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Richter Waldfoord


Richter (F. Duane Lindsey)


EINLEITUNG

Richter


Titel und Stellung im Kanon


Der deutsche Titel "Das Buch der Richter" kann über das Lateinische ( Liber Judicum ) und die griechische Septuaginta ( Kritai , "Richter") bis auf das Hebräische SOP+FIm ("Richter") zurückgeführt werden. Der Titel ist zutreffend, wenn man das Richteramt auf eine allgemeine administrative Autorität, einschließlich der militärischen Verteidigung gegenüber Israels Feinden, ausweitet.

In der deutschen Bibel befindet sich das Buch der Richter zwischen den Büchern, die allgemein als "die geschichtlichen Bücher" bekannt sind. In der hebräischen Bibel befindet es sich im Abschnitt der "Propheten" (welchem "das Gesetz" vorangeht, und "die Schriften" folgt), speziell bei den "frühen Propheten", die Josua, Richter, Samuel und Könige umfassen.



Verfasserfrage und Entstehungszeit


Interne Zeugnisse im Buch der Richter lassen annehmen, daß es während der frühen Tage der Monarchie - nach der Krönung Sauls (1051 v. Chr.), jedoch vor der Eroberung Jerusalems durch David (1004 v. Chr.) niedergeschrieben worden ist. Die folgenden drei Tatsachen bestätigen diese Annahme: (1) Das stilistische Motto - "zu der Zeit war kein König in Israel", das gegen Ende des Buches wiederholt wird ( Ri 17,6; 18,1; 19,1; 21,25 ), blickt von einer Zeit, in der Israel einen König hatte, zurück. (2) Die Angabe über Jerusalem, daß dort bis auf diesen Tag die Jebusiter wohnen ( Ri 1,21 ), läßt sich am einfachsten erklären, wenn sie vor der Eroberung der Stadt durch David geschrieben worden ist (vgl. 2Sam 5,6-7 ). (3) Der Hinweis auf die Kanaaniter in Geser läßt auf eine Zeit schließen, bevor die Ägypter diese Stadt Salomos ägyptischer Frau als Hochzeitsgeschenk gaben (vgl. 1Kö 9,16 ).

Auch wenn es kein internes Zeugnis gibt, das den Autor des Buches identifiziert, schreibt der Talmud (Traktat Baba Bathra 14 b) Samuel die Bücher Richter, Rut und Samuel zu. Obwohl es schwierig zu belegen ist, harmonisiert doch die Identifizierung Samuels als dem Schreiber des Buches Richter mit den oben genannten internen Zeugnissen und mit der bekannten Tatsache, daß Samuel ein Schreiber war ( 1Sam 10,25 ). Also scheint Richter ungefähr zwischen 1040 und 1020 v. Chr. geschrieben worden zu sein. Frühere Quellen, sowohl schriftliche wie auch mündliche, wurden ohne Zweifel vom inspirierten Autor benutzt, der diese theologisch ausgewählte Geschichte Israels vom Tode Josuas an bis zur Entstehung der Monarchie aufschrieb.

 

Chronologie der Zeit der Richter


Die Forscher stimmen darin überein, daß die Zeit der Richter mit dem Tod Josuas begann und mit der Krönung Sauls und dem Beginn der Monarchie endete. Sie sind sich jedoch darüber uneinig, wieviel Zeit zwischen diesen beiden Ereignissen verging. Da die meisten Gelehrten sich darüber einig sind, daß die Monarchie unter Saul 1051 v. Chr. begann, konzentriert sich die Diskussion auf das Todesdatum Josuas. Das Problem bezieht sich speziell auf den Zeitpunkt des Auszuges (Exodus) unter Mose, den viele konservative Gelehrte auf 1446 v. Chr. festsetzen, während die meisten liberalen Gelehrten einen späteren Zeitpunkt annehmen (ca. 1280/60 v. Chr.). Das konservative Argument beruht auf dem wörtlichen Gebrauch der Zahlen in 1Kö 6,1 und Ri 11,26 . (Vgl. für eine Diskussion über den Zeitpunkt des Auszuges die Einführung zum Buch 2.Mose.) Gelehrte, die den späteren Zeitpunkt des Exodus annehmen, datieren demnach die Zeit der Richter ungefähr von 1220 bis 1050 v. Chr., während viele, die den früheren Zeitpunkt des Exodus annehmen, meinen, daß die Zeit der Richter ungefähr um 1390 - 1350 v. Chr. begann und ungefähr um 1050 v. Chr. endete.

Die Beweise, die für den Anfang der Zeit der Richter um ungefähr 1350 v. Chr. sprechen, sind stark (vgl. Eugene H. Merrill: "Die Angabe des Paulus von ungefähr 450 Jahren in Apostelgeschichte 13,20", Bibliotheca Sacra 138. Juli-September 1981: 249 - 50). Die Ältesten, die Josua überlebten ( Jos 24,31; Ri 2,7 ) wären 1444 v. Chr. nicht älter als 20 Jahre gewesen, als die Späher das Land zwei Jahre nach dem Exodus betraten ( 4Mo 13,2; 14,29 ). Wenn sie bis zum Alter von 110 (Josuas Alter bei seinem Tod; Jos 24,29 ) gelebt hätten, wäre der Älteste von ihnen ungefähr um 1354 v. Chr. gestorben. (Wenn sie um 1464 v. Chr. oder später geboren worden sind und nicht mehr als 110 Jahre gelebt haben, fällt das Todesdatum auf 1354 v. Chr.) Der Götzendienst, der zur ersten Bedrückung (durch Kuschan-Rischatajim, Ri 3,8 ) geführt hat, scheint nachdem diese Ältesten gestorben waren begonnen zu haben ( Ri 2,7 ).

Das nächste datierbare Ereignis, von dem in Richter berichtet wird, ist die Besetzung Gileads durch die Ammoniter. Jeftah sagte, dies habe 300 Jahre ( Ri 11,26 ) nach der israelitischen Besetzung des Transjordanlandes (ca. 1406 v. Chr.) stattgefunden. Also war 1106 v. Chr. entweder der Beginn des Richteramtes Jeftahs (wahrscheinlich) oder der Beginn der Ammoniterinvasion 18 Jahre zuvor (möglicherweise). Die Zeit des Richteramtes Simsons (ca. 1105 1085 v. Chr.) und die der Führerschaft Elis (ca. 1144 - 1104 v. Chr.) und Samuels (ca. 1104 - 1020 v. Chr.) kann ziemlich genau (mit den sich überlappenden Jahren Samuels und Simsons) anhand der sichereren Daten der Regierung Sauls rekonstruiert werden (Merrill, S. 250 - 52).

Es gibt zu wenig Beweise, um irgendeiner der strittigen Annahmen bezüglich des exakten Zeitpunktes der meisten anderen Richter zustimmen zu können. Vgl. z. B. die angegebenen Daten in J. Barton Payne, "Chronology of the Old Testament", Zondervan Pictorial Encyclopedia of the Bible . Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans Publishing Co., 1975, 1:829 - 45; Merrill F. Unger, Archaeology and the Old Testament . Grand Rapids: Zondervan Publishing House, 1954, S. 158 - 87; John C. Whitcomb, Jr., "Chart of Old Testament Patriarchs and Judges", Study Graph, dritte revidierte Ausgabe Chicago: Moody Press, 1968, und Leon J. Wood, Distressing Days of the Judges . S. 10 - 21.303 - 304.341 - 342.409 411.

Wenn man die Dauer der Regierung eines jeden Richters mit der Zeit der vorhergehenden Unterdrückung zusammenzählt, ergeben sich 410 Jahre (wenn die Unterdrückung durch die Philister und das Richteramt Simsons unabhängig voneinander gezählt werden), eine Periode, die zu lang ist, um mit der Zeit zwischen Josua und Saul übereinzustimmen. Darum sind sich die Gelehrten einig, daß sich die Zeitperioden einiger Unterdrückungen und Richterämter überlappen. Solch eine Überlappung von Richtern kann sehr wohl angenommen werden, da viele (wenn nicht alle) Richter wahrscheinlich in geographisch begrenzten Gebieten Israels regierten.



Historischer und theologischer Hintergrund


Historisch gesehen ist das Buch der Richter die Fortsetzung des Buches Josua. Die beiden Bücher werden durch den gemeinsamen Bericht vom Tode Josuas ( Ri 2,6-9; vgl. Jos 24,29-31 ) verbunden. Josuas militärische Errungenschaften brachen dem kanaanitischen Militärbündnis im gesamten Land das Rückgrat ( Jos 11,16-23 ), hinterließen jedoch große Gebiete, die noch von den einzelnen Stämmen eingenommen werden mußten ( Jos 13,1; Ri 1,2-36 ). Kanaanitische Enklaven erhoben damals und auch zur Zeit der Richter ihre Häupter ( Ri 4,2 ). Das Buch blickt nicht nur auf die Siege Josuas zurück, sondern auch vorwärts auf die Gründung der Monarchie in Israel (vgl. Ri 17,6; Ri 18,1; Ri 19,1; Ri 21,25; vgl. auch Ri 8,23 mit 1Sam 8,7; 1Sam 12,12 ).

Theologisch bildete die Zeit der Richter ein Übergangsstadium zwischen Jahwes Handeln durch Mose und Josua und seiner Herrschaft durch die gesalbten Könige während der Monarchie. Während der Zeit der Richter erweckte Jahwe seine erwählten Befreier, die er mit seinem Geist salbte, damit sie sein Volk von dessen Feinden befreiten. Es erscheint als Ironie, daß Jahwe vorher sein Volk als Strafe für dessen Sünden in die Hände dieser Feinde gab (vgl. Kommentar zu Ri 3,1-6 ).

Die Aufgabe der Richter: Das hebräische Wort SOPEF ("Richter, Befreier") beinhaltet mehr als das deutsche Wort "Richter". Es war ein generelles Führeramt, das die exekutiven (einschließlich des militärischen) und die judikativen Regierungsaspekte beinhaltete. So waren die Richter Israels primär militärische und zivile Führer, die auch strenge judikative Funktionen innehatten (vgl. Ri 4,5 ).

Absicht und Thema: Die Absicht des Buches der Richter war es, das göttliche Gericht aufgrund von Israels Abfall aufzuzeigen. Genauer gesagt berichtet das Buch von Israels Ungehorsam gegenüber Jahwes Herrschaft, wie sie durch die souverän festgesetzten und geisterfüllten Führer vermittelt wurde, und vom ständigen Bedürfnis nach einer zentralen Erbmonarchie als Werkzeug, durch das Jahwe seine Herrschaft über die Nation ausüben würde. Israels Ungehorsam gegenüber Jahwe und seine Anbetung kanaanitischer Götzen endete in seinem Versäumnis, den göttlichen Segen und die völlige Eroberung seiner Feinde zu erfahren (vgl. Ri 3,1-6 ). Der kanaanitische Einfluß auf moralischem wie auch auf sozialem Gebiet führte zu Israels Abfall und Anarchie, was den Bedarf nach einer zentralen Erbmonarchie in Israel aufzeigte.



GLIEDERUNG


I. Prolog: Ursachen, die den Tagen der Richter vorangingen ( 1,1-2,5 )

     A. Der politisch-militärische Hintergrund - die teilweise Eroberung Kanaans durch Israel ( Kap.1 )
          1. Der Erfolg Judas und Simeons bei der Eroberung Südkanaans ( 1,1-20 )
          2. Das Versäumnis Benjamins, die Jebusiter zu vertreiben ( 1,21 )
          3. Der Teilerfolg des Hauses Josef bei der Besetzung Zentralkanaans ( 1,22-29 )
          4. Das Versagen der israelitischen Stämme in Nordkanaan ( 1,30-33 )
          5. Die Verdrängung Dans aufs Gebirge durch die Amoniter ( 1,34-36 )

     B. Der religiös-geistliche Hintergrund - der Bund des Herrn wird von Israel gebrochen ( 2,1-5 )
          1. Die Drohung durch den Engel des Herrn ( 2,1-3 )
          2. Die Reaktion des Volkes Israel ( 2,4-5 )

II. Dokumentation: Fälle, die der Amtshandlung eines Richters bedurfen ( 2,6-16,31 )

     A. Einführung zur Geschichte der Richter ( 2,6-3,6 )
          1. Zusammenfassung des Todes Josuas ( 2,6-10 )
          2. Der Zustand zur Zeit der Richter ( 2,11-19 )
          3. Die Folge des Vertragsbruches ( 2,20-23 )
          4. Die im Land übriggebliebenen Völker ( 3,1-6 )

     B. Beschreibung der Unterdrückungen und Befreiungen ( 3,7-16,31 )
          1. Die Befreiung von der Unterdrückung durch Kuschan-Rischatajim durch Otniël ( 3,7-11 )
          2. Die Befreiung von der Unterdrückung durch Eglon durch Ehud ( 3,12-30 )
          3. Die Befreiung von der Unterdrückung durch die Philister durch Schamgar ( 3,31 )
          4. Die Befreiung von der Unterdrückung durch die Kanaaniter durch Debora und Barak ( Kap.4-5 )
          5. Die Befreiung von der Unterdrückung durch die Midianiter durch Gideon ( 6,1-8,32 )
          6. Die Richterämter Tolas und Ja´rs, die dem widerrechtlichen Königtum Abimelechs folgen ( 8,33-10,5 )
          7. Die Befreiung von der Unterdrückung durch die Ammoniter durch Jeftah ( 10,6-12,7 )
          8. Die Richter Ibzan, Elon und Abdon ( 12,8-15 )
          9. Die Befreiung von der Unterdrückung durch die Philister und Simson ( Kap.13-16 )

III. Epilog: Die Zustände zur Zeit der Richter ( Kap.17-21 )

     A. Religiöser Abfall: Der Götzendienst Michas und der Umzug der Daniter ( Kap.17-18 )
          1. Der Götzendienst Michas, des Ephraimiters ( Kap.17 )
          2. Die Umsiedelung der Daniter nach Norden ( Kap.18 )

     B. Moralischer Verfall: Die Schandtat von Gibea und der Krieg mit den Benjaminitern ( Kap.19-21 )
          1. Die Schandtat an der Nebenfrau des Leviten ( Kap.19 )
          2. Der Krieg gegen den Stamm Benjamin ( Kap.20 )
          3. Die Erhaltung des Stammes Benjamin ( 21,1-24 )
          4. Der Charakter der Zeit der Richter ( 21,25 )






AUSLEGUNG


I. Prolog: Ursachen, die den Tagen der Richter vorangingen
(
1,1-2,5 )


Der eigentliche Bericht von den heldenhaften Taten der Richter wird durch zwei einführende Abschnitte eingeleitet ( Ri 1,1- Ri 2,5 und Ri 2,6- Ri 3,6 ). Der zweite dieser Abschnitte, der die theologische Analyse der Ära der Richter bildet, ist eigentlich der literarische Einstieg zum übrigen Teil des Buches. Er wird aber selbst von einer Einführung über den Hintergrund eingeleitet, der sowohl die politisch-militärischen Grundzüge (die teilweise Eroberung Kanaans durch Israel) als auch die religiös-geistlichen Faktoren (der gebrochene Bund mit Jahwe durch Israel) belichtet.

Ein größeres Interpretationsproblem, das in diesem Hintergrundabschnitt ( Ri 1,1-2,5 ) entsteht, ist das chronologische Verhältnis zum Tod Josuas. Der Tod dieses großen Führers (vorher beschrieben in Jos 24,29-31 ) wird in Ri 2,6-10 ,speziell in Vers 8-9 zusammenfassend berichtet. Der Bericht ab Ri 2,10 bezieht sich offensichtlich auf Begebenheiten, die von der neuen Generation erlebt wurden, welche nach dem Tod Josuas ins Erwachsenenalter kam. Doch was für eine Beziehung haben die Ereignisse in Ri 1,1- Ri 2,5 zum Tod Josuas? Das Buch beginnt mit der scheinbar unzweideutigen Aussage: "Nach dem Tode Josuas" ( Ri 1,1 ), der eine Reihe von Geschehnissen folgt, die scheinbar mit der Besetzung Kanaans durch die Stämme in Verbindung stehen. Doch wenn diese Ereignisse auf den Tod Josuas folgten, warum wird dann Josuas Tod in Ri 2,8 geschildert?

Drei Antworten werden auf diese Fragen gegeben. Einige Gelehrte meinen, daß alle Ereignisse in Ri 1,1- Ri 2,5 nach dem Tode Josuas stattfanden und daß die zweite Einleitung in Ri 2,6 eine erneute Wiederholung der Schilderung seines Todes ist. Entsprechend dieser Ansicht beziehen sich offensichtliche Parallelen zwischen Ri 1 und dem Buch Josua auf zwei verschiedene Serien von Begebenheiten - die anfänglichen militärischen Erfolge durch das Heer Israels unter der Führung Josuas und die darauffolgende Inbesitznahme der von Josua individuell zugeteilten Gebiete durch die Stämme. Diese Ansicht stößt auf viele Schwierigkeiten, einschließlich der Tatsache, daß, als alle Stämme Israels von Josua zusammengerufen wurden ( Jos 24,1 ), die Stämme aus ihren zugeteilten Erbteilen zusammenkamen ( Jos 24,28 ), was darauf schließen läßt, daß zumindest ein bedeutender Teil der Inbesitznahme durch die Stämme bereits geschehen war ( Jos 15,13-19 ).

Eine zweite Ansicht betrachtet zumindest Ri 1,11-15 (Begebenheiten, die mit der Eroberung Debirs durch Otniël in Verbindung gebracht werden) als Parallele zu Jos 15,16-19 .Dieser Ansicht nach beginnt die Erzählung in Ri 1 nach dem Tod Josuas, wechselt jedoch (möglicherweise in V. 10 ) ins Plusquamperfekt (die zeitliche Unterscheidung ist im hebr. vom Kontext abhängig) und sollte z. B. "sie waren gezogen" (V. 10 ) lauten. Obwohl diese Ansicht möglich ist, scheint sie die offensichtliche Reihenfolge, die sich im Kapitel ergibt, zu unterbrechen.

Eine dritte Anschauung betrachtet die eröffnende Aussage des Buches ("nach dem Tod Josuas") als Überschrift des gesamten Buches der Richter und meint, daß die wirklichen Ereignisse, die sich nach dem Tode Josuas abspielten, nicht vor der Schilderung dieses Todesfalles in Ri 2,8 berichtet werden. Diese Ansicht wirft weniger chronologische Probleme auf und wird der Gedankenfolge in Kapitel 1 gerecht.

 

Welche Sicht auch immer angenommen wird, es ist eindeutig, daß die Kriege der Inbesitznahme durch die Stämme ( Ri 1 ) nach den nationalen Kriegen der Eroberung unter Josua, und dessen Zuteilung der Stammesgebiete, stattfanden. Die Inbesitznahme dieser Gebiete durch die Stämme begann mit Sicherheit vor Josuas Tod, ganz gleich, ob sich nun der Bericht in Ri 1 auf diese Phase der Besetzung oder auf eine spätere Phase nach seinem Tod bezieht.



A. Der politisch-militärische Hintergrund - die teilweise Eroberung Kanaans durch Israel
( Ri 1 )


1. Der Erfolg Judas und Simeons bei der Eroberung Südkanaans
(
1,1-20 )


a. Die göttliche Zusage der Vorrangstellung Judas
(
1,1-2 )


Ri 1,1-2


Der Wunsch der Israeliten, die Kanaaniter zu bekämpfen , harmonierte mit dem Befehl Josuas, die zugeteilten Stammesgebiete zu besetzen ( Jos 18,3; 23,5 ). Obwohl das Land von Gott gegeben und unter Josua erobert und von ihm zugeteilt worden war, war es für jeden Stamm notwendig zu kämpfen und die Kanaaniter, die noch verblieben waren, zu vertreiben. Die Methode, durch die sie fragten und durch die der HERR antwortete , wird nicht beschrieben, bezog jedoch wahrscheinlich den Dienst des Hohepriesters bei der Stiftshütte, entweder durch Gebrauch der heiligen (Lose) Urim und Thummim (vgl. 2Mo 28,30; 4Mo 27,21; 1Sam 14,37-43 ) oder durch eine verbale Form der göttlichen Leitung, mit ein. Die Erwählung Judas durch Gott (die Namen der Söhne Jakobs in diesem Kapitel beziehen sich auf Stammeseinheiten) zur militärischen Überlegenheit entspricht der göttlichen Erhöhung Judas im Segen des Patriarchen Jakob ( 1Mo 49,8 ). Zur Lage der 12 Stämme vgl. die Karte "Die Aufteilung des Landes unter die 12 Stämme" zu Jos 14 .



b. Das Bündnis Judas mit Simeon
(
1,3 )


Ri 1,3


Das militärische Stammesbündnis Judas mit Simeon war vernünftig, da das zugeteilte Erbe der Simeoniter an der Südgrenze des Stammes Juda lag ( Jos 19,1-9 ). Außerdem waren Juda und Simeon durch ihre Nachkommenschaft von Jakob und Lea ( 1Mo 29,33-35 ) von Natur aus miteinander verbunden. Ihr gemeinsamer Feind waren die Kanaaniter , hier wahrscheinlich als allgemeiner Ausdruck für alle Bewohner Kanaans im Westgebiet des Jordans gebraucht. Im speziellen Sinn bezieht sich der Ausdruck "Kanaaniter" manchmal auf die Bewohner des Küstengebietes und der Täler, wogegen die Bewohner des Hügellandes manchmal als Amoriter bezeichnet werden ( 4Mo 13,29; vgl. Ri 1,34-36; 3,5 ).



c. Der von Gott geschenkte Sieg bei Besek
(
1,4-7 )


Ri 1,4-7


Der Herr gab Juda den Sieg, als sie gegen die Kanaaniter und Perisiter kämpften. Die letztere Gruppe wird wahrscheinlich ein einheimischer Stamm der Kanaaniter gewesen sein. Der Ausdruck kann jedoch auch eher sozial als ethnisch zu verstehen sein und sich auf "Dorfbewohner" beziehen. Juda schlug 10 000 Männer bei Besek , wahrscheinlich demselben Besek (dem heutigem Khirbet Ibziq) in Manasse, südlich vom Berg Gilboa, wo Saul seine Armee sammelte, um die Ammoniter bei Jabesch in Gilead anzugreifen ( 1Sam 11,8-11 ). Adoni-Besek ist wahrscheinlich eine Bezeichnung, die "Prinz von Besek" bedeutet. Wie dem auch sei, einige Gelehrte verbinden diesen Namen mit Adoni-Zedek, einem König Jerusalems ( Jos 10,1.3 ). Der barbarische Akt, bei dem ihm die Israeliten seine Daumen und dicken Zehen abhackten , war von Gott weder befohlen noch empfohlen worden; trotzdem wurde er von Adoni-Besek als göttlicher Racheakt verstanden, da er das gleiche mit 70 Königen getan hatte (wahrscheinlich auf eine lange Zeit verteilt). Auch wenn dieser Akt nach heutigen Gesichtspunkten barbarisch war, so war er doch wirkungsvoll, da der Verlust der Daumen es erschwerte, eine Waffe zu halten, und der Verlust der großen Zehen im Kampf beim Laufen hinderte. Da es die Hauptfunktion eines Königs war, im Kampf anzuführen (vgl. 2Sam 11,1 ), disqualifizierte ihn diese Verstümmelung von der weiteren königlichen Amtsausübung. Sein eigenes Volk brachte ihn zum wichtigen kanaanitischen Stadtstaat Jerusalem , damit er dort seine Tage verbrachte.



d. Der erfolgreiche Angriff auf Jerusalem
(
1,8 )


Ri 1,8


Judas anfänglicher Erfolg bei der Zerstörung Jerusalems bezieht sich wahrscheinlich nur auf den unbefestigten Südwesthügel (dem heutigen Berg Zion). Jedenfalls versagte Juda darin, die Jebusiter völlig zu verjagen (vgl. Jos 15,63 ), und auch die Benjaminiter waren nicht erfolgreicher ( Ri 1,21 ).



e. Der Feldzug Judas im Süden und im Westen
(
1,9-20 )


(1) Zusammenfassung des Feldzuges

Ri 1,9


Das Gebiet Kanaans, das südlich von Jerusalem liegt und zum Erbteil des Stammes Juda gehört (einschließlich Simeon), teilt sich geographisch in das Hügelland (dem zentralen Bergzug, der sich an der Bergstraße von Jerusalem nach Hebron hinzieht), den Negeb (der semiariden Übergangsregion, die östlich und westlich von Beerscheba verläuft) und das westliche Vorgebirge (wörtl.: "die Schefela"), das zwischen dem Hügelland und der Küstenebene liegt (die erst in V. 18 - 19 erwähnt wird).



Ri 1,10


(2) Die Eroberung Hebrons

Der frühere Name Hebrons (was "Bündnis" bedeutet) war Kirjat-Arba (was "Vierstadt" bedeutet und möglicherweise auf ein früheres Bündnis von vier Städten schließen läßt), obwohl es manche mit Arba, dem Vater Anaks, der die Stadt gegründet haben soll, in Verbindung bringen (vgl. Jos 14,15; 15,13; 21,11; Ri 1,20 ). Hebron liegt ungefähr 30 km süd- bis südwestlich von Jerusalem in einem Tal, das 850 m über dem Meeresspiegel liegt. Hebron war Abraham wohlbekannt gewesen ( 1Mo 13,18 ) und wurde später die Hauptstadt Judas während der ersten siebeneinhalb Jahre der Regierung Davids ( 2Sam 5,5 ). Die Volksstämme Scheschai, Ahiman und Talmai , die von Anak abstammten (vgl. Ri 1,20; Jos 15,14 ) und Eingeborene des südlichen Hügellandes waren ( 4Mo 13,22.28; Jos 11,21-22 ), wurden von den Männern Judas in oder bei Hebron aufgerieben. Entweder bei dieser oder bei einer vorhergehenden Gelegenheit war Kaleb der Anführer bei der Eroberung Hebrons ( Ri 1,20; vgl. Jos 15,14 ).



Ri 1,11-15


(3) Die Eroberung Debirs

Die strategische, königliche Kanaaniterstadt Debir (vgl. Jos 10,38; 12,13 ) wurde früher von Gelehrten mit Tell Beit Mirsim identifiziert, das ungefähr 18 km westlich bis südwestlich von Hebron liegt. Neuerdings wird es jedoch mit Khirbet Rabud gleichgesetzt, das 13 km südwestlich von Hebron liegt. Es ist nicht bekannt, warum ihr früherer Name Kirjat Sefer (was "Stadt des Schreibens" bedeutet) lautete. Kaleb war Hebron von Mose versprochen worden, weil er einer der zwei treuen Kundschafter gewesen war, die aus Kanaan wiederkehrten ( 4Mo 14,24; Jos 14,6-15; Ri 1,20 ). Debir scheint ebenfalls Kaleb zugeteilt worden zu sein, doch nachdem dieser Hebron erobert hatte, beauftragte er andere Führer mit dem Angriff auf Debir. Er tatdies mit dem Angebot, demjenigen seine Tochter Achsa zur Frau zu geben , der die Eroberung Debirs vollbringen würde. OtniÙl , Kalebs jüngerer Bruder (oder "Neffe", wenn "jüngerer Bruder" sich auf Kenas bezieht), eroberte die Stadt und zugleich das Herz Achsas.

Wenn Kenas der Name von Otniëls Vater gewesen ist, so mag dieser dieselbe Mutter wie Kaleb gehabt haben, dessen Vater "Jefunne, der Kenasiter" war ( 4Mo 32,12 ). Oder "Sohn des Kenas" bedeutet vielleicht "Kenasiter" (ein Edomiterstamm, der sich mit dem Stamm Juda verbündete; vgl. 1Mo 36,11 ). Kaleb und Otniël würden auch dann noch Judäer gewesen sein, wenn ihre Mutter vom Stamme Juda gewesen wäre. Otniëls Belohnung war der Verzicht auf das übliche Geschenk an die Familie der Braut. Er drängte Achsa, ein Stück Land von Kaleb zu fordern, und sie selbst forderte Wasserquellen als Brautsegen (besondere Gunst) von ihrem Vater. Seine großzügige Antwort war das Geschenk der oberen und unteren Quellen . Es ist erwähnenswert, daß die Wasserversorgung in Khirbet Rabud während der Trockenzeit allein von den oberen und unteren Brunnen von �ԤAlaqa, die ungefähr 3 km nördlich von diesem Ort lagen, abhing.



Ri 1,16


(4) Der Wohnort der Keniter

Die Keniter waren ein Nomadenvolk, das mit den Amalekitern (vgl. 1Sam 15,6 ) und den Midianitern (vgl. 2Mo 18,1 mit Ri 1,16 ) verwandt war. Moses Schwiegervater Jitro war ein midianitischer Priester (vgl. 2Mo 18,1 ). Die Palmenstadt war die Oase von Jericho ( 5Mo 34,3; Ri 3,13 ). Das Volk der Wüste Juda mögen die Amalekiter gewesen sein. Arad (vgl. 4Mo 21,1-3 ) ist das heutige Tell Arad, 26 km südlich von Hebron, obwohl einige Gelehrte das alte kanaanitische Arad mit Tel el-Milh identifizieren, das weitere 13 km in Richtung Südwesten liegt.



