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Nahum Walvoord

Nahum (Elliot E. Johnson)


EINLEITUNG


Der Prophet Nahum


Über den Verfasser dieser kurzen prophetischen Schrift ist - außer, daß es sich um einen gewissen Nahum aus Elkosch ( Nah 1,1 ) handelt - nichts bekannt. Sein Name bedeutet "Tröstung" oder "Trost" - eine passende Bezeichnung für seinen Dienst an Juda, denn seine Botschaft von der Zerstörung Ninives, das damals für viele Völker ein furchtbarer Feind war, dürfte Juda tatsächlich ein großer Trost gewesen sein. Die Beifügung "aus Elkosch" legt die Vermutung nahe, daß Elkosch Nahums Heimatstadt war. Wir kennen jedoch keine Stadt dieses Namens. Nach Ansicht Jeromes lag sie in Galiläa. Andere Forscher lokalisieren sie am Tigris, nördlich des heutigen Mossul, unweit von Ninive. Manche vermuten sie östlich des Jordan, und wieder andere identifizieren sie mit Kapernaum. Zwar fehlen uns endgültige Belege, doch es ist am wahrscheinlichsten, daß Elkosch im Süden Judas lag. Das würde auch Nahums Sorge für Juda ( Nah 1,12; 2,1 ), den Adressaten seiner Botschaft, erklären.



Die Stadt Ninive


Nahums Prophezeiung bezog sich auf Ninive ( Nah 1,1 ). Auf der assyrischen Hauptstadt lastete schwer die Drohung des Gerichts. Auch an mehreren anderen Stellen des Alten Testaments ist vom Untergang Assyriens die Rede ( Jes 10,12-19; 14,24-25; 30,31-33; 31,8-9; Hes 32,22-23; Zeph 2,13-15; Sach 10,11 ).

Zum ersten Mal wird Ninive in der Bibel in 1Mo 10,11-12 erwähnt. Nimrod baute mehrere Städte im südlichen Mesopotamien ( 1Mo 10,8-10 ), ging dann nach "Assur ... und baute Ninive und Rehobot-Ir und Kelach". Inschriftentexten zufolge ließ Gudea den Tempel der Göttin Ischtar in Ninive, der seinen Worten nach bereits 2300 v. Chr. erbaut worden war, wiederaufrichten. Schon König Hammurabi von Babylon (ca. 1792 - 1750 v. Chr.) erwähnte Ninive. Unter dem assyrischen König Tiglat-Pileser I. (1115 - 1071), der sich selbst als "König der Welt" bezeichnete, wurde die Stadt vergrößert, und Assurnasirpal II. (883 - 859) sowie Sargon II. (722 - 705) hatten in Ninive ihre Residenz. Im 9., 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. erstarkte das Assyrische Reich und griff wiederholt die Völker im Osten, Norden und Westen - darunter auch Israel - an. (Vgl. die Karte "Die Könige von Assyrien im Mittel- und Neuassyrischen Königreich", in der Einführung zu Jona.)

Salmanassar III. (859 - 824 v. Chr.) machte Ninive zum Ausgangspunkt seiner militärischen Unternehmungen. In seiner Regierungszeit kam Israel mit dieser Stadt in Berührung. Der König hat in seiner Chronik vermerkt, daß er sich mit einer Koalition aramäischer und anderer Könige, darunter auch "Ahab, dem Israeliten" (853 v. Chr.), im Kriegszustand befinde. An einer späteren Stelle berichtet er, daß "Jehu, der Sohn Omris", der auf dem schwarzen Obelisken von Salmanassar abgebildet ist, ihm tributpflichtig sei. Keines dieser Ereignisse wird jedoch in der Bibel erwähnt. Usija, König von Juda (790 - 739), und Menahem, König von Israel (752 - 742), zahlten Tribut an Tiglat-Pileser III. In der Regierungszeit von Assur-Dan III. (772 - 754) predigte der Prophet Jona den Niniviten (vgl. die Einführung zu Jona).

731 v. Chr. wurde König Ahas von Juda (732 - 715) zum Vasallen Tiglat-Pilesers III., und die Assyrer marschierten im syrisch-ephraimitischen Krieg in Damaskus ein. Salmanassar V. (727 - 722) belagerte Samaria und eroberte die Stadt und damit das gesamte Nordreich im Jahre 722 v. Chr. ( 2Kö 17,3-6; 18,9-10 ). Einundzwanzig Jahre später (701) marschierte Sanherib (705 - 681) in Juda ein und verwüstete 46 judäische Dörfer und Städte. Als er auch Jerusalem umzingelt hielt, wurden in einer Nacht 185 000 seiner Soldaten getötet, woraufhin er sich nach Ninive zurückzog ( 2Kö 18,17-18; 19,32-36; Jes 37,36 ). Asarhaddon (681 - 669) betrachtete Juda ebenfalls als Vasallenkönigtum. Eine Gebäudeinschrift aus seiner Zeit enthält die Worte: "Ich berief die Könige des hethitischen Landes (Aram) und die Könige jenseits des Meeres, Ba'lu, König von Tyrus, Manasse, König von Juda ..." (Daniel David Luckenbill, Ancient Records of Assyria and Babylonia. 2 Bde. Chicago: University of Chicago Press, 1926 - 27, 2, 265).

Im Jahre 669 v. Chr. folgte Assurbanipal seinem Vater Asarhaddon als König von Assyrien auf den Thron. Möglicherweise war er der König, der Manasse, den König von Juda, freigab ( 2Chr 33,10-13 ). Assurbanipal zerstörte im Jahre 663 Theben und brachte Schätze von dort und aus Babylon und Susa nach Ninive. Er war auch der Begründer der großen Bibliothek von Ninive.

612 v. Chr. fiel Ninive dann in die Hände der Babylonier, Meder und Skythen. Noch heute sind die Ruinen der Stadt zu sehen.

Ninive lag am Westufer des Tigris (vgl. die Karte "Das Assyrische Reich" bei den Erläuterungen zu Jon 1,1 ). Wenn der durch die Stadt fließende Khosr über seine Ufer trat, konnte es leicht zu Überschwemmungen kommen (vgl. Nah 1,8; 2,7-9 ). König Sanherib verstärkte die Schutzwälle Ninives, deren Ruhm, wie er sagte, "den Feind erzittern läßt". Zur Bevölkerung der Stadt vgl. "Authentizität und Historizität" in der Einführung zum Buch Jona, sowie den Kommentar zu Jon 4,11 ). Jona hat Ninive mehrmals als eine "große Stadt" bezeichnet ( Jon 1,2;3,2-3;4,11 ).

Ninive war die Hauptstadt eines Reiches, in dem der Götzendienst blühte und das zu den mächtigsten, aber auch zu den grausamsten und abstoßendsten Reichen der Welt gehörte. So prahlte Assurnasirpal II. in der Chronik seiner Eroberungen: "Ich stürmte die Berggipfel und nahm sie ein. Mitten auf den gewaltigen Bergen schlachtete ich sie; ich färbte den Berg rot mit ihrem Blut wie Wolle... Ich hieb ihren Kriegern die Köpfe ab und türmte sie vor der Stadt auf; ihre Jünglinge und ihre Jungfrauen verbrannte ich" (Luckenbill, Ancient Records of Assyria and Babylonia, 1, 148). Über einen gefangenen Führer schrieb er: "Ich zog (ihm) die Haut ab und spannte sie über die Stadtmauer..." (ebd., 1, 146). Außerdem berichtet er von Verstümmelungen Gefangener bei lebendigem Leibe und vom Pfählen ihrer Leichen.

Auch Salmanassar II. (859 - 824) prahlte nach einem seiner Feldzüge mit seinen Grausamkeiten: "Vor der Stadt baute ich eine Pyramide von Köpfen auf. Ihre jungen Männer und Mädchen verbrannte ich in den Flammen" (ebd., 1,213). Sanherib (705 - 681) sagte von seinen Feinden: "Ich schnitt ihnen die Kehle durch wie Lämmern. Ich schnitt ihr kostbares Leben ab, (wie man) eine Schnur (durchschneidet). Ich ließ (den Inhalt) ihrer Hälse und ihrer Eingeweide wie die vielen Wasser eines Sturms auf die weite Erde hinabfließen. ... Ich hieb ihre Hände ab" (ebd., 2, 127).

