dass diese Verse unmöglich auf David angewendet werden können. Obgleich David ein grosser König war, hat Gott ihm doch nie die Autorität über die ganze Erde gegeben (Vers 8), auch hat er nie bis an die äussersten Grenzen der Erde regiert. Diese Verse sprechen vom Messias, der, wie der Psalmist es von den Propheten gehört haben wird, über die ganze Welt herrschen wird. Sogar Raschi gibt zu: «Unsere Rabbis legen es so aus, dass es sich auf den König Messias bezieht.»

Unter den dem Messias gegebenen Titeln ist die Bezeichnung «Sohn Gottes». Dieser wird zweimal in Psalm 2 auf den Messias angewendet: in Vers 7 und 12. Dieser Messias, der König in Jerusalem und über die ganze Welt sein soll, ist auch, ganz allein, der Sohn Gottes. Der Ausdruck «Söhne Gottes» bezieht sich im Plural in der ganzen hebräischen Heiligen Schrift stets auf Engel, entweder auf die gefallenen oder die nicht gefallenen. Der Ausdruck «Sohn Gottes» im Singular bezieht sich dagegen immer und einzig auf den Messias.

Psalm 2, 7-12 lehrt:
- Der Messias wird der Sohn Gottes sein.

Psalm 16 - Der Tod des Messias
1 Ein Miktam. Von David. Bewahre mich, Gott, denn ich berge mich bei dir! 2 Ich habe zum HERRN gesagt: «Du bist mein Herr; es gibt kein Glück für mich ausser dir.» 3 An den Heiligen, die auf Erden sind, an den

(5). Arnold G. Fruchtenbaum, Handbuch der biblischen Prophetie, Asslar: Schulte und Gerth, 1984, 8. 270ff.305.


Herrlichen ist all mein Wohlgefallen. 4 Zahlreich sind die Schmerzen derer, die einem anderen (Gott) nachlaufen: ich werde ihre Trankopfer von Blut nicht spenden und ihre Namen nicht auf meine Lippen nehmen. 5 Der HERR ist das Teil meines Erbes und mein Becher; du bist es, der mein Los festlegt. 6 Die Messschnüre sind mir gefallen auf liebliches Land; ja, mein Erbteil gefällt mir. 7 Ich preise den HERRN, der mich beraten hat, selbst des Nachts unterweisen mich meine Nieren. 8 Ich habe den HERRN stets vor Augen; weil er zu meiner Rechten ist, werde ich nicht wanken. 9 Darum freut sich mein Herz und frohlockt meine Seele. Auch mein Fleisch wird in Sicherheit ruhen. 10 Denn meine Seele wirst du dem Scheol nicht lassen, wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Grube sehe. 11 Du wirst mir kundtun den Weg des Lebens; Fülle von Freuden ist vor deinem Angesicht, Lieblichkeiten in deiner Rechten immerdar.

Die Betonung in Ps 16, 1 liegt darauf, dass die Zuflucht des Messias in Gott ist, und in Vers 3 darauf, dass er all sein Wohlgefallen an den Heiligen, dem gläubigen Überrest, hat (vgl. die Aussagen von Sach 11, 7.11). In den Versen 4-9 sagt der Psalmist, dass Gott der Vater die vollkommene Hoffnung des Messias im Leben und bis in den Tod sein wird (Vers 10). Sogar im Tod vertraut der Messias immer noch Gott. Die tiefste Aussage des Psalms ist jedoch, dass, obwohl Gottzulässt, dass der Messias stirbt, er dennoch - «meine Seele wirst du dem Scheol nicht lassen, wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Grube sehe» - wieder zum Leben auferweckt werden wird.

Psalm 16 lehrt:
-Der Messias wird sich eines einzigartigen Verhältnisses zu Gott,
dem Vater, erfreuen. (Dieser Aspekt des Lebens des Messias wird besonders vom Johannesevangelium betont.)
- Der Messias wird sterben.
- Der Messias wird ins Leben zurück erweckt werden.

Psalm 22 - Die Leiden und die Erhöhung des Messias (6)


Psalm 22 ist der berühmteste der messianischen Psalmen. Der ganze Psalm ist den Ereignissen des ersten Kommens und einigen Aspekten
des zweiten Kommens gewidmet. Der Psalm gliedert sich in zwei Haupt- teile. Der erste handelt von dem Leiden des Messias, der zweite von seiner Erhöhung. Der ganze Psalm könnte als eine poetische Version von
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(6) Hier existieren verschiedene Verszählungen. Wir sind derjenigen der Elberfelder Übersetzung gefolgt. Red.

Jes 53 angesehen werden, obgleich der Psalm vor der Prophezeiung des Jesaja geschrieben wurde.

Die Leiden des Messias (Verse 2-22)

Des Messias Schrei um Hilfe
2 Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Fern von meiner Rettung sind die Worte meines Gestöhns. 3 Mein Gott, ich rufe bei Tage, und du antwortest nicht; und bei Nacht, und mir wird keine Ruhe.

Die Verse 2-3 schildern den Messias, wie er in tiefster Qual laut auf schreit. Es ist kein Zufall, dass es genau diese Worte sind, die Jesus schrie, als er am Kreuz hing. Er zitierte diese Worte nach einer Periode von drei Stunden intensiver Dunkelheit. Während dieser drei Stunden war der ganze Zorn Gottes, verursacht durch die Sünde Israels und der Welt, über ihn ausgegossen worden. Dies ist die einzige Stelle in den Evangelienberichten, wo Jesus Gott anredet mit den Worten «mein Gott». Bei jeder anderen Gelegenheit (und es sind mehr als 170 Stellen) sagt Jesus «Vater» oder «mein Vater». Daran wird sehr deutlich, dass Jesus eine ganz besondere, einzigartige Beziehung zu Gott hatte. Am Kreuz jedoch starb Jesus für die Sünden der Welt, und seine Beziehung zu Gott war die zu einem Richter geworden und nicht die zu einem Vater; daher sein Schrei: «Mein Gott, mein Gott!» statt «Mein Vater, mein Vater!»

Gottes Retter Taten In der Vergangenheit
4 Doch du bist heilig, der du wohnst (unter) den Lobgesängen Israels. 5 Auf dich vertrauten unsere Väter; sie vertrauten, und du rettetest sie. 6 Zu dir schrieen sie um Hilfe und wurden gerettet; sie vertrauten auf dich und wurden nicht zusehenden.

Die Verse 4-6 erzählen, wie Gott in der Vergangenheit gerettet hat. Gott ist vollkommen in der Lage zu retten, aber dieses Mal will er es nicht.

Der Messias wird verachtet
7 Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und verachtet vom Volk. 8 Alle, die mich sehen, spotten über mich; sie verziehen die Lippen, schütten den Kopf: 9 «Er hat es auf den HERRN gewälzt, der rette ihn, befreie ihn, denn er hat ja Gefallen an ihm»

Die Verse 7-9 beschreiben mit Ausdrücken, die Jes 53 sehr ähnlich sind, den Hohn und den Spott der bösen Menschen über die Leiden des Messias. Die Worte, die hier benutzt werden, sind in der Tat den verspotten-


den Worten sehr ähnlich, die von der Menge bei der Kreuzigung Jesu geäussert wurden.

Der Messias setzt sein Vertrauen in Gott
10 Ja, du bist es, der mich aus dem Mutterleib gezogen hat, der mir Vertrauen einflösste an meiner Mutter Brüsten. 11 Auf dich bin ich geworfen von Mutterschoss her, von meiner Mutter Leib an bist du mein Gott. 12 Sei nicht fern von mir, denn Not ist nahe, denn kein Helfer ist da.

Die Verse 10-12 stellen fest, dass der Messias von Geburt an auf Gott vertraut hat. Es gibt hier Hinweise auf die Mutter des Messias, aber wie in allen anderen messianischen Prophetien gibt es niemals einen Hinweis auf einen menschlichen Vater. Der Messias wird von einer Jungfrau geboren werden, wie es in Jes 7,14 prophezeit ist.

Die Beschreibung der Agonie

13 Viele Stiere haben mich umgeben, starke (Stiere) von Basan mich umringt 14 Sie haben ihr Maul gegen mich aufgesperrt, (wie) ein Löwe, reissend und brüllend. 15 Wie Wasser bin ich hingeschüttet, und alle meine Gebeine haben sich zertrennt; wie Wachs ist mein Herz geworden, zerschmolzen in meinem Inneren. 16 Meine Kraft ist vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen; und in den Staub des Todes legst du mich. 17 Denn Hunde haben mich umgeben, eine Rotte von Übeltätern hat mich umzingelt. Sie haben meine Hände und meine Füsse durchgraben. 18 Alle meine Gebeine könnte ich zählen. Sie schauen und sehen auf mich (herab). 19 Sie teilen meine Kleider unter sich, und über mein Gewand werfen sie das Los.

Die Verse 13-19 beschreiben die Leiden des Messias, und einiges wird fast wörtlich im Neuen Testament zitiert.

1. Wie Wasser bin ich hingeschüttet... Das betont ein übermässiges Schwitzen.

2. ... und alle meine Gebeine haben sich zertrennt; Nach dem Annageln am Boden wird das Kreuz senkrecht aufgerichtet und in ein tiefes Loch im Boden fallen gelassen. Dieser heftige Stoss verursacht, dass die Knochen aus den Gelenken springen.


3. ... wie Wachs ist mein Herz geworden...
Eine hebräische Redewendung, die bedeutet, dass das Herz
gebrochen ist, wie es durch das Herausfliessen von Blut und Wasser
be wiesen ist.(7)

4. Meine Kraft ist vertrocknet wie eine Scherbe... Seine Kraft ist völlig geschwunden.

5. ... und meine Zunge klebt an meinem Gaumen; Seine Zunge klebt ihm am Gaumen, ein Zeichen ungeheuren Durstes. Nach sechs Stunden am Kreuz, drei davon in völliger Dunkelheit, sagte Jesus: «Mich dürstet». Während dieser drei Stunden hat Jesus die Ausgiessung des Zornes Gottes durchlitten, die Qualen der Hölle selbst. Jesus hatte vorher einmal von einem reichen Mann gesprochen, der nach nur einigen Augenblicken in der Hölle sagte: «Mich dürstet» (Lk 16). Dass Jesus dieselben Worte gebraucht, zeigt, was für ausserordentlich grosse Höllenqualen er erlitt, als er am Kreuz hing.

6. Sie haben meine Hände und meine Füsse durchgraben.
Das hebräische Wort, das hier für «durchgraben» benutzt wird, ist nicht dasselbe wie in Sach 12, 10. Das Wort in Sach 12 bedeutet «durchbohrt» und könnte mit dem römischen Speer in Verbindung gebracht werden, der Jesu Seite durchbohrte. Das Wort, das hier benutzt wird, würde man z. B. gebrauchen für das Durchstechen eines Ohres; es kann sich hier auf das Annageln der Hände und Füsse Jesu ans Kreuz beziehen. (8)

7. Alle meine Gebeine könnte ich zählen. Seine Knochen stehen hervor.

8. Sie teilen meine Kleider unter sich, und über mein Gewand werfen sie das Los. in Vers 19 werden die Kleider des Messias unter seine Henker verteilt, indem das Los geworfen wird. Auch dieses ist wörtlich bei Jesu Kreuzigung erfüllt worden (Mt 27, 35; Mk 15, 24, Lk 23, 34; Joh 19, 23-24).
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(7) Eine andere mögliche Deutung: Das Herz vergeht vor Leiden und Kummer. Vgl. W. Gesenius, Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, bearbeitet von F. Buhl, Berlin: Springer, 1962 (17. Auflage). Red.

(8) Die Bedeutung des in V. 17 gebrauchten Verbs kä'ar ist nicht ganz eindeutig, da diese Form sonst nicht vorkommt. Der Autor leitet es von kärah graben ab, was möglich ist. Dieses Verb wird in Ps 40, 7 für das Durchbohren eines Ohres verwendet. Red.


Alle eben aufgeführten Leiden müssen sich auf den Messias beziehen, weil offensichtlich keines davon je auf David zugetroffen hat.


Das Gebet des Messias um Hilfe
20 Du aber, HERR, sei nicht fern! Meine Stärke, eile mir zu Hilfe! 21 Errette vom Schwert meine Seele, meine einzige aus des Hundes Pranke! 22 Rette mich aus dem Rachen des Löwen und von den Hörnern der Büffel! Du hast mich erhört.

Die Verse 20-22 sind noch einmal ein Hilfeschrei des Messias, während er noch am Kreuz hängt.


Die Erhöhung des Messias (Verse 23-32)

23 Verkündigen will ich deinen Namen meinen Brüdern; inmitten der Versammlung will ich dich loben.
24 Ihr, die ihr den HERRN fürchtet, lobet ihn; alle Nachkommen Jakobs, verherrlicht ihn, und scheut euch vor ihm, alle Nachkommen Israels!
25 Denn er hat nicht verachtet noch verabscheut das Elend des Elenden, noch sein Angesicht vor ihm verborgen; und als er zu ihm schrie, hörte er.
26 Von dir (kommt) mein Lobgesang in grosser Versammlung; erfüllen will ich meine Gelübde vor denen, die ihn fürchten.
27 Die Sanftmütigen werden essen und satt werden; es werden den HERRN loben, die ihn suchen; leben wird euer Herz für immer.
28 Es werden daran gedenken und zum HERRN umkehren alle Enden der Erde; vor dir werden niederfallen alle Geschlechter der Nationen. 29 Denn dem HERRN (gehört) das Königtum, er herrscht über die Nationen. 30 Es assen und fielen nieder alle Fetten der Erde; vor ihm werden sich beugen alle, die in den Staub hinabfuhren, und der, der seine Seele nicht am Leben erhalten konnte. 31 Nachkommen werden ihm dienen; man wird vom Herrn erzählen einem Geschlecht, das kommen wird. 32 Sie werden verkünden seine Gerechtigkeit einem Volk, das noch geboren wird, denn er hat es getan.

Das Leiden des Messias ist jetzt vollendet, und in den Versen 22b-32 tritt eine Wende ein: sie sprechen von seiner Erhöhung. (9) In Vers 23 wird der Messias Gott in der Mitte der Versammlung preisen. Aber wie kann er das, wenn er zuvor starb? Ganz klar ist, dass dies nur durch die Auferstehung möglich sein kann. Der Rest des Psalms schildert dann weiter, was

V. 22b: «Du hast mich erhört.» Red.

nach seiner Auferstehung geschieht. Es gipfelt schliesslich in seinem zweiten Kommen und im Errichten seines Reiches.

Psalm 22 lehrt:
- In seiner tiefsten Agonie wird der Messias nach Gottes Hilfe schreien.
- Der Messias wird ein verachtetes und verstossenes Individuum sein. - In seinem Todeskampf wird der Messias angegafft und verspottet werden.
- Die Knochen des Messias werden aus den Gelenken springen. - Das Herz des Messias wird brechen.
- Der Messias wird einen ausserordentlich grossen Durst leiden.
- Die Hände und Füsse des Messias werden durchbohrt werden.
- Die Kleider des Messias werden verteilt, und das Los wird darüber geworfen werden.
- Im Augenblick des Todes wird der Messias auf Gott, den Vater, vertrauen.
- Der Messias wird vom Tode auferweckt werden.