Ri 1,17


(5) Die Eroberung Hormas

Die Judäer standen den Simeonitern (vgl. V. 3 ) beim Angriff auf eine ihrer zugeteilten Städte namens Zefat (vgl. Jos 19,4 ) bei, von der man vermutet, daß es sich um Tel Masos/Khirbet el-Meshash, ungefähr 11 km östlich von Beerscheba, handelt. Sie war schon vorher eingenommen worden ( 4Mo 21,2-3 ), doch nun wurde sie völlig zerstört . Mit "völlig zerstört" wird das hebräische HAram übersetzt, das einen heiligen Krieg bezeichnet, in dem eine Stadt und ihre Bewohner mit der völligen Vernichtung "gebannt" wurden (vgl. Kommentar zu Jos 6,21 ). Dies spiegelt sich in dem Namen, der dieser Stadt gegeben wurde, wider - Horma (was "Verbannung" oder "Vernichtung" bedeutet).



Ri 1,18


(6) Der Sieg über Küstenstädte

Die Städte Gaza, Askalon und Ekron (später mit Aschdod und Gat im Fünfstädtebund (Pentapolis) der Philister verbunden) lagen in der Küstenebene. Daß Juda diese Städte einnahm , wird von der Septuaginta bestritten: "nahm nicht ein". Diese Übersetzung wurde vielleicht von der Aussage in Vers 19 , daß sie die Bewohner der Ebene nicht vertreiben konnten, beeinflußt. Dies verneint jedoch nicht den anfänglichen Sieg Judas über die Städte; es bedeutet nur, daß die Männer Judas die Bewohner nicht hinaustreiben und die Städte bewohnen konnten.



Ri 1,19


(7) Die beschränkte Einnahme eroberter Städte

Als Juda das Hügelland einnahm, war der Herr mit ihnen (vgl. V. 22 ). Die angegebene Ursache für ihr Unvermögen, die Völker der Ebene zu vertreiben , war nicht die Abwesenheit des Herrn, sondern die eisernen Wagen der Feinde, die von den Philistern um ca. 1200 v. Chr. eingeführt wurden. Doch der Autor berichtet später von Gottes Ermahnung ( Ri 2,2-3 ), die die unvollständige Vertreibung der Völker des Landes auf Israels Ungehorsam gegenüber dem mosaischen Bund zurückführt.



Ri 1,20


(8) Die Zuteilung Hebrons an Kaleb

Diese zusammenfassende Aussage verbindet die Eroberung Hebrons (V. 10 ) mit der Einnahme dieser Stadt durch Kaleb , wie es von Mose versprochen worden war (vgl. 4Mo 14,24; 5Mo 1,36; Jos 14,9; 15,13 ). Wahrscheinlich war Kaleb der Anführer der Männer Judas bei der Niederwerfung der drei Familien Anaks ( Ri 1,10.20 ).



2. Das Versäumnis Benjamins, die Jebusiter zu vertreiben
(
1,21 )


Ri 1,21


Jerusalem lag an der Grenze zwischen Juda und Benjamin. Als Folge des teilweisen und/oder zeitlich beschränkten Sieges Judas über Jerusalem (V. 8 ) fuhren die Jebusiter , die von den Benjaminitern nicht verdrängt werden konnten, bis zur Zeit Davids fort, auf dem befestigten Südosthügel zu wohnen ( 2Sam 5,6-9 ). Die Jebusiter waren die kanaanitischen Bewohner der Stadt, die auch Jebus genannt wurde ( Ri 19,10-11 ).



3. Der Teilerfolg des Hauses Josef bei der Besetzung Zentralkanaans
(
1,22-29 )


a. Der Erfolg des vereinten Hauses Josef bei der Eroberung Bethels
(
1,22-26 )


Ri 1,22-26


Der Schlüssel zum Sieg des Hauses Josef (d. h. Ephraim und Manasse; vgl. 1Mo 48 ) über die Stadt Bethel war, daß der HERR mit ihnen war (vgl. Ri 1,19 ). Ihr Glaube an Jahwe und ihr Gehorsam gegenüber seinen Anordnungen über die Inbesitznahme Kanaans brachte einen Sieg von Gott. Dagegen zeigte ihr Versagen bei der Vertreibung der Kanaaniter aus anderen Städten, das in Vers 27-29 erwähnt wird, einen wachsenden Ungehorsam und Mangel an Glauben (vgl. Ri 2,1-5 ). Bethel ("Haus Gottes"), eine Stadt mit einer großartigen israelitischen Geschichte (z. B. 1Mo 12,8; 28,10-22; 35,1-15 ), lag an der Grenze zwischen Ephraim und Benjamin, im zentralen Gebirge, 17 oder 20 km nördlich von Jerusalem. Es lag strategisch an der Nord-Süd-Handelsstraße und an der Kreuzung des Verkehrs von der Mittelmeerküste im Westen und vom Jordantal nach Jericho im Osten. Bethel wurde allgemein mit dem heutigen Beitin, das 19 km nördlich von Jerusalem liegt, gleichgesetzt, obwohl einige Funde für el-Bireh sprechen, das 3 km südlicher liegt (vgl. David Livingston: "Location of Biblical Bethel and Ai Reconsidered", Westminster Theological Journal 33. November 1970:20 - 44; und "Traditional Site of Bethel questioned", Westminster Theological Journal 34. November 1971:39 - 50).

Als die Kundschafter , die ausgesandt wurden, um Bethel zu erkunden, keinen verborgenen Eingang zur Stadt finden konnten, versprachen sie einem Bewohner, der den benötigten Zugang verriet, die Verschonung. Nach der Niederwerfung der Stadt nahm dieser Mann seine Familie mit sich nach Nordsyrien (d. h. dem Land der Hetiter ; vgl. Jos 1,4 ), das vielleicht die Heimat seiner Vorfahren war, wo er eine Stadt mit dem Namen Lus gründete, die er nach dem früheren Namen Bethels benannte ( Ri 1,23 ).


b. Das Versagen Manasses bei der Einnahme Südjesreels
(
1,27-28 )


Ri 1,27-28


Die Entschlossenheit der Kanaaniter, in den Schlüsselstädten zu verharren, die das Tal Jesreel bewachten, war stärker als der Glaube des Stammes Manasse , sie zu vertreiben. Israels Kompromiß, die Kanaaniter zum Frondienst zu zwingen (vgl. V. 30.33.35 ), bezeugte den unvollständigen Gehorsam, der, wie es im Rest des ersten Kapitels gesagt wird, für mehrere Stämme charakteristisch war. Die Städte werden nicht in der genauen geographischen Reihenfolge aufgezählt, die folgendermaßen gewesen wäre (von Ost nach West): Bet-Schean, strategisch östlich des Harodtals gelegen; Jibleam ... Taanach und Megiddo , die die Haupteingänge zum Tal Jesreel bewachten, und Dor , das an der Südseite des Berges Karmel lag.



c. Das Versäumnis Ephraims, die Kanaaniter aus Geser zu vertreiben
(
1,29 )


Ri 1,29


Geser lag strategisch an der Südwestgrenze Ephraims am Eingang zum Tal Ajalon. Es bewachte die Gabelungen der Ostzweigung der Küstenhauptstraße und der Hauptstraße von Osten nach Westen durch das Ajalontal nach Jerusalem oder Bethel. Wie Manasse weiter nördlich, erlaubte auch Ephraim den Kanaanitern ... unter ihnen zu wohnen (vgl. V. 27.28 ).



4. Das Versagen der israelitischen Stämme in Nordkanaan
(
1,30-33 )


a. Sebulons Versäumnis, die Kanaaniter zu vertreiben
(
1,30 )


Ri 1,30


Der unvollständige Gehorsam Sebulons ähnelte dem Manasses und Ephraims, denn auch sie zwangen die Kanaaniter Kitrons und Nahalols, für sie zu arbeiten . Diese noch nicht identifizierten Städte mögen am Nordwestende des Tales Jesreel gelegen haben.



b. Assers Versäumnis, die Kanaaniter zu vertreiben
(
1,31-32 )


Ri 1,31-32


Der größere Ungehorsam Assers drückt sich darin aus, daß das Volk Asser mitten unter den kanaanitischen Einwohnern des Landes lebte , anstatt diejenigen, denen sie erlaubten, bei sich zu leben, unter Zwangsarbeit zu stellen, wie es Manasse und Sebulon getan hatten (vgl. V. 28.30 ). Die Kanaaniterstädte, die in Vers 31 aufgezählt werden, lagen in dem Gebiet, das später als Phönizien bekannt wurde.

 

c. Naftalis Versäumnis, die Kanaaniter zu vertreiben
(
1,33 )


Ri 1,33


Auch der Stamm Naftali wohnte unter den kanaanitischen Einwohnern des Landes, obwohl sie aus denen, die in Bet-Schemesch und Bet-Anat wohnten, Zwangsarbeiter machten (vgl. V. 29-30.35 ). Orte im oberen wie auch im niederen Galiläa wurden bereits mit diesen Städten gleichgesetzt.




5. Die Verdrängung Dans aufs Gebirge durch die Amoriter
(
1,34-36 )


Ri 1,34-36


Die Amoriter (vgl. Kommentar zu V. 3 ) ermöglichten es den Danitern nicht, in die Ebene hinunterzugelangen , obwohl die Daniter sie in den Städten der Schefela eine Zeitlang unter Zwangsarbeit stellten. Daß die Amoriter die Daniter insgesamt ins Hügelland verdrängten, führte zur Wanderung der Daniter nach Lajisch, nördlich des Sees von Galiläa (vgl. Ri 18 ), da das eingeschränkte Stammesterritorium Dans nur wenig mehr als 6 km von Ajalon im Westen am Eingang zum Hügelland bis zur Grenze Dans zu Benjamin im Osten lag.



Richter

B. Der religiös-geistliche Hintergrund - der Bund des Herrn wird von Israel gebrochen
(
2,1-5 )


1. Die Drohung durch den Engel des Herrn
(
2,1-3 )


Ri 2,1 a


Der Engel des HERRN (hebr. Jahwe ) kam von Gilgal nach Bochim herauf . Der Engel des Herrn war nicht einfach "ein Engel"; er war eine Theophanie - eine Erscheinung der zweiten Person der Dreieinigkeit in sichtbarer und körperlicher Form vor der Fleischwerdung. Diese göttliche Offenbarung, die zur Zeit Moses ( 2Mo 3,2-15; 4Mo 22,22-35 ) und Josuas ( Jos 5,13-15 ) häufig vorkam, trat auch zur Zeit der Richter, bei Gideon ( Ri 6,11-24 ) und den Eltern Simsons, ( Ri 13,3-24 ) in Erscheinung. Der Engel des Herrn war göttlich, denn er wurde Jahwe (z. B. Jos 5,13-15; Ri 6,11-24; Sach 3 ) und Gott (z. B. 1Mo 32,23-33; 2Mo 3,4 ) genannt und hatte göttliche Eigenschaften und Privilegien (vgl. 1Mo 16,13; 18,25; 48,16 ). Also war dieser Botschafter des Herrn ein Teil Jahwes, was auf eine Mehrzahl von Personen innerhalb der Gottheit schließen läßt (vgl. 4Mo 20,16; Sach 1,12-13 ). Andeutungen im Neuen Testament lassen annehmen, daß der Engel des Herrn im Alten Testament Jesus Christus war (vgl. Joh 12,41; 1Kor 10,4; Joh 8,58; Hebr 11,26 ).

"Gilgal" war der Ort, an dem die Israeliten zuerst lagerten, nachdem sie den Jordan überquert hatten. Dort wurden sie beschnitten und zum Glauben und Gehorsam des Bundes geweiht ( Jos 5,2-12 ). Gilgal lag nahe bei Jericho und könnte vielleicht mit Khirbet al-Mafjar, ungefähr zweieinhalb Kilometer nordöstlich des alttestamentlichen Jericho, identifiziert werden. Die "Klageeiche" in der Nähe von Bethel ( 1Mo 35,8 ) wurde als der Ort "Bochim" ("Klagende") angenommen, doch ist diese Lage noch umstritten.

Ri 2,1-2 (Ri 2,1b-2)


Der Engel des Herrn sprach offensichtlich als Jahwe selbst, denn er gebrauchte die Bundesformel, als er sich auf seine heilsamen Gnadenerweise beim Auszug aus Ägypten und auf die gnadenvolle Festsetzung des mosaischen Bundes bezog (vgl. 2Mo 19,4; 20,2; Jos 24,2-13 ). Er trug noch einmal das göttliche Verbot bezüglich kanaanitischer Verbündungen ( du sollst mit den Bewohnern dieses Landes keinen Bund schließen ) und Götzendienstes ( du sollst ihre Altäre niederreißen ; vgl. 2Mo 23,32-33; 34,12-16; 4Mo 33,55; 5Mo 7,2.5.16; 12,3 ) vor. Dann sprach der Engel als Jahwe die Tatsache des Ungehorsams Israels aus (vgl. das Bündnis mit den Gibeonitern, Jos 9; und das Verbleiben der Kanaaniter in Zwangsarbeit, Ri 1,28.30.33.35 ). Gott bekräftigte seinen Vorwurf des Ungehorsams an Israel mit einer Frage, die sie zur Besinnung führen sollte: Warum habt ihr das getan? (Andere Übers.: "Schaut an, was ihr getan habt!")

 

Ri 2,3


Wegen Israels Ungehorsam wurde die göttliche Unterstützung, durch die Israel die Kanaaniter hinausgejagt hätte, zurückgehalten (vgl. Ri 2,20- Ri 3,6 ). Vermischung mit den Kanaanitern durch Heirat führte zur Duldung und sogar zur Teilnahme an ihrem Götzendienst. Die Art ihres Ungehorsams, mit dem sie den göttlichen Zorn hervorriefen, fiel auf sie in der Strafe, die ihnen auferlegt wurde, zurück. Der Fallstrick des kanaanitischen Götzendienstes leitete den Kreislauf in der Richterzeit ein.


2. Die Reaktion des Volkes Israel
(
2,4-5 )


Ri 2,4-5


Das Weinen der Israeliten hinterließ nicht viel mehr als den Namen des Ortes ( Bochim : "klagen, weinen"), denn es brachte offensichtlich keine wahre Buße zum Ausdruck, da das Volk sich nicht permanent von seinem Ungehorsam abkehrte. Die Opfer, die dem Herrn in Bochim dargebracht wurden, scheinen eher ein äußerliches Ritual als ein Ausdruck wahren Glaubens gewesen zu sein.



II. Dokumentation: Fälle, die der Amtshandlung eines Richters bedurften
(
2,6-16,31 )


A. Einführung zur Geschichte der Richter
(
2,6-3,6 )


Dieser Abschnitt beantwortet weiterhin die Frage, warum einige heidnische Nationen in dem Land belassen wurden. Während Ri 1,1-2,5 eine geschichtliche Einführung zu diesem Buch bildet, ist dieser Abschnitt eine literarische Einführung zu den Handlungen der Richter, die von den sich wiederholenden Zyklen der Geschichte erzählt, die die Situation schufen, die während der Amtszeiten der Richter vorhanden war.



1. Zusammenfassung des Todes Josuas
(
2,6-10 )


Ri 2,6-9


entspricht Jos 24,29-31 und verbindet somit den Schluß des Buches über die Eroberung unter Josua mit dem Buch, das von den Taten der Richter berichtet.



a. Israels Jahre des Gehorsams vor und nach dem Tode Josuas
(
2,6-7 )


Ri 2,6-7


Josuas Entlassung Israels (vgl. Jos 24,28 ) scheint direkt der Bundeserneuerungszeremonie bei Sichem, wie sie in Jos 24,1-27 beschrieben wird, gefolgt zu sein. Von Sichem aus sollte jeder Stamm zu seinem eigenen Erbteil zurückkehren, um die Inbesitznahme des Landes zu vervollständigen, die ansässigen Einwohner zu vernichten und die heidnischen Altäre zu zerstören. Dies wurde im allgemeinen eingehalten, weil das Volk zur Lebzeit Josuas und der Ältesten, die ihn überlebten, dem HERRN diente (vgl. Jos 24,31 ). Dieser Dienst war eine glaubensvolle Antwort auf all die großen Dinge, die der Herr beim Auszug aus Ägypten, bei den Wüstenwanderungen und dem Beginn der Eroberung des Landes für Israel getan hatte.



b. Josuas Begräbnis
(
2,8-9 )


Ri 2,8-9


Im Gegensatz zu Mose (vgl. Jos 1,1-9; 4Mo 27,12-23 ) starb Josua , ohne einen Nachfolger zu bestimmen, was die Zeit der Richter vorbereitete. Josuas Nachruf, der ihn als den Knecht des HERRN kennzeichnete, verband ihn mit anderen theokratischen Diener-Herrschern (Mose, Jos 1,1; die Könige, 2Sam 3,18; 2Chr 32,16; und der verheißene Messias, Jes 52,13; 53,11 ).

Im Alter von 110 Jahren starb Josua und wurde bei Timnat-Heres begraben (auch als Timnat-Serach bekannt, Jos 19,50; 24,30 ), das traditionell mit Tibne, ungefähr 29 km nordwestlich von Jerusalem, gleichgesetzt wird.

 



c. Das Aufkommen einer neuen treulosen Generation
(
2,10 )


Ri 2,10


Die neue Generation Israels, die nach ihren treuen Vätern aufkam, wurde durch ihre Treulosigkeit gegenüber dem Herrn gekennzeichnet. Daß sie weder den HERRN kannten noch was er für Israel getan hatte , könnte auf das Versäumnis der älteren Generation zurückzuführen sein, ihnen Gottes Taten zu vermitteln (vgl. 5Mo 6,7 ). Doch das Wort "kannte" hat möglicherweise die Bedeutung von "anerkennen" (vgl. Spr 3,6 ,wo "kennen" manchmal mit "anerkennen" übersetzt wird), was eher auf Unglauben als auf Unwissenheit schließen ließe. Sie wiesen sowohl des Herrn Güte ihnen gegenüber als auch ihre Pflichten, die sie ihm gegenüber hatten, zurück. Dies führte zum Götzendienst, wie er in den folgenden Versen beschrieben wird.



2. Der Zustand zur Zeit der Richter
(
2,11-19 )


Die Geschichte dreier Generationen wird in diesen Versen wiedergegeben. Der Autor belichtet einen sich wiederholenden Kreislauf von Ereignissen zur Zeit der Richter (sehr deutlich im Bericht über Otniël in Ri 3,7-11 dargestellt): (a) die Sünde oder Auflehnung Israels durch Götzendienst oder Abfall ( Ri 2,11-13.17; 3,7.12; 4,1; 6,1; 10,6; 13,1 ), (b) die Knechtung Israels unter fremde Völker als Strafe des Herrn ( Ri 2,14-15; 3,8 ), (c) das Flehen um Gnade oder die Buße Israels ( Ri 3,9 a; vgl. Ri 2,18 ), (d) die Errettung (militärische Befreiung) und Wiederherstellung der Gunst durch einen mit dem Geist ausgerüsteten Befreier (Richter Ri 2,16 - 18; 3,9 b - Ri 3,10 ) und (e) eine Zeit der Stille , in der das Volk und das Land Ruhe hatten (d. h. Beendigung des Krieges; Ri 3,11 ). Doch schon nach kurzer Zeit ging die Ereigniskette wieder von vorne los. Dies war nun allerdings mehr als ein Kreislauf; es war vielmehr eine abwärtsgerichtete Spirale (vgl. Ri 2,19 ).



a. Die Sünde oder Treulosigkeit der Israeliten
(
2,11-13 )


Ri 2,11-13


Israels Sünde drückt sich in seinem Lossagen vom Herrn aus, der es aus Ägypten herausgebracht hatte, und in seinem Dienst oder der Anbetung der vielen Götzen der Völker, die es umgaben (V. 12 ), die als die Baale (V. 11 ) oder als Baal und die Astarten (V. 13 ) bezeichnet wurden. Das Wort "Baal", das "Herr" oder "Ehemann" bedeuten kann, entspricht der Übereinstimmung von Götzendienst mit geistlicher Hurerei (vgl. V. 17 ). "Baal" war der kanaanitische Name für den syrischen Gott Hadad, den Gott des Sturmes und der Kriege. Der Plural "Baale" ( b+ZAlIm ) deutet auf die zahlreichen Variationen der Verehrung Baals hin (vgl. Baal-Peor, 4Mo 25,3; Baal-Gad, Jos 11,17; Baal-Berit, Ri 9,4; Baal-Sebub, 2Kö 1,2 ). In Kanaan war die Göttin Astarte die Gemahlin Baals, welche in Syrien als `Athtart und in Babylonien als Ischtar bekannt war (vgl. den Kommentar zur Göttin Aschera, die in Ri 3,7 erwähnt wird). Astarte war die Göttin der Fruchtbarkeit. Der Baalsgötzendienst beinhaltete die widerlichsten Ausschweifungen, die man sich nur vorstellen kann.



b. Die Unterwerfung und Knechtung der Israeliten
(
2,14-15 )


Ri 2,14-15


Der Zorn des Herrn war seine gerechte Antwort auf Israels Sünde und geistliche Hurerei. Das schauerliche Bild eines Sklavenhändlers ( er verkaufte sie an ihre Feinde ) veranschaulicht die Ernsthaftigkeit des göttlichen Mißfallens, die der Herr in der Bestrafung seines Volkes manifestierte. Diese Feinde wohnten rings um ganz Israel, was durch die zahlreichen Räuber, die sie während der Tage der Richter überfielen und ausplünderten, illustriert wurde. Das Fallen Israels in die Hände seiner Feinde (V. 15 ; vgl. 3Mo 26,17; 5Mo 28,25.48 ) war der Verdienst der Hand des Herrn und die Antwort auf die vorhergehende Warnung, mit der er ihnen gedroht hatte. Ps 106,34-42 ist eine poetische Umschreibung von Ri 2,11-15 .Wegen seiner Niederlagen im Kampf war Israel in große Knechtschaft geraten.



c. Die Befreiung durch Richter
(
2,16-19 )


Diese einleitende Zusammenfassung des "Zustandes" in Israel in den Tagen der Richter enthält nicht genau die Art und Weise, auf die Israel "zum Herrn schrie". Dies ist jedoch ein ständig wiederkehrender Teil des Kreislaufs in Ri 3,9.15; 4,3; 6,6-7; 10,10 .Das Flehen mag so ausgesehen haben wie in Ri 2,18 ,wo sie unter denen wehklagten, die sie unterdrückten und knechteten.

Ri 2,16


Diese zusammenfassende Beschreibung führt die Befreiung auf Richter zurück, die der HERR erweckte, um Israel aus den Händen dieser Räuber zu befreien .



Ri 2,17


Es ist nicht eindeutig, ob sich Vers 17 auf fortbestehenden Götzendienst selbst in der Ruheperiode während der Lebenszeit eines jeden Richters bezieht, oder ob er die Zeit der Richter als Ganzes beleuchtet und sich auf die neue Periode des Ungehorsams nach jedem Ableben eines Richters bezieht. In jedem Fall wird Israels Sünde bezeugt - sie trieben Hurerei mit anderen Göttern und kehrten sich ab vom Weg des Gehorsams gegenüber den Geboten des HERRN . Da die Praktiken der Götzenanbeter, die den kanaanitischen Fruchtbarkeitsgöttern dienten, sexuelle Prostitution einbezog, ist der Ausdruck: "sie trieben Hurerei" sowohl wörtlich als auch bildlich gemeint.



Ri 2,18-19


Hatte Gott einmal einen Richter erweckt , so dauerte dann auch die Befreiung für den Rest des Lebens dieses Richters an, denn der HERR hatte Erbarmen mit seinem Volk. Doch wenn der Richter starb , trat Israel erneut seine abwärtsweisende Spirale mit ständiger Verschlimmerung an und beschritt Wege, die noch schlimmer waren als die der vorhergehenden Generation. (Die "Väter" in V. 17 scheinen sich auf die gehorsame Generation in den Tagen Josuas zu beziehen, wogegen sich die Väter in V. 19 auf die vorhergehende Generation beziehen.)



3. Die Folgen des Vertragsbruches
(
2,20-23 )


Ri 2,20-23


Dieser Abschnitt beschließt zusammen mit dem folgenden (der die feindlichen Nationen, die noch im Lande verblieben, auflistet; Ri 3,1-6 ), die theologische Analyse der Zeit der Richter. Während sich das Muster in Ri 2,11-19 auf Nachbarvölker bezieht, die in das Land kamen und viele Stämme Israels ausplünderten, bezieht sich Ri 2,20-3,6 auf kanaanitische Völker, die bereits im Land waren, und die Israel aus Mangel an Glauben und Gehorsam zu vertreiben versäumt hatte.

Der Herr erlaubte den kanaanitischen Nationen aus vier Gründen, im Lande zu verbleiben: (1) Er beschloß, die Israeliten für ihren Abfall, bei dem sie sich dem Götzendienst zugewandt hatten, zu bestrafen ( Ri 2,2.20-21; vgl. Jos 23,1-13 ). Dadurch, daß sie sich mit den Völkern des Landes durch Heirat und fortwährenden Götzendienst einsmachten (vgl. Ri 3,6 ), übertraten die Israeliten den Bund, den der Herr ihren Vorvätern gegeben hatte (vgl. Jos 23,16 ). Aus diesem Grunde würde Gott, wie er es versprochen hatte ( Jos 23,4.13 ), die Nationen, die Josua zurückgelassen hatte, als er starb, nicht mehr länger vor ihnen hinausjagen . (2) Der Herr beließ die Kanaaniter im Lande, um die Treue Israels ihm gegenüber zu prüfen ( Ri 2,22; 3,4 ). Dies gab jeder Generation die Möglichkeit, den Weg des HERRN einzuhalten (vgl. der Weg des Gehorsams, Ri 2,17 ) oder die Auflehnung der direkten Vorfahren fortzuführen. (3) Der Herr beließ die Kanaaniter im Land, um Israel Erfahrung im Kampf zu geben (vgl. den Kommentar zu Ri 3,2 ). (4) Ein weiterer Grund wird in 5Mo 7,20-24 genannt, nämlich um zu verhindern, daß das Land verwilderte, bevor die Bevölkerung Israels groß genug war, um das ganze Land zu bewohnen.



4. Die im Land übriggebliebenen Völker
(
3,1-6 )


Ri 3,1-2


Die Liste der übriggebliebenen Nationen wird mit zwei der Gründe, weswegen der Herr ihnen erlaubte, im Land zu verbleiben, eingeleitet - um die Israeliten zu prüfen (bereits vorher in Ri 2,22 erwähnt; vgl. Ri 3,4 ) und um den Nachkommen der Israeliten, die keine Kriegserfahrung hatten, d. h. keine Erfahrung in der Methode des "heiligen Krieges", wie er während der Eroberung des Landes von Josua durch geführt worden war, das Kämpfen zu lehren. "Kriegsführung" bedeutet also wohl nicht nur einfach "kämpfen können", sondern erfolgreich in der Abhängigkeit vom Herrn, der den Sieg schenkt, kämpfen können.

 



Ri 3,3


Diese Liste, und auch die Liste in Vers 5 , erwähnt die Kanaaniter und die Hiwiter. Die Kanaaniter sind diejenigen Völker, die in Ri 1,27-33 erwähnt werden. Die Hiwiter hält man für die Horiter, die früher mit dem oberen mesopotamischen Königreich Mittani in Verbindung gebracht wurden. Die Horiter, die zu Josuas Zeiten wohlbekannt waren, waren die Gibeoniter, die eine Stadtstaatenkonföderation, zu der auch Gibeon gehörte, besaßen ( Jos 9,7.17 ). Die Hiwitervölker, die hier aufgezählt werden, lebten in den Bergen des Libanon vom Berg Baal-Hermon bis Lebo Hamat (wahrscheinlich dem heutigen Lebweh im Tal Beqaa, 22,5 km nordöstlich von Baalbek). Die Philister , die als Pentapolis (Bund von fünf Städten) organisiert waren, bewohnten die südlichen Küstenstädte Aschdod, Askalon, Ekron, Gat und Gaza. Aufgrund der Bekanntheit der Stadt Sidon zu jener Zeit wurde das kanaanitische Volk, das als die Phönizier bekannt wurde, auch Sidonier genannt.



Ri 3,4


Dies ist das dritte Mal, daß die Absicht des Herrn, die Israeliten zu prüfen , genannt wird (vgl. Ri 2,22; 3,1 ).



Richter

Ri 3,5-6


Die Israeliten beschritten in ihrer kulturellen Anpassung an das Heidentum drei Stufen: (a) sie wohnten unter den Kanaanitern , (b) sie verheirateten sich mit ihnen, und (c) sie dienten ihren Göttern . Jede dieser Stufen führt auf natürlichem Weg zur nächsten. Die sich daraus ergebende Entfernung vom Herrn wurde bereits mehrere Male in Verbindung mit der Unterdrückung durch fremde Räuber beschrieben ( Ri 2,11-19 ). (Zu den Kanaanitern und Hiwitern vgl. den Kommentar zu Ri 3,3; zu den Hetitern siehe Kommentar zu Ri 1,26; zu den Amoritern vgl. den Kommentar zu Ri 1,3; zu den Perisitern vgl. den Kommentar zu Ri 1,4; und zu den Jebusitern vgl. den Kommentar zu Ri 1,21 .)