Von Assurbanipal (669 - 626) schließlich ist der folgende Bericht über die Behandlung eines gefangenen Anführers überliefert: "Ich durchbohrte sein Kinn mit meinem scharfen Dolch. Durch seinen Kiefer ... führte ich einen Strick, legte ihm ein Hundehalsband um und steckte ihn ... in eine Hundehütte" (ebd., 2,319). Anläßlich seines Feldzuges gegen Ägypten brüstete sich Assurbanipal damit, daß seine Offizieredie Leichen der Ägypter "an Pfähle hingen, ihnen die Haut abzogen und die Stadtmauer(n) damit bedeckten" (ebd., 2, 295).

Kein Wunder, daß Nahum Ninive eine "mörderische Stadt" ( Nah 3,1 ) nannte, eine Stadt, die für ihre "Bosheit" ( Nah 3,19 ) bekannt sei!

Darüberhinaus waren die assyrischen Könige ungeheuer von sich eingenommen. Assurbanipal prahlte: "Ich (bin) Assurbanipal, der große (König), der mächtige König, König des Universums, König von Assyrien. ... Die großen Götter ... haben meinen Namen groß gemacht; sie machten meine Herrschaft mächtig" (ebd., 2,323-324). Asarhaddon trumpfte auf: "Ich bin mächtig, ich bin allmächtig, ich bin ein Held, ich bin übergroß, ich bin kolossal, ich bin geehrt, ich bin erhöht, ich bin unerreicht unter den Königen, der Erwählte von Assur, Nabo und Marduk" (ebd., 2, 226).

In Ninive und im ganzen Assyrischen Reich herrschte der Götzendienst in seinen krassesten Auswüchsen. Die Religion Assyriens war in ihrem Ursprung babylonisch, der assyrische Nationalgott war jedoch Assur, dessen Hoherpriester und Stellvertreter der König war.



Datierung


In Nah 3,8 ist von der Eroberung Thebens (durch Assurbanipal) die Rede. Da dieses Ereignis im Jahre 663 v. Chr. stattfand, muß das Buch nach dieser Zeit entstanden sein. Der Untergang Ninives aber, den Nahum vorhersagte, fiel in das Jahr 612 v. Chr. Also wurde das Buch wohl zwischen 663 und 612 geschrieben. Walter A. Maier grenzt die Entstehungszeit auf die Jahre zwischen 663 und 654 v. Chr., kurz nach der Eroberung Thebens, ein ( The Book of Nahum , S. 30, 34 - 37). Er führt für seine Hypothese folgende Argumente an:

1. Die Beschreibung Ninives ( Nah 1,12; 3,1.4.16 ) paßt nicht in die Zeit des Niedergangs des Assyrischen Reiches unter Assurbanipals Söhnen, Assur-Etil-Ilani (626 - 623 v. Chr.) und Sin-sar-iskun (623 - 612 v. Chr.).

2. Als Nahum seine Prophezeiung aussprach, stand Juda unter assyrischer Oberherrschaft ( Nah 1,13; 2,1.3 ). Das deutet eher auf die Regierungszeit Manasses (697 - 642) als auf die Josias (640 - 609) hin.

3. Im Jahre 645 v. Chr. erstarkten die Meder als unabhängige Nation, und 626 begann der Aufstieg des Neubabylonischen Reiches. Wenn Nahum sein Buch kurz vor Ninives Untergang durch den Ansturm dieser Völker im Jahre 612 geschrieben hätte, würde man erwarten, daß sie im Text genannt werden. Da er jedoch weder die Meder noch die Babylonier erwähnt, ist anzunehmen, daß seine Schrift vor dem Jahre 645 entstand.

4. Am meisten fällt jedoch die Tatsache der Wiederherstellung Thebens im Jahre 654, neun Jahre nach seiner Zerstörung, ins Gewicht. Nahums rhetorische Frage in Nah 3,8 wäre kaum sinnvoll, wenn sie nach 654 niedergeschrieben worden wäre.



Einheit des Textes


Einige Gelehrte haben die Meinung geäußert, daß der größte Teil des Abschnittes Nah 2,5 - Abschnittes Nah 3,19 (mit Ausnahme einiger von einem oder mehreren späteren Autoren eingefügter Sätze) von Nahum selbst verfaßt worden sei, während die Passage Nah 1,1 -Passage Nah 2,4 von anderer Hand stamme. Auch die Authentizität von Nah 1,1 wurde in Frage gestellt, da der Vers nach Ansicht einiger Exegeten einen doppelten Titel aufweist: "Dies ist die Last für Ninive, das Buch der Weissagung Nahums aus Elkosch." Die Sätze ergänzen einander jedoch - der erste enthält das Thema, der zweite nennt den Verfasser. Ähnliche Formulierungen lassen sich auch in Jes 13,1; Am 1,1; Mi 1,1 finden (in Jes 13,1 und Am 1,1 bedeutet "geschaut hat" "in einer Vision geschaut hat"). Man hat ferner behauptet, daß Nah 1,2-10 kein authentischer Text, sondern ein Jahre später hinzugefügter Ps. in Form eines Akrostichons sei. Ob die Verse tatsächlich ein Akrostichon bilden, ist zweifelhaft, doch selbst wenn dem so wäre, wäre das kein Beweis dafür, daß sie nicht von Nahum stammen.

 



Literarische Form des Textes


Manche Forscher haben nachzuweisen versucht, daß das Buch Nahum keine Prophezeiung sei, sondern ein liturgischer Text zum "Inthronisationsfest" des Herrn, das nach dem Sturz Ninives im Jahre 612 v. Chr. alljährlich in Jerusalem begangen wurde. Danach besteht das Buch aus Fragmenten verschiedener literarischer Gattungen und Formen, Fragen und Antworten und einander abwechselnden Solisten- und Chorpassagen, die zusammen eine Liturgie zum Gedenken an den Sturz Ninives bilden. Dieser Theorie widerspricht jedoch der Titel des Buches, der den Inhalt als "Last" und "Weissagung" bezeichnet. Die Liturgiethese wird dem prophetischen Charakter des Buches nicht gerecht.

Obwohl der Text eine literarische Einheit von der Hand eines Verfassers darstellt, kommen darin tatsächlich verschiedene literarische Formen zur Anwendung. Dazu gehören die Einführung, in der Gottes Eigenschaften gerühmt werden ( Nah 1,2-8 ), eine Reihe von Weissagungen für Ninive und Juda ( Nah 1,9-2,1 ), eine lebendige prophetische Schilderung von Ninives Fall ( Nah 2,2-14 ) und die Anprangerung von Ninives Schuld ( Nah 3 ). Diese Teile sind durch rhetorische Fragen miteinander verbunden ( Nah 1,6; Nah 3,7-8.19 ). In Metaphern und Gleichnissen werden die Bewohner Ninives mit dürrem Stroh ( Nah 1,10 ) und Löwen ( Nah 2,12 ) verglichen, und ihre Stadt wird als zauberkundige Hure ( Nah 3,4 ) bezeichnet. Die Festungsanlagen der Stadt vergleicht der Prophet mit Feigenbäumen voller reifer Früchte ( Nah 3,12 ), ihre Wachleute und Offiziere mit Heuschrecken und Käfern ( Nah 3,17 ). Die Schlacht, die mit der Eroberung der Stadt endete, wird dagegen nur in knapper Form beschrieben ( Nah 2,8-11; Nah 3,2-3.14 ).



Zweck des Buches


Der erste Hinweis auf die Intention des Textes findet sich bereits im Titel: die "Last" (vgl. den Kommentar zu Nah 1,1 sowie den Kommentar vor Sach 9,1 ). Nahum erlegte Ninive eine Last auf; seine Prophezeiung enthielt eine Drohung für die Stadt. Der Prophet wandte sich zwar in erster Linie an Ninive ( Nah 1,8.11.14; 2,2.9; 3,7 ), sprach jedoch, allerdings in tröstender Form, auch Juda an ( Nah 1,12; 2,1.3 ). Das kommende Gericht über Ninive (als Strafe für seine schreckliche Grausamkeit gegenüber vielen Völkern, darunter auch dem im Jahre 722 v. Chr. eroberten Nordreich Israel) würde dem arg bedrängten Juda Erleichterung bringen ( Nah 1,12 ), denn die assyrische Bedrohung saß Juda bereits im Nacken. Die Assyrer hatten nämlich einen großen Teil von Juda unterworfen und sogar im Jahr 701 v. Chr. Jerusalem umzingelt. Zudem mußte das Land fast während der gesamten Regierungszeit Manasses Tribut an Assyrien entrichten. In dieser Situation sollte das Buch Nahum Ninives Untergang ankündigen und dadurch Juda die tröstliche Gewißheit geben, daß Gott letztlich die Fäden in der Hand hielt.



GLIEDERUNG


I. Der Titel ( 1,1 )

II. Die Gewißheit des göttlichen Gerichts über Ninive ( 1,2-2,1 )

     A. Gottes Zorn über Ninive und seine Güte gegenüber den Seinen ( 1,2-8 )
     B. Das Ende der Verschwörung Ninives gegen den Herrh ( 1,9-11 )
     C. Das Ende der Heimsuchung Judas durch die Zerstörung Ninives ( 1,12-2,1 )

III. Gottes Gericht über Ninive ( Kap. 2 )

     A. Der Angriff ( 2,2-7 )
     B. Eroberung und Plünderung ( 2,8-14 )

IV. Gründe füf Gottes Gericht über die Stadt Ninive ( Kap.3 )

     A. Die Schändung Ninives für seine Grausamkeit und seinen Betrug ( 3,1-7 )
     B. Ninives Vergehen gegen Theben ais Hinweis auf seinen eigenen Untergang ( 3,8-11 )
     C. Die Sinnlosigkeit der Verteidigungsbemühungen Ninives ( 3,12-19 )


AUSLEGUNG


I. Der Titel
( 1,1 )


Nah 1,1


Das Buch Nahum war eine Last für Ninive . Diese Last ( maRRA? ; vgl. den Kommentar zu Jes 13,1 und die Ausführungen zu Sach 9,1 ) war nichts anderes als die Botschaft des drohenden Untergangs. Es war eine " Weissagung " ( HXzNn ), d. h. eine Botschaft, die der Prophet geistig und spirituell "schaute" (vgl. Jes 1,1; Ob 1,1; Mi 1,1; Sach 1,8 ). (Zu der Wendung Nahum aus Elkosch vgl. "Der Prophet Nahum" in der Einführung .)


II. Die Gewißheit des göttlichen Gerichts
( 1,2 - 2,1 )


Nach den Worten Nahums war Ninives Untergang besiegelt. Weil sich die Stadt gegen den Herrn verschworen hatte (V. 9 - 11 ), sollte sie nun seinen Zorn erfahren (V. 2 - 6 ). Doch Gott blieb denen, die auf ihn vertrauten, eine Zuflucht (V. 7 ), denn Ninives Vernichtung würde für das unter der assyrischen Bedrohung leidende Juda die Erlösung bringen ( Nah 1,12-2,1 ).



A. Gottes Zorn über Ninive und seine Güte gegenüber den Seinen
( 1,2 - 8 )


Nah 1,2


Der Herr ist gerecht gegenüber seinem Bundesvolk und auch gegenüber dessen Unterdrückern. Als gerechter Gott ist er ein eifernder Gott , d. h. er ist darauf bedacht, sein Eigentum, Juda, zu schützen (vgl. den Kommentar zu 5Mo 6,15 ; vgl. auch 5Mo 4,24; 5,9; 32,16.21 ). Er duldet keine Götter neben sich. Er ist ein vergeltender Gott - diese Eigenschaft wird durch die dreimalige Wiederholung des Wortes nOqEm (rächend oder Rache nehmend) in demselben Vers besonders hervorgehoben (zweimal in transitiver Form: "(er) vergilt (es) seinen Widersachern"; "er wird es seinen Feinden nicht vergessen"). Gott hat gesagt: "Die Rache ist mein" und "(ich) will ... mich rächen an meinen Feinden und denen, die mich hassen, vergelten" ( 5Mo 32,35.41 ). Er rächt sein Volk, indem er gegen seine Feinde für es eintritt und es eifersüchtig beschützt. So nimmt Gott für sein Volk Rache und richtet sich damit gegen dessen Widersacher - Judas Feinde sind auch seine Feinde . Er ist zornig über sie (wörtlich: "er ist Baal (d. h. "Herr") des Zornes"). (EmCh , verwandt mit dem Verb "hitzig sein", bezeichnet Gottes glühenden Zorn auf die Sünde.



Nah 1,3 a


Gott nimmt zwar Rache an seinen Feinden, doch zugleich ist er geduldig (wörtlich: "langmütig im Zorn") und hält sein Gericht lange zurück (vgl. 2Mo 34,6; 4Mo 14,18; Neh 9,17; Ps 86,15; 103,8; 145,8; Joe 2,13; Jon 4,2 ). Diese "Langmut" war verantwortlich für die - aus Judas Perspektive - offensichtliche Verzögerung des Gerichts, die es Assyrien erlaubte, so lange ungestraft in seiner Lasterhaftigkeit fortzufahren. Es wäre jedoch falsch, diese Haltung Gottes als Schwäche auszulegen. Er ist langmütig und geduldig ( 2Pet 3,9 ), weil er möchte, daß die Menschen ihre Schuld bereuen. Aus diesem Grund schickte er, etwa 100 Jahre vor Nahums Prophezeiung, seinen Propheten Jona zu den Niniviten.

Der Herr ist aber auch von großer Kraft . Neben der Größe seiner Gnade steht seine Allmacht. Das hebräische Wort für "Kraft", kOaH , drückt sowohl Ausdauer als auch Tatkraft aus und bezeichnet demnach die Fähigkeit, große Aufgaben zu bewältigen (z. B. 5Mo 8,17-18 ). Diese Fähigkeit wird an Gottes richtendem Handeln sichtbar. Denn, so fügt der Prophet hinzu, vor dem HERRN ist niemand unschuldig (ökumenische Einheitsübersetzung: "doch läßt der Herr gewiß keinen ungestraft"; vgl. 4Mo 14,18 ). Er würde den Niniviten als Richter begegnen,weil sie schuldig waren, und würde sie nicht behandeln, als ob sie unschuldig wären. Obwohl die Niniviten nach Jonas Predigt Reue gezeigt hatten, war die Stadt inzwischen wieder in ihr altes Unrecht zurückgefallen und würde daher Gottes Zorn nicht entgehen.



Nah 1,3-5 (Nah 1,3b-5)


Die Größe der Kraft Gottes (V. 3 a) wird schon an seiner Macht über die Natur deutlich. Dem, der über die unbelebte Natur gebietet, war es mit Sicherheit ein Leichtes, Ninive zu richten. Er ist der Herr über Wetter und Sturm (vgl. Hi 9,17 a), zwei schreckliche und oft zerstörerische Naturgewalten, und genauso zerstörerisch und verwüstend wie ein Wirbelwind würde er mit Ninive verfahren. Er ist so groß, daß die Wolken Staub unter seinen Füßen sind (vgl. 1Sam 22,10; Ps 18,10 ). "Seine Schritte bedecken die weite Fläche der Wolken. Seine Bewegungen verdunkeln den Himmel, wenn der Wind dahinjagt und der Sturm heult" (Maier, T he Book of Nahum: A Commentary , S. 158 - 159).

In seiner Macht schilt er das Meer und macht es trocken; alle Wasser läßt er versiegen . Diese Wendung nimmt Bezug auf die Befreiung Israels aus der ägyptischen Knechtschaft (vgl. 2Mo 14,21; Ps 66,6; 106,9; Jes 50,2; 51,10 ; vgl. auch Ps 18,5 ). Wenn Gott Ägypten solcherart niederwerfen konnte, so war er ganz sicher auch stark genug, um Ninive zu zerstören. Die östlich des Sees Genezareth (Galiläa) gelegene Baschan -Region, das Karmel -Gebirge in der Nähe des heutigen Haifa und der Libanon im Norden Israels waren fruchtbare Gebiete (vgl. Jes 33,9 ; vgl. auch Karmel in Am 1,2 und Baschan in Mi 7,14 ). Wenn Gott diese grünen Landstriche austrocknen lassen kann, so zeigt das ebenfalls, daß er ohne weiteres dazu imstande war, Ninive zu richten. Selbst die Berge, Symbole der Dauerhaftigkeit, schwanken unter seiner Macht wie einst der Berg Sinai ( 2Mo 19,18 ), und die Hügel zergehen (vgl. Mi 1,4 ). Ja, der ganze Erdkreis und alle, die darauf wohnen - auch die Niniviten -, würden vor dieser schrecklichen Macht erzittern.