Psalm 80,18 - Der Mann zu deiner Rechten

Deine Hand sei über dem Mann deiner Rechten, über dem Menschensohn, den du dir hast stark werden lassen.

Der ganze Psalm 80 handelt von der Rettung Israels als Nation, die kurz vor dem zweiten Kommen des Messias eintritt.(10) Israel fleht nun den Messias an, zurückzukommen; aber in diesem Gebet ist ein Vers besonders bedeutsam bezüglich des ersten Kommens des Messias. Es ist Vers 18, der tatsächlich eine Weiterentwicklung der Lehre von Ps 110,1 ist, welcher eigentlich vorher studiert werden sollte.

Israel betet zu Gott um Rettung; und in Vers 18 ist derjenige, den sie bitten zu kommen und sie zu befreien, derjenige, der zur Rechten Gottes sitzt. In Ps 110 wird uns gesagt, dass dies der Messias ist, der zur Rechten Gottes hinaufgestiegen ist, nachdem er verworfen worden war. Der Titel, der dem Messias in Vers 18 gegeben wird, ist «Menschensohn». Dies ist ein sehr häufiger messianischer Titel im Neuen Testament, vor allem im Lukasevangelium.

Um die Lehre von Ps 110, 1 zu wiederholen: Weil der «Menschensohn» zur rechten Hand Gottes sitzt, muss er Gott gleich sein, und daher haben
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Siehe A. G. Fruchtenbaum, a.a.O., S. 296-297.


wir einen weiteren Vers, der bestätigt, dass der Messias ein Gottmensch sein muss.

Psalm 80,18 lehrt:
- Der Messias wird zur rechten Hand Gottes, des Vaters, sitzen.
- Der Messias muss Gott gleich sein, um zu seiner Rechten sitzen
zu können.
- Der Messias muss daher sowohl Gott als auch Mensch sein.

Psalm 110 - Ein Priester nach der Weise Melchisedeks

1 Von David. Ein Psalm. Spruch des HERRN für meinen Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde gemacht habe zum Schemel deiner Füsse! 2 Den Stab deiner Macht wird der HERR aus Zion ausstrecken. Herrsche inmitten deiner Feinde! 3 Dein Volk ist (voller) Willigkeit am Tage deiner Macht, in heiliger Pracht, aus dem Schoss der Morgenröte habe ich dich wie Tau gezeugt. (11) 4 Geschworen hat der HERR, und es wird ihn nicht gereuen: «Du bist Priester in Ewigkeit nach der Weise Melchisedeks!» 5 Der Herr zu deiner Rechten zerschmettert Könige am Tag seines Zorns. 6 Er wird richten unter den Nationen, er füllt (Täler) mit Leichen. Das Haupt über ein grosses Land zerschmettert er. 7 Auf dem Weg wird er trinken aus dem Bach, darum wird er das Haupt erheben.


Psalm 110 gehört zur vierten Kategorie der messianischen Prophetie (12), d.h. er umfasst das gesamte messianische Programm. In seinen sieben kurzen Versen schliesst er alle vier Perioden des messianischen Programms ein: das erste Kommen, die Zwischenzeit, das zweite Kommen und das messianische Königreich. Der Psalm lässt sich in drei Teile gliedern.(13)

Erste Strophe (Verse 1-2)
Wir sollten zuerst feststellen, dass der Psalmist hier David ist. David war König über das ganze Land Israel. Er gründete ein jüdisches Imperium, indem er die umliegenden Nationen unterwarf und von ihnen Tribut ein zog. David hatte keinen menschlichen Herrn. Es gab keine Autorität über ihm ausser Jahwe selbst. Und doch spricht David in Vers 1 des Psalms von zwei Herren: «Der HERR (Jahwe) sagte zu meinem Herrn ...» David
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(11) Nach einer anderen, u. E. besseren Lesart lautet der Schluss von V. 3: «... aus dem Schoss der Morgenröte (kommt) dir der Tau deiner Jungmannschaft.»Red.
(12) Siehe FUNDAMENTUM 2/1997, S. 44.
(13) In der hebräischen Dichtung auch «Strophen» genannt.


spricht also hier von zwei Persönlichkeiten, von Jahwe und von «meinem Herrn». Aber wer könnte dieser «mein Herr» sein, wo doch David keinen menschlichen Oberherrn hatte? Die einzige Möglichkeit, diesen Vers zu verstehen ist die, dass man Jahwe als Gott, den Vater, ansieht und Davids Herrn als den Messias. Daher ist es der Messias, der hier eingeladen wird, sich zur Rechten Gottes zu setzen. Was wir hier haben, ist eine Prophetie, die bei Jesu Auffahrt von der Erde zum Himmel nach seiner Auferstehung erfüllt wurde, als er sein Erlösungswerk vollbracht hatte und sich zur Rechten seines Vaters setzte.

In dieser Prophetie ist auch die Auffassung vom Gottmenschen implizit enthalten. Wir wissen nämlich aus 1. Kön 2, 19, dass jemand, der zur Rechten des Königs sitzt, dem König ebenbürtig sein muss. Wenn ein König auf Staatsbesuch bei einem anderen König war, dann pflegte er zur Rechten seines Gastgebers zu sitzen. Weil der Messias von Gott aufgefordert wird, sich zu seiner Rechten zu setzen, folgt daraus, dass der Messias Gott ebenbürtig sein muss.

Was seine Menschheit betrifft, so muss der Messias ein Nachkomme Davids sein; aber auf Grund seiner Gottheit kann er zur Rechten Gottes sitzen. Er muss dort eine Zeit lang sitzen, nämlich «bis ich deine Feinde gemacht habe zum Schemel deiner Füsse». Diese Aussage setzt das erste Kommen sowie die Ablehnung des Messias voraus. Das erste Kommen geschieht unter feindseligen Umständen, und in Vers 2 wird gesagt, dass die Feinde von Vers 1 in Zion selbst sind. Weil das erste Kommen abgelehnt wurde, wird der Messias aufgefordert, eine Zeit lang sich zur Rechten Gottes niederzusetzen, bis sich seine Feinde ihm unterwerfen. Dieser Gedanke ist in Ps 80 weiterentwickelt.

Zweite Strophe (Verse 3-4)
Hier finden wir den erwarteten Wandel in den Herzen der Feinde des Messias. Wenn der Messias ein zweites Mal kommt, am Tag seiner Macht, wird sein Volk bereit und willig sein. Dann wird in Vers 4 eine neue und sehr wichtige Aussage bezüglich des Messias gemacht: Er wird Priester sein nach der Weise des Melchisedek. Nach Gen 14 konnte ein Priester nach der Weise Melchisedeks beides sein: Priester und König. Das war vor der Zeit des Mose. Unter dem mosaischen Gesetz war das nicht mehr möglich. Das Gesetz des Mose legte fest, dass alle Priester vom Stamme Levi sein mussten. Es ist also klar, dass notwendigerweise das Gesetz des Mose und die levitische Ordnung aufgehoben werden müssen, damit diese Prophetie erfüllt werden kann. Das Neue Testament lehrt ganz klar, dass mit dem Tode Jesu das Gesetz des Mose ausser Kraft gesetzt worden ist (indem er es erfüllte), und dass



es durch das Gesetz Christi ersetzt wurde. Unter dem neuen Gesetz Christi wird die Ordnung des Melchisedek anstelle der levitischen Ordnung eingesetzt, und so ist der Messias in der Tat Priester und König. Vers 4 stellt fest, dass das Priestertum und das Königtum des Messias ewig sein werden.

Dritte Strophe (Verse 5-7)
Diese Strophe handelt vom zweiten Kommen und gehört somit nicht in den Rahmen dieser Untersuchung.

Psalm 110 lehrt:
- Der Messias wird sowohl Priester als auch König sein, nach der Welse des Melchisedek.
- Der Messias wird Gott und Mensch sein müssen. Um ein Priester zu sein, muss er ein Mensch sein, aber um zur Rechten Gottes zu sitzen, muss er Gott ebenbürtig sein.
- Das erste Kommen des Messias wird abgelehnt werden. - Nach seiner Ablehnung wird der Messias in den Himmel hinauf steigen.
- Nach seiner Himmelfahrt wird der Messias sich zur Rechten Gottes niedersetzen.
- Der Messias wird wiederkommen, wenn Israel Ihn annimmt.


Sprüche 30,4 - Der Name des Sohnes Gottes

Wer ist hinaufgestiegen zum Himmel und herabgefahren? Wer hat den Wind in seine Fäuste gesammelt? Wer hat die Wasser in ein Tuch eingebunden? Wer hat aufgerichtet alle Enden der Erde? Was ist sein Name und was der Name seines Sohnes, wenn du es weisst?

Unter den Worten Agurs in Spr 30 ist ein Rätsel. Das Rätsel besteht aus sechs Fragen, von denen die ersten vier rhetorisch sind. Die Antworten darauf sind offensichtlich, weil nur Gott diese Dinge machen konnte. Die fünfte Frage ist auch leicht zu beantworten, weil der Name Gottes den Menschen schon lange bevor das Buch der Sprüche geschrieben wurde, geoffenbart war. Der Name Gottes, Jahwe (JHWH), wird in modernen Übersetzungen meist als HERR wiedergegeben.

Die sechste Frage ist es, die kompliziert ist: «Was ist der Name seines Sohnes?»

Wir haben schon gezeigt, dass die hebräische Heilige Schrift offenbart, dass Gott einen Sohn hat. Das wurde zweimal in Ps 2 festgestellt.


hier steht es noch einmal. Was aber nicht offenbart wird, ist der Name dieses Sohnes (daher dieses neckende «wenn du es weisst»). Zu diesem Zeitpunkt der progressiven Offenbarung konnte noch niemand seinen Namen wissen. Erst im Neuen Testament wird sein Name als Jesus geoffenbart - «kein anderer Name unter dem Himmel ist den Menschen gegeben, in dem wir errettet werden müssen» (Apg 4, 12). Sein Name ist jetzt geoffenbart.

Sprüche 30,4 lehrt:
- Der Messias, er allein, wird der Sohn Gottes sein.


Daniel 9 - Der messianische Zeitplan
(...) 20 Während ich noch redete und betete und meine Sünde und die Sünde meines Volkes Israel bekannte und mein Flehen für den heiligen Berg meines Gottes vor den HERRN, meinen Gott, hinlegte - 21 und während ich noch redete im Gebet, da, zur Zeit des Abendopfers, rührte mich der Mann Gabriel an, den ich am Anfang im Gesicht gesehen hatte, als ich ganz ermattet war. 22 Und er wusste Bescheid, redete mit mir und sagte: Daniel, jetzt bin ich ausgegangen, um dich Verständnis zu lehren. 23 Am Anfang deines Flehens ist ein Wort ergangen, und ich bin gekommen, um (es dir) mitzuteilen. Denn du bist ein Vielgeliebter. So achte nun auf das Wort und verstehe die Erscheinung: 24 Siebzig Wochen sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt, um das Verbrechen zum Abschluss zu bringen und den Sünden ein Ende zu machen und die Schuld zu sühnen und eine ewige Gerechtigkeit einzuführen und Gesicht und Propheten zu versiegeln, und ein Allerheiligstes zu salben. 25 So sollst du denn erkennen und verstehen: Von dem (Zeitpunkt an, als das) Wort erging, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten, sind es sieben Wochen und 62 Wochen; es werden Platz und Stadtgraben wiederhergestellt und gebaut sein, und zwar in der Bedrängnis der Zeiten. (14) 26 Und nach den 62 Wochen wird ein Gesalbter ausgerottet werden und wird keine (Hilfe) finden. Und das Volk eines kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören, und sein Ende ist in einer Überflutung; und bis zum Ende ist Krieg, fest beschlossene Verwüstungen. 27 Und stark machen wird er einen Bund für die Vielen, eine Woche lang; und zur Hälfte der Woche wird er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen. Und auf dem Flügel von Gräueln
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(14) In Vers 25 ist es nicht leicht zu entscheiden, wo man die Satzzeichen setzen soll; daher gibt es unterschiedliche Übersetzungen und Interpretationen. Wir sind hier der englischen NASB-Übersetzung gefolgt; in der Elberfelder Übersetzung steht: «sieben Wochen. Und 62 Wochen (lang) werden Platz und Stadtgraben wiederhergestellt...» Red.

kommt) ein Verwüster, bis festbeschlossene Vernichtung über den Verwüster ausgegossen wird.

Weit mehr als jedes andere Buch der hebräischen Heiligen Schrift konfrontieren uns die Schriften des Propheten Daniel mit Anhaltspunkten für die Zelt des Kommens des Messias - Beweismaterial, das viele Menschen Heber nicht sehen möchten. Aber es Ist da und kann nicht Ignoriert werden. Dass Daniel wirklich ein Prophet war, das Ist gut untermauert: Er beschrieb genau den Aufstieg des medo-persischen, des griechischen und des römischen Reiches, und das zu einer Zelt, als das babylonische Weltreich, das allen voranging, auf seinem Höhepunkt war. Er sagte ganz genau die Schicksale, Konflikte, Kriege und Verschwörungen der beiden Königreiche Syrien und Ägypten voraus, die entstanden, als das griechische Weltreich zerbrach, sowie die Eroberung durch Rom. Er prophezeite die Rolle der Makkabäer In dieser Zelt. Well Daniel In seinen Prophetien die Details so genau schildert, war dies für viele Kritiker der Grund zu versuchen, die Entstehung des Buches Daniel In eine spätere Zelt anzusetzen. Dabei konnte kein Beweis entdeckt werden, der dagegen spricht, dass das Buch zu der Zeit geschrieben worden Ist, die es selbst angibt. Das Buch war spätestens um 530 v. Chr. vollendet. Die Schlüsselpropheten, die uns In dieser Untersuchung Interessieren, befinden sich In Dan 9, 24-27. Es Ist aber sinnvoll, sich einen Überblick über das ganze Kapitel zu verschaffen, um zu sehen, was eigentlich diese Prophetie darüber, wann der Messias kommen würde, auslöste. Der


Hintergrund (Verse 1-2)

Das Datum von Daniels Prophetie Ist «das erste Jahr des Darius», das heisst das Jahr 539 v. Chr., etwa 66 oder 67 Jahre, nachdem die ersten Juden nach Babylon Ins Exil gehen mussten. Daniel schreibt, dass er zu dieser Zelt die Heiligen Schriften studierte. Und aus dem Studium dieser Schriften gewann er die Erkenntnis, dass die An zahl der Jahre, nach denen die Verwüstung Jerusalems beendet werden sollte, fast erreicht war, weil sie 70 Jahre dauern sollte. Daniel erwähnt, dass er Bücherrollen studierte, und wir können sehen, dass er zum einen die Schriften Jeremias studiert hat. Das Leben von Jeremia und Daniel überschnitt sich In gewissem Masse. Bei zwei Gelegenheiten (Jer 25, 10- 14 und 29, 10-14) sagte Jeremia, dass die Gefangenschaft und die Verwüstung Jerusalems 70 Jahre dauern werde. Welche anderen Bücher Daniel studiert haben mag, wissen wir nicht genau. Aber es Ist möglich, dass er auch das Buch Jesaja studiert hat, weil Jesaja In der Tat Kyrus mit

Namen nannte, als den, der den Juden erlauben würde zurückzukehren (Jes 44, 28 - 45,1). Weiterhin gibt es andere Schriftstellen bei Mose und den Propheten, die einige spezifische Bedingungen für die Errichtung des messianischen Reiches angeben, und Daniel mag einige davon auch angeschaut haben (Lev 26, 40-43; 1. Kön 8,46-53; Jer 3,12-18; Hos 5,15-6, 3). Diese Stellen sagen mit Nachdruck, dass Israel als Nation Busse tun und seine Sünde bekennen muss, bevor irgendein Königreich des Messias errichtet werden kann.

Als er die 70 Jahre vom Jahr 605 (als die ersten Juden ins Exil gingen) an ausrechnete, merkte er, dass dies das Ende der 70 Jahre für das Jahr 536 V. Chr. bringen würde. Daniel erkannte, dass die Gefangenschaft nur noch 3 Jahre dauern würde. Aber Daniel entartete nicht nur, dass die Gefangenschaft zu Ende gehen würde, er erwartete auch eine endgültige Beendigung jeglicher Möglichkeit einer zukünftigen Verwüstung Jerusalems. Er handelte so, als stehe das messianische Königreich unmittelbar bevor: Da das Reich Gottes auf der Grundlage von Gebet errichtet werden sollte, betete er. Und weil er er kannte, dass die Vorbedingung für das Kommen des Reiches das Bekenntnis der nationalen Sünde war, bekannte er die Sünden Israels.

Daniels Gebet (Verse 3-19)
Daniels ausführliches Gebet kann man in zwei Teile gliedern. Der erste (Verse 3-14) ist das Sündenbekenntnis. Daniel gibt beides zu, Sünde und Schuld, in die man auf zwei Weisen geraten ist: erstens durch Ungehorsam dem Gesetz des Mose gegenüber und zweitens durch Ungehorsam gegenüber den Propheten, die nach Mose kamen. Daniel verneinte weder die Sünde seiner Nation noch seine eigene Sünde, und durch den Ge brauch des Pronomens «wir» hat sich Daniel vollkommen mit dem ganzen jüdischen Volk und seinen Sünden identifiziert. Er hat Sünde nicht bloss als eine schlechte Gewohnheit gesehen, sondern als etwas, das im Volk tief verwurzelt war und göttliches Gericht über es gebracht hatte. Dieser Ungehorsam dem Gesetz und den Propheten gegenüber war die Ursache für Israels «Beschämung des Angesichts», eine Redewendung, die aus sagt, dass Israel ein Bewusstsein für seine Schande bekam. Und dies führte auch zu einem Bedürfnis nach Vergebung. Hier bekennt Daniel, dass bei Gott Erbarmen und Vergebung ist, und dass Vergebung not wendig war. Daniel schloss den ersten Teil seines Gebetes mit einer Beschreibung der Bestrafung von Sünde und Schuld. Diese Bestrafung, die Gefangenschaft in Babylon, bestätigte die Worte der Propheten, die sie vorhergesagt hatten, und bestätigte das Gesetz des Mose, das lehrt, göttliches Gericht werde die Folge von Ungehorsam sein.


Der zweite Teil des Gebetes (Verse 15-19) ist ein Flehen um Erbarmen. Daniel machte die Gerechtigkeit zur Grundlage seines Flehens - nicht Israels, sondern Gottes Gerechtigkeit. Er flehte auch um Erbarmen auf der Grundlage von Gottes Gnade, denn Israel hatte kein Erbarmen verdient. Aber der Gnade Gottes war (und ist) es möglich, sich trotzdem zu erbarmen. Und ausserdem verpflichtete die Gerechtigkeit Gottes ihn, seine Verheissungen zu erfüllen: daher sollte er dies am Ende der Periode von 70 Jahren auch tun. Der Schluss von Daniels Gebet ist sehr dramatisch: «Herr, höre! Herr, vergib! Herr, merke auf und handle! Zögere nicht, um deiner selbst willen, mein Gott! Denn dein Name ist über deiner Stadt und deinem Volk genannt worden.»

Die Ankunft Gabriels (Verse 20-23)
Während Daniel noch seine Bitten vortrug, wurde er unterbrochen. Er hatte offensichtlich beabsichtigt, noch mehr zu sagen, als Gabriel erschien. Die Unterbrechung geschah durch eine Berührung durch die Hand des Engels «zur Zeit des Abendopfers» . Dies bezieht sich auf das tägliche regelmässige Abendopfer, das dargebracht wurde, als der Tempel noch stand. Obwohl es seit 586 nicht mehr dargebracht wurde, zeigte Daniel seine Sehnsucht nach der Heimkehr aus der Gefangenschaft und nach dem Wiederaufbau des Tempels dadurch, dass er sich an das Opfer erinnerte. Gabriel sagte zu Daniel, dass der Zweck seines Besuches erstens darin lag, Daniels Missverständnisse bezüglich der Zeit, wann das messianische Königreich errichtet werden würde, zu korrigieren, und zweitens, Gottes Offenbarung zu zeigen, welche einen Zeitplan für das Kommen des Messias enthält.

Die Bestimmung der 70 Siebener (Vers 24a) (15) Gabriels Prophetie an Daniel begann mit den Worten: «Siebzig Siebener sind über dein Volk und über deine heilige Stadt bestimmt...» In vielen Übersetzungen liest man «siebzig Wochen». Aber diese Übersetzung ist nicht ganz genau und hat einige Verwirrung über die Bedeutung dieses Abschnittes gestiftet. Die meisten Juden kennen das Wort für «Wochen», weil sie das Wochenfest feiern, das auf hebräisch Schawuot heisst. Das Wort, das aber in unserem Text erscheint, ist shawuim, was

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(15)Es gibt verschiedene Erklärungen dieser geheimnisvollen Prophetie, vgl. Gerhard Maier, Der Prophet Daniel, in: Wuppertaler Studienbibel, Wuppertal: R. Brockhaus, 1982 (4. Auflage), 8. 338-354. Er geht dort auf verschiedene Auslegungen und deren Schwierigkeiten ein. Red.

Siebener bedeutet Das Wort bezieht sich auf einen Siebener von irgend etwas, und erst der Zusammenhang zeigt, wovon. Hier ist offensichtlich, dass Daniel an Jahre dachte - besonders an die 70 Jahre der Gefangenschaft. Daniel hatte sowohl angenommen, dass die Gefangenschaft nach 70 Jahren enden würde, als auch dass das König reich nach 70 Jahren errichtet werden würde. Aber hier bediente sich Gabriel eines Wortspiels im hebräischen Text, indem er deutlich machte, dass in Bezug auf das messianische Königreich es nicht «70 Jahre» waren, sondern «70 Siebener von Jahren», also 490 Jahre (70 mal 7). Diese Periode von 490 Jahren war über das jüdische Volk und über die heilige Stadt Jerusalem «bestimmt» worden. Das hebräische Wort, das mit «bestimmt» übersetzt wird, bedeutet wörtlich «abschneiden» oder «festsetzen». In den Kapiteln 2, 7 und 8 hat Gott Daniel den Verlauf der zukünftigen Weltgeschichte offenbart, in der Heiden eine beherrschende Rolle über das Jüdische Volk haben würden. Diese lange Periode, die mit dem babylonischen Reich begann und bis zur Errichtung des messianischen Königreiches dauern sollte, wird aus diesem Grunde oft als «die Zeit der Heiden» bezeichnet. Hier aber wird dem Propheten gesagt, dass ein Total von 490 Jahren aus der Zeit der Heiden «herausgeschnitten» wird, und dass eine Periode von 490 Jahren «bestimmt» oder «festgesetzt» worden ist für die endgültige Wiederherstellung Israels und die Errichtung des messianischen Königreiches. Im Brennpunkt dieses Programms der 70 Siebener steht «dein Volk und ... deine heilige Stadt». Das «Volk» ist Daniels Volk, das jüdische Volk, und die Stadt ist Daniels Stadt, Jerusalem. Obgleich er die grösste Zeit seines Lebens in der Stadt Babylon verbracht hatte, war Jerusalem immer noch Daniels Stadt. Für Juden ist ihre Stadt immer Jerusalem und keine andere, ganz gleich, ob sie sich im Land selbst oder ausserhalb des Landes befinden.

Der Zweck der 70 Siebener (Vers 24b)
Daniel wurde als nächstes von Gabriel gesagt, dass die 70 Siebener sechs Zwecke erfüllen müssen.
Der erste liegt darin, das Verbrechen zum Abschluss zu bringen. Das hier mit «zum Abschluss bringen» übersetzte hebräische Wort bedeutet «kräftig zurückhalten», «austilgen» oder «zur Vollendung bringen». Das mit «Verbrechen» übersetzte hebräische Wort ist ein sehr starkes Wort für Sünde und geht der Wortbedeutung nach mehr in die Richtung von «Rebellion». Der hebräische Text hat dieses Wort hier mit dem bestimmten Artikel, so dass es wörtlich bedeutet: «das Verbrechen» oder «die Rebellion». Die Kernaussage ist daher, dass ein spezifischer Akt der


Rebellion endlich vollkommen unter Kontrolle und zu einem Ende gebracht wird. Dieser Akt der Rebellion oder diese Übertretung soll unter vollständige Kontrolle kommen, so dass sie nicht mehr weiter erfolgreich sein kann. Israels Apostasie (16) muss jetzt kräftig Einhalt geboten werden, was mit einer ähnlichen Vorhersage in Jes 59, 20 in Übereinstimmung steht.

Der zweite Zweck der 70 Siebener ist, den Sünden ein Ende zu machen. Das hebräische Wort, das hier mit «ein Ende machen» übersetzt wird, bedeutet wörtlich «versiegeln». Das mit «Sünden» übersetzte hebräische Wort bedeutet wörtlich «das Ziel verfehlen». Es bezieht sich eher auf die Sünden des täglichen Lebens als auf eine spezifische Sünde. Auch diesen Sünden muss ein Ende gemacht werden, und sie müssen weggenommen werden. Auch das ist ganz in Übereinstimmung mit den Vorhersagen der Propheten, die verkünden, dass im messianischen Königreich das Sündigen von Israel weichen wird (Jes 27, 9; Hes 36, 25-27; 37, 23; Jer 31, 31- 34).

Der dritte Zweck liegt darin, die Schuld zu sühnen. Das hebräische Wort, das mit «sühnen» oder «versöhnen» übersetzt wird, ist kaphar und hat dieselbe Wurzel wie kippur, das wir aus «Jom Kippur», dem Versöhnungstag, kennen. Das Wort kaphar bedeutet eigentlich «sühnen». Der dritte Zweck ist also, irgendwie Sühne zu erwirken für die Schuld. Und tatsächlich werden durch diese Sühne die ersten beiden Zwecke erreicht, nämlich dass das Verbrechen zum Abschluss gebracht wird und dass den Sünden ein Ende gemacht wird. Das mit «Schuld» übersetzte Wort bezeichnet (u.a.) inwendige Sünde.(17) Diese ist manchmal als «sündige Natur» bezeichnet worden oder mit einem im jüdischen Volk vielleicht gebräuchlicheren Ausdruck als jetzer hara, «die böse Neigung».

Der vierte Zweck der 70 Siebener ist es, ewige Gerechtigkeit einzuführen. Genauer sollte es übersetzt werden, «um ein Zeitalter der Gerechtigkeit zu bringen», weil das hebräische olam besser mit «Zeitalter» als mit «ewig» übersetzt wird.^^ Dieses Zeitalter der Gerechtigkeit muss das messianische Königreich sein, von dem in den Propheten gesprochen wird (Jes 1, 26; 11, 2-5; 32, 17; Jer 23, 5-6; 33, 15-18). Es ist genau dieses Zeitalter, dessen Errichtung Daniel nach den 70 Jahren der Gefangenschaft zu sehen erwartete. Aber jetzt wird ihm gesagt, dass dies erst nach der 490- Jahr-Periode sein wird.


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(16) Apostasie = Abfall vom Glauben.
(17) Diese Bedeutung ist möglich (vgl. evtl. Ps 51, 7); das Wort bezeichnet aber auch verschiedene einzelne Vergehen und manchmal die Schuld allgemein. Red.
(18) Da hier der Plural olamim als Genitiv dem Begriff Gerechtigkeit nachgestellt ist, scheint doch die Übersetzung «ewige Gerechtigkeit» hier besser. Red.


Der fünfte Zweck ist, Gesicht und Propheten zu versiegeln. Hier bedeutet «versiegeln» soviel wie «bewirken, dass etwas aufhört» oder «völlig er füllen». Also müssen Vision und Prophezeiungen vollständig erfüllt sein. «Gesicht» bezieht sich auf mündliche Prophetie, wogegen «Propheten» sich auf niedergeschriebene Prophetie bezieht. Beides, mündliche und schriftliche Prophetie, wird mit der endgültigen Erfüllung aller Offenbarungen aufhören.

Der endgültige Zweck der 70 Siebener ist es, das Allerheiligste zu salben. Eine bessere Übersetzung wäre hier: «um einen allerheiligsten Ort zu salben». Dies bezieht sich auf den jüdischen Tempel, der wieder aufgebaut werden soll, wenn der Messias kommt. Dies ist derselbe Tempel, den Daniels Zeitgenosse Hesekiel in vielen Einzelheiten beschrieben hat (Hes 40-48).

Der Beginn der 70 Siebener (Vers 25a)
Daniel wurde ganz deutlich gesagt, wann der Countdown für diese 70 Siebener beginnen wird. Gabriel sagte: «So sollst du denn erkennen und verstehen: Von dem (Zeitpunkt an, als das) Wort erging, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen ...» Die 70 Siebener werden also mit einem Dekret beginnen, das den Wiederaufbau der Stadt Jerusalem beinhaltet. Nicht alles in der persischen Chronologie ist so klar, wie wir es gerne hätten, und deswegen gibt es immer noch einige Lücken in unserem Geschichtswissen. Aber aus den biblischen und historischen Berichten, die wir besitzen, können wir vier mögliche Antworten auf die Frage geben, von welchem Dekret hier die Rede ist.

Eines ist das Dekret des Kyrus, das irgendwann zwischen 538 und 536 v. Chr. erlassen wurde, und das den Wiederaufbau des Tempels (2. Chr 36, 22-23; Esr 1, 1-4; 6,1-5) und der Stadt Jerusalem betraf (Jes 44, 28; 45,13). Eine andere Möglichkeit ist das Dekret von Darius Hystaspes (Esr 6, 6-12), das 521 v. Chr. erlassen wurde; es war eine Bestätigung des Dekrets von Kyrus. Die dritte Möglichkeit ist das im Jahr 458 v. Chr. für Esra ausgestellte Dekret von Artaxerxes (Esr 7, 11-26), das die Erlaubnis enthielt, den Tempeldienst fortzusetzen. Die letzte Möglichkeit ist das 444 V. Chr. ausgestellte Dekret des Artaxerxes für Nehemia (Neh 2,1-8). Dieses Dekret betraf ganz besonders den Wiederaufbau der Mauern rund um Jerusalem. Von diesen vier Möglichkeiten sind nur die erste und die vierte gültig für die Erfüllung von Gabriels Worten an Daniel. Für unseren Zweck ist es nicht nötig, an dieser Stelle die verschiedenen Argumentationen für jede Möglichkeit durchzugehen, aber eins ist sicher: Spätestens im Jahr 444 V. Chr. hat der Countdown begonnen.