 

B. Beschreibung der Unterdrückungen und Befreiungen
(
3,7-16,31 )


1. Die Befreiung von der Unterdrückung durch Kuschan-Rischatajim durch Otniel
(
3,7-11 )


Diese stufenförmige Beschreibung der Richterschaft Otniels maximiert die literarische Struktur und das geschichtliche Bild der Heldentaten der Richter, wogegen sie die geschichtlichen Einzelheiten dieser speziellen Befreiung nur geringfügig erwähnt.



a. Der Abfall Israels
(
3,7 )


Ri 3,7


Die Episode beginnt mit dem Hinweis auf den Götzendienst Israels. Dies war ein bewußter Akt der Verdrängung Jahwes aus dem Bewußtsein und der Entscheidung, den Baalen (vgl. Ri 2,11 ) und den Ascheren (hölzerne Säulen oder Figuren, die als Objekte des Götzendienstes gebraucht wurden; vgl. 2Mo 34,13; 5Mo 16,21; Ri 6,25 ) zu dienen. Aschera war in der ugaritischen Literatur Syriens die Göttin des Meeres; sie war die Gemahlin Els. Aschera sollte nicht mit Astarte, der Gemahlin Baals in Ri 2,13 ,verwechselt werden.



b. Die Not unter den Aramäern
(
3,8 )


Ri 3,8


Der Name Kuschan-Rischatajim bedeutet "Kuschan der doppelten Bosheit". Aram Naharajim (Mesopotamien) bedeutet wörtlich "Syrien der zwei Flüsse", was sich auf Obermesopotamien bezieht. Da es seltsam erscheint, daß eine so weit entfernte Nation Israel, speziell das Gebiet Judas, in dem Otniel lebte, ausplünderte, sehen einige Gelehrte den Ausdruck "Aram" als Abwandlung von "Edom" (ein kleiner Unterschied in einem hebräischen Buchstaben) an, das in angemessener Nähe im Süden Judas lag. Trotzdem wäre es für einen ehrgeizigen König in Mesopotamien nicht ungewöhnlich gewesen, in kanaanitisches Gebiet einzufallen, besonders zu einer Zeit, in der Ägypten, das im Südwesten lag (und nominale Kontrolle über Kanaan besaß), schwach war. In diesem Falle unterdrückte Kuschan die Israeliten acht Jahre lang.



c. Die Befreiung durch Otniel
(
3,9-10 )


Ri 3,9-10


Als Antwort auf das Wehklagen Israels ( sie schrien zum HERRN ) erweckte Jahwe OtniÙl als Befreier, der, als der Geist des HERRN auf ihn kam (vgl. Ri 6,34; 11,29; 13,25; 14,6.19; 15,14 ), zum Richter Israels wurde und in den Krieg zog. Otniel wurde bereits als Kalebs jüngerer Bruder (vgl. Jos 15,13-19 ) erwähnt ( Ri 1,11-15 ). So wie der Herr die Israeliten "in die Hände" der sie unterdrückenden Aramäer verkaufte ( Ri 3,8 ), so gab er den feindlichen König in die Hände Otniels.



d. Die Zeit der Ruhe
(
3,11 )


Ri 3,11


Danach war 40 Jahre lang , der Rest des Lebens Otniels, der Frieden gesichert.



2. Die Befreiung von der Unterdrückung durch Eglon durch Ehud
(
3,12-30 )


a. Der Abfall Israels
(
3,12 a)


Ri 3,12 a


Die abwärtsführende Spirale begann von neuem, als die Israeliten erneut Böses in den Augen des HERRN taten (vgl. V. 7 ). Dies Böse war mit großer Wahrscheinlichkeit ihr Ungehorsam gegenüber dem mosaischen Bund und die Abkehr von Jahwe, um anderen Göttern zu dienen (vgl. Ri 2,17.19 ).

 

b. Die Knechtschaft unter den Moabitern
(
3,12 b - 13-14 )


Ri 3,12-14 (Ri 3,12b-14)


Wieder einmal tritt die souveräne Kontrolle Gottes über menschliche Belange in Erscheinung, indem er Eglon, dem König Moabs, Macht über Israel gab . Die Moabiter waren durch die Blutschande der Töchter Lots dessen Nachkommen ( 1Mo 19,30-38 ). Sie lebten im Land östlich des Toten Meeres, zwischen den Flüssen Arnon und Zered. Sie bewohnten das Gebiet Rubens, das 40 km nördlich des Arnons lag, und folgten danach der Einfallsroute Josuas und eroberten die Jerichooase ( die Palmenstadt ). Wahrscheinlich hatten die Israeliten Jericho erneut besetzt, jedoch, wegen des Fluches, der darauf lastete, ohne die Mauern wiederaufzurichten (vgl. Jos 6,26 ).

Die Moabiter wurden in diesem Kampf von den Ammonitern und Amalekitern unterstützt. Die Ammoniter waren die nordöstlichen Nachbarn der Moabiter und mit ihnen als Nachkommen Lots durch seine jüngere Tochter verwandt ( 1Mo 19,38 ). Die Amalekiter waren Todfeinde Israels (vgl. 2Mo 17,8-13; 5Mo 25,17-19 ) und lebten als Nomaden im Lande südlich von Beerscheba. Die Israeliten (d. h. die Benjaminiter und vielleicht auch einige Ephraimiter) wurden von Eglon 18 Jahre lang geknechtet.



c. Die Befreiung durch Ehud
(
3,15-29 )


Ri 3,15 a


Der Herr, der das Wehklagen Israels erhörte, gab ihnen einen Befreier - Ehud, einen linkshändigen Mann . Der Ausdruck "linkshändig" bedeutet wörtlich "ein an der rechten Hand gehemmter Mann". Linkshändigkeit scheint die Benjaminiter nicht behindert zu haben. Tatsächlich besaßen sie 700 Linkshänder, die ausgezeichnet mit der Steinschleuder umgehen konnten (vgl. Ri 20,16 ). Im Falle Ehuds sollte die Linkshändigkeit eine Möglichkeit zur mutigen Tat bieten.



Ri 3,15-19 (Ri 3,15b-19a)


Da die Israeliten Ehud mit dem Tribut (wahrscheinlich in Form von Haustieren als auch von Gold oder Silber und anderen wertvollen Gütern) sandten, war er offensichtlich ein angesehener Führer in Benjamin. Er hatte selbst einen zweischneidigen Dolch angefertigt (wahrscheinlich einer ohne Heft), der kurz genug war (ca. 45 cm lang) um an seiner rechten Hüfte unter seinem langen Obergewand verborgen zu werden. Nachdem der Tribut Eglon, der ein sehr dicker Mann war (vgl. V. 22 ), überreicht worden war, entließ Ehud seine Helfer, die den schweren Tribut getragen hatten, kehrte jedoch sofort danach nach Gilgal zurück, um eine erneute Audienz bei König Eglon zu beantragen. Die Steinbilder bei Gilgal waren eine bekannte Wegmarkierung, gleich, ob "Steinbilder" nun "behauene Steine" (wie in einigen Übers.) oder "Götterbilder" (andere Übers.) bedeutet. Möglicherweise bezieht sich diese Angabe auf das Denkmal der 12 Steine, die Josuas Männer aus dem Jordan genommen hatten ( Jos 4,1-7 ).



Ri 3,19-22 (Ri 3,19b-22)


Ehud erweckte mit dem Angebot einer geheimen Botschaft das Interesse des Königs und erreichte dadurch eine Privataudienz bei Eglon, im oberen Gemach seines Sommerpalastes. Mit der Aussage: Ich habe eine Nachricht Gottes an dich , stach er seinen geheimen Dolch so tief in den Bauch des Königs, daß das Fett ihn umschloß. Das Verbergen des Dolches war durch dessen unerwartete Lage an Ehuds rechter Hüfte gelungen, von der er ihn mit seiner linken Hand hervorzog.

 

Ri 3,23-26


Ehuds Flucht war gut vorbereitet. Um Zeit zu gewinnen verschloß er die Tür des Obergemachs des Königs und verließ unentdeckt, oder zumindest ungehindert, den Palast. Er gewann die benötigte Zeit zur Flucht dadurch, daß die Diener des Königs vor seiner verschlossenen Tür im Glauben warteten, daß der König sich ausruhte (wörtlich: "seine Füße bedeckte" , eine Umschreibung für den Stuhlgang; vgl. 1Sam 24,4 ). Als sie feststellten, daß sie sich wohl geirrt hatten, schlossen sie endlich die Tür auf und fanden ihren ermordeten König. Währenddessen ging Ehud an der Wegmarkierung (Götterbilder; vgl. Ri 3,19 ) bei Gilgal vorbei und entkam nach Se´ra (einem nicht identifizierten Ort in Ephraim).



Ri 3,27-29


Mit dem Blasen einer Posaune forderte Ehud die Israeliten auf, mit ihm in die Schlacht gegen die verwirrten Moabiter zu ziehen. Er stellte keine Forderungen für sich selbst, sondern bezeugte den Israeliten: Der HERR hat Moab, euren Feind, in eure Hände gegeben . Seine Kampfstrategie war, die Furten des Jordan einzunehmen, die die Moabiter überqueren mußten, um in ihr Land zurückzukehren. Die Israeliten erschlugen ungefähr 10 000 Moabiter, ohne auch nur einem zu erlauben, über den Jordan zu entkommen.



d. Die Zeit der Ruhe
(
3,30 )


Ri 3,30


Die Niederlage der Moabiter war so entscheidend, daß sie zu Knechten Israels wurden. Als Ergebnis der Befreiung durch Ehud hatte das Land 80 ungestörte Jahre lang Ruhe, was die längste Friedensperiode während der Zeit der Richter war.



3. Die Befreiung von der Unterdrückung durch die Philister durch Schamgar
(
3,31 )


Ri 3,31


Schamgars Richterzeit scheint nach der Befreiung durch Ehud, jedoch vor dessen Tod begonnen zu haben (die geschichtliche Schilderung in Ri 4,1 setzt den Bericht eher nach Ehuds als nach Schamgars Tod fort). Der Name Schamgar ist hurritisch, doch dies braucht nur auf hurritischen Einfluß bei seinen Eltern schließen lassen und nicht darauf, daß er kein Israelit war. Daß er Israel errettete, kennzeichnet ihn als einen Richter, obwohl die einzige weitere Tat, die von ihm berichtet wird, die ist, daß er 600 Philister mit einem Ochsenstecken erschlug . Ob er diese Anzahl in seinem gesamten Leben erreichte oder ob er sie bei einer einzigen Gelegenheit tötete, wird nicht angegeben. Seine Waffe war ein 2,5 3 m langer Stock mit einer scharfen Metallspitze, der benutzt wurde, um Tiere anzutreiben. Das andere Ende hatte oft eine meißelähnliche Klinge, die benutzt wurde, um einen Pflug abzukratzen.



4. Die Befreiung von der Unterdrückung durch die Kanaaniter durch Debora und Barak
( Ri 4-5 )


Die Szene wechselt nun zu den Nordstämmen über (vgl. Ri 4,6; 5,14-15.18 ), die von einem Kanaaniterbündnis unterjocht wurden, das von Jabin von Hazor ( Ri 4,2 ), wahrscheinlich einem Nachfolger des Königs von Hazor, der von Josua besiegt worden war ( Jos 11,1-13 ), vereint wurde. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Unterdrückungen durch fremde Eroberer befanden sich die Israeliten hier unter den Händen der kanaanitischen Bevölkerung des Landes, also der gleichen Völker, welche die Israeliten aus Nordkanaan zu vertreiben versäumt hatten (vgl. Ri 1,30-33 ).



a. Der Abfall Israels
(
4,1 )


Ri 4,1


Daß die Israeliten wieder einmal Böses taten, zeugt von ihrer stets fortschreitenden Verstrickung in die Praktiken der Abgötterei der Kanaaniter (vgl. Ri 2,19; 3,7.12 ). Dieser Abfall begann erst wieder nach Ehuds Tod, was von dessen positivem Einfluß zeugt, als er das Volk als Richter führte. Die zeitliche Einordnung dieses Kapitels in das Richteramt Ehuds läßt vermuten, daß die Befreiung Israels durch Schamgar ( Ri 3,31 ) eher während als nach der Zeit des Richteramtes Ehuds stattfand.



b. Die Knechtschaft unter den Kanaanitern
(
4,2-3 )


Ri 4,2-3


Ungefähr 200 Jahre vorher hatte der Herr Israel aus der Knechtschaft in Ägypten befreit. Nun verkaufte er sie im Gegensatz dazu als Strafe für ihre Sünden (vgl. Ri 2,14; 3,8; 1Sam 12,9 ) in die Hände der Kanaaniter. Jabin war möglicherweise ein Erbtitel (vgl. ein weiterer Jabin in Jos 11,1-13 ). Hazor (Tell el-Qedah) war die wichtigste nordkanaanitische Festung in Nordgaliläa, ungefähr 14 km nördlich des Sees Kinneret (See von Galiäa). Weder Hazor noch dessen König Jabin spielen in der Erzählung, die in Ri 4-5 enthalten ist, eine aktive Rolle, denn die Aufmerksamkeit ist auf Sisera , den kanaanitischen Hauptmann von Haroschet Gojim ("Haroschet der Heiden"; vgl. Ri 4,13.16 ), das manchmal mit Tell el-'Amar (an einer engen Felsschlucht, wo der Kischon in die Ebene der Äcker fließt, etwa 16 km nordwestlich von Megiddo gelegen) identifiziert wird, gerichtet. Die Knechtschaft war sehr schwer, da die Kanaaniter eine überlegene Militärmacht besaßen, die von 900 eisernen Streitwagen (vgl. V. 13 ) angeführt wurde. Die Unterdrückung dauerte 20 Jahre, so daß die Israeliten erneut den HERRN um Hilfe anriefen .



c. Die Befreiung durch Debora und Barak
(
4,4-5,31 a)


(1) Das Richteramt Deboras

Ri 4,4-5


Debora (deren Name "Biene" bedeutet) war zugleich Prophetin und Richterin (sie führte Israel an ). Zuerst diente sie als Richterin, indem sie an ihrem Gerichtshof, der ungefähr 14 - 16 km nördlich von Jerusalem zwischen Rama und Bethel auf dem Gebirge Ephraim lag, über Rechtsfälle entschied. Wahrscheinlich war sie Ephraimiterin, obgleich sie manche mit dem Stamm Issachar verbinden (vgl. Ri 5,15 ). Über ihren Ehemann Lappidot (was "Fackel" bedeutet, nicht zu verwechseln mit Barak, was "Blitz" bedeutet) wird nichts weiter gesagt.



Ri 4,6-7


(2) Die Berufung Baraks ( Ri 4,6-9 )

Debora rief Barak , der aus der Stadt Kedesch in Naftali kam, die eine Freistadt war ( Jos 20,7 ) und gewöhnlich mit Tel Quedesh identifiziert wird, das 8 km westlich bis nordwestlich des Hulesees, nahe der kanaanitischen Unterdrücker in Galiläa, lag. Ein Alternativort, namens Khirbet el-Kidisch, der sich ungefähr zwei Kilometer vom Südwestufer des Sees von Galiläa entfernt befindet, liegt näher am Berg Tabor, wo die Streitmacht Israels von Barak gemustert wurde. Debora, die als Prophetin des Herrn sprach, befahl Barak, 10 000 Männer aus den Stämmen Naftali und Sebulon zu mustern und sie zum Berg Tabor zu führen . Der Berg Tabor ragte kegelförmig bis zur Höhe von 400 m empor und lag strategisch günstig an der Stelle, wo die Stammesgebiete von Naftali, Sebulon und Issachar im Nordostteil des Jesreeltals zusammentrafen. (Issachar, das in diesem Kapitel nicht genannt wird, wird in Ri 5,15 erwähnt.) Der Berg Tabor war ein Ort, an dem man relativ sicher vor den kanaanitischen Streitwagen war, und ein guter Stützpunkt, von dem aus man die unterhalb stehenden Feinde angreifen konnte. Die Botschaft Gottes informierte Barak darüber, daß Gott die völlige Kontrolle über die Schlacht haben würde ( ich will dir Sisera zuführen ... und ihn in deine Hand geben ).



Ri 4,8-9


(2) Die Berufung Baraks ( Ri 4,6-9 )

Unabhängig von seinen Beweggründen war Baraks Antwort an Debora ( wenn du nicht mit mir gehen wirst, so werde ich nicht gehen ) eine unpassende Antwort auf einen Befehl Gottes. Vielleicht wollte sich Barak der Anwesenheit Gottes, die durch seine Richterin und Prophetin Debora repräsentiert wurde, sicher sein. Es ist erwähnenswert, daß Barak bei den Glaubenshelden aufgezählt wird ( Hebr 11,32 ). Debora war einverstanden mitzugehen, sagte jedoch, daß Baraks bedingte Antwort auf den Befehl Gottes dafür verantwortlich sein würde, daß der Siegesruhm ihm nicht zuteil werden würde ( der HERR wird Sisera in die Hände einer Frau geben ). Barak dachte sicherlich, daß sie sich selbst meinte, doch die Angabe war prophetisch und sagte die Tat Jaels voraus ( Ri 4,21 ).


Ri 4,10-13


(3) Das Zusammenrufen der Truppen

Von Debora begleitet, führte Barak 10 000 Männer aus den Stämmen Sebulon und Naftali ... zum Berg Tabor . Nebenbei (als Einleitung zu V. 17 - 22 ) wird erwähnt, daß der Nomade Heber, der Keniter , seinen Stamm in Südjuda (vgl Ri 1,16 ) verlassen und sein Zelt bei Kedesch aufgeschlagen hatte. Zu Hobab, dem Schwager Moses (oder Schwiegervater, wie in anderen Übers.) vgl. den Kommentar zu 4Mo 10,29 .Als Sisera von der Aktion Baraks hörte, postierte er seine Streitmacht mit deren 900 eisernen Kampfwagen (vgl. Ri 4,3 ) in der Nähe des Kischon , wahrscheinlich nahe Megiddo oder Taanach (vgl. Ri 5,19 ) im Tal Jesreel.



Ri 4,14-16


(4) Die Niederlage der Kanaaniter

Auf das Kommando ( Auf! ) und die Ermutigung Deboras hin ( der HERR hat Sisera in eure Hände gegeben ), führte Barak seine Männer den Berg Tabor hinunter und gegen die weitaus überlegenen Streitkräfte Siseras. Wie es Debora versprochen hatte, schlug der HERR Sisera und all seine Streitwagen und sein Heer in die Flucht . Die Mittel, die von Gott benutzt wurden, waren sowohl menschliche ( durch das Schwert ) als auch göttliche (er ließ einen unzeitgemäßen, schweren Sturm aufkommen, der die Streitwagen in die Flutwasser des Kischon riß; vgl. Ri 5,20-22 ). Sisera ließ seinen Kampfwagen stehen und floh zu Fuß, wahrscheinlich in nordöstliche Richtung am Berg Tabor vorbei, während die Streitkräfte Baraks die besiegten Kanaaniter verfolgten, bis kein Mann mehr übrig war.



Ri 4,17-22


(5) Die Flucht und der Tod Siseras

Sisera ... floh zu Fuß in Richtung Kedesch (einer Freistadt) oder vielleicht auch Hazor und rannte zu den Zelten Hebers, des Keniters , der freundschaftliche Beziehungen ( SAlNm , "Frieden") zu Jabin, dem König Hazors , unterhielt. JaÙl , die Frau Hebers, bot Sisera alle zu erwartenden nahöstlichen Beweise der Gastfreundschaft, denn sie deckte ihn entweder mit einem Fliegennetz oder mit einer Decke zu, gab ihm ein Milchgetränk, möglicherweise Joghurt (vgl. Ri 5,25 ), und stellte sich vor das Zelt, um Störenfriede fernzuhalten, während er schlief. Doch Jael teilte anscheinend die Beziehung ihres Mannes zu König Jabin nicht, denn sobald Sisera eingeschlafen war, nahm sie einen Zeltpflock und schlug ihn mit einem Hammer durch seine Stirn bis in den Boden (vgl. Ri 5,26 ), was ein ziemlich unüblicher Gastfreundschaftserweis im Nahen Osten war! Da die Frauen der Beduinen die Aufgabe des Zeltaufbaus innehatten, war sie mit den Werkzeugen, die sie benutzte, sehr vertraut. Danach ging Jael Barak entgegen und führte ihn zu der Leiche. So wurde die Prophezeiung Deboras (vgl. Ri 4,9 ) erfüllt, denn zwei Frauen fiel der Siegesruhm der Niederlage Siseras zu - Debora, die sie begann, und Jael, die sie vollendete.



Ri 4,23-24


(6) Die Zerstörung Jabins

Der Sieg über Jabins Heeresmacht leitete eine Zeit ein, in der die kanaanitischen Kräfte immer schwächer wurden, bis sie für Israel keine weitere Gefahr mehr bedeuteten.



Ri 5,1


(7) Die Siegeshymne ( Ri 5,1-31 a)

Dieses alte Gedicht, das zuerst wahrscheinlich in einer Sammlung mit dem Namen "Das Buch von den Kriegen des Herrn" ( 4Mo 21,14 ), oder "das Buch (Jaschgars) des Redlichen" ( Jos 10,13 ) aufbewahrt wurde, ist eigentlich eine Siegeshymne (bekannt durch Beispiele aus dem 15. - 12. Jahrhundert v. Chr. aus Ägypten und Assyrien). Diese Hymne wurde gewiß von Debora selbst geschrieben (vgl. Ri 5,7-9 ), wobei Barak sie beim Singen unterstützte (V. 1 ). Mit tiefgründiger Einfachheit schreibt die Hymne Jahwe, dem Gott des Bundes mit Israel, den Sieg über Sisera und die Kanaaniter zu. Außerdem füllt sie einige Lücken über Einzelheiten, die in der Schilderung in Kapitel 4 nicht erwähnt werden. Es ist erwähnenswert, daß das Thema Segen und Fluch häufig vorkommt. Die Siegeshymne hat fünf Teile: (a) Die einleitende Überschrift ( Ri 5,1 ), (b) der Lobgesang Deboras (V. 2-11 ), (c) die Musterung der Stämme (V. 12-18 ), (d) die Niederlage der Kanaaniter (V. 19 - 30 ) und (e) das abschließende Gebet mit Fluch und Segen (V. 31 a).

 



Ri 5,2-5


Der eröffnende Aufruf, den HERRN zu preisen , spricht in das Aufkommen eines dienenden Geistes bei Fürsten und Volk hinein (V. 2 ). Einem typischen Ausdruck des Lobes (V. 3 ) folgt eine geschichtliche Nacherzählung der vorhergehenden Taten der Errettung durch den Herrn (V. 4-5 ). Jahwe wird als der eine vom Sinai (vgl. Ps 68,8 ) bezeichnet und mit den Ereignissen, die der Überquerung des Jordans unter Josua vorangingen, in Zusammenhang gebracht. Die Erwähnung von Se´r (vgl. 5Mo 33,2 ) und Edom (vgl. Hab 3,3 ,wo Teman, eine edomitische Stadt, erwähnt wird) hat einige Gelehrte veranlaßt, den Berg Sinai östlich, nahe des Arabatals (südlich des Toten Meeres), zu vermuten, doch dies ist unwahrscheinlich.



Ri 5,6-8


Als nächstes beschreibt Debora die damalige Situation der Knechtschaft, in der sich die Nordstämme Israels befanden (vgl. Ri 3,31; 4,2-3 ), bis sie selbst aufstand, eine Mutter in Israel . Außerhalb der befestigten (ummauerten) Städte kam das israelitische Leben in den Dörfern und auf den Hauptstraßen wegen der Unterdrückung durch die Kanaaniter, die bis vor die Stadttore reichte, zum Stillstand. Diese Knechtschaft war in Israels Götzendienst begründet - sie erwählten sich neue Götter.



Ri 5,9-11


Debora lobte Gott für die treuen Führer und Freiwilligen unter dem Volk, die in der Zeit der Not handelten. Sie rief Reiche ( die auf weißen Eselinnen reiten ) und Arme ( die am Wege gehen ) zugleich auf, das Siegeslied zu hören. Es waren die gerechten Taten des HERRN , die ihn dazu brachten einzugreifen, um seinem Volk Rettung und Sieg zu schenken.



Ri 5,12-18


Das Siegeslied selbst beginnt mit einer Aufforderung zur Tat an Debora und Barak. Über die Stämme, die dem Ruf zur Musterung für den Kampf freiwillig Folge leisteten - Ephraim ... Benjamin ... Machir (eine Abteilung des Stammes Manasse, eigentlich der Teil östlich des Jordans, doch hier wahrscheinlich der gesamte Stamm oder auch nur die Abteilung westlich des Jordans; vgl. 4Mo 26,29; 27,1 ), Sebulon und Issachar ( Ri 5,14-15 ) - wird der Segen ausgesprochen. Die Ephraimiter (V. 14 ) wohnten möglicherweise im Zentralgebirge, das früher von den Amalekitern bewohnt worden war. Den Stämmen Ruben ... Gilead (wahrscheinlich Gad und vielleicht ein Teil von Manasse), Dan und Asser (V. 15-17 ) werden mit Flüchen gekoppelte Vorwürfe entgegengebracht. Dagegen werden die Stämme Sebulon (vgl. V. 14 ) und Naftali für ihre Hilfe bei der Schlacht gelobt (V. 18 ; vgl. Ri 4,6.10 ).

 

Ri 5,19-22


Die Könige Kanaans gehörten zum Bund kanaanitischer Stadtstaaten unter Jabin von Hazor, dessen Heer von Sisera befehligt wurde. Im Kampfgebiet lag Taanach (8 km südöstlich von Megiddo gelegen). Die hochpoetische Sprache - von den Himmeln kämpften die Sterne ... gegen Sisera - drückt nicht den Glauben daran aus, daß die Sterne Regen verursachten, sondern bezeugt das göttliche Eingreifen in die Schlacht. Wie in Vers 21 angegeben wird, nahm Gottes Eingreifen die Form eines unzeitgemäßen Regens an (die Kanaaniter hätten es nie riskiert, ihre Kampfwagen während der Regenzeit in sumpfiges Gelände zu fahren), der aus dem trockenen Flußbett des Kischon eine reißende Flut machte (vgl. 1Kö 18,40 ).



Ri 5,23-27


Über Meros (vielleicht auf Siseras Fluchtroute gelegen) wurde ein Fluch ausgesprochen, weil es beim Kampf seine Hilfe verweigert hatte, doch auf Jael wurde wegen der Tötung Siseras (vgl. Ri 4,21-22 ), einer Tat, die als Ausdruck der Treue zum verbündeten Volk Israel, mit dem ihre Sippe durch Mose verbunden war, angesehen wurde, der Segen ausgesprochen. Die dramatische Schilderung des Todes Siseras ( Ri 5,26-27 ) war nicht als Nacherzählung der einzelnen Schritte der Handlung gedacht, sondern als metaphorischer Zeitlupenbericht über den Fall eines Führers.



Ri 5,28-30


Das Pathos des gefallenen Generals wird von einer ironischen Beschreibung gesteigert, die Siseras Mutter schildert, wie sie auf die unmögliche Wiederkehr ihres Sohnes aus der Schlacht wartet. Ihre Sorge - Warum braucht sein Wagen so lang, um zu kommen? - und die hoffnungsvollen Erklärungen ihrer Mägde und ihrer selbst stehen im deutlichen Kontrast zu der wahren Situation.

 

Ri 5,31 a


Es ist üblich, daß eine Hymne, die den Sieg Jahwes über heidnische Feinde beschreibt, mit einem Fluch über böse Feinde und einem Segen über diejenigen abschließt, die Jahwe treu sind. Wie die Sonne bei ihrem Aufgang zu sein, bedeutet, ein Leben voller Segen zu führen.

 

d. Die Zeit der Ruhe
(
5,31 b)


Ri 5,31 b


Die Befreiung Israels von der Macht der Kanaaniter unter der Richterschaft Deboras brachte dem Land 40 Jahre lang Frieden.

 

5. Die Befreiung von der Unterdrückung durch die Midianiter durch Gideon
(
6,1-8,32 )


a. Der Abfall Israels
(
6,1 a)


Ri 6,1 a


Die abwärtsführende Spirale (vgl. die Übersicht zu Ri 2,11-15 ) von Abfall ( und wieder taten die Israeliten Böses in den Augen des HERRN ; vgl. Ri 3,7.12; 4,1 ) und Befreiung wiederholte sich auch im Falle Gideons, dessen Richteramt die ausführlichste Darstellung im Buch der Richter erhält (100 Verse in 3 Kapiteln). Vergleichbar ist nur die Geschichte Simsons, die aus 96 Versen in vier Kapiteln besteht.



b. Die Knechtschaft unter den Midianitern
(
6,1 b - 2-6 )


Ri 6,1-6 (Ri 6,1b-6)


Die sieben Jahre der Unterdrückung unter der Hand der Midianiter waren die göttliche Züchtigung für Israels Götzendienst und böse Taten. Diese relativ kurze Knechtschaftsperiode lag zwischen zwei 40 Jahre langen Friedensperioden ( Ri 5,31; 8,28 ). Die Midianiter waren Nachkommen Abrahams und Keturas ( 1Mo 25,12 ) und waren von Israel während der Wüstenwanderung geschlagen worden ( 4Mo 22,4; 25,16-18 ). Sie waren ein Nomadenvolk, kamen vom Golf von Akaba und siedelten überall in der Araba (Jordantal) und in Transjordanien. Wahrscheinlich unterwarfen sie zu dieser Zeit auch die Edomiter, Moabiter und Ammoniter, als sie den Jordan nach Israel bis zum Jesreeltal im Norden ( Ri 6,33 ) und bis südlich und östlich nach Gaza (V. 4 ) überquerten. Möglicherweise bewegten sie sich westwärts durch das Tal Jesreel und südwärts entlang der Küstenebene.

Die Stärke der midianitischen Unterdrückung zwang die Israeliten, sich selbst und ihre Produkte in Bergschluchten, Höhlen und Festungen zu verstecken . Es war also keine ständige Besetzung (wie die vorhergehende der Kanaaniter), sondern eine saisonale Invasion zur Erntezeit, immer wenn die Israeliten gesät hatten . Der große Nutzen für die Midianiter war die Aneignung der Ernte für sich selbst und ihre Tiere. Doch die steigende Auswirkung dieser Angriffe auf die israelitischen Landwirtschafts- und Nahrungszyklen war vernichtend. Zu den Verbündeten der Midianiter gehörten die Amalekiter (aus dem Süden Judas; vgl. Ri 3,13 ) und andere östliche Völker, einem üblichen Ausdruck für die Nomaden der syrischen Wüste, zu denen möglicherweise auch einige Ammoniter und Edomiter gehörten. Während dieser jährlichen, voraussehbaren Invasionen im typisch nomadischen Stil lagerten die Unterdrücker so zahlreich und mit solcher Überzahl im Land, daß sie mit Heuschreckenschwärmen verglichen wurden (vgl. Ri 7,12 ). Die Midianiter und deren Verbündete reisten auf unzähligen Kamelen (vgl. Ri 7,12 ), deren Ausdauer und Geschwindigkeit (bis zu 160 km pro Tag) ihnen zu einer ansehnlichen, weitreichenden Militärmacht verhalfen. Dies ist die erste Angabe über einen organisierten Überfall, bei dem Kamele benutzt wurden (vgl. 1Mo 24,10-11 ). Die Verarmung, die über Israel kam, führte es dazu, den HERRN um Hilfe anzurufen . Diese Klage scheint nicht ein Ausruf der Buße wegen ihrer Sünde gewesen zu sein, denn anscheinend waren sie sich der moralischen Ursache, die hinter der Unterdrückung durch den Feind stand, nicht bewußt, bis der Herr einen Propheten sandte, der dies aussprach (vgl. Ri 6,7-10 ).



c. Die Befreiung durch Gideon
(
6,7-8,27 )


(1) Die Tadelung Israels durch einen Propheten

Ri 6,7-10


Der HERR ... sandte einen Propheten , dessen Name nicht genannt wird (der einzige Prophet, der außerder Prophetin Debora in diesem Buch erwähnt wird), um Israel an seine Bundespflicht gegenüber dem Herrn, der sie aus Ägypten befreit hatte, zu erinnern (vgl. 2Mo 34,10-16; 5Mo 7; Ri 3,5-6 ). Sie sollten nicht den Göttern der Amoriter dienen. Der Prophet rügte sie für ihren wiederholten Ungehorsam ( doch ihr habt nicht auf mich (Gott) gehört ). Diese Botschaft ähnelt der des Engels des Herrn in Bochim (vgl. Ri 2,1-3 ).

 

Ri 6,11-12 a


(2) Die Berufung Gideons durch den Engel des Herrn ( Ri 6,11-24 )

Die Geschichte wird nicht durch eine Aussage eingeleitet, daß Gott einen Befreier namens Gideon erweckte, sondern durch eine Schilderung, wie Gott ihn erweckte. Gideons Ruf oder Berufung ergab sich aus einer Zusammenkunft mit dem Engel des HERRN (der "der Herr" ist, V. 14 ; vgl. Kommentar zu Ri 2,1 ), der ihm als ein durchreisender Fremdling erschien und sich unter die Eiche in Ofra setzte . Da Gideons Vater Joasch ein AbiÙsriter (eine Sippe Manasses, Jos 17,2 ) war, ist dieses Ofra nicht der Ort in Benjamin gewesen, sondern ein nördlicherer Ort, möglicherweise nahe der Grenze Manasses im Tal Jesreel. Mögliche Identifizierungen sind el-Affula (10 km östlich von Megiddo) oder et-Taijiba (Hafarajim, 13 km nordwestlich von Bet-Schean). Daß Gideon Weizen in der Kelter drosch , zeugt einerseits von seiner Angst vor Entdeckung durch die Midianiter und andererseits von der geringen Menge seiner Ernte. Normalerweise wurde Weizen auf offenem Gelände, auf einem Dreschfeld (vgl. 1Chr 21,20-23 ) und durch Ochsen gedroschen (die Körner von den Stengeln getrennt), die Dreschflegel über die Stengel zogen.



Ri 6,12-13 (Ri 6,12b-13)


(2) Die Berufung Gideons durch den Engel des Herrn ( Ri 6,11-24 )

Die Eingangsbemerkung des Engels bezeugte die Anwesenheit des Herrn bei Gideon und titulierte diesen als einen heldenhaften Krieger ("andere Übers.: "streitbarer Held"; die Worte gibbNr HAyil werden auch Jeftah; Ri 11,1; und Boas; Rt 2,1 ,zugeschrieben). Obwohl diese Anrede wohl ironisch gemeint war (zu dem Zeitpunkt war Gideon alles andere als ein heldenhafter Krieger!), spiegelte sie doch Gideons Wirkungsmöglichkeit durch göttliche Ermächtigung wider, wie sie auch seine ehrbare Stellung in der Gesellschaft ausdrückte.

Gideons eingehende Antwort ignorierte die Anrede in der Einzahl ("dir", Ri 6,12 ), denn er entgegnete: Wenn der HERR mit uns ist (Mehrzahl). Gideon stellte angesichts der damaligen Umstände, in denen sich sein Volk befand, das göttliche Versprechen in Frage. Er schloß zu Recht, daß der Herr es, warum auch immer, in die Hände der Midianiter gegeben hatte.



Ri 6,14


(2) Die Berufung Gideons durch den Engel des Herrn ( Ri 6,11-24 )

"Der Engel des Herrn" (V. 11-12 ) sprach nun als der Herr selbst und beauftragte Gideon, hinzugehen ... und Israel aus der Hand der Midianiter zu befreien . Die Worte in deiner Kraft setzten wahrscheinlich die vorher erwähnte göttliche Anwesenheit voraus (V. 12 ).



Ri 6,15


(2) Die Berufung Gideons durch den Engel des Herrn ( Ri 6,11-24 )

Aber , wandte Gideon ein, meine Sippe ist die schwächste ... und ich bin der Niedrigste . Dieser Einwand mag aus der typischen nahöstlichen Bescheidenheit gestammt haben, reflektierte jedoch wahrscheinlich auch zum großen Teil die Wirklichkeit.

 

Ri 6,16


(2) Die Berufung Gideons durch den Engel des Herrn ( Ri 6,11-24 )

Gottes erneute Versicherung bezeugte wieder seine Begleitung Gideons ( ich will mit dir sein ) und die Leichtigkeit, mit der er den Sieg über die Midianiter vollbringen würde ( als wären sie nur ein Mann ).

 

Ri 6,17-21


(2) Die Berufung Gideons durch den Engel des Herrn ( Ri 6,11-24 )

Gideon verlangte ein Zeichen , das das Versprechen des Herrn bezeugen sollte. Dieser Bitte wurde stattgegeben (vgl. V. 21 ). Unterdessen bewog Gideons Unsicherheit über die exakte Identität seines übernatürlichen Besuchers ihn dazu, letzterem die typisch nahöstliche Gastfreundschaft anzubieten. Bei der Gabe oder dem Geschenk ( minHCh ), die er vor seinen Besucher legen wollte, könnte es sich entweder um eine freiwillige Gabe nach Israels Opfersystem handeln oder auch um eine Tributzahlung an einen momentanen König oder eine andere Obrigkeit (vgl. Ri 3,15 ). Die große Menge an Lebensmitteln, die von Gideon zubereitet wurde - Ziegenfleisch und -brühe, Brot aus einem Efa (ein Scheffel) Mehl gebacken - spiegelt zugleich seinen Reichtum in einer Zeit der Not sowie die typische Übertreibung der nahöstlichen Gastfreundschaft wider. Ohne Zweifel hatte er vor, das, was übrigblieb, wieder mit nach Hause zu seiner Familie zu bringen! Doch der Engel des Herrn berührte die Lebensmittelgabe mit der Spitze seines Stocks und vernichtete sie mit Feuer, womit er das Zeichen gab, das Gideon verlangt hatte ( Ri 6,17; vgl. 2Mo 9,24; 1Kö 18,38 ). Danach verschwand der Engel.



Ri 6,22-24


(2) Die Berufung Gideons durch den Engel des Herrn ( Ri 6,11-24 )

Gideons Verwirrung spiegelte wahrscheinlich seine Furcht vor dem drohenden Tod, weil er die göttliche Anwesenheit gesehen hatte (vgl. 2Mo 33,20 ), wider. Als der Herr Gideon versicherte, daß er nicht sterben würde ... baute Gideon einen Altar und nannte ihn: Der HERR ist Friede .



Ri 6,25-26


(3) Die Zerstörung des Baalsaltars durch Gideon ( Ri 6,25-32 )

Der Herr unterzog Gideon einer Gehorsamsprüfung. Wenn Gideon Israel von den Midianitern befreien sollte, mußte er nicht nur den militärischen Sieg über den Feind erreichen, sondern auch den Grund des Götzendienstes, der den Herrn dazu geführt hatte, sein Volk in die Hände der Midianiter zu geben, entfernen (vgl. V. 1 ). Darum befahl Gott Gideon, den Baalsaltar seines Vaters mit dem dazugehörenden Ascherabild (ein Kultobjekt, das Aschera, eine ugaritische Meeresgöttin, darstellte; vgl. den Kommentar zu Ri 3,7 ) niederzureißen. Gideon sollte dann einen entsprechenden Altar für den Herrn bauen, ein Feuer mit dem Holz des Ascherabildes anzünden und einen der Stiere seines Vaters (der wahrscheinlich als Opfertier für Baal gedacht war) als Brandopfer für den Herrn darbringen.



Ri 6,27


(3) Die Zerstörung des Baalsaltars durch Gideon ( Ri 6,25-32 )

Gideons Gehorsam gegenüber Gottes Befehl sollte nicht dadurch verringert werden, daß er 10 Diener gebrauchte (das Demontieren eines kanaanitischen Altars war ein "abendfüllendes Programm") oder daß er es bei Nacht tat (die Baalsdiener hätten es sicherlich verhindert, wenn er es bei Tag versucht hätte).

 

Ri 6,28-32


(3) Die Zerstörung des Baalsaltars durch Gideon ( Ri 6,25-32 )

Die darauffolgende Feindseligkeit der Gesellschaft gegenüber Gideon wurde durch den weisen Ratschlag seines Vaters abgekühlt. Ihre Nachforschung bezüglich des nächtlichen Vandalismus führte bald zu Gideon, dessen Verurteilung sie forderten. Doch Joasch, der vielleicht durch die mutige Tat seines Sohnes zum Nachdenken und zur Reue geführt worden war, verkündete voll Weisheit: Wenn Baal wirklich Gott ist, dann kann er sich auch selbst verteidigen . Möglicherweise ergab sich daraus, daß das Volk nicht Baals Privileg auf Selbstverteidigung verletzen sollte (vgl. Elias Satire über Baal, 1Kö 18,27 ). Dieser weise Rat sprach das Volk an, das Gideon dann den Namen Jerubbaal gab, der "laßt Baal streiten" bedeutet. Auch wenn sie ihm wahrscheinlich den Namen aus Verachtung gegeben haben, so bedeutete dieser später eine ehrenvolle Bezeichnung als Zeugnis für Baals Unvermögen, sich selbst zu verteidigen (vgl. Ri 7,1; 8,29; und den Kommentar zu Jerubbaal in Ri 9,1 ).



Ri 6,33-35


(4) Die Vorbereitung Gideons für die Schlacht

Gideons Berufung durch den Herrn scheint dem nächsten (und letzten) jährlichen Überfall der Midianiter und derer Verbündeten nur kurze Zeit vorausgegangen zu sein. Sie überquerten ... den Jordan nicht weit südlich des Sees von Kinneret und lagerten in typischer Beduinenart im reichen landwirtschaftlichen Gebiet des Jesreeltals. Gottes Befreiung seines Volkes durch Gideon begann, als der Geist des HERRN auf Gideon herabkam (vgl. Ri 3,10; 11,29; 13,25; 14,6.19; 15,14 ) und ihm durch die persönliche Anwesenheit des Heiligen Geistes göttliche Vollmacht gab. Gideon begann sofort Männer zu mustern, indem er seine eigene Sippe der Abiesriter (vgl. Ri 6,11.24 ) mit einer Posaune und den Rest des Stammes Manasse, zusammen mit den Stämmen Asser, Sebulon und Naftali, durch Boten zusammenrief.



Ri 6,36-40


(5) Die Zeichen an der Wolle Gideons

Gideons scheinbarer Mangel an Glauben, der sich in dem Ersuchen eines wunderhaften Zeichen Gottes ausdrückt (vgl. Mt 12,38; 1Kor 1,22-23 ), erscheint seltsam für einen Mann, der unter den Glaubenshelden aufgezählt wird ( Hebr 11,32 ). Eigentlich hatte Gideon bereits bei seiner Berufung ein Zeichen Gottes erhalten ( Ri 6,17.21 ). Es ist jedenfalls erwähnenswert, daß Gideon die Wolle nicht benutzte, um Gottes Willen zu erforschen, denn den wußte er ja bereits durch göttliche Offenbarung (V. 14 ). Das Zeichen bezog sich auf eine Versicherung der Anwesenheit Gottes oder der Ermächtigung für die bevorstehende Aufgabe. Gott ging auf Gideons schwachen Glauben ein und benetzte die Wolle so stark mit Tau, daß dieser eine Schale voll Wasser auswrang . Vielleicht hatte Gideon Zweifel an der Einzigartigkeit dieses Vorkommnisses, da der umgebende Dreschboden auf natürliche Weise vor der Wolle trocknen konnte. Deshalb erbat er nun das Gegenteil: Laß dieses Mal die Wolle trocken und den Boden mit Tau bedeckt sein . Gott tat auch das geduldig, und Gideon war erneut davon überzeugt, seine Aufgabe fortzusetzen.



Ri 7,1-2


(6) Die Verringerung des Heeres Gideons ( Ri 7,1-8 a)

Gideon ... lagerte an der Quelle des Harod (wahrscheinlich En Harod am Fuße des Berges Gilboa, ein Bach, der sich ostwärts zum Jordan durch das Harodtal windet) mit allen seinen Männern, deren Zahl 32 000 betrug (V. 3 ). Das 135 000 Mann starke Heer der Midianiter lagerte fünf oder sechs Kilometer nördlich von ihnen am Fuß des Hügels More , dem bekannten Hügel, der wie ein Wächter aufragt, um den Ostzugang zum Tal Jesreel zu bewachen. Gott, dessen Stärke nicht von Zahlen abhängig ist (vgl. Ps 33,16 ), beabsichtigte, Midian durch wenige Männer an Israel auszuliefern, so daß Israel sich nicht rühmen könnte, es habe die Schlacht selbst gewonnen. Sicherlich war Gideon über Gottes Worte ihr habt zu viele Männer verwundert.



Ri 7,3-6


(6) Die Verringerung des Heeres Gideons ( Ri 7,1-8 a)

Die Methode, durch die die Größe des Heeres Gideons verringert wurde, bestand aus zwei Teilen: (a) 22 000 ängstliche Rekruten wurden auf ein Mal verabschiedet (in Übereinstimmung mit 5Mo 20,8 ), und es wurde ihnen erlaubt, zurück nach Hause zu gehen; und (b) 9 700 anscheinend unaufmerksamere Männer, die eine einfache Prüfung nicht bestanden, wurden auch entlassen ( Ri 7,4-8; oder es wurde ihnen zumindest ein längerer Urlaub zugebilligt; vgl. V. 23 ).

Die Erlaubnis, den Berg Gilead zu verlassen, ist rätselhaft, da Gilead auf der anderen Seite des Jordans, in Richtung Osten lag. Einige Gelehrte sehen "Gilead" als einen frühen Abschreibfehler für "Gilboa", dem Berg, der in der Nähe von Gideons Armee lag, an. Es kann aber auch noch einen anderen Berg Gilead in der Nähe gegeben haben, da einige Nachkommen Gileads auf der Westseite des Jordan lebten. Obwohl die Prüfung, die den 9 700 Männern aufgetragen wurde, ziemlich einfach erscheint, klingen die Worte, mit denen sie beschrieben wird, seltsam. Als die Männer aus dem Bach tranken, sollte Gideon diejenigen, die das Wasser wie ein Hund mit der Zunge schleckten von denjenigen trennen, die niederknieten, um zu trinken . Doch wie "schleckt" jemand "wie ein Hund", ohne "niederzuknien", um sein Gesicht ans Wasser zu führen? Einige Schreiber nehmen an, daß die "Nicht-Niederknieenden" das Wasser mit einer Hand schöpften (während sie ihre Waffe in der anderen hielten), aus der sie es dann mit der Zunge schleckten. Andere nehmen an, daß sie ihre Hand benutzten, um das Wasser zu ihrem Mund zu führen, wie ein Hund seine Zunge gebraucht, um Wasser zu seinem Mund zu führen. Wie die Antwort auch immer aussehen mag, stellte die Prüfung doch diejenigen heraus, die nicht so wachsam waren, obwohl einige glauben, daß es sich um eine rein willkürliche Prüfung handelte, um die Anzahl der Männer zu reduzieren. Der Historiker Josephus nahm sogar an, daß die 300 Männer, die die Prüfung bestanden hatten, unaufmerksamer gewesen seien, was Gottes Macht noch mehr herausstellen würde.



Ri 7,7-8 a


(6) Die Verringerung des Heeres Gideons ( Ri 7,1-8 a)

Nun wurde Gideon mit nur wenigen Kriegern erneut durch ein göttliches Versprechen bestätigt: Mit diesen 300 Männern ... werde ich euch erretten und die Midianiter in eure Hand geben (vgl. Ri 6,14 ). Gideons 300 Männer erhielten die Verpflegung und die Posaunen der übrigen Männer, die zu ihren Zelten zurückkehrten.



Ri 7,8-11 (Ri 7,8b-11a)


(7) Die Ermutigung Gideons bezüglich des Sieges ( Ri 7,8 b. 9-15 )

Der Herr wußte, daß Gideon trotz all der Ermutigungen und Zusicherungen, die er ihm gegeben hatte, Angst hatte, anzugreifen. Deshalb ermutigte Gott ihn noch einmal durch zwei Dinge: (a) durch ein direktes Gotteswort ( geh hinunter zum Lager, denn ich habe es in deine Hände geben ; vgl. V. 7.14 - 15 ) und (b) durch einen vorbereitenden Traum, der von einem Midianiter erzählt wurde, während Gideon lauschte (V. 13-14 ).



Ri 7,11-15 (Ri 7,11b-15)


(7) Die Ermutigung Gideons bezüglich des Sieges ( Ri 7,8 b. 9-15 )

Gideon und sein Diener Pura schlichen sich um das Lager der Midianiter herum, dessen unzählige Zelte sich im Tal wie Heuschrecken erstreckten (vgl. Ri 6,5 ). Die Zelte wurden nur von den ungezählten Kamelen übertroffen (vgl. Ri 6,5 ). Eine wunderbare Demonstration der Fügungen Gottes zeigt sich hier: Gideon kam gerade an, als ein Mann einem Freund seinen Traum erzählte, in dem ein rundes Gerstenbrot in das Midianiterlager hinunterrollte und ein Zelt überrollte und umkehrte. Der andere Midianiter antwortete, vielleicht scherzhaft, daß sich dies auf das Schwert Gideons...des Israeliters beziehe, in dessen Hände Gott die Midianiter gegeben habe. Der von Gott bezweckte Symbolismus ist eindeutig (Gerstenbrot versinnbildlichte die verarmten Israeliten, und das Zelt bezog sich auf die nomadischen Midianiter). Gideon verstand dies richtigerweise als eine Ermutigung vom Herrn, daß Israel gegen Midian siegreich sein würde. Nachdem Gideon nach dieser Nachricht Gott spontan gelobt hatte, kehrte er zum israelitischen Lager zurück und säumte nicht, seine Streitkraft zu organisieren und ihnen dieselbe Zusicherung weiterzugeben, die Gott ihm gegeben hatte: Der HERR hat das midianitische Lager in eure Hände gegeben (vgl. Ri 7,7.9.14 ).

 

Ri 7,16-22


(8) Der Sieg über die Midianiter durch Gideon

Gideon teilte sein kleines Heer in drei Kompanien ein, deren strategische, jedoch seltsame Waffen Posaunen und leere Krüge...mit Fackeln darin waren. Sie erreichten den Rand des Midianiterlagers zur von Gott geplanten Zeit des Anfangs der mittleren Nachtwache (22.00 Uhr), kurz nachdem die Wache gewechselt worden war, als die abgelösten Wachen noch um ihre Zelte herumliefen. In Gideons Tagen lag die erste Wache zwischen 18.00 Uhr und 22.00 Uhr; die mittlere Wache zwischen 22.00 Uhr und 2.00 Uhr; die Morgenwache begann um 2.00 Uhr und ging bis 6.00 Uhr.

In diesem kritischen Moment bliesen die Israeliten ihre Posaunen und zerbrachen ihre Krüge. Beides machte einen fürchterlichen Krach und brachte die glimmenden Fackeln zum Vorschein. Sie schrien laut: Ein Schwert für den HERRN und für Gideon! Dieser Kampfschrei bewies ihr Vertrauen auf den Herrn, daß er ihnen Sieg geben werde. Sie machten sich den Midianitern bemerkbar, wobei diese in Angst gerieten. Das Wort für Posaunen ist SNPArNT , "aus Tierhorn gemacht". Solche Posaunen erzeugten einen hellen, schrillen Klang. Die Krüge waren wahrscheinlich aus Ton. Die Verwirrung im Lager der Midianiter war unglaublich, da sie sich ein viel größeres israelitisches Heer vorstellten, das sie angriff, und da sie vielleicht ihre eigenen abgelösten Wachen für Israeliten hielten. Diese göttlich geplante Verwirrung brachte die Midianiter dazu, sich gegenseitig mit dem Schwert anzugreifen, während die Israeliten wahrscheinlich in sicherer Entfernung um das Lager herum warteten. Das midianitische Heer floh gen Südosten nach Bet-Schitta (einer nahen Ebene) und Abel-Mehola in Richtung Jordan. Abel-Mehola ist wahrscheinlich das heutige Tell Abu Sus, ungefähr 39 km südlich des Sees von Kinneret (Galiläa). (Abel-Mehola war der Ort, wo Elisa lebte, als Elia ihn zu seinem Jünger berief, 1Kö 19,16 .) Das Heer floh wahrscheinlich in diese Richtung, um den Jordan zu überqueren und Zereda (vielleicht Zarethan oder Tell es-Saidiya) und Tabbat (Ras Abu Talbat) zu erreichen.



Ri 7,23-24 a


(9) Der Aufruf Gideons zur Verstärkung

Gideon rief aus Naftali, Asser und ganz Manasse Verstärkung, um die fliehenden Midianiter zu verfolgen. Diejenigen, die dem Aufruf nachkamen, gehörten wahrscheinlich zu den vorherigen Männern der Streitmacht Gideons, die entlassen worden waren. Gideon verlangte auch Hilfe von den Ephraimitern, deren Lager gut gelegen waren, um die Midianiter an strategischen Orten voneinander abzuschneiden und sie daran zu hindern, das Ufer des Jordans zu erreichen.



Ri 7,24-25 (Ri 7,24b-25)


(10) Die Gefangennahme Orebs und Zeebs durch die Ephraimiter

Die Männer Ephraims sicherten rasch das Ufer des Jordans ab (der Ort Bet-Bara ist noch unbekannt) und fingen zwei der midianitischen Anführer, Oreb (was "Rabe" bedeutet) und Seeb (was "Wolf" bedeutet), deren Köpfe sie nach üblichem nahöstlichen Militärbrauch zu Gideon brachten.



Ri 8,1-3


(11) Die Diplomatie Gideons gegenüber den Ephraimitern

Darauf kritisierten die Ephraimiter Gideon scharf, weil er sie nicht aufgefordert hatte, in der Anfangsschlacht am Hügel More teilzunehmen ( Ri 7,1 ). Die "höfliche Antwort" Gideons (vgl. Spr 15,1 ) demonstriert seine taktvolle Diplomatie gegenüber dem ephraimitischen Neid und verhinderte Streitigkeiten unter den Stämmen (vgl. Ri 12,1-6 ,wo Jeftah gegenüber dem ephraimitischen Neid mit Feindseligkeit reagiert). In Gideons Gleichnis scheint sich die volle Weinernte AbiÙsers auf den ersten Sieg im Lager Midians (Gideon war Abiesriter, Ri 6,11 ) und die Nachlese Ephraims (als ein größerer Sieg dargestellt) auf das "Zusammenkehren" zu beziehen, zu dem auch die Hinrichtung der beiden midianitischen Anführer gehörte.



Ri 8,4-9


(12) Die Verfolgung der Midianiter ins Transjordanland ( Ri 8,4-21 )

Obwohl die israelitischen Verstärkungstruppen viele der fliehenden Midianiter aufrieben, entkam eine beträchtliche Zahl mit zwei midianitischen Königen, Sebach und Zalmunna , über den Jordan in südöstliche Richtung. Sie wurden rasch von Gideon und seinen 300 Männern verfolgt, die von Leuten von Sukkot (V. 5 ) und Pnuel (V. 8 - 9 ), zweier israelitischer Städte im Transjordangebiet Gads (vgl. 1Mo 32,23.31; Jos 13,27 ), Brote erbaten. Beide Gemeinden verweigerten Gideon ihre Hilfe, vielleicht aus Angst vor der Vergeltung der Midianiter. Wie dem auch sei, dies war gleichbedeutend mit einer Verbündung mit den Midianitern gegen den Herrn und seinen auserwählten Befreier. Deshalb beschloß Gideon, ähnlich wie bei dem früheren Fluch über die Stadt Meros zur Zeit Deboras (vgl. Ri 5,23 ), den Städten als Vergeltung für ihre üble Feindseligkeit mit Strafe zu drohen. Zu den Leuten von Sukkot sagte er: Ich werde euer Fleisch mit Wüstendornen und Stacheln zerdreschen (vgl. Ri 8,16 ). Dies könnte bedeuten, daß er sie über Dornen ziehen wollte wie einen Dreschschlitten über den Weizen, oder daß er sie "dreschen" wollte, indem er Dreschschlitten über sie zöge. Was es auch immer sein sollte, das Ergebnis schien unvermeidbar der Tod zu sein. Den Leuten von Pnuel drohte er: Ich werde diese Burg niederreißen (vgl. V. 17 ). Die Burg war möglicherweise eine Festung, in der die Leute, ähnlich wie im Turm von Sichem ( Ri 9,46-49 ) oder im Turm von Tebez ( Ri 9,50-51 ), Unterschlupf suchten.



Ri 8,10-12


(12) Die Verfolgung der Midianiter ins Transjordanland ( Ri 8,4-21 )

Die beiden Midianiterkönige ( Sebach und Zalmunna ) erreichten Karkor , einen nicht identifizierbaren Ort, den man in der Nähe des Wadi Sirha, östlich vom Toten Meer, vermutet, mit einer übriggebliebenen Heeresmacht von 15 000 Männern . Diese 15 000 machten gerade noch 11 Prozent der gesamten midianitischen Streitmacht von 135 000 Mann aus. Gideon folgte einer Karawanenstraße östlich von Nobach (vielleicht Quanawat in Ostbasan) und Jogboha (dem heutigen el-Jubeihat, 24 km südöstlich von Puniel), unternahm einen Überraschungsangriff auf die Midianiter, nahm die beiden Könige gefangen und vernichtete ihr Heer.

 

Ri 8,13-17


(12) Die Verfolgung der Midianiter ins Transjordanland ( Ri 8,4-21 )

Bei der Rückkehr in nordwestlicher Richtung zum Paß von Heres (ein nichtidentifizierter Ort) zwang Gideon einen jungen Mann aus Sukkot, die Namen der 77 Oberen der Stadt aufzuschreiben. Danach führte Gideon sein Vorhaben aus, die Ältesten der Stadt zu bestrafen (vgl. V. 7 ). Er führte auch sein Vorhaben aus, die Stadt Puniel zu bestrafen (vgl. V. 9 ).