 

Nah 1,6


Die beiden rhetorischen Fragen ( Wer kann bestehen und wer kann bleiben? ) unterstreichen nachdrücklich, daß letztlich niemand vor dem Herrn bestehen kann, wenn er durch die Bosheit der Menschen aufgebracht ist. Sanheribs Feldhauptmann ( 2Kö 18,17 ) hatte Hiskia mit der Frage herausgefordert: "Wo ist ein Gott unter den Göttern aller Länder, der sein Land aus meiner Hand errettet hätte, daß allein der Herr Jerusalem aus meiner Hand erretten sollte?" ( 2Kö 18,35 ). Doch Assyrien mußte bald erkennen, daß das letzte Wort bei Gott und nicht bei ihm selbst lag! Das an dieser Stelle verwendete hebräische Wort für Grimm , zaZam , bedeutet "schäumen vor Wut", wie Wasser aufschäumt. Bereits zweimal war von diesem Grimm in Synonymen die Rede (vgl. "langmütig im Zorn" im Zusammenhang mit Nah 1,3 und "glühender Zorn", HEmCh , im Kommentar zu V. 2 ). Der Zorn Gottes ist zerstörend wie Feuer , und wenn der Herr zum Gericht kommt, zerspringen selbst die Felsen vor ihm (vgl. 1Kö 19,11 ).


Nah 1,7-8


Im Gegensatz zu seinem Zorn und seiner Macht über seine Widersacher ist der HERR gütig (vgl. 2Mo 34,6; Ps 106,1; 107,1; 136,1; Jer 33,11 ) zu denen, die auf ihn trauen . Diese Güte Gottes findet ihren Ausdruck in seiner Treue und Gnade, denn er gewährt Zuflucht ( eine Feste zur Zeit der Not ) und Hilfe und nimmt sich der Seinen an. Das hebräische Wort für "Feste, Zuflucht" ist mAZNz . In Ps 27,1; Ps 37,39 und Ps 43,2 ist es mit "Kraft" oder "Stärke" übersetzt. Es bezeichnet im weiteren Sinne einen sicheren, befestigten Ort. Auch die Einwohner von Ninive wähnten sich wohl in ihren Festungen sicher, doch ihre Sicherheit war kurzlebig im Vergleich zu dem Trost und der Geborgenheit, die Gott seinem Volk gibt.

Gottes Feinde aber sollten sein Gericht erfahren. Durch eine überlaufende Flut würde Gott ein Ende (vgl. Nah 1,9 ) mit Ninive machen. Statt "Ninive" steht an dieser Stelle "seiner Lage" (Luther: "seinen Widersachern"), die Wendung zielt jedoch eindeutig auf Ninive ab (auch in den Versen 11.14 sowie in Nah 2,2 ist jeweils Ninive gemeint). Der Hinweis auf eine Flut könnte ein bildhafter Ausdruck für die ungehinderte Invasion eines Heeres sein (vgl. Jes 8,7-8; Jer 47,2; Dan 9,26; Dan 11,40 ). Vielleicht bezieht er sich jedoch auch auf eine tatsächliche Überschwemmung, bei der der Tigris und der Khosr über die Ufer traten und Teile der Stadtmauer zerstörten (vgl. Nah 2,7.9 ; vgl. auch die Tafel "Erfüllungen der Prophezeiungen Nahums" in der Einführung ).

Nahum fügte hinzu, daß Gott seine Feinde mit Finsternis verfolge. Der Begriff "Finsternis" symbolisiert an vielen Stellen der Bibel die geistliche Situation von Menschen ohne Gott, ihre Vernichtung und schließlich ihre ewige Verdammnis ( Hi 17,13; Ps 82,5; 88,13; Spr 4,19;20,20; Jes 8,22;42,7; Jer 23,12; Mt 4,16;8,12; Joh 3,19; Kol 1,13; 1Pet 2,9; Jud 6; Offb 16,10 ).



B. Das Ende der Verschwörung Ninives gegen den Herrn
( 1,9 - 11 )


Die Bekräftigung der Botschaft vom unabwendbaren Untergang Ninives gliedert sich in eine klare Vorhersage über Ninive (V. 9 - 10 ), eine Verheißung für Juda (V. 12 - 13 ), einen Befehl und eine weitere Prophezeiung an die Adresse Ninives (V. 14 ) und eine Aufforderung an Juda ( Nah 2,1 ).



Nah 1,9


Obwohl der Versuch des assyrischen Königs Sanherib, Jerusalem zu zerstören, fehlgeschlagen war, fuhren die Niniviten fort, Pläne zur Eroberung der Stadt zu ersinnen . Eine solche Verschwörung gegen das Volk Gottes war im Grunde jedoch eine Verschwörung wider den HERRN (vgl. V. 11 ). So würden ihre Pläne mißlingen, da Gott ihre Ausführung vereiteln würde (vgl. " ein Ende " machen in V. 8 ). Assyrien sollte tatsächlich nie wieder in der Lage sein, Jerusalem anzugreifen. Übereinstimmend mit Gottes Zusage sollte das Unglück für die heilige Stadt nicht zweimal aus Assyrien kommen. Jede Bemühung, Gottes Pläne zur endgültigen Vernichtung Ninives (vgl. V. 8 ) zu vereiteln, mußte scheitern.



Nah 1,10-11


Der Vergleich Ninives mit Dornen, die noch ineinanderwachsen , ist unterschiedlich ausgelegt worden: (a) Die Dornen symbolisieren gottlose Feinde, wie in Hes 2,6 ; (b) die Dornen (d. h. Dornbüsche) beziehen sich auf den Lebensraum von Löwen; dafür findet sich allerdings im Text kein Beleg; (c) das Ineinanderwachsen der Dornen bezieht sich auf die Verwirrung der Niniviten beim Angriff auf ihre Stadt im Jahre 612 v. Chr. Die Verwirrung, die vor allem dadurch entstand, daß die Bevölkerung größtenteils berauscht war, endete mit dem völligen Untergang Ninives: Die Einwohner der Stadt wurden so rasch und vollständig ausgerottet, als würde dürres Stroh verbrannt (vgl. Jes 10,16-17 ). Die Ähnlichkeit der hebräischen Wörter für "ineinandergewachsen" ( s+=BVKIm ) und "trunken" ( s+BU?Im ) läßt an ein Wortspiel denken. Mit der Wendung " der Böses wider den HERRN plante " ( Nah 1,11 ; vgl. V. 9 ) wird auf einen assyrischen König (Sanherib oder einen seiner Nachfolger) angespielt. " Arges " ist die Übersetzung von b+liyyaZal , "Nichtswürdigkeit" (in Nah 2,1 mit "der Arge" übersetzt). Die Pläne des Königs waren sowohl nichtswürdig als auch böse (vgl. "heillos" in Hi 34,18 ; "ruchlos" in 1Sam 16,7 und "heillos" in Spr 16,27 ).



C. Das Ende der Heimsuchung Judas durch die Zerstörung Ninives
( 1,12 - 2,1 )


Nah 1,12-13


Mit den Worten So spricht der HERR beginnt die Verheißung für Juda. Diese Formel, die im Buch Nahum nur an dieser Stelle vorkommt, war die Gewähr dafür, daß die Prophezeiung sich erfüllen würde. Jahrhundertelang war Ninive gerüstet und mächtig gewesen; kein Feind war in seine Stadtmauern eingedrungen. Seine Einwohner waren zahlreich - also vermutlich sehr wohl in der Lage, die Stadt zu verteidigen. Doch Gott versprach, daß Ninive umgehauen (besiegt) werden und dahinfahren (verschwinden) würde. Gott hatte Assyrien mehrmals als Werkzeug gegen Juda gebraucht - so z. B. anläßlich des Angriffs Sanheribs im Jahre 701 v. Chr., ferner durch den Tribut, den Juda fast während der gesamten Regierungszeit Manasses an Assyrien entrichten mußte, und durch die Gefangennahme von Judas König Manasse ( 2Chr 33,11 ). Mit Ninives Untergang würde jedoch die assyrische Unterdrückung, die auf Juda wie ein Joch auf dem Nacken eines Tieres lastet, endgültig aufhören.



Nah 1,14-2,1


Während Ninive keine Nachkommen und keinen Ort mehr haben würde, an dem es seinen Göttern dienen könnte (V. 14 ), wurde Juda angesichts der kommenden Erlösung aufgerufen, seine Feste zu feiern und seine Gelübde zu erfüllen ( Nah 2,1 ). Das Gebot ( QAwCh , " geboten ") des Herrn gegen Ninive zeigt an, daß auch diese Stadt letztlich Gottes Ratschlüssen unterworfen war. Sein Gericht würde ihren Reichtum und ihre falschen Götter zunichte machen. Keiner würde mehr da sein, der Götzendienst betreiben könnte, und es würde keine Abgötter mehr geben. Oftmals hatte Ninive zuvor die Altäre und Tempel seiner besiegten Feinde entweiht und ihre Götzen und Bilder geraubt. In den Augen Assyriens war das ein Beweis für die Macht seiner eigenen Götter. Doch nun sollte Ninive selbst das Schicksal seiner früheren Feinde erleiden. Beim Haus seines Gottes handelte es sich entweder um den Tempel der Ischtar oder um den des Nabo.

Gott würde Ninive begraben ( ein Grab will ich dir machen ; vgl. Hes 32,22-23 ), weil es zunichte ( qAlal ; "nichtswürdig, gering sein"; vgl. Hi 40,4 ) geworden war.

Ninives Untergang aber ( Nah 1,14 ) würde Juda die Freiheit bringen ( Nah 2,1 ). Der Prophet sprach so, als ob Ninive bereits gefallen und ein guter Bote bereits mit dieser Nachricht bei den Bergen um Jerusalem angelangt wäre. Der Untergang der Hauptstadt des grausamen Volkes der Assyrer würde wahrhaftig eine Botschaft des Friedens sein. Juda würde seinen Gottesdienst wieder aufnehmen und von neuem seine Feste feiern (das Fest der ungesäuerten Brote, das Ernte- oder Pfingstfest und das Fest der Lese oder Laubhüttenfest; 2Mo 23,14-17 ); auf diese Weise würde es seiner Dankbarkeit gegenüber Gott Ausdruck verleihen und seine Gelübde erfüllen (vgl. 3Mo 22,21; 27,2.8 ). Der Arge ( b+liyyaZal ; vgl. den Kommentar zu Nah 1,11 ) würde nicht mehr über Juda komme n (vgl. Nah 2,9 ), denn er wäre ganz ausgerottet (vgl. Nah 1,10 ). Ninive wurde tatsächlich nicht wieder aufgebaut. Seine Zerstörung war so vollständig, daß Xenophon, der 200 Jahre später an dem Ort vorbeikam, wo die Stadt einst gestanden hatte, die Erdhügel für die Ruinen einer anderen Stadt hielt. Auch Alexander der Große, der unweit dieser Stätte eine Schlacht austrug, wußte nicht, daß er vor den Ruinen von Ninive stand.



III. Gottes Gericht über Ninive
( 2,2 - 14 )


Kapitel 1 (einschließlich Nah 2,1 ) enthält mehr oder weniger allgemeine Aussagen über das Gericht des Herrn über seine Feinde, doch nun geht der Verfasser zu einer genaueren Beschreibung des Angriffs auf Ninive und der Plünderung der Stadt über. Ninive würde angegriffen ( Nah 2,2.4-7 ), erobert (V. 8 - 9 ) und geplündert werden (V. 10 - 14 ), während Judas Pracht erneuert werden sollte (V. 3 ). Diesem veränderten inhaltlichen Schwerpunkt entspricht eine veränderte Ausdrucksweise - die anfängliche Ruhe und Würde werden von einem stark emotional gefärbten Stil und lebendigen Schilderungen abgelöst. Zu einigen dieser dichten, anschaulichen Beschreibungen der Kampfhandlungen schrieb Raymond Calkins: "Nahum zeichnet (die) Belagerung so plastisch nach undläßt ihren Schrecken und ihre Wildheit, ihre Grausamkeit und Erbarmungslosigkeit in einer so realistischen Sprache vor dem Auge des Lesers erstehen, daß man dabeizusein glaubt. Zuerst werden die Kämpfe in den Vorstädten geschildert, dann der Ansturm auf die Stadtmauer und schließlich die Eroberung der Stadt und ihre Zerstörung" ( The Modern Message of the Minor Prophets . New York: Harper & Brothers, 1947, S. 82).



A. Der Angriff
( 2,2 - 7 )


Nah 2,2


Nahum richtete seine Worte abwechselnd an Juda ( Nah 1,12-13; 2,1 ) und an Ninive ( Nah 1,11.14; 2,2 ). Als der Angriff begann, wurde die Stadt aufgefordert, sich zu verteidigen. Der Vormarsch des ungenannten Angreifers ( der dich zerstört ; mEPPIQ , "Erschütterer oder Zerstreuer"; vgl. Nah 3,18 ) war dabei so gewiß, daß Nahum hier das Präsens verwendete. Das hebräische Wort für das "heraufziehen" ( ZAlCh ) bezeichnet meist militärische Operationen des Feindes (z. B. in Ri 1,1; 1Sam 7,7; 1Kö 20,22; Jes 7,1.6;21,2 ). Hier war der Angreifer der Babylonier Nabopolassar, der zusammen mit dem Meder Kyaxeres Ninive eroberte.

Es folgen vier kurze, knappe Befehle. Sie spiegeln die hektische Aktivität wider, in die die Niniviten bei ihren umfangreichen Verteidigungsanstrengungen verfielen. Mit bitterer Ironie und feinem Spott drängte Nahum die Stadt, sich auf die drohende Belagerung vorzubereiten, die Festung und die Straße zu bewachen, sich zu rüsten (wörtlich: "die Lenden zu gürten", d. h. alle physischen und geistigen Kräfte aufzubieten) und sich aufs gewaltigste zu stärken ( kOaH ; vgl. den Kommentar zu Nah 1,3 ). Der Prophet wußte, daß diese Vorkehrungen die Belagerung nicht aufhalten und ihren Ausgang nicht beeinflussen würden. Alle Bemühungen Ninives, sich zu verteidigen, würden vergeblich sein, denn die Stadt würde zerstört werden, wie Gott es angekündigt hatte ( Jes 2,1 ).



Nah 2,3


Die Schilderung des Angriffs wird hier von einer Aussage über Jakob und Israel unterbrochen. Möglicherweise sind Jakob und Israel Synonyme für das ganze Volk, vielleicht bezieht sich Jakob aber auch auf das Südreich und Israel auf das Nordreich. Durch die Zerstörung Ninives würde das Volk Gottes aus seinem schmachvollen, unwürdigen Zustand herausgerissen, und es könnte dann seine frühere Pracht ( gA?Nn , "Vortrefflichkeit oder Erhabenheit") wiedererlangen. Diese Prophezeiung wird sich erst zu jener Zeit vollständig erfüllen, da Israel im Tausendjährigen Reich, das der Messias errichten wird, das Land besitzt. Im Gegensatz dazu war es jetzt völlig verheert (infolge der Eroberung des Nordreiches durch Assyrien im Jahre 722 v. Chr.), und seine Reben waren verdorrt.



Nah 2,4-5


Im folgenden werden die Ausrüstung und Schnelligkeit des Zerstörers (V. 2 ) und seiner Krieger und Wagen geschildert. Das Possessivpronomen seiner in der ersten Zeile von Vers 4 bezieht sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf den assyrischen König und seine Verteidigungsbemühungen, sondern auf den ungenannten Zerstörer. In einer Vision sah Nahum das zukünftige Schauspiel vor sich, als fände es schon jetzt statt. Die Schilde der Meder und Babylonier waren rot von Blut - oder auch, weil die hölzernen Schilde mit rotgefärbtem Leder bespannt oder mit Kupfer beschlagen waren. Die Purpurkleidung der Krieger (vgl. "rot" in Hes 23,14 ) verlieh diesen ein furchterregendes Aussehen. (Xenophon schreibt, daß die Perser im Heer des Kyros in Purpur gekleidet gewesen seien; Cyropaedia 6.4.1.) Ihre Wagen glitzerten in der Sonne wie leuchtende Fackeln , und die hölzernen Speere der Soldaten wiegten sich (ökumenische Einheitsübersetzung; fehlt bei Luther) im wilden Angriff.

Die Wagen der Belagerer jagten in wilder Raserei dahin (vgl. Jer 46,9 ). Sie waren so schnell, daß sie wie Blitze aussahen. Zu den Straßen "gehörten wohl die Alleen und Verbindungsstraßen der Vorstädte um Ninive, die in die Stadt führten, denn der Beschreibung nach rückte der Angriff allmählich auf die Stadtmauern vor" (Maier, The Book of Nahum: A Commentary , S. 243). Die Gassen waren größere offene Räume innerhalb der Stadt (vgl. "Straße(n) und Gasse(n)" in Spr 5,16;7,12; Jer 5,1;9,20 ).



Nah 2,6-7


Das Wort " seine " in Vers 6 bezieht sich wahrscheinlich auf den assyrischen König, der seine Gewaltigen aufbot, um die Mauer zu verteidigen und das Schutzdach aufzurichten. Wie diese Schutzvorrichtung aussah, ist nicht genau bekannt, auf jeden Fall aber schirmte sie die Verteidiger irgendwie gegen die Steine, Speere und Pfeile der Angreifer ab.

Für die Tore an den Wassern wurden mehrere mögliche Deutungen vorgeschlagen: (a) befestigte Brücken, (b) Stadttore an den Ufern des Tigris, (c) Schleusentore in den Dämmen der Stadtgräben (dafür gibt es jedoch keine archäologischen Beweise), (d) Breschen, die durch den reißenden Wasserstrom in die Mauern geschlagen wurden, (e) Schleusen, die den Lauf des Khosr kontrollierten, der durch die Stadt floß.

Die fünfte Erklärung scheint sich der sprachlichen Formulierung am natürlichsten anzupassen und auch den archäologischen Funden am ehesten zu entsprechen. "Sanherib ... staute den ... (Fluß) Khosr, außerhalb der Stadt, und schuf so ein Wasserreservoir. Thompson und Hutchinson berichten, daß das Wasser von einem großartigen doppelten Damm mit zwei massiven Wällen in einiger Entfernung von Ninive zurückgehalten wurde. In den Ruinen fanden sie noch Spuren der ursprünglichen Dammtore oder Schleusen, durch die der Wasserstrom zu der Stadt verstärkt oder reduziert werden konnte" (Maier, The Book of Nahum: A Commentary , S. 253). Möglicherweise schloß der Feind die Schleusentore zu Beginn der Belagerung. Als sich die Reservoirs gefüllt hatten, wurden die Tore geöffnet und die ausströmenden Wassermassen brachten den Palast zum Einsturz. Die Gewalt des Wassers wurde vielleicht durch schwere Regenfälle, wie sie von Diodorus Siculus erwähnt werden (vgl. Punkt 5 in der Tafel "Erfüllungen der Prophezeiungen Nahums" in der Einführung ), noch zusätzlich verstärkt. Bei dem Palast handelte es sich wahrscheinlich um Assurbanipals Residenz im nördlichen Teil der Stadt. Das Volk, das so viele Paläste zerstört hatte, mußte nun zusehen, wie der Sitz seiner eigenen Herrscher verwüstet wurde.



B. Eroberung und Plünderung
( 2,8 - 14 )


Nah 2,8


Ninives Schicksal war besiegelt. Nahum prophezeite, daß die überlebenden Einwohner der Stadt ins Exil verschleppt würden. Der Inhalt von Vers 8 a ist allerdings unklar. Luther übersetzt diese Stelle mit: "Die Königin wird gefangen weggeführt." Statt "Königin" steht hier aber das Wort " HVQQaB ", das in diesem Fall als Name der assyrischen Königin gedeutet wurde. Aus außerbiblischen Quellen ist uns jedoch keine Königin dieses Namens bekannt. Eine andere Übersetzungsmöglichkeit wäre: "Es ist beschlossen." Diese Aussage unterbricht zwar scheinbar den Gedankenfluß, enthält jedoch eine eingeschobene Versicherung, daß ein Ereignis wie die Verbannung der Niniviten aus Gottes Hand komme. Ähnliche Aussagen über den göttlichen Ratschluß finden sich auch an mehreren anderen Stellen ( Nah 1,13-14; 2,3.14; 3,5-6 ). Die Jungfrauen der Königin würden seufzen wie die Tauben , deren Gurren Klagelauten ähnelt (vgl. Jes 38,14; 59,11 ), und voller Angst an ihre Brust schlagen , denn sie wußten, daß sie weggeführt würden.



Nah 2,9-11


Die Niniviten würden aus der überschwemmten Stadt fliehen und all ihre Besitztümer zurücklassen. Das Wort Teich , das normalerweise vielleicht ein Reservoir bezeichnet, ist ein treffendes Bild für das überflutete Ninive (vgl. den Kommentar zu V. 7 ).Die Menschen würden die Stadt so rasch verlassen wie Wasser, das aus einem Becken strömt. Manchmal würde den in Panik Fliehenden zugerufen: " Stehet, stehet!", aber niemand würde sich umwenden . Es wird nicht gesagt, von wem der Aufruf zum Stehenbleiben kommen würde; vielleicht von den führenden Männern der Stadt oder den Offizieren des Heeres oder sogar vom angreifenden Feind.

Nun werden die siegreichen Eindringlinge zur Plünderung aufgefordert. Jahrelang hatte Ninive von seinen Feinden reiche Beute erpreßt und besaß daher fast unermeßliche Mengen an Gold und Silber . Auch aus Tributforderungen und durch den Handel hatte die Stadt Schätze angesammelt. So erwähnt Assurbanipal in seinen Annalen, und zwar in den Verzeichnissen der Kriegsbeute, siebenundzwanzigmal Gold und Silber. Bei Luckenbill finden sich Berichte über die riesigen Reichtümer, die mehrere assyrische Könige, darunter Assurbanipal, Salmanassar III., Adad-Nirari, Tiglat-Pileser III., Sargon II., Sanherib und Asarhaddon, angehäuft hatten (Ancient Records of Assyria and Babylonia, 1, 181, 211, 263, 276; 2, 20, 133, 205). Mit den beiden Adjektiven " verheert und geplündert " hat Luther drei im Hebräischen ähnlich klingende Wörter wiedergegeben: bUqCh , m+BUqCh und m+BVllAqCh . Die Zerstörung und Plünderung ihrer Stadt und die Bedrohung ihres Lebens würde die Niniviten in panische Angst und gewaltigen Schrecken versetzen.



Nah 2,12-13


Der Prophet reagierte mit Spott auf die von ihm visionär vorausgesehene Zerstörung Ninives: " Wo ist nun die Wohnung der Löwen? " In dieser rhetorischen Frage steckt bereits die Gewißheit, daß die Hauptstadt nicht mehr existiert. Das Symbol des Löwenbaus ( der Löwe und die Löwin mit den jungen Löwen ; vgl. "deine jungen Löwen", V. 14 ) ist in diesem Zusammenhang äußerst passend gewählt. Wie ein Löwe oder eine Löwin, die für ihre jungen Löwen jagen, hatte Assyrien andere Völker ausgeplündert, und die assyrischen Könige brüsteten sich mit ihren Erfolgen auf der Löwenjagd und verglichen ihre eigene Wildheit und Furchtlosigkeit mit der des Löwen. Sanherib z. B. prahlte in bezug auf seinen Kampfesmut "Ich war wütend wie ein Löwe." Löwen sind auch häufig auf assyrischen Reliefs und Verzierungen zu sehen. Kein Wunder also, daß Ninive mit einem Löwenbau verglichen wird. Doch nach der Eroberung würden die Höhlen leerstehen. Es würde keine Löwen, keine Löwenjungen und keine zerrissenen Kadaver mehr geben.



Nah 2,14


Gottes Feindschaft gegenüber Ninive wird aufs schärfste artikuliert: " Ich will an dich " (vgl. Nah 3,5; Jer 21,13; 50,31; 51,25; Hes 5,8; 13,8; 26,3; 28,22; 39,1 ). Feuer würde Ninives Wagen verzehren, das Schwert seine Krieger ( junge Löwe ) niedermähen, und die Stadt wird nicht länger schutzlose Völker und hilflose Vasallen überfallen ( rauben ). Das stolze Ninive würde keine Boten oder Herolde (wie Sanheribs Feldhauptmann; 2Kö 18,17-25 ) mehr entsenden können, die von den Besiegten Unterwerfung verlangten, Tribut eintrieben oder den Herrn verspotteten (vgl. 2Kö 19,22; Jes 37,4.6 ).

 

IV. Gründe für Gottes Gericht über die Stadt Ninive
( Nah 3 )


Der letzte Teil des Buches behält die heftige Bewegung und das Pathos des zweiten Kapitels bei, wendet sich jedoch von der Tatsache des Gerichts dessen Gründen zu. Der Prophet schildert hier die geistliche und moralische Verkommenheit der einst so stolzen und reichen Stadt.



A. Die Schändung Ninives für seine Grausamkeit und seinen Betrug
( 3,1 - 7 )


Nah 3,1


Das Wort " Weh " ist ein Ausruf, der entweder eine Klage oder aber, wie z. B. an dieser Stelle, eine Todesdrohung einleitet (vgl. den Kommentar zu Jes 3,9 ). Ninive war wahrhaftig eine mörderische Stadt - seine unkontrollierte Gier und Mordlust ließen das Blut in Strömen fließen. Es erhielt diesen Beinamen, weil es zu seinen "grausamen Gepflogenheiten gehörte, Hände und Füße, Ohren und Nasen abzuschneiden, Augen auszuquetschen und Köpfe abzuhauen, die dann an Stöcke gebunden oder vor den Stadttoren aufgehäuft wurden, (und) wegen der teuflischen Grausamkeit, mit der Gefangene gepfählt wurden oder ihnen bei lebendigem Leibe die Haut ganz langsam und vollständig abgezogen wurde" (Maier, The Book of Nahum: A Commentary , S. 292). Aber Ninive war auch eine Stadt des Betrugs ( der Lügen ). Die Taktik Assyriens bei der Belagerung Jerusalems zeigt das ganz deutlich ( 2Kö 18,31 ). (Zu Ninives Plünderung vgl. den Kommentar zu Nah 2,10 .)



Nah 3,2-4


Auf Nahums Anklage gegen Ninive (V. 1 ) folgen mehrere knappe Schilderungen des letzten Sturms auf die Stadt. Dabei spiegelt auch die Wortfolge - von Peitschen über Räder und Rosse der Wagen zu Reitern mit Schwertern und Spießen bis hin zu einem maßlosen Schlachten und Gemetzel ( eine Unzahl von Leichen ) - die dramatische Zuspitzung des Geschehens wider. Der bevorstehende Angriff auf Ninive (vgl. Nah 2,4-5 ) gleicht Ninives eigener Kriegführung in überraschender Weise. Hatte Ninive unzählige Menschen niedergemäht, sollte nun die Zahl der ninivitischen Leichen kein Ende nehmen.

Der Grund für all diese Schrecken war, daß Ninive wie eine Hure nach Macht gierte. Es versprach anderen Völkern militärischen Beistand und Schutz, um sie dann unter seine Gewalt zu bringen. Mit diesen Worten spielte Nahum vielleicht auch auf Ischtar, die assyrisch-babylonische Göttin der Fruchtbarkeit und des Krieges an, die eine Hure genannt wurde und deren Taten ungemein grausam sein konnten. Ninives Kontrolle über andere stützte sich auf Zauberei . Die Assyrer gebrauchten Hunderte von Zaubersprüchen, um die Zukunft vorauszusagen und das Leben anderer zu beeinflussen; außerdem achteten sie auf den Vogelflug, die Bewegungen von Tieren und Wolken und praktizierten Traumdeutung.

 

Nah 3,5-7


Dem schändlichen Verhalten Ninives gegenüber anderen entsprach sein unverschämtes Auftreten. Gott aber wollte an diese Stadt (vgl. den Kommentar zu Nah 2,14 ), denn er will an jedes Volk - ganz gleich, wie reich, mächtig oder unabhängig es ist -, das die göttliche Autorität mißachtet und das Leben der Menschen mit Füßen tritt. Gott wollte aufdecken, was Ninives Gewand bisher bedeckte (vgl. das ähnliche Schicksal Babylons; Jes 47,1-3 ; und Jerusalems; Hes 16,37 ). Die Stadt hatte anderen durch ihre Prostitution Schmach und Schande bereitet, doch jetzt würde sie selbst der Schande preisgegeben. Zu dieser Demütigung sollte noch die Schmach kommen, mit Unrat (menschlichen Exkrementen) beworfen zu werden und somit ein abschreckendes Schauspiel zu bieten. Das hebräische Wort für "Unrat" ( SiqqUQ ) steht für alles, was verabscheuungswürdig und Gott ein Greuel ist; häufig bezieht es sich auf Götzenbilder (z. B. in 5Mo 29,16; Jer 4,1; Hes 20,7-8 ). Ninives Pracht würde sich also in Unrat verwandeln.

Ninives Schande würde ihren Höhepunkt erreichen, wenn die Stadt verwüstet war und keinen Tröster hatte. Durch ihre Grausamkeit hatte sie sich ihre Opfer zu unversöhnlichen Feinden gemacht. Die einstmals attraktive Hure würde in schmachvoller Weise zur Schau gestellt werden und künftig auf niemanden mehr anziehend wirken.



B. Ninives Vergehen gegen Theben als Hinweis auf seinen eigenen Untergang
( 3,8 - 11 )


Nah 3,8


Ninives Stärke war nach den Worten Gottes nicht größer als die der ägyptischen Stadt Theben, die Assyrien im Jahre 663 v. Chr. eingenommenhatte. Jeremia ( Jer 46,25 ) und Hesekiel ( Hes 30,14.16 ) hatten einst die Eroberung Thebens vorausgesagt. Die Hebräer nannten die Stadt No-Amon (Stadt des Gottes Amon). Theben lag an der Stelle der heutigen Orte Karnak und Luxor, etwa 600 km südlich von Kairo. Es war am östlichen Ufer des Nil erbaut, seine Vorstädte erstreckten sich jedoch über beide Ufer. Eine der Stärken Thebens war seine strategische Lage. Es war vom Wasser umgeben , denn Wassergräben und Kanäle durchzogen einen Großteil der Stadt. Das erleichterte die Verteidigung, da eventuelle Angreifer zahlreiche Kanäle überqueren mußten, um in die Stadt hineinzugelangen. Die Wasserfluten waren wie ein Bollwerk - in dieser Beziehung waren Ninive und Theben einander ähnlich (vgl. Nah 2,9 ).



Nah 3,9


Ein weiterer Vorteil Thebens lag darin, daß es - im Gegensatz zu Ninive - auf die Unterstützung mächtiger Bundesgenossen zählen konnte, die ihm mit ihren nahezu unerschöpflichen Ressourcen zur Seite standen. Theben war die berühmteste Stadt im Lande Kusch am Oberlauf des Nil , dem heutigen Südägypten, Sudan und Nordäthiopien. Als Ägypten wurde damals die Region am Unterlauf des Nil bezeichnet, die zu jener Zeit unter der Herrschaft von Kusch stand. Das Land Put wird manchmal mit Libyen identifiziert; daß hier beide Namen genannt werden, deutet jedoch eher darauf hin, daß damit die Region an der Küste des Roten Meeres - etwa in der Höhe des heutigen Somalias - gemeint ist. Die Libyer bewohnten das Territorium westlich von Ägypten. Somit besaß Theben im Süden, Norden, Osten und Westen Bundesgenossen. Dennoch konnten auch deren vereinigte Kräfte es nicht gegen Ninive schützen.



Nah 3,10


Trotz seiner Stärke war Theben ein schmähliches Ende beschieden. Die assyrische Geschichtsschreibung enthält eine detaillierte Schilderung der Eroberung Thebens. Die meisten seiner Einwohner mußten gefangen wegziehen . (Ebenso soll es vielen Niniviten ergehen; Nah 2,8 .) Die Kinder wurden nicht gefangengenommen, sondern erbarmungslos abgeschlachtet (vgl. Hos 14,1 ; andere Völker handelten ebenso: Ps 137,9; Jes 13,16.18; Hos 10,14 ). Das geschah vor den Augen der Thebaner, auf allen Gassen . Das Gemetzel der Assyrer erfüllte die Menschen mit Grauen und Todesangst. Die ganze junge Generation Thebens wurde auf diese Weise einfach ausgelöscht. Noch viele andere unmenschliche Grausamkeiten gingen auf das Schuldenkonto Ninives. Die meisten Einwohner der großen Stadt Theben wurden in die Gefangenschaft verschleppt, die Adligen jedoch wurden durch das Los versteigert - vielleicht, um reichen Niniviten als Sklaven zu dienen; in jedem Fall war dies eine zutiefst demütigende Erfahrung.


Nah 3,11


Ninives Grausamkeit gegenüber Theben sollte nun auf es selbst zurückfallen. Wie Trunkene würden die Niniviten " von Sinnen kommen "; beim Angriff auf ihre Stadt würden sie jede Orientierung verlieren und in panischer Angst versuchen, sich zu verbergen. Auch im wörtlichen Sinn würden sie trunken sein (vgl. [mit Vorbehalt] Nah 1,10 ), und zwar durch Rauschmittel, die sie ziellos herumtorkeln ließen und unfähig machten, sich zu verteidigen.



C. Die Sinnlosigkeit der Verteidigungsbemühungen Ninives
( 3,12 - 19 )


Nah 3,12


Bei dem Angriff der Meder, Skythen und Babylonier würden die Niniviten feststellen, daß alle ihre festen Städte in Wirklichkeit schwach waren. Die ersten Früchte der Feigenbäume (vgl. 4Mo 13,20 ), die im Frühjahr reif werden (und denen noch eine spätere Ernte folgt; vgl. den Kommentar zum Hohenlied), fallen, wenn man die Bäume schüttelt , leicht zu Boden. Sie fallen ohne jede Anstrengung demjenigen in den Mund, der sie essen will . Ähnlich rasch und gleichsam wie ein Kartenhaus würden Ninives Befestigungsanlagen unter dem Ansturm der Angreifer zusammenbrechen; genauso geschah es, als die Stadt im Jahre 612 v. Chr. erobert wurde.



Nah 3,13


Beim Anblick der Feinde würden die Männer, die die Stadt verteidigen sollten, ihren Mut verlieren und zu Weibern werden - ängstlich und hilflos (vgl. Jes 19,16; Jer 50,37; 51,30 ). Die schrecklichen Assyrer, einst wild wie Löwen, würden sich in dieser Stunde schwach zeigen.

Aufgrund der verheerenden Auswirkungen der Überflutung (vgl. den Kommentar zu Nah 2,7 ) könnten die Feinde in die Stadt eindringen. Dann würden sie Feuer an die Tore und Riegel der Stadt legen (vgl. Jes 10,16-17 ) und Ninive stürmen.



Nah 3,14


Ninives Verteidigungsbemühungen würden nichts gegen das Gericht des Herrn ausrichten können. Die Zerstörung würde sich vielmehr von den Festungen und Toren (V. 12 - 13 ) in die Stadt hinein fortsetzen (V. 14.17 ).

Wiederum (vgl. Nah 2,2 ; vgl. auch Nah 3,15 ) forderte Nahum die Niniviten voller Ironie auf, sich zu verteidigen. Wenn eine Stadt belagert wurde, war sie in erster Linie auf eine ausreichende (Trink-) Wasserversorgung angewiesen. Wenn die angreifenden Feinde die Stadtmauern beschädigten (wie es die Assyrer bei ihren eigenen Angriffen häufig getan hatten), mußten diese Schwachpunkte mit neuen Ziegeln aus Lehm verstärkt werden. In Neh 3,19 ist das Präteritum des hebräischen Wortes, das hier mit " Verstärke " übersetzt ist, mit " baute " wiedergegeben. Die Ruinen Ninives weisen Spuren eines zweiten Walles auf, den die Einwohner zur Verteidigung der Stadt an den Stellen errichteten, an denen die Feinde die Bollwerke der Stadt niedergerissen hatten.



Nah 3,15-17


Nach all diesen vergeblichen Verteidigungsanstrengungen würde das Unglück mit Feuer und Schwert über die Stadt hereinbrechen. (Zu der Zerstörung durch Feuer vgl. Punkt sechs der Tafel "Erfüllungen der Prophezeiungen Nahums" in der Einführung .) Die angreifenden Soldaten würden die Stadt stürmen und viele Menschen mit dem Schwert töten. Sie würden wie Käfer sein, die kilometerweit die Ernte vernichten (zur Verwüstung durch Heuschrecken und Ungeziefer vgl. den Kommentar zu Joe 1,2-13 ). Nahums Worte " magst du auch zahlreich werden wie Käfer " waren entweder an die Niniviten gerichtet, die ruhig versuchen mochten, mehr Leute zu ihrer Verteidigung aufzubieten (das würde ihnen ja doch nicht gelingen!), oder aber an Ninives Feinde, die weitere Soldaten in die Schlacht werfen sollten, damit die Eroberung rascher vonstatten ging.

In einem anderen Zusammenhang ( Nah 3,16 ) ist nochmals von Käfern die Rede. Die Stadt hatte ihren Reichtum mit Hilfe ihrer zahlreichen Händler erworben, aber nun würden sie ausschlüpfen wie Käfer und davonfliegen . Ninive war durch Handel (häufig wohl auch durch betrügerische Geschäfte; vgl. den Kommentar zu V. 4 ) sehr reich geworden, doch nun würden die Händler das Weite suchen. Somit würde den Niniviten weder ihre militärische Überlegenheit (V. 15 ) noch ihre wirtschaftliche Stärke (V. 16 ) von Nutzen sein.

Auch die Heuschrecken werden noch einmal (mitsamt den Käfern) zu einem Vergleich herangezogen (V. 17 ). Wenn Ninive angegriffen würde, würden seine Wachleute und Werber solche Angst bekommen, daß sie sich in der Nacht davonstehlen würden (vgl. V. 13 a). Wenn es abends kühl wird, lassen sich die Insekten auf Mauern nieder, doch wenn sie morgens die Wärme der Sonne spüren, heben sie sich davon . Auf dieselbe Weise würden die Wachen auf den Stadtmauern, von Panik erfaßt, plötzlich die Flucht ergreifen.



Nah 3,18


Die abschließenden Worte in den Versen 18 - 19 , die an einen Klagegesang erinnern, waren entweder an Sin-sar-iskun gerichtet, den König, der zur Zeit der Zerstörung Ninives im Jahre 612 v. Chr. regierte, oder aber, was noch wahrscheinlicher ist, an König Assur-Uballit (612 - 609 v. Chr.) der das Assyrische Reich in der Stadt Haran zusammenzuhalten versuchte, bis esdann schließlich 609, drei Jahre nach der Eroberung Ninives, völlig zerfiel. Wenn er auf sein verwüstetes Reich blickte, so würde er feststellen müssen, daß seine Anführer ( die Hirten und Mächtigen ) tot waren (vgl. Ps 76,6; Dan 11,45 ) und daß die Angehörigen seines Volkes, die nicht gefangen weggeschleppt wurden, sich zerstreut hatten und nie wieder gesammelt würden (hier wird von den Assyrern wie von einer Schafherde gesprochen). Das Reich, das jahrhundertelang unbesiegbar war, würde sich restlos auflösen.



Nah 3,19


Die Verheerung der niedergebrannten und geplünderten Stadt Ninive würde einer Wunde gleichen (vgl. Jes 1,6-7 ). Ihr Fall würde so unheilbar und endgültig sein, daß sie nie wieder aufgebaut würde. Diese Prophezeiung wird durch die archäologischen Befunde bestätigt. Die Völker, die unter der Unterdrückung der grausamen Niniviten gelitten hatten, würden sich nun über ihren Untergang freuen. Besonders Juda würde über den Untergang Ninives, der das Ende der jahrhundertelang scheinbar ohne Unterlaß auf ihm lastenden Bosheit bedeutete, glücklich sein (vgl. Nah 1,8-9 ). So würde der Herr seinen Zorn (vgl. Nah 1,2-3.6 ) über Ninive ausgießen und seine Sorge für diejenigen, die auf ihn vertrauten, beweisen ( Nah 1,7 ). Der heutige Leser erfährt aus dem Buch Nahum, daß die verstockten Sünder am Ende der Zorn Gottes trifft, und er kann sich mit der Gewißheit trösten, daß diejenigen, die sich auf den Herrn verlassen, in Sicherheit sind.


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