Die ersten 69 Siebener (Vers 25b)
Die 70 Siebener sind in drei voneinander getrennte Einheiten unterteilt - in sieben Siebener, 62 Siebener und einen Siebener. Während der ersten Periode (49 Jahre) wird Jerusalem wieder aufgebaut werden mit «Platz und Stadtgraben ... und zwar in der Bedrängnis der Zeiten». Der zweite Zeit Block (62 Siebener, 434 Jahre) wird unmittelbar auf den ersten Block folgen. Das sind insgesamt 69 Siebener oder 483 Jahre.

Nun wird uns gesagt, dass der Endpunkt dieser 69 Siebener gesetzt ist: «bis zu einem Gesalbten, einem Fürsten». Klarer hätte Daniel es gar nicht ausdrücken können. Er lehrte, dass 483 Jahre nach dem Erlass des Dekretes, Jerusalem wieder aufzubauen, der Messias hier auf der Erde sein würde. Die offensichtliche Folgerung ist diese: Wenn der Messias nicht 483 Jahre nach einem Dekret, Jerusalem wieder aufzubauen, auf der Erde sein würde, dann wäre Daniel ein falscher Prophet und sein Buch hätte in den hebräischen Schriften der Bibel nichts zu suchen. Aber wenn Daniel recht hatte und seine Prophetie sich erfüllte, wer ist dann der Messias, von dem er spricht?

Die Ereignisse zwischen dem 69. und 70. Siebener (Vers 26)
Während die zweite Einheit der 70 Siebener unmittelbar auf die erste Periode folgen wird, wird die dritte nicht unmittelbar der zweiten folgen. Daniel weist in Vers 26 darauf hin, dass drei Dinge nach diesem zweiten Zeitabschnitt und vor dem dritten eintreten werden. Wenn wir uns in der Zeit zurückbewegen und aus Daniels Perspektive in Vers 26 in die Zukunft schauen, dann sehen wir zuerst, dass der «Messias ausgerottet wird und nichts haben wird». Das mit «ausgerottet» übersetzte hebräische Wort wird oft im Gesetz des Mose verwendet und bedeutet einfach «getötet werden». Der Unterton bei diesem Begriff ist der, dass der Messias nicht nur getötet wird, sondern dass er auf Grund eines Ur teils einen Tod durch Exekution erleiden wird. Der hebräische Ausdruck «und er wird nichts haben» hat zwei Bedeutungen. Es kann «nichts» bedeuten und den Status des Messias bei seinem Tod bezeichnen. Es kann aber auch übersetzt werden mit «aber nicht für sich selbst» (19), und die Bedeutung wäre dann, dass er für andere starb und nicht so sehr für

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(19) Wie Keil es vermerkt, sollte aber dann lö' und nicht 'en als verneinende Partikel stehen. Vgl. C. F. Keil, Biblischer Commentar über den Propheten Daniel, in; C. F. Keil / Fr. Delitzsch (Hrsg.), Biblischer Commentar über das Alte Testament, Leipzig: Dörffling und Franke, 1869, S. 300-301.

sich, also einen stellvertretenden Tod. Die letztere Bedeutung würde viel eher mit dem übereinstimmen, was die Propheten über den Grund für den Tod des Messias zu sagen hatten (z. B. Jes 53, 1-12). Die ersten drei Zwecke der 70 Siebener - das Verbrechen zum Abschluss zu bringen, den Sünden ein Ende zu machen und die Schuld zu sühnen - müssen durch eine Sühnung vollbracht werden. Das Gesetz des Mose schreibt vor, dass Sühnung durch Blut geschieht (Lev 17, 11). Es wird deutlich, dass der Tod des Messias «nicht für sich selbst», sondern für andere, das Mittel sein wird, durch das Israels Verbrechen, Sünden und Schuld gesühnt werden. Die Kernaussage dieses Satzes ist, dass zwischen dem Ende der zweiten Periode (der 69 Siebener also) und dem Beginn des 70. Siebeners der Messias getötet werden wird und den Tod als Strafe, als stellvertretenden Tod, erleiden wird. Zweitens wird während dieser Zwischenzeit auch geschehen, dass «das Volk eines kommenden Fürsten die Stadt und das Heiligtum zerstören wird, und sein Ende ist in einer Überflutung (oder wie eine Flut) ...» Die Stadt und der Tempel, die auf Grund des Dekretes, mit dem die 70 Siebener begannen, wieder aufgebaut werden sollen, die werden dann zerstört werden. Einige Zeit, nachdem der Messias ausgerottet werden wird, wer den Jerusalem und der Tempel eine weitere Zerstörung erleiden. Unsere Kenntnisse der Geschichte jener Periode sind ausserordentlich klar: Das für diese Tat verantwortliche Volk waren die Römer, und Jerusalem und der Tempel wurden im Jahre 70 n. Chr. zerstört. Gestützt auf diesen Vers wird auch klar, dass der Messias vor dem Jahr 70 n. Chr. gekommen und gestorben sein muss. Wenn das nicht geschehen wäre, wäre Daniel ein falscher Prophet. Wenn ein solches Ereignis aber eingetreten ist, dann muss die Frage beantwortet werden, wer denn der Messias war, der vor 70 n. Chr. getötet wurde. Und das dritte, was beachtet werden muss, ist: «und bis zum Ende ist Krieg, fest beschlossene Verwüstungen». Für den übrigen Zeitraum zwischen dem 69. Siebener und dem 70. Siebener soll das Land gekennzeichnet sein durch Krieg, und das Ergebnis davon wird Verwüstung sein. All dies wird dann die Bühne für das Finale, für den 70. Siebener, vorbereiten.

Der 70. Siebener (Vers 27)

Von unserem Standpunkt in der Geschichte aus gesehen sind die letzten sieben Jahre von Daniels Prophetie noch prophetisch, noch in der Zu kunft, aber mit ihrer Erfüllung werden alle sechs Zwecke von Vers 24 verwirklicht. Die Hauptaussagen des Verses sind folgende: Erstens wird der 70. Siebener erst dann beginnen, wenn ein Siebenjahres-Bündnis oder ein


Vertrag zwischen Israel und einem politischen Führer einer grösseren nicht jüdischen Macht unterzeichnet wird. Das Pronomen «er» in Vers 27 bezieht sich auf die nächststehende Bezugsperson, und das ist nicht der Messias, sondern «der kommende Fürst». Dieser politische Fürst ist bei den Christen besser bekannt unter der Bezeichnung «Antichrist». Zweitens: In der Mitte dieser Periode, das heisst nach 3 1/2 Jahren, wird dieser Führer der Heiden seinen Vertrag mit Israel brechen und bewirken, dass das Opfersystem eingestellt wird. Voraussetzung dafür ist, dass zu dieser Zeit wieder ein Tempel in Jerusalem errichtet und das Opfersystem Moses eingeführt worden ist. Dann aber wird es mit Gewalt beendet. Drittens: Das Ergebnis des Bruchs dieses Bündnisses wird sein, dass der Tempel durch einen Greuel verunreinigt sein wird. Dieser Greuel bezieht sich auf eine Statue oder ein Götzenbild. Wie es in den Tagen des Antiochus Epiphanes war, so wird es in Zukunft wieder sein, wenn ein heidnischer Führer den Tempel durch Götzendienst entweihen wird. Viertens: Auf diese Entweihung muss in der restlichen Hälfte des 70. Siebeners (den letzten 3 1/2 Jahren) Zorn und Verwüstung folgen, Verfolgung und Krieg. Dies erinnert an die Prüfungen und Trübsale, von denen die Rabbis gesprochen haben, dass sie die Vorbereitung für die Errichtung des messianischen Reiches seien. Diese schrecklichen Tage werden als «die Fussstapfen des Messias» bezeichnet. Aber wenn dann diese schrecklichen Dinge ihren Lauf genommen haben, werden die letzten drei der in Vers 24 vorhergesagten Dinge eintreten: Nach dieser Periode wird ein Zeitalter der Gerechtigkeit anbrechen, in dem das Allerheiligste gesalbt und jede Vision und Prophetie erfüllt werden wird. Zu diesem Zeitpunkt wird das messianische Königreich errichtet werden, nach dem der Prophet Daniel sich so sehr sehnte. Ganz offensichtlich erfordert ein messianisches Königreich, dass der Messias als König herrscht. Das bedeutet, dass der Messias nach dem 70. Siebener kommen wird. Aber Daniel hatte doch vorher behauptet, dass der Messias kommen und nach dem 69. Siebener getötet werden würde. Das würde einen Widerspruch bedeuten, es sei denn, Daniel spräche von zwei Kommen des Messias. Das erste Kommen wäre dann nach dem 69. Siebener, wenn er als Verurteilter einen stellvertretenden Tod für die Sünden Israels sterben würde und dadurch die ersten drei in Vers 24 genannten Zwecke erfüllte. Das zweite Kommen wäre nach dem 70. Siebener (noch in der Zukunft), wenn er das messianische Königreich errichten und die drei letzten Dinge von Vers 24 bewirken würde. Es gibt aber noch einen weiteren wichtigen Hinweis, den wir nicht übersehen dürfen: Der Messias wird nach seinem ersten Kommen getötet, aber er wird bei seinem zweiten Kommen lebendig sein. Das bedeutet, dass der Messias nach seiner Hinrichtung von den Toten auferweckt werden wird.



Schlussfolgerungen
Diese dramatische Prophetie zeigt gewisse Dinge in sehr klaren und unmissverständlichen Worten.
- Erstens, dass der Messias 483 Jahre nach dem Erlass zum Wiederaufbau Jerusalems auf der Erde leben muss.
- Zweitens, dass er nach dem Erscheinen auf der Erde getötet werden muss, aber nicht für seine eigenen Sünden, sondern für die Sünden anderer, und dass dieser Tod die Hinrichtung nach einem Prozess sein wird.
- Drittens, dass der Tod des Messias eintreten muss, bevor Jerusalem und der Tempel wieder zerstört werden, also vor dem Jahre 70 n. Chr.
- Viertens, dass irgendwann nach der Zerstörung Jerusalems und des Tempels, nach einer langen Zeit von Kriegen, der 70. Siebener beginnen wird. Wenn dieser seinen Lauf beendet hat, wird das messianische Königreich errichtet und ein Zeitalter der Gerechtigkeit beginnen. Damit das geschehen kann, wird vorausgesetzt, dass der Messias, der getötet worden war, wiederkommen wird. Aber wer ist dieser Messias? - Ein einziger Mensch erfüllt alles, was diese Schriftstelle fordert. Jesus von Nazareth wurde in die jüdische Welt hinein geboren und verkündete seine Messianität 483 Jahre nach dem Erlass des Dekrets, Jerusalem wieder aufzubauen. Im Jahre 30 n. Chr. wurde Jesus durch Kreuzigung hingerichtet. Daniel deutete an, dass er sterben würde, nicht um seiner selbst, sondern um anderer willen. Auch in Jes 53 wurde der Tod des Messias prophezeit und darauf hingewiesen, dass er einen stellvertretenden Tod für sein Volk Israel sterben würde. Die Lehre des Neuen Testamentes ist, dass Jesus den Tod eines Verbrechers starb, indem er die Strafe des Gesetzes stellvertretend für sein Volk auf sich nahm. In Übereinstimmung mit Dan 9, 24 starb er, um Sünden zu sühnen. Drei Tage nach seinem Tod wurde er auferweckt. Und schliesslich erklärt das Neue Testament, dass er eines Tages wiederkommen wird, um sein Reich und das Zeitalter der Gerechtigkeit aufzurichten. Wenn Daniel Recht hat, dann kam der Messias und starb vor dem Jahre 70 n. Chr. Wenn Daniel Recht hat, gibt es keine andere Antwort auf die Frage, wer der Messias ist, als diese: Jesus von Nazareth. Wenn Daniel Recht hat, dann muss dieser Jesus wiederkommen und das messianische Königreich aufrichten.

Der Zeit Plan des Messias

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Daniel 9,24-27 lehrt:
- Der Messias soll 483 Jahre nach dem Erlass, Jerusalem wieder

aufzubauen, geboren werden.
-Der Messias wird nach einer Gerichtsverhandlung hingerichtet werden. - Der Tod des Messias wird zu der Zerstörung Jerusalems und des Tempels führen.
- Die Geburt und der Tod des Messias müssen daher vor 70 n. Chr. geschehen sein. (Fortsetzung folgt)



FUNDAMENTUM 1/2003, März 2003 73 Messianische Christologie (1)
Eine Studie der hebräischen Prophetie über das erste Kommen des Messias

Dr. Arnold G. Fruchtenbaum

Messianische Christologie Teil 5
Einleitung

Die vorangegangenen Abschnitte(2) dieser Untersuchung haben sich mit den Prophetien der hebräischen Heiligen Schriften in bezug auf das erste Kommen des Messias befasst. Es ist aufgezeigt worden, dass Jesus die einzige Person ist, die all diese Prophetien erfüllen konnte. Verbunden mit einer christlichen Interpretation dieser Schriften sind gewisse Lehren, die in der Sicht des Judaismus stets als im Widerspruch zur Heiligen Schrift stehend betrachtet werden und daher als völlig inakzeptabel für irgend einen Juden gelten. Es sind dies:

1. der Glaube, dass der Messias Gott ist
2. der Glaube an Gott als ein dreieiniges Wesen.

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(1) Der folgende Beitrag wurde von der Redaktion aus dem Englischen übersetzt. Er ist Teil einer losen Folge von Untersuchungen der alttestamentlichen Prophetien über den Messias.
Der 4. Teil dieser Folge, erschienen in FUNDAMENTUM 2/2001, beschäftigte sich mit den messianischen Abschnitten der Schriften des atl, hebräischen Kanons. Vorliegender 5. Teil geht der Frage nach, ob die Zugehörigkeit des Messias zur göttlichen Trinität - und damit seine Gottheit - bereits durch das Alte Testament ausgesagt wird.

(2) n
5 Teilen:
Teil 1 erschien in FUNDAMENTUM 2/1997,
Teil 2 in FUNDAMENTUM 3/1998,
Teil 3 in FUNDAMENTUM 1/2000 und
Teil 4 in FUNDAMENTUM 2/2001.


Diese beiden Lehren sind offensichtlich sehr eng miteinander verwandt. Es ist nur möglich zu glauben, dass der Messias Gott ist, wenn er als ein Glied der Gottheit betrachtet wird. Es wird allgemein behauptet, diese Glaubensinhalte seien eine Erfindung des Christentums und hätten ihren Ursprung im Neuen Testament. Das stimmt jedoch nicht. Klare Beweise für die erste Behauptung wurden schon in den Ausführungen zu den messianischen Prophetien gegeben, und es gibt noch etliche weitere Beweis linien, die wir jetzt untersuchen wollen, um die zweite zu stützen. Es kann aufgezeigt werden, dass der Glaube an Gott als Dreieinigkeit tatsächlich in den hebräischen Heiligen Schriften ihren Anfang hat und im Neuen Testament nur weiter entwickelt und geklärt wird.

Die Mehrzahl in der Gottheit

Das Pluralnomen Elohim


Das für Gott am häufigsten benutzte Wort in den hebräischen Schriften ist Elohim. Man ist generell der Meinung, dass Elohim ein Wort im Plural ist, weil es die maskuline Pluralendung 'im hat. Dasselbe Wort Elohim, benutzt für den einen wahren Gott in Gen 1, 1, wird auch für falsche Götter in
2. Mo 20, 3 und 5, Mose 13, 3 benutzt.

«Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde.» Gen 1, 1
«Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.» Ex 20, 3

«... und das Zeichen und Wunder trifft ein, von dem er
zu dir geredet hat, indem er sagte: <Lasset uns anderen
Göttern - die du nicht gekannt hast - nachlaufen und ihnen
diene » Dt 13, 3

Während der Gebrauch des Plurals Elohim eine Dreieinigkeit nicht beweist (3), öffnet er jedoch die Tür für eine Lehre von der Mehrzahl in der
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(3) Die Pluralform an sich kann Im Hebräischen noch kein Beweis für eine Mehrzahl sein, da es das sog. «Plurale tantum» gibt: eine Pluralform, die etwas Abstraktes (z. B. das Leben), eine Ausdehnung (das Angesicht oder die Oberfläche) bezeichnet, oder ein Majestätsplural Ist. Umgekehrt gibt es Kollektivbegriffe, die eine Mehrzahl umfassen, von der Form her aber Im Singular stehen (z. B. «Baum» für «Bäume»). Anm. d. Red.



Gottheit, weil es dasselbe Wort ist, das sowohl für den einen wahren Gott als auch für die vielen falschen Götter gebraucht wird. Dies verursacht für die Rabbis ein echtes Problem.

Im siddur, dem Sabbat-Gebetbuch, das von Rabbi Hertz geschrieben wurde, steht in Bezug auf Gen 1,1:

«Der Plural soll die Fülle der Macht anzeigen; Gott umfasst und vereinigt alle Enden der Ewigkeit und Unendlichkeit.»

Die Tatsache bleibt jedoch bestehen, dass dieses Wort, auch wenn es nicht in sich selbst eine Mehrzahl innerhalb der Gottheit beweist, doch die Tür zu einem solchen Verständnis öffnet. Manchmal hört man das Argument, dass dieses eine Wort in beiden Kontexten gebraucht werden musste, weil es keine Alternative im Hebräischen gab. Das stimmt jedoch nicht. Die Einzahl von Elohim ist Eloah und wird so in Abschnitten wie
5. Mose 32,15-17 und Hab 3, 3 gebraucht.

«Da wurde Jeschurun fett und schlug aus. Du wurdest fett, dick, feist! Und er verwarf den Gott, der ihn gemacht, und verachtete den Fels seiner Rettung. Sie reizten ihn zur Eifersucht durch fremde (Götter), durch Gräuel kränkten sie ihn. Sie opferten den Dämonen, die nicht Gott sind, Göttern, die sie nicht kannten, neuen, die (erst) vor kurzem aufgekommen waren, die eure Väter nicht verehrten.» Dt 32, 15-17

«Gott kommt von Teman her und der Heilige vom Gebirge Paran. Sela. Seine Hoheit bedeckt die Himmel, und sein Ruhm erfüllt die Erde.»
Hab 3, 3

Diese Form in der Einzahl hätte durchgehend benutzt werden können, aber sie wird nur an 250 Stellen gefunden, wogegen die Pluralform an 2'500 Stellen gebraucht wird. Der weit häufigere Gebrauch der Pluralform weist eher auf eine Pluralität in der Gottheit hin, als dass er dagegen spricht.

Verben im Plural in Verbindung mit Elohim
Ebenso wird gesagt, dass, auch wenn Elohim im Plural erscheint, das damit verbundene Verb immer im Singular steht, wenn es sich auf den

wahren Gott bezieht, aber im Plural, wenn es falsche Götter betrifft. Nach den Regeln der hebräischen Grammatik ist es erforderlich, dass ein Verb mit dem betreffenden Subjekt sowohl im Genus (4) als auch im Numerus (5) übereinstimmen muss. Wenn Elohim für heidnische Götter gebraucht ist, wird dieser Regel immer befolgt, und es wird immer ein Verb im Plural benutzt. Steht aber Elohim für den einen wahren Gott, dann wird diese Regel gewöhnlich gebrochen - dem Plural des Substantivs Elohim folgt gewöhnlich ein Verb im Singular. Das ist so in den meisten Fällen. Es trifft aber nicht immer zu. Es gibt etliche Stellen im hebräischen Text, wo Elohim, d.h. der Gott Israels, mit einem Verb im Plural verbunden ist. Bei spiele dafür sind:

Gen 20,13
«Und es geschah, als Gott mich aus meines Vaters Haus (ziehen und) umherirren Hess, da sagte ich zu ihr: Das sei deine Gefälligkeit, die du mir erweisen mögest: An jedem Ort, wohin wir kommen, sage von mir: Er ist mein Bruder!»

Dies sind die Worte Abrahams, eines Dieners des einen wahren Gottes. Wörtlich heisst es: «... Gott (Elohim), sie Hessen mich wandern ...»

Gen 35, 7
«Und er baute dort einen Altar und nannte den Ort
El-Bethel; denn dort hatte Gott sich ihm geoffenbart, als er vor seinem Bruder floh.»

Dies sind die Worte Jakobs, der auch dem einen wahren Gott diente. Es heisst dort wörtlich: «... Gott (Elohim) offenbarten sich selbst...»


2. Sam 7, 23
«Und wer ist wie dein Volk, wie Israel, die einzige Nation auf Erden, (für) die Gott hingegangen ist, (sie) sich zum Volk zu erlösen und um sich einen Namen zu machen und an ihnen Grosses zu erweisen und furchtgebietende
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(4)Genus = Geschlecht.
(5)Numerus = Zahl (Singular I Plural).

Taten deinem Land, (indem du) vor deinem Volk, das du dir aus Ägypten erlöst hast, Nationen und ihre Götter (vertriebst).»

Wörtlich: «... für die Gott (Elohim) hingegangen sind, um sie sich (pl.) zu erlösen ...»

Ps 58,12
«Und der Mensch soll sagen: Es gibt doch Lohn für den Gerechten; es gibt doch einen Gott, der auf Erden richtet.»

Wörtlich: «... Gott (Elohim), sie richten auf Erden.»

Dies sind nur vier Beispiele aus vielen, und wieder stützt der Gebrauch des Plurals bei Verben, die sich auf den einen wahren Gott beziehen, die Idee der Mehrzahl in der Gottheit.

Das Wort Elohim wird zwei göttlichen Personen zugewiesen

Als ob die Absicht bestünde, die Vorstellung einer Pluralität noch mehr zu stützen, gibt es Stellen in den hebräischen Heiligen Schriften, wo der
Begriff Elohim im selben Vers auf zwei verschiedene Personen angewendet wird. Ein Beispiel dafür ist Ps 45, 7f.:

«Dein Thron, o Gott, ist immer und ewig, ein Zepter der Geradheit ist das Zepter deiner Herrschaft. Gerechtigkeit hast du geliebt und Gottlosigkeit gehasst: darum hat Gott, dein Gott, dich gesalbt mit Freudenöl vor deinen Gefährten.»

Man beachte, dass der erste Elohim angeredet wird und der zweite Elohim der Gott des ersten Elohim ist. Es gibt hier also zwei klar voneinander abgesetzte Personen. Es ist Elohims Elohim, der Elohim über seine Gefährten gesetzt und mit Freudenöl gesalbt hat.


Der Name JHWH wird auf zwei göttliche Personen angewendet

Nicht nur Elohim wird im gleichen Abschnitt auf zwei Personen angewendet, sondern sogar der Name Gottes, Jahwe (JHWH). Ein Beispiel dafür steht in Gen 19, 24:

«Da Hess der HERR richtig: Jehova (JHWH) auf Sodom und auf Gomorra Schwefel und Feuer regnen von dem HERRN richtig : Jehova (JHWH) aus dem Himmel.» Gen 19, 24 Der erste JHWH ist auf der Erde, und es heisst, dass Schwefel und Feuer von einem zweiten JHWH regnete, der im Himmel ist. Zwei deutlich verschiedene Personen werden im selben Text JHWH genannt.(6)

Ein zweites Beispiel finden wir in Hos 1:

«Als der HERR richtig: Jehova (JHWH) anfing, mit Hosea zu reden, da sprach der HERR JHWH) zu Hosea: Geh, nimm dir eine hurerische Frau und (zeuge) hurerische Kinder! Denn das Land treibt ständig Hurerei, vom HERRN (JHWH) hinweg ... Aber über das Haus Juda erbarme ich mich und rette sie durch den HERRN (JHWH), ihren Gott. Doch ich rette sie nicht durch Bogen und durch Schwert und durch Krieg, durch Pferde und durch Reiter.»
Hos 1, 2.7

Der Sprecher ist hier JHWH, der sagt, dass er Erbarmen haben wird mit dem Hause Juda und dass er sie retten wird durch JHWH, ihren Elohim. JHWH 1 verspricht, Israel durch JHWH 2 zu retten. Wieder sehen wir, dass JHWH im selben Abschnitt für zwei verschiedene Personen gebraucht wird.

Ein drittes Beispiel steht in Sach 2,12f.(7)

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(6) Diese Stelle kann man auch anders verstehen, da In Kap. 19 nicht ausdrücklich von Jahwe auf der Erde gesprochen wird; der Ausdruck «von dem HERRN» betont, dass Schwefel und Feuer von Jahwe kommen. Vgl. C. F. Kell, Biblischer Kommentar über die Bücher Moses, Bd. 1, In: C. F. Kell / F. Delitzsch (Hrsg.), Biblischer Commentar über das Alte Testament, Leipzig, 1878, zur Stelle. Anm. d. Red.
(7) Bzw. In Sach 2, 8f., je nach Aufteilung der Kapitel.


«Denn so spricht der HERR (JHWH) der Heerscharen, nachdem die Herrlichkeit mich ausgesandt hat, über die Nationen, die euch geplündert haben - denn wer euch antastet, tastet meinen Augapfel an Ja siehe, ich werde meine Hand über sie schwingen, und sie sollen ihren Knechten zur Beute werden. Und ihr werdet erkennen, dass der HERR richtig: Jehova (JHWH) der Heerscharen mich gesandt hat.» Sach 2, 12f.

Wieder haben wir einen JHWH, den Sprecher dieser Verse, der von einem anderen JHWH gesandt wurde, um eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen.



Das Wort Adonai im Plural

Ein anderes Wort für Gott Im Hebräischen Ist Adonai, gewöhnlich mit «Herr» übersetzt, wie z. B. In Ps. 2, 4: «Der Im Himmel thront, lacht, der Herr spottet Ihrer.» Jedesmal, wenn dieses Wort von Gott gebraucht wird, steht es Immer, durchgehend. Im Plural, nie Im Singular.

Pronomina Im Plural
Ein weiterer Punkt bezüglich der hebräischen Grammatik Ist, dass Gott einige Male Pronomina Im Plural benutzt, wenn er von sich selbst spricht. Meistens spricht Gott zwar Im Singular, aber es gibt einige Stellen, wo Gott Im Plural spricht:

Gen 1,26
«Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserm Bild, uns ähnlich! Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen!» Gen 1, 26



Die Pluralität (8) der Gottheit ist hier sehr klar: «Lasst uns ... in unserem Bild ... uns ähnlich.» Die jüdische Theologie lehrt, dass die Wendung: «Lasst uns machen» in diesem Abschnitt sich auf Engel bezieht, aber das kann nicht sein. Gott allein hat das Schöpfungswerk getan, und Engel werden nirgendwo im Kontext erwähnt. Gott kann sich hier nicht mit Engeln beraten haben, sonst hätte er sich wie in 1. Kön 22, 19-23 ausgedrückt, wo wir lesen, wie Gott den himmlischen Hofstaat bezüglich einer Sache konsultiert. Das ist aber nicht das Bild, das hier gezeichnet wird. Weiterhin könnte sich der Ausdruck «in unserm Bild» kaum auf Engel beziehen, da ja der Mensch im Bilde Gottes geschaffen wurde und nicht im Bilde der Engel.

Rashi sagt:
«Der Mensch wurde nach dem Bilde der Engel geschaffen. Ob gleich die Engel Gott nicht bei der Schöpfung halfen, sagte er , um gute Sitten und Demut zu lehren, indem er zeigte, dass die grössere Person auch die kleineren um Erlaubnis fragen sollte.»

Dieses Zitat zeigt, wie weit die Rabbis ihre Erklärungen herholen müssen, um zu vermeiden, dass man auf die Idee einer Pluralität in der Gottheit kommt.

Der Midrash Rabbah (8, 8) über die Genesis erkennt die starke Aussage dieser Stelle und kommentiert sie wie folgt:

«Rabbi Samuel Bat Hanman sagte im Namen von Rabbi Jonathan,
dass zu dem Zeitpunkt, als Mose die Thora schrieb, er jeden
Tag einen Abschnitt schrieb. Als er zu dem Vers kam, der lautet:
<Und Elohim sagte: Lasst uns den Menschen machen in unserem Bild, uns ähnlich), da sagte Mose: <Meister des Universums, warum gibst du hiermit den Sektierern [die an die Dreieinigkeit Gottes glauben] eine Entschuldigung?) Gott antwortete Mose: <Du schreib, und wer irren will, lass ihn irren.)»

Die hier erwähnten «Sektierer» (oder Häretiker) sind jüdische Christen. Es ist offensichtlich, dass der Midrash Rabbah einfach versucht, sich um

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(8) Über den Plural sind verschiedene Erklärungsversuche gemacht worden. In FUNDAMENTUM 2/1982, S. 10-16, haben wir sieben verschiedene Auslegungen dazu aufgeführt. Anm. d. Red


Dann fragten sie ihn ein zweites Mal: Er antwortete: Rabbi Simlai sagte: <Überall, wo man eine Stelle findet, die die Häretiker stützt, findet man gleich daneben die Widerlegung dieser Stelle.) Sie fragten ihn weiter, was gemeint sei mit: <Und Gott sagte, lasset uns den Menschen machen.) Und er sagte: <Lest, was folgt. Nicht: „Und Götter schufen den Menschen" steht dort geschrieben, sondern: „Und Gott schuf.))) Es handelt sich hier um eine Diskussion zwischen jüdischen Christen und einem Rabbi. Die jüdischen Gläubigen fragen den Rabbi: «Warum gibt es hier diese Pronomen und Nomen im Plural?)) Der Rabbi antwortet, dass dies nicht die Pluralität der Gottheit beweise, weil das darauf folgende Verb stets im Singular steht und nicht im Plural. In dem Sammelwerk The Torah Anthologie heisst es auf Seite 107f.: «Dies muss erklärt werden, da die Wortwahl sehr überrascht. Nichtgläubige argumentieren damit, dass es eine mannigfaltige Gottheit gebe, indem sie versuchen, diesen Vers als Beweistext für ihre Streitfrage zu benutzen, weil es darin heisst: <Lasset uns den Menschen machen) im Plural. Warum hat denn die Thora den Pluralausdruck verwendet? Einige sagen, dass der Mensch den Engeln ähnelt, und dass sie daher zu sehen wünschten, dass er sofort geschaffen würde. Gott hat es ihnen dann angekündigt und gesagt: <Lasset uns den Menschen machen. Kommt und freut euch, denn ich will jetzt den Menschen schaffen!))) baru ist die Pluralform (sie schufen) von bara (er schuf). Anm. d. Red.


das Problem zu drücken. Er unterlässt es, angemessen zu erklären, war um Gott hier von sich im Plural spricht.

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Es handelt sich hier um eine Diskussion zwischen jüdischen Christen und einem Rabbi. Die jüdischen Gläubigen fragen den Rabbi: «Warum gibt es hier diese Pronomen und Nomen im Plural?)) Der Rabbi antwortet, dass dies nicht die Pluralität der Gottheit beweise, weil das darauf folgende Verb stets im Singular steht und nicht im Plural.

In dem Sammelwerk The Torah Anthology heisst es auf Seite 107f.:
«Dies muss erklärt werden, da die Wortwahl sehr überrascht.
Nichtgläubige argumentieren damit, dass es eine mannigfaltige
Gottheit gebe, indem sie versuchen, diesen Vers als Beweistext
für ihre Streitfrage zu benutzen, weil es darin heisst: <Lasset uns
den Menschen machen) im Plural. Warum hat denn die Thora
den Pluralausdruck verwendet? Einige sagen, dass der Mensch
den Engeln ähnelt, und dass sie daher zu sehen wünschten,
dass er sofort geschaffen würde. Gott hat es ihnen dann angekündigt
und gesagt: <Lasset uns den Menschen machen. Kommt
und freut euch, denn ich will jetzt den Menschen schaffen!)))
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(9) baru ist die Pluralform (sie schufen) von bara (er schuf). Anm. d. Red.


[Es wird dann Rashi zitiert, wie oben wiedergegeben.]

Schliesslich sagte zu diesem schwierigen Vers Rabbi Nachmanides, dass der Plural zweierlei bezeichne, Gott und die Erde; der Leib kam von der Erde, und der Geist oder die Seele kam von Gott.

Gen 3, 22
«Und Gott, der HERR richtig: Jehova (JHWH), sprach: Siehe, der Mensch ist geworden wie einer von uns, zu erkennen Gutes und Böses. Und nun, dass er nicht etwa seine Hand ausstrecke und auch (noch) von dem Baum des Lebens nehme und esse und ewig lebe!» Gen 3, 22

Gen11,6f.
«Und der HERR richtig: Jehova (JHWH) sprach: Siehe, ein Volk sind sie, und eine Sprache haben sie alle, und dies ist (erst) der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts unmöglich sein, was sie zu tun ersinnen. Wohlan, lasst uns herabfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass sie einer des anderen Sprache nicht (mehr) verstehen!» Gen 11, 6f.

Jes 6, 8 «Und ich hörte die Stimme des Herrn (Adonai), der sprach: Wen soll ich senden, und wer wird für uns gehen? Da sprach ich: Hier bin ich, sende mich!» Jes 6, 8


Die letzte Stelle würde widersprüchlich erscheinen wegen des «Ich» im Singular und des «für uns» im Plural, wenn man es nicht als eine Mehrheit (uns) in der Einheit (ich) sähe.


Beschreibungen Im Plural
Ein weiterer Hinweis auf die Dreieinigkeit, der aus dem hebräischen Text abgeleitet werden kann, ist die Tatsache, dass mehrfach Nomina und Adjektive im Plural gebraucht werden, wenn sie von Gott sprechen.



Gewöhnlich sind sie im Hebräischen im Singular, aber es folgen einige Beispiele für die Stellen, wo sie im Plural stehen:

Jos 24,19 «Da sagte Josua zum Volk: Ihr könnt dem HERRN (JHWH) nicht dienen. Denn er ist ein heiliger Gott, er ist ein eifersüchtiger Gott. Er wird euer Vergehen und eure Sünden nicht vergeben.» Jos 24, 19

Im Hebräischen ist das Wort für «heilig» ein Adjektiv im Plural.

Ps 149, 2
«Israel freue sich seines Schöpfers! Die Kinder Zions sollen frohlocken über ihren König!» Ps 149, 2

Im Hebräischen steht das Wort für «Schöpfer» in der Mehrzahl. Wörtlich liest man: «Israel freue sich seiner Schöpfer (10) Im Deutschen ist das Wort «Schöpfer» ein Nomen, aber im Hebräischen ist es ein Partizip.

Pred 12,1
«Und denke an deinen Schöpfer in den Tagen deiner Jugendzeit, bevor die Tage des Übels kommen und die Jahre herannahen, von denen du sagen wirst: Ich habe kein Gefallen an ihnen!» Pred 12,

Auch hier steht wörtlich: «... denke an deine Schöpfer», ein Partizip im Plural.

Jes 54, 5 «Denn dein Gemahl ist dein Schöpfer, HERR (JHWH) der Heerscharen ist sein Name, und dein Erlöser ist der Heilige Israels: Gott der ganzen Erde wird er genannt.» Jes 54, 5


(10) Die hier verwendete Form des Verbs asa machen kann als Plural oder als Singular verstanden werden, so auch in Jes 54, 5, also «dein Macher» oder «deine Macher». Der Plural wäre ein Majestätsplural. Vgl. Wilhelm Gesenius, Hebräische Grammatik, völlig umgearbeitet von E. Kautzsch, Leipzig: F. C. W. Vogel, 1909 (28. Aufl.), § 93ss und § 124k. Anm. d. Red.



In diesem Vers sind die Worte für «Gemahl» und «Schöpfer»^® im hebräischen Text beide Pluralpartizipien. Es heisst also dort wörtlich: «Denn deine Gemahle ist deine Schöpfer, HERR der Heerscharen ist sein Name ...»


Das Shema Jisrael -Dt 6, 4
Alles, was bis jetzt gesagt wurde, beruft sich fest auf die hebräische Sprache der Schrift. Wenn wir unsere Lehre allein auf die Heilige Schrift gründen sollen, müssen wir sagen, dass sie auf der einen Seite Gottes Einheit bestätigt, und doch auf der anderen Seite eine Neigung zeigt für die Vorstellung einer zusammengesetzten Einheit, welche eine Pluralität in der Gottheit erlaubt.

Diese Idee der Pluralität innerhalb der Gottheit wird vom Judentum trotz aller Beweisstellen, die wir bis jetzt behandelt haben, hartnäckig abgelehnt. Und stets kehrt die Argumentation zurück zu Dt 6,4 als endgültigen Beweis der Einheit Gottes.

«Shema Jisrael! Jahwe Elohenu, Jahwe Echad.»

«Höre Israel! Der HERR richtig: Jehova (JHWH) ist unser Gott (Elohim), der HERR richtig: Jehova (JHWH) ist einer!» Dt 6, 4

Dt 6,4, als Shema bekannt, ist immer Israels grosses Glaubensbekenntnis gewesen. Dieser Vers wird mehr als jeder andere angeführt, um die Tatsache zu bekräftigen, dass Gott einer ist, und um der Auffassung einer Pluralität in der Gottheit zu widersprechen. Aber ist das eine gültige Anführung dieses Verses?

Zuerst sollte klargestellt werden, dass die Worte «unser Gott» in Wirklichkeit im Hebräischen im Plural stehen.
Die Hauptargumentation liegt aber beim Wort «einer». Im Hebräischen steht da echad. Ein rascher Blick auf die Verse im hebräischen Text, in denen dieses Wort gebraucht wird, zeigt uns, dass das Wort echad nicht nur ein «absolutes Einzelnes», sondern auch ein «zusammengesetztes Einzelnes» meinen kann. Zum Beispiel bildet in Gen 1, 5 die Kombination von Abend und Morgen einen {echad) Tag. In Gen 2, 24 kommen ein Mann und eine Frau in der Ehe zusammen, «und die beiden werden ein (echad) Fleisch». In Esr 2, 64 wird uns gesagt, dass die ganze Versammlung wie einer (echad) war, obgleich sie natürlich aus zahlreichen Personen bestand.

Hes 37, 17 liefert uns noch ein bemerkenswertes Beispiel, wo zwei Stäbe verbunden werden, um einer (echad) zu werden. So zeigt der Gebrauch des Wortes echad in der Schrift, dass dieser Begriff durchaus auch eine zusammen gesetzte Einheit bezeichnen kann, und nicht nur eine absolute.


Obgleich allgemein behauptet wird, dass jegliche Vorstellung einer Pluralität in der Gottheit dem Judentum völlig fremd sei, gibt es jedoch mindestens eine Stelle in der jüdischen Literatur, wo dies nicht der Fall ist.

Der Autor des Zohar erspürte im Tetragramm (dem Eigennamen Gottes, JHWH) eine Pluralität.

Er schrieb: «Kommt und seht das Geheimnis des Wortes JHWH: Drei Schritte gibt es und jeder existiert für sich: und trotzdem sind sie Einer und so verbunden, dass einer nicht vom andren getrennt werden kann.

Der Uralte Heilige wird offenbart mit drei Häuptern, die zu einem vereinigt sind, und dieses Haupt ist dreifach hoch erhoben. Der Uralte Heilige wird beschrieben, dass er drei ist, weil die anderen Lichter, die von ihm ausgehen, in den dreien eingeschlossen sind. Aber wie können drei Namen einer sein? Wie drei einer sein können, kann nur erkannt werden durch die Offenbarung des Heiligen Geistes.» (11)

Die Drei-Einheit der Gottheit

Wie viele Personen gibt es?

Bisher haben wir aus dem Gebrauch verschiedener Wörter im Plural gesehen, dass es in der Natur des einen wahren Gottes eine Pluralität gibt. Wir haben uns auch einige Schriftstellen angesehen, wo die Namen Gottes auf zwei deutlich voneinander unterschiedene göttliche Personen angewendet werden. Die Frage, die daher aufkommt ist: Wie viele Personen gibt es in der Gottheit? Wenn man die hebräische Heilige Schrift studiert, erkennt man, dass drei, und nur drei, verschiedene Personen jemals als göttlich angesehen wurden:

1. Der Herr JHWH
2. Der Engel JHWHs


Zohar, Bd. III, 288, 43, Hebräische Ausgaben. Siehe auch Soncino Press Ausgabe, Bd. 8.134.



3. Der Geist Gottes
Wir werden jetzt der Reihe nach jede betrachten.

Der Herr JHWH

Es gibt zahlreiche Stellen in der Schrift, wo auf die erste der drei göttlichen Personen Bezug genommen wird.
Der Gebrauch von «der Herr richtig: Jehova JHWH» ist so häufig, dass ich hier nicht weiter darauf eingehen muss.
Viele der messianischen Prophetien, die schon besprochen wurden, mögen als Beispiel dafür dienen.


Der Engel des HERRN richtig: Jehova
Der Ausdruck «Malach JHWH»

Die zweite göttliche Person ist der Engel des HERRN richtig: Jehova (JHWH) - aber wer ist er?
Der Engel des HERRN richtig: Jehova (JHWH) darf nicht als Titel aufgefasst werden. Gemäss der hebräischen Grammatik fungiert er immer als Eigenname.
Dieses Individuum wird stets unterschieden von allen anderen Engeln und ist einzigartig. In der Schrift finden wir die drei folgenden Ausdrücke:

1. der Engel des HERRN richtig: Jehova (JHWH)
2. der Engel Gottes (Elohim) (Gen 21,17)
3. die Engel Gottes (Elohim) (Gen 28,12).

Der dritte dieser Ausdrücke wird ganz allgemein für gewöhnliche Engel benutzt. Dagegen werden die ersten beiden dazu gebraucht, um ein ganz besonderes und bestimmtes Individuum - den Engel von JHWH - zu beschreiben. Wir können dies in Ri 6, 20f. sehen, wo dieselbe Person in Vers 20 zuerst als «der Engel von Gott» beschrieben wird und dann in Vers 21 als «der Engel von JHWH». Dies kommt auch in Ri 13 vor. In Vers 3 wird vom Engel JHWHs gesprochen und später, in Vers 9, wird dasselbe Individuum «der Engel Gottes» genannt.

Durch die ganze hebräische Heilige Schrift hindurch wird stets ein Unter schied gemacht zwischen gewöhnlichen Engeln und dieser einzigartigen Person, die als Engel von JHWH und als der Engel von Gott bezeichnet wird.
Der Engel des HERRN richtig: Jehova, wie er in den deutschen Übersetzungen heisst, wird deutlich geoffenbart als in Gestalt, Natur, Person und Wesen von gewöhnlichen Engeln unterschieden.

Der Engel von JHWH ist JHWH

Was die hebräische Grammatik zu zeigen versucht ist, dass dieses einzigartige Individuum in der Tat Gott selbst ist. In praktisch jedem Kontext,


in dem er erscheint, wird auf ihn Bezug genommen als Engel von JHWH und als JHWH selbst. Es gibt viele Beispiele, die dies zeigen:

Gen 16, 7-14

1. Mo 16,7 Und der Engel Jehovas fand sie an einer Wasserquelle in der Wüste, an der Quelle auf dem Wege nach Sur.

1. Mo 16,8 Und er sprach: Hagar, Magd Sarais, woher kommst du, und wohin gehst du? Und sie sprach: Ich fliehe hinweg von meiner Herrin Sarai.

1. Mo 16,9 Und der Engel Jehovas sprach zu ihr: Kehre zu deiner Herrin zurück und demütige dich unter ihre Hände.

1. Mo 16,10 Und der Engel Jehovas sprach zu ihr: Ich will sehr mehren deinen Samen, daß er nicht gezählt werden soll vor Menge.

1. Mo 16,11 Und der Engel Jehovas sprach zu ihr: Siehe, du bist schwanger und wirst einen Sohn gebären; und du sollst ihm den Namen Ismael geben, denn Jehova hat auf dein Elend gehört.

1. Mo 16,12 Und er, er wird ein Wildesel von Mensch sein; seine Hand wider alle und die Hand aller wider ihn, und angesichts aller seiner Brüder wird er wohnen.

1. Mo 16,13 Da nannte sie Jehova, der zu ihr redete: Du bist ein Gott, der sich schauen läßt! Denn sie sprach: Habe ich nicht auch hier geschaut, nachdem er sich hat schauen lassen?

1. Mo 16,14 Darum nannte man den Brunnen: Beer-Lachai-Roi; siehe, er ist zwischen Kades und Bered.

1. Mo 16,15 Und Hagar gebar dem Abram einen Sohn; und Abram gab seinem Sohne, den Hagar geboren hatte, den Namen Ismael.

1. Mo 16,16 Und Abram war sechsundachtzig Jahre alt, als Hagar dem Abram Ismael gebar.

Gen 16, 7-14


Hier gibt es vier Mal einen Bezug auf den Engel Jehovas , in den Versen 7, 9,10 und 11, aber in Vers 13 ist dann der Bezug auf JHWH selbst, und daher nennt sie ihn: «Du bist ein Gott, der mich sieht.»

Gen 22, 9-16



1. Mo 22,8 Und Abraham sprach: Gott wird sich ersehen das Schaf zum Brandopfer, mein Sohn. Und sie gingen beide miteinander.

1. Mo 22,9 Und sie kamen an den Ort, von dem Gott ihm gesagt hatte; und Abraham baute daselbst den Altar und schichtete das Holz; und er band seinen Sohn Isaak und legte ihn auf den Altar oben auf das Holz.

1. Mo 22,10 Und Abraham streckte seine Hand aus und nahm das Messer, um seinen Sohn zu schlachten.

1. Mo 22,11 Da rief ihm der Engel Jehovas vom Himmel zu und sprach: Abraham, Abraham! Und er sprach: Hier bin ich!

1. Mo 22,12 Und er sprach: Strecke deine Hand nicht aus nach dem Knaben, und tue ihm gar nichts! Denn nun weiß ich, daß du Gott fürchtest und deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast.

1. Mo 22,13 Und Abraham erhob seine Augen und sah, und siehe, da war ein Widder dahinten im Dickicht festgehalten durch seine Hörner; und Abraham ging hin und nahm den Widder und opferte ihn als Brandopfer an seines Sohnes Statt.

1. Mo 22,14 Und Abraham gab diesem Orte den Namen: Jehova wird ersehen; daher heutigen Tages gesagt wird: Auf dem Berge Jehovas wird ersehen werden.

1. Mo 22,15 Und der Engel Jehovas rief Abraham ein zweites Mal vom Himmel zu

1. Mo 22,16 und sprach: Ich schwöre bei mir selbst, spricht Jehova, daß, weil du dieses getan und deinen Sohn, deinen einzigen, mir nicht vorenthalten hast,

1. Mo 22,17 ich dich reichlich segnen und deinen Samen sehr mehren werde, wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist; und dein Same wird besitzen das Tor seiner Feinde;

1. Mo 22,18 und in deinem Samen werden sich segnen alle Nationen der Erde: darum, daß du meiner Stimme gehorcht hast.

Gen 22,9-16

Zweimal wird er der Engel Jehovas genannt (Vers 11 und 15), aber In Vers 12 wird er bezeichnet als Gott und In Vers 16 wird er JHWH genannt. Gen 31, 11-13 «11



1. Mo 31,11 Und der Engel Gottes sprach im Traume zu mir: Jakob! Und ich sprach: Hier bin ich!

1. Mo 31,12 Und er sprach: Hebe doch deine Augen auf und sieh: alle Böcke, welche die Herde bespringen, sind gestreift, gesprenkelt und getüpfelt; denn ich habe alles gesehen, was Laban dir tut.

1. Mo 31,13 Ich bin der Gott von Bethel, wo du ein Denkmal gesalbt, wo du mir ein Gelübde getan hast. Nun mache dich auf, ziehe aus diesem Lande und kehre zurück in das Land deiner Verwandtschaft.

Gen 31, 11-13

In Vers 11 wird hingewiesen auf (wörtlich): «den Engel von Gott», aber wenn er In Vers 13 spricht, sagt er: «Ich bin der Gott von Bethel.»


Gen 32, 25-31 (12)

1. Mo 32,25 Und Jakob blieb allein übrig; und es rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte aufging.

1. Mo 32,26 Und als er sah, daß er ihn nicht übermochte, da rührte er sein Hüftgelenk an; und das Hüftgelenk Jakobs ward verrenkt, indem er mit ihm rang.

1. Mo 32,27 Da sprach er: Laß mich los, denn die Morgenröte ist aufgegangen; und er sprach: Ich lasse dich nicht los, du habest mich denn gesegnet.

1. Mo 32,28 Da sprach er zu ihm: Was ist dein Name? Und er sprach: Jakob.

1. Mo 32,29 Da sprach er: Nicht Jakob soll hinfort dein Name heißen, sondern Israel; denn du hast mit Gott und mit Menschen gerungen und hast obsiegt.

1. Mo 32,30 Und Jakob fragte und sprach: Tue mir doch deinen Namen kund! Da sprach er: Warum doch fragst du nach meinem Namen? Und er segnete ihn daselbst.

1. Mo 32,31 Und Jakob gab dem Orte den Namen Pniel: denn ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden!

Gen 32, 25-31

Dies Ist die berühmte Stelle, die Jakobs Kampf mit dem Engel des HERRN beschreibt. Aber mit wem hat er denn eigentlich gerungen? In
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(12) nach Bibelausgabe auch W. 24-30.

Vers 29 steht es: «... denn du hast mit Gott (Elohim) gekämpft ...» Und danach erklärt Jakob in Vers 31: «Ich habe Gott (Elohim) von Angesicht zu Angesicht gesehen.» Der Engel, mit dem er gerungen hat, wird als Gott selbst erkannt.

2. Mo 3,1 Und Mose weidete die Herde Jethros, seines Schwiegervaters, des Priesters von Midian. Und er trieb die Herde hinter die Wüste und kam an den Berg Gottes, an den Horeb.

2. Mo 3,2 Da erschien ihm der Engel Jehovas in einer Feuerflamme mitten aus einem Dornbusche; und er sah: und siehe, der Dornbusch brannte im Feuer, und der Dornbusch wurde nicht verzehrt.

2. Mo 3,3 Und Mose sprach: Ich will doch hinzutreten und dieses große Gesicht sehen, warum der Dornbusch nicht verbrennt.

2. Mo 3,4 Und als Jehova sah, daß er herzutrat, um zu sehen, da rief Gott ihm mitten aus dem Dornbusche zu und sprach: Mose! Mose! Und er sprach: Hier bin ich.

2. Mo 3,5 Und er sprach: Nahe nicht hierher! Ziehe deine Schuhe aus von deinen Füßen, denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land.

Ex 3, 1-5

In Vers 2 ist es der Engel Jehovas , der im brennenden Dornbusch ist, aber Vers 4 sagt, dass Gott ihm mitten aus dem Dornbusch zurief.




Ri 2,1 Und der Engel Jehovas kam von Gilgal herauf nach Bochim; und er sprach: Ich habe euch aus Ägypten heraufgeführt und euch in das Land gebracht, das ich euren Vätern zugeschworen habe; und ich sagte: Ich werde meinen Bund mit euch nicht brechen ewiglich;

Ri 2, 1 In diesem Vers erklärt der Engel Jehovas, dass er für den Exodus verantwortlich ist und für den Bundesschluss mit Israel. Ein Vergleich mit Ex 19, 4 zeigt ganz klar, dass es Gott selbst war, der diese beiden Dinge tat. Die beiden sind also synonym.




Ri 6,11 Und der Engel Jehovas kam und setzte sich unter die Terebinthe, die zu Ophra war, welches Joas, dem Abieseriter , gehörte. Und Gideon, sein Sohn, schlug eben Weizen aus in der Kelter, um ihn vor Midian zu flüchten.

Ri 6,12 Und der Engel Jehovas erschien ihm und sprach zu ihm: Jehova ist mit dir, du tapferer Held!

Ri 6,13 Und Gideon sprach zu ihm: Bitte, mein Herr! Wenn Jehova mit uns ist, warum hat denn dieses alles uns betroffen? Und wo sind alle seine Wunder, die unsere Väter uns erzählt haben, indem sie sprachen: Hat Jehova uns nicht aus Ägypten heraufgeführt? Und nun hat Jehova uns verlassen und uns in die Hand Midians gegeben.

Ri 6,14 Und Jehova wandte sich zu ihm und sprach: Gehe hin in dieser deiner Kraft und rette Israel aus der Hand Midians! Habe ich dich nicht gesandt?

Ri 6,15 Und er sprach zu ihm: Bitte, mein Herr! Womit soll ich Israel retten? Siehe, mein Tausend ist das ärmste in Manasse, und ich bin der Jüngste im Hause meines Vaters.

Ri 6,16 Und Jehova sprach zu ihm: Ich werde mit dir sein, und du wirst Midian schlagen wie einen Mann.

Ri 6,17 Und er sprach zu ihm: Wenn ich denn Gnade gefunden habe in deinen Augen, so gib mir ein Zeichen, daß du es bist, der mit mir redet.

Ri 6,18 Weiche doch nicht von hinnen, bis ich zu dir komme und meine Gabe herausbringe und dir vorsetze. Und er sprach: Ich will bleiben, bis du wiederkommst.

Ri 6,19 Da ging Gideon hinein und bereitete ein Ziegenböcklein zu, und ungesäuerte Kuchen aus einem Epha Mehl; das Fleisch tat er in einen Korb, und die Brühe tat er in einen Topf; und er brachte es zu ihm heraus unter die Terebinthe und setzte es vor.

Ri 6,20 Und der Engel Gottes sprach zu ihm: Nimm das Fleisch und die ungesäuerten Kuchen und lege es hin auf diesen Felsen da, und die Brühe gieße aus. Und er tat also.

Ri 6,21 Und der Engel Jehovas streckte das Ende des Stabes aus, der in seiner Hand war, und berührte das Fleisch und die ungesäuerten Kuchen; da stieg Feuer auf aus dem Felsen und verzehrte das Fleisch und die ungesäuerten Kuchen. Und der Engel Jehovas verschwand aus seinen Augen.

Ri 6,22 Da sah Gideon, daß es der Engel Jehovas war, und Gideon sprach: Ach Herr, Jehova! Dieweil ich den Engel Jehovas gesehen habe von Angesicht zu Angesicht!

Ri 6,23 Und Jehova sprach zu ihm: Friede dir! Fürchte dich nicht, du wirst nicht sterben.

Ri 6,24 Und Gideon baute daselbst Jehova einen Altar und nannte ihn: Jehova-Schalom. Bis auf diesen Tag ist er noch zu Ophra der Abieseriter.

Ri 6, 11-24



Sieben Mal Ist In diesem Abschnitt die Rede vom Engel Jehovas bzw. Gottes (Verse 11, 12, 20-22), und vier Mal wird dieselbe Person als JHWH selbst bezeichnet (Vers 14,16, 22 und 23).






Ri 13,2 Und es war ein Mann aus Zorha, vom Geschlecht der Daniter, sein Name war Manoah. Und sein Weib war unfruchtbar und gebar nicht.

Ri 13,3 Und der Engel Jehovas erschien dem Weibe und sprach zu ihr: Siehe doch, du bist unfruchtbar und gebierst nicht; aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären.

Ri 13,4 Und nun hüte dich doch und trinke weder Wein noch starkes Getränk, und iss nichts Unreines!

Ri 13,5 Denn siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; und kein Schermesser soll auf sein Haupt kommen, denn ein Nasir Gottes soll der Knabe sein von Mutterleibe an; und er wird anfangen, Israel aus der Hand der Philister zu retten.

Ri 13,6 Und das Weib kam und sprach zu ihrem Manne und sagte: Ein Mann Gottes ist zu mir gekommen, und sein Ansehen war wie das Ansehen eines Engels Gottes, sehr furchtbar; und ich habe ihn nicht gefragt, woher er sei, und seinen Namen hat er mir nicht kundgetan.

Ri 13,7 Und er sprach zu mir: Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; und nun, trinke weder Wein noch starkes Getränk, und iß nichts Unreines; denn ein Nasir Gottes soll der Knabe sein von Mutterleibe an bis zum Tage seines Todes.

Ri 13,8 Da flehte Manoah zu Jehova und sprach: Bitte, Herr! Der Mann Gottes, den du gesandt hast, möge doch nochmals zu uns kommen und uns lehren, was wir tun sollen mit dem Knaben, der geboren werden soll.

Ri 13,9 Und Gott erhörte die Stimme Manoahs; und der Engel Gottes kam nochmals zu dem Weibe, als sie auf dem Felde saß, und Manoah, ihr Mann, nicht bei ihr war.

Ri 13,10 Da eilte das Weib und lief und berichtete es ihrem Manne, und sie sprach zu ihm: Siehe, der Mann ist mir erschienen, der an jenem Tage zu mir gekommen ist.

Ri 13,11 Und Manoah machte sich auf und ging seinem Weibe nach; und er kam zu dem Manne und sprach zu ihm: Bist du der Mann, der zu dem Weibe geredet hat? Und er sprach: Ich bin's.

Ri 13,12 Und Manoah sprach: Wenn nun dein Wort eintrifft, was soll die Weise des Knaben sein und sein Tun?

Ri 13,13 Und der Engel Jehovas sprach zu Manoah: Vor allem, was ich dem Weibe gesagt habe, soll sie sich hüten:

Ri 13,14 Von allem, was vom Weinstock kommt, soll sie nicht essen, und Wein und starkes Getränk soll sie nicht trinken, und soll nichts Unreines essen; alles, was ich ihr geboten habe, soll sie beobachten.

Ri 13,15 Und Manoah sprach zu dem Engel Jehovas: Laß dich doch von uns aufhalten, so wollen wir dir ein Ziegenböcklein zubereiten.

Ri 13,16 Und der Engel Jehovas sprach zu Manoah: Wenn du mich auch aufhieltest, ich würde nicht von deinem Brote essen; willst du aber ein Brandopfer opfern, so opfere es Jehova. Denn Manoah wüsste nicht, daß es der Engel Jehovas war.

Ri 13,17 Und Manoah sprach zu dem Engel Jehovas: Wie ist dein Name, daß wir dich ehren, wenn dein Wort eintrifft?

Ri 13,18 Und der Engel Jehovas sprach zu ihm: Warum fragst du denn nach meinem Namen? Er ist ja wunderbar!

Ri 13,19 Da nahm Manoah das Ziegenböcklein und das Speisopfer und opferte es Jehova auf dem Felsen. Er aber handelte wunderbar, und Manoah und sein Weib sahen zu;

Ri 13,20 und es geschah, als die Flamme von dem Altar gen Himmel emporstieg, da fuhr der Engel Jehovas in der Flamme des Altars hinauf. Und Manoah und sein Weib sahen zu und fielen auf ihr Angesicht zur Erde.

Ri 13,21 Und der Engel Jehovas erschien Manoah und seinem Weibe fortan nicht mehr. Da erkannte Manoah, daß es der Engel Jehovas war.

Ri 13,22 Und Manoah sprach zu seinem Weibe: Wir werden gewisslich sterben, denn wir haben Gott gesehen!

Ri 13,23 Aber sein Weib sprach zu ihm: Wenn es Jehova gefallen hätte, uns zu töten, so hätte er nicht ein Brandopfer und Speisopfer aus unserer Hand angenommen, und er hätte uns dies alles nicht gezeigt, noch uns zu dieser Zeit dergleichen vernehmen lassen.

Ri 13,24 Und das Weib gebar einen Sohn; und sie gab ihm den Namen Simson. Und der Knabe wuchs, und Jehova segnete ihn.

Ri 13,25 Und der Geist Jehovas fing an, ihn zu treiben zu Machaneh-Dan zwischen Zorha und Eschtaol.


Ri 13, 2-24 Neun Mal wird er in diesem Abschnitt als Engel Jehovas bzw. Gottes bezeichnet: in den Versen 3, 9, 13, 15, 16, 17, 18, 20 und 21. Aber dann, in Vers 22, wird gesagt, dass er Gott selbst ist. Zu beachten ist auch, dass in Vers 18 der Name des Engels «Wunderbar» ist. In unserer Untersuchung von Jes 9, 5 wurde betont, dass pele (143) , das hebräische Wort für «wunderbar» ausschliesslich für Gott benutzt wird, nie für einen Menschen - oder Engel. Allein die Tatsache, dass er diesen Namen für sich selbst beansprucht, zeigt, dass es sich nicht um einen gewöhnlichen Engel handelt, sondern um Gott selbst. Mit dem Buch der Richter verschwindet der Engel Jehovas fast ganz aus der jüdischen Geschichte. Er erscheint nur noch zweimal in der Heiligen Schrift: In Jes 37, 36 schlägt er die assyrische Armee, und in den ersten sechs Kapiteln von Sacharja ist er es, der Sacharja die acht Visionen gibt.



Die Einzigartigkeit seiner Person
In Jes 42, 8 sagt Gott von sich selbst:

«Ich bin Jahwe, das ist mein Name. Und meine Ehre gebe ich keinem anderen ...»

Wenn wir diese Aussage mit Ex 23, 21 vergleichen, können wir die einzigartige Natur des Engels des HERRN besser verstehen. In Ex 23, 20ff. spricht Gott und sagt:


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(13) Hier steht nicht pele, sondern peli, was auch etwas wunderbares bedeutet; das Wort pele steht v.a. für die wunderbaren Taten Gottes, z. B. in Ex 15, 11; Ps 77, 12.15; Jes 25, 1 usw. Anm. d. Red.



2. Mo 23,20 Siehe, ich sende einen Engel vor dir her, um dich auf dem Wege zu bewahren und dich an den Ort zu bringen, den ich bereitet habe.

2. Mo 23,21 Hüte dich vor ihm und höre auf seine Stimme und reize ihn nicht; denn er wird eure Übertretung nicht vergeben, denn mein Name ist in ihm.

2. Mo 23,22 Doch wenn du fleißig auf seine Stimme hörst und alles tust, was ich sagen werde, so werde ich deine Feinde befeinden und deine Dränger bedrängen.

2. Mo 23,23 Denn mein Engel wird vor dir hergehen und wird dich bringen zu den Amoritern und den Hethitern und den Perisiter und den Kanaanitern, den Hewiter und den Jebusitern; und ich werde sie vertilgen.

Ex 23, 20ff.

In Ex 23, 20 sagt Gott, dass dieser Engel das Volk Israel durch die Wüste führen werde, bis sie In das Land kommen. Dies stimmt mit Ri 2,1 über ein, das wir oben untersucht haben. In Vers 21 werden einige Gebote erteilt. Israel wird befohlen, diesem Engel gehorsam zu sein und Ihn nicht zum Zorn zu reizen. Dieser Engel verlangt den absoluten Gehorsam des Volkes. Warum? Well «mein Name In Ihm Ist». Dieser Engel Ist aus etlichen Gründen bemerkenswert:

1 er wird euer Vergehen nicht vergeben Er hat die Macht, Sünden zu vergeben; ein Vorrecht, das nur Gott besitzt.

2. mein Name ist in ihm Der Name Ist JHWH, ein Name, der nur den Gliedern der Gottheit gegeben Ist - dieser Engel hat diesen Namen.

3. Es gibt einen Segen, wenn man ihm gehorcht (Vers 22)

4. Er ist der Engel, der Israel in das verheissene Land führen wird (Vers 23)

Später, In Ex 32, 34f. lesen wir, dass trotz der Warnungen das Volk wirklich gegen diesen Engel rebelliert hat und dafür bestraft wurde. Hos 12, 4-6 sagt auch, dass dieser Engel den Namen Gottes In sich hat. Die Tatsache, dass er alle vier Buchstaben von Gottes Namen In seinem Namen trägt, zeigt an, dass er wirklich Gott selbst Ist. Wenn Jes 63, 7-14 Ihn als den Engel von Gottes Gegenwart beschreibt, Ist er tatsächlich die zweite Person der Trinität.




Der Geist Gottes

Die dritte erhabene Person, die in der hebräischen Heiligen Schrift deutlich wird, ist der Geist Gottes, der einfach als der Ruach Ha-Kodesh bezeichnet wird. Es gibt viele Hinweise auf den Geist Gottes - unter anderem:

Gen 1,2 «Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über den Wassern.»

Gen 6,3 «Da sprach Jehova (JHWH): Mein Geist soll nicht ewig im Menschen bleiben, da er ja auch Fleisch ist. Seine Tage sollen 120 Jahre betragen.»

Hi 33,4 «Der Geist Gottes hat mich gemacht, und der Atem des Allmächtigen belebt mich.»

Ps 51,13 «Verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und den Geist deiner Heiligkeit nimm nicht von mir!»

Ps139,7 «Wohin sollte ich gehen vor deinem Geist, wohin fliehen vor deinem Angesicht?»


Jesaja 11.2 «Und auf ihm wird ruhen der Geist Jehovas (JHWH), der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und Furcht des HERRN (JHWH).»

Jesaja 63,10 «Sie aber, sie sind widerspenstig gewesen und haben seinen heiligen Geist betrübt. Da wandelte er sich ihnen zum Feind: Er selbst kämpfte gegen sie.»


Jes 63,14 «
Gleich dem Vieh, welches in das Tal hinabsteigt, brachte der Geist Jehovas sie zur Ruhe. Also hast du dein Volk geleitet, um dir einen herrlichen Namen zu machen."

.» Der Heilige Geist kann kein blosser Ausfluss der Gottheit sein. Wie wir es an diesen Textstellen sehen können, hat er alle Charakteristika einer Person (Intellekt, Gefühl und Willen), und er wird als göttlich angesehen.



Die drei Personen in ein und derselben Schriftstelle
Aus verschiedensten Abschnitten der hebräischen Heiligen Schrift kann man also klar sehen, dass drei Personen als göttlich und als Gott angesehen werden: der Herr JHWH, der Engel von JHWH und der Geist Gottes.

Weiterhin gibt es Steilen in der hebräischen Heiligen Schrift, wo auf alle drei Personen der Gottheit in ein und der
selben Schriftstelle Bezug genommen wird. Zwei Beispiele dafür sind Jes 48,12-16 und Jes 63, 7-14. Jes 48,12-16 «
Jes 48,12 Höre auf mich, Jakob, und Israel, mein Berufener! Ich bin, der da ist, ich der Erste, ich auch der Letzte.
Jes 48,13 Auch hat meine Hand die Erde gegründet, und meine Rechte die Himmel ausgespannt; ich rufe ihnen zu: allesamt stehen sie da.
Jes 48,14 Versammelt euch, ihr alle, und höret! Wer unter ihnen hat dieses verkündet? Den Jehova liebt, der wird sein Wohlgefallen vollführen an Babel und seinen Arm an den Chaldäern.
Jes 48,15 Ich, ich habe geredet, ja, ich habe ihn gerufen; ich habe ihn kommen lassen, und sein Weg wird gelingen.
Jes 48,16 Nahet euch zu mir, höret dieses! Ich habe vom Anfang an nicht im Verborgenen geredet; von der Zeit an, da es ward, bin ich da. Und nun hat der Herr, Jehova, mich gesandt und sein Geist.
.» Jes 48, 12-16 In Vers 12 ist es Gott, der Schöpfer der Erde, der spricht. Es ist immer noch Gott, der «Ich bin», weicher in Vers 16 redet, wo er sagt, dass er von einer anderen Person geschickt worden ist, von JHWH, zusammen mit einer dritten Person - dem Geist von JHWH. Hier ist die Dreieinigkeit Gottes so klar definiert, wie es die hebräische Heilige Schrift nur tun kann.


Jes 63, 7-14 «7
Jes 63,7 Ich will der Gütigkeiten Jehovas gedenken, der Ruhmestaten Jehovas, nach allem, was Jehova uns erwiesen hat, und der großen Güte gegen das Haus Israel, welche er ihnen erwiesen nach seinen Erbarmungen und nach der Menge seiner Gütigkeiten.
Jes 63,8 Und er sprach: Sie sind ja mein Volk, Kinder, die nicht trügen werden; und er ward ihnen zum Heiland.
Jes 63,9 In all ihrer Bedrängnis war er bedrängt, und der Engel seines Angesichts hat sie gerettet. In seiner Liebe und in seiner Erbarmung hat er sie erlöst; und er hob sie empor und trug sie alle Tage vor alters.
Jes 63,10 Sie aber sind widerspenstig gewesen und haben seinen heiligen Geist betrübt; da wandelte er sich ihnen in einen Feind: Er selbst stritt wider sie.
Jes 63,11 Da gedachte sein Volk der Tage vor alters, der Tage Moses: "Wo ist der, welcher sie aus dem Meere heraufführte samt den Hirten seiner Herde? Wo ist der, welcher seinen heiligen Geist in ihre Mitte gab;
Jes 63,12 der seinen herrlichen Arm zur Rechten Moses einherziehen ließ; der die Wasser vor ihnen her spaltete, um sich einen ewigen Namen zu machen;
Jes 63,13 der sie durch die Tiefen ziehen ließ, gleich dem Rosse in der Steppe, ohne daß sie strauchelten?
Jes 63,14 Gleich dem Vieh, welches in das Tal hinabsteigt, brachte der Geist Jehovas sie zur Ruhe. Also hast du dein Volk geleitet, um dir einen herrlichen Namen zu machen." –
Jes 63,15 "Blicke vom Himmel herab und sieh, von der Wohnstätte deiner Heiligkeit und deiner Majestät! Wo sind dein Eifer und deine Machttaten? Die Regung deines Innern und deine Erbarmungen halten sich gegen mich zurück.
Jes 63, 7-14


In diesem Abschnitt zählt Jesaja noch einmal die Erfahrungen Israels beim Exodus auf und bei der Wanderung durch die Wüste. Im Verlauf die ser sieben Verse erwähnt Jesaja drei verschiedene göttliche Personen. Es sind dies folgende:

1. In Vers 7 erwähnt er Jehova JHWH - die erste Person.

2. In Vers 9 erwähnt er den Engel seiner Gegenwart - eine zweite Person.

3. Die dritte Person ist der Heilige Geist, der dreimal erwähnt wird, in den Versen 10,11 und 14.

Während Gott so oft in der hebräischen Heiligen Schrift auf sich selbst hinweist, dass er der einzig Verantwortliche für Israels Erlösung aus Ägyptenland ist, wird die Erlösungstat an dieser Stelle drei Personen zugeschrieben. Es wird darin aber kein Widerspruch gesehen, weil alle drei in der Einheit der einen Gottheit umfasst sind.

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(14)Der hebräische Text Ist hier schwer zu deuten, daher gibt es hier unterschiedliche Übersetzungen. Anm. d. Red.


Schlussfolgerungen

Die Lehre der hebräischen Heiligen Schrift

Die Lehre der hebräischen Heiligen Schrift ist folglich, dass es eine Pluralität in der Gottheit gibt. Die erste Person wird durchgehend JHWH genannt, wogegen die zweite Person den Namen JHWH trägt: «der Engel Jehovas und «der Knecht Jehovas.

Durchgehend und ohne Ausnahme wird gesagt, dass die zweite Person von der ersten Person gesandt ist. Die dritte Person wird als der Geist Jehovas (JHWH) bezeichnet oder als der Geist Gottes oder als der Heilige Geist. Auch er ist von der ersten Person gesandt, und er wird einige Male in Verbindung gesetzt mit dem Dienst der zweiten Person.

Wenn die Vorstellung der Dreieinigkeit Gottes nicht jüdisch ist, dann sind es auch die hebräischen Heiligen Schriften nicht. Die jüdischen Christen kann man nicht anklagen, sie seien ins Heidentum zurückgefallen, wenn sie die Tatsache vertreten, dass Jesus der göttliche Sohn Gottes ist. Er ist derselbe, von dem Mose in Ex 23 schrieb (s.o.)!

Im Licht des Neuen Testamentes

In Übereinstimmung mit den Lehren der hebräischen Heiligen Schrift erkennt das Neue Testament ganz klar, dass es drei Personen in der Gottheit gibt, präzisiert diese Aussage aber weiter. Die erste Person wird der Vater genannt, während die zweite Person der Sohn genannt wird. Das Neue Testament beantwortet die Frage von Spr 30, 4, wo es heisst: «Was ist sein Name und was der Name seines Sohnes, wenn du es weisst?» Seines Sohnes Name ist Jeshua (Jesus). In Übereinstimmung mit den hebräischen Heiligen Schriften wird er von Gott gesandt, um der Messias zu sein - aber dieses Mal als Mensch, nicht als Engel. Weiterhin wird er zu einem bestimmten Zweck gesandt: um nämlich für unsere Sünden zu sterben. Kurz gesagt: Gott wurde Mensch (nicht der Mensch wurde Gott), um das Werk der Sühnung zu vollbringen.

Das Neue Testament nennt die dritte Person der Gottheit «Heiligen Geist». Durch das ganze Neue Testament hindurch ist er eng verbunden mit dem Wirken der zweiten Person - in Übereinstimmung mit der Lehre der hebräischen Heiligen Schriften. Wir sehen also, dass es bezüglich der Lehre von der Dreieinigkeit Gottes eine Kontinuität gibt zwischen den hebräischen Heiligen Schriften und dem Neuen Testament.

(Fortsetzung folgt)

Der Autor: Dr. Arnold G. Fruchtenbaum, einer der führenden Experten über die Nation Israel, ist messianischer Jude und Leiter der Ariel Ministries, einer in Kalifornien ansässigen Organisation von Juden.

Dr. Fruchtenbaum wurde 1943 in Russland geboren, nachdem seine Eltern aus einem kommunistischen Gefängnis freikamen. Mit Hilfe israelischer Untergrundorganisationen konnte die Familie Fruchtenbaum die Länder hinter dem Eisernen Vorhang verlassen.

Während sie von 1947 bis 1951 in Deutschland lebten, erhielt Arnold einen orthodoxen jüdischen Unterricht von seinem Vater; dieser war selbst mit dem Ziel erzogen worden, die chassidische (ultra-orthodoxe jüdische) Leitung in Polen zu übernehmen, verlor aber wenig später den grössten Teil seiner Familie und seinen Glauben im Holocaust.

Die Fruchtenbaums emigrierten nach New York, wo Arnold fünf Jahre später, im Alter von 13 Jahren, zum rettenden Glauben fand. Bevor er seinen Doktortitel an der New York University erhielt, erwarb Dr. Fruchtenbaum den Master of Theology am Dallas Theological Seminary. Seine Abschlussarbeit beinhaltet auch Studien am Jewish Theological Seminary in New York City und an der Hebrew University in Jerusalem. Nachdem er drei Jahre in Israel gelebt hat, haben seine intensiven Studien über die Rolle der Nation Israel in Gottes Plan zur Erlösung der Welt ihn zu einem beliebten und gefragten Redner bei Bibelkonferenzen und an theologischen Ausbildungsstätten rund um die Welt gemacht.

Veröffentlichungen in Auswahl:
- «Handbuch der biblischen Prophetie», Asslar: Schulte und Gerth, 1984
- «Handbuch der biblischen Prophetie II: Das Tausendjährige Reich»,
Asslar: Schulte und Gerth, 1985 - «Israelology
- The Missing Link in Systematic Theology», Tustin: Ariel Ministries, 1996 - «Jesus war ein Jude», Zürich: Haus der Bibel, 1996