 

Ri 8,18-21


(12) Die Verfolgung der Midianiter ins Transjordanland ( Ri 8,4-21 )

Gideon befragte die beiden Midianiterkönige, die sich in seiner Hand befanden, über ein ansonsten unbekanntes Ereignis, nämlich die Tötung mehrerer seiner Brüder am Tabor, dem kleinen konischen Berg nördlich des Hügels von More. Es wird nicht berichtet, ob dies beim letzten Überfall oder bei einem früheren Überfall der Midianiter auf das Tal Jesreel geschehen war. Da Gideon sich zur Blutrache verpflichtet fühlte (vgl. 5Mo 19,6.12 ), waren seine Brüder wahrscheinlich nicht im Kampf, sondern in ihren Häusern oder auf dem Feld ermordet worden. Gideon forderte Jeter, seinen ältesten Sohn, auf, sie zu töten . Dies war eine Ehre, zu der der Junge noch nicht bereit war, obwohl es für die Könige eine schwere Schmach gewesen wäre, von einem Unmündigen erschlagen zu werden. Tapfer forderten sie Gideon auf, die Rache selbst zu üben, wobei sie es als eine Ehre ansahen, vom tapferen Gideon erschlagen zu werden. Gideon erschlug sie darauf selbst und nahm den Schmuck (der wahrscheinlich mondförmig war) von den Hälsen ihrer Kamele (vgl. Ri 8,26 ) als Kriegsbeute.

Richter

Ri 8,22-23


(13) Gideons Verzicht auf das Königtum

Angesichts dieses bedeutenden Sieges baten die Israeliten Gideon, über sie als König zu herrschen, das heißt, eine Herrscherdynastie zu gründen ( du, dein Sohn und deines Sohnes Sohn ). Gideon lehnte beides, die Herrschaft und die Dynastie, ab (doch Abimelech, einer seiner Söhne, beanspruchte sie später für sich; vgl. Ri 9,1-6 ). Wahrscheinlich sprach Gideon Worte, die bedeutungsvoller waren als er dachte, als er die theokratische Herrschaft Jahwes bestätigte: Der HERR wird über euch herrschen .



Ri 8,24-26


(14) Der Fallstrick Gideons in Form eines Efods ( Ri 8,24-27 )

Obwohl er auf die Königswürde verzichtete, ergriff Gideon die Möglichkeit, sich durch eine Abgabenforderung zu bereichern und forderte einen Teil der Beute, nämlich die goldenen Ohrringe, deren Gesamtgewicht ca. 20 kg betrug. Die Bezeichnung Ismaeliter bezog sich eigentlich auf einen anderen Nomadenstamm, der von Hagar abstammte ( 1Mo 16,15 ), doch anscheinend nahm die Bezeichnung einen breiteren Gebrauch an, so daß sie auch hier für die Midianiter verwendet wurde.

 

Ri 8,27


Gideon nahm das Gold, das er erhielt, und machte einen Efod, den er in seiner Stadt Ofra aufstellte . Was auch immer Gideon damit bezweckte, das Volk betete jedenfalls diesen Efod an und er wurde Gideon und seiner Familie zum Fallstrick . Wie dieser Efod ausgesehen haben mag, ist nicht sicher. Es ist vielleicht nach dem kurzen Kleidungsstück, das der Hohepriester trug, benannt worden ( 2Mo 28,6-30;39,1-21; 3Mo 8,7-8 ). Doch anstatt als Kleidungsstück getragen zu werden, wurde Gideons goldener Efod offensichtlich aufgerichtet und zu einem Götzen gemacht. Er mag sich in irgendeiner Weise die Funktion des Priesters angemaßt und/oder einen gegensätzlichen Anbetungsort zur Stiftshütte begründet haben. Am Ende scheint Gideon doch zu der synkretistischen Gesellschaft zurückgekehrt zu sein, aus der ihn Gott herausgerufen hatte, um Israel zu befreien.

 

d. Die Zeit des Friedens
(
8,28 )


Ri 8,28


Als Folge der Vernichtung der Midianiter durch Gideon genoß das Land 40 Jahre Frieden. Dies ist die letzte Friedenszeit, von der im Buch der Richter berichtet wird. Die darauf folgenden Taten Jeftahs und Simsons scheinen keinen zeitweiligen Frieden bewirkt oder den Abfall der Nation aufgehalten zu haben.



e. Der Tod Gideons
(
8,29-32 )


Ri 8,29-32


Auch wenn Jerubbaal (d. h. Gideon; vgl. Ri 6,32; 7,1 ) auf die Königswürde verzichtete, lebte er doch im allgemeinen wie ein König ( er hatte viele Frauen, die ihm 70 Söhne gebaren ). Er hatte auch eine Konkubine in Sichem (die charakteristischerweise bei der Familie ihrer Eltern wohnte), die ihm einen Sohn ... namens Abimelech gebar . Dieser setzte die nächste Spiralbewegung nach unten in der Geschichte des israelitischen Abfalls in Bewegung, einer Spiralbewegung, die nach dem Tod Gideons begann.



6. Die Richterämter Tolas und Jars, die dem widerrechtlichen Königtum Abimelechs folgten
(
8,33-10,5 )


Es ist vielleicht bezeichnend, daß keine der restlichen Richterämter, die im Buch der Richter noch erwähnt werden, eine Zeit des Friedens nach sich zogen (vgl. im Gegensatz 3,11.30; 5, 31; Ri 8,28 ). Dies scheint die allgemeine Situation des fortschreitenden politischen und sozialen Abfalls und moralischen Verfalls in diesem Buch zu bestätigen. Der Anlaß, der die Phase des Abfalls in der Zeit der Richter ins Rollen brachte, war das schlechte Königtum Abimelechs. Abimelech, ein Sohn Gideons von dessen Konkubine, wird nicht als Richter bezeichnet. Tatsächlich beinhaltete seine Herrschaft einige Elemente der Unterdrückung, die nur durch seinen Tod und das darauffolgende gute Richteramt Tolas (der in derselben Gegend des zentralen Gebirges lebte) beendet wurde.



a. Der Abfall Israels
(
8,33-35 )


Ri 8,33-35


Als ob es schon darauf gewartet hätte, brachte Gideons Tod Israels sofortige Rückkehr zum Götzendienst mit sich (vgl. Ri 2,19 ). Anstatt Jahwe aus Dankbarkeit für all seine Befreiungstaten zu dienen, machten sie Baal-Berit, der einen Tempel in Sichem besaß ( Ri 9,3-4.46 ), zu ihrem Gott. Das gleichzeitige Versäumnis, ihre Dankbarkeit gegenüber der Familie des Jerubbaal (Gideon; vgl. Ri 6,32; 7,1; 8,29 ) zu erweisen, mag zu der offensichtlichen Unbekümmertheit beigetragen haben, mit der dessen Söhne von Abimelech umgebracht wurden ( Ri 9,5 ).



b. Die Knechtschaft unter Abimelech
( Ri 9 )


(1) Die Verschwörung Abimelechs in Sichem ( Ri 9,1-6 )

Ri 9,1


Interessanterweise wird Gideon in Kapitel 9 immer Jerubbaal und nie Gideon genannt (vgl. den Kommentar zu "Jerubbaal" in Ri 6,32 ). Abimelech war ein Sohn Gideons von einer Konkubine ( Ri 8,31 ), also einer Zweitfrau, die bei ihrer eigenen Familie lebte und ab und zu von ihrem Mann besucht werden konnte. In dieser sozialen Umgebung wurde Abimelech sicherlich von seinen Halbbrüdern gemieden (vgl. seine Vergeltungsmaßnahme in Ri 9,5 ), jedoch von der Familie seiner Mutter, die in Sichem lebte, akzeptiert.

Die Stadt Sichem war seit der Zeit Abrahams ein bedeutendes religiöses Zentrum gewesen ( 1Mo 12,6-7 ). Sie lag in dem engen Tal zwischen den bekannten Gebirgen Garizim und Ebal, dem Ort der Verlesung der Segnungen und Flüche des Gesetzes unter Josua ( Jos 8,30-35 ) der späteren Bundeserneuerungszeremonie vor Josuas Tod ( Jos 24,1-28 ). Sichem lag an einer strategischen Kreuzung zwischen einer Straße entlang dem Breitengrad, die von der Küstenroute im Westen ausging und sich bis nach Adam am Jordan erstreckte, und einer Straße entlang dem Längengrad, die längs der Gebirgskette von Jerusalem im Süden bis zum Nordende des Tales Jesreel führte.

 

Ri 9,2-5


(1) Die Verschwörung Abimelechs in Sichem ( Ri 9,1-6 )

Abimelech sprach seine sichemitischen Stammesbrüder an, indem er sich den Bürgern von Sichem anstelle einer gemeinsamen Regierung der Söhne Jerubbaals anbot, die vielleicht weder den Wunsch noch die Anhängerschaft hatten, um Könige zu sein. Abimelech bekam etwas Silber aus dem Tempel des Baal-Berit ausgehändigt, um damit ruchlose und verwegene Abenteurer anzuwerben, die zu seiner persönlichen Truppe wurden. Ihre erste Aufgabe war es, die 70 Brüder Abimelechs auf einem Stein zu ermorden und somit eine öffentliche Massenexekution zu veranstalten. Bedeutsamerweise entkam Jotam, Gideons jüngster Sohn .



Ri 9,6


(1) Die Verschwörung Abimelechs in Sichem ( Ri 9,1-6 )

Nach der erfolgreichen Beseitigung aller potentiellen Konkurrenten (oder war Abimelechs wahres Motiv persönliche Rache?) wurde Abimelech von den gewöhnlichen Bürgern von Sichem und von der Oberschicht, die in dem Stadteil wohnte, der den Namen Millo ("Haus der Festung") trug, zum König gekrönt. Die Krönung fand bei einem großen Baum (vielleicht einem wohlbekannten heiligen Baum; vgl. 1Mo 12,6; 35,4 ) an einer Säule (vgl. Jos 24,26 ) statt. Es ist zweifelhaft, ob Abimelechs Herrschaft viel weiter als bis zu einigen Städten in der Nachbarschaft Sichems reichte.



Ri 9,7


(2) Die Antwort Jotams an die Sichemiter ( Ri 9,7-21 )

Gideons jüngster Sohn Jotam, der dem Massaker Abimelechs entkommen war (V. 5 ), stieg mutig auf den Gipfel des Berges Garizim im Südwesten der Stadt und rief zu den Bürgern von Sichem hinüber. Wahrscheinlich sprach er von einem spitz zulaufenden Felsvorsprung auf einer Seite des Garizim herab, der eine natürliche Kanzel bildete, von der man bis zum Berg Ebal auf der anderen Talseite gehört werden konnte. Jotams Rede ist wegen ihrer Form und ihres Inhaltes bemerkenswert, da sie die erste der wenigen Fabeln (eine kurze Geschichte, in der Tiere oder tote Gegenstände personifiziert werden) in der Bibel ist. Ihre Absicht war es, die Sichemiter aufzufordern, sich vor Gott dafür zu verantworten ( Höret mich an ... damit euch Gott auch hört ), daß sie den unwürdigen Mörder Abimelech als König angenommen hatten.



Ri 9,8-15


(2) Die Antwort Jotams an die Sichemiter ( Ri 9,7-21 )

Die Hauptaussage des Gleichnisses Jotams war, daß nur unwürdige Leute danach trachten, über andere zu herrschen, da würdige Personen viel zu sehr mit nutzvollen Aufgaben beschäftigt sind, um nach Machtpositionen zu trachten. Die Aussage der Parabel ist klar. Die Bäume suchten einen König, wurden jedoch auf ihre Anfrage (a) vom Ölbaum (V. 8 ), dem ältesten Baum, der damit beschäftigt ist, Öl zu produzieren, das Götter und Menschen preisen (V. 9 ), als auch (b) vom Feigenbaum (V. 10 ), dem verbreitetsten Baum in Israel, dessen Früchte zu den Hauptnahrungsmitteln gehören (V. 11 ), und (c) vom Weinstock (V. 12 ), aus dessen Trauben Wein hergestellt wird, der sowohl Götter (d. h. als Trankopfer) als auch Menschen erfreut (V. 13 ), abgewiesen. Aus lauter Verzweiflung baten die Bäume den Dornbusch (der Kreuzdorn oder Brombeerstrauch wurde in den Wüstengegenden Palästinas benutzt, um Herdfeuer anzuzünden) ihr König zu sein (V. 14 ). Die wirkliche Annahme des Dornbusches setzte voraus, daß sich die Bäume in seinem Schatten bergen sollten (V. 15 ). Jotam sprach hier mit bitterster Ironie, denn der kümmerliche Dornbusch am Fuße der anderen Bäume wirft kaum Schatten. Die Gefahr, daß Feuer aus dem Dornbusch kommen konnte, war nicht abwegig, da die Bauern stets wilde Feuer befürchteten, die sich schnell im trockenen Geäst der Dornbüsche ausbreiten konnten.



Ri 9,16-20


(2) Die Antwort Jotams an die Sichemiter ( Ri 9,7-21 )

Jotam erklärte dann das Bildnis des unwürdigen "Strauchkönigs"Abimelech, um die Sichemiter dafür zu tadeln, daß sie einen unwürdigen Führer gewählt hatten. Dieser Tadel wurde dann auch zum Fluch (V. 20 ; vgl. V. 57 ). Jotam begann den Tadel mit drei Bedingungssätzen (V. 16 ). Nach einer Parenthese (V. 17 - 18 ), die die guten Taten Gideons und die bösen Taten Abimelechs herausstellte, sprach Jotam den Tadel erneut aus: Wenn ihr ehrenhaft und dankbar gegenüber Jerubbaal (d. h. an Gideon) gehandelt habt ..., "so seid fröhlich über Abimelech, und er sei fröhlich über euch" (V. 19 ). Doch sollte das Gegenteil zutreffen (was offensichtlich Jotams Annahme war), so sollten die Sichemiter und Abimelech von Feuer verzehrt werden. Diese Aussage wird in Vers 57 speziell als Fluch ausgedrückt.



Ri 9,21


(2) Die Antwort Jotams an die Sichemiter ( Ri 9,7-21 )

Es liegt auf der Hand, daß die Sichemiter auf den Tadel Jotams negativ reagierten, denn er floh nach Beer ("Brunnen"), was eine häufige Ortsbezeichnung in Israel war, so daß ein Versuch der Identifizierung reine Mutmaßung wäre.



Ri 9,22-25


(3) Der Aufstand der Sichemiter unter Gaal ( Ri 9,22-29 )

Drei Jahre unter der Regierung Abimelechs führten zu einem Aufstand der Sichemiter. Ein böser (dämonischer) Geist wurde von Gott gesandt, um den Fluch Jotams zu erfüllen und Neid oder Mißtrauen unter den Sichemitern zu erwecken, die Hinterhalte auf den Berghöhen legten und die Karawanen und andere Reisende auf den wichtigen Handelsstraßen, die an Sichem vorbeiführten, überfielen. Dies verringerte die Zahl der Reisenden, und Abimelech gewann weniger Einnahmen aus Tribut- und Zollabgaben. Daß Gott einen bösen Geist, einen Dämon, sandte, beweist, daß er allein über das ganze Universum herrscht. Selbst Satan konnte Hiob nicht ohne Gottes Erlaubnis angreifen ( Hi 1,12;2,6 ).



Ri 9,26-29


(3) Der Aufstand der Sichemiter unter Gaal ( Ri 9,22-29 )

Der undisziplinierte Pöbel Sichems fand einen neuen Anführer in Gaal, dem Sohn Ebeds , der mit seinen Brüdern (vielleicht seine persönlichen Söldner oder ein eigenes Heer) in Sichem einzog. Zur Zeit der Weinernte (Juni/Juli) hielten die Sichemiter ein heidnisches religiöses Fest ab, das mit dem israelitischen Erntedank- oder Laubhüttenfest, das im September/Oktober stattfand (vgl. 5Mo 16,13-15 ), vergleichbar war, wenn es auch schon länger bestand. Bei dieser Gelegenheit verfluchten sie Abimelech und hörten auf Gaal, der Abimelech und Sebul, dessen Abgesandten, der Statthalter von Sichem war ( Ri 9,30 ), verhöhnte. Gaal rief sie dazu auf, den Leuten Hamors , des Stammvaters ihrer Sippe ( 1Mo 34,26 ), lieber zu dienen als dem halbwüchsigen Abimelech. Dies läßt darauf schließen, daß ein großer Teil des Pöbels von Sichem aus Kanaanitern bestand. Gaal forderte den nicht anwesenden Abimelech kühn auf: Rufe dein Heer zusammen!



Ri 9,30-33


(4) Der Vergeltungsschlag Abimelechs gegen Gaal ( Ri 9,30-49 )

Sebul (vgl. V. 28 ), der Statthalter der Stadt, war über den aufsässigen Gaal erzürnt. Deshalb warnte er Abimelech, der im nahen Aruma (V. 41 ), möglicherweise dem heutigen Khirbet el-Urma zwischen Sichem und Silo, wohnte, damit dieser seine Truppen während der Nacht bringen und bei Sonnenaufgang gegen die Stadt ziehen und Gaal töten solle.



Ri 9,34-41


(4) Der Vergeltungsschlag Abimelechs gegen Gaal ( Ri 9,30-49 )

Abimelech zog nach Sichem, teilte seine Truppen in vier Kompanien ein und begann bei Sonnenaufgang gegen die Stadt zu marschieren. Als Gaal ihren frühmorgendlichen Marsch bemerkte, behauptete Sebul, es seien nur die Schatten der Berge. Doch Gaal bestand darauf, daß es Männer seien, die aus der Mitte des Landes kämen (wörtlich: "dem Nabel des Landes", wahrscheinlich ein Hinweis auf den Garizim, der in der Mitte des zentralen Gebirges liegt). Die Zaubereiche war vielleicht die Eiche von More ( 1Mo 12,6 ). Als er Gaal nicht länger täuschen konnte, trieb ihn Sebul dazu an, seine Streitkräfte außerhalb der schützenden Stadtmauern zu führen, um gegen die Truppen Abimelechs zu kämpfen. Nach seiner ganzen Prahlerei hatte Gaal keine andere Wahl, als sich an dem Gefecht zu beteiligen und die, die ihm von Sichem gefolgt waren, wurden von Abimelech vollkommen besiegt. Dann kehrte Abimelech nach Aruma zurück, während die Bürger Sichems, die Sebul anhingen, Gaal und seine Brüder aus Sichem vertrieben.



Ri 9,42-45


(4) Der Vergeltungsschlag Abimelechs gegen Gaal ( Ri 9,30-49 )

Dennoch war der Zorn Abimelechs nicht verflogen, und die Furcht vor einem weiteren Aufstand der Bewohner von Sichem veranlaßte ihn dazu, die Menschen aus dem Hinterhalt zu überfallen , während sie auf den Feldern arbeiteten. Zwei Mannschaftstruppen schlachteten die Menschen ab, während Abimelech das Stadttor mit einer dritten Truppe sicherte. Gegen Abend hatte er die Stadt eingenommen, sie zerstört und ihre Bewohner umgebracht. Dann streute er Salz darauf . Das sollte ein Symbol für die Verurteilung zur Unfruchtbarkeit sein, damit die Stadt auf ewig unfruchtbar bliebe (vgl. 5Mo 29,22; Jer 17,6 ). Die Archäologie hat diese Zerstörung Sichems im zwölften Jahrhundert v. Chr. bestätigt. Sichem blieb eine Ruine, bis Jerobeam die Stadt als seine Hauptstadt wieder aufbaute ( 1Kö 12,25 ).



Ri 9,46-49


(4) Der Vergeltungsschlag Abimelechs gegen Gaal ( Ri 9,30-49 )

Diese Verse erläutern möglicherweise ein Ereignis, das sich während der zuvor in Vers 45 berichteten Zerstörung innerhalb der Stadt abspielte und wäre dann kein nachfolgendes Ereignis außerhalb der zerstörten Stadt. Die Sichemiter hatten entweder von der Tötung der Menschen auf den Feldern (V. 43-44 ) oder von der Eroberung des Stadttores (V. 44 ) gehört. Sie hatten sich in den Turm von Sichem zurückgezogen (es handelt sich hier möglicherweise um den in V. 6 erwähnten Millo) und sich in dem Gewölbe des Tempels von Baal-Berit , vgl. V. 4 ) in Sicherheit gebracht, der möglicherweise einen Teil des Turmes von Sichem darstellte. Abimelech und seine Soldaten hackten Äste vom Berg Zalmon (es handelte sich hierbei entweder um den Berg Garizim oder um den Berg Ebal) und setzten sie über dem Gewölbe in Brand, so daß etwa 1000 Männer und Frauen ... starben .



Ri 9,50-55


(5). Der schändliche Tod Abimelechs in Tebez

Abimelech belagerte als nächstes Tebez und nahm die Stadt ein, womit möglicherweise das heutige Tubas gemeint ist, das sich etwa 15 km nordöstlich von Sichem auf der Straße nach Bet-Schean befindet. Diese Stadt war offensichtlich ein von Sichem abhängiges Gebiet, das unter Abimelechs Herrschaft an dem Aufstand teilgenommen hatte. Abimelech machte den Versuch, hier genauso wie in Sichem vorzugehen und an den Turm (innerhalb der Stadt), zu dem sich die Menschen geflüchtet hatten, Feuer zu legen. Aber eine Frau warf ihm einen Mühlstein auf den Kopf und zermalmte ihm den Schädel . Der "Mühlstein" war entweder ein zylinderförmiger Stein von einer Handmühle (etwa 20 bis 25 cm lang und von einer gewissen Dicke) oder der große Stein einer normalen Mühle (etwa 30 bis 45 cm im Durchmesser mit einem Loch in der Mitte und von einer gewissen Dicke). Als Abimelech starb, befahl er (wie später Saul, 1Sam 31,4 ) seinem Waffenträger, ihn zu töten . Abimelech wollte verhindern, daß man sagte, daß ihn eine Frau umgebracht habe. Alle, die Abimelech gefolgt waren (hier wird deutlich, daß es sich hierbei um Israeliten handelte), gingen nach Hause, als sie sahen, daß er tot war.



Ri 9,56-57


(6) Jotams Fluch erfüllt sich

Der Erzähler berichtet hier von der göttlichen Vorhersehung hinter der Zerstörung Sichems und dem Tod Abimelechs: Gott vergalt die Bosheit, die Abimelech gegen Gideon und seine Familie verübt hatte; Gott ließ die Männer von Sichem für all ihre Bosheit bezahlen. So ging der Fluch Jotams, des Sohnes Gideons, in Erfüllung (vgl. V. 20 ).



c. Die Errettung unter Tola und Jar
(
10,1-5 )


Tola und Jar befanden sich unter den sogenannten "kleinen Richtern", aber sie waren bei der Errettung Israels in der Zeit vor der Monarchie nicht von geringerer Bedeutung. Das Richteramt Tolas war im besonderen eine Gegenmaßnahme, um dem Niedergang unter Abimelech entgegenzuwirken. Jar ging mit seinem Richteramt in Gilead geographisch gesehen dem Richteramt des nächsten großen Richters, nämlich Jeftah, voraus.

Ri 10,1-2


Da Tola , der Retter im Gebirge Ephraim, ein Mann Issachars war, könnte seine Herrschaft den benachbarten Stamm Manasse mitbetroffen haben, wo Abimelech sein kleines Königtum errichtet hatte. Da hier keine fremden Unterdrücker erwähnt werden, könnte Tolas Errettung ( er stand auf, um Israel zu erretten ) mit inneren Streitigkeiten und dem traurigen Stand der Dinge (wozu auch die Herrschaft Abimelechs zählte) zusammenhängen, die auf den positiven Einfluß durch Gideon folgten. Tola war 23 Jahre Richter über Israel, bevor er starb. Es bleibt unklar, wo die Gegend von Schamir , dem Ort, an dem er gewohnt hatte und begraben worden war, lag.



Ri 10,3-5


Nach der Zeit, in der Tola Richter gewesen war, führte Ja´r Israel 22 Jahre in Gilead an, also in der Gegend jenseits des Jordans im Gebiet Manasses. Seine edle Stellung wird an seiner großen Nachkommenschaft von 30 Söhnen offenbar, die jeder einen Esel als Statussymbol besaßen (vgl. Ri 12,14 ). Die "Dörfer Ja´rs" (Hawot-Ja´r) waren eine Gruppe von Ortschaften in Baschan, die ihren Namen von einem früheren Jar erhalten hatten ( 4Mo 32,41; 5Mo 3,14 ). Sie hatten Bestand, denn sie waren in den Tagen des Verfassers des Richterbuches noch immer vorhanden. Das Grab Jars, Kamon , könnte das heutige Qamm in Gilead sein.

 

7. Die Befreiung von der Unterdrückung durch die Ammoniter durch Jeftah
(
10,6-12,7 )


Ri 10,6-16 ist offensichtlich eine ausführliche theologische Einführung in die Richterzeit von Jeftah ( Ri 10,17- Ri 12,7 ) und Simson ( Ri 13-16 ), denn bei den Unterdrückern, die in Ri 10,7 eingeführt werden, handelt es sich gleichzeitig um die Ammoniter (im Osten) und um die Philister (im Westen).



a. Der Abfall Israels
(
10,6 )


Ri 10,6


Die zahlenmäßige Übereinstimmung zwischen den sieben Gruppen der heidnischen Götter (V. 6 ) und den sieben Nationen, die Israel unterdrückten (V. 11-12 ), ist bemerkenswert. Die Baale und die Astarten waren, wie bereits zuvor bemerkt worden ist, die Götter der Kanaaniter (vgl. Ri 2,13 ). Zu den Göttern von Aram gehörten auch Hadad oder Rimmon ( 2Kö 5,18 ), während die Götter von Sidon der phönizische Baal und die Aschera waren (vgl. 1Kö 16,31-33; 18,19 ). Moabs oberster Gott war Kemosch (vgl. 1Kö 11,7.33; 2Kö 23,13 ), der oberste Gott der Ammoniter Milkom oder Moloch ( 1Kö 11,33; Zeph 1,5 ) und der oberste Gott der Philister war Dagon ( Ri 16,23 ). Die Israeliten verehrten diese Götter der Nationen, die in ihrer nächsten Umgebung lebten, und verließen deshalb den Herrn und dienten ihm nicht länger.



b. Das Elend unter den Ammonitern
(
10,7-9 )


Ri 10,7-9


Wieder züchtigte der Herr sein Volk, das vom Weg abgeirrt war, durch fremde Unterdrücker - die Philister im Westen (womit auf die Erzählung von Simson in Ri 13-16 hingedeutet wird) und die Ammoniter im Osten, die Israel 18 Jahre lang unterdrückten.

Ammon war ein Königtum jenseits des Jordans, nordöstlich von Moab, das zur Zeit Ehuds mit Eglon von Moab verbündet war ( Ri 3,13 ).

Die Ammoniter unterdrückten Gilead, das Gebiet jenseits des Jordans, das im Süden von dem Stamm Gad und im Norden von dem halben Stamm Manasse bewohnt war. Die Ammoniter zogen auch über den Jordan. Möglicherweise überfielen sie Juda, Benjamin und das Haus Ephraim (also das Gebiet der zentral gelegenen Hochebenen) immer wieder.

 

 

c. Die Buße Israels
(
10,10-16 )


Ri 10,10-16


Früher war Israels Schreien zum Herrn nicht unbedingt ein Anzeichen für ihre Buße über ihre Sünde gewesen (vgl. Ri 3,9.15; 4,3 ). Zur Zeit der midianitischen Invasionen hatte der Herr einen Propheten gesandt, um sie darauf hinzuweisen, wie nötig sie die Buße hatten ( Ri 6,7-10 ). Bei diesem Anlaß jedoch zeigten die Israeliten echte Reue, indem sie zuerst ihre Sünden bekannten ( wir haben gegen dich gesündigt ) und dann, nachdem der Herr sie zurechtgewiesen hatte ( laßt doch die Götter, die ihr euch erwählt habt, euch erretten ), standhaft an ihrem Sündenbekenntnis festhielten und Anstalten machten, die fremden Götter wegzuschaffen und dem Herrn zu dienen. Seine Gnade gegenüber dem Elend Israels brachte ihn dazu, daß er Jeftah als Retter aufstehen ließ. Der Begriff die Maoniter ( Ri 10,12 ) kann sich auf die Midianiter (vgl. V. 12 , LXX) oder auf eine Gruppe beziehen, die von einem Maon (ein kanaanitischer Name) abstammte.



d. Jeftah rettet das Volk
(
10,17-12,6 )


(1) Die Wahl Jeftahs durch die Obersten von Gilead ( Ri 10,17-11,11 )

Ri 10,17-11,6


Als Reaktion auf die ammonitische Invasion von Gilead versammelten sich die Israeliten und lagerten sich bei Mizpa (möglicherweise handelt es sich um Ramat-Mizpe [Khirbet Jalad, das knapp 25 km nordöstlich von Rabbat-Ammon (Rabba, die Stadt der Ammoniter), also des heutigen Ammans, liegt] oder um Ramot in Gilead [Tell Ramit, etwa 65 km nördlich von Rabbat-Ammon]). Die erste Aufgabe bestand für Israel darin, nach einem militärischen Befehlshaber Ausschau zu halten. Sie wandten sich an Jeftah ( Ri 11,4-6 ), einen bekannten Führer, dessen bisherige Familiengeschichte in Ri 11,1-3 zusammengefaßt wird. Wie Abimelech (vgl. Ri 9 ) war Jeftah möglicherweise ein Halbkanaaniter ( seine Mutter war eine Hure ). Er war von seinen Halbbrüdern von zu Hause vertrieben worden ( Ri 11,2 ). Im Lande Tob (möglicherweise nördlich von Ammon und östlich von Manasse) versammelte er eine Schar von Abenteurern um sich (V. 3 , womit möglicherweise eine "Räuberbande" gemeint ist).

 

Ri 11,7-11


(1) Die Wahl Jeftahs durch die Obersten von Gilead ( Ri 10,17-11,11 )

Die Ältesten von Gilead hielten an ihrem Wunsch trotz der Vorwürfe Jeftahs fest (V. 8 ). Sie untermauerten ihr Versprechen, daß sie Jeftah zu ihrem Anführer über Gilead machen wollten, nachdem er einen militärischen Sieg errungen hatte, indem sie einen feierlichen Eid vor dem Herrn als ihrem Zeugen ablegten (V. 10 ). Dann folgte eine offizielle Schwurzeremonie bei Mizpa. Im Gegensatz zu Gideon, der vom Herrn in sein Richteramt berufen worden war, wurde Jeftah zuerst von Menschen berufen. Dennoch wurde der Herr angerufen, Zeuge ihrer Wahl zu sein (V. 10-11 ), und er ließ seinen Geist über Jeftah kommen, damit er den Sieg erlangen konnte (V. 29 ).



Ri 11,12-13


(2) Die Diplomatie Jeftahs beim Umgang mit dem König der Ammoniter ( Ri 11,12-28 )

Es überrascht, daß Jeftahs erster Schritt als Herrscher über Gilead darin bestand, den Konflikt auf nicht-militärischem Wege zu lösen. Mittels Boten fragte er den König der Ammoniter, warum er Gilead angegriffen hatte. Die Antwort des Königs kam in Form einer Anschuldigung: Als Israel aus Ägypten heraufgekommen war, hat Israel mir mein Land weggenommen - eine Aussage, dessen Unwahrheit Jeftah beweisen wollte (V. 14-27 ). Dennoch bot der ammonitische König Jeftah für die Rückgabe des Landes den Frieden an. Der Arnon und der Jabbok waren die Flüsse, die die südliche und nördliche Grenze Ammons bildeten. Südlich des Arnon befand sich Moab. Der Arnon fließt in das Tote Meer und der Jabbok in den Jordan.



Ri 11,14-22


(2) Die Diplomatie Jeftahs beim Umgang mit dem König der Ammoniter ( Ri 11,12-28 )

Jeftah brachte seine Kenntnis der Geschichte Israels zur Anwendung (die er entweder aus mündlicher oder schriftlicher Quelle besaß), um die Behauptung des ammonitischen Königs zurückzuweisen. Beiläufig machte Jeftah deutlich, daß Israel sich in die Weigerung Edoms (vgl. 4Mo 20,14-21 ) und Moabs gefügt hatte, sie durch ihr Land ziehen zu lassen ( Ri 11,17-18 ). Als aber Israel die Grenzen Edoms und Moabs umrundet und sich auf der anderen Seite des Arnon gelagert hatte (die gewöhnlichere nördliche Grenze Moabs), weigerte sich Sihon, der König der Amoriter ebenfalls, Israel in nordöstlicher Richtung zum Jordan durch sein Gebiet ziehen zu lassen und kämpfte gegen sie. Der Herr schenkte Israel den Sieg, und sie nahmen das ganze Land der Amoriter in Besitz, ... vom Arnon bis zum Jabbok - das Land, um das sich nun die Ammoniter und die Gileaditer stritten (vgl. V. 13 ). Dieses Gebiet war wirklich das südliche Gilead (das übrige des Landes Gilead befand sich nördlich des Jabbok), und sein südlicher Teil (vom Arnon bis zu einer Linie, die sich vom nördlichen Ende des Toten Meeres in östlicher Richtung erstreckte) war zeitweilig in moabitischer Hand.


Ri 11,23-24


(2) Die Diplomatie Jeftahs beim Umgang mit dem König der Ammoniter ( Ri 11,12-28 )

Daraufhin führte Jeftah an, daß der Herr Israel dieses Land gegeben hatte. Er schloß diesen Punkt in seiner Argumentation, indem er andeutete, daß Ammon mit dem Land zufrieden sein solle, das ihr Gott Kemosch ihnen gegeben hatte und Israel nicht das Land streitig machen solle, das der Herr ihnen gegeben hatte. In der Geschichte war Kemosch der Gott der Moabiter und Milkom (oder Moloch) der Gott der Ammoniter. Aber Jeftah schien hier auf den Gott des Landesteiles Bezug zu nehmen, der früher einmal den Moabitern gehört hatte, bevor Sihon Moab in das Gebiet südlich des Arnon verdrängt hatte. Eine andere Erklärung wäre die, daß sich die Moabiter für diesen Angriff auf Gilead mit den Ammonitern verbündet hatten, so daß sich Jeftah bei diesem Punkt seiner Argumentation wirklich an die Moabiter gewandt hatte. Eine dritte Möglichkeit wäre folgende: Die Ammoniter hatten die Verehrung Kemoschs zu dieser Zeit übernommen.



Ri 11,25-27


(2) Die Diplomatie Jeftahs beim Umgang mit dem König der Ammoniter ( Ri 11,12-28 )

Jeftah argumentierte auch dahingehend, daß Balak, der König von Moab, dem ein Teil des fraglichen Gebietes gehört hatte, zugestimmt hatte, daß Israel auf dieses Gebiet ein Anrecht hatte. In der Tat hatte, so führte Jeftah an, das Land zur Zeit der ammonitischen Invasion 300 Jahre lang Israel gehört, ohne daß eins der Völker, die im Umkreis gewohnt hatten, darauf einen Anspruch erhoben hatte. So bestritt Jeftah, daß von Israels Seite in irgendeiner Weise Unrecht gegen Ammon begangen worden war. Ammon hatte falsch gehandelt, indem sie gegen Israel gestritten hatten.



Ri 11,28


(2) Die Diplomatie Jeftahs beim Umgang mit dem König der Ammoniter ( Ri 11,12-28 )

Jeftahs Versuch, den Streit auf diplomatischem Wege beizulegen, hatte keinen Erfolg, denn der König von Ammon achtete nicht auf seine Botschaft.



Ri 11,29


(3) Der Herr rüstet Jeftah mit Vollmacht aus

Wenn der Geist des HERRN über Jeftah kam , so diente das dazu, daß dieser von Gott in seiner militärischen Führung gegen die heidnischen Unterdrücker, die der Herr gebraucht hatte, um sein Volk zu züchtigen (vgl. Ri 3,10; 6,34; 13,25; 15,14 ), zu seiner Aufgabe befähigt wurde. Die Gegenwart des Heiligen Geistes bei den Führern des AT war hauptsächlich dafür da, daß diese ihren Dienst für Gott tun konnten, und nicht im besonderen dafür, daß sie ein geheiligtes Leben führen konnten. Daher stand die Gegenwart des Geistes bei Jeftah nicht notwendigerweise mit seinem Gelübde oder seiner Erfüllung in Beziehung, von dem in den folgenden Versen berichtet wird. Jeftahs Durchzug durch Gilead und Manasse diente offensichtlich der Rekrutierung von Männern für seine Armee.



Ri 11,30-31


(4) Jeftah legt dem Herrn ein Gelübde ab

Die Tatsache, daß Jeftah dem HERRN ein Gelübde ablegte , war im mosaischen Zeitalter nicht ungewöhnlich. Vielleicht hatte Jeftah das Gelübde in der Vorausschau des Dankes für den von Gott geschenkten Sieg über die Ammoniter abgelegt. Während das Gelübde Jeftahs Hingabe und Ernst deutlich machten, sind manche Ausleger der Meinung gewesen, daß sie zugleich seine Voreiligkeit zeigen. Manche Ausleger haben versucht, Jeftah vor diesem Vorwurf zu schützen, indem sie Vers 31 folgendermaßen übersetzt haben: "der soll dem Herrn gehören, oder ich werde ihn als Brandopfer darbringen". Es ist jedoch wahrscheinlicher, daß Jeftahs Absicht war: Ich will ihn als Brandopfer darbringen .

 

Ri 11,32-33


(5) Der Sieg Jeftahs über Ammon

Gott erfüllte Jeftahs Bitte und gab die Ammmoniter in seine Hand. Jeftah zerstörte zwanzig von den Ammonitern besetzte Städte in Gilead und überwältigte Ammon auf diese Weise. AroÙr (Kirbet Arair) lag etwa 23 km östlich des Toten Meeres, nahe der Unterbrechung des Arnon, oder der südlichen Grenze von Ruben und der "Königsstraße" auf der großen Nord-Süd-Handelsroute.

Mit Abel-Keramim könnte Naur gemeint sein, das etwa 13 km südwestlich von Rabbat-Ammon (od. Rabba, die Stadt der Ammoniter, dem heutigen Amman) entfernt lag. Es ist nicht bekannt, wo Minnit lag. Man kann jedoch vermuten, daß es sich in der Nähe von Abel-Keramim befand.



Ri 11,34-40


(6) Jeftah und seine Tochter

Der siegreiche Jeftah traf an der Tür seines Hauses auf seine Tochter , die gerade den Sieg ihres Vaters über Ammon feierte. Es wird hier besonders hervorgehoben, daß sie sein einziges Kind war. Jeftah, der an die Erfüllung seines Gelübdes dachte, verlieh seinem großen Verdruß und seinem Kummer auf für den Nahen Osten typische Weise Ausdruck, indem er seine Kleider zerriß (vgl. z. B. 1Mo 37,29.34; 44,13; Jos 7,6; Est 4,1; Hi 1,20;2,12 ). Seine Aussage: Ich habe dem HERRN ein Gelübde abgelegt, das ich nicht brechen kann könnte darauf hindeuten, daß er nichts von der im Gesetz verankerten Möglichkeit wußte, Menschen (mit Silber) auszulösen, die auf diese Weise dem Herrn geweiht waren (vgl. 3Mo 27,1-8 ). Das mosaische Gesetz verbot zudem ausdrücklich Menschenopfer (vgl. 3Mo 18,21; 20,2-5; 5Mo 12,31; 18,10 ). Daher schließen viele Ausleger, daß Jeftah, wenn er an ihr handelte, wie er gelobt hatte ( Ri 11,39 ), das Los von seiner Tochter umwandelte, so daß sie nicht mehr ein Brandopfer war, sondern ihr ganzes Leben lang als Jungfrau im Dienst beim großen Heiligtum Israels dienen sollte. Andere Ausleger vertreten die Auffassung, daß das halbheidnische Umfeld und seine Gebräuche ihn dazu verleiteten, sie als ein Brandopfer darzubringen. Wichtige Argumente sind zugunsten beider Ansichten vorgebracht worden (vgl. Wood, Distressing Days of the Judges , S. 288 - 295; Merrill F. Unger, Unger's Commentary on the Old Testament , 2 Bde, Chicago 1981, 1/331).

Die meisten Argumente, die für oder gegen die Opferung von Jeftahs Tochter als Menschenopfer vorgebracht werden, können zur Verteidigung beider Ansichten vorgebracht werden und sind daher nicht schlüssig. So paßt zum Beispiel der Kummer sowohl von Jeftah als auch von seiner Tochter gut sowohl zu ihrem Tod als auch zu ihrem immerwährenden Jungfrauenstatus. In beiden Fällen würde sie (früher oder später) kinderlos sterben, und Jeftah bekam keine Nachkommen. Ihre Bitte, zwei Monate umherzustreifen ... und weinen zu können, weil sie niemals heiraten würde , könnte eines der wichtigeren Argumente für die Annahme sein, daß sie ihr Leben lang als Jungfrau dienen sollte. Es könnte jedoch auch bedeuten, daß sie in Erwartung ihres Todes klagte. In diesem Fall würde sie natürlich auch keine Kinder bekommen können. Jeftah hatte zwar sein Gelübde übereilt geleistet, aber er wußte möglicherweise von den Verboten des mosaischen Gesetzes, einen Menschen zu opfern. Aber sein halbheidnischer Hintergrund mit dem allgemeinen Geist der Gesetzlosigkeit, der zur Zeit der Richter vorherrschte (vgl. Ri 17,6; Ri 21,25 ), könnte eine plausible Erklärung dafür sein, daß er sein Gelübde erfüllte. Der Bericht des am Ort üblichen, jährlich geübten Brauches, der Tochter Jeftahs zu gedenken ( Ri 11,39-40 ), liefert uns nicht genügend Informationen, um einer der beiden Ansichten den Vorzug geben zu können.

Auch wird die Frage, ob etliche junge Frauen bei der Stiftshütte ihren Dienst taten, aus den Abschnitten, die man zur Unterstützung dieser These anführt, nicht wirklich deutlich beantwortet ( 2Mo 38,8; 1Sam 2,22 ). Ebenso sind die Verse gegen die Erfüllung eines solchen Gelübdes ( 4Mo 27 ) auf diese Situation nicht unmittelbar anwendbar. Es wird dort nichts über einen Dienst für Gott als Ersatz für das Opfer gesagt - nur über den Ersatz in Form einer Geldzahlung. Da es kein deutliches Anzeichen dafür gibt, daß das Mädchen für immer als Jungfrau für den Dienst bei der Stiftshütte geweiht wurde, dürfte die natürlichere Auslegung für den Euphemismus, daß Jeftah "ihr tat, wie er gelobt hatte", die sein, daß er seine Tochter als ein Menschenopfer Opfer darbrachte.

Welche Position man auch immer vertreten mag, so ist doch die Haltung der Tochter Jeftahs bemerkenswert. Sie konnte entweder durch den Tod oder durch ihren immerwährenden Dienst beim Heiligtum keine Kinder bekommen. Das war im damaligen Israel Grund für großen Kummer. Dennoch unterwarf sie sich dem Gelübde ihres Vaters: Du hast dem HERRN dein Wort gegeben. Tu an mir, wie du gelobt hast . Ein israelitischer Brauch, der vielleicht auf eine bestimmte Gegend beschränkt war, entstand aufgrund dieses Ereignisses. Jedes Jahr zogen die jungen Frauen Israels für vier Tage aus, um der Tochter Jeftahs, des Gileaditers, zu gedenken.

 

Ri 12,1-6


(7) Die Auseinandersetzung Jeftahs mit Ephraim

Die Ephraimiter waren von den Ammonitern angegriffen worden (vgl. Ri 10,9 ), aber das Land der Ephraimiter war offensichtlich nicht wie das Land von Jeftah, dem Gileaditer, von den Ammonitern besetzt worden. Dennoch gingen die Ephraimiter gegen Jeftah vor, denn er hatte beim Kampf gegen Ammon nicht um ihre Hilfe gebeten. Im Gegensatz zu der vorsichtigen Behandlung einer ähnlichen Situation durch Gideon (vgl. Ri 8,1-3 ) versicherte Jeftah, daß sie auf seinen Aufruf nicht geantwortet hätten (allerdings gibt der Bericht keinen Aufschluß über eine solche Bitte), und auf diese Weise errang er ohne ihre Hilfe über Ammon den Sieg. Beleidigungen seitens der Ephraimiter führten dann dazu, daß sie von den Gileaditern vernichtet wurden. Die Gileaditer töteten sogar die flüchtigen überlebenden Ephraimiter, die den Jordan zu überqueren versuchten, um so nach Ephraim zurückzukehren. Die Ephraimiter konnten aufgrund ihrer Aussprache des hebr. Lautes sch leicht identifiziert werden, denn sie sprachen diesen Laut wie ein s aus. Diese Auseinandersetzung kostete die Ephraimiter 42 000 Menschen. Ein hoher Preis für ihre Eifersucht!



e. Der Tod Jeftahs
(
12,7 )


Ri 12,7


Nach dem Sieg über die Ammoniter war Jeftah sechs Jahre Führer über Israel (d. h. er richtete Israel), dann starb er.



8. Die Richter Ibzan, Elon und Abdon
(
12,8 - 15 )


Drei unbedeutendere Richter folgten Jeftah in verschiedenen Gebieten Israels.

Ri 12,8-10


Ibzan war der Führer Israels als Richter, und zwar offensichtlich von seiner Heimatstadt Bethlehem aus. Es geht hieraus nicht hervor, ob es sich dabei um Bethlehem in Juda oder um Bethlehem in Sebulon handelte (vgl. Jos 19,10.15 ). Ibzans gesellschaftliche Stellung wird aufgrund seiner großen Familie deutlich, die aus 30 Söhnen und 30 Töchtern bestand. Seine politischen Verbindungen ergeben sich aus der Tatsache, daß er dafür sorgte, daß seine Söhne und seine Töchter außerhalb seines Geschlechtes heirateten. Er richtete Israel sieben Jahre lang und starb.



Ri 12,11-12


Elon , der Sebuloniter, war zehn Jahre lang Führer über Israel. Wenn man von dem Ort absieht, an dem er begraben wurde - Ajalon (diese Stadt kann nicht identifiziert werden) im Lande Sebulon, wird nichts weiter über ihn berichtet.



Ri 12,13-15


Abdon , der aus Piraton in Ephraim stammte (dieser Ort liegt etwa 12 km westlich bis südwestlich von Sichem), hatte 40 Söhne und 30 Enkel, von denen jeder seinen eigenen Esel besaß. Dies war ein Statussymbol, das die Vornehmheit einer Familie anzeigte (vgl. den Richter Jar, dessen 30 Söhne alle einen Esel ritten; Ri 10,4 ). In der acht Jahre währenden Richterzeit Abdons ergaben sich möglicherweise Konflikte mit den Amalekitern.



9. Die Befreiung Israels von der Unterdrückung durch die Philister durch Simson
( Ri 13-16 )


a. Der Abfall Israels
(
13,1 a)


Ri 13,1 a


Israels beständige geistliche Abwärtsbewegung fand mit der siebten uns berichteten Abfallbewegung im Buch Richter ihren Höhepunkt (vgl. Ri 3,5-7.12-14; 4,1-3; 6,1-2; 8,33-35; 10,6-9 ). Dieser Abfall war eine Zeit des Götzendienstes, der bereits zuvor in Ri 10,6 beschrieben worden ist (dazu gehörten auch "die Götter der Philister"), denn eine daraus resultierende Unterdrückung durch die Philister (im Westen) wird in Ri 10,7 erwähnt und bildet das Gegenstück zu der Unterdrückung durch die Ammoniter (im Osten).



b. Das Elend unter den Philistern
(
13,1 b)


Ri 13,1 b


Der ungeheure Abfall der Israeliten und die Stärke der Philister waren die Gründe für die beispiellose Länge der Unterdrückung von 40 Jahren. Allerdings blieben die Philister bis in die ersten Jahre der Herrschaft Davids eine Bedrohung (vgl. 2Sam 5,17-25 ). Sie hatten sich bereits schon früher in Palästina angesiedelt (vgl. 1Mo 21,32-34; 26,1-18; Ri 1,18-19 ). Um 1200 v. Chr. kamen sie in großer Zahl während der Invasion der Seevölker in das Land. Sie schufen sich eine Pentapolis oder Konföderation von fünf Städten - Gaza, Askalon und Asdod auf der Küstenstraße, das von strategischer Bedeutung war, und Gat und Ekron in der Schefela bzw. dem judäischen Hügelland (vgl. Jos 13,3 ).

Als sich der Angriff der Philister ostwärts in das Land Benjamin und Juda bewegte, akzeptierten die Israeliten diese Vorherrschaft bis zur Zeit Samuels (vgl. 1Sam 7,10-14 ), ohne Widerstand zu leisten (vgl. Ri 14,4; 15,11 ).

Wie war es möglich, daß Simsons Eltern, die Daniter waren, noch immer im Sorektal lebten, wo doch der Stamm Dan schon viel früher in nördlicher Richtung weggezogen war? Offensichtlich waren einige der Geschlechter Dans zurückgeblieben und nicht mit nach Norden gezogen.

 

c. Simson rettet Israel
(
13,2-16,31 )


Es sei denn, daß die in Ri 10,10-16 geschilderte Buße auch die im Westen wohnenden Israeliten miteinschloß, die von den Philistern unterdrückt worden waren (vgl. Ri 10,7 ) - was im Hinblick auf ihre offensichtliche Anerkennung der Vorherrschaft der Philister unwahrscheinlich ist (vgl. Ri 15,11 ) - wird nichts davon gesprochen, daß Israel zu Gott schrie, bevor Gott Simson als Retter erweckte (im Gegensatz zu Ri 3,9.15; Ri 4,3; Ri 6,7; Ri 10,10 ). Weil Simson 20 Jahre lang Richter über Israel war ( Ri 15,20; Ri 16,31 ) und sein Richteramt offensichtlich im Alter von etwa 20 Jahren antrat, muß seine gesamte Lebensspanne etwa der 40jährigen Unterdrückung durch die Philister entsprechen, die noch vor seiner Geburt begann (vgl. Ri 13,5 ). Er war also ein Zeitgenosse von Samuel, der nach dem Tod Simsons die Philister mit der Hilfe Gottes unterwarf (vgl. 1Sam 7,10-14 ).

(1) Die Geburt Simsons ( Ri 13,2-24 )

Ri 13,2-5


Simsons Eltern stammten aus dem Geschlecht Dans , womit möglicherweise angedeutet werden soll, daß der größte Teil des Stammes Dan bereits nach Norden ins Huletal gezogen war (vgl. Ri 18 ), so daß sich nur ein oder zwei Geschlechter in dem Teil des Landes befanden, das ihr ursprüngliches Erbteil gewesen war. Die kinderlose Frau Manoachs von Zora wurde von dem Engel des Herrn aufgesucht. Zora, der höchste Punkt in der Schefela (Luther: Hügelland) befand sich auf einem hohen Gebirgskamm nördlich des Sorektales und etwa 23 km westlich von Jerusalem. Ursprünglich war Zora eine Stadt, die zu Juda gehörte ( Jos 15,20.33 ), war aber später dem Stamm Dan zugeteilt worden ( Jos 19,40-41 ). Bei dieser Gotteserscheinung (vgl. den Kommentar zu Ri 2,1-2 ) sagte ihr der Herr die Geburt eines Sohnes, nämlich Simsons, voraus und teilte ihr mit, daß er ein Nasiräer (Gottgeweihter) werden sollte. Ein Nasiräer (das Wort bedeutet "hingegeben" oder "geweiht") war ein Mensch, dessen Gelübde, sich für Gott abzusondern, auch einschloß, sich berauschender Getränke zu enthalten, sein Haar nicht zu schneiden und den Kontakt mit Leichen zu vermeiden ( 4Mo 6,2-6 ). Das Nasiräergelübde galt normalerweise für eine begrenzte Zeit, aber Simson sollte sein ganzes Leben lang ein Nasiräer Gottes sein ( Ri 13,7 ). Seine Mutter sollte für eine gewisse Zeit in Beziehung auf einige Forderungen auch an dem Gelübde teilhaben (V. 4.7.14 ). Simson sollte sich nicht nur als Nasiräer absondern, sondern war auch von Gott auserwählt, die Errettung Israels aus der Hand der Philister zu beginnen. Die Vollendung dieser Aufgabe sollte Samuel ( 1Sam 7,10-14 ) und David ( 2Sam 5,17-25 ) zufallen.



Ri 13,6-8


(1) Die Geburt Simsons ( Ri 13,2-24 )

Als Manoachs Frau ihm ihre Begegnung mit dem einen berichtete, den sie als Mann Gottes beschrieb, der wie ein Engel aussah, betete Manoach darum, daß der Engel noch einmal erscheinen möge, damit er ihnen mitteilen konnte, wie sie den Knaben aufziehen sollten.



Ri 13,9-18


(1) Die Geburt Simsons ( Ri 13,2-24 )

Als Antwort auf das Gebet Manoachs erschien der Engel Gottes (ein weiterer Titel für den Engel des Herrn) noch einmal, zuerst seiner Frau und dann Manoach selbst, aber er wiederholte lediglich seine früheren Anweisungen (V. 13 - 14 ). Manoach erkannte das göttliche Wesen seines Besuchers nicht ganz (V. 16 b) und lud den Boten zum Essen ein. Der Engel deutete an, daß alles dem Herrn als Brandopfer dargebracht werden sollte. Als Manoach nach dem Namen des Engels fragte, bekam er zu hören, daß dieser über sein Verständnis hinausgehe.



Ri 13,19-23


(1) Die Geburt Simsons ( Ri 13,2-24 )

Dann opferte Manoach dem Herrn auf einem Felsen zusammen mit einem Speisopfer (vgl. 3Mo 2 ) ein Ziegenböcklein (vgl. V. 15 ). Manoach und seine Frau verwunderten sich, als der Engel des HERRN in der Flamme emporfuhr, die auf dem Altar aufloderte . Manoach erkannte nun, wer der Gottesbote gewesen war und hatte jetzt Angst, daß ihnen der Tod drohte, denn sie hatten Gott gesehen (vgl. die Antwort Gideons, die ganz ähnlich lautete, Ri 6,22-23 ). Manoachs Frau dachte praktischer und wies darauf hin, daß Gott das Opfer akzeptiert hatte und die Verheißung, daß sie einen Sohn bekommen sollten, Anzeichen dafür waren, daß Gott sie nicht so bald sterben lassen würde.



Ri 13,24


(1) Die Geburt Simsons ( Ri 13,2-24 )

Die Worte des Gottesboten erfüllten sich, und Manoachs Frau gebar ... Simson (der Name ist mit dem Begriff für "Sonne" verwandt), der unter dem Segen des HERRN heranwuchs .



Ri 13,25


(2) Simson wird durch den Heiligen Geist getrieben

Eines Tages begann der Geist des HERRN Simson umzutreiben , d. h. ihm die Macht zu verleihen, mit der Rettung Israels zu beginnen. Das geschah bei Machane-Dan ("Lager Dans"; zum Ursprung des Namens vgl. Ri 18,11-12 ) zwischen Zora (der Heimat Simsons, vgl. Ri 13,2 ) und Eschtaol (einer Stadt, die etwa Ri 2,5 km östlich bis nordöstlich von Zora lag). Simson wurde später zwischen diesen beiden Städten begraben ( Ri 16,31; vgl. auch Ri 18,2.8.11 ). Wenn Simson das Volk als Richter anführte oder errettete, dann bedeutete das nicht, daß er ein Heer gegen die Philister anführte. Es bedeutete vielmehr, daß er sich allein für die Sache seines Volkes einsetzte. Seine Taten, die von Kapitel 14 an berichtet werden, lenkten die Philister davon ab, die Stammesgebiete Benjamins und Judas noch hartnäckiger anzugreifen.



Ri 14,1-4


(3) Simson heiratet eine Philisterin ( Ri 14 )

Eine der ersten Taten Simsons hinsichtlich der Philister war, daß er eine junge Philisterin zur Frau haben wollte, die in Timna wohnte (möglicherweise handelt es sich um das heutige Tell el-Bataschi, das etwa 7 km nordwestlich von Bet-Schemesch das Sorektal hinab lag). Weil die Eheverträge von den Eltern unterzeichnet wurden (vgl. 1Mo 21,21 ), bestand Simson darauf, daß seine Eltern dieses Mädchen für ihn als seine Frau gewinnen sollten. Da die Eheschließung mit einer Nichtisraelitin vom mosaischen Gesetz jedoch ausdrücklich verboten war ( 2Mo 34,16; 5Mo 7,3 ), erhoben Simsons Eltern Einwände gegen seinen Plan, eine Philisterin zur Frau zu nehmen (vgl. Ri 14,3 ). Manche anderen Völker, die in der Nähe Israels wohnten, praktizierten die Beschneidung. Nicht so die Philister. Wenn die Eltern Simsons diese Tatsache anführten, so verhöhnten sie damit die Philister.

Simsons Eltern waren zwar dagegen, daß Simson eine Philisterin zur Frau nahm, aber sie ließen ihm doch schließlich seinen Willen. Sie wußten nicht, daß dies vom HERRN kam, der einen Anlaß zur Begegnung mit den Philistern suchte . Das bedeutet nicht, daß Gott wollte, daß sein Gesetz übertreten wurde, sondern daß Gott über der Entscheidung Simsons stand, um seine Ziele zu verfolgen und um seiner Herrlichkeit willen.



Ri 14,5-7


(3) Simson heiratet eine Philisterin ( Ri 14 )

Simson nahm seine Eltern mit nach Timna hinab, damit die Hochzeit arrangiert werden konnte. Er wandte sich offensichtlich vom Weg ab und begab sich in den Weinberg von Timna, möglicherweise, damit er sich einige Trauben holen konnte. Dort wurde er von einem jungen Löwen angegriffen. Da der Geist des Herrn mit ihm war (vgl. Ri 14,19; 15,14 ), riß er den Löwen mit seinen bloßen Händen in Stücke , möglicherweise auf die Weise, wie man im Nahen Osten eine junge Ziege zerriß, wobei das Tier an den Hinterbeinen in zwei Stücke gerissen wurde. Daß er das seinem Vater und seiner Mutter nicht erzählte, läßt vermuten, daß diese nach Timna weitergezogen waren, um die Verlobung in die Wege zu leiten. Als Simson in Timna ankam, konnte er tatsächlich mit der Frau sprechen, möglicherweise zum ersten Mal (er hatte sie bisher nur "gesehen", Ri 14,2 ), und sie gefiel ihm.



Ri 14,8-9


(3) Simson heiratet eine Philisterin ( Ri 14 )

Etwas später, als die Verlobungszeit vorüber war, befand sich Simson auf dem Weg, um die Ehe mit dieser Frau einzugehen. Wieder ging er beiseite in die Weinberge, diesmal um nach dem Kadaver des Löwen zu suchen, in welchem er einen Bienenschwarm und etwas Honig entdeckte. Er kratzte den Honig heraus, um ihn zu essen, und teilte ihn mit seinen Eltern, ohne ihnen mitzuteilen, woher der Honig kam. Das Nasiräergesetz verbot den Kontakt mit einem Toten streng, aus der Absicht heraus, zeremoniell nicht unrein zu werden ( 4Mo 6,7 ). Weil überhaupt das Berühren eines Tierkadavers, selbst wenn es sich dabei um ein reines Tier handelte (mit der offensichtlichen Ausnahme bei Priestern bei ihren Amtshandlungen), einen Menschen zeremoniell unrein machte ( 3Mo 11,39-40 ), brach Simson vermutlich sein Nasiräergelübde, indem er den Honig aus dem Löwenkadaver herauskratzte. Möglicherweise brach er sein Gelübde ein zweites Mal, als er an der Hochzeitsfeier teilnahm ( Ri 14,10 ), falls er dort berauschendes Getränk zu sich genommen hat. Dennoch war vor seiner Geburt nur eine Bedingung für seine Zeit als Nasiräer im besonderen genannt worden - kein Schermesser sollte auf sein Haupt kommen ( Ri 13,5 ). Später führte die Übertretung dieses Gebotes dazu, daß Simson nicht mehr die Macht des Geistes Gottes besaß ( Ri 16,17-20 ).



Ri 14,10-14


(3) Simson heiratet eine Philisterin ( Ri 14 )

Bei der siebentägigen Hochszeitsfeier gestaltete Simson das Fest (wörtl.: "das Trinkgelage") und wurde von 30 Gefährten begleitet (typische "Freunde des Bräutigams", die offensichtlich aus der philistäischen Familie kamen). Simson gab seinen Freunden ein Rätsel auf. Das Rätsel wurde dadurch noch interessanter, daß Simson eine Belohnung von 30 leinenen Gewändern (große rechteckige Tücher, die häufig als Unterkleider getragen wurden) und 30 Kleidern (Festkleider, die oft noch verziert waren) aussetzte. Wer Simsons in poetischer Form gestelltes Rätsel lösen wollte - aus dem Fresser kam Nahrung; aus dem Starken Süßes - der mußte wissen, daß Simson den Honig aus dem Löwenkadaver gekratzt hatte.



Ri 14,15-18


(3) Simson heiratet eine Philisterin ( Ri 14 )

Die Freunde waren nicht in der Lage, das Rätsel zu lösen und bedrohten nach Verlauf dreier Tage Simsons Braut und ihre Familie mit dem Tod, wenn die Braut Simsons nicht die Antwort für sie in Erfahrung brächte. Sie nahmen an, daß sie mit Simson gemeinsame Sache gemacht hatte und beide ihre Gäste durch diese Wette ausrauben wollten. Simson widerstand den Tränen seiner Braut bis zum siebten Tag des Festes, als die Zeit für die Lösung des Rätsels zu Ende ging (vgl. V. 12 ). Dann wurde er schwach und gab den Tränen und Bitten seiner Frau nach (vgl. Ri 16,16 ). Er sagte es ihr endlich, und sie wiederum erklärte den 30 Philistern das Rätsel. Als diese Simson dann die Lösung mitteilten, die sie wie das Rätsel in die Form des poetischen Parallelismus kleideten, antwortete Simson bezüglich seiner Braut mit einer höhnischen, aber pittoresken Rede: Wenn ihr nicht mit meiner Fährse gepflügt hättet, hättet ihr mein Rätsel nicht gelöst . Wenn Simson sie eine "Fährse" (oder ein Kalb) nannte, dann verspottete er sie wegen ihres ungezähmten und widerspenstigen Geistes (vgl. Jer 50,11; Hos 4,16 ).



Ri 14,19-20


(3) Simson heiratet eine Philisterin ( Ri 14 )

Um seine Verpflichtungen der Wette zu erfüllen (vgl. V. 12 ), überfiel Simson 30 Philister in Askalon (etwa 35 km in südwestlicher Richtung an der Mittelmeerküste) - weit genug entfernt, um nicht mit Simson in Timna in Verbindung gebracht zu werden - und gab ihre Kleider den Philistern, die das Rätsel erraten hatten. Gott machte die Torheit Simsons durch die mächtige Kraft des Geistes des Herrn zunichte (vgl. V. 6 ; Ri 15,14 ), um damit sein Ziel zu verfolgen und auf diese Weise den Status Quo der Philister, ihre Herrschaft, die sie so leicht über Israel ausübten, zu zerschlagen (vgl. Ri 14,4 ). Simson war noch immer zornig und ging zum Haus seines Vaters in Zora hinauf, ohne in der siebten Nacht der Hochzeit zu seiner Frau zurückzukehren, um die Ehe zu vollziehen. Der Vater der Braut gab sie dem Mann, der noch am ehesten in Frage kam, damit er nicht die Schande erlebte, die die Auflösung einer Ehe bedeutete (vgl. Ri 15,2 ).

(4) Simsons Auseinandersetzung mit den Philistern ( Ri 15,1-16,3 )



Ri 15,1-5


(4) Simsons Auseinandersetzung mit den Philistern ( Ri 15,1-16,3 )

Später (zur Weizenernte, d. h. im Mai) kehrte Simson mit einem Geschenk für seine Frau, einem Ziegenböcklein (vgl. Ri 13,15.19 ), nach Timna zurück. Bei der Eheschließung Simsons handelte es sich um die QadJqaehe , bei der die Braut bei ihren Eltern blieb und in bestimmten Abständen von ihrem Ehemann besucht wurde (vgl. Ri 8,31 ). So handelte es sich bei Simsons Geschenk möglicherweise nicht um ein Versöhnungsgeschenk für sein früheres Verhalten, sondern nur um die Gabe, die eine Frau bei dem üblichen Besuch ihres Mannes erwarten konnte. Aber Simson entdeckte schnell, daß der Vater seine Braut einem anderen Mann gegeben hatte, denn ihr Vater war der Meinung, daß Simson sie haßte (dieser Begriff wird in 5Mo 24,3 im Zusammenhang mit Scheidung gebraucht).

Simson blieb von dem Angebot, ihre jüngere Schwester zu heiraten, völlig unberührt und ließ seinen Zorn noch einmal an den Philistern aus, dieses Mal, indem er ihre Kornfelder (Weizen, Ri 15,1 ) in Brand setzte. Er befestigte an den zu zweien zusammengebundenen Schwänzen von 300 Füchsen (der hebr. Begriff kann auch Schakale meinen, die im Rudel auftreten und leichter zu fangen sind) Fackeln. Der Vernichtung fielen auch die trockenen Getreidehocken, die bereits geerntet waren und das trockene stehende Getreide, das noch geerntet werden sollte, zum Opfer. Das Feuer breitete sich bis in die Weinberge und die Olivenhaine aus und zerstörte so die drei wichtigsten Ernten des Landes (vgl. 5Mo 7,13; Hag 1,11 ).



Ri 15,6-8


(4) Simsons Auseinandersetzung mit den Philistern ( Ri 15,1-16,3 )

Als die Philister erfuhren, daß Simson die Ursache der Zerstörung war, rächten sie sich, indem sie seine Frau ... und ihren Vater durch Flammen umkommen ließen (sie zerstörten offensichtlich das ganze Anwesen des Timnaters). Simson wurde nun wiederum von persönlicher Rache getrieben und erschlug viele Philister mit Heftigkeit und zog dann zu einer Höhle im Felsen von Etam . Es gibt zwar eine Stadt mit dem Namen Etam, die etwa 3 km südwestlich von Bethlehem in Juda liegt (und etwa 28 km von Timna), aber eine andere Möglichkeit, den Ort zu bestimmen, ist eine Felsspalte über dem Wadi Isma`in, etwa 4 km südwestlich von Zora.



Ri 15,9-14


(4) Simsons Auseinandersetzung mit den Philistern ( Ri 15,1-16,3 )

Die Philister verfolgten Simson und lagerten sich in Juda bei Lehi (wörtl.: "Kieferknochen"; möglicherweise handelt es sich um das heutige Kirbet es-Syyai). Als die Judäer den Grund für den Kriegszug der Philister erfuhren, wollten sie Simson mit 3 000 Mann gefangennehmen, um ihn den Philistern zu übergeben. Sie waren offensichtlich mit ihrem Status Quo zufrieden und fragten: "Weißt du nicht, daß die Philister über uns herrschen?" Als die Judäer sich damit einverstanden erklärten, Simson nicht selbst zu töten, ließ Simson es geschehen (weil er kein israelitisches Blut vergießen wollte), daß er an die Philister ausgeliefert wurde. Sie banden ihn mit zwei neuen Stricken, aber sie wurden wie versengter Flachs und ... fielen von seinen Händen ab , als er sich den jubelnden Philistern näherte. Noch einmal verlieh ihm der Geist des Herrn besondere Stärke (vgl. Ri 14,6.19 ).



Ri 15,15-17


(4) Simsons Auseinandersetzung mit den Philistern ( Ri 15,1-16,3 )

Simson nahm einen frischen Eselskieferknochen (ein alter wäre zu zerbrechlich gewesen) und schlug damit 1 000 Philister tot. Seine triumphierenden Worte enthielten ein Wortspiel mit dem hebr. HAmNr , das entweder "Esel" oder "Haufen" bedeuten kann. So wird der Satz, der mit: ich habe Esel aus ihnen gemacht übersetzt wird, häufig wiedergegeben mit "Haufen auf Haufen" und so ausgelegt, als wenn er etwa bedeutete: "Ich habe sie aufgehäuft". Der Ort, an dem dieses geschah, war Ramat-Lehi , was möglicherweise bedeutet "der Hügel (Höhe) des Kieferknochens".



Ri 15,18-19


(4) Simsons Auseinandersetzung mit den Philistern ( Ri 15,1-16,3 )

Als nächstes versorgte Gott Simson mit Wasser. Simson war nach dieser Anstrengung in dem heißen, trockenen Klima äußerst durstig. Sein Schrei zum Herrn wurde auf wunderbare Weise beantwortet, als Gott die Höhle öffnete ( maKtMS , wörtl.: "Mörser") und Wasser herausfloß. Dieser Ort, an dem Simson seine Stärke wiedererlangte, wurde noch En-Kore (Luther: "Quelle des Rufenden") genannt, als das Buch Richter abgeschlossen wurde ( bis auf diesen Tag ).


Ri 15,20


(4) Simsons Auseinandersetzung mit den Philistern ( Ri 15,1-16,3 )

Die Zeit, in der Simson Richter über Israel war und die hier zusammengefaßt wird, wird auch in Ri 16,31 genannt. Die 20 Jahre (etwa 1069 - 1049 v. Chr.) waren die Zeit von seinem Erwachsenwerden bis zu seinem Tod in Gaza (vgl. Ri 16,30-31 ).



Ri 16,1-3


(4) Simsons Auseinandersetzung mit den Philistern ( Ri 15,1-16,3 )

Die Tatsache, daß Simson die Tore von Gaza packen konnte, macht deutlich, daß er eine ungeheure Körperkraft besaß. Allerdings hatte er auf moralischem Gebiet Schwächen aufzuweisen. Es wird hier kein Grund dafür genannt, warum Simson nach Gaza, der vielleicht bedeutendsten Stadt der Philister, die sich in der Nähe der Küste, etwa 55 km südwestlich seiner Heimat in Zora befand, ging. Was auch immer der Grund war, die Lust überkam ihn, und er verbrachte die Nacht mit einer Hure . Die Philister von Gaza hatten bemerkt, daß sich Simson in der Stadt aufhielt. Sie legten sich die ganze Nacht beim Stadttor auf die Lauer und faßten den Vorsatz, ihn zu töten, wenn er bei Sonnenaufgang davonzöge. Aber Simson erhob sich um Mitternacht und überraschte die Philister offensichtlich so sehr, daß er entkam, obwohl er die Stadttore zusammen mit den beiden Pfosten und den Riegeln herausgerissen hatte. Tatsächlich trug er die Stadttore auf die Gipfel des Berges, der Hebron gegenüberliegt. Ob es sich hierbei um einen Hügel außerhalb von Gaza handelt, der den Blick ostwärts nach Hebron freigibt oder ob Simson die Tore 60 km weit bergauf bis zu einem Berg außerhalb von Hebron trug, geht aus dem Text nicht hervor. Die örtliche Überlieferung bezeichnet den Hügel mit El Montar östlich von Gaza. Es scheint keinen Grund dafür zu geben, warum Simson die Tore weiter hätte tragen sollen, denn er hatte die Menschen in der Stadt bereits dadurch beleidigt, daß er die Tore mitgenommen hatte, die die Sicherheit garantieren sollten.

 

Ri 16,4-14


(5) Simson fällt in die Hände Delilas ( Ri 16,4-22 )

Simson verliebte sich in eine Frau mit Namen Delila (sie war zwar wahrscheinlich eine Philisterin, aber sie hatte einen semitischen Namen, der "Geweihte" bedeutete, so daß sie vielleicht eine Tempelprostituierte war). Sie war mindestens die dritte Frau, mit der Simson sich einließ (vgl. Ri 14,1-2; Ri 16,1 ). Die Stadt im Sorektal (dort verbrachte Simson den größten Teil seines Lebens), in der Delila lebte, wird nicht mit Namen genannt. Es wird nicht deutlich, ob es sich vielleicht um Har-Heres (Luther: Gebirge Heres, Bet-Schemesch) oder Timna oder um eine andere Stadt handelt.

Die Fürsten der Philister zettelten eine Verschwörung an, um Simson gefangenzunehmen. Die Bibel nennt uns nicht die Anzahl der Fürsten, aber es könnte sich um fünf Fürsten gehandelt haben, wobei dann je ein Fürst für eine der wichtigsten Städte der Philister gekommen wäre. Sie warben Delila an, das Geheimnis seiner großen Kraft in Erfahrung zu bringen und zu erfahren, wie er überwältigt und besiegt werden könnte. Alle Fürsten versprachen, ihr die ungeheure Summe von 1 100 Schekeln Silber zu geben. Delila machte drei fruchtlose Versuche, sich das Vertrauen Simsons zu erschleichen und sein Geheimnis zu erfahren. Jedesmal foppte er sie, indem er ihr vorlog, wie er schwach werden würde wie jeder andere Mann und man ihn gefangennehmen könnte: (a) wenn er mit sieben frischen Riemen (Bogensehnen, die aus Tiereingeweiden gewonnen werden) gebunden würde; (b) wenn er mit neuen Stricken gebunden würde, die noch nie zuvor gebraucht worden waren (es war ja bereits deutlich geworden, daß diese Stricke keinerlei Wirkung besaßen; Ri 15,13 ); und (c) wenn sein Haar (das kam der Wahrheit schon näher) mit dem Gewebe des Webstuhles verknüpft wurde. Delila probierte erfolglos jede Methode aus, offensichtlich, während Simson schlief (so wie in Ri 16,13 ) und foppte ihn scheinbar damit, daß sie schrie: Simson, die Philister sind über dir! (V. 9.12.14 ), während sie in Wirklichkeit den Erfolg oder Mißerfolg jeder Methode ausprobierte, bevor die Philister, die sich in der Kammer befanden (V. 9.12 ), es wagten, hervorzukommen.



Ri 16,15-17


(5) Simson fällt in die Hände Delilas ( Ri 16,4-22 )

Simson offenbarte schließlich die Quelle seiner Kraft. Es handelte sich nicht um ein magisches Geheimnis, wie die Philister angenommen hatten. Simson war mit dem Geist Gottes ausgerüstet worden (vgl. Ri 13,25; 14,6.19; 15,14 ). Daß Simson den Geist Gottes bekommen hatte, hing mit seiner Absonderung für den Herrn aufgrund seiner Stellung als Nasiräer zusammen, die insbesonders durch sein ungeschorenes Haar symbolisiert wurde ( Ri 13,5 ). Simson erklärte Delila seine Stellung als Nasiräer, als er es nicht länger ertragen konnte, wie sie ihn wegen des Geheimnisses drängte. Er sagte, daß, wenn sein Haupt geschoren würde, er so schwach werden würde wie jeder andere Mann . Das lag nicht daran, daß seine Kraft in seinem Haar lag, sondern weil er seinen Ungehorsam dem Herrn gegenüber dadurch zum Ausdruck bringen würde, daß er sein Haar schor. Dieser Ungehorsam hatte schon damit begonnen, daß Simson Delila die Wahrheit offenbarte, obwohl er keinerlei Anlaß hatte, ihr zu trauen.

 

Ri 16,18-22


(5) Simson fällt in die Hände Delilas ( Ri 16,4-22 )

Simsons Unvernunft führte zu seiner Gefangennahme durch die Philister. Dieses Mal merkte Delila, daß Simson ihr alles anvertraut hatte, so daß sie noch einmal ihre Falle aufstellte. Sie ließ sein Haar scheren, während er in ihrem Schoß schlief. Als Folge dieses törichten Ungehorsams gegen den Herrn verließ Simson die in ihm wohnende Kraft. Offensichtlich wurde Simson auch gefesselt, denn als Delila schrie: Die Philister sind über dir! versuchte er, sich freizuschütteln. Es war eine tragische Tatsache, daß er nicht wußte, daß der HERR ihn verlassen hatte . Daß der Geist des Herrn von ihm gewichen war, kam der Absetzung von seinem Richteramt gleich.

Der machtlose Simson wurde daraufhin von den Philistern ergriffen. Sie nahmen ihm sein Augenlicht und führten ihn nach Gaza hinab. Ohne Zweifel hielten sie das für eine gerechte Vergeltung dafür, daß Simson ihnen ihre Stadttore gestohlen hatte (V. 1 - 3 ). Sie banden ihn mit bronzenen Fesseln und ließen ihn zwischen Mühlsteinen im Gefängnis Mehl mahlen. Das war Frauenarbeit. Es könnte sich dabei um eine Handmühle gehandelt haben (vgl. den Kommentar zu Ri 9,53 ), denn es ist nicht sicher, ob große, von Tieren angetriebene Mühlen zu jener Zeit in Gebrauch waren. Als die Zeit verging und Simson im Gefängnis saß, begann sein Haar (das Symbol seiner Weihe als Nasiräer, Ri 13,5 ) wieder zu wachsen . Da das Wachstum seines Haares ganz natürlich war, dürfte der Sinn dieser Bemerkung darin liegen, daß Simson noch einmal neue Kraft für einen letzten Racheakt gegen die Philister erhielt (vgl. Ri 16,28-30 ).



Ri 16,23-30


(6) Simsons Rache an den Philistern

Es kam die Zeit, zu der die Fürsten der Philister ihrem Gott Dagon ein großes Opfer darbringen wollten . Dagon war eine westsemitische Getreidegottheit (vgl. 1Sam 5,2-7; 1Chr 10,10 ), die die Philister von den Amoritern übernommen hatten. Weil sie glaubten, daß ihr Gott ihnen Simson in die Hände gegeben hatte, riefen sie diesen aus dem Gefängnis, denn sie wollten, daß er sie unterhalten sollte (offensichtlich erwarteten sie, einige Kraftakte zu sehen, oder sie wollten sich vielleicht auch nur über ihren jetzt ohnmächtigen Feind lustig machen). Ein philistäischer Tempel war normalerweise ein langgezogener Innenraum mit zwei Hauptsäulen, die das Dach stützten. Eine große Gruppe von Philistern (darunter etwa 3 000 Menschen auf dem Dach) beobachteten Simsons Auftritt, offensichtlich in einem Außenhof. Worin sein "Auftritt" bestand, wissen wir nicht. Dann bat der blinde Simson den Knecht, der ihn führte, unter dem Vorwand, daß er sich an sie anlehnen wollte, ihn zu den Säulen, die den Tempel trugen, zu bringen. Aber dann betete er zu dem HERRN , daß er ihm noch einmal Stärke schenken möge, damit er an den Philistern Rache nehmen könnte. Simson ... stützte sich gegen die Säulen (entweder, indem er sie nach außen drückte oder indem er sie dadurch zusammenschob, daß er sich nach vorn beugte), drückte mit all seiner Kraft und sagte: Laß mich mit den Philistern sterben! Gott erhörte sein letztes Gebet, und der Tempel wurde zerstört. So starben bei Simsons Tod mehr Menschen als er während seines Lebens erschlagen hatte. Zuvor hatte er zumindest 1 030 Philister erschlagen (30 in Askalon; Ri 14,19 und 1 000 bei Ramat-Lehi; Ri 15,14-17 ).



Ri 16,31


(7) Simson wird von seinen Verwandten begraben

Simsons ganze Familie (seine Brüder), die bis zu diesem Ereignis nicht erwähnt worden war, zog nach Gaza hinab und brachte Simsons Körper zum Begräbnis zwischen Zora (seinem Geburtsort, Ri 13,2 ) und Eschtaol (vgl. Ri 13,25; Ri 18,2.8.11 ) zum Grab Manoachs hinauf. So endeten die 20 Jahre, die Simson über Israel Richter gewesen war (vgl. Ri 15,20 ). Simson hatte zwar große Fähigkeiten besessen und war durch den Heiligen Geist mit großer Körperkraft ausgestattet worden, aber er hatte der Versuchung mehrfach nachgegeben und hatte unter den Folgen zu leiden. Sein Leben ist eine ernste Warnung an andere Menschen, die dazu neigen, ihrer Lust nachzugeben.



III. Epilog: Die Zustände zur Zeit der Richter
( Ri 17-21 )


Theologisch gesehen stellen die Kapitel 17 - 21 einen Epilog dar, der den Abfall und den Niedergang, der die Zeit der Richter kennzeichnete, bildhaft darstellt. Diese Umstände betrachtete der Autor (möglicherweise zu einem frühen Zeitpunkt in der Monarchie) als Anzeichen für die Anarchie, die zu der Zeit herrschte, als "kein König in Israel war" ( Ri 17,6; 18,1; 19,1; 21,25 ). Historisch betrachtet bilden die in diesen Kapiteln berichteten Ereignisse einen Anhang zu dem Buch, der sich ziemlich früh innerhalb der vorausgehenden Geschichte ereignete. Der frühe Zeitpunkt wird aus der Existenz der Enkel sowohl von Mose ( 18, 30 ) als auch von Aaron ( Ri 20,28 ) und durch die Bezugnahme auf die Bundeslade in Bethel ( Ri 20,27-28 ) deutlich. Möglicherweise ereigneten sich die in den Kap. 17-18 berichteten Ereignisse in den Tagen Otniels, des ersten Richters.

Der Epilog besteht aus zwei Hauptteilen: (1) Kapitel 17 - 18 verflechten Geschichten aus dem Götzendienst des Hauses Michas, des Ephraimiters, der den Leviten Jonatan, den Enkel Moses ( Ri 18,30 ), als seinen persönlichen Priester angestellt hatte, mit der Umsiedelung und dem Götzendienst des Stammes Dan. (2) Kapitel 19 - 21 berichten von einer Greueltat, die an einer Konkubine eines anderen Leviten in Gibea verübt worden war, und von dem nachfolgenden Krieg gegen den widerspenstigen Stamm Benjamin, der beinahe zu dessen völliger Vernichtung geführt hätte.

 

A. Religiöser Abfall: Der Götzendienst Michas und der Umzug der Daniter
( Ri 17-18 )


1. Der Götzendienst Michas, des Ephraimiters
( Ri 17 )


a. Micha erwirbt ein Götzenbild
(
17,1 - 5 )


Ri 17,1-5


Es ist Ironie, daß ein Mann mit dem Namen Micha (Micha bedeutet "wer ist wie Jahwe?") ein Götzenbild mit einer ungesetzlichen Priesterschaft errichtete. Eine derartige Situation entstand teilweise, als er hörte, wie seine Mutter einen Fluch gegen den Dieb ausstieß, der ihr ihre 1 100 Schekel Silber gestohlen hatte und dann gestand: Ich habe sie genommen . (Diese 1 100 Schekel Silber sollten nicht mit den 1 100 Schekeln Silber durcheinandergebracht werden, die alle fünf Fürsten der Philister Delila gaben, Ri 16,5.18 ). Als Belohnung für diese "Ehrlichkeit" wollte Michas Mutter ihren Fluch in einen Segen verwandeln ( Der HERR segne dich, mein Sohn! ). Daß sie im folgenden das Silber dem Herrn weihte, damit ein geschnitztes Bild daraus gemacht werden konnte, war Ungehorsam gegen das Gebot aus 2Mo 20,4 und spiegelt den schlechten kanaanitischen Einfluß auf die Israeliten während dieser Zeit wider.

Der Ausdruck ein geschnitztes und ein gegossenes Bild läßt vermuten, daß es sich um zwei Gegenstände götzendienerischer Verehrung handelte, nämlich um ein aus Holz geschnitztes Bild und um ein gegossenes Bild, das aus geschmolzenem Metall gemacht wurde, das in eine Form gegossen wurde. Einige Ausleger sind jedoch der Meinung, daß dieser Ausdruck ein Hendiadyoin ist und es also nur um ein Bild geht. Möglicherweise geht es um ein hölzernes Götzenbild, das mit Silber überzogen wurde, das Michas Mutter gemacht und im Haus aufgestellt hatte. In Ri 18,18 werden die Gegenstände jedoch klar unterschieden. Michas Mutter bezahlte einem Silberschmid zur Herstellung dieser Gegenstände 200 Schekel Silber. Das waren nicht die einzigen Götzenbilder in Michas Haus (wörtl.: "Gotteshaus" oder "Götterhaus"), denn er besaß einen Efod (möglicherweise als Gegenstand der Verehrung, vgl. Ri 8,24-27; oder für einen Priester) und mehrere Götzenbilder ( T+rAPIm ; vgl. 1Mo 31,17-50 ). Er setzte dann einen seiner Söhne als Priester ein, um die Verehrung der Götter in diesem Haus durchzuführen (später setzte Micha einen anderen Priester ein, Ri 17,12 ).



b. Die Zeit der Richter wird beschrieben
(
17,6 )


Ri 17,6


Der Autor des Buches, der aus dem Blickwinkel der ersten Zeit der Monarchie schrieb, sah Michas Gesetzlosigkeit auf religiösem Gebiet als ein Kennzeichen einer Periode, die nicht über die absolute Autorität eines Königs verfügte, an (vgl. Ri 18,1; 19,1;21,25 ).



c. Ein levitischer Priester kommt zu Micha
(
17,7 - 13 )


Ri 17,7-13


Ein junger Levit aus Bethlehem (Moses Enkel, Jonatan, Sohn des Gerschom; vgl. Ri 18,30 ) zog zum Gebirge Ephraim, wo er bei Micha Arbeit fand, indem er sein Vater (eine Ehrenbezeichnung; vgl. 1Mo 45,8; 2Kö 6,21; 13,14 ) und sein Priester sein sollte. Micha sorgte für ihn wie für einen seiner Söhne. So setzte Micha den Leviten (vgl. Ri 18,4 ) als seinen Priester ein (zusätzlich zu Michas eigenem Sohn, der Priester geworden war Ri 17,5 ). Micha freute sich, denn er war so abergläubisch, daß er glaubte, er würde von dem Herrn auf besondere Weise gesegnet werden, wenn er einen Leviten (einen jungen Mann; vgl. Ri 18,3 ) als Priester hatte, obwohl dies im Gesetz doch verboten war (vgl. 4Mo 3,10 ). Man könnte dem Leviten natürlich genauso (oder mehr) Vorwürfe machen, daß er diese Stellung überhaupt angenommen hatte. Dieser Ungehorsam gegen Gottes Gesetz war für die Israeliten in der Zeit der Richter charakteristisch.



2. Die Umsiedelung der Daniter nach Norden
( Ri 18 )


a. Das fehlende Erbteil der Daniter
(
18,1 )


Ri 18,1


Dieses Kapitel wiederholt die Formulierung aus dem Epilog, nämlich, daß Israel keinen König hatte ( Ri 17,6; 19,1; 21,25 ). Dieses Fehlen einer absoluten Autorität, die eine israelitische Armee aufstellen konnte, verschärfte ohne Zweifel die unglückliche Lage, in der sich der Stamm Dan befand. Die Daniter hatten nämlich bis jetzt (vielleicht aus Mangel an Glauben) kein Erbteil in Besitz genommen. Sie waren von den Amoritern ( Ri 1,34-35; vgl. Jos 19,47 ) und später auch von den Philistern (mit dem Rest aus Israel; vgl. Ri 13,1; 14,4; 15,11 ) verdrängt worden. Der Stamm Dan wurde mehr und mehr nach Osten in das Gebiet von Benjamin und Ephraim abgedrängt. Aufgrund der beengten Wohnverhältnisse entschied sich das Volk, sich ein neues Gebiet zu suchen.



b. Die Aussendung der Kundschafter
(
18,2 - 10 )


Ri 18,2-6


Die Sippe der Daniter sandte fünf Krieger aus Zora und Eschtaol aus (vgl. Ri 13,25; 16,31 ), um das Land auszukundschaften . Zu Beginn ihrer Reise verbrachten sie die Nacht im Hause Michas im Gebirge Ephraim (vgl. Ri 17,1 ). Dort erkannten sie die Stimme (möglicherweise den judäischen Akzent) von Michas Priester ( der junge Levit Jonatan; vgl. Ri 17,12 ) und fragten ihn, warum er sich in Ephraim befand und was er dort tat. Als sie erfuhren, daß er als Priester seinen Dienst tat, wollten sie in ihrem Aberglauben ein Segenswort von Gott zu ihrer Sendung hören. Man kann sich nur fragen, weshalb der Priester so selbstbewußt antworten konnte: Eure Reise gefällt dem HERRN wohl . Der äußere Erfolg ihrer Sendung stimmte nicht mit dem offenbarten Plan des Herrn für den Stamm Dan überein und lief schließlich darauf hinaus, daß eine große Götzenanbetungsstätte errichtet wurde (vgl. Ri 18,30-31; 1Kö 12,28-30 ).



Ri 18,7


Als die fünf Kundschafter weiterhin das Land erkundeten, kamen sie schließlich nach Lajisch (in Jos 19,47 Leschem; das heutige Tell el-Qadi), das etwa 40 km nördlich des Sees Kinneret und 44 km östlich von Tyrus liegt. In dem Land, das an der nördlichen Ecke des fruchtbaren Hulebeckens lag, fehlte nichts, und dem Volk ... erging es wohl . Ihre Stadt war von den Sidoniern durch die Gebirgskette des Libanon und von Syrien durch das Gebirge Hermon und die Antilibanon Gebirgskette abgeteilt, so daß sie keine engen militärischen Verbündeten besaßen. Möglicherweise war Hazor schon zerstört worden ( Ri 4,2.23-24 ), obwohl das einige chronologische Probleme bezüglich des Leviten, der Moses Enkel war (vgl. Ri 18,30 ), aufwerfen würde.

 

Ri 18,8-10


Die fünf Kundschafter kehrten nach Hause zurück und berichteten von einem ahnungslosen Volk und einem weiten Land ... in dem es an nichts fehlt . Sie ermutigten die Daniter dazu, Lajisch ohne Zögern anzugreifen. Sie meinten, daß Gott ihnen das Land gegeben hatte. Die theologische Begründung dafür, daß Gott ihnen das Land geben würde, war zwar sehr fragwürdig, aber ihr Sieg schien zwangsläufig zu sein.



c. Die Daniter ziehen gegen Lajisch
(
18,11-18 a)


Ri 18,11-13


Die Daniter bewaffneten 600 Mann zum Kampf, die sich zuerst nahe Kirjat-Jearim (etwa 10 km östlich des Gebietes von Zora-Eschtaol) lagerten. Der Ort ihres Lagers, Mahane-Dan (Luther: "Lager Dans"), war der Ort, an dem Simson zuerst das Werk des Geistes Gottes in seinem Leben erfahren hatte ( Ri 13,25 ). Die Daniter zogen dann nach Ephraim, wo Micha (vgl. Ri 17,1; Ri 18,2 ) lebte.

 

Ri 18,14-21


Die fünf Kundschafter teilten dann ihren Brüdern, den Kämpfern, das Nötige über das Haus und das Götzenbild Michas mit (vgl. Ri 17,5 ). Während die Kämpfer draußen warteten, begrüßten diese fünf Männer Michas Priester und machten sich dann daran, Michas Götzenbild, seinen Efod und die Götter zu stehlen. Als der Priester sie daran hindern wollte, sagten sie zu ihm: Sei still ! und boten ihm an, lieber in ihrem Stamm Priester zu werden, anstatt nur der Priester über ein Haus zu sein. Er nahm das Angebot voller Freude an und ging mit ihnen, Michas Efod, die anderen Hausgötzen und das geschnitzte Bild mit sich führend (vgl. Ri 17,4-5 ). Die Daniter sahen kommen, daß Micha sie verfolgen würde und schickten daher ihre Familien und Besitztümer voraus und bildeten eine Nachhut.



Ri 18,22-26


Micha entdeckte schon bald seinen Verlust und verfolgte zusammen mit seinen Freunden und seinen Nachbarn die Daniter. Er warf ihnen vor, daß sie von seinen Götzen und seinem Priester Besitz ergriffen hätten. Als sie ihm aber drohten, ihm Gewalt anzutun, gab er nach, kehrte widerstrebend um und ging nach Hause zurück. Seine pathetische Frage hinsichtlich seiner Götzen - Was bleibt mir noch? - spiegelt die Nichtigkeit des Götzendienstes wider.

 

Ri 18,27-28 a


Die friedfertigen und ahnungslosen Menschen in Lajisch (vgl. V. 7 ) waren für die entschlossenen Daniter keine wirklichen Gegner. Diese besiegten sie und brannten ihre Stadt nieder . Die Menschen von Lajisch waren 43 km von Sidon entfernt (vgl. V. 7 ) und hatten keine Verbündeten, die ihnen zu Hilfe kommen konnten.



d. Der Götzendienst der Daniter
(
18,28 b - 29-31 )


Ri 18,28-31 (Ri 18,28b-31)


Die Daniter bauten die Stadt wieder auf und nannten sie nach ihrem Stammvater. Es war allerdings von größerer Bedeutung (und viel trauriger), daß sie für ihren Stamm eine große Anbetungsstätte für ihren Götzendienst errichteten, wo Jonatan, der Sohn Gerschoms (vgl. 2Mo 2,22 ), Priester war. Das setzte sich mit Jonatans Nachkommen bis zur Zeit der Wegführung aus dem Lande fort. Viele Ausleger beziehen diese Aussage entweder auf die assyrische Gefangenschaft Israels im Jahr 722 v. Chr. ( 2Kö 17,6 ) oder auf die Gefangenschaft der galiläischen Bevölkerung unter Tiglat-Pileser III. in den Jahren 733 - 732 v. Chr. ( 2Kö 15,29 ). Aber eine Datierung des Buches Richter in die frühe Königszeit legt nahe, daß sich diese Aussage auf eine frühere, uns nicht näher bekannte Gefangenschaft bezieht (manche Ausleger haben den Raub der Bundeslade durch die Philister angenommen; vgl. 1Sam 4,11 ). Bei Mose hat der hebr. Text ein n über der Zeile in den Namen Mose ( mOSeh ) eingefügt, damit das Wort als "Manasse" ( m+naSSeh ) gelesen werden kann. Dabei handelt es sich offensichtlich um den Versuch eines frommen Schreibers, den Enkel Moses, Jonatan, davon freizusprechen, daß er mit der Verehrung von Götzen etwas zu tun gehabt hatte. Eine Erwähnung des Hauses Gottes in Silo (es handelt sich um das heutige Seilon, 30 km nördlich von Jerusalem) macht deutlich, daß die Götzenverehrung bei der Anbetungsstätte der Daniter der wahren Verehrung des Herrn in Silo entgegenstand (vgl. Jos 18,1 ). Diese falsche Verehrung durch Dan ging der falschen Verehrung unter Jerobeam I. voraus, der später eineGötzenanbetungsstätte im nördlichen Königreich bei Dan errichtete (vgl. 1Kö 12,28-31 ).



B. Moralischer Verfall: Die Schandtat von Gibea und der Krieg mit den Benjaminitern
( Ri 19-21 )


1. Die Schandtat an der Nebenfrau des Leviten
( Ri 19 )


a. Die Versöhnung des Leviten mit seiner Nebenfrau
(
19,1 - 9 )


Ri 19,1 a


Dieses Kapitel beginnt mit dem Kehrreim: Zu der Zeit war kein König in Israel (vgl. Ri 17,6; 18,1; 21,25 ). Daraus wird deutlich, daß in Kapitel 19 - 21 die Anarchie und Ungerechtigkeit veranschaulicht wird, die zu der Zeit vorherrschte, in der die Israeliten keinen König als ihre höchste Autorität besaßen. In Kapitel 17 - 18 wurde der Götzendienst beschrieben, der das Volk kennzeichnete.



Ri 19,1-9 (Ri 19,1b-9)


Der Levit , der in diesem Kapitel erwähnt wird, ist nicht der Levit Michas ( Ri 17-18 ), obwohl beide mit Bethlehem in Juda in Verbindung standen und beide im Gebirge von Ephraim lebten. Das äußerste Ende (wörtl.: die "Rückseite von") lag abseits des großen Nord-Süd-Gebirgskammes. Die Nebenfrau ( eine Ehefrau mit beschränkten Rechten; Gott hatte es niemals gutgeheißen, daß ein Mann mehrere Frauen hatte; vgl. Ri 8,31 ) dieses Leviten war ihm gegenüber untreu (wörtl.: "spielte die Hure"), und kehrte danach zu ihres Vaters Haus in Bethlehem zurück. Vier Monate später begab sich der Levit nach Bethlehem. Dort bahnte er mit seiner Nebenfrau eine Versöhnung an. Er wurde von seinem Schwiegervater mit Freude willkommen geheißen, der ihn, wie es der Sitte der Gastfreundschaft des Nahen Ostens entsprach, vier Tage und einen Teil des fünften Tages bei sich behielt, bis der Levit entschied, daß er nicht länger bleiben konnte.

 

b. Die Ankunft des Leviten und seiner Begleitung in Gibea
(
19,10 - 15 )


Ri 19,10-15


Der Levit nahm seinen Knecht, seine beiden Esel (vgl. V. 3 ) und seine Nebenfrau und zog etwa 10 km in nördlicher Richtung weiter, um nach Jebus zu kommen (das ist ein anderer Name für Jerusalem, der nur hier in V. 10 - 11 und in 1Chr 11,4-5 gebraucht wird; die Bezeichnung rührt von einer Gruppe Amoriter, den Jebusitern, her, die dort lebten). Er lehnte den Vorschlag seines Knechtes ab, die Nacht in Jerusalem zu verbringen, denn es war eine fremde Stadt, deren Bewohner keine Israeliten waren. Der Levit entschloß sich dazu, in ein günstigeres Gebiet weiterzuziehen (das war im Hinblick auf die folgenden Ereignisse eine ironische und unglückliche Entscheidung). So zogen sie 7 km in nördlicher Richtung weiter nach Gibea (das heutige Tell el-Ful), wo sie anhielten, um zu übernachten. Aber obwohl sie auf dem Stadtplatz saßen, war die Gastfreundschaft der Benjaminiter nicht gerade herausragend.



c. Die Gastfreundschaft des alten Mannes aus Ephraim
(
19,16 - 21 )


Ri 19,16-21


In letzter Minute wurden sie vor der Gefahr bewahrt, die Nacht auf dem Platz der Stadt zu verbringen . Ein alter Mann aus dem Gebirge Ephraim lud sie ein, die Nacht in seinem Haus in Gibea zu verbringen.



d. Die Bedrohung durch die gottlosen Männer von Gibea
(
19,22 - 26 )


Ri 19,22-26


Man wird an die gottlosen Sodomiter in der Zeit Lots erinnert (vgl. 1Mo 19,1-11 ), wenn man liest, daß die gottlosen Männer (oder "nichtige Männer": wörtl. "Söhne Belials"; vgl. 1Sam 1,16; 1Sam 2,12 ) von Gibea das Haus umringten und forderten, daß der alte Mann den Leviten herausschicken solle, damit sie ihre homosexuellen Wünsche befriedigen konnten. Da der alte Mann die Gesetze der Gastfreundschaft für wichtiger hielt als seine Ritterlichkeit gegenüber dem anderen Geschlecht, bat er ihnen statt dessen seine jungfräuliche Tochter und die Nebenfrau des Leviten an. Entweder hörten die Männer das nicht oder sie lehnten sein Angebot ab. Als aber der Levit seine Nebenfrau zu ihnen hinausstieß, nahmen sie sie und mißbrauchten sie die ganze Nacht hindurch sexuell. Bei Tagesanbruch ließen sie sie zurückkehren; sie fiel bei der Tür des Hauses nieder und starb.

Richter

e. Der Ruf des Leviten nach Stammesrache
(
19,27 - 30 )


Ri 19,27-30


Als der Levit aus seiner Tür heraustrat, um seinen Weg fortzusetzen (nicht, um sich nach seiner Nebenfrau umzusehen!), entdeckte er ihren Körper auf der Schwelle. Er legte sie auf seinen Esel und brach in Richtung des Ortes auf, von dem er hergekommen war. Als nächstes beging der Levit eine unglaubliche Grausamkeit, indem er seine Nebenfrau Glied für Glied in zwölf Stücke schnitt (offensichtlich je ein Stück für einen Stamm) (wörtl.: "gemäß ihren Knochen", wie ein Priester, der ein Opfer vorbereitete) und diese in alle Gebiete Israels (vgl. 1Sam 11,7; 1Kö 11,30 ) schickte . Für den heutigen Leser ist das zwar schwer zu verstehen (so wie auch für die Zeitgenossen der Leviten; Ri 19,30; vgl. Hos 9,9 ), aber er wollte damit das Volk zum Handeln antreiben, indem er zu einer gerichtlichen Anhörung aufrief, bei der das ganze Volk zugegen sein sollte. Vielleicht legte er ihnen die Verantwortung auf, die Blutschuld abzuwaschen, die für den Tod seiner Nebenfrau auf dem gesamten Volk lag. Die Menschen, die einen Teil von ihr gesehen hatten, waren entsetzt und bestürzt, was sie nun tun sollten.



2. Der Krieg gegen den Stamm Benjamin
( Ri 20 )


Der benjaminitische Krieg, von dem in diesem Kapitel berichtet wird, war das Ergebnis der Nachforschung über den Tod der Nebenfrau des Leviten (vgl. Ri 19 ). Es beschreibt eine ungewöhnlich dunkle Stunde in der Geschichte Israels.



a. Die Versammlung Israels bei Mizpa
(
20,1 - 11 )


Ri 20,1-7


Als Reaktion auf den Aufruf des Leviten zur Untersuchung des Vorfalles versammelten sich alle Israeliten von Dan bis Beerscheba (d. h. von den nördlichen bis zu den südlichen Grenzen Israels; dies ist ein stereotyper Ausdruck, der aus der Perspektive eines Autors zu Beginn der Königsherrschaft gebraucht wird) und aus dem Land Gilead (hier sind alle Stämme jenseits des Jordans gemeint). Sie versammelten sich vor dem Herrn in Mizpa (Tell en-Nasba, etwa 13 km nördlich von Jerusalem und nur 7 km nördlich von Gibea; es handelt sich nicht um das Mizpa in Gilead; vgl. Ri 10,17; Ri 11,29 ). Die Erwähnung von 400 000 Soldaten muß man keinesfalls als 400 Truppenkontingente oder 400 Familieneinheiten verstehen, wie manche Ausleger vorgeschlagen haben.

Die Benjaminiter wurden in Mizpa nicht offiziell repräsentiert, denn die Männer, die die Nebenfrau vergewaltigt hatten, kamen aus Gibea in Benjamin. Offensichtlich hatte jedoch der Stamm der Benjaminiter einen der zwölf Teile der Nebenfrau erhalten (vgl. Ri 19,29; 20,6 ). Auf die entsprechende Frage hin erklärte der Levit die Umstände der Vergewaltigung und des Todes seiner Nebenfrau und bat um das Urteil Israels.

 

Ri 20,8-11


Das Urteil lautete übereinstimmend: Das ganze Volk erhob sich wie ein Mann gegen die Stadt Gibea, um ihnen das zu geben, was sie verdienten, indem sie sie angriffen. Ein Zehntel der israelitischen Truppen sammelte die Nahrung für die Kämpfenden ein.



b. Das Urteil wird von den Benjaminitern abgelehnt
(
20,12 - 13 )


Ri 20,12-13


Die Benjaminiter wiesen die Forderung der anderen Stämme von sich, jene gottlosen Männer von Gibea herauszugeben, damit sie hingerichtet werden konnten und das Böse (der Blutschuld) aus Israel weggeschafft würde. Deshalb tat Israel den letzten Schritt und griff Gibea an.



c. Die Truppen werden für den Kampf gemustert
(
20,14 - 18 )


Ri 20,14-16


Die Benjaminiter hatten die Forderung ihrer Brüder, der Israeliten, zurückgewiesen (vgl. V. 13 ) und mobilisierten 26 000 Schwertträger und 700 Linkshänder aus Gibea, die alle mit den Schleudern sehr geschickt waren.



Ri 20,17-18


Wie bereits zuvor bemerkt wurde (V. 2 ), hatten die elf Stämme den Vorteil einer viel größeren Armee - 400 000 Mann. Sie zogen nach Bethel ("Haus Gottes") hinauf, um den Herrn darüber zu befragen (möglicherweise durch die Urim und Tummim des Hohepriesters; vgl. 3Mo 8,8; 4Mo 27,21; 5Mo 33,8 ), welcher Stamm den Angriff gegen die Benjaminiter anführen sollte. Die Antwort des Herrn lautete: Juda soll zuerst gehen . Weil die Stiftshütte (oder ein ähnliches Heiligtum, das das wichtigste Heiligtum war, und wo der Hohepriester befragt werden konnte) sich sowohl vor (vgl. Jos 18,1 ) als auch nach diesem Ereignis (vgl. 1Sam 1,9 ) in Silo befand, sind manche Ausleger der Ansicht, daß die Bezeichnung "Bethel" sich nicht auf die Stadt, sondern auf das "Haus Gottes" bezieht, das sich in Silo befand (vgl. Ri 18,31 ,"das Haus Gottes stand zu Silo"). Aber in Ri 18,31 und an einigen anderen Stellen lautet der hebr. Ausdruck, wenn das Heiligtum als "das Haus Gottes" bezeichnet wird, bLThA?MlOhIm und nicht nur BLT - ?El (so wie in Ri 20,18.26 ). Möglicherweise war das Heiligtum zwischen Silo und Bethel hin- und zurückgebracht worden, vielleicht sogar mehr als nur einmal. So sollte man das Bethel in Vers 18.26 also besser für die Stadt an der zentral gelegenen Gebirgsroute 16 oder 20 km nördlich von Jerusalem halten.



d. Die Siege Benjamins über Israel
(
20,19 - 28 )


Ri 20,19-23


Die Lage und Topographie Gibeas machten es einfach, die Stadt zu verteidigen. Die Benjaminiter zogen aus Gibea aus, griffen die israelitischen Kampfstellungen an und erschlugen 22 000 Israeliten. Die Israeliten stachelten einander an und stellten sich für den Kampf eines weiteren Tages wieder an denselben Stellen auf. Im Hinblick auf ihre Niederlage zogen sie auch nach Bethel hinauf und weinten vor dem HERRN . Sie fragten dieses Mal, ob sie weiter gegen die Benjaminiter kämpfen sollten. Der Herr bestätigte es: Zieht gegen sie .



Ri 20,24-28


Die Strategie und die Ereignisse des vorhergegangenen Tages wiederholten sich am zweiten Tag, aber dieses Mal verlor Israel "nur" 18 000 Männer. Diese zweite Niederlage bewegte die Israeliten dazu, nach Bethel zurückzukehren, wo sie vor dem HERRN weinten und fasteten ... und dem HERRN Brand- und Dankopfer darbrachten (vgl. Ri 21,4 ). Vielleicht war ein Grund für die Tatsache, daß der Herr ihre anfänglichen Niederlagen zugelassen hatte, der, daß sie zur Buße über das vernachlässigte Opfer und die Anbetung Gottes gebracht werden sollten. Dieses Mal erhielten sie auf ihre Frage, ob sie den Kampf fortsetzen sollten, nicht nur eine positive Antwort ( geht ), sondern es wurde ihnen auch der Sieg verheißen ( morgen werde ich sie in eure Hände geben ). Wenn hier Pinhas, der Sohn Eleasars (der Enkel Aarons), erwähnt wird, so wird damit angedeutet, daß er daran beteiligt war, den Herrn zu befragen. Es wird dadurch auch deutlich, daß sich dieses Ereignis nicht lange Zeit nach dem Tod Josuas zugetragen haben kann (vgl. Ri 18,30 ).



e. Die Israeliten fügen den Benjaminitern eine Niederlage zu
(
20,29 - 46 )


Der allgemeinen Erzählung über die Schlacht (V. 29 - 36 a) folgt ein detaillierter und ergänzender Bericht (V. 36 b - 37-46 ).

Ri 20,29-36 a


Die Tatsache, daß Gott Israel den Sieg verheißen hatte (V. 28 ), hatte auf der Seite Israels keinen Hochmut zur Folge, denn sie überprüften und verbesserten ihre Kampfstrategie, indem sie gegen Gibea einen Hinterhalt legten. Das taten sie auf folgende Weise: Sie nahmen dieselben Kampfstellungen wieder ein wie zuvor und flohen dann absichtlich, als die Benjaminiter angriffen, so daß diese von der Stadt abgedrängt wurden. Josua hatte eine ähnliche Taktik verfolgt, als er Ai einen Hinterhalt gelegt hatte ( Jos 8,1-29 ). Dann griffen 10 000 der besten Männer Israels Gibea frontal an, und der Herr schenkte ihnen den Sieg in der Schlacht. Die Benjaminiter verloren 25 100 Soldaten - fast ihre gesamte Streitkraft (die 26 700 Männer betrug); ( Ri 20,15 ).



Ri 20,36-46 (Ri 20,36b-46)


Diese Verse ergänzen den vorhergehenden Bericht, denn sie erläutern den Hinterhalt und die Folgen der großen Schlacht. Als die Benjaminiter von der Stadt abgedrängt waren (vgl. V. 31 - 32 ), stürzten sich die im Hinterhalt wartenden Israeliten auf Gibea, erschlugen die Bewohner und steckten die Stadt in Brand. Der Rauch der Stadt, der in den Himmel zog , war ein verabredetes Zeichen für die sich zurückziehenden Israeliten, sich den Benjaminitern zuzuwenden, die in Schrekken versetzt worden waren und in die Wüste flohen (d. h. ostwärts; vgl. V. 43 ). Sie hatten insgesamt einen Verlust von etwa 25 000 benjaminitischen Schwertträgern zu verzeichnen (die genauere Anzahl von 25 100 wird in V. 35 genannt). Die Erzählung bezeichnet die Anzahl der Toten gemäß der verschiedenen Schlachtabschnitte - 18 000 (V. 44 ), 5 000 die Straßen entlang und 2 000 (V. 45 ).



f. Die Folgen der Niederlage der Benjaminiter
(
20,47 - 48 )


Ri 20,47-48


600 benjaminitische Kämpfer hatten die Festung bei dem Felsen Rimmon (das heutige Rammun, Ri 6,5 km östlich von Bethel) erreicht, die gut zu verteidigen war, wo sie vier Monate blieben (bis sie von den Israeliten den Frieden signalisiert bekamen; vgl. 21, 13 - 14). Sie waren von dem ganzen Stamm Benjamin die einzigen Überlebenden, denn die israelitischen Soldaten hatten alle Städte zerstört und verbrannt. Weil sie auch die Tiere und alles, was sie sonst gefunden hatten, vernichtet hatten, hatten sie an den benjaminitischen Städten offensichtlich wie im Heiligen Krieg "den Bann vollzogen" (vgl. den Kommentar zu Ri 1,17 ).



3. Die Erhaltung des Stammes Benjamin
(
21,1 - 24 )


a. Das Volk ist um die Vollständigkeit Israels besorgt
(
21,1 - 7 )


Ri 21,1-7


Die Grausamkeit von Gibea ( Ri 19,25-26 ) war bestraft worden, und die Blutschuld war von Israel durch den Tod der Benjaminiter abgewaschen worden ( Ri 20,35 ). Aber die Israeliten, hinter denen der Kampf und die Zerstörung lag, wurden sich nun über ein anderes schmerzhaftes Problem klar - einer der zwölf Stämme Israels war fast völlig ausgelöscht worden. Weil nur 600 Männer am Leben geblieben waren, stand Benjamin in Gefahr, auszusterben. Das Problem wurde zusätzlich durch die Tatsache verkompliziert, daß die Israeliten bei Mizpa einen Eid geschworen hatten, einem Benjaminiter keine ihrer Töchter zur Frau zu geben (vgl. Ri 21,7.18 ). Für die übriggebliebenen 600 Benjaminiter war es gemäß dem mosaischen Gesetz auch nicht möglich, eine Nichtisraelitin zu heiraten (vgl. 2Mo 34,16; 5Mo 7,3 ). Eine zweitrangige Sache, mit der sich die Israeliten konfrontiert sahen, war die Erfüllung eines anderen heiligen Eides, nämlich, alle Israeliten zu töten, die nicht nach Mizpa gekommen waren. Die Angelegenheit ersten Ranges, nämlich die Auslöschung der Benjaminiter, zog eine weitere Zeit in Bethel nach sich, als die Israeliten bis zum Abend vor Gott saßen und ihre Stimmen erhoben und bitterlich weinten. Der Inhalt ihrer Klage lautete: Warum sollte heute ein Stamm Israels fehlen? Sie nahmen auch an einem Opfer- und Anbetungsgottesdienst teil und opferten Brand- und Dankopfer (vgl. Ri 20,26 ).



b. Israel zieht gegen Jabesch in Gilead
(
21,8 - 12 )


Ri 21,8-12


Die Israeliten entdeckten bei der Bewältigung ihres Problems zweiten Ranges (vgl. V. 5 ), daß aus der Stadt Jabesch in Gilead (diese befand sich etwa 15 km südöstlich von Bet-Schean und etwa 5 km östlich des Jordans) keiner der Aufforderung, nach Mizpa zu kommen, gefolgt war. So erfüllten sie ihr Gelübde, und 12 000 Soldaten brachten die Bewohner von Jabesch in Gilead um. Davon waren nur 400 Jungfrauen aus der Stadt ausgenommen; dies war der erste Schritt zur Lösung ihres größten Problemes, der Auslöschung der Benjaminiter.

 

c. Israel versöhnt sich mit Benjamin
(
21,13 - 18 )


Ri 21,13-18


Die Versammlung der Israeliten sandte als nächstes ein formelles Friedensangebot ( SAlNm , damit wird die Wiederherstellung der Bundesbeziehungen angedeutet) an die 600 überlebenden Benjaminiter. Diese nahmen das Friedensangebot an und bekamen 400 Jungfrauen aus Jabesch in Gilead. Der Kummer der Israeliten hielt jedoch an, denn 200 Benjaminiter waren noch immer ohne eine Frau.



d. Die Frauen aus Silo
(
21,19 - 24 )


Ri 21,19


Die Israeliten erdachten sich einen Plan, der auf einem Hintertürchen in ihrem Eid basierte und den sie den Benjaminitern vorschlugen. Der Eid besagte, daß die Israeliten ihre Töchter den Benjaminitern nicht "geben" konnten (V. 1.7.18 ), aber er sagte nichts darüber aus, wenn diese sie sich "nehmen" würden. Es kam ihnen daher sehr gelegen, daß die Frauen des nahegelegenen Silo (etwa 20 km nördlich bis nordöstlich von Mizpa) bald an einem in dieser Gegend gefeierten Erntefest teilnahmen, wobei sie in den Feldern bei den Weinbergen tanzten. Lebona (das heutige el-Lubban) lag etwa 5 km nördlich von Silo.



Ri 21,20-24


Die 200 Benjaminiter mußten sich in den Weinbergen verstecken, bis die Feierlichkeiten im Gang waren, dann sollte jeder aus den Weinbergen herauskommen, eine Frau ergreifen und zum Land der Benjaminiter ziehen. Die Israeliten würden die Situation dann den Männern von Silo erläutern: daß sie unschuldig waren (und den Eid von Mizpa nicht gebrochen hatten; V. 1 ), denn sie hatten ihre Töchter den Benjaminitern nicht gegeben. So wurde die Auslöschung des Stammes Benjamin abgewendet. Die Benjaminiter bauten die Städte wieder auf und wohnten darin. Die Israeliten zogen nach Hause. Sie hatten zwar ihren Eid umgangen, aber den Stamm Benjamin vor dem Aussterben gerettet.



4. Der Charakter der Zeit der Richter
(
21,25 )


Ri 21,25


Das Buch Richter schließt mit einer letzten Erwähnung, daß die Menschen dieser Zeit durch moralische und soziale Anarchie, die der Zeit der Könige vorausgegangen war, versagt hatten. Schon dreimal zuvor war gesagt worden, daß Israel keinen König hatte (vgl. Ri 17,6; 18,1; 19,1 ). Die Tatsache, daß jeder tat, was er wollte , ist ein trauriger Kommentar über den beklagenswerten geistlichen Zustand des Volkes in jenen Tagen. Obwohl Israel unter der Unterdrückung vieler Feinde gelitten hatte, wurde Gottes Gnade immer wieder sichtbar, wenn sich die Menschen ihm voller Reue wieder zuwandten. Das Buch Richter veranschaulicht sowohl Gottes Gerechtigkeit als auch seine Gnade - seine Gerechtigkeit, wenn er Sünde bestraft, und seine Gnade, wenn er Sünde vergibt.



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