Bibelstunde\Skype Forum Mal_316 bbkr.ch/ Lehre Studyb Jahresbibel Untersch Mt Ev RKK Berean C. 5P Calvinismus
Int.  Google  Evangelium Bibeln Hauptordner Halleluja Tenach Protestanti  Skript Römerbrief Protest Errettung WDBL
StudyBible HebrInterliear Greekinterlinear Strongs D. Verf.r Bibletools Charismatik Antichrist Hebräerb Gedanken Offenb  
Bibelversionen  Polyglot RNBiblisches Bibeln Impr Lehre Calvinismus AV n 1. Petrus STEM Handr  
Bible Hub Syngrammata   Fakten zur Bibel  YT CSV- B Richten Youtube Offenbarung Segnung Synopsis  
Unterscheidungen Halleluja Bündnisse Unterscheidungen Wiederkunft Bündnis Lee Robert   AV Errettung 11  


Jeremia  Walvoord


Jeremia






Autor und Entstehungszeit


Der Autor des Buches ist "Jeremia, der Sohn Hilkijas" ( Jer 1,1 ). Die genaue Bedeutung des Namens "Jeremia" ( yirm+yAhU oder yirm+yCh ) ist umstritten. Übersetzungsvorschläge sind u.a. "Jahwe richtet auf", "Jahwe erhöht" und "Jahwe schleudert nieder". Jeremias Vater, Hilkija, gehörte zur levitischen Priesterschaft und lebte in Anatot, einer kleinen Stadt etwa fünf Kilometer nordöstlich von Jerusalem (siehe die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels"). Diese Stadt gehörte zu jenen Städten, die Josua den Nachkommen des Priesters Aaron gegeben hatte (vgl. Jos 21,13-16 ). Wahrscheinlich ist dieser Hilkija nicht identisch mit seinem Zeitgenossen gleichen Namens, der während der Regierungszeit Josias das Gesetz im Tempel entdeckte (vgl. 2Kö 22,3-14 ). Jeremia kam, wie Hesekiel ( Hes 1,3 ) und Sacharja ( Sach 1,1 ; vgl. Neh 12,1.4.16 ), also aus einer Priesterfamilie. Es gibt allerdings keinerlei Hinweise darauf, daß er selbst zur Priesterschaft in Jerusalem gehört hat.

Jeremias prophetischer Dienst erstreckte sich von dem "dreizehnten Jahr der Herrschaft Josias" ( Jer 1,2 ) bis zur Wegführung der Bewohner Jerusalems in die Gefangenschaft ( Jer 1,3 ). Er war also etwa zwischen 627 v. Chr. und mindestens 586 v. Chr. tätig. Die Kapitel 40 - 44 deuten sogar an, daß er auch noch über den Fall Jerusalems hinaus bis mindestens 582 v. Chr. gewirkt hat. Jeremia nennt in seinem Buch oft chronologische Bezüge, so daß viele seiner Prophezeiungen recht gut datiert werden können.

Ein größeres Problem stellt uns die Frage, wie die verschiedenen Prophezeiungen im Buch Jeremia zusammengestellt wurden. Viele Theologen halten das Buch für eine Anthologie ausgewählter Reden Jeremias (oder seiner Schüler), die dann später gesammelt und, oft eher wahllos, angeordnet wurden. Manche meinen, daß im Text keine bewußte Ordnung gesehen werden kann (oder darf).

Die Übersicht "Datierung der Prophezeiungen Jeremias" zeigt, wie seine Weissagungen chronologisch angeordnet sind. Drei Beobachtungen lassen sich machen.

1) Offensichtlich ging Jeremia nicht chronologisch vor. Anders als Hesekiel, der seine Prophetien zeitlich ordnete, stellte Jeremia oft Prophezeiungen nebeneinander, deren Datierungen weit auseinanderliegen.

2) Jeremias Botschaften ergingen in Zeiten der Bedrückung, des Umbruchs und der Not. Kapitel 1 - 6; 11 - 12 gehören größtenteils in die Zeit der Reformen König Josias. Der nächste große Ausbruch prophetischer Aktivität ( Jer 7-10;14-20; 22,1-19;26 ) folgte, als Nebukadnezar Macht erlangte. Die restlichen Prophezeiungen Jeremias geschahen zur Zeit der ersten Wegführung nach Babylon, der zweiten Wegführung nach Babylon, der geheimen Verschwörung zur Rebellion gegen Babylon und der abschließenden Belagerung und Wegführung nach Babylon. Kapitel 52 wurde zu einem späteren Zeitpunkt geschrieben.

3) Das Buch selbst enthält Hinweise auf verschiedene Entwicklungsstufen in seiner Entstehung. Das heißt, daß Jeremia an bestimmten Stationen seines Dienstes seine Prophezeiungen gesammelt und nach einem bestimmten System geordnet hat (vgl. Jer 25,13; 30,2; 36,2.32 ). Jeremia könnte die Endform der Kapitel 1 - 51 nach seiner gezwungenen Reise nach Ägypten festgelegt haben (vgl. Jer 51,64 ). Was aber ist mit Kapitel 52 ? Jer 52 ist beinahe identisch mit 2Kö 24,18-25, 30 und wurde irgendwann nach 561 v. Chr. geschrieben, als König Jojachin aus seiner Gefangenschaft in Babylon befreit worden war ( Jer 52,31 ). Offensichtlich wurde dieses letzte Kapitel von demselben Schreiber an die Prophezeiungen Jeremias angefügt, der auch das Buch Könige zusammenstellte. Dies geschah, um zu zeigen, daß die Gerichtsworte Jeremias sich erfüllt hatten und daß Jojachins Befreiung ein Vorzeichen von Gottes Verheißung der Wiederherstellung und des Segens war.

 



Historischer Hintergrund


Jeremias Dienst umspannte die letzten fünf Jahrzehnte der Geschichte Judas. Seine Berufung zum Dienst geschah 627 v. Chr., im dreizehnten Jahr König Josias (vgl. Jer 1,2 ), des letzten guten Königs von Juda. Josias Herrschaft war der letzte Lichtstrahl vor der Dunkelheit des Götzendienstes und ausländischer Intrigen, die den Thron Davids überschatteten. Josia wurde mit acht Jahren König und sorgte 31 Jahre lang für eine relative Beständigkeit und Stabilität.

Innerlich war das Volk Juda von dem Götzendienst gefangen, den König Manasse in den 55 Jahren seiner Herrschaft gefördert hatte ( 2Kö 21,1-9 ). Im Jahre 622 v. Chr. (dem achtzehnten Jahr Josias) erlebte Juda seine letzte geistliche Erneuerung (vgl. 2Kö; Jer 22,3- 23,25 ). Angespornt durch die Wiederentdeckung einer Abschrift des mosaischen Gesetzes im Tempel startete Josia eine tiefgreifende Aktion zur Beseitigung des Götzendienstes im Volk. Was die äußeren Formen anbetraf, hatte er zwar Erfolg, aber seine Anstrengungen erreichten die Herzen der Menschen nicht. Nach dem vorzeitigen Tod Josias kehrten die Menschen wieder auf ihre gottlosen Wege zurück.

International gesehen stand das assyrische Weltreich, das jahrhundertelang im Nahen Osten die führende Rolle gespielt hatte, kurz vor seinem Zusammenbruch. Die Hauptstadt Ninive war 612 v. Chr. zerstört worden, und 609 v. Chr. wurde das assyrische Heer auf seinem Rückzug bei Haran besiegt. Die umzingelten Überreste des einst so mächtigen assyrischen Weltreiches retteten sich nach Karkemisch, auf die andere Seite des Eufrats (siehe die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels").

Dieser Zusammenbruch Assyriens war zum großen Teil durch das Aufkommen einer anderen Macht bedingt - Babylon. Im Oktober 626 v. Chr. hatte der chaldäische Prinz Nabopolassar das assyrische Heer vor den Toren Babylons besiegt und Anspruch auf die Herrschaft über Babylon erhoben. Das Reich, das er gründete, wurde als Neubabylonisches Reich bekannt. Er festigte es, und im Jahre 616 v. Chr. brach er bereits auf, um sein Herrschaftsgebiet auszudehnen. Die vereinigte Armee der Babylonier und Meder zerstörte 612 v. Chr. Ninive.

Der Aufstieg Babylons und der Niedergang Assyriens führten zu einer völligen Neuordnung der Machtstrukturen in jener Region. Juda warf unter König Josia das Joch der assyrischen Herrschaft von seinen Schultern und erlebte eine kurze Zeit der nationalen Unabhängigkeit. Diese Unabhängigkeit wurde jedoch bereits im Jahre 609 v. Chr. wieder zunichte gemacht.

 

Ägypten sah in dem assyrischen Zusammenbruch die Gelegenheit zur eigenen Expansion. Wenn sich ein geschwächtes Assyrien als eine Art Pufferstaat zur Verhinderung der weiteren Ausdehnung Babylons nach Westen aufrechterhalten ließe, dann könnte Ägypten ohne Gefahr einen Großteil des westlichen Palästina (und damit auch Juda), das es früher an Assyrien verloren hatte, für sich beanspruchen.

Bisher hatte Ägypten immer ein allzu mächtiges Assyrien gefürchtet. Nun bereitete ihm die Aussicht auf ein mächtiges Babylon noch mehr Sorgen. Deshalb griff Ägypten auf der Seite der Assyrer in den Konflikt zwischen Assyrien und Babylon ein. 609 v. Chr. marschierte Pharao Necho II. mit einem großen ägyptischen Heer nach Haran, um die übriggebliebenen assyrischen Truppen bei ihrem letzten Versuch, ihr verlorenes Gebiet zurückzuerobern, zu unterstützen.

König Josia wußte, welche Konsequenzen ein ägyptischer Erfolg für Juda haben würde. Er wollte nicht, daß Ägypten an der Stelle Assyriens die Herrschaft über Juda übernahm. Deshalb mobilisierte er sein Heer, um den ägyptischen Vormarsch zu stoppen. Es kam zu einem Kampf in der Ebene von Megiddo - und Juda verlor. Josia wurde in diesem Kampf getötet, und das ägyptische Heer zog weiter in Richtung Haran ( 2Chr 35,20-24 ).

Es ist nicht bekannt, ob der Angriff Josias einen direkten Einfluß auf das Ergebnis der Schlacht bei Haran hatte. Vielleicht verhinderte er, daß die ägyptische Armee rechtzeitig zur dringend benötigten Unterstützung Assyriens eintraf. Assyrien gelang es nicht, sein Land zurückzuerobern. Es verlor damit aber auch seine Stellung als bedeutende Militärmacht.

Die Stadt Karkemisch wurde zu einer Grenzmarkierung. Die Mächte, die sich nun hier gegenüberstanden, waren Ägypten und Babylon. Nach der Niederlage Judas riß Ägypten die Kontrolle über Palästina an sich. Juda hatte Joahas anstelle seines Vaters Josia zum König gemacht. Aber nach nur dreimonatiger Regierungszeit wurde er von Necho abgesetzt und nach Ägypten deportiert. (Siehe die Tabelle "Die letzten fünf Könige Judas" zu 2Kö 23,31-32 .) Necho plünderte die Schatzkammern Judas und setzte Jojakim, einen anderen Sohn Josias, als Vasallenkönig ein ( 2Kö 23,34-35 ).

Eine weitere Verschiebung im Machtgefüge jener Zeit erfolgte 605 v. Chr. Vier Jahre lang hatten die Ägypter und die Babylonier einander bei Karkemisch gegenübergestanden, ohne daß eine der beiden Seiten die Oberhand gewinnen konnte. Dann, im Jahre 605 v. Chr., führte Kronprinz Nebukadnezar die babylonischen Truppen zu einem entscheidenden Sieg. Das babylonische Heer durchbrach die ägyptischen Befestigungsanlagen bei Karkemisch und verfolgte die fliehenden Soldaten bis an die Grenzen Ägyptens.

Zwei weitere Ereignisse des Jahres 605 v. Chr. waren für die Geschichte Judas wichtig. Das erste war, daß König Jojakim nach der Schlacht von Karkemisch ein Bündnis mit Babylon einging und sich als Vasallenkönig Nebukadnezars einsetzen ließ ( 2Kö 24,1 ). Das zweite Ereignis fand am 15. August 605 statt, als Nabopolassar, der König von Babylon, starb. Dadurch wurde Nebukadnezar gezwungen, seinen Eroberungszug abzubrechen und nach Babylon zurückzukehren, um den Thron zu beanspruchen.

Nebukadnezar festigte seine Herrschaft über die neueroberten Gebiete, indem er Könige einsetzte und "Geiseln" nahm, um sich die Loyalität seiner Untertanen zu sichern. Während dieses ersten Feldzuges durch Palästina nahm er auch Daniel als Gefangenen mit sich ( Dan 1,1-6 ).

Juda blieb bis Ende 601 v. Chr. ein Vasallenstaat. Dann führte Nebukadnezar ein weiteres Heer durch Palästina hindurch. Es ging ihm um Ägypten, aber er konnte sein Ziel nicht erreichen. Das babylonische Heer erlitt eine große Niederlage und mußte sich zurückziehen. Beinahe drei Jahre dauerte es, bis seine Armee wieder zu einer vollen Offensive in der Lage war.

Jojakim war ein politisches Chamäleon. Nachdem Nebukadnezar 605 v. Chr. Ägypten besiegt hatte, hatte er sein Bündnis mit Ägypten gebrochen und war zu den Babyloniern übergelaufen. Als nun im Jahre 601 v. Chr. die Babylonier besiegt wurden, wechselte er wieder die Seite und unterstützte Ägypten (vgl. 2Kö 24,1 ). Dies war ein tödlicher Fehler.

Im Dezember 598 v. Chr. war das babylonische Heer für einen erneuten Angriff gerüstet. Hauptziel Nebukadnezars war die Einnahme Jerusalems, durch die er diesem (und gewiß auch allen anderen Vasallenstaaten) klarmachen wollte, welche schrecklichen Konsequenzen eine Rebellion gegen Babylon hätte. Jojakim starb während dieses Angriffs der Babylonier, und sein Sohn Jojachin bestieg den Thron. Jojachin sah, wie töricht es war, sich gegen Babylon zu stellen. Im März 597 v. Chr. ergab sich Jerusalem.

Nebukadnezar setzte den neuen König ab, plünderte die Stadt und setzte ihre führenden Männer ab. Jojachin wurde nach nur dreimonatiger Regierungszeit nach Babylon deportiert, und sein Onkel Zedekia wurde als Vasallenkönig auf den Thron Judas gesetzt.

Zusammen mit Jojachin deportierte Nebukadnezar 10 000 Oberste, Handwerker und Soldaten aus Jerusalem (vgl. 2Kö 24,12-16 ). Zu dieser Zeit wurde vermutlich auch der Prophet Hesekiel nach Babylon weggeführt. Fünf Jahre später begann er sein prophetisches Wirken in Babylon.

Weil Judas neuer König Zedekia schwach und unentschlossen war, zerfiel das Land schließlich immer mehr. Seine elfjährige Regierungszeit war durch geistlichen Niedergang und politische Instabilität gekennzeichnet. Statt aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen, schien Zedekia darauf erpicht zu sein, sie zu wiederholen.

Nachdem 588 v. Chr. ein neuer Pharao den ägyptischen Thron bestiegen hatte (Hofra), wagte Juda einen erneuten Bruch mit Babylon ( 2Kö24,20- 25,1; Jer 52,3-4 ). Eine Koalition von Vasallenstaaten (Juda, Tyrus und Ammon) lehnte sich gegen die Beherrschung durch Babylon auf. Nebukadnezars Antwort war schnell und grausam. Das Heer Babylons umzingelte Jerusalem und begann eine lange Belagerung. Im Juli / August 586 v. Chr. fiel die Stadt und wurde zerstört.



Struktur und Stil


Drei strukturelle oder stilistische Hauptmerkmale lassen sich im Buch Jesaja finden.

1. Das Fehlen einer chronologischen Anordnung. Wie schon unter "Autor und Entstehungszeit" gesagt, gibt es in dem Buch keine chronologische Ordnung. Jeremia hat seine Prophezeiungen in Stufen zusammengefaßt, nicht aber zeitlich geordnet. So wurden z. B. viele seiner Weissagungen gegen die Nationen sehr früh in seinem Dienst geschrieben (vgl. Jer 25,1.13 ). Aber der Inhalt dieser Weissagungen wird erst gegen Ende des Buches wiedergegeben (vgl. Jer 46,1- Jer 49,33 ). Deshalb muß man nach einem anderen Grund für die Anordnung der Prophezeiungen in ihrer jetzigen Form suchen.

2. Autobiographischer Charakter. Im Buch Jeremia finden wir drei Arten literarischer Stoffe: poetische Abhandlungen, Prosa-Abhandlungen und Prosa-Erzählungen. Die Anordnung dieser Stoffe kann uns einen Schlüssel für die dem Buch zugrundeliegende Struktur liefern. Es ist folgendermaßen gegliedert:

Kapitel 1 - 25 : Mischung aus poetischen und Prosa-Abhandlungen mit vereinzelten Erzählungen

Kapitel 26 - 29 : Mischung aus Prosa-Abhandlungen und -Erzählungen

Kapitel 30 - 31 : Poetische Abhandlungen

Kapitel 32 - 33 : Prosa-Abhandlungen

Kapitel 34 - 36 : Mischung aus Prosa-Abhandlungen und -Erzählungen

Kapitel 37 - 45 : Erzählungen in chronologischer Reihenfolge

Kapitel 46 - 51 : Poetische Abhandlungen

Kapitel 52 : Erzählungen in chronologischer Reihenfolge

Diese literarischen Stile machen offenbar die Hauptabschnitte des Buches sichtbar. Die Bedeutung dieses Gliederungsschemas soll nun erörtert werden.

3. Die logische Anordnung des Stoffes. Wenn Jeremia sein Buch nicht chronologisch geordnet hat, wie hat er es dann geordnet? Die beste Antwort auf diese Frage scheint zu sein, daß er eine grobe, allgemeine Struktur gewählt hat, um dadurch den Menschen etwas deutlich zu machen. Das heißt, daß Jeremia, als er diese Sammlung seiner Weissagungen zusammenstellte, sie nach logischen Gesichtspunkten ordnete. Durch diese Anordnung entwickelte er seinen Hauptgedanken des Gerichtes Gottes. In Kapitel 2 - 45 geht es vor allem um das Gericht Gottes über Juda, während Kapitel 46 - 51 dem Gericht über die heidnischen Nationen gewidmet sind.

Die verschiedenen Literaturstile liefern einen weiteren Schlüssel für die Aufteilung des Buches Jeremia. Die Kapitel 2 - 25 (Mischung aus poetischen und Prosa-Abhandlungen mit vereinzelten Erzählungen) enthalten 13 Botschaften Jeremias, deren Inhalt das Gericht über Juda ist. Diesen folgen die Kapitel 26 - 29 (Mischung aus Prosa-Abhandlungen und -Erzählungen), aus denen wir die Reaktion der Menschen auf Jeremia und seine Botschaft ersehen. Deren Verwerfung durch die Juden liefert die Bestätigung für dieses Gericht. Bevor jedoch das Gericht selbst beginnt, weist Jeremia auf die zukünftige Hoffnung Judas hin ( Jer 30-31 ,Poetische Abhandlungen, und 32 - 33 , Prosa-Abhandlungen). Die Kapitel 34 - 36 (Mischung aus Prosa-Abhandlungen und -Erzählungen) führen das in Kapitel 26 - 29 begonnene Thema der Verwerfung fort. Judas Zerstörung ist unvermeidlich, weil es Gottes Wort verworfen hat. In Kapitel 37 - 45 (Erzählungen in chronologischer Reihenfolge) schildert Jeremia Ereignisse, die vor, während und nach dem Untergang Jerusalems stattfinden. Gottes Gericht über das Volk ist eine Strafe für dessen Sünde. Wenn aber Gottes auserwähltes Volk für seine Sünde bestraft wird, wie kann dann der Rest der Welt irgendeine Hoffnung haben zu entkommen? In Kapitel 46 - 51 (Poetische Abhandlungen) wendet sich Jeremia an diese anderen Völker und verkündigt ihnen ihr Gericht. Jeremia hat also diese unterschiedlichen literarischen Stile verwendet, um seine Botschaft anschaulicher zu gestalten.



GLIEDERUNG


I. Einleitung ( Kap. 1 )

     A. Die Herkunft des Propheten ( 1,1-3 )
     B. Die Berufung des Propheten ( 1,4-10 )
     C. Die bestätigenden Visionen des Propheten ( 1,11-16 )
          1. Der erwachende Zweig ( 1,11-12 )
          2. Der siedende Kessel ( 1,13-16 )

     D. Die Herasforderung des Propheten ( 1,17-19 )

II. Weissagungen über Juda ( Kap. 2-45 )

     A. Das Göttliche Gericht über Juda ( Kap. 2-25 )
          1. Jeremias neun allegemeine Gerichtsprophetien ( Kap. 2-20 )
          2. Jeremias vier besondere Gerichtsprophetien ( Kap. 21-25 )

     B. Persönliche Konflikte mit Juda ( Kap. 26-29 )
          1. Der Konflikt mit dem Volk ( Kap. 26 )
          2. Der Konflikt mit den falschen Propheten in Jerusalem ( Kap. 27-28 )
          3. Der Konflikt mit den falschen Propheten im Exil ( Kap. 29 )

     C. Der zukünftige Trost für Israel und Juda ( Kap. 30-33 )
          1. Die Wiederherstellung Israels und Judas wird verkündigt ( Kap. 30-31 )
          2. Die Wiederherstellung Israels und Judas wird geschildert ( Kap. 32 )
          3. Die Wiederherstellung Israels und Judas wird bekräftigt ( Kap. 33 )

     D. Die gegenwärtige Katastrophe Judas ( Kap. 34-45 )
          1. Vor dem Untergang ( Kap. 34-36 )
          2. Während des Untergangs ( Kap. 37-39 )
          3. Nach dem Untergang ( Kap. 40-45 )

III. Weissagungen über die Völker ( Kap. 46-51 )

     A. Die Weissagung gegen Ägypten ( Kap.46 )
          1. Ägypten wird bei Karkemisch besiegt werden ( 46,1-12 )
          2. Ägypten wird angegriffen und ins Exil gefürt werden ( 46,13-26 )
          3. Israel wird wieder gesammelt werden ( 46,27-28 )

     B. Die Weissagung gegen die Philister ( Kap. 47 )
     C. Die Weissagung gegen Moab ( Kap. 48 )
          1. Moabs Land wird verwüstet werden ( Kap. 48,1-10 )
          2. Moabs Selbsgälligkeit wird zerschlagfn werden ( 48,11-17 )
          3. Moabs Städte werden Katastrophen erleben ( 48,18-28 )
          4. Moabs Stolz wird aufhören ( 48,29-39 )
          5. Moabs Zerstörung wird vollständig sein ( 48,40-47 )

     D. Die Weisagung gegen Ammon ( 49,1-6 )
     E. Die Weisagung gegen Edom ( 49,7-22 )
     F. Die Weisagung gegen Damaskus ( 49,23-27 )
     G. Die Weisagung gegen Kedar und Hazor ( 49,28-33 )
     H. Die Weisagung gegen Elam ( 49,34-39 )
     I. Die Weisagung gegen Babilon ( Kap. 50-51 )
          1. Die Ankündigung des Gerichtes ( 50,1-10 )
          2. Der Untergang Babylons ( 50,11-16 )
          3. Die Wiederherstellung Israels ( 50,17-20 )
          4. Der angriff Babylons ( 50,41-46 )
          5. Die Angst Babylons ( 50,41-46 )
          6. Gottes Rache an Babylons ( 51,1-4 )
          7. Gottes Souveränität gegenüber Babylon ( 51,15-26 )
          8. Der Aufruf an die Völker zum Kampf gegen Babylon ( 51,45-48 )
          9. Gottes Vergeltund an Babylon ( 51,34-44 )
          10. Die Warnung an den Überrest in Babylon ( 51,45-48 )
          11. Die Gewißheit des Untergangs Babylons ( 51,49-53 )
          12. Gottes Vergeltung an Babylon ( 51,54-58 )
          13. Serajas symbolischer Auftrag ( 51,59-64 )

IV. Schluß ( Kap. 52 )

     A. Das Schicksal Jerusalems ( 52,1-11 )
          1. Der Fall Zedekias ( 52,1-11 )
          2. Die Zerstörung des Tempels ( 52,17-23 )

     B. Das Schicksal verschiedener Personen ( 52,24-34 )
          1. Das Schicksal der Bewohner Jerusalems während der Eroberung der Stadt ( 52,24-27 )
          2. Das Schicksal der Gefangenen ( 52,28-30 )
          3. Das Schicksal Jojachins ( 52,31-34 )


AUSLEGUNG


I. Einleitung
( Jer 1 )


Das Buch Jeremia beginnt mit der Vorstellung des Propheten. Seine Herkunft und seine Berufung in den prophetischen Dienst bilden den Hintergrund des ganzen Buches.



A. Die Herkunft des Propheten
( 1,1 - 3 )


Jer 1,1


Jeremia informiert uns über seinen familiären Hintergrund (V. 1 ) und die Zeit seines Dienstes (V. 2 - 3 ). Er stammt aus dem Priestergeschlecht, und zwar aus der Linie Aarons. Sein Vater, Hilkija , ist vermutlich nicht mit dem Hohenpriester Hilkija identisch, der während der Regierungszeit Josias eine Abschrift des Gesetzes entdeckte ( 2Kö 22,2-14 ). Offensichtlich war der Name "Hilkija" recht gebräuchlich, denn im Alten Testament werden verschiedene Männer, die alle Priester oder Leviten waren, so genannt ( 1Chr 6,30-31; 26,10-11; 2Chr 34,9-22; Neh 12,7; Jer 1,1 ).

Jeremias Heimatort war Anatot im Lande Benjamin . Das Dorf Anatot lag etwa fünf Kilometer nordöstlich von Jerusalem. Das Land Benjamin grenzte an das Land Juda. Die Grenzlinie zog sich von Osten nach Westen hin und lief an Jerusalem vorbei (vgl. Jos 18,15-16 ). Josua hatte Anatot den Priestern vermacht ( Jos 21,15-19 ). Salomo schickte den Priester Abjatar nach Anatot in die Verbannung, weil er Adonija als Nachfolger Davids unterstützt hatte ( 1Kö 1,7; 2,26-27 ).

 

Jer 1,2-3


Jeremia war als Priester geboren worden. Aber er wurde ein Prophet, als er das Wort des HERRN empfing. Ein Prophet ist ein Mensch, durch den Gott direkt zu seinem Volk spricht. Die Berufung Jeremias durch Gott geschah im dreizehnten Jahr der Regierung Josias. Josia wurde 640 v. Chr. König von Juda. Sein dreizehntes Jahr war also das Jahr 627 v. Chr. Josia war der letzte König von Juda, der vor Gott gerecht war. Die Könige, die nach dem vorzeitigen Tod Josias im Jahre 609 v. Chr. den Thron bestiegen, waren allesamt dieser Aufgabe unwürdig. Jeremia blieb der Sprecher Gottes bis ans Ende des elften Jahres Zedekias . Das war im Juli / August 586 v. Chr. Jeremias Wirken währte also mindestens 41 Jahre lang. Diese Aussage bezieht sich aber vermutlich auf den Dienst Jeremias am Volk von Juda, bis Jerusalem weggeführt wurde, denn Jer 39,11- Jer 44,30 berichten über Ereignisse während Jeremias Dienst, die nach August 586 stattfanden.



B. Die Berufung des Propheten
( 1,4 - 10 )


Jer 1,4-5


Die göttliche Berufung Jeremias als Prophet enthielt, auch wenn sie nur kurz war, eine Botschaft, die ihn ermutigen sollte, diese Aufgabe zu übernehmen. Gott offenbarte ihm, daß er ihn, Jeremia, auserwählt habe, ehe er ihn im Mutterleib bereitete . Das Wort kannte ( yADaZ ) bedeutet weit mehr als ein intellektuelles Kennen. Es wurde für die intimste Beziehung zwischen einem Mann und seiner Frau (vgl. 1Mo 4,1 ) benutzt und drückte ein enges, persönliches Verhältnis ("erkannt"; Am 3,2 ) und Schutz ( Ps 1,6 ) aus. Bevor Jeremia empfangen wurde, war er bereits von Gott auserwählt worden, um Israel sein Wort zu verkünden.

Gott sonderte Jeremia für diesen Dienst aus. Das Verb, das mit "aussondern" übersetzt wird ( qADaS ), bedeutet, jemanden oder etwas für eine bestimmte Aufgabe beiseite stellen. Menschen oder Dinge, die "ausgesondert" (oder geheiligt) wurden, um von Gott benutzt zu werden, waren z. B. der Sabbat ( 2Mo 16,23; 20,8 ), die Stiftshütte und ihre Einrichtung ( 2Mo 29,44; 40,9 ) und die Priester ( 2Mo 29,1; 30,30 ). Gott hatte Jeremia von der Empfängnis an gekennzeichnet und für eine besondere Aufgabe aufbewahrt. Er hatte ihn zum Propheten für die Völker bestimmt. Auch wenn Jeremia das Wort Gottes zunächst an Juda richtete ( Jer 2-45 ), ging sein Dienst als Sprecher Gottes doch weit über Juda hinaus und richtete sich auch an die heidnischen Völker ( Jer 46-51 ).



Jer 1,6


Jeremia reagierte auf Gottes Weisung mit einer gewissen Unsicherheit. Er wandte zunächst ein, er tauge nicht zu predigen . Damit wollte er nicht sagen, daß er körperlich nicht in der Lage sei zu reden. Vielmehr meinte er damit einen Mangel an Beredsamkeit und spachlichen Fähigkeiten, wie sie für einen solchen Dienst in der Öffentlichkeit unerläßlich waren.

Aber er wandte auch ein, daß er zu jung ( naZar ) sei. Dieses Wort wurde für Kinder ( 2Mo 2,6; 1Sam 4,21 ) und junge Männer ( 1Mo 14,24 ) benutzt. Jeremias Alter wird nicht genannt, aber er war zu dieser Zeit vermutlich knapp oder etwas über 20. Indem er das Wort "Kind" benutzte, wollte Jeremia seine mangelhafte Erfahrung deutlich machen. Er fühlte sich nicht darauf vorbereitet, Gottes Bote für die Völker zu werden.



Jer 1,7-10


Gott gab auf Jeremias Einwände drei Antworten. Erstens betonte er, in wessen Autorität Jeremia handeln solle. Jeremia konnte seine Unerfahrenheit nicht als Argument benutzen, um sich vor dieser Aufgabe zu drücken. Er würde sich weder seine Zuhörerschaft noch seine Botschaft aussuchen können. Vielmehr sollte er zu jedem gehen, zu dem Gott ihn senden, und alles predigen, was Gott ihm gebieten würde. Jeremia mußte kein sprachgewandter Politiker sein - er sollte einfach ein treuer Bote sein.

Zweitens unterstrich Gott, daß er den zukünftigen Propheten bewahren werde. Offensichtlich fürchtete Jeremia um seine persönliche Sicherheit. Und ganz bestimmt waren seine Befürchtungen darauf gegründet, daß er seine Zeit gut kannte, denn die Menschen versuchten später wirklich, sich seiner zu entledigen (vgl. Jer 11,18-23; 12,6; 20,1-2; 26,11; 37,15-16; 38,4-6 ). Aber Gott ließ Jeremia wissen, daß er sich vor ihnen nicht zu fürchten brauche, denn er selbst werde an seiner Seite stehen. Die Menschen würden versuchen, Jeremia zu töten, aber Gott versprach, ihn zu erretten.

Drittens schließlich zeigte Gott Jeremia die Grundlage seiner Botschaft. Jeremias Berufung muß in Form einer Vision erfolgt sein (vgl. Hes 1,1 ), denn er schreibt, daß der Herr seine Hand ausstreckte und Jeremias Mund berührte. Diese sichtbare Manifestation Gottes war eine Gegenstandslektion für Jeremia. Sie sollte ihm zeigen, daß Gott selbst seine Worte in Jeremias Mund legen würde. Jeremia brauchte sich nicht darum zu kümmern, was er sagen sollte. Gott würde ihm die Worte eingeben, die er sprechen sollte.

Nun faßte Gott den Inhalt der Botschaft Jeremias zusammen ( Jer 1,10 ). Sie würde eine Botschaft sowohl des Gerichtes als auch des Segens für Völker und Königreiche sein. Gott gebrauchte zwei Bilder, um Jeremias Auftrag zu beschreiben (vgl. Jer 31,28 ,wo dieselben Bilder noch einmal auftauchen). Er verglich Jeremia mit einem Bauer und sagte, daß er ausreißen (Gericht ankündigen) und pflanzen (Segen verheißen) werde. Ferner verglich er ihn mit einem Baumeister und sagte, daß er einreißen, zerstören, verderben (Gericht ankündigen) und bauen (Segen verheißen) werde.



C. Die bestätigenden Visionen des Propheten
( 1,11 - 16 )


Gott bestätigte die Berufung Jeremias, indem er ihm zwei Visionen gab. Die erste (V. 11 - 12 ) spricht von der Art der Botschaft, die Jeremia überliefern sollte, und die zweite (V. 13 - 16 ) zeigt den Inhalt dieser Botschaft.



1. Der erwachende Zweig
( 1,11 - 12 )


Jer 1,11


Gottes erste bestätigende Vision ließ Jeremia einen erwachenden Zweig , d.h. den Zweig eines Mandelbaumes, sehen. Das hebräische Wort für "Mandelbaum" ist SAqED . Dieses Wort ist abgeleitet von dem Wort "wachen", "aufwachen" ( SAqaD ). Der Mandelbaum wurde "erwachter Baum" genannt, weil er in Palästina der erste Baum im Jahr ist, der blüht und Früchte trägt. Seine Blüten kommen noch vor seinen Blättern, und er beginnt bereits Ende Januar zu blühen.


Jer 1,12


Der Zweig war ein Bild für Gott, der darüber wachen wollte, daß sich sein Wort erfüllte. Gott benutzte ein Wortspiel, um den Mandelbaumzweig mit seinem Handeln zu verknüpfen. Das Wort "wachen" ist SOqED , ein Wort, das mit dem hebräischen Substantiv für "Mandelbaum" verwandt ist. Jeremias Vision des "wachen Baumes" erinnerte ihn daran, daß Gott wach war und über seinem Wort wachte, damit es sich auch wirklich erfüllte.



2. Der siedende Kessel
( 1,13 - 16 )


Jer 1,13


Die zweite bestätigende Vision ließ Jeremia einen siedenden Kessel sehen. Dieser Kessel war ein großes Gefäß, das offensichtlich auf einem Feuer stand, denn er war "siedend" (wörtl.: "angeblasen", nAPUaH , was einen Wind oder Hauch meint, der in das Feuer bläst, damit es den Inhalt des daraufgestellten Kessels zum Sieden bringt). Jeremia sah den Kessel überkochen von Norden her . Sein Inhalt würde sich also nach Süden hin ergießen.



Jer 1,14-16


Der siedende Kessel war ein Bild für das Unheil, das losbrechen würde über alle, die im Land wohnten . Die Richtung, aus der der Kessel überkochte, bezeichnete die Völker der Königreiche des Nordens, die Gott versammelte, um das Volk von Juda zu bestrafen. Manche Ausleger meinen, daß Gott hier von einer skythischen Invasion sprach, aber es ist wohl besser, diese Botschaft als einen Hinweis auf den bevorstehenden Angriff Babylons und seiner Verbündeten zu deuten (vgl. Jer 25,8-9 ). Zwar lag Babylon geographisch gesehen im Osten , aber die Invasionstruppen folgten bei ihrem Marsch gegen Juda den Handelswegen entlang des Euphrats. Diese Heere kamen daher von Norden her (vgl. Jer 4,6; 6,1.22; 10,22; 13,20; 15,12; 16,15; 23,8; 25,9.26; 31,8; 46,24; 47,2; 50,3.9.41 ). Sie würden ihre Throne vor die Tore Jerusalems setzen . Die Stadt würde also von ihnen eingenommen werden. Jeremia berichtet über die Erfüllung dieser Prophetie in Jer 39,2-3 ,nachdem die Babylonier Jerusalem besiegt haben.

Judas Eroberung durch Babylon sollte ein Gericht Gottes für den Götzendienst in Juda sein. Weil sie Gott verlassen und ihrer Hände Werk angebetet hatten, hatten die Menschen in Juda ihren Bund mit Gott gebrochen (vgl. 5Mo 28 ). Die Sünde Judas führte zu seinem Untergang.



D. Die Herausforderung des Propheten
( 1,17 - 19 )


Jer 1,17-19


Nachdem Gott ihm seine Aufgabe erklärt hatte, rief er Jeremia dazu auf, die Herausforderung anzunehmen. So gürte nun deine Lenden und mache dich auf! mahnte er ihn (vgl. 2Mo 12,11; 2Kö 4,29; 9,1; Lk 12,35; Eph 6,14; 1Pet 1,13 ). Gott würde ihm die nötige Kraft geben, um dem Volk von Juda entgegenzutreten. Durch Gottes Befähigung würde Jeremia zur festen Stadt, zur eisernen Säule, zur ehernen Mauer werden. Jeremia würde Gottes Kraft zum Widerstand gegen die Angriffe benötigen, denn alle Menschen würden sich gegen seine Botschaft stellen. Sie würden wider Jeremia streiten, aber Gott versicherte ihm, daß sie ihm nichts anhaben könnten.



II. Weissagungen über Juda
( Jer 2-45 )


Dieser Abschnitt beginnt mit dreizehn Weissagungen, die sich auf das göttliche Gericht über das Volk von Juda beziehen ( Jer 2-25 ). Dann berichtet Jeremia von den persönlichen Nöten, die die Folge der Verwerfung seiner Botschaften durch die Menschen waren ( Jer 26-29 ). Das Gericht über Juda war nun besiegelt. Aber ehe Jeremia die Vollziehung dieses Gerichtes beschreibt, fügt er zunächst Gottes Botschaft des zukünftigen Trostes für Israel und Juda ein ( Jer 30-33 ). Auch wenn Juda in die Gefangenschaft geführt würde, würde Gott sein Volk nicht verlassen. Nach dieser Botschaft der zukünftigen Hoffnung berichtet Jeremia schließlich von der Eroberung Judas durch Babylon ( Jer 34-45 ). Das Wort des Gerichtes, das er verkündet hatte, hatte sich erfüllt.



A. Das göttliche Gericht über Juda
( Jer 2-25 )


Diese 13 Gerichtsbotschaften bestehen aus neun allgemeinen ( Jer 2-20 ) und vier besonderen Prophezeiungen über das Gericht ( Jer 21-25 ).



1. Jeremias neun allgemeine Gerichtsprophetien
( Jer 2-20 )


a. Jerusalems Treulosigkeit
( 2,1 - 3,5 )


Jer 2,1-3


In seiner ersten Botschaft konfrontiert Jeremia Jerusalem mit dessen Widerspenstigkeit. Um seine Aussage zu verdeutlichen, stellte er Judas frühere Frömmigkeit (V. 1 - 3 ) seiner gegenwärtigen Loslösung von Gott gegenüber ( 2,4 - 3,5 ). Zur Zeit des Exodus hatte Israel Gott geliebt und war ihm in der Wüste gefolgt. Zwar hatte Israel auch damals Zeiten mangelnden Glaubens gekannt, als es auf seinen Wüstenwanderungen gegen Gott gemurrt hatte, aber Gott hatte dies in seiner Gnade und "Geduld" ( Röm 3,26 ) vergeben. Im großen und ganzen jedoch war Israel als Volk Gott treu geblieben.

Israel war ausgesondert worden als dem HERRN heilig (vgl. 2Mo 19,6; Jer 22,30 ). So wie die Erstlingsfrucht der Ernte Gott gehörte (vgl. 3Mo 23,9-14 ), so war Israel als erste Nation auserwählt worden, um den Herrn anzubeten. Wer sich an ihm vergriff, war ebenso schuldig wie einer, der von den Erstlingsfrüchten aß, die doch Gott gehörten, und Unheil mußte über ihn kommen (vgl. 1Mo 12,3 ).



Jer 2,4-8


Israels Treue zu Gott war jedoch nicht von Dauer. Jakob (ein Synonym für Israel ; V. 4 ) folgte nichtigen Götzen (V. 5 ; vgl. V. 8.11 ; Jer 8,19; 10,8.14-15; 14,22; 16,19; 18,15; 51,17-18 ) und vergaß, daß der Herr es aus der Wüste ( Jer 2,6 ) in ein fruchtbares Land gebracht hatte. Und die Menschen machten das Land unrein mit ihrem Götzendienst (V. 7 ).

Jeremia griff die drei Gruppen heraus, die die Aufgabe hatten, das Volk zu führen, und legte ihren Mangel an Gehorsam dar (V. 8 ). Die Priester , die das Volk in den Wegen Gottes unterweisen sollten, kannten Gott nicht. Sie hatten selbst keine enge Beziehung zu dem Einen, von dem sie lehrten.

Die Hirten ( rOZIm ) waren die politischen und zivilen Führer, die von Gott angewiesen waren, das Volk zu leiten und zu schützen. In der Frühzeit der Geschichte Israels wurde diese Aufgabe von den Richtern wahrgenommen, aber später ging sie auf die Könige über. Aber die, welche eigentlich Juda führen sollten, hätten selbst der Zurechtweisung bedurft. Sie wurden dem Einen untreu, der sie in ihre Aufgabe eingesetzt hatte.

Die Propheten waren die dritte Gruppe, die den Auftrag hatte, das Volk zu leiten. Aber statt Gottes Worte der Zurechtweisung und Korrektur zu verkünden, weissagten sie im Namen des Baal und riefen die Menschen dazu auf, wertlosen Götzen zu folgen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 2,5 ). Baal war ein kanaanitischer Fruchtbarkeitsgott, dessen Anbetung Israel immer wieder reizte (vgl. 1Kö 18,18-40; 2Kö 10,18-28; 21,1-3 ).


Jer 2,9-12


Nachdem Jeremia auf die Untreue der Menschen deutlich hingewiesen hatte, benutzte er das Bild einer Gerichtsverhandlung, um die Größe der Sünde Israels sichtbar zu machen. Gott würde mit Israel rechten ( rIB ; ein Ausdruck aus der Gerichtssprache, der das Erheben einer Anklage vor Gericht bezeichnet; vgl. Mi 6,1-2 ). Jeremia forderte die Menschen auf, hinauszuziehen und die Treue der Heiden zu beobachten. Aber ob sie nun zu den Inseln der Kittäer (Zypern) im Westen gingen oder nach Kedar (Wüstenstämme in Nord-Arabien) im Osten, überall würden sie das gleiche feststellen: Kein heidnisches Volk hatte jemals seine Götter gewechselt. Die götzendienerischen Völker, die Israel umgaben, waren ihren falschen Göttern treuer, als Israel es gegenüber dem wahren Gott des Universums gewesen war.


Jer 2,13


Israel hatte eine zweifache Sünde begangen. Die erste war eine Unterlassungssünde: Das Volk hatte seinen Gott verlassen. Die zweite Sünde war eine Begehungssünde: Das Volk hatte den wahren Gott durch falsche Götzen ersetzt. Das Herz des Menschen kann ja ebensowenig wie die Natur ein Vakuum enthalten. Jeremia benutzte Bilder, die in Juda sehr gut verstanden werden konnten, und so verglich er das Verhalten des Volkes mit dem eines Menschen, der die lebendige Quelle (fließendes Wasser) mit Zisternen, die rissig sind , vertauscht hat. Die verläßlichsten und erfrischendsten Wasserlieferanten in Israel waren seine natürlichen Quellen. Dieses Wasser war beständig. Es war klar und kühl und daher wirklich befriedigend. Im Gegensatz dazu konnte man sich auf die Zisternen am wenigsten verlassen. Zisternen waren große Löcher, die in einen Felsen gehauen und mit Mörtel ausgekleidet wurden. In ihnen sammelte man Regenwasser. Dieses Wasser war abgestanden, und wenn es wenig regnete, fehlte es ganz. Wenn nun eine solche Zisterne einen Riß hatte, konnte sie das Wasser nicht halten. Es wäre völlig unsinnig gewesen, sich von einem verläßlichen, reinen Strom fließenden Wassers abzuwenden, um sich einer rissigen Zisterne mit abgestandenem Wasser zuzuwenden. Aber genau dies taten die Menschen in Juda, als sie sich von Gott abwandten und den Götzen dienten.


Jer 2,14-16


Der Abfall Judas würde schlimme Folgen haben. Das Land würde von fremden Eroberern (die mit Löwen verglichen werden) verwüstet, und seine Städte würden verbrannt, so daß niemand darin wohnte . Die Erwähnung von Memfis (vgl. Hes 30,13.16 ) und Tachpanhes (vgl. Hes 30,18 ), zwei Städte in Ägypten, könnte bedeuten, daß Jeremia hier von der Invasion Judas durch Pharao Schischak im Jahre 925 v. Chr. ( 1Kö 14,25-26 ) oder durch Pharao Necho, der 609 v. Chr. König Josia tötete ( 2Kö 23,29-30 ), sprach. Beide Male hatte Ägypten Juda besiegt und Juda den Kopf kahl geschoren.


Jer 2,17-19


Juda hatte den Herrn nicht nur wegen falscher Götzen verlassen (V. 13 ), sondern auch wegen falscher Bündnisse. Vergeblich wandte es sich von Ägypten nach Assyrien , um Bündnisse zu schließen, die seine Sicherheit garantieren sollten (vgl. V. 36 ; Hes 23; Hos 7,11 ). Kein Bündnis könnte Juda vor seinen Sünden beschützen. Erst wenn die Menschen das Gericht erlebt hätten, würden sie erkennen, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn zu verlassen.


Jer 2,20


Judas geistlicher Abfall entsprach geistlicher Hurerei. Indem er es als Hure bezeichnete, wies Jeremia auf Judas unersättliche Lust nach falschen Göttern hin. Vier Bilder malte Jeremia mit seinen Worten (V. 20 - 28 ) von Juda, um dessen Widerspenstigkeit zu zeigen. Das erste Bild war das eines Tieres, das sein Joch zerbrochen hat. Juda hatte sein Joch zerbrochen, das es mit dem Herrn verbunden hatte, und war den Göttern der heidnischen Nachbarn nachgelaufen (vgl. Jer 5,5 ). Es errichtete Anbetungsstätten auf allen hohen Hügeln , um diesen Göttern zu dienen (vgl. Jer 3,2; Hes 6,1-7.13 ). In geistlicher Hinsicht trieb Juda damit Hurerei . Diese Worte Jeremias könnten jedoch auch tatsächliche sexuelle Perversionen bezeichnen, die mit diesem Götzendienst einhergingen (vgl. Hos 4,10-14 ).


Jer 2,21


Jeremias zweites Bild von Juda war das eines edlen Weinstockes von verläßlicher Herkunft, den Gott gepflanzt und gepflegt hatte. Oft wird Juda als Gottes Weinstock oder Weinberg bezeichnet, sowohl im AT (vgl. Jes 5,1-7; Hes 15 ) als auch in den Evangelien (vgl. Mt 21,33-46 ). Gott hatte für das Volk alles getan, was er tun konnte. Aber trotz seiner Pflege wurde es zu einem schlechten, wilden Weinstock , der keine gute Frucht bringen konnte.



Jer 2,22


Das dritte Bild von Juda war das eines Menschen, der seinen Schmutz nicht abwaschen kann. Die Sünde des Volkes war so tief eingedrungen, daß auch Lauge (ein stark alkalisches Mineral) und Seife (ebenfalls stark alkalisch, aber ein pflanzliches Produkt) diesen Schmutz nicht entfernen konnten.



Jer 2,23-25


Das vierte Bild schließlich, das Jeremia von Juda malte, war das eines ungezähmten Tieres in der Brunstzeit . Wie eine Kamelstute lief Juda unablässig hinter seinen Götzen her (zu dem Wort Baale im Text vgl. die Anmerkungen zu Ri 2,11 ; siehe auch Jer 9,14 ). Wie eine Wildeselin ließ es sich in seiner Lust nach diesen Fremden nicht aufhalten.



Jer 2,26-28


Weil Juda diesen falschen Göttern nachlief, würde es zuschanden werden. Wenn es auch sogar seine Existenz den falschen Göttern aus Holz und Stein zuschrieb, hatte es doch, wenn Not kam, die Dreistigkeit, Gott zu bitten, daß er komme und es rette. Ihre falschen Götter hatten keine Macht, und doch hatte Juda so viel Städte, so viel Götter (vgl. Jer 11,13 ) - was die Ausbreitung des Götzendienstes deutlich macht.


Jer 2,29-30


Juda war geistlich unzurechnungsfähig geworden. Trotz seiner Sünde meinte es, mit Gott rechten zu können. Hier liegt eine ironische Umkehrung von Vers 9 vor, wo Gott mit Juda rechtet. Juda klagte Gott der Belästigung an. Gottes Gericht aber war verdient, denn die Menschen waren alle von ihm abgefallen. Gott hatte das Volk gestraft, aber seine Züchtigung sollte es erziehen und zurechtweisen. Aber die Menschen lehnten es ab, auf ihn zu hören, und töteten sogar Gottes Boten, die Propheten.



Jer 2,31-33


Judas Unzurechnungsfähigkeit zeigte sich am deutlichsten darin, daß es vergessen hatte, wie Gott in der Vergangenheit an ihm gehandelt hatte. Das Volk hielt sich für frei, für unabhängig von Gott. Eine Braut würde niemals ihren Schleier vergessen, der sie als verheiratete Frau kennzeichnet, aber Juda hatte seinen Gott vergessen, der es geschmückt und ausgesondert hatte aus den anderen Nationen dieser Welt. Juda hatte dies seit endlos langer Zeit getan. Voller Sarkasmus fügte Jeremia hinzu, daß Juda sich daran gewöhnt habe, sich unerlaubte Liebhaber zu suchen, so daß selbst die schlimmsten Huren von ihm noch neue Wege der Verführung lernen könnten.



Jer 2,34-35


Die Unzurechnungsfähigkeit des Volkes zeigte sich auch darin, daß es am Vergießen unschuldigen Blutes beteiligt war. Seine Kleider waren mit dem Blut von Armen und Unschuldigen bedeckt. Wenn diese Menschen bei einem Einbruch ertappt worden wären, wenn sie also beim Stehlen erwischt und getötet worden wären, dann wäre derjenige, der für ihren Tod verantwortlich war, unschuldig gewesen ( 2Mo 22,1 ). Aber Juda tötete nicht um irgendwelcher Verbrechen willen. Die Ermordeten waren "unschuldig". Und doch behauptete es immer: Ich bin unschuldig. Ich habe nicht gesündigt. Deshalb würde es Gottes Gericht erfahren.


Jer 2,36-37


Ein viertes Zeichen für die Unzurechnungsfähigkeit Judas war seine wankelmütige Außenpolitik. Ständig änderte es seine Wege im Umgang mit anderen Völkern (vgl. V. 18 ; Hes 23 ). Aber es würde feststellen müssen, daß ein neues Bündnis mit Ägypten ebenso enttäuschend wäre wie sein Bündnis mit Assyrien in der Vergangenheit (vgl. 2Kö 16,7-9; Jes 7,13-25 ). Der Herr hatte diese Nationen verworfen. Deshalb würden sie Juda nicht helfen können.

 

Jer 3,1-5


Jeremia beendete seine erste Botschaft, indem er noch einmal die geistliche Hurerei Judas deutlich machte. Wenn eine Ehe geschieden wurde und die Frau sich mit einem andern vermählte, dann durfte sie, wenn auch diese Ehe zerbrach, nach dem Gesetz nicht wieder zu ihrem ersten Mann zurückkehren ( 5Mo 24,1-4 ). Juda hatte sich von seinem Mann, Jahwe, getrennt und mit vielen gehurt (vgl. Jer 2,20 ). Dieses Tun machte es unrein (zu unrein vgl. Jer 3,2.9 und siehe die Anmerkungen zu Jer 23,11 ). Deshalb hätte es sein können, daß Gott sein Volk nicht wieder zu sich nahm. Dies war offensichtlich eine zeitlich begrenzte Verwerfung, denn später berichtete Jeremia von Gottes Verheißung, Israel unter einem neuen Bund wieder als Nation zu erneuern (vgl. Jer 3,18; 31,31-33 ).

Israels geistliche Hurerei war offensichtlich. Es war kaum ein Ort zu finden, wo es sich nicht in seiner geistlichen Vereinigung falschen Göttern preisgegeben hatte (vgl. Jer 3,9 und die Anmerkungen zu Jer 2,20 ). Sein begieriges Warten an den Wegen auf Liebhaber war ein Verhalten, das gewöhnlich von kultischen Prostituierten praktiziert wurde (vgl. 1Mo 38,13-14.20-21 ). Diese Lust Judas nach götzendienerischen Liebhabern war vergleichbar einem plündernden Araber in der Wüste , der auf vorbeiziehende Karawanen wartete, um sie zu berauben.

Gott würde Juda richten, indem er Frühregen und Spätregen zurückhielt (vgl. 5Mo 28,23-24; Jer 14 ). Aber Juda wollte sich nicht mehr schämen. Auch wenn es zu Gott schrie und Lieber Vater, du Vertrauter von meiner Jugend rief, wenn es ihn bäte, seinen Grimm zu beenden, wären seine Worte doch nur leere Hülsen, die lediglich dazu dienen sollten, Gott zu manipulieren. Sein Reden wäre freundschaftlich, aber seine Taten änderten sich nicht. Auch weiterhin täte es allenthalben nur Böses.


b. Umkehr im Lichte des kommenden Gerichtes
( 3,6 - 6,30 )


Jeremias zweite Botschaft ist eine Prophezeiung, die vermutlich zu einer anderen Zeit erging als seine erste Botschaft. Dennoch besteht ein logischer Zusammenhang zwischen dieser Weissagung und Jer 2,1- Jer 3,5 .Sie stellt eine Art Schlußfolgerung aus der ersten Botschaft dar. Im Lichte der Sünde Judas forderte Gott das Volk zur Umkehr auf. Die Weissagung wird recht allgemein datiert: Zur Zeit des Königs Josia . Vielleicht kann man sie irgendwann zwischen dem Beginn von Jeremias Dienst im Jahre 627 v. Chr. und der Entdeckung des Gesetzes 621 v. Chr. einordnen (vgl. Jer 11,1-8 ).

(1) Die Aufforderung zur Umkehr ( Jer 3,6-4,4 )



Jer 3,6-11


Gott offenbarte Jeremia die Geschichte zweier Schwestern - Israel und Juda (vgl. Hes 23 ). Das Nordreich Israel trieb Hurerei auf allen Höhen des Landes, eine Bezugnahme auf den ausgiebig betriebenen Götzendienst. Gott wartete in seiner Geduld, daß Israel zu ihm zurückkehren würde. Aber Israel lehnte dies ab und fuhr in seinem Götzendienst fort. Seine Schwester Juda, die Treulose, beobachtete diese Sünde Israels. Gott antwortete darauf, indem er Israel einen Scheidebrief gab und es entließ (vgl. die Anmerkungen zu Hos 2,2 ). Jeremia meinte hiermit die Zerstörung des Nordreiches Israel durch Assyrien im Jahr 722 v. Chr. (vgl. 2Kö 17,5-20 ).

Leider hatte Juda aus dem Fall Israels nichts gelernt. Statt dessen hatte es auch begonnen, Hurerei zu treiben. Ja, Juda fügte sogar noch Heuchelei zu der Sünde Israels hinzu, denn es beging dieselben Sünden und behauptete gleichzeitig, zum Herrn umzukehren. So war Israel trotz seiner Sünde noch gerechter als das treulose Juda.


Jer 3,12-18


Jeremia unterbrach seine Verurteilung der Sünde, um eine Botschaft der Umkehr und Hoffnung für das Nordreich einzufügen. Wenn Israel zu seinem Gott zurückkehrte (vgl. Jer 7,3; 26,13 ), dann würde er es nicht zornig anblicken und Barmherzigkeit walten lassen. Aber die Menschen müßten ihre Schuld der Rebellion und des Götzendienstes erkennen.

Gott verhieß, daß er einen Überrest sammeln würde ( einen aus einer Stadt und zwei aus einem Geschlecht ) und ihn nach Jerusalem ( Zion ; vgl. die Anmerkungen zu Kl 1,4 und Sach 8,3 ) bringen würde. Dieser Überrest würde Hirten haben (Führer, vgl. Jer 10,21; 22,22; 23,1-2.4 ), die sie im Sinne Gottes führen würden, und sie würden zahlreich werden - ein Zeichen des Segens Gottes ( 5Mo 30,5.9 ).

Die Bundeslade , die nach der Zerstörung Judas durch Babylon im Jahre 586 v. Chr. verloren ging, würden sie nicht mehr vermissen , und eine andere Lade würde nicht gemacht werden. Statt der Bundeslade würde d es HERRN Thron dort sein, ein Titel, unter dem die Stadt Jerusalem bekannt sein würde. Es ist bedeutsam, daß auch Hesekiel (vgl. Hes 43,7 ) den Tempel im Tausendjährigen Reich als einen Ort ansah, an dem Gottes Thron stehen würde. Christus würde in der Zeit des Tausendjährigen Reiches vom Tempel aus regieren. Gottes Herrschaft von Jersualem aus würde sich auf alle Heiden erstrecken, die nach Jerusalem kommen würden, um ihn anzubeten (vgl. Sach 14,16-19 ).

Neben der geistlichen Erneuerung würden Juda und Israel auch eine äußere Erneuerung erleben. Das Haus Juda und das Haus Israel würden als Nation vereint werden (vgl. Jer 31,31-33; Hes 37,15-28 ). Sie würden aus der Gefangenschaft in das Land zurückkehren, das Gott ihren Vätern zum Erbe verheißen hatte. Israel und Juda wurden 931 v. Chr. als Nation geteilt und sind seither nie wieder als ein Volk unter Gott vereinigt worden. Die Erfüllung dieser Verheißung steht aus bis zur Wiederkunft Christi.



Jer 3,19-20


Gottes Verlangen war es, sein Volk zu segnen. Er wollte es halten, als wäre es sein Sohn, und es in sein Erbe einsetzen. Aber das Volk war gleich wie ein Weib , das seinem Ehemann untreu ist. Was die Wiederherstellung verhinderte, war Israel, nicht Gott.



Jer 3,21-25


Es kann sein, daß Jeremia in diesen Versen ein idealistisches Bild der Israeliten zeichnete. Die Menschen beklagen ihre Situation ( V. 21 ), Gott bietet ihnen die Umkehr an (V. 22 a), und die Menschen fühlen eine echte und tiefe Reue über ihre Sünde (V. 22 b. 23-25 ). Das Buch Jeremia jedoch macht im Gegensatz dazu deutlich, daß Israel diesem Beispiel nicht gefolgt ist. Noch steht die zukünftige Umkehr des Volkes aus, die erst dann erfolgen wird, wenn Christus als König wiederkommt ( Sach 12,10-13,1 ).

Der Abschnitt beginnt mit Menschen, die ein klägliches Heulen und Weinen vernehmen lassen. Sie schreien wegen ihrer Übertretungen (sie haben übel getan) und weil sie den Herrn vergessen haben. In Jeremias Bild einer Nation, die echte Buße tut, erkennt das Volk schließlich die Tiefe der Grube, in die es gefallen ist. Gott antwortet auf diesen Schrei des Volkes, indem er ihm seine Hilfe anbietet, falls es umkehrt.

Israels Antwort liefert uns ein Modell echter Umkehr. Bewußt entschließt es sich, zu Gott zu kommen, weil er wirklich Gott ist. Das Volk gibt seine Schuld des Götzendienstes zu, der das ganze Land überschwemmt hat. Es bekennt, daß der Götzendienst ein Betrug war und daß es nur in Gott Rettung für Israel gibt. Die Schande und Schmach seiner vergangenen Taten zwingt es zuzugeben, daß es gesündigt hat wider den Herrn.

 

Jer 4,1-2


Gott versprach, Israel und Juda anzunehmen, wenn diese wirklich zu ihm umkehrten. Diese Umkehr aber mußte ehrlich sein. Die greulichen Götzen mußten von Gottes Angesicht entfernt werden, und die Menschen durften nicht länger ihren falschen Göttern folgen. Wenn die Völker von Israel und Juda aber nun wirklich umkehrten, dann würden sie von Gott gesegnet.



Jer 4,3-4


Nun benutzte Jeremia zwei Bilder, um die Notwendigkeit der Umkehr zu zeigen. Das erste Bild entstammte der Landwirtschaft: So wie ein Bauer seine Saat nicht auf ungepflügten Boden sät, so sät auch Gott seinen Samen des Segens nicht in Herzen, die nicht umgekehrt sind. Die Menschen in Juda und zu Jerusalem mußten den ungepflügten Boden ihrer Herzen durch eine echte Umkehr pflügen. Das zweite Bild bezog sich auf die jüdische Praxis der Beschneidung. Die Beschneidung war ein Zeichen dafür, daß man am Bund Gottes mit Israel teilhatte (vgl. 1Mo 17,9-14 ). Die Männer, die physisch beschnitten waren, mußten die Vorhaut ihres Herzens entfernen, so daß ihr innerer Zustand mit ihrem äußeren Zustand übereinstimmte (vgl. 5Mo 10,16; 30,6; Jer 9,24-25; Röm 2,28.29 ).

Wenn Juda nicht wirklich umkehrte, sondern nur sein äußerliches Verhalten änderte, würde Gottes Grimm über die Menschen kommen und wie Feuer brennen. Und wenn Gottes Zorn einmal entbrannt war, würde niemand ihn wieder löschen können.

 

Jer 4,5-9


(2) Die Warnung vor dem kommenden Gericht ( Jer 4,5-31 )

Um die Menschen nicht im unklaren darüber zu lassen, welche Form der Zorn Gottes annnehmen würde, beschrieb Jeremia das kommende Gericht als Anmarsch der Feinde Judas aus dem Norden. Es würde ein Befehl ergehen, die Posaune zu blasen, ein Zeichen der herannahenden feindlichen Armeen (vgl. Hos 5,8; Joe 2,1; Am 3,6 ). Daraufhin würden alle, die auf dem Land lebten, nach Jerusalem ( Zion ) fliehen, um dem von Norden kommenden Unheil zu entgehen, das großen Jammer mit sich bringen würde.

Die herannahende babylonische Armee würde in ihrer Grausamkeit wie ein Löwe sein, der aus seinem Dickicht käme, um das Land Juda anzugreifen. Dieser Angriff würde die Städte Judas verbrennen, so daß niemand darin wohnt. Die Erkenntnis der kommenden Zerstörung würde die Menschen dazu bringen, zu klagen und Sackleinen zu tragen, rohen, harten Stoff, der ein Bild für Trauer ist (vgl. Jer 6,26; 48,37; 49,3; 1Mo 37,34; 1Kö 21,27; Neh 9,1; Ps 30,12; 35,13; 69,12; Kl 2,10; Dan 9,3 ), denn der grimmige Zorn Gottes würde sich nicht von ihnen wenden (vgl. Jer 4,4 ).

Der Gerichtstag Gottes würde für die Führer Judas besonders schrecklich sein. Der König und die Fürsten , aber auch die Priester und die Propheten würden vor Furcht wie gelähmt sein, wenn sie die Zerstörung des Landes betrachteten. Diese Zerstörung würde ja zum Teil auf ihrer Unfähigkeit beruhen, Juda die Führung zu geben, die es brauchte (vgl. Jer 2,8 ).



Jer 4,10


Dieser Vers ist Jeremias Antwort an Gott. Er gehört zu den schwierigsten Versen des gesamten Buches. Der Prophet behauptete, daß Gott das Volk getäuscht habe, als er ihm versprach, daß sie Frieden haben würden, wo doch in Wirklichkeit Gott dafür verantwortlich sei, daß das Schwert des Gerichtes ihnen ans Leben ginge. Hatte Gott sein Volk in die Irre geführt, indem er über dessen Schicksal die Unwahrheit gesagt hatte? Eine solche Auslegung ist nicht möglich, denn sie stünde im Widerspruch zum Wesen Gottes (vgl. 4Mo 23,19 ). Und schließlich hatten die wahren Propheten Gottes ja das Gericht und nicht den Frieden angekündigt (vgl. Jer 1,14-16; Mi 3,9-12; Hab 1,5-11; Zeph 1,4-13 ). Nur die falschen Propheten hatten Frieden verkündigt (vgl. Jer 6,14; 14,13-14; 23,16-17 ). Jeremia klagte hier also wohl eher darüber, daß Gott diesen falschen Propheten erlaubt hatte, ihre Botschaft weiterzusagen.



Jer 4,11-12


Jeremia kam nun wieder auf Gottes Ankündigung der kommenden Invasion Judas zurück. Die Armeen würden für Gott wie ein heißer Wind sein, der aus der Wüste weht. Der Wind war für alle Bewohner Israels von großer Bedeutung. Die erfrischenden Brisen, die vom Mittelmeer her wehten, halfen den Bauern, das Korn zu dreschen und zu worfeln, und sie führten den lebenserhaltenden Tau mit sich, der das Land während der Sommerzeit mit Wasser versorgte. Der heiße, trockene Ostwind dagegen, der Chamsin, der von der Wüste her weht, brachte große Probleme mit sich. Man konnte ihn nicht zum Worfeln benutzen, da er zu stark war. Der Chamsin konnte die Vegetation verdorren lassen ( 1Mo 41,6 ). Er war für alle, die ihn ertragen mußten, äußerst unangenehm ( Jon 4,8 ). Auch Hesekiel verglich die babylonische Invasion mit dem Kommen des Ostwindes ( Hes 17,10; 19,12 ).



Jer 4,13-14


Gott benutzte nun ein weiteres Bild: Er verglich den Anmarsch des babylonischen Heeres mit einem herannahenden Sturm. Die Soldaten würden über Juda wie Wolken daherfahren, und ihre Wagen würden herankommen wie ein Sturmwind . Angesichts der sicheren Zerstörung Judas rief Gott in seiner Gnade die Menschen noch einmal zur Umkehr auf. Wenn sie ihr Herz von der Bosheit waschen würden, dann würde ihnen geholfen, und sie würden vor dem kommenden Untergang gerettet.


Jer 4,15-18


Der Anmarsch der Soldaten Babylons würde von Boten aus Dan im äußersten Norden Israels und vom Gebirge Ephraim , etwa 60 - 70 Kilometer nördlich von Jerusalem, gemeldet werden. Diese Boten würden verkünden, daß Belagerer kommen aus fernen Landen gegen die Städte Judas.

Gott würde dieses Heer schicken, um Juda zu bestrafen, denn das Volk hat ihn erzürnt. Juda sei selbst für dieses Elend verantwortlich. Es seien sein eigener Wandel und sein Tun, die diese Strafe Gottes über es bringen würden.



Jer 4,19-22


Jeremia antwortete auf diese Nachricht der kommenden Invasion mit einem Aufschrei. Sein Herz pochte, und er hatte keine Ruhe bei dem Gedanken an die herannahende Feldschlacht und die Niederlage, die sie über Juda bringen würde. Er kam zu dem Schluß, daß das Volk von Juda toll sei ( ?MwIl ; ein Mensch ohne Verstand und moralisch verdorben). Es sei töricht und hätte kein Verständnis für den Weg der Gerechtigkeit, den es eigentlich gehen sollte. In einer ironischen Umkehr von Spr 1,2-3 sagte er, daß die Menschen weise ( HXKAmIm ) seien, Übles zu tun, aber unfähig, rechttun zu lernen.



Jer 4,23-28


Jeremia sah das Gericht Gottes wie eine kosmische Katastrophe herannahen - eine Umkehrung der Schöpfung. Mit Bildern aus dem Schöpfungsbericht ( 1Mo 1 ) machte Jeremia deutlich, daß kein Bereich des Lebens unberührt bleiben würde. Gott würde Juda wüst und öde ( TOhU wABOhU ) machen, ein Ausdruck, der das Chaos beschreibt, welches Gottes Schöpfungswerk vorausging (vgl. 1Mo 1,2 ). Das Licht, das während der Schöpfung in die Dunkelheit gekommen war ( 1Mo 1,3-5 ), wäre verschwunden, es wäre finster. Die Berge und Hügel, die von den Wassern getrennt worden waren (vgl. 1Mo 1,9-10 ), bebten und wankten nun unter dem Gericht Gottes. Die Menschen und alle Vögel und das Fruchtland wären nicht mehr da. Das Land wäre wieder so verlassen, wie es vor der Erschaffung des Lebens war ( 1Mo 1,11-13.20-26 ).

Gottes Bildersprache war so furchtbar, daß einige Menschen denken mochten, er werde das Land Israel völlig vernichten. Um diesem Mißverständnis vorzubeugen, machte Gott seine Aussage eindeutiger ( Jer 4,27 ). Zwar würde das ganze Land wüst werden , wenn er das Volk richtete, aber dennoch verhieß er, daß er mit ihm doch nicht ganz ein Ende machen würde (vgl. Jer 5,18 ). Trotzdem aber würde das Land betrübt sein. Das Gericht würde kommen ( Jer 4,28 ).



Jer 4,29-31


Wenn die Heere sich Juda näherten, würden die Menschen aus allen Städten zu fliehen versuchen, um dem Tod zu entgehen. Sie würden in die dichten Wälder laufen und in die Felsen kriechen und hoffen, von den Soldaten nicht entdeckt zu werden. Die Bewohner Jerusalems dagegen würden versuchen, si ch mit Purpur und mit goldenen Kleinoden zu schmücken und ihr Angesicht zu schminken . Sie würden versuchen, sich wie eine Hure zu kleiden, um die Babylonier anzulocken und von ihrem Angriff abzulenken (vgl. Hes 16,26-29; 23,40-41 ). Diese List würde jedoch keinen Erfolg haben, denn Jerusalems frühere Liebhaber würden ihm nun nach dem Leben trachten.

Unter dem Druck der Babylonier, die ihren Angriff verstärkten, wäre die Tochter Zion (Jerusalem) wie eine Gebärende in Kindsnöten (vgl. Jes 13,8; 21,3; 26,17; Jer 6,24; 13,21; 22,23;30,6; 48,41; 49,22.24; 50,43; Mi 4,9-10 ). Sie würde die Hände um Hilfe ausstrecken, aber vergebens: Sie würde vergehen vor den Würgern .

 

Jer 5,1-3


(3) Die Gründe für das kommende Gericht ( Jer 5 )

Juda würde für seine Verdorbenheit gerichtet werden. Gott schickte Jeremia auf die Gassen Jerusalems.

Er sollte einen Menschen finden, der Recht übte und auf Wahrheit hielt. Aber Jeremias Suche verlief noch erfolgloser als einst die Suche in Sodom (vgl. 1Mo 18,22-23 ). Die Menschen lehnten jede Korrektur ab, und ihr A ngesicht war härter als ein Fels , ein Bild für ihre Weigerung, sich zu bekehren .


Jer 5,4-6


Jeremia hatte angenommen, daß er nur armen Menschen begegnet sei - den ungebildeten Massen, die ihres Gottes Recht nicht kannten. Wenn er aber zu den Großen ginge, dann würden diese um des HERRN Weg wissen. Aber Jeremias Besuch brachte nur Enttäuschung (vgl. Jer 2,8 ). Die Obersten waren nicht anders als das Volk. Sie hatten das Joch des Dienstes Gottes zerbrochen (vgl. Jer 2,20 ).

Deshalb würde Gott beide, die Führer und die Geführten, für ihre Sünde richten. Jeremia nannte drei wilde Tiere, um dieses kommende Gericht zu verdeutlichen. Juda hatte sich selbst durch seine Loslösung aus dem Joch seines Herrn diesem Angriff der wilden Tiere ausgesetzt. Der Löwe , der Wolf und der Panther sind Bilder für die Verwüstungen durch den babylonischen Angriff auf Juda.


Jer 5,7-9


Gott stellte Juda zwei rhetorische Fragen. Zuerst fragte er, wie er Juda gnädig sein sollte (V. 7 ). Dann fragte er, warum er sich an Juda nicht wegen seiner Sünde rächen sollte (V. 9 ). Zwischen den beiden Fragen beschrieb Gott Judas Charakter in einer Weise, die die Antworten offensichtlich machte. Er konnte Juda nicht vergeben, weil es ihn verlassen und bei falschen Göttern geschworen hatte. Obwohl Gott für die Menschen gesorgt hatte, handelten sie wie lüsterne Hengste, die fremden Frauen nachlaufen. Gott würde Juda für seine Hurerei und seinen Ehebruch bestrafen.



Jer 5,10-19


Juda, Gottes auserwählter Weinstock, war ein wilder Weinstock geworden ( Jer 2,21 ). Deshalb hatte Gott seine Invasionstruppen gerufen, damit sie in die Weinberge Judas einbrächen und die toten Weinranken abrissen. Auch wenn das Volk nicht ganz vernichtet würde, würden doch alle, die nicht dem HERRN gehörten, beim Gericht entfernt werden.

Die Menschen wollten nicht glauben, daß Gott jemals Jerusalem zerstören könnte. Gott würde nichts dergleichen tun. Die Propheten - Jeremia, Hesekiel und andere, die das Gericht verkündeten - seien, so sagten die Leute, nichts als Schwätzer . Gott ließ daher Jeremia wissen, daß seine Worte wie Feuer sein würden, das die Menschen verzehrte. Gott würde ein Volk von ferne (Babylon) gegen Juda heranführen - ein Volk, dessen Sprache die Juden nicht kannten. Diese Helden würden die Ernte, die Herden und die Söhne und Töchter der Juden verschlingen. Sie würden die mächtigen, festen Städte einnehmen, auf die Juda als sein Schutz vertraut hatte.

Noch einmal machte Gott deutlich, daß er mit Juda nicht ganz ein Ende machen würde (vgl. Jer 4,27 ). Er würde einen Überrest aufbewahren. Wenn diese Gefangenen fragen würden, warum sie besiegt worden seien, dann sollte Jeremia ihnen sagen, daß sie Gott verlassen hätten, um in ihrem eigenen Land fremden Göttern zu dienen. Deshalb lasse Gott sie nun Fremden (den Babyloniern) in einem fremden Land dienen. Seine Strafe entspräche ihrer Sünde.


Jer 5,20-31


Juda war bewußt ungehorsam geworden gegenüber Gott. Zwar hatte es Augen und Ohren, aber es konnte nicht sehen und hören (d. h. nicht verstehen), wie Gott wirklich ist (vgl. Hes 12,2 ). Juda lehnte es ab, Gott zu fürchten , ihn zu ehren (vgl. Spr 1,7 ). Das Meer bleibt innerhalb seiner ewigen Grenzen (vgl. Hi 38,10; Ps 104,9 ). Nur das Volk Gottes blieb nicht innerhalb der Grenzen des Bundes Gottes mit ihm. Statt dessen wurde es abtrünnig und ging seiner Wege. Es wollte Gottes gnädige Hand, die ihm Frühregen und Spätregen gab und die Ernte sicherte, nicht am Werk sehen.

Jeremia kam nun auf einzelne Sünden der Menschen zu sprechen. Gottlose, die groß und reich geworden waren, warteten nur darauf, die Armen auszunutzen. Sie wollten den Unterdrückten (den Waisen und den Armen ) nicht helfen. Die Propheten , die Gottes Wort der Wahrheit verkündigen sollten, weissagten Lüge . Und die Priester , die die Menschen in den Wegen Gottes unterweisen sollten, herrschten auf eigene Faust (vgl. Jer 2,8 ). Und alle diese Abirrungen von der Gerechtigkeit wurden noch vom Volk gutgeheißen, das es gern so hatte. Alle Mitglieder der Gesellschaft zogen die Gottlosigkeit der Gerechtigkeit vor.


Jer 6,1-3


(4) Die Gewißheit des kommenden Gerichtes ( Jer 6 )

Erneut benutzte Jeremia das Bild eines Alarmzeichens, das eine drohende Invasion ankündigte (vgl. Jer 4,5-6 ), um auf den Angriff Babylons hinzuweisen. Die Leute von Benjamin (vgl. Jer 1,1 ), die nördlich von Jerusalem wohnten, sollten fliehen. Aber statt in die Hauptstadt zu eilen, sollten sie aus Jerusalem fliehen und weiter nach Süden ziehen. Die Posaune sollte bei Tekoa erschallen, etwa 18 Kilometer südöstlich von Jerusalem (vgl. Am 1,1 ). Und ein Fluchtzeichen sollte über Bet-Kerem , einem Ort auf halbem Wege zwischen Jerusalem und Bethlehem, entzündet werden, um die Bewohner des Landes zu warnen und zur Flucht aufzurufen. Gott drohte an, daß Jerusalem so völlig zerstört würde, daß Hirten ihre Zelte dort aufschlagen und ihre Herden dort weiden lassen würden. Diese gewaltige Vernichtung wurde durch Nehemia bestätigt (vgl. Neh 1,3; 2,3.11-17 ).



Jer 6,4-6 a


Die Feinde, die sich zum Krieg gegen Jerusalem versammelten, wären begierig, die Stadt zu überfallen. Sie hofften anzugreifen, solange es noch heller Tag wäre. Aber ehe die Vorbereitungen beendet waren, hatten die Schatten des Abends bereits die Täler im Umkreis der Stadt verdunkelt. Die meisten Heere würden nun auf den nächsten Tag warten, bevor sie angriffen. Die Babylonier aber würden sich entschließen, noch in dieser Nacht zu beginnen. Gott selbst würde die Soldaten Babylons leiten, wenn sie den Wall bauten, um die Verteidigungsanlagen der Stadt zu durchbrechen (vgl. Hes 4,1-2 ).



Jer 6,6-9 (Jer 6,6b-9)


Jerusalem mußte heimgesucht werden wegen des von ihm begangenen Unrechts . Seine Bosheit war so reichlich vorhanden, daß sie wie Wasser aus einer Quelle floß. Wenn es sich nicht warnen ließ und umkehrte, würde es zum wüsten Land werden. Gott würde Babylon benutzen, um an Jerusalem eine gründliche Nachlese zu halten.



Jer 6,10-15


Jeremia war über den Unglauben Judas verwundert. Niemand wollte auf ihn hören, wenn er versuchte, es vor der kommenden Zerstörung zu warnen. Dies ist die erste von mehr als drei Dutzend Stellen in Jeremia, an denen erklärt wird, daß die Menschen nicht auf Gottes Wort hören wollten (d. h., daß sie ungehorsam waren). Ihr Ohr war verschlossen (wörtl.: unbeschnitten ), und sie hielten Gottes Wort für anstößig. Jeremia aber mußte das Wort vom Gericht Gottes verkünden. Er konnte es nicht zurückhalten (vgl. Jer 20,9 ).

Gottes Zorn wurde über alle Glieder der Gesellschaft ausgegossen - über Kinder und Alte (und allen dazwischen). Die Menschen würden ihre Häuser samt den Äckern und Frauen an die herannahenden Invasionstruppen verlieren. Dies würde geschehen, weil alle Glieder der Gesellschaft verdorben waren. Die Propheten wie die Priester liebten die Lüge ebenso wie das ganze Volk. Der Schaden bezieht sich auf die geistliche Krankheit der Menschen und deren geistliche und physische Folgen (vgl. Jer 8,11.22; 10,19; 14,17; 15,18; 30,12.15 ; vgl. "Plagen" in Jer 19,8; 30,17; 49,17; 50,13 ). Die Propheten und Priester verkündigten Frieden (vgl. Jer 8,11; 23,17 ), obwohl Gott ihnen diese Botschaft nicht aufgetragen hatte. Diese Scharlatane schämten sich nicht, die Menschen anzulügen. Ja, sie sind in ihrem Wesen so verhärtet, daß sie auch dann nichts von Scham wußten, wenn ihre Sünde offenbart wurde. Gott drohte, daß diese falschen Führer fallen würden, wenn die Stadt zerstört würde (vgl. Jer 8,12 ).



Jer 6,16-21


Juda war von Vernichtung bedroht, denn es war von den Wegen der Vorzeit abgewichen, den Wegen der Gerechtigkeit Gottes. Dennoch ermahnte es Gott, auf dem guten Weg zu wandeln, wo es Ruhe finden würde, aber Juda lehnte dies ab. Die Propheten waren wie Wächter (Leute, die eine Stadt vor einer drohenden Gefahr warnen sollten). Aber die Nation wollte nicht hören.

Juda verwarf Gottes Gesetz und meinte, daß Rituale anstelle von Gehorsam ausreichten. Gott erwiderte darauf, daß er Weihrauch , der aus Saba im Südwesten Arabiens (vgl. 1Kö 10,1-13; Hes 27,22 ) importiert wurde, und köstliches Gewürz (vielleicht Zukkerrohr, 2Mo 30,23 ; vgl. auch Hl 4,14; Jes 43,24 ) aus fernen Landen nicht wolle. Auch die vorschriftsmäßig durchgeführten Brandopfer und Schlachtopfer seien ihm, wenn sie nicht mit echter Liebe zu Gott verbunden seien, nicht wohlgefällig . Statt diesen heuchlerischen Gottesdienst anzunehmen, drohte Gott, dem Volk Anstöße in den Weg zu legen, damit sie sich daran stießen und darüberfielen. Über diese Anstöße wird nichts Genaueres gesagt, aber wahrscheinlich sprach Gott hier wieder von den Babyloniern (vgl. Jer 6,22 ).

 

Jer 6,22-26


Jeremia beschloß seine zweite Botschaft, indem er noch einmal auf den Feind von Norden hinwies (vgl. Jer 1,13-15; 4,5-6; 6,1 ). Die heranrückende Armee sei grausam und ohne Erbarmen , eine auf die Babylonier wirklich zutreffende Beschreibung (vgl. Hab 1,6-11 ). Wenn sie gerüstet als Kriegsleute kämen, dann hätten sie nur ein Ziel: Jerusalem anzugreifen.

Der Bericht über den Anmarsch Babylons ließe die Menschen in Juda in große Angst geraten, gleich einer Gebärenden (vgl. die Anmerkungen zu Jer 4,31 ). Die Menschen würden sich fürchten, ihre Städte zu verlassen, da sie dann ein Schwert niederstrecken könnte. Statt dessen zögen sie Sackleinen an, eine schwarze, grobe Kleidung, die man in Zeiten der Trauer ( 1Mo 37,34; 2Sam 3,31; 1Kö 21,27; Esr 4,1-4 ) und Buße ( Neh 9,1; Dan 9,3; Mt 11,21 ) trug. Jerusalem würde eine ähnliche Traurigkeit erleben wie jemand, der seinen einzigen Sohn verloren hat.



Jer 6,27-30


Gott setzte Jeremia als Prüfer ein zum Prüfen von Erz, und das Volk von Juda war Erz und Eisen . Jeremia, der das Volk untersuchte, stellte fest, daß sie alle ganz und gar abtrünnig waren. Gott versuchte, sie durch das Gericht zu läutern, aber die Läuterungsversuche waren erfolglos. Die Bösen waren bei dem Läuterungsprozeß nicht ausgeschieden worden, so daß das ganze Volk wie verworfenes Silber war. Gottes Versuche, die Nation zu erneuern, hatten nicht zum Erfolg geführt. Deshalb war das Gericht nun unausweichlich geworden.



c. Falsche Religiosität und ihre Bestrafung
( Jer 7-10 )


Diese Kapitel, die oft als Tempelbotschaft Jeremias bezeichnet werden, reden von Gottes Strafe über das Volk wegen dessen falscher Religiosität. Die Menschen glaubten, Gottes Gericht würde niemals Jerusalem oder sie selbst betreffen (vgl. Jer 5,12-13 ). Sie fühlten sich sicher aufgrund der Gegenwart des Tempels Gottes und wegen ihrer äußerlich sichtbaren Religiosität (vgl. Jer 6,20 ). Jeremias Tempelbotschaft zerstörte diese falsche Hoffnung und legte die eiternde Wunde des Götzendienstes bloß, die in den Menschen geistliche Fäulnis verursachte. Die in Kapitel 26 beschriebenen Ereignisse beinhalten vermutlich die Reaktion der Menschen auf diese Botschaft.

(1) Die Tempelpredigt und Judas falscher Gottesdienst ( Jer 7,1-8,3 )



Jer 7,1-8


Gott gab Jeremia den Auftrag, am Eingang des Tempels zu stehen und sein Wort denen zu verkündigen, die kämen, um dort anzubeten . Die Botschaft selbst war der eben behandelten ähnlich: Die Menschen mußten ihr Leben bessern (vgl. Jer 3,12; 26,13 ), wenn sie weiter dort leben wollten.

Jeremia stellte sich den Einwänden der Menschen gegen seine Botschaft. Sie glaubten, daß kein Gericht kommen würde, weil in Jerusalem des HERRN Tempel stand (dreimal betont, um den Glauben der Menschen an seine beschützende Macht zu zeigen). Das Volk Juda sah im Tempel eine Art Talisman, einen Glücksbringer, der jeden Angriff abwehren konnte.

Aber für Gott waren Gebäude nicht wichtiger als Gehorsam. Gottes Schutz würde nur bestehen bleiben, wenn die Menschen ihr Leben besserten ( Jer 7,5 ; vgl. V. 3 ). Drei Beispiele führte Jeremia an, um die Veränderung zu zeigen, die Gott wollte. Die beiden ersten bezogen sich auf Verhaltensweisen gegenüber anderen Israeliten, das dritte Beispiel betraf das Verhalten gegenüber Gott. (1) Die Menschen sollten an den Hilflosen in der Gesellschaft - an denen, die sich nicht wehren konnten, wenn man ihnen Unrecht tat - keine Gewalt üben (vgl. 5Mo 14,29; 16,11; 24,19; Ps 94,6 ). (2) Sie sollten kein unschuldiges Blut vergießen (vgl. 5Mo 19,10-13; 21,1-9 ). (3) Sie sollten keinen anderen Göttern nachlaufen . Wenn Gott diese Zeichen der Treue gegenüber Gottes Bund sähe, würde er dem Volk erlauben, in dem Lande zu bleiben. Wenn aber die Menschen auf das Tempelgebäude vertrauten, statt im Gehorsam gegenüber dem Bund Schutz zu suchen, dann verließen sie sich auf Lügenworte, die zu nichts nütze waren.

 

Jer 7,9-15


Juda fühlte sich durch die Gegenwart des Tempels Gottes so sicher, daß es glaubte, alle Arten von Greueln begehen zu können und doch geborgen zu sein. Die Schlechtigkeit der Menschen aber hatte den Tempel bereits zu einer Räuberhöhle werden lassen (vgl. Mt 21,12-13 ). Die Menschen hatten nicht begriffen, daß Gott dies alles sah und ihre Taten kannte.

Jeremia wies auf die Vergangenheit Israels hin, um die irrige Auffassung zu widerlegen, daß die bloße Gegenwart des Tempels Gottes das Unheil verhindern werde. Er forderte die Menge auf, sich an Silo zu erinnern, wo das Heiligtum Gottes zuerst gestanden hatte ( Jos 18,1; Ri 18,31; 1Sam 1,3; 4,3-4 ). Sie sollten sich daran erinnern, was Gott mit Silo getan hatte wegen der Bosheit Israels. Die Bibel berichtet uns nichts über das Schicksal Silos. Aber nachdem die Philister die Bundeslade entführt hatten ( 1Sam 4,10-11 ), flohen die Priester offensichtlich nach Nob ( 1Sam 22,11 ), und Silo hörte auf, das Zentrum des Gottesdienstes in Israel zu sein (vgl. Ps 78,56-64 ). Archäologische Hinweise zeigen, daß die Stadt Silo etwa um 1050 v. Chr. zerstört wurde, vermutlich durch die Philister.

Jeremia wollte damit sagen, daß Gott das, was er mit Silo getan hatte, auch mit dem Tempel tun würde. Wenn Juda sein Leben nicht änderte, würde Gott es von seinem Angesicht verstoßen, wie er es auch mit dem Nordreich ( Ephraim ) im Jahre 722 v. Chr. getan hatte ( 2Kö 17,5-20 ; bes. V. 20 ). Der Tempel trug Gottes Namen ( Jer 7,10.12.14 ; vgl. V. 30 ), d. h. er war ein Symbol der Gegenwart Gottes (sein "Name" sprach von seinem geoffenbarten Wesen).


Jer 7,16-20


Gott ließ Jeremia nicht für Juda eintreten, denn er würde ihn nicht hören (vgl. Jer 11,14; 14,11-12 ). Die Sünde des Volkes war an einen Punkt gelangt, wo die Bitten Jeremias vergeblich gewesen wären. Um zu zeigen, wie entartet Juda geworden war, griff Gott einen Aspekt seiner Götzenanbetung heraus. In ganz Juda waren die Familien gemeinsam damit beschäftigt, Kuchen (flache Brotkuchen, vielleicht in der Form der Göttin; vgl. Jer 44,19 ) für die Himmelskönigin (vermutlich Ischtar, die babylonische Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit) zu backen. Auch spendeten die Familien fremden Göttern Trankopfer (gewöhnlich Wein). Diese götzendienerischen Praktiken aber würden über die, die sie durchführten, Schande bringen. Gott schadete dieser falsche Götzendienst nicht. Denn die Menschen würden die Folgen ihres Tuns tragen müssen, wenn Gottes Zorn und Grimm über ganz Juda ausgeschüttet würde.



Jer 7,21-29


Die Menschen von Juda brachten alle vorgeschriebenen Opfer. Aber sie erkannten nicht, daß Gott am Sinai etwas anderes geboten hatte. Er hatte Israel aufgerufen, ihm zu gehorchen und ganz auf dem Wege zu wandeln, den er ihnen gebot. Aber leider wollte Israel nicht auf dieses Gebot Gottes hören. Obwohl Gott immer wieder seine Propheten geschickt hatte, um die Menschen zu warnen, wollten sie nicht hören (vgl. Jer 25,4-7 ).

Jeremia sollte nicht denken, daß die Menschen seiner Zeit auf Gottes Warnungen anders reagieren würden als ihre Vorfahren. Vielmehr ließ Gott Jeremia wissen, daß das Volk nicht auf ihn hören würde. Deshalb sollte Jeremia seine Haare abscheren, ein Zeichen tiefer Trauer (vgl. Hi 1,20; Jes 15,2-3; Jer 48,37; Hes 7,18 ), und über das Volk wehklagen ( qInCh , "Totenklage" halten). Diese Klage konnte bereits beginnen, denn die Zerstörung Judas war sicher. Gott hatte bereits dieses Geschlecht, über das er zornig war, verworfen.



Jer 7,30-34


Gott fuhr mit der Beschreibung der Sünde der Leute von Juda, durch die das Gericht über das Volk kommen würde, fort. Sie hatten Greuelbilder im Tempel selbst aufgestellt und dadurch sogar das Haus Gottes unrein gemacht (vgl. Hes 8,3-18 ). Außerhalb der Stadt hatten sie die Höhen des Tofet (vgl. Jer 19,6.11-14 ) im Tal Ben-Hinnom (vgl. Jer 19,2.6; 32,35 ,auch einfach Tal Hinnom genannt) gebaut. Hier brachten sie Kindesopfer dar, indem sie ihre Söhne und Töchter verbrannten (vgl. 2Kö 21,6; 2Chr 33,6; Jer 19,5 ). Der Ursprung des Wortes "Tofet" ( tOPeT ) ist unsicher. Es ist möglich, daß es von einem ähnlich klingenden Wort abgeleitet ist, das "Backofen" oder "Herd" bedeutet. Die dabei erfolgte Veränderung der Vokale ist bedeutsam, denn es wurden die Vokale des Wortes bOSeT ("Schande") auf das andere Wort übertragen, um so den schändlichen Charakter der dort betriebenen Praktiken deutlich zu machen. Diese "Anhöhe der Schande" lag im Tal Hinnom, genau im Süden und Westen der Stadt. In diesem Tal wurden die Abfälle der Stadt verbrannt. Im Griechischen wurde das Tal Hinnom (Hebr. : gL?-hinnOm ) bekannt als Gehenna ( geenna ); dieses Wort bezeichnete das feurige Verderben in der Hölle (vgl. Mt 5,22.29-30; 2Pet 2,4 ). Gott kündigte an, daß der Name dieses Ortes in Würgetal umgeändert werden würde wegen der großen Zahl von Leichnamen, die nach der Zerstörung von Jerusalem hierher gebracht würden. Die Weissagung über die Vögel und Tiere, die diese Leichname fressen würden, unterstreicht das, was auch der mosaische Bund über die Folgen des menschlichen Ungehorsams sagt ( 5Mo 28,26 ). Alle Freude würde vergangen sein (vgl. Jer 16,9; Jer 25,10 ), wenn das Land wüst geworden war.



Jer 8,1-3


Selbst die Toten würden Gottes Gericht nicht entgehen. Die Gebeine aller Fürsten, die falsche Götter angebetet hatten, aber vor dem Fall Jerusalems gestorben waren, würden aus ihren Gräbern geworfen und den Elementen hingestreut, die sie früher einmal angebetet hatten. Sie würden dort liegenbleiben wie Dung auf dem Felde (vgl. Jer 25,33 ). Und alle, die den Fall Jerusalems überlebten, würden verbannt sein. Ihr Leben würde so schrecklich sein, daß sie lieber tot als lebendig sein wollten.



Jer 8,4-7


(2) Gottes Vergeltung an dem Volk ( Jer 8,4-10,25 )

Gott stellte eine Reihe von Fragen, um Judas törichte Weigerung, zu ihm zurückzukehren, offenbar zu machen. Wenn ein Mensch fällt , dann versucht er, wieder aufzustehen . Wenn jemand irregeht , dann versucht er, so schnell wie möglich wieder zurechtzukommen . Aber wenn auch die meisten Menschen aus ihren Fehlern lernen - Juda wollte nicht umkehren . Es weigerte sich, zuzugeben, daß es gesündigt hatte, und folgte starrsinnig seinen eigenen Wegen wie ein Hengst, der in der Schlacht dahinstürmt . Selbst die Zugvögel halten die Zeit ihres Rückfluges ein, aber Juda erkannte nicht, daß es Zeit war, zu Gott zurückzukehren. Juda hatte noch weniger Weisheit als ein Vogel!



Jer 8,8-13


Dennoch fühlte sich Juda den anderen Nationen an Weisheit überlegen, denn es besaß ja das Gesetz des HERRN . Aber diese Schreiber gingen mit diesem Gesetz in lügnerischer Weise um. Diese Verwerfung des Gesetzes Gottes sollte das Gericht über das Volk bringen (vgl. 5Mo 28,30-45 ). Alle Menschen, klein und groß, hatten die gleiche Einstellung zum Gesetz Gottes. Die Führer gingen mit den Sünde des Volkes leichtfertig um - sie wollten den Schaden (vgl. Jer 8,22 und die Anmerkungen zu Jer 6,14 ) nur obenhin heilen, weil sie ihn nicht ernst nahmen, obwohl er tödlich war. Jer 8,10 b. 11-12 wiederholt noch einmal die Botschaft des Propheten in Jer 6,12-15 (vgl. die Anmerkungen dort). Diese Wiederholung unterstreicht die Bedeutung und Wahrheit der Aussage. Gott würde das Volk bestrafen, indem er den Erntesegen, den er ihnen früher gegeben hatte, von ihnen nehmen würde.


Jer 8,14-17


Jeremia hatte die panische Angst vor Augen, die ausbrechen würde, wenn Gottes Gericht begann. Die Menschen würden in die festen Städte ziehen und zugleich wissen, daß Gott sie dort umkommen lassen würde. Ihre Hoffnungen auf Friede wären zunichte geworden und der Schrecken der Babylonier erfüllte das Land. Wenn der Lärm der feindlichen Rosse von Dan im Norden sich nach Süden zog, würde alles erzittern in der furchtbaren Erwartung des Heeres, das das Land auffressen würde. Gott verglich die Babylonier mit giftigen Schlangen und Nattern , die die Juden stechen würden.

 

Jer 8,18-9,1


Diese hoffnungslose Lage Judas ließ Jeremia aus ganzem Herzen zu Gott schreien. Er bat Gott, auf den Schrei des Volkes zu hören, der aus fernem Lande herdrang. Diese Gefangenen Babylons fragten sich, wie ihre Stadt untergehen konnte, wo doch Gottes Tempel dort stand. Voller Verzweiflung fragten sie, ob Judas König, Jahwe, nicht mehr dort sei. Gott antwortete darauf, indem er zeigte, daß die Zerstörung Jerusalems durch ihre eigene Sünde herbeigeführt worden war, nicht durch seine Abwesenheit. Gott hatte das Heer Babylons gerufen, weil Juda ihn mit seinen Götzen erzürnt hatte.

Gott hatte Juda jede nur mögliche Gelegenheit zur Umkehr gegeben, aber es hatte nicht aufgehört, gegen ihn zu rebellieren. Jer 8,20 enthält den trauernden Aufschrei jener, die die Folgen ihrer Sünde zu spät erkannten. Die Ernte , ein Bild für die Gelegenheiten zur Umkehr, die Gott ihnen geschenkt hatte, war vergangen. Weil sie Gottes Ausweg aus dem Gericht nicht angenommen hatten, als er noch zur Verfügung stand, waren die Menschen nun ohne Hoffnung ( uns ist keine Hilfe gekommen ).

In Jeremias Antwort auf das Schicksal Judas mischten sich Traurigkeit und Verzweiflung. So sehr identifizierte er sich mit seinem Volk, daß er von der Tatsache seiner Vernichtung selbst wie zerschlagen war. Vergeblich suchte er nach Salbe in Gilead , um sein Volk zu heilen. Mit "Salbe" war das Harz eines Baumes (Storaxbaum) gemeint, das medizinisch genutzt wurde. Gilead, östlich des Jordan gelegen, war für seine Heilsalbe berühmt (vgl. 1Mo 37,25; Jer 46,11; 51,8; Hes 27,17 ). Der Schmerz Jeremias war so groß, daß er sich wünschte, seine Augen wären Tränenquellen , so daß er ohne Unterbrechung (Tag und Nacht) könnte die Erschlagenen beweinen . Dieses herzliche Mitgefühl mit dem Leiden der Menschen brachte Jeremia den Beinamen "der weinende Prophet" (vgl. Jer 13,17; 14,17 ) ein. Und doch war sein Mitgefühl mit ihrem Leiden von einer tiefen Abneigung gegen ihre Sünde begleitet. Eine einsame Herberge in der Wüste wäre ihm noch angenehmer, als mit den Menschen von Juda zusammenzuleben, die nur ein treuloser Haufe waren.



Jer 9,2-5


Die Menschen benutzten ihre Zungen wie ein Bogenschütze seinen Bogen - indem sie mit ihnen lauter Lüge schossen. Ehrlichkeit gab es nicht unter denen, die in Juda lebten. Man mußte sich selbst vor seinem Freunde hüten, und niemand konnte seinem Bruder trauen. In dem Maße, wie sich das Gefüge der Gesellschaft auflöste, sprach niemand mehr ein wahres Wort . Jeremia lebte unter einem Volk, das voller Trug war und Gott nicht kennen wollte.



Jer 9,6-8


Auf diesen Zustand Judas reagierte Gott, indem er versuchte, das Volk zu schmelzen und zu prüfen (vgl. Jer 6,28-30; Hes 22,18-22 ). Gott würde Juda in den Schmelzofen des Gerichtes werfen und so seinen falschen Zungen begegnen. In einer rhetorischen Frage fragte Gott Jeremia, ob er sich denn nicht an dem Volk für dessen Sünde rächen sollte.


Jer 9,9-15


Jeremia begann zu weinen und zu heulen über das Land Juda, weil die babylonische Invasion und Wegführung es öde machen würde, so daß niemand mehr hindurchzöge. Gott ließ ihn wissen, daß er aus Jerusalem einen Steinhaufen machen würde, in dem nur noch wilde Schakale wohnten (vgl. Jer 10,22; 49,33; 51,37 ). Er bat die weisen Männer von Juda, zu erklären, warum das Land so verderbe und öde werde . Bevor irgend jemand antworten konnte, machte Gott das Offensichtliche deutlich. Diese Zerstörung werde kommen, weil sich die Menschen von Gottes Gesetz abgewandt hätten und den Baalen folgten (vgl. Jer 2,23 und siehe die Anmerkungen zu Ri 2,11 ). Dies sei der Grund, warum Gott sie unter die Völker zerstreuen werde und warum so viele in Juda durch das Schwert getötet würden (vgl. Hes 5,2.12 ).

 

Jer 9,16-23


Jeremia führte drei einzelne Erklärungen des Herrn auf (V. 16-20.21.22-23 ), von denen jede mit einem ähnlichen Satz begann. In der ersten Erklärung (V. 16 - 20 ) rief Gott die Klageweiber , deren Beruf die Totenklage war, damit sie über Jerusalem trauerten. Diese Klageweiber sollten dann ihre Töchter und auch einander dies Klagelied lehren. In dem Totengesang ging es um den Tod der Kinder und der jungen Männer, die getötet würden, wenn die Babylonier die Stadt einnähmen.

Im zweiten Abschnitt (V. 21 ) zeigte Gott die Schrecken des babylonischen Gemetzels. Die Leichen würden wie Garben daliegen, die hinter dem Schnitter im Feld zurückbleiben, und niemand würde mehr übrig sein, der diese grausame "Ernte" sammelte.

Die dritte Erklärung schließlich (V. 22 - 23 ) faßte die Antwort zusammen, die Gott von den Menschen erwartete. Sie sollten sich nicht rühmen wegen ihrer menschlichen Weisheit oder Stärke oder wegen ihres Reichtums , denn dies alles habe keinen Bestand. Vielmehr solle sich ein Mensch nur rühmen, daß er Gott kenne . Auch hier bedeutet das Wort "kennen" ( yAdAZ ) ein enges, persönliches Verhältnis zu Gott (vgl. die Anmerkungen zu Jer 1,5 ). Gott wollte, daß die Menschen ihn als den, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt , wirklich kannten. "Barmherzigkeit" ( HeseD ) bezieht sich auf die treue Liebe Gottes (vgl. Jer 31,3; 33,11; Kl 3,22 ). Gott würde zu seiner Verpflichtung gegenüber seinem Volk stehen. "Recht" ( miSpoF ) ist ein recht allgemein gefaßter Begriff, der auf ein gerechtes Regieren hinweist. Gott würde dem Unschuldigen Recht verschaffen und den Schuldigen bestrafen. "Gerechtigkeit" ( Q+DAqCh ) bedeutet, dem Maßstab oder der Norm Gottes zu entsprechen. Gottes Maßstab für das Verhalten untereinander sollte für Israel die gültige Norm sein.



Jer 9,24-25


Wenn persönliche Qualitäten und Fähigkeiten Gott nicht gefallen konnten (V. 22 ), dann vermochten dies auch äußere Bemühungen um Einhaltung der religiösen Riten nicht. Gott würde denjenigen heimsuchen (bestrafen), der nur an der Vorhaut beschnitten war, ob dieser nun nah oder fern war. Wenn Juda sich auf sein Bundeszeichen der Beschneidung verließ, dann war dies ein Irrglaube, denn auch manche anderen Völker kannten diesen Brauch - und sie gehörten nicht zu Gottes Bund. Judas Taten zeigten, daß das Volk wirklich ein unbeschnittenes Herz hatte (vgl. Jer 4,4 ).



Jer 10,1-5


Die ersten 16 Verse von Kapitel 10 sind ein Einschub. Bevor Jeremia weiter über die kommende Gefangenschaft schrieb, kam er zunächst auf das Wesen Gottes, der dieses Gericht bringen würde, zu sprechen. Gott wandte sich an alle vom Hause Israel, zu dem auch das bereits im Exil befindliche Nordreich gehörte, und machte die Nichtigkeit der Götzen deutlich. Israel sollte nicht den Gottesdienst der Heiden annehmen , der von den Völkern seiner Umgebung praktiziert wurde, und sich nicht fürchten vor den Zeichen des Himmels . Diese "Zeichen" waren vermutlich unübliche Erscheinungen, wie Sonnen- oder Mondfinsternisse oder Kometen, die man für Vorboten kommender Ereignisse hielt, die von den Göttern geschickt wurden.

Solche götzendienerischen Praktiken waren alle nichts ( heBel , "Hauch"; vgl. die Anmerkungen zu heBel in Pred 1,2 ), denn schließlich waren die "Götter", die man verehrte, von ihren Verehrern selbst geschaffen worden (vgl. Jes 40,18-20 ). Ein Mensch fällte einen Baum und gab das Holz einem Bildhauer , der das gewünschte Bild daraus schnitzte. Dieser "Gott" wurde dann mit Silber und Gold überzogen und so auf einer Unterlage befestigt, daß er nicht umfalle. Wenn der Gott einmal geschaffen war, mußte man ihn an seinen Bestimmungsort tragen. Er war so leblos wie Vogelscheuchen im Gurkenfeld . Ganz gewiß konnte solch ein "Gott" nicht reden, um an seine Verehrer Wissen weiterzugeben. Deshalb ermahnte Gott sein Volk, diese falschen Götzen nicht zu fürchten . Die Götzen hätten keine Macht, denen, die sie ablehnten, irgendwelchen Schaden zu tun oder denen, die ihnen folgten, zu helfen.



Jer 10,6-16


Jeremia antwortete auf diese Beschreibung der Götzen, indem er unterstrich, wie einzigartig der Herr sei. Niemand sei ihm gleich (V. 6 a. 7 b; vgl. Jes 40,18.25 ). Die wertlosen hölzernen Götzen (vgl. Jer 10,15 und die Anmerkungen zu Jer 2,5 ) waren mit Silberblech aus Tarsis und Gold aus Ufas geschmückt. Tarsis war eine Stadt, die vermutlich in Südspanien lag. Es könnte jedoch auch ein stehender Ausdruck für ein "erzreiches Land" gewesen sein. Ufas ist entweder ein (uns nicht bekannter) Ort oder eine andere Schreibweise für Ofir, ein arabisches Land, das besonders für seine Goldvorkommen bekannt war (vgl. 1Kö 9,28; 10,11; 22,48; Hi 22,24;28,16; Ps 45,10; Jes 13,12 ). Es könnte jedoch auch ein Fachausdruck für "geläutertes Gold" sein. Jeremia beschrieb den Herrn als den wahrhaftigen (echten) Gott im Gegensatz zu den falschen Götzen. Er lebe, während sie leblos seien. Er sei ewig, während sie durch die Arbeit eines Bildhauers geschaffen und dem Verfall unterworfen seien.

Jer 10,11 ist der einzige Vers in diesem Buch, der in Aramäisch statt in Hebräisch geschrieben ist. Aramäisch war zu jener Zeit die Handelssprache. Vielleicht wurde dieser Vers in Aramäisch geschrieben, weil er sich an die heidnischen Götzendiener in der Nachbarschaft Israels richtete. Gott benutzte eine Sprache, die diese ganz bestimmt verstehen konnten. Seine Botschaft an diese Götzendiener war, daß ihre falschen Götter, die keinen Anteil an der Erschaffung des Universums gehabt hatten, letztlich selbst aus Gottes Universum vertilgt würden.

Im Gegensatz zu den falschen Götzen war der Herr wirklich der Schöpfer (V. 12 - 13 ). Er hatte die Erde gemacht und den Himmel ausgebreitet . (V. 12 - 16 sind wörtlich dieselben wie Jer 51,15-19 .) Nur er hatte Kraft und Weisheit , um ein solches Werk zu vollbringen. Diese Macht des Herrn spiegelt sich in seiner fortdauernden Offenbarung in der Schöpfung wider. Indem Jeremia die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer auf einen großen Sturm mit Wolken und Blitzen, Regen und Wind lenkte, machte er die beständige Macht Gottes deutlich (zu Vorratskammern vgl. die Anmerkungen zu Hi 38,22 und auch Ps 33,7; Ps 135,7; Jer 51,16 ).

Wenn Gottes Größe sich in seiner ganzen Fülle zeigen würde, dann würden alle die, die solche wertlosen Götzen gemacht hatten (vgl. Jer 10,8 und die Anmerkungen zu Jer 2,5 ), wegen dieser Spottgebilde , die sie einmal angebetet hatten, beschämt dastehen. Gott dagegen würde als Jakobs Reichtum bekannt sein (vgl. Jer 51,19 ). "Reichtum" ( HEleq , wörtlich "Anteil") bezieht sich gewöhnlich auf etwas, was einem Menschen zugeteilt wird (vgl. 1Mo 14,24; 3Mo 6,17; 1Sam 1,5 ). Gott gehörte tatsächlich in gewisser Weise Israel. Aber zur gleichen Zeit gehörte Israel Gott. Es war sein Erbteil (vgl. die Anmerkungen zu 5Mo 4,20 ). Gott war aber auch der, der alles geschaffen hatte (vgl. Hi 4,17;32,22;35,10; Ps 115,15; Ps 121,2; Pred 11,5 ), während die leblosen Götzen nichts schaffen konnten! Jeremia beendete diesen Einschub ( Jer 10,1-16 ), indem er diesen wahren Gott, der sich untrennbar an sein Volk gebunden hatte, benannte. Er heißt HERR Zebaoth .



Jer 10,17-22


Nachdem er die Erhabenheit Gottes über die Götzen deutlich gemacht hatte (V. 1 - 16 ), fuhr Jeremia in seiner Tempelrede fort und beschrieb die kommende Zerstörung und das Exil. Die Menschen von Jerusalem sollten ihre wenigen Besitztümer, ihr Bündel zusammenraffen, um das Land zu verlassen (vgl. Hes 12,3-16 ). Gott kündigte an, daß er die Bewohner des Landes wegschleudern werde. Sie würden gefangengenommen und weggeführt werden.

Jerusalem würde mit großer Verzweiflung und Furcht auf diese Ankündigung der Gefangenschaft reagieren. Die Plage , die es erleiden müßte, wäre schrecklich. Die Stadt würde einem Zelt gleichen, das zerstört worden ist. Ihre Söhne würden weggeführt werden, und die Hirten ( rOZIm , "Führer"; vgl. Jer 2,8 ), die die Herde eigentlich führen sollten, würden es zulassen, daß ihre Herde zerstreut würde (vgl. Jer 23,1-2; Hes 34,1-10 ). Der Angriff aus dem Norden würde Juda so dezimieren, daß seine Städte verlassen sein würden (vgl. Jer 9,10 ).



Jer 10,23-25


Jeremia beschloß seine Tempelpredigt mit einem Gebet zum Herrn. Der Prophet erkannte, daß das Tun eines Menschen nicht in seiner Gewalt steht, auch wenn er seinen eigenen Weg geht. Gott hat die Herrschaft über ihn, und nur wer es zuläßt, daß Gott seine Wege leitet, wird wahrhaft gesegnet sein (vgl. Spr 3,5-6;16,9;20,24 ). Weil das Gericht über Juda unausweichlich geworden war, bat Jeremia, daß es mit Maßen geschehe und nicht im Grimm . Jeremia bat also um Gottes Geduld und Milde, wenn er sein Gericht ausübte, auf daß das Volk nicht ganz zunichte gemacht werde. Indem er das Wort mich gebrauchte, identifizierte sich Jeremia mit Juda und repräsentierte es gleichsam. Dann bat Jeremia Gott darum, daß sein Gericht über Juda begleitet sein möge von seinem Gericht über die Heiden. Sie wollten ja Gottes Namen nicht anrufen und hatten das Bundesvolk Gottes vernichtet und verwüstet.


d. Der gebrochene Bund
( Jer 11-12 )


Die vierte Botschaft Jeremias hatte den Bundesbruch zwischen Juda und seinem Gott zum Thema. Auch wenn diese Botschaft selbst ohne zeitliche Angabe ist, gibt es im Text einige Hinweise darauf, daß sie 621 v. Chr., sechs Jahre nach dem Beginn der Wirkung Jeremias, verkündigt wurde. In diesem Jahr wurde der Tempel renoviert, ein Bestandteil der Reformen König Josias. Während dieser Renovationsarbeiten fand man eine Abschrift des Gesetzes (vgl. 2Chr 34,14-33 ). Jeremia scheint an mehreren Stellen auf diesen Fund des Gesetzes Gottes und der daraus resultierenden Erkenntnis, daß man den Bund mit Gott gebrochen hatte, hinzuweisen (vgl. Jer 11,3-5 ). Er forderte die Menschen auf, die Worte des Bundes, die Josia ihnen vorlegte, zu beachten ( Jer 11,6; 2Chr 34,19-32 ).

(1) Die Verletzung des Bundes ( 11,1 - 17 )



Jer 11,1-5


Gott sagte Jeremia, daß er auf die Vereinbarungen dieses Bundes hören und sie den Leuten in Juda und Jerusalem weitersagen solle. Besonders wichtig waren dabei die Worte, in denen es um den Gehorsam und Ungehorsam gegenüber dem Gesetz ging (vgl. 5Mo 28 ). Zu Kanaan, einem Land darin Milch und Honig fließt , vgl. die Anmerkungen zu 2Mo 3,8 .


Jer 11,6-8


Als Jeremia das Volk dazu aufrief, den Worten des Bundes zu gehorchen, erinnerte er es an das Versagen Israels in der Vergangenheit. Immer wieder hatte Gott die Menschen ermahnt, auf ihn zu hören, aber sie gehorchten nicht. Deshalb brachte Gott alle Worte dieses Bundes über sie. Israels Geschichte war voll von Rebellion und Zurechtweisung.


Jer 11,9-13


König Josia hatte eine äußerliche Rückkehr zu den Formen des Bundes erzwungen. Aber seine Reform konnte die Herzen der Menschen nicht bleibend verändern. Nachdem Josia gestorben war, kehrten die Menschen wieder zu ihrem Götzendienst zurück. Sie hatten sich verschworen , den Bund nicht zu beachten. Statt auf die Warnungen Jeremias zu hören (V. 2 - 8 ), kehrten sie zurück zu den Sünden ihrer Väter und dienten falschen Göttern. Beide, das Nordreich ( Israel ) und das Südreich ( Juda ), wurden auf diese Weise abtrünnig.

Judas bewußte Entscheidung, den Götzen zu dienen, besiegelte seinen Untergang. Gott kündigte Unheil an, dem die Nation nicht entgehen sollte. Die Menschen würden in dieser Stunde der Trübsal zu Gott schreien und auch zu ihren Götzen, aber weder er noch sie würden ihnen helfen. Daß Juda voller Götter und Schandaltäre war (vgl. Jer 2,28 ), würde sein Untergang sein und nicht seine Rettung. Zwar hatte Josia versucht, das Land vom Götzendienst zu reinigen ( 2Chr 34,33 ), aber die Zahl der Altäre, die dem Baal geweiht waren (vgl. Jer 11,17 ), war noch immer so zahlreich wie die Gassen in Jerusalem.



Jer 11,14-17


Die Sünde der Menschen war so bedrückend allgegenwärtig, daß Gott Jeremia erneut anwies, nicht für dieses Volk zu bitten, denn er würde auf diese Gebete um Befreiung in ihrer kommenden Not nicht hören (vgl. Jer7, 16; 14,11 ). Jer 11,15 hat schon vielen Übersetzern Schwierigkeiten bereitet. Es scheint folgender Gedankengang vorzuliegen: Gottes geliebtes Volk von Juda hielt sich in Gottes Tempel ( in seinem Hause ) auf. Offenbar kamen manche Menschen in den Tempel, um heiliges Opferfleisch darzubringen, weil sie glaubten, daß dieses Ritual die Schuld von ihnen nehmen könne. Aber sie hörten dabei nicht auf, übel zu tun .

Nun zeigte Gott ihr Gericht mit dem Bild eines Ölbaumes , der - vermutlich durch einen Blitz - in Brand gesetzt wurde: in großem Brausen . Gott hatte Juda als sein Volk gepflanzt. Nun würde er es ausreißen, denn es hatte ihn durch seinen Götzendienst erzürnt.



Jer 11,18-23


(2) Die Folgen der Verletzung des Bundes ( Jer 11,18-12,17 )

Die Menschen antworteten auf die Zurechtweisung durch Jeremia, indem sie versuchten, ihn zu töten. Dies war die erste Episode ihrer ständigen Opposition gegen Jeremia und seinen Dienst (vgl. Jer 1,8.17-19 ). Aber Gott tat Jeremia ihr Vorhaben kund. Diese Feinde planten, Jeremia aus dem Lande der Lebendigen auszurotten, d. h. ihn umzubringen. Er antwortete darauf, indem er Gott bat, seine Vergeltung über diese Verräter kommen zu lassen.

Gott versicherte Jeremia, daß sein Gericht bald kommen würde. Die Verschwörung gegen Jeremia war von den Männern von Anatot organisiert worden, also von Jeremias Landsleuten ( Jer 1,1 ). Sie hatten ihm befohlen, nicht zu weissagen. Sonst würde er von ihren Händen sterben. Gott versprach, diese Aufrührer mit dem Schwert und mit Hungersnot zu bestrafen. Anatot würde von Unheil heimgesucht, weil es sich gegen Gottes Botschaft und Botschafter gestellt hatte.

 

Jer 12,1-6


Jeremia reagierte auf die Enthüllung der gegen ihn geplanten Verschwörung, indem er über das Wohlergehen der Gottlosen klagte. Er gab zwar zu, daß Gott recht hatte, wann immer er mit ihm rechten ( rIB ; vgl. Jer 2,9.29 ) wollte, aber dennoch wollte er Gott nach seinem Recht fragen. Vor allem andern wollte er wissen, warum es den Gottlosen anscheinend so gut erging, wenn Gott wirklich über ihre Sünde erzürnt war (vgl. Hi 21,7; Ps 73,3-5.12; 94,3 ). Für Jeremia sah es eher so aus, als habe Gott sie selbst gepflanzt, denn sie schlugen Wurzeln und trugen materielle Frucht .

Jeremia bat Gott, die Ungerechten zu richten (vgl. Jer 11,20 ). Er hoffte, daß Gott sie wie Schafe zum Schlachten wegreißen würde (d. h., daß sie wie "ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird", Jer 11,19 ,behandelt würden). So wie Jeremia für seine Aufgabe von Gott "ausgesondert" worden war ( Jer 1,5 ), so richtete er an Gott die Bitte: sondere sie aus, daß sie getötet werden.

Gott hatte das Volk für die Sünden der Gottlosen bestraft. Aber auch die Gerechten litten in diesem Gericht. In Jer12,4 widersprach Jeremia nicht dem, was er gerade über das Wohlergehen der Gottlosen (V. 1 ) gesagt hatte. Vielmehr ging es ihm wohl darum, zu sagen, daß selbst in schwierigen Zeiten der Gottlose besser dazustehen schien als der Gerechte. Gott hatte eine Dürre als Gericht über die Nation geschickt (vgl. Jer 14,1-6; 3Mo 26,19-20; 5Mo 28,22-24 ), so daß das Land so trokken und das Gras verdorrt war. Aber die Menschen wollten Gottes Hand in diesem Gericht nicht sehen. Sie glaubten, daß Gott ihren Sünden gegenüber gleichgültig war, und behaupteten: Er weiß nicht, wie es uns gehen wird (vgl. Ps 73,11; 94,7 ).

Gottes Antwort auf die Frage Jeremias war überraschend. Wenn Jeremia seine Situation als schwierig empfand, dann sollte er wissen, daß sie in Zukunft noch wesentlich schwieriger werden würde ( Jer 12,5 ). Zwei Bilder benutzte Gott für diese Aussage - ein Rennen und eine Wanderung über Land. Wenn Jeremia mit Fußgängern gelaufen war und sich nun beklagte, daß er müde sei, wie würde er sich dann erst beklagen, wenn er mit Rossen laufen sollte? Oder wenn Jeremia schon Sicherheit ( bAFaH ) suchte, wenn er im Lande war, wo es keine Gefahr für ihn gab, wie wollte er dann zurechtkommen, wenn er sich im Dickicht des Jordan befand? "Dickicht" bezeichnet hier die niedrige und dichte Bewachsung entlang des Jordan. Dieses zweite Bild bedeutete etwa folgendes: Wenn Jeremia sich schon in Friedenszeiten an Gottes Hilfe klammerte, wie sollte er dann zurechtkommen, wenn es wirklich schwierig würde?

Gott fuhr in seiner Antwort an Jeremia fort, indem er darauf hinwies, daß selbst seine Brüder und seines Vaters Haus ihn verraten hatten. Offensichtlich hatten sie sich der Verschwörung der Männer aus Anatot gegen Jeremia angeschlossen. So warnte Gott Jeremia, ihnen nicht zu trauen, auch wenn sie ihn äußerlich lobten und freundlich mit ihm redeten.



Jer 12,7-13


Gott fuhr mit seiner Gerichtsankündigung, die in Jer 11,18 durch den Bericht über den Anschlag auf das Leben Jeremias unterbrochen worden war, fort. Er würde Juda verlassen und verstoßen, er würde es in der Feinde Hand geben. Gott nannte das Volk hier sein Haus , sein Erbe (vgl. Jer 10,16 und die Anmerkungen zu 5Mo 4,20 ) und was seine Seele liebte . Er zeigte dadurch, daß das Gericht nicht dem harten Herzen eines launischen Herrschers entsprang. Gott wollte eigentlich das genaue Gegenteil tun. Aber er mußte das Volk wegen seiner Sünde richten. Die Nation war wie ein Löwe geworden, der seine Stimme gegen ihn erhoben hatte ( brüllt wider mich ).

Das ganze Volk hatte sich so sehr verändert, daß es wie der bunte Vogel geworden war. Damit ist ein Vogel gemeint, der sich durch seine auffällige Färbung aus der Menge der Vögel heraushebt und deshalb von den anderen Vögeln angegriffen wird. Juda war so sehr anders als die anderen Völker geworden, daß es von ihnen angegriffen werden würde.

Die Zerstörung, die über Jerusalem kommen sollte, wird mit Hirten verglichen, die ihre Herden in einen Weinberg bringen und ihn dadurch zerstören. Gottes Volk, das einmal Frucht gebracht hatte, würde wie eine Wüste werden, wenn das Schwert des HERRN (d. h. das Schwert der Babylonier, die Gott als sein Werkzeug benutzen würde) die Einwohner tötete. Die Weizen gesät hatten, würden nur Dornen ernten (wegen der Zerstörung durch den Krieg) und so die Folgen des Gerichtes tragen.



Jer 12,14-17


Jeremia beschloß seine vierte Botschaft, indem er Gottes Verheißung/Drohung über die Völker verkündigte. Die bösen Nachbarn, die Israels Erbteil (vgl. V. 7 - 9 ) angetastet hätten, würden selbst aus ihrem Land vertrieben werden (vgl. Jer 25,12-14.27-29; 46,51 ). Das Haus Juda aber würde Gott aus der Mitte dieser heidnischen Völker, unter die er es zerstreut hatte, reißen und wieder in sein Land zurückbringen (vgl. Jer 31,7-11; Hes 37,1-14 ). Auch wenn Gott diese heidnischen Völker richten würde, würde er sich später über sie erbarmen und sie ebenfalls in ihre Länder zurückführen. Dies wird geschehen, wenn Christus zurückkehrt und sein Tausendjähriges Reich auf der Erde errichtet. Jene Völker, die von Gottes Volk lernen und bei seinem Namen schwören , werden gesegnet sein und inmitten seines Volkes wohnen. Aber jedes Volk, das nicht hören will, wird vernichtet werden (vgl. Sach 14,9.16-19 ).



e. Der Leinengürtel und die Weinkrüge
( Jer 13 )


Die Menschen reagierten auf die Botschaft Jeremias nicht. Deshalb ließ Gott ihn eine symbolische Handlung vollziehen (V. 1 - 11 ). Außerdem begann Jeremia, besonders eindrucksvolle Gleichnisse zu benutzen (V. 12 - 14 ). Diese unüblichen Kommunikationsmittel sollten die Neugier und das Interesse dieser unempfänglichen Zuhörerschaft erregen. Später erhielt Hesekiel während seines Dienstes in Babylon den Auftrag, sich ähnlicher Mittel zu bedienen (vgl. Hes 4,1-5,4 ).

(1) Der Leinengürtel ( Jer 13,1-11 )



Jer 13,1-7


Gott befahl Jeremia, einen leinenen Gürtel zu kaufen und damit seine Lenden zu gürten. Er sollte ihn aber nicht naß werden lassen. Manche Ausleger halten diese Verse 1 - 7 für eine Vision. Aber im Text selbst finden wir keinerlei Hinweise darauf, daß sich das Ereignis nicht wirklich zugetragen hat. Im Gegenteil sagt Vers 2 , daß Jeremia diese Anordnung tatsächlich ausgeführt hat. Ein Gürtel ( ?EzNr ) war eine Schärpe oder ein Stück Stoff, das man um seine Lenden trug (vgl. 2Kö 1,8; Jes 5,27 ). Der Gürtel war aus Leinen gemacht, dem Stoff, aus dem auch die priesterliche Kleidung bestand (vgl. 3Mo 16,4 ). Dies war für die, die Jeremias Tun beobachteten, von besonderer Bedeutung.

Nachdem er den Gürtel eine Zeitlang getragen hatte, sagte Gott, er solle ihn nach Perath bringen und ihn in einer Felsspalte verstecken. Perath ( p+=rAT ) wird gewöhnlich mit Euphrat übersetzt (vgl. Jer 51,63 ). Viele meinen, daß Jeremia an den Euphrat gewandert sei, eine Reise von etwa 1200 Kilometern hin und zurück, um den Gürtel dort zu verstecken. Aber es ist auch denkbar, daß Jeremia in die Stadt Para ( pArCh ) ging, etwa fünf Kilometer nordöstlich von Anatot im Stamm Benjamin gelegen (vgl. Jos 18,21.23 ). In dieser Gegend liegt ein tiefes Tal, heute als 'Ain Farah bekannt, das auf die Beschreibung eines Ortes mit Felsen und Felsspalten paßt. Im Hebräischen sind "nach Para" und "an den Euphrat" von der Schreibweise her völlig identisch (beide werden p+rATCh geschrieben; vgl. Jer 13,4-7 ). Weil dieser Ort so nahe lag, waren die Menschen in der Lage, das, was Jeremia tat, genau zu beobachten. Die Ähnlichkeit der Namen erinnerte sie an die Armee, die vom Euphrat her zu ihnen kommen sollte, um sie zu vernichten.

Nach langer Zeit sagte Gott Jeremia, daß er den Gürtel , den er vergraben hatte, wieder holen solle. (Wäre Perath der Euphrat, dann hätte dies erneut einen Marsch von 1200 Kilometern bedeutet!) Als er den Gürtel ausgrub, stellte er fest, daß er verdorben war und zu nichts mehr taugte .



Jer 13,8-11


Gott selbst legte das symbolische Handeln Jeremias aus. Dies war eine Botschaft des Gerichtes über das böse Volk , das sich weigerte, auf

Gottes Worte zu hören. Der Gürtel, der um die Lenden Jeremias gebunden war, stellte Israel und Juda dar. Solange er um seine Hüfte geschlungen war, nahm er eine Stellung zum Ruhm, zu Lob und Ehren ein. Aber von der Hüfte losgelöst und vergraben wurde er vollkommen unbrauchbar. So waren auch Israel und Juda unbrauchbar geworden, als sie sich von ihrem Gott gelöst hatten, um falschen Göttern zu dienen.

 

Jer 13,12-14


(2) Das Gleichnis von den Weinkrügen ( Jer 13,12-14 )

Jeremia verkündigte nun ein Gleichnis, das den Menschen eigentlich hätte einleuchten müssen. Er erklärte: Alle Krüge werden mit Wein gefüllt . "Weinkrug" ( nEBel ) kann sowohl ein Weinschlauch aus Tierhäuten ( 1Sam 10,3 ; vgl. Lk 5,37 ) als auch ein Tonkrug ( Jer 48,12; Kl 4,2 ) sein. Weil die Behälter in diesem Falle zerschlagen und zerschmettert werden sollten ( Jer 13,14 ), handelte es sich offensichtlich um tönerne Krüge.

Die Menschen spotteten über die selbstverständliche Aussage Jeremias. Natürlich mußte jeder Weinkrug mit Wein gefüllt werden. Dann aber machte Jeremia deutlich, um was es ihm mit diesem Gleichnis ging. Die leeren Krüge waren alle, die in diesem Land lebten, die Führer und das Volk. Gott würde sie mit Trunkenheit füllen - ein Bild für das Gericht (vgl. Jes 49,26; 63,6; Jer 25,15-25; 51,7.39 ). Dann würde er die Menschen, einen am andern , wie Tonkrüge zerschmettern . Nichts würde Gott davon abhalten, sie zu verderben.



Jer 13,15-17


(3) Die Botschaft der Sünde und ihrer Folgen ( Jer 13,15-27 )

Jeremia sah die kommende Finsternis des Gerichtes voraus und mahnte die hochfahrenden Leute von Juda, ihre Sünde zu erkennen und Gott die Ehre zu geben. Finsternis und finstere Wolken sind oft ein Bild für das drohende Gericht (vgl. Hes 30,3.18; 32,7-8; 34,12; Joe 2,2; Am 5,18-20; Zeph 1,15 ). Wenn sie es wegen ihres Hochmuts ablehnten zu hören, müßte Jeremia bitterlich weinen ( Jer 14,17 ), denn sie würden ganz sicher gefangen weggeführt werden.

 

Jer 13,18-19


Jeremia wandte sich von der Volksmenge ab und sprach zu dem König und der Königinmutter . Sie werden hier nicht näher identifiziert, aber vermutlich waren König Jojachin (auch als Jechonja bekannt) und die Königinmutter Nehuschta - die Witwe Jojakims (vgl. Jer 29,2; 2Kö 24,8.12.15 ) - gemeint. Jeremia ermahnte sie, sich im Blick auf die drohende Gefangenschaft zu demütigen. Da sie im Jahre 597 v. Chr. nach nur dreijähriger Regierungszeit ins Exil gehen mußten ( 2Kö 24,8 ), muß diese Weissagung während dieser drei Monate ergangen sein.

Jeremia ermahnte den König und seine Mutter, in Demut von ihrem Thron herabzusteigen, denn ihre Kronen würden bald fallen, da Nebukadnezar sie ihres Amtes entheben würde. Ihre Verbannung nach Babylon sollte ein Vorgeschmack auf das Gericht über Juda sein, bei dem das ganze Volk weggeführt würde.



Jer 13,20-27


Jeremia forderte die Führer auf, die Armeen zu beobachten, die von Norden kämen ( Jer 1,14; 4,6; 6,1.22; 10,22 ) und die Herde wegführen würden (vgl. Jer 10,21; 13,17 ), die ihnen anbefohlen war. Diejenigen, mit denen Juda einmal versucht hatte, ein Bündnis zu schließen, würden dann ihre grausamen Herren sein (vgl. Jes 39,1-7; Hes 23,14-27 ). Juda aber würde Angst ankommen wie eine Frau in Kindsnöten (vgl. die Anmerkungen zu Jer 4,31 ).

Wenn die Menschen fragten, warum das Gericht komme, ließ Gott sie schon jetzt wissen, daß es um der Menge ihrer Sünden sei. Juda sei ebensowenig fähig, sich zu verändern, wie ein Mohr die Möglichkeit hat, seine Haut anders zu färben, oder ein Panther seine Flekken entfernen kann. Die Sünde sei so tief in es eingebrannt, daß es ans Böse gewöhnt sei.

Gott würde das Volk im Exil zerstreuen wie Spreu, die verweht wird von dem Wind aus der Wüste (vgl. Jer 4,11-12 ). Dieses Gericht war kein Zufall. Es war der Lohn, den Gott Juda zugemessen hatte, weil es auf seine falschen Götter vertraut (sich auf Lügen verlassen) hatte.

Um das unzüchtige Verhalten Judas deutlich zu machen, benutzte Gott eine recht drastische Sprache. Er erklärte, daß er sein Gewand hochheben würde, um es vor den Völkern bloßzustellen. Die Völker sollten seine Ehebrecherei und seine Geilheit (wie wilde Tiere; vgl. Jer 2,23-24 ) sehen, die seine freche Hurerei kennzeichneten. Gott hatte seine Greuel des Götzendienstes gesehen, und es würde die Folgen seiner Verfehlungen tragen müssen.



f. Die Dürre und das Gebet
( Jer 14-15 )


(1) Die hoffnungslose Lage infolge der Dürre ( Jer 14,1-6 )



Jer 14,1-4


Gott hatte dem Bundesvolk in seinem Bund angedroht, daß zu den Strafen für Ungehorsam auch die Dürre gehören würde (vgl. 3Mo 26,18-19; 5Mo 28,22-24 ). Jeremia hatte bereits erwähnt, daß Gott Dürrezeiten schickte ( Jer 3,3; Jer 12,4 ), auch wenn nicht sicher ist, ob er sich auf eine längere oder mehrere kürzere Dürreperioden in den letzten Jahren Judas bezog.

Die nun angekündigte schlimme Dürre würde in Jerusalem lauter Klagen erschallen lassen. Der Regen hätte aufgehört, und das gesammelte Wasser ginge zur Neige. Auch wenn die Großen ihre Leute zum Brunnen schickten, um Wasser zu holen, brächten diese ihre Gefäße leer zurück . Die, welche das lebendige Wasser gegen trügerische Zisternen eingetauscht hätten ( Jer 2,13 ), würden nun feststellen, daß ihre physische Wasserversorgung der geistlichen entsprach. Die Erde finge bereits an, vor Regenmangel aufzuspringen, und die Ackerleute wären traurig (vgl. Jer 14,3 ) über den Anblick ihrer verdorrten Ernte. Jeremia berichtete, daß sowohl die Menschen in der Stadt als auch die Bauern auf dem Lande ihre Häupter verhüllen würden, ein Zeichen von Trauer oder Scham (vgl. 1Sam 15,30 ).


Jer 14,5-6


Die Dürre würde auch die Tiere auf dem Felde in Not bringen. So müßten z. B. die sonst ihre Kinder sehr umsorgenden Hirschkühe nun die neugeborenen Jungen verlassen, weil sie nicht genügend Gras fänden. Die Wildesel stünden auf den kahlen Höhen und schnappten nach Luft (vgl. Ps 42,2 ) wie die Schakale . Ihre sonst so scharfen Augen versagten nun. Sie fänden nichts Grünes, wo sie weiden könnten.



Jer 14,7-9


(2) Die Bitte wegen der Dürre ( 14,7-15,4 )

Die Schwere der Dürre würde die Menschen dazu zwingen, Gott um Hilfe anzuflehen. Sie würden ihre Sünden und ihren Ungehorsam zugeben und Gott bitten, einzugreifen und ihnen Regen zu schicken. Sie würden Gott den Trost Israels und den Nothelfer nennen und so die einzigartige Stellung Gottes als des Einen und einzigen, der ihr Volk aus seiner gegenwärtigen Not befreien konnte, anerkennen.

Gott hätte wohl die Macht zu helfen. Aber er würde auf die Bitten der Menschen um Regen nicht antworten. Er würde an ihnen handeln wie ein Fremdling , ein Wanderer , der sich nicht wirklich um das Land kümmert, durch das er gerade zieht. Gottes Untätigkeit würde das Volk an einen, der verzagt ist (einer, der überrascht und überwältigt worden ist, bevor er irgendeine Hilfe leisten kann) erinnern oder an einen Helden, der nicht helfen kann . Weil Gott nichts tun würde, bäte das Volk ihn inständig, es nicht zu verlassen.



Jer 14,10-12


Auf den ersten Blick erscheint Gottes Antwort recht verwunderlich. Statt das Schuldbekenntnis der Menschen anzunehmen, würde er sie für ihre Missetaten tadeln. Gott wüßte, daß ihr Bekenntnis nur äußerlich und oberflächlich sein würde. Sie würden Gott ihren Herrn nennen, wollten aber ihre Füße nicht vom Bösen zurückhalten. Weil sie noch immer dazu neigten zu sündigen, sagte Gott, daß er ihr oberflächliches Bekenntnis nicht annehmen werde. Er werde sie vielmehr für ihre Sünden heimsuchen .

Noch einmal forderte Gott Jeremia auf, nicht für dies Volk zu bitten (vgl. Jer 7,16; 11,14 ). Die vergeblichen Bemühungen der Menschen, Gott zu manipulieren, würden verschiedene Formen annehmen. Sie würden fasten und Brandopfer und Speiseopfer darbringen in der Hoffnung, den Herrn zu versöhnen und seinen Zorn zu besänftigen. Aber Gott würde sich nicht bestechen lassen. Er kündigte an, daß er die Abtrünnigen aufreiben würde durch Schwert, Hunger und Pest - die drei Hammerschläge des göttlichen Gerichts (vgl. 3Mo 26,23-26; Jer 21,6-7.9; 24,10; 27,8.13; 29,17-18; 32,24.36; 34,17; 38,2; Hes 5,12; 6,11; 7,15; 12,16; Offb 6,8 ; vgl. auch Jer 42,17.22; 44,13 ).



Jer 14,13-16


Jeremia unterbrach Gott, indem er ihn daran erinnerte, daß die falschen Propheten seiner Botschaft widersprachen. Statt Schwert und Hungersnot verkündigten sie, daß Gott Jerusalem beständigen Frieden geben werde (vgl. Jer 5,12-13; 6,13-14; 7,4.9-10; 27,16 : Jer 28,2-4 ).

Gott antwortete Jeremia, indem er ihm zeigte, daß die Botschaften dieser falschen Propheten Lüge waren, weil sie nicht von ihm gesandt waren. Ihre Botschaften waren ihres Herzens Trug . Gott würde die falschen Propheten, aber auch diejenigen, welche auf sie hörten, für ihre Lügen bestrafen. Sie alle würden durch Schwert und Hunger sterben (vgl. Jer 14,13.18 ).



Jer 14,17-18


Bei dem Gedanken an das Gericht über Jerusalem wurde Jeremia von einer großen Traurigkeit erfaßt. Seine Augen füllten sich mit Tränen, und er weinte unaufhörlich Tag und Nacht über Jerusalems Fall (vgl. Jer 9,1.18; 13,17; Kl 3,48-51 ). Er sah die Stadt als eine Jungfrau , die unheilbar verwundet war (vgl. die Anmerkungen zu Jer 6,14 ), und er beklagte ihren Verlust. Auf dem Feld würden die Leichen derer liegen, die vom Schwert erschlagen worden waren. Und die, welche sich in die Stadt retten könnten, fielen nach und nach der Hungersnot zum Opfer. Die Propheten und Priester, die das Volk auf den rechten Weg hätten bringen sollen, würden nach Babylon weggeführt.



Jer 14,19-22


Wieder würden sich die Menschen an Gott wenden und ihn um sein Eingreifen bitten. Sie wären verwirrt darüber, daß Gott sie verworfen hatte, und fragten ihn, warum er sie so geschlagen habe (vgl. "warum" in V. 8 - 9 ); sie hätten auf Frieden gehofft, aber nun erlebten sie nur Schrecken. Wieder würden sie ihr gottloses Leben (vgl. V. 7 ) und ihre Missetat anerkennen und Gott bitten, ihnen zu helfen.

In ihrem Flehen um Gottes Hilfe beriefen sie sich auf sein Wesen ( um deines Namens willen ; vgl. V. 7 ), seinen Tempel ( den Thron deiner Herrlichkeit ; vgl. Jer 3,17; 17,12 ) und seinen Bund (vgl. Jer 11,2-5 ). Die Menschen wären schnell dabei, wenn es galt, Gott an seine Verpflichtungen zu erinnern. Aber sie würden ihre eigenen Verpflichtungen ihm gegenüber nicht erkennen. Schließlich gäben sie sogar zu, daß die Götzen der Heiden (vgl. die Anmerkungen zu Jer 2,5 ), denen sie gedient hatten, keinen Regen geben konnten, um die Dürre zu beenden. Gott war der einzige, der alles tun konnte (vgl. 1Kö 17,1; 18,18-46 ).


Jer 15,1-4


Der Einschnitt zwischen den Kap. 14; 15 stimmt nicht mit dem Gedankengang überein. Die ersten vier Verse von Kapitel 15 enthalten Gottes Antwort auf das scheinbare "Sündenbekenntnis" in Jer 14,19-22 .Die Sünde des Volkes war so in ihm verwurzelt (vgl. Jer 13,23 ), daß das Gericht unausweichlich geworden war. Selbst die Fürbitten eines Mose oder Samuel hätten Gottes Gericht nicht aufhalten können. Die Erwähnung dieser beiden Männer ist bezeichnend, denn Mose war für das Volk eingetreten, um Gottes Zorn von ihm abzuwenden ( 2Mo 32,9-14; 4Mo 14,11-20; 5Mo 9,18-20.25-29 ), und auch Samuel hatte Fürbitte geleistet, um die Feinde des Volkes zu besiegen und Gottes Zorn abzuwenden ( 1Sam 7,5-11; 12,19-25 ).

Das Schicksal des Volkes war besiegelt. Gott hatte viererlei Plagen dafür auserwählt. Die einen würde der Tod treffen - vermutlich ist der Tod durch die Pest gemeint (vgl. Jer 14,12 ). Andere würden durch das Schwert getötet, und wieder andere würden vom Hunger dahingerafft. Und wer dieser Dreiheit des Schreckens (Pest, Schwert, Hunger; vgl. die Anmerkungen zu Jer 14,12 ) nicht erläge, würde zwar dem Tod entrinnen, aber in die Gefangenschaft geführt werden. Jeremia sah Hunde, Vögel und Tiere des Feldes , die die Erschlagenen fressen und vertilgen würden ( Jer 15,3 ,vgl. Jer 16,4 ).

Juda war in seinem Verhältnis zu Gott an einen Punkt gelangt, von dem aus es keine Rückkehr mehr gab. Dieser Punkt wurde durch Manasse , den Sohn Hiskias (vgl. 2Kö 21,1-18;2Chr 33,1-20 ) erreicht. Manasse verunreinigte Jerusalem dermaßen mit Götzendienst, daß die Zerstörung der Stadt unausweichlich geworden war ( 2Kö 21,10-15 ). Selbst die Reformen des Josia konnten ihre sichere Zerstörung nur noch hinauszögern ( 2Kö 22,16-20 ).



Jer 15,5-7


(3) Das Schicksal Jerusalems ( Jer 15,5-9 )

Gott fragte Jerusalem, wer sich seiner erbarmen oder Mitleid mit ihm haben würde, wenn das Gericht über die Stadt käme. Der einzige, der sich jemals um Jerusalem gekümmert hatte, war Gott, aber es hatte ihn verlassen. Deshalb kündigte Gott an, daß er es ohne Erbarmen verderben werde. Er werde es worfeln mit der Worfschaufel wie Getreide und so die Ungläubigen wie Spreu entfernen.


Jer 15,8-9


Die furchtbaren Folgen des Gerichtes würden alle Menschen zu spüren bekommen. Es würde mehr Witwen geben als Sand am Meer, wenn die Männer von den Babyloniern erschlagen würden. Selbst die Mütter würden nicht entkommen können. Eine Mutter, die sieben Kinder hatte, war ein Bild für höchste Freude und Sicherheit. Aber selbst sieben kräftige Verteidiger wären nicht imstande, den Schlag des Gerichtes Gottes abzuwehren. Jene Mutter würde dahinwelken , wenn sie erlebte, wie die feindlichen Soldaten die Stadt einnahmen, um die nach der Belagerung Übriggebliebenen mit dem Schwert zu töten. Mit diesem Bild kann eine wirkliche Mutter gemeint sein, aber auch die Stadt Jerusalem, die sich so sicher fühlte wie jene Mutter. In beiden Fällen sollte Babylon diese Sicherheit zerstören, indem es die Stadt und jene, die in ihr lebten, vernichtete.



Jer 15,10-11


(4) Jeremias Klage ( Jer 15,10-21 )

Jeremia beklagte seine eigenen Lebensumstände und sah, daß jedermann im ganzen Lande gegen ihn war. Obwohl er weder etwas geliehen noch ausgeliehen hatte, was ja zu Spannungen und Schwierigkeiten hätte führen können (vgl. Neh 5,1-13; Spr 22,7 ), wurde Jeremia von den Menschen verflucht. Gott antwortete, indem er Jeremia seine göttliche Verteidigung zusagte.



Jer 15,12-14


Gott stellte nun eine rhetorische Frage, um die Unausweichlichkeit des Gerichtes deutlich zu machen. So wie man nicht mit bloßen Händen Eisen oder Kupfer zerbrechen kann, so würden auch die Menschen in Juda nicht in der Lage sein, die Macht des babylonischen Ansturms zu brechen. All ihre Schätze würden von diesen Angreifern geplündert werden (vgl. Jer 17,3; Jer 20,5 ). Die Babylonier würden die Juden zum Knecht ihrer Feinde machen und sie in ein Land deportieren, das sie nicht kannten (vgl. Jer 14,18; 15,2; 16,13; 17,4 ). Dieses Gericht war die Folge von Gottes Zorn, der wie ein Feuer gegen das Volk von Juda entbrannt war.

 

Jer 15,15-18


Gott hatte versprochen, Jeremia letztlich zu befreien und zu rechtfertigen (V. 11 ). Aber angesichts der bevorstehenden Bedrängnis (V. 12 - 14 ) bat Jeremia darum, daß Gott dies bald tun möge. Gott solle ihn an seinen Verfolgern rächen. Jeremia wußte, daß Gott langmütig ist. Dennoch hoffte er, daß die Gerechtigkeit recht bald wiederhergestellt würde. Er wollte gerechtfertigt werden, bevor er im Tod hinweggerafft würde.

Jeremia konnte diese Bitte aufgrund seines Verhältnisses zu Gott äußern. Im Gegensatz zum Volk Juda, das Gottes Wort verachtete ( Jer 8,9 ), hatte Jeremia es angenommen ( dein Wort ward meine Speise ) und als seine Freude und seinen Trost (vgl. Ps 1,2 ) angesehen. Jeremia hatte sich nicht zu den Fröhlichen (and. Übers.: den "Schwelgern") gesellt ( Ps 1,1 ), sondern es vorgezogen, einsam zu sein und sich durch die Hand Gottes führen zu lassen. Wie Gott empfand er Grimm über die Sünde der Menschen.

Jeremia beendete diesen Abschnitt, indem er schmerzlich über seine bedauernswerte Lage klagte. Er wollte wissen, warum seine Leiden so lange währten und seine Wunden niemand heilen konnte (vgl. die Anmerkungen zu Jer 6,14 ). Er fühlte sich, als zöge Gott selbst seine Leiden in die Länge. Ja, er fragte sich sogar, ob Gott, der doch eine Quelle lebendigen Wassers ( Jer 2,13 ) zu sein behauptete, wie ein trügerischer Born geworden sei, der nicht mehr quellen wollte. Der Anblick eines ausgetrockneten Flußtales, das nur in der Regenzeit mit Wasser gefüllt ist, bedeutet für einen Menschen, der auf der Suche nach Wasser ist, eine große Enttäuschung (vgl. Hi 6,15-20 ). Jeremia hoffte, daß Gott ihn nicht enttäuschen würde.



Jer 15,19-21


Gott tadelte Jeremia für seine Zweifel und sein Selbstmitleid. Wenn Jeremia Gott dienen wollte, dann mußte er sich stets an ihn halten. Um Gottes Mund zu sein, mußte er recht reden und nicht leichtfertig . Wenn er fest stand vor Gott, dann würden sich die Menschen zu ihm kehren. Er aber durfte sich auf keinen Fall zu ihnen kehren. Wenn sich jemand in Bewegung setzen mußte, dann die Menschen, nicht Jeremia!

Gott beendete seinen Tadel, indem er noch einmal die Versprechen wiederholte, die er Jeremia bei seiner Berufung zum Propheten gegeben hatte (vgl. Jer 1,18-19 ). Er würde Jeremia stärken und zu einer ehernen Mauer machen, so daß alle seine Widersacher ihm nichts anhaben könnten. Auch wenn Widerstand käme, würde Gott Jeremia aus der Hand derer erretten, die ihn zu töten suchten.



g. Jeremias Einschränkungen und Judas Sünde
( 16,1 - 17,18 )


(1) Jeremias Einschränkungen ( Jer 16,1-9 )



Jer 16,1-4


Gott erlegte Jeremia mehrere persönliche Einschränkungen auf, die als Gegenstandslektionen für das Volk gedacht waren. Die erste Einschränkung war der Befehl, keine Frau zu nehmen und keine Familie zu gründen. Jeremia wurden diese selbstverständlichen Bindungen, die alle Israeliten schätzten, verwehrt. Dadurch wollte Gott zeigen, daß die kommende Katastrophe alle normalen Beziehungen unterbrechen und verändern würde. Viele Ehepartner und Kinder würden an bösen Krankheiten sterben . Die, welche übrig blieben, würden durch Schwert und Hunger umkommen (vgl. Jer 14,15-16; 15,2 ). Das Blutbad würde so furchtbar sein, daß die Toten nicht einmal beklagt oder begraben würden (vgl. Jer 16,6 ). Statt dessen würden sie wie Dung auf dem Acker liegen (vgl. Jer 25,33 ) - ihre leblosen Körper würden wilden Tieren zum Fraße dienen (vgl. Jer 15,3 ).



Jer 16,5-7


Die zweite Einschränkung für Jeremia war, daß er in kein Trauerhaus gehen und weder klagen noch trösten durfte (vgl. Hes 24,15-24 ). Er durfte nicht einmal diese selbstverständlichen Gefühle zeigen oder sein Beileid bekunden, wenn ein Mensch gestorben war. Zwei Gründe gab es dafür. Erstens sollte dies zeigen, daß Gott seinen Frieden , seine Gnade und seine Barmherzigkeit von diesem Volk weggenommen hatte. Zweitens sollte es daran erinnern, daß diejenigen, welche während der Eroberung Jerusalems sterben würden, nicht begraben noch beklagt würden (vgl. Jer 16,4 ), und daß die Überlebenden niemanden finden würden, der sie in ihrer Trauer tröstete. Die Zerstörung würde zu umfassend sein. Sich wund zu ritzen und sein Haupt zu scheren waren Zeichen der Trauer (vgl. Jer 41,5; 47,5; 48,37 ), obwohl es durch das Gesetz verboten war, sich zu ritzen ( 5Mo 14,1 ), da dies an heidnische Sitten erinnerte (vgl. 1Kö 18,28 ). Zu dem Scheren des Hauptes vgl. die Anmerkungen zu Hi 1,20 .



Jer 16,8-9


Die dritte Einschränkung für Jeremia war, daß er in kein Hochzeitshaus gehen durfte. Durch dieses Verbot sollte gezeigt werden, daß die Zeiten der Feste und der Fröhlichkeit bald vorbei sein würden. Gott kündigte an, daß er der Freude Judas und seiner gegenwärtigen Fröhlichkeit ein Ende machen wollte (vgl. Jer 25,10 ).



Jer 16,10-13


(2) Judas Sünde ( Jer 16,10-17,18 )

Wenn Jeremia den Menschen sein Verhalten erklärte, würden sie fragen, warum Gott ihnen all dies große Unheil ankündigte. In ihrer Naivität fragten sie, welche Sünde sie begangen hätten, um solch ein Gericht zu verdienen. Gottes Antwort auf diese Fragen machen das Grundproblem Israels während seiner gesamten Geschichte deutlich. Die vergangenen Generationen ( Väter ) hatten den wahren Gott verlassen, um andern Göttern nachzufolgen. Aber die gegenwärtige Generation handelte noch ärger. Statt aus den Fehlern ihrer Vorväter zu lernen, ging man noch weiter in die Irre. Jeder Mensch lebte nach seinem verstockten und bösen Herzen , statt Gott zu gehorchen.

Wegen dieser beständigen Auflehnung des Volkes gegen ihn kündigte Gott an, es aus diesem Lande zu verstoßen . "Verstoßen" ( FUl ) bedeutet: einen Gegenstand wegwerfen oder wegschleudern (vgl. 1Sam 18,11; 20,33; Jer 22,26-28 ). Die Menschen würden in ein Land geschleudert werden, von dem sie bisher nicht gewußt hatten (vgl. Jer 14,18; 15,2.14; 17,4 ) und in dem sie anderen Göttern dienen müßten (vgl. Jer 5,19 ). Weil sie Gott verworfen hatten, würde er ihnen keine Gnade mehr erweisen (vgl. Jer 16,5 ).


Jer 16,14-15


Wieder unterbrach Gott seine Botschaft des Gerichts, um etwas klarzustellen: Seine Worte bedeuteten keineswegs, daß Israel nun nicht länger sein Bundesvolk war. Dieses Gericht würde, wie Gott deutlich zu verstehen gab, nicht bleibend sein (vgl. Jer 4,27; 5,18 ). Einmal würde Israel wieder als Volk in sein Land zurückkehren und dort den Segen Gottes erleben. Dies würde während der tausendjährigen Herrschaft Christi geschehen, wenn das Volk den Segen des Neuen Bundes erfahren würde ( Jer 31,31-34 ).

Gott verhieß, daß es nach der kommenden Gefangenschaft Judas einen neuen "Exodus" geben würde. Dann würden die Menschen nicht mehr auf den ersten Exodus schauen, bei dem Gott die Israeliten aus ihrer Gefangenschaft in Ägyptenland herausgeführt hatte. Vielmehr würde man von der Zeit sprechen, da Gott sie aus dem Lande des Nordens (d. h. Babylon; vgl. die Anmerkungen zu Jer 1,14 ), wohin sie verstoßen worden waren, zurückbrachte.

Da Jer 16,14-15 beinahe mit Jer 23,7-8 identisch ist, halten manche Ausleger die Einordnung dieser Verse in Kapitel 16 für einen Fehler. Dies ist jedoch keine notwendige Folgerung. Jeremia hat an mehreren Stellen seines Buches gleiche oder ähnliche Worte benutzt (vgl. Jer 1,18-19 mit Jer 15,20; 6,13-15 mit Jer 8,10 b.11-12; Jer 7,31-32 mit Jer 19,5-6; 15,13-14 mit Jer 17,3-4 ).



Jer 16,16-18


Nach dieser Zusicherung der Rückführung des Volkes in sein Land setzte Gott seine Beschreibung des drohenden Gerichtes fort. Zunächst verglich er die Babylonier mit Fischern , die die Juden in ihren Netzen fischen sollten. Dann folgte ein Vergleich mit Jägern , die alle jene fangen sollten, denen es gelungen war zu entfliehen und die sich versteckten. Niemand würde entkommen, denn Gottes Augen sahen auf alle ihre Wege. Weder die Flüchtlinge noch ihre Missetat wären vor Gott verborgen. Er würde die Menschen jagen und es ihnen zwiefach vergelten, daß sie das Land mit ihren toten Götzen unrein gemacht hatten (Gott nannte das Land bewußt mein Land).

 

Jer 16,19-21


Jeremia bekräftigte sein Vertrauen auf Gott, der seine Stärke und Kraft und Zuflucht sei (vgl. die Anmerkungen zu Ps 18,2 ), drei Wörter, die den Schutz betonten, den Gott für ihn bereitet hatte. Nachdem Jeremia sein Vertrauen auf Gott bekräftigt hatte, wandte er sich den Tagen zu, da die ganze Welt Gott kennen würde. Während zu seiner Zeit Juda den falschen Göttern der Heiden huldigte, würde eine Zeit kommen, in der die Völker zu dem wahren Gott Israels kommen würden. Sie würden bekennen, daß ihre bisherigen Götter nichtige Götter , wertlose Götzen waren (vgl. die Anmerkungen zu Jer 2,5 ). Zu jener Zeit würde Gott sie lehren und ihnen seine Kraft und Gewalt zeigen, so daß sie sein wahres Wesen erkennen würden. Sie würden erfahren, daß er der Herr heißt (vgl. Hes 36,22-23 ).



Jer 17,1-4


Die Heiden würden eines Tages ihre Götzen verlassen und sich Gott zuwenden. Aber in den Tagen Jeremias waren die Menschen in Juda mit Götzendienst durchsetzt. Sie waren so sehr festgelegt in ihren Wegen, daß es schien, als wäre ihre Sünde auf die Tafel ihres Herzens geschrieben oder gegraben mit eisernem Griffel und mit diamantener Spitze . Eisen und Diamant wurden wegen ihrer außergewöhnlichen Härte benutzt, um Worte in Steintafeln zu ritzen (vgl. Hi 19,24 ). Die Sünde Judas würde auf den Hörnern ihrer götzendienerischen Altäre sichtbar. Die "Hörner" waren steinerne Spitzen an den vier Ecken eines Altares.

Der Götzendienst war so allgegenwärtig, daß selbst ihre Söhne die Altäre und Ascherabilder anbeteten. Aschera war die kanaanitische Göttin der Fruchtbarkeit. Ein geschnitztes Bild der Aschera war durch Manasse in Gottes Tempel aufgerichtet worden ( 2Kö 21,7 ; vgl. 5Mo 16,21 ), auch wenn er es später wieder wegnahm ( 2Chr 33,13.15 ). Offensichtlich wurde es nach seinem Tode in den Tempel zurückgebracht, denn Josia entfernte es später während seiner Reformen wieder und verbrannte es im Kidrontal, außerhalb der Stadt ( 2Kö 23,6 ). Nachdem Josia gestorben war, wandten sich die Menschen wiederum dem Götzendienst zu und errichteten neue Ascherabilder. Das "Bild des Ärgernisses" ( Hes 8,5 ) könnte solch ein geschnitztes Ascherabild gewesen sein. Man betete diese Götter unter den grünen Bäumen und auf den hohen Hügeln an, traditionelle Orte für den Götzendienst (vgl. Hes 6,13 ).

Gott würde die Stadt Jerusalem mit ihren Schätzen wegen der Sünde der Menschen den Angreifern zum Raube geben (vgl. Jer 15,13; 20,5 ). Das Volk von Juda würde das Land verlieren (sein Erbe ), wenn Gott es an seine Feinde als Knecht verkaufen und in ein Land bringen ließe, das sie nicht kannten (vgl. Jer 14,18; 15,2.14; 16,13 ).



Jer 17,5-8


Jeremia fügte nun ein kurzes Gedicht ein, in dem er den Weg des Gottlosen (V. 5 - 6 ) mit dem Weg des Gerechten (V. 7 - 8 ) verglich. Juda hatte sich falschen Göttern zugewandt und bei ausländischen Mächten Schutz gesucht. Gott aber machte deutlich, daß jeder, der sich auf Menschen verläßt und bei ihnen Schutz sucht, verflucht ist, denn sein Herz ist vom Herrn abgewichen. Statt zu blühen, wird er wie ein Dornstrauch in der Wüste verdorren. Gott wird ihn so fruchtlos werden lassen wie das unfruchtbare Land der Salzwüste am Toten Meer, wo kein Leben möglich ist.

Ein Gerechter dagegen ist gesegnet, denn seine Zuversicht (sein Vertrauen) ist auf Gott gegründet. Anders als der Mensch in Vers 5 - 6 wird er wie ein Baum, am Wasser gepflanzt , sein (vgl. Ps 1,3 ). Wenn Schwierigkeiten (hier durch Hitze und Dürre dargestellt) kommen, dann fürchtet er sich nicht . Statt dessen wird er weiter wachsen wie ein Baum, der Früchte bringt und dessen Blätter grün bleiben.



Jer 17,9-13


Wenn die Wege des Segens und des Fluches so eindeutig sind (V. 5 - 8 ), warum wählt dann irgendein Mensch den Weg der Sünde? Der Grund für ein solches Verhalten ist das menschliche Herz. Es ist so trotzig, daß Jeremia sich fragte, wer es ergründen könne. Gott antwortete, indem er Jeremia klarmachte, daß der HERR das Herz ergründen und die Nieren prüfen kann . Gott kennt jene innersten Gedanken und Motive, die ein Mensch vielleicht vor allen anderen Menschen geheimzuhalten vermag. Deshalb kann Gott jedem sein Tun auf gerechte Weise vergelten.

Dieses Prinzip der Gerechtigkeit wird nun auf jene angewandt, die sich unrecht Gut angesammelt haben. Wenn ein Vogel die Eier eines anderen Vogels ausbrütet, wird dieser Nachwuchs sehr bald davonfliegen. So wird auch Reichtum, der in unrechter Weise erworben wurde, weggenommen werden, und wer ihn erworben hat, wird den Spott tragen müssen.

Jeremias Ausweg aus der Sünde war, sich auf die Majestät Gottes auszurichten. Gott war auf dem Thron in seinem Heiligtum . Wer sich dafür entschied, ihn ( die Hoffnung Israels ; vgl. Jer 14,8 ) zu verlassen, war gleichsam auf die Erde (d. h. in den Staub) geschrieben - ein Hinweis auf die Vergänglichkeit dieser Menschen (das Gegenteil davon war, im Buch des Lebens eingeschrieben zu sein; vgl. 2Mo 32,32-33; Ps 69,29 ). Das Volk hatte dieses Los verdient, denn es hatte Gott, die Quelle des lebendigen Wassers (vgl. Jer 2,13 ), verlassen.



Jer 17,14-18


Jeremia beschloß seine Botschaft, indem er Gott bat, ihn zu rechtfertigen. Er tat dies in Form einer persönlich gehaltenen Klage. Jeremia stellte seine treue Hingabe an Gott dem Unglauben derer gegenüber, die ihn verfolgten. Sie spotteten über seine Weissagungen und verlangten, daß sie sich sofort erfüllen sollten, wenn sie denn wahr wären. Aber trotz dieses Widerstandes hatte Jeremia seinen Dienst als Bote Gottes treu getan. Deshalb bat er nun Gott, seine Verfolger zuschanden werden zu lassen, indem er den Tag des Unheils über sie brächte , den Jeremia vorausgesagt hatte. Weil sie seine Botschaft nicht hören wollten, bat er Gott, das ganze Maß des Gerichtes über sie zu bringen ( zerschlage sie zwiefach ; vgl. Jer 16,18 ).


h. Das Halten des Sabbats
( 17,19 - 27 )


Jeremias bisherige Botschaften handelten von der allgemeinen Sünde und Rebellion des Volkes. In diesen Versen nun kam er auf ein besonderes Gebot des mosaischen Gesetzes zu sprechen, um der Nation zu zeigen, wie weit sie sich von Gott entfernt hatte (vgl. 2Mo 20,8-11 ). Er verband dies aber wiederum mit dem ausdrücklichen Angebot der Umkehr. Auf Gehorsam würde Segen, auf Ungehorsam das Gericht folgen.



Jer 17,19


Gott sagte Jeremia, daß er ins Tor des Volks treten solle. Welches Tor dies war, wissen wir nicht. Es wird als das Tor bezeichnet, durch das die Könige aus- und eingehen . Dieser Ort wurde gewählt, weil hier eine große Zahl von Menschen vorbeikam. Möglicherweise handelte es sich hierbei um das Osttor, das vom Tempelberg in das Kidrontal hinabführte. Hesekiel schreibt, daß sich an diesem Tor die Führer Judas versammelten ( Hes 11,1 ). Vielleicht war aber auch das Benjamintor am Nordende der Stadt gemeint (vgl. Jer 37,13 ). Dies war ein Ort, an dem der König auf seinem Thron saß ( Jer 38,7 ). Auf jeden Fall sollte Jeremia sich nicht auf ein Tor beschränken, sondern seine Botschaft in alle Tore Jerusalems tragen, so daß die Bewohner der ganzen Stadt sie hören konnten.



Jer 17,20-24


Seine Botschaft an diejenigen, die durch diese Tore zogen, war, daß sie den Sabbattag heiligen sollten. Im Gegensatz zu ihren Vätern, die ungehorsam waren, sollten sie den Tag Gottes ehren, den dieser ausgesondert hatte, indem er keine Arbeit an ihm tat. Dies war ein sichtbarer Prüfstein für ihre Treue gegenüber dem Bund Gottes.



Jer 17,25-27


Die Treue gegenüber dem Gesetz würde Segen bringen. Wenn die Menschen Gottes Befehlen gehorchten, würde Jerusalem immerdar bewohnt bleiben. Aus dem Norden (dem Lande Benjamin ), von den sanften Hügeln der westlichen Region (dem Hügelland ), von dem zerklüfteten Berggebiet zwischen Jerusalem , dem Jordantal und dem Toten Meer (dem Gebirge ) und aus der halbtrockenen Wüstengegend im Südland (dem Negev) würden die Menschen in die Stadt strömen. Sie würden dort ihre Brandopfer und Schlachtopfer im Tempel darbringen. Der Ungehorsam gegen Gottes Sabbatgebot jedoch würde ein Feuer des Gerichtes anzünden, das die festen Häuser der Stadt verzehrte und die Bewohner ohne Verteidigung zurückließe (vgl. Jer 49,27 ).


i. Der Töpfer und der zerbrochene Krug
( Jer 18-20 )


Die neunte Botschaft Jeremias bestand aus mehreren Gleichnissen und Ereignissen, die den Höhepunkt des ersten Teiles dieses Buches darstellten. Das Gleichnis vom Töpfer ( Jer 18 ) zeigte Gottes souveränes Umgehen mit Juda. Auf dieses Gleichnis folgte das symbolische Zerbrechen eines Tonkruges, welches dem Volk das nahende Gericht Gottes vor Augen führte ( Jer 19 ). Kapitel 20 schließlich dient als eine Art Übergang. Chronologisch steht es mit Kapitel 19 in Zusammenhang, aber es bereitet den Leser auch auf den offenen Widerstand und die sehr speziellen Gerichts-Weissagungen vor, die sich daran anschließen.

(1) Die Botschaft im Haus des Töpfers ( Jer 18 )



Jer 18,1-4


Gott befahl Jeremia, in des Töpfers Haus zu gehen und ihm zuzusehen, wie er den Ton auf seiner Scheibe formte. Als Jeremia ihm bei der Arbeit zusah, mißriet ihm der Topf unter den Händen . Der Töpfer rollte ihn zu einem großen Klumpen zusammen und machte einen andern Topf daraus.


Jer 18,5-12


Gott erklärte, daß der Töpfer und der Ton ein Bild für sein Verhältnis zu seinem Volk seien. In seiner Hand war es wie der Ton . Gott konnte ein Volk nach seinem Gefallen zerstören oder bauen. Er hatte seinem Volk Segen verheißen. Aber wenn es nicht abließe von seiner Bosheit, würde ihn das Gute, das er ihm verheißen hatte , reuen, und er würde das Gericht über es bringen. Wenn Juda sich jedoch von seinen bösen Wegen abwandte, würde auch Gott das Unheil abwenden, das er zu senden gedroht hatte.

Die Menschen von Juda aber antworteten auf dieses Angebot, daß sie nicht in der Lage seien, etwas zu ändern ( daraus wird nichts ). Sie wollten weiterhin nach den Gedanken ihrer sündigen Herzen leben. Die Nation lehnte es ab, ihrem Götzendienst zu entsagen und dem Herrn nachzufolgen.



Jer 18,13-17


Unter den Völkern stand Juda mit seiner törichten Weigerung, Gott zu folgen, allein da (vgl. Jer 2,10-11 ). Selbst der Schnee auf den Höhen des Libanon und das Regenwasser, das von diesen majestätischen Bergen herabfloß, war verläßlicher als Juda. Es hatte sich von Gott abgewandt, um nichtigen Götzen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 2,5 ) zu opfern. Nachdem es die alten Wege des Gehorsams gegen Gott verlassen hatte (vgl. Jer 6,16 ), befand sich Juda wieder auf ungebahnten Straßen und wanderte ziellos einher.

Gott würde das Volk für seine Sünde richten, indem er sein Land zur Wüste werden ließe. Es würde zur ewigen Schande werden für alle, die sich entsetzten über die Starrsinnigkeit dieses Volkes, das seinen Gott verlassen hatte (vgl. Jer 19,8; Kl 2,15 ). Der Herr würde das Volk zerstreuen wie durch einen Ostwind (vgl. Jer 4,11-12;13,24 ). Ihm stand Gottes Gericht (sein Rücken ) bevor, nicht seine Gnade (sein Antlitz).


Jer 18,18-23


Wieder antworteten die Menschen, indem sie gegen Jeremia Böses planten. Sie wollten seine warnenden Worte nicht annehmen, weil diese ihrem Glauben an die Beständigkeit der gegenwärtigen Ordnung zuwiderliefen. Deshalb suchten sie ihn mit seinen eigenen Worten zu schlagen, d. h. ihn zu verleumden. Auf seine Worte wollten sie nichts geben. Durch ihre Mißachtung versuchten sie, ihn zum Schweigen zu bringen. Offensichtlich hatten sie noch ernstere Pläne mit ihm, denn Jeremia sagte dem Herrn, daß sie sich verschworen hätten, ihn zu töten ( sie haben mir eine Grube gegraben ; V. 20 - 21 ; vgl. Jer 11,18-21 ).

Auf ihre Drohungen hin wandte sich Jeremia an Gott und forderte ihn auf, ihre Anklagen zu hören, sich an seine (Jeremias) Treue zu erinnern und die Verschwörer für ihre Sünde zu richten. Früher einmal hatte Jeremia Gott gebeten, seinen Grimm von ihnen abzuwenden ( Jer 18,20 ; vgl. Jer 7,16 ). Nun aber rief er Gott auf, an ihnen zur Zeit seines Zorns zu handeln ( Jer 18,23 ). Sie hatten Gott und seinen Boten abgelehnt. Jeremia konnte nun nichts mehr für sie tun. Sie würden Hunger und das Schwert erleben (V. 21 ).



Jer 19,1-6


(2) Die Botschaft des zerschmetterten Kruges ( Jer 19 )

Vermutlich steht Kapitel 19 in engem zeitlichen Zusammenhang mit Kapitel 18 , denn in beiden geht es um einen Töpfer und seine Erzeugnisse. Jeremia kaufte ein Tongefäß mit einem schmalen Hals, in dem man Wasser transportierte. Das Wort für irdenen Krug ist baqbVq , ein lautmalerisches Wort, das den Klang des ausgegossenen Wassers imitiert. Nachdem er eine Gruppe von Ältesten und Priestern versammelt hatte, ging er ins Tal Ben-Hinnom (vgl. die Anmerkungen zu Jer 7,31 ), das direkt vor dem Scherbentor lag. Das Tal Ben-Hinnom verlief im Süden und Westen der Stadt und diente als "Müllkippe" für ganz Jerusalem. Das Tor im Süden, das sich zu diesem Tal hin öffnete, wurde "Scherbentor" genannt, weil die Menschen hier ihre Tonscherben und ihren anderen Abfall hinbrachten und in das Tal Ben-Hinnom warfen. Der Targum identifiziert das Scherbentor mit dem Misttor (vgl. Neh 2,13; 3,13-14 ). Das heutige Misttor in Jerusalem liegt ebenfalls im Süden der Stadt. Allerdings erstrecken sich die gegenwärtigen Mauern mehrere hundert Meter nördlich der Mauern aus der Zeit Jeremias.

Vor dem Hintergrund des Tales Ben-Hinnom übermittelte Jeremia seine Botschaft. Gott kündigte an, er werde ein Unheil über Jerusalem bringen wegen des dort praktizierten Götzendienstes. Das Tal selbst legte gegen die Menschen Zeugnis ab, denn hier befanden sich die Höhen des Gottes Baal , wo man Kinder als Brandopfer darbrachte. Wieder schwor Gott (vgl. Jer 7,32-33 ), daß er das Tal Ben-Hinnom wegen dieser gottlosen Taten in Würgetal umbenennen würde, wenn er dort die Menschen vernichtete.



Jer 19,7-9


Jeremia erläuterte die kommende Katastrophe. Die Menschen würden durchs Schwert fallen , und ihre Leichname würden den Vögeln und wilden Tieren zum Fraße dienen (vgl. Jer 7,33; 16,4; 34,20; 5Mo 28,26 ). Die Stadt selbst würde zum Spott werden (vgl. Jer 18,16 ) unter denen, die ihre Zerstörung beobachteten. Die in die Stadt Geflüchteten würden zum Kannibalismus gezwungen sein ( ihrer Söhne und Töchter Fleisch essen ), weil während der babylonischen Belagerung keine Lebensmittel in die Stadt gelangten (vgl. 3Mo 26,27-29; 5Mo 28,53-57; Kl 2,20; 4,10 ). Der ganze Fluch Gottes würde über die Menschen kommen wegen ihrer Sünde (vgl. 3Mo 26,14-39; 5Mo 28,15-68; Jer 11,1-8 ).


Jer 19,10-13


Um diese Botschaft seinen Zuhörern ganz deutlich zu machen, befahl Gott Jeremia, den Krug zu zerbrechen , den er mit ins Tal genommen hatte. Genauso wie Jeremia des Töpfers Gefäß zerbrochen hatte, würde Gott das Volk von Juda und die Stadt Jerusalem zerbrechen. Die Stadt selbst würde wie das Tofet werden (vgl. die Anmerkungen zu Jer 7,31-32 ). Seine einst wunderschönen Häuser würden zu Ruinen, und die ganze Gegend würde durch die verwesenden Körper der Erschlagenen unrein werden. Der Grund für diese Zerstörung war die Sünde der Menschen, die dem ganzen Heer des Himmels geopfert und andern Göttern Trankopfer dargebracht hatten.



Jer 19,14-15


Als Jeremia vom Tofet in die Stadt zurückkam, ging er auf direktem Wege in den Vorhof des Tempels. Hier wiederholte er die Botschaft, die er den Führern des Volkes gegeben hatte (V. 1 ) noch einmal vor allem Volk. Gottes Gericht würde über Jerusalem und alle Ortschaften in der Umgebung kommen, weil die Menschen seine Worte nicht hören wollten.


Jer 20,1-2


(3) Die Reaktion Paschhurs ( Jer 20,1-6 )

Einer der Priester, Paschhur, ein Sohn Immers , wies diese Gerichtsbotschaft Jeremias zurück. Dieser Paschhur ist nicht mit dem gleichnamigen Mann in Jer 21,1 identisch. Er war der Vorsteher im Hause des Herrn und hatte vermutlich die Aufgabe, für die öffentliche Ordnung im Tempelbezirk zu sorgen (vgl. Jer 29,26 ). Er ergriff Jeremia und schlug ihn, d. h. er ließ ihn mit 40 Schlägen auspeitschen (vgl. 5Mo 25,2-3 ). Dann schloß er Jeremia in den Block, um ihn vor aller Augen der Lächerlichkeit preiszugeben. Dieser Block stand am oberen Benjamintor, dem Nordtor der Stadt. Hier wird zum ersten Mal eine der später häufiger auftretenden Situationen des offenen Widerstandes gegen den Dienst Jeremias berichtet.



Jer 20,3-6


Als Jeremia am andern Morgen aus seinen Ketten befreit wurde, weigerte er sich, seine Botschaft zu ändern. Statt dessen änderte er den Namen Paschhurs. Gottes neuer Name für Paschhur war "Magor-Missabib", Schrecken um und um . Weil Paschhur sich geweigert hatte, auf Gottes Botschaft zu hören, würde er sehen, wie Gottes Gericht ausgegossen würde. Er würde mit Schrecken zusehen, wie seine eigenen Freunde durchs Schwert fielen und wie Babel alle Schätze Jerusalems rauben und wegtragen würde (vgl. Jer 15,13; 17,3 ). Paschhur und seine Familie würden nach Babel in die Gefangenschaft geführt werden, wo sie alle sterben würden. Der Grund für dieses Schicksal war nicht, daß er Jeremia geschlagen hatte. Paschhur hatte Lügen gepredigt , vermutlich, indem er die Wahrheit der Botschaft Jeremias geleugnet hatte. Wir haben keinen Bericht über die Erfüllung dieser Weissagung, aber es ist möglich, daß Paschhur während der zweiten Wegführung im Jahre 597 V. Chr. zusammen mit dem Priester Hesekiel nach Babylon gebracht wurde (vgl. 2Kö 24,15-16; Hes 1,1-3 ).


Jer 20,7-10


(4) Die Last Jeremias ( Jer 20,7-18 )

Jeremia öffnete Gott sein Herz und legte seine innersten Gefühle vor ihm offen. Er hatte den Eindruck, daß Gott ihn überredet und ihn bei den Leuten zum Spott gemacht hatte wegen seiner Botschaft. In aller Treue hatte er sie vor Frevel und Gewalt gewarnt, die kommen würden. Aber sein Lohn bestand nur in ihrem Hohn und Spott . Mutlos geworden dachte Jeremia daran, Gottes Wort zurückzuhalten, um so der Verfolgung zu entgehen. Aber als er dies tat, wurde das Wort in ihm wie ein brennendes Feuer (vgl. Jer 23,29 ), so daß er es nicht für sich behalten konnte. Etwas in seinen Gebeinen zu spüren bedeutet, es sehr intensiv zu spüren (vgl. Hi 30,17; Hi 33,19 ).

Jeremia wollte seinen Dienst niederlegen, weil die Menschen sich gegen ihn verschworen hatten. Die Botschaft Schrecken ist um und um , die er selbst ständig verkündigte ( Jer 20,3-4 ; vgl. Jer 6,25; 17,18; 46,5; 49,29; Kl 2,22 ), fiel nun auf ihn zurück (vgl. Ps 31,14 ). Selbst seine Freunde lauerten darauf, ob er falle, indem er etwa eine falsche Vorhersage machte, so daß sie sich an ihm rächen konnten als an einem falschen Propheten (vgl. 5Mo 18,20 ).


Jer 20,11-13


Jeremia fuhr in seinem Gebet fort, indem er sein Vertrauen auf Gott zum Ausdruck brachte. Er forderte Gott auf, ihn zu rächen (vgl. Jer 18,19-23 ). Auch wenn er sich betrogen gefühlt hatte ( Jer 20,7 ), erkannte er doch, daß Gott bei ihm war wie ein starker Held . Da der Herr auf der Seite Jeremias kämpfte, war er sicher, daß die, die ihn jetzt noch verfolgten und verspotteten, fallen und letzten Endes zuschanden werden mußten. Jeremia bat darum, die Vergeltung des allwissenden Gottes sehen zu dürfen, die über seine Widersacher kommen würde, weil er seine Sache Gott befohlen hatte.

Diese Siegesgewißheit ließ Jeremia dem Herrn singen und ihn rühmen für sein machtvolles Handeln. Gott war hoch zu loben, weil er Jeremia aus den Händen der Boshaften retten würde.



Jer 20,14-18


Ganz plötzlich fiel Jeremia aus dieser Höhe der Zuversicht (V. 11 - 13 ) wieder in eine tiefe Verzweiflung. Vielleicht erkannte er, daß die Rechtfertigung, die er herbeisehnte, nur durch die Zerstörung der Stadt und der Nation kommen konnte, die er doch so sehr liebte. Seine Verzweiflung ließ ihn wünschen, daß der Tag, an dem er geboren wurde, verflucht sei. Er wünschte, nie geboren worden zu sein (vgl. Jer 15,10; Hi 3,1-19 ). Wäre er noch im Mutterschoß gestorben, dann wäre er nicht aus dem Mutterleib hervorgekommen, um Jammer und Herzeleid zu erleben. Jeremias Selbstmitleid konnte jedoch die Tatsache, daß er schon "im Mutterleibe" für seine jetzige Aufgabe auserwählt worden war, nicht auslöschen ( Jer 1,5 ).



2. Jeremias vier besondere Gerichtsprophetien
( Jer 21-25 )


Der Widerstand Paschhurs ( Jer 20,1-6 ) dient im Buch Jeremia als eine Art Übergang oder Brücke. In neun zeitlich nicht genau bestimmten Prophezeiungen hatte Jeremia die Sünde Judas angeklagt, das Gericht angedroht und von der Hoffnung gesprochen, die noch bestand, falls die Menschen umkehrten. Trotz allen Widerstandes ( 11,18-23 ; Jer 12,6; 15,10; 17,18; 18,19-23 ) hatte er noch keinerlei physische Verfolgung erlebt. Durch den Bericht von der Reaktion Paschhurs jedoch erhält das Buch Jeremia eine persönlichere Note. Jeremias Prophezeiungen richteten sich nun gegen bestimmte Menschen und Gruppen, und die Hoffnung auf Judas Umkehr wurde durch die Gewißheit des Gerichtes Gottes ersetzt.



a. Die Anklage gegen die Könige
( 21,1 - 23,8 )


Die erste Gruppe, die Jeremia herausgriff, waren die Könige - die von Gott eingesetzten Hirten über die Herde Judas (vgl. Jer 2,8; 10,21; 23,1-8; Hes 34,1-10 ). Zunächst tadelte Jeremia die gottlosen Könige, die Juda regiert hatten ( Jer 21-22 ). Dann verkündigte er die Hoffnung auf den gerechten König, der kommen und Juda wiederherstellen würde ( Jer 23,1-8 ).

Jeremias Botschaften an die gottlosen Könige folgten einer ungewöhnlichen Reihenfolge (vgl. die Tabelle "Die letzten fünf Könige Judas" zu 2Kö 24 ). Der erste König, der genannt wird, ist Zedekia, der chronologisch gesehen der letzte König ist ( Jer 21,1-22,9 ). Die anderen Könige werden dann, angefangen mit Schallum (Joahas; Jer 22,10-12 ) über Jojakim ( Jer 22,13-23 ) bis Konja (Jojachin/Jechonja; Jer 22,24-30 ), chronologisch aufgeführt. Warum nahm Jeremia Zedekia aus der zeitlichen Reihenfolge heraus und erwähnte ihn an erster Stelle? Zwei Gründe ließen sich dafür nennen. Erstens konnte Jeremia so die Geschichte von "Paschhur, dem Sohn Malkias", ( Jer 21,1 ) neben die Geschichte von "Paschhur, dem Sohn Immers", ( Jer 20,1 ) setzen. Die Tatsache, daß beide den gleichen Namen trugen, war ein guter Übergang. Die Rechtfertigung, die Jeremia suchte, als Paschhur, der Sohn Immers, ihn lächerlich machte, kam, als Paschur, der Sohn Malkias, zu Jeremia geschickt wurde, um den Herrn zu befragen. Zweitens sind die Berichte so angeordnet, daß die Weissagung gegen Konja der Höhepunkt in Gottes Gericht über die Könige ist. Die Linie der gottlosen Könige würde zu ihrem Ende kommen ( Jer 22,30 ), denn Gott würde einen gerechten Zweig schaffen, der das Volk regierte ( Jer 23,1-8 ). Die Anordnung der Weissagungen schafft also zugleich Beständigkeit und einen geeigneten Höhepunkt.

(1) Die Botschaft an Zedekia ( Jer 21,1-22,9 )



Jer 21,1-2


Diese Weissagung wurde irgendwann zwischen 588 V. Chr. und 586 V. Chr. gegeben. König Zedekia sandte Paschhur, den Sohn Malkias, und Zefanja, den Sohn Maasejas , mit einer Bitte zu Jeremia. Paschhur war einer der hohen Würdenträger am königlichen Hof. Später überbrachte er dem König den Antrag, Jeremia wegen Verrates zum Tode zu verurteilen (vgl. Jer 38,1-4 ). Zefanja war der Nachfolger

Jojadas ( Jer 29,25-26 ), des nach dem Hohenpriester Seraja ranghöchsten Priesters ( Jer 52,24 ). Zefanja war also in religiösen Fragen der zweithöchste Führer in Juda. Später, nach dem Untergang Jerusalems ( Jer 52,24-27 ), wurde er durch Nebukadnezar getötet.

Diese Obersten baten Jeremia, den HERRN zu befragen , wie der Angriff Nebukadnezars auf Jerusalem enden würde. Sie hofften, daß Gott Wunder tun würde, wie er sie so manches Mal getan hatte, so daß Nebukadnezar von ihnen abzöge. Vermutlich dachten Zedekia und seine Ratgeber an die Zeit Hiskias, als die Assyrer Jerusalem bedrohten ( 2Kö 18,17-19,37; Jes 36-37 ). Hiskia hatte damals seine wichtigsten politischen und religiösen Ratgeber zu dem Propheten Jesaja geschickt und ihn um seine Fürbitte gebeten ( Jes 37,2-4 ). Ohne Zweifel hoffte auch Zedekia, daß Gottes Antwort ähnlich sein würde wie einst die Jesajas ( Jes 37,5-7 ).

 

Jer 21,3-7


Leider verkündete Jeremia eine Botschaft, die Zedekia nicht hören wollte. Der Herr würde Jerusalem nicht retten, sondern die Waffen gegen die Stadt wenden, die deren Bewohner in ihren Händen hielten. Er würde die Armeen, die draußen vor der Mauer lagen, mitten in der Stadt versammeln. Ihre Eroberung würde gelingen. Gott würde für Jerusalem nicht der Befreier sein, sondern mit ausgestreckter Hand wider es streiten . Wer sich in der Stadt zu verstecken suchte, würde durch eine große Pest sterben - eine der größten Schrecken einer Stadtbelagerung (vgl. die Anmerkungen zu 14, 12).

Wem es gelänge, die Eroberung zu überleben, könnte sich dennoch nicht freuen, denn Gott würde ihn in die Hände Nebukadnezars geben . Er durfte weder Gnade noch Erbarmen erwarten, denn Nebukadnezar würde ihn töten. Dies erfüllte sich 586 V. Chr., nachdem die Stadt eingenommen worden war. König Zedekia wurden die Augen ausgestochen, und er wurde in Ketten nach Babylon gebracht ( Jer 39,5-7 ). Die anderen Führer der Stadt wurden gefangengenommen und nach Ribla gebracht, wo man sie tötete ( Jer 52,24-27 ).



Jer 21,8-10


Die Menschen hatten nur zwei Möglichkeiten: den Weg zum Leben oder den Weg zum Tode . Der "Weg zum Tode" war jener Weg, den alle die wählten, die in der Stadt blieben. Sie würden sterben. Der "Weg zum Leben" war der Weg derer, die zum Feind, der Jerusalem belagerte, überliefen. Dies wäre die einzige Hoffnung für jene, die sich noch in der Stadt aufhielten, denn Gott hatte beschlossen, die Stadt durch die Babylonier erobern zu lassen. Die Antwort auf diese Botschaft Jeremias finden wir in Jer 38,1-4 .



Jer 21,11-14


Wieder sprach Jeremia zum Hause des Königs von Juda und wies auf dessen Sünde hin. Der König sollte eigentlich gerechtes Gericht halten und für das Recht der Unterdrückten sorgen. Aber da er Gottes Warnung nicht beachten wollte, würde Gottes Grimm wie ein Feuer brennen, das niemand löschen könnte (vgl. Jer 4,4; 17,4 ).

Der König hielt es offenbar nicht für notwendig, Gottes Anordnung zu gehorchen. Er fühlte sich so sicher, daß er sich rühmte: Wer will in unsere Feste kommen? Wegen dieser stolzen Selbstsicherheit, die von sündigem Ungehorsam begleitet war, würde Gott den König und sein Volk heimsuchen. Gottes Feuer (vgl. Jer 21,12 ) des Gerichtes würde alles umher verzehren.

 

Jer 22,1-5


Gott gab Jeremia die Anweisung, aus dem Tempel in das Haus des Königs hinabzugehen. Dort sollte er dem König, den Großen und dem Volk seine Botschaft übermitteln. Sie alle wurden aufgefordert, Recht und Gerechtigkeit zu schaffen. Der Inhalt dieser Botschaft ähnelt Jer 21,12 ,aber es werden dann noch einige Konsequenzen des Verhaltens genannt. Wenn der König Gottes Worten gehorchte, dann konnte er beständigen Segen erwarten. Wenn er aber diesen Worten nicht gehorchen würde, sollte der königliche Palast zerstört werden.


Jer 22,6-9


In diesen Versen bezog sich Jeremia auf den königlichen Palast. Sowohl Gilead als auch der Libanon waren für ihre Wälder bekannt ( Ri 9,15; 1Kö 5,13; 2Chr 2,7 ), und der königliche Palast wurde "Libanon-Waldhaus" genannt ( 1Kö 7,2-5; Jes 22,8 ). Aber nach dem Gericht Gottes würde der Palast so öde und verlassen sein wie eine Wüste. Die Babylonier würden seine auserwählten Zedern umhauen und sie ins Feuer werfen (vgl. Jer 52,13 ).

Wenn die Menschen anderer Völker die Zerstörung dieses großartigen Gebäudes sähen, dann würden sie fragen, warum Gott so gehandelt habe. Die Antwort wäre einfach: Gott hatte die Stadt gerichtet, weil die Menschen den Bund verlassen und andere Götter angebetet hatten. Gott hatte das Volk wegen seines Ungehorsams mit dem angedrohten Fluch gerichtet.



Jer 22,10-12


(2) Die Botschaft an Schallum ( 22, 10 - 12 )

Schallum ist ein anderer Name für Joahas. Er war ein Sohn Josias und folgte diesem im Jahre 609 V. Chr. auf den Thron, nachdem Josia durch Pharao Necho getötet worden war. Jeremia schrieb diese Botschaft 609 nieder, nachdem Schallum von Jerusalem nach Ägypten in die Gefangenschaft fortgezogen war ( 2Kö 23,34 ). Jeremia sagte voraus, daß Schallum nicht wieder nach Jerusalem herkommen würde. Er würde vielmehr sterben an dem Ort , wohin man ihn gefangen geführt hatte.


Jer 22,13-14


(3) Die Botschaft an Jojakim ( Jer 22,13-23 )

Nachdem Jojakim durch Pharao Necho zum König ernannt worden war, nahm er die Rolle eines typisch orientalischen Despoten ein. Juda hätte eine feste Hand benötigt, die das "Staatsschiff" sicher führte. Statt dessen erhielt es einen korrupten, unfähigen König, der sich nur um seinen persönlichen Wohlstand sorgte. Ihm ging es um den Bau eines Palastes für sich selbst, ein Vorhaben, das er auf Kosten seiner Untertanen durchführte. Diese wurden gezwungen, umsonst zu arbeiten, denn Jojakim brauchte sein Geld, um seinen Palast mit Zedern zu täfeln.



Jer 22,15-17


Jeremia machte den Gegensatz zwischen Jojakim und seinem Vater, König Josia, deutlich. Josia hielt auf Recht und Gerechtigkeit und half dem Elenden und Armen zum Recht . Solche Taten erwartete Gott von einem König. Als Hirte im Auftrag Gottes sollte er die Herde weiden, nicht ausnutzen. Jojakim aber besaß keinen der gottgemäßen Charakterzüge seines Vaters. Ihm ging es nur um unrechten Gewinn , Blutvergießen, Frevel und Unterdrückung.



Jer 22,18-19


Weil Jojakim sie so schwer unterdrückt und ausgenutzt hatte, würden die Menschen ihn bei seinem Tod nicht beklagen. Während einem Monarchen sonst gewöhnlich ein prunkvolles Begräbnis zuteil wurde, würde Jojakim, so sagte Jeremia voraus, wie ein Esel begraben werden . Wenn ein Tier in der Stadt starb, wurde es einfach von der Stelle, an der es verendet war, fortgeschleift und hinausgeworfen vor die Tore . Mit der gleichen Verachtung würde man auch den Leichnam Jojakims behandeln. Jojakim starb gegen Ende des Jahres 598 V. Chr., als Nebukadnezar Jerusalem angriff, um die Stadt für ihre Rebellion gegen ihn zu bestrafen. Vielleicht wurde er, wie manche Ausleger vermuten, ermordet, weil man Nebukadnezar milde stimmen und dazu bewegen wollte, die Stadt zu verschonen. Der neue König, Jojachin, kapitulierte und wurde nach Babylon weggeführt. Aber die Stadt wurde tatsächlich verschont ( 2Kö 24,1-17 ).



Jer 22,20-23


Jeremia rief Jerusalem auf, über sein Schicksal, das es wegen des törichten Verhaltens Jojakims ereilen würde, zu klagen. Dieser Abschnitt wurde vermutlich Ende 598 oder Anfang 597 V. Chr. niedergeschrieben, da er von der kommenden Invasion durch die Truppen Babylons spricht, die aufgrund von Jojakims Abfall gegen die Stadt marschierten. Man würde die Klage Jerusalems im ganzen Land hören können. Vom Libanon im Norden bis Baschan im Nordosten und bis zum Abarim (den Bergen in Moab; vgl. 4Mo 27,12; 5Mo 32,49; Hes 39,11 ) im Südosten würde diese Klage ertönen, wenn die Verbündeten ( Liebhaber ) Judas von Babylon zunichte gemacht würden.

Gott hatte die Stadt Jerusalem vor den Folgen ihres Ungehorsams gewarnt, als es noch gut um sie stand , aber sie wollte nicht hören. Nun könnte sie nur voller Trauer zusehen, wie ihre Hirten (Könige) und ihre Liebhaber (vermutlich die verbündeten Ägypter) ebenfalls gefangen würden (vgl. 2Kö 24,7 ). Es klingt wie eine bissige Ironie, wenn Jeremia den Einwohnern Jerusalems vorhält, auf dem Libanon zu wohnen. So viele Zedern wurden vom Libanongebirge nach Jerusalem befördert (vgl. Jer 22,6-7.13-15 ), daß man in Jerusalem beinahe wie unter den Zedern des Libanon lebte. Aber alle, die in diesen großartigen Zedernhäusern wohnten, würden stöhnen, wenn die Schmerzen des Gerichtes Gottes über sie kämen (zu Kindesnöten vgl. die Anmerkungen zu Jer 4,31 ).



Jer 22,24-27


(4) Die Botschaft an Jojachin ( Jer 22,24-30 )

Jojachin folgte seinem Vater Jojakim auf den Thron. Nach einer nur dreimonatigen Regierungszeit kapitulierte er vor Nebukadnezar und wurde nach Babylon deportiert, wo er den Rest seines Lebens verbrachte (vgl. Jer 52,31-34 ). Gott machte hier deutlich, daß er Jojachin, selbst wenn dieser für ihn so wertvoll wäre wie ein Siegelring , dennoch von seinem Finger abreißen würde wegen seiner Sünden. Ein Siegelring war ganz besonders wertvoll, weil mit ihm die Unterschrift seines Eigentümers auf Dokumente aufgedruckt wurde. Selbst wenn Jojachin für Gott so wichtig wäre (und es ist dabei ganz klar, daß er es nicht war), würde Gott ihn eher entfernen, als ihm zu erlauben, weiter zu sündigen. (Das Bild eines Siegelringes erscheint auch in Hag 2,21-23 ,dort jedoch mit positiver Bedeutung.)

Gott würde Jojachin in die Hände der Babylonier geben. Er und seine Mutter würden in ein anderes Land (Babylon) geführt werden, wo sie schließlich sterben würden. Jojachins Mutter war Nehuschta, die Witwe des Königs Jojakim ( 2Kö 24,8 ). Jeremia erwähnt ihre Deportation hier zum zweiten Mal (vgl. Jer 13,18-19 ).



Jer 22,28-30


Durch eine Reihe von Fragen machte Jeremia deutlich, daß Gott für das Gericht über Jojachin verantwortlich war. Die erste Frage mußte eindeutig mit Nein beantwortet werden. Die Menschen betrachteten Jojachin nicht als ein unbrauchbares Gefäß, das niemand haben wollte. Vielmehr hofften manche, er würde wieder als König eingesetzt werden ( Jer 28,1-4 ), und manche hielten ihn sogar noch nach der Inthronisierung Zedekias für ihren eigentlichen König (vgl. die Anmerkungen zu Hes 7,27 ). Aber wenn Jojachin so angesehen war, warum würde er samt seinem Geschlecht seines Amtes enthoben und in ein fremdes Land geworfen? (Zu den Worten ein unbekanntes Land vgl. Jer 14,18; 15,2.14; 16,13; 17,4 .) Die Antwort lautete, daß Gott die Herrschaft hatte. Er war für den Untergang Jojachins verantwortlich. Gott rief das Land (durch dreimalige Wiederholung besonders betont; vgl. Jer 7,4 ) auf, sein Wort des Gerichtes zu hören. Obwohl König Jojachin Kinder hatte ( Jer 22,28 ; vgl. 1Chr 3,17 ), würde er doch angesehen als jemand, der ohne Kinder war, weil keiner seiner Nachkommen auf dem Thron Davids sitzen und als König über Juda herrschen würde.

Diese Weissagung ist sowohl vordergründig als auch in einem viel umfassenderen Sinne bedeutungsvoll. Kein Nachkomme sollte Jojachin auf den Thron folgen. Sein Onkel Zedekia, der an Jojachins Stelle trat, war der letzte König Judas. Gott "schnitt" diesen Zweig der Linie Davids von der königlichen Linie "ab". Aber diese Prophezeiung hilft uns auch, das Geschlechtsregister Jesu in Mt 1 und Lk 3 zu verstehen. Matthäus zeigt uns die öffentlich gültige Abstammungslinie Christi, die über seinen Stiefvater Joseph ging. Josephs Linie aber lief über

Schealtiel, der ein Sohn Jojachins war ( Mt 1,12 ; vgl. 1Chr 3,17 ). Wäre Christus ein wirkliches Kind Josephs gewesen und nicht von der Jungfrau Maria geboren worden, dann hätte er niemals König Israels sein können. Lukas dagegen zeigt uns die Abstammungslinie Marias, die von David aus über dessen Sohn Nathan lief ( Lk 3,31 ). Christus stand also nicht unter dem "Fluch" Jojachins. (Für weitere Informationen siehe die Anmerkungen zu Mt 1,2-17; Lk 3,24-38 .)



Jer 23,1-4


(5) Die Botschaft über den gerechten König ( Jer 23,1-8 )

Jeremia bezeichnete die ungerechten Könige als Hirten , die Gottes Herde umkommen ließen und zerstreuten . Die Hirten verdienten es, um ihres bösen Tuns willen bestraft zu werden (vgl. Hes 34,1-10 ). Aber wenn Gott sie wegnahm, wen würde er dann als "Hirten" einsetzen? Jeremia gab eine zweifache Antwort auf diese Frage: Erstens würde Gott selbst die Übriggebliebenen des Volkes sammeln und sie wiederbringen . Er würde die Verantwortung für Israels Sammlung übernehmen (vgl. Jer 31,10; Mi 2,12; 5,4; 7,14 ). Zweitens würde Gott neue Hirten über sie setzen, die das Volk in Gottes Sinn weiden und für die Menschen sorgen sollten.

 

Jer 23,5-6


Die Linie Davids, die über Jojachin lief, wurde "abgeschnitten". Gott verhieß jedoch, daß er dem (Hause) David einen anderen König erwekken würde, d. h. ein anderes Mitglied aus der davidischen Linie, das er als gerechten Sproß bezeichnete. Die Erfüllung dieser Verheißung war Jesus Christus. Als König würde er wohl regieren und Recht und Gerechtigkeit üben (im Gegensatz zu dem, was über Jojachin ausgesagt wird; Jer 22,25 ). Obwohl Christus sich schon bei seinem ersten Kommen als Messias für Israel angeboten hat, wird er erst bei seinem zweiten Kommen, kurz vor dem Tausendjährigen Reich, diese Weissagung erfüllen. Zu jener Zeit werden das Südreich ( Juda ) und das Nordreich ( Israel ) wieder von aller Unterdrückung befreit (vgl. Röm 11,26 ) und als Volk vereint sicher wohnen (vgl. Hes 37,15-28 ).

Der Name dieses kommenden Königs wird sein: der HERR unsere Gerechtigkeit ( Yahweh QiDqEnU ). Anders als Zedekia ( QiDqIyAhU ; "meine Gerechtigkeit ist Jahwe") wird dieser kommende König seinem Namen als Israels gerechter Gott Ehre machen.



Jer 23,7-8


Nachdem Jeremia bereits die künftige Wiederherstellung Judas und Israels erwähnt hatte (V. 6 ), sprach er nun davon, daß diese Wiederherstellung so grundlegend sein würde, daß man nicht mehr an jene Zeit denken würde, als Gott das Volk aus Ägyptenland geführt hatte. Der erste Exodus würde verblassen angesichts dieses neuen Exodus, wenn Gott die Nachkommen des Hauses Israel aus allen den Landen holte , in denen sie lebten, und wenn er sie wieder in ihrem Lande wohnen ließe (vgl. Jer 16,14-15 ).



b. Die Anklage gegen die falschen Propheten
( 23,9 - 40 )


Nun wandte sich Jeremia den falschen Propheten zu. Diese angeblichen Seher griffen Jeremia wegen seiner Ankündigung des Gerichtes öffentlich an (vgl. Jer 6,13-14; 8,10-11; 14,14-16;28,1-4.10-11; 29,8-9.20-23.31-32 ) und versprachen statt dessen einen trügerischen Frieden.

(1) Das Wesen der falschen Propheten ( Jer 23,9-15 )



Jer 23,9-12


Wenn Jeremia Gottes heiligen Worten lauschte und über sie nachdachte, wollte sein Herz in seinem Innersten brechen und sein Körper schwach werden. Ein Prophet war ein Sprecher Gottes, und sein Leben und seine Botschaft spiegelten den wider, der ihn gesandt hatte. Deshalb verunreinigten die falschen Propheten den Namen Gottes, denn sie behaupteten ja, daß ihre Botschaft von ihm komme und daß er sie bevollmächtigt habe, in seinem Namen zu reden (vgl. Jer 28,2.15-16 ). Gott hatte seinen Widerwillen gegen die physische und geistliche Hurerei, die in Juda getrieben wurde, sehr deutlich gezeigt, indem er seinen Fluch der Dürre (vgl. 5Mo 28,23-24 ) wahrgemacht hatte, so daß das Land nun vertrocknet und verdorrt war (vgl. Jer 14,1-6.22 ). Aber statt Juda zu seinem Bund mit Gott zurückzurufen, führten die Propheten die Menschen weiter auf dem Weg des Unrechts und taten so, als würde Gott die gegenwärtige Dürrezeit nicht benutzen, um sein Volk für seine Sünde zu bestrafen.

Alle geistlichen Führer Judas ( Propheten wie Priester ) waren ruchlos ( HAnaP ). Dieses hebräische Wort bedeutet nicht, daß die Führer nicht an Gott glaubten. Im Gegenteil, sie waren sehr "religiös". Es bedeutete vielmehr "verunreinigt" oder "verweltlicht sein". Jeremia hatte das gleiche Wort schon früher benutzt, um die "Verunreinigung" des Landes zu beschreiben (vgl. Jer 3,1-2.9 ). Diese Führer achteten Gottes heiliges Wesen so gering, daß sie sogar seinen Tempel mit ihrer Bosheit beschmutzten. Wegen ihrer Sünde verhieß Gott, Unheil über sie kommen zu lassen .



Jer 23,13-15


Jeremia verglich die Propheten zu Samaria (V. 13 ) mit den Propheten zu Jerusalem (V. 14 ). Die Propheten des Nordreiches Israel ("Samaria") hatten im Namen des Baal geweissagt und das Volk verführt (vgl. 1Kö 18,16-40; 2Kö 10,18-29; 17,16 ). Wegen ihrer Gottlosigkeit hatte Gott das Nordreich vernichtet.

Die Propheten von Juda wandelten auf dem gleichen sündigen Weg. Sie fuhren fort, die Ehe zu brechen und die Boshaften zu unterstützen. Sie verhielten sich so sündig, daß sie und auch die Menschen von Jerusalem vor Gott wie Sodom und Gomorra geworden waren. Gott blieb nichts anderes übrig, als sie für ihre Sünde zu richten. Gott würde die falschen Propheten mit Wermut ( laZXnCh , vgl. Jer 9,15; Kl 3,15.19 ) speisen und mit Gift tränken .



Jer 23,16-22


(2) Die Botschaft der falschen Propheten ( Jer 23,16-40 )

Die Botschaft, die diese falschen Propheten verkündigten, war eine selbstgemachte Botschaft. Ihre Gesichte entstammten ihrem eigenen Herzen (vgl. V. 26 ) und nicht aus Gottes Mund. Sie verkündigten Frieden (vgl. Jer 6,14; Jer 8,11 ) und kein Unheil, aber sie hatten dieses Wort nicht von Gott gehört. Gott dagegen verkündigte, daß ein Ungewitter diejenigen vernichten würde, die auf diesen Wegen wandelten. Sein Zorn würde nicht ablassen, bis er sein Gericht zu Ende geführt hatte. Erst dann würden die Menschen klar erkennen, daß nicht Gott diese Propheten geschickt hatte. Wären sie von Gott gekommen (vgl. Rat in Jer 23,18 ), dann hätten sie seine Worte gepredigt, um Juda von seinem bösen Tun zu bekehren.



Jer 23,23-32


Die falschen Propheten hatten Gottes Wesen nicht begriffen. Er war kein Gott, der sich an einem bestimmten Ort befand und vor dem sich ein Prophet verbergen konnte, so daß Gott ihn nicht mehr sehe. Gott, in seiner Allgegenwart und Allwissenheit, erfüllt Himmel und Erde , so daß es keinen Ort gibt, der außerhalb seines Herrschaftsbereiches liegt. Er hörte, was die Propheten sagten, wenn sie in seinem Namen nichts als Lüge verkündeten.

Die Propheten behaupteten, daß Gott ihnen ihre Offenbarungen in ihren Träumen gegeben habe, aber ihre Gesichte waren nur ihres Herzens Trug (vgl. V. 16 ). Diese Träume sollten Juda Gottes Namen vergessen lassen, so wie die Propheten dies früher durch den Baalsdienst getan hatten (vgl. V. 13 ). Ihre "Träume" waren so wertlos für echten geistlichen Hunger, wie Stroh wertlos ist, wenn man physischen Hunger hat. Ihre Worte waren machtlos, Gottes Wort aber war so durchdringend wie Feuer (vgl. Jer 20,9 ) und so machtvoll wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt . Nichts konnte Gott daran hindern, sein Wort zu erfüllen.

Weil Gott nicht zu diesen falschen Propheten gesprochen hatte, mußten sie einer vom anderen Weissagungen stehlen, die dann angeblich von Gott stammten. Gott selbst stellte sich gegen diese Propheten, denn sie suchten, das Volk mit ihren Lügen zu verführen , indem sie sich fälschlich auf Gottes Autorität beriefen.



Jer 23,33-40


Die Menschen von Jerusalem fragten einander: Was ist die Last, die der HERR jetzt ankündigt? Das Wort "Last" ( maRRA? , von dem Verb nARA? ) bedeutet "aufheben", "tragen", "nehmen" (vgl. die Anmerkungen zu Sach 9,1 ). Das Substantiv meint die Last, die jemand aufheben oder tragen muß ( 2Mo 23,5; Neh 13,19 ). Die "Last", die der Prophet tragen mußte, war die Botschaft oder Weissagung, die von Gott "auf sein Herz gelegt" wurde ( Jes 13,1; 14,28; Nah 1,1; Hab 1,1 ). Häufig war diese Botschaft eine Botschaft des Gerichtes (vgl. Jes 15,1; 17,1; 19,1; 21,1.11.13; 22,1; 23,1 ).

Wenn die Menschen nach einer Weissagung von Gott fragten, dann sollte Jeremia ihnen sagen, daß es keine solche Weissagung gebe. Sie sei bereits verkündigt worden und habe zum Inhalt, daß Gott das Volk wegwerfen würde. Gott hatte gesagt, daß er jene heimsuchen werde, die vorgäben, eine andere Last des HERRN zu haben. So sehr mißbrauchten die Menschen dieses Wort, um für ihre eigenen Worte die Autorität Gottes zu beanspruchen, daß Gott ihnen sagte, es nicht mehr zu sagen. Durch ihren Mißbrauch hatten die Menschen die Worte des lebendigen Gottes verdreht. Wer weiter behauptete, göttliche Weissagungen zu besitzen, würde gerichtet werden. Gott sagte, daß er ihn von seinem Angesicht wegwerfen werde samt der Stadt Jerusalem. Diese falschen Propheten würden ewige Schande und ewige Schmach für ihre gottlosen Worte ernten.



c. Die zwei Feigenkörbe
( Jer 24 )


(1) Die Vision der zwei Feigenkörbe ( Jer 24,1-3 )



Jer 24,1-3


Diese Vision der zwei Feigenkörbe erhielt Jeremia, nachdem Jechonja (Jojachin) und die anderen Führer Jerusalems von den Babyloniern weggeführt worden waren (vgl. 2Kö 24,8-16 ). Sie läßt sich also auf ungefähr 597 V. Chr., den Beginn der Herrschaft Zedekias, datieren. Jeremia sah zwei Feigenkörbe , die vor dem Tempel aufgestellt waren. Die Vision erinnert dadurch an die Opferung der Erstlingsfrüchte in einem Korb vor dem Hernn (vgl. 5Mo 26,11 ). In dem einen der Körbe waren sehr gute Feigen, wie die ersten reifen Feigen sind (vgl. Jes 28,4; Hos 9,10; Mi 7,1 ) - diese ersten Früchte gehörten Gott ( 5Mo 14,22 ). In dem zweiten Korb waren sehr schlechte Feigen , die bereits so verdorben waren, daß man sie nicht essen konnte. Solche Opfergaben nahm der Herr nicht an (vgl. Mal 1,6-9 ).



Jer 24,4-7


(2) Die Erklärung der guten Feigen ( Jer 24,4-7 )

Die guten Feigen, so erklärte Gott , stellten die Weggeführten aus Juda dar, die nach Babylon in die Gefangenschaft geführt worden waren. Diese Erklärung muß die Menschen in Jerusalem überrascht haben, denn sie glaubten, daß die Gefangenen vom Herrn getrennt waren (vgl. Hes 11,14-15 ). Gott aber versprach, den Überrest in der Gefangenschaft gnädig anzusehen und ihn wieder in das Land zu bringen (vgl. Hes 11,16-17 ). Er versprach, diesen Menschen ein neues Herz zu geben, so daß sie ihn erkennen konnten (vgl. Jer 4,22 ). Zu dieser Zeit würden sie sein Volk sein (vgl. die Anmerkungen zu Jer 30,22 ) und würden sich zu ihm von ganzem Herzen bekehren . Tatsächlich brachte Gott einen kleinen Teil des Volkes nach der babylonischen Gefangenschaft wieder in das Land zurück, aber den hier verheißenen Segen der Gemeinschaft mit Gott haben die Israeliten noch nicht erfahren (vgl. Jer 31,31-34; Hes 36,24-32 ). Dies wird sich erst in Zukunft erfüllen, wenn Gott Israel zu Beginn der tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden wieder sammeln wird ( Mt 24,29-31 ).



Jer 24,8-10


(3) Die Erklärung der schlechten Feigen ( Jer 24,8-10 )

Die schlechten Feigen stellten Zedekia und die anderen Überlebenden dar (vgl. Jer 29,17-19 ), und zwar sowohl jene, die in Israel geblieben waren, als auch jene, die nach Ägyptenland geflohen waren (vgl. Jer 43,4-7 ). Gott würde sie zum Bild des Entsetzens machen für alle Königreiche auf Erden . Sie würden verspottet und verflucht werden, wohin sie auch kämen. (Mehrmals schreibt Jeremia in seinem Buch, daß die Menschen verflucht, verspottet und/oder abgewiesen würden und daß andere über ihren schrecklichen Zustand entsetzt sein würden; vgl. Jer 25,9.18; 26,6; 29,18; 42,18; 44,8.12.22 .Siehe auch Jer 48,39; 49,13.17;51,37 ,wo ähnliches über andere Völker ausgesagt wird.) Gott würde seine Gerichtswerkzeuge schicken ( Schwert, Hunger und Pest ; vgl. Jer 14,12; 15,2-4 ), bis sie ganz vertilgt wären. Die Überlebenden würden sich für von Gott gesegnet halten, aber in Wirklichkeit wären sie verflucht.



d. Die siebzigjährige Gefangenschaft in Babylon
( Jer 25 )


Jeremias dreizehn Botschaften des Gerichtes ( Jer 2-25 ) sind nicht nach chronologischen, sondern nach inhaltlichen Kriterien geordnet. Kapitel 25 beendet diese Botschaften, weil es inhaltlich gesehen alle vorausgegangenen Prophetien abschließt.

(1) Die Warnungen werden ignoriert ( Jer 25,1-7 )



Jer 25,1-3


Jeremias abschließende Botschaft betraf das ganze Volk von Juda. Weil sie so wichtig war, wurde der Zeitpunkt ihrer Verkündigung genau angegeben. Es war im vierten Jahr Jojakims, das ist das erste Jahr Nebukadnezars . Diese Zeitangabe hat manche Schwierigkeiten bereitet, denn das "erste Jahr" Nebukadnezars (nach dem Jahr der Thronbesteigung) begann am 2. April 604 V. Chr, während das vierte Jahr Jojakims - wenn man die Datierung von Nisan (März/April) bis Nisan annimmt, die Jeremia gewöhnlich benutzte - vom 12. April (1. Nisan) 605 V. Chr. bis zum 2. April (1. Nisan) 604 V. Chr. (wegen des Mondkalenders nicht bis zum 11. April) dauerte. So scheinen diese beiden Angaben (Nebukadnezars erstes Jahr und Jojakims viertes Jahr) nicht miteinander übereinzustimmen.

Für dieses Problem gibt es zwei mögliche Lösungen. Erstens kann es sein, daß das Wort "erstes" ( ri?SOnI ) mit "Anfang" übersetzt werden muß. Dies ist nicht das übliche Wort, mit dem man das erste Jahr der Regierungszeit eines Königs bezeichnete (vgl. Jack Finegan, Handbook of Bibel Chronology , Princeton, N.J.: Princeton University Press, 1964, S. 202). Dann wäre das "Anfangs"-Jahr Nebukadnezars das Jahr seiner Thronbesteigung. Jeremias Weissagung wäre also irgendwann zwischen dem 7. September 605 V. Chr., als Nebukadnezar den Thron bestieg, und dem 2. April 604 V. Chr., als das erste volle Jahr seiner Regierungszeit begann, zu datieren.

Die zweite Möglichkeit ist, daß Jeremia bei der chronologischen Einordnung Jojakims ein Kalendersystem benutzte, das von Tischri (September/Oktober) bis Tischri reichte. Dann hätte das vierte Jahr Jojakims vom 7. Oktober (1. Tischri) 605 V. Chr. bis zum 26. Semptember (1. Tischri) 604 V. Chr. gedauert (wegen des Mondkalenders nicht bis zum 6. Oktober). In diesem Fall hätte Jeremia seine Weissagung in der Zeit zwischen dem 2. April 604 V. Chr. (dem Beginn des ersten vollen Jahres Nebukadnezars) und dem 25. September 604 V. Chr. (dem Ende des vierten Jahres von Jojakim) erhalten. Welche Lösung nun die richtige ist, bleibt fraglich. Jedenfalls ist der Text durchaus chronologisch stimmig.

Jeremia hatte bereits dreiundzwanzig Jahre lang geweissagt (vgl. Jer 1,2 ), als er diese Prophetie erhielt - ein Dienst, der die Regierungszeit von drei Königen umfaßte. Aber obwohl er immer wieder zu den Menschen gepredigt hatte, wollten sie auf seine Warnungen und Ermahnungen zur Umkehr nie hören . Gott gab ihnen viel Zeit zur Umkehr, aber sie lehnten sein Angebot ab.

 

Jer 25,4-7


Gott hatte auch andere Propheten gesandt, um die Menschen zur Abkehr von ihren bösen Wegen und

Werken aufzurufen. Hätten sie diese Warnungen gehört, so hätte Gott sie in seiner Gnade in dem Lande bleiben lassen und ihnen kein Unheil zufügen müssen. Aber leider wollten sie Gott nicht gehorchen. Durch ihren beständigen Götzendienst hatten sie sich selbst Unheil gebracht.



Jer 25,8-11


(2) Das Gericht wird beschrieben ( Jer 25,8-14 )

Weil die Menschen immer wieder Gottes Warnungen verworfen hatten, würde Gott die Babylonier (die Völker des Nordens ; vgl. die Anmerkungen zu Jer 1,14 ) kommen lassen. Ihr Anführer, Nebukadnezar , wird hier Gottes Knecht genannt. Dies bedeutet, daß er es war, der Gottes Aufruf zur Zerstörung Jerusalems erfüllen sollte. Gott wollte die Babylonier benutzen, um Juda und seine Verbündeten völlig zu vernichten. Die fröhlichen Klänge im Volk würden verstummen (vgl. Jer 7,34; 16,9 ), denn das ganze Land würde wüst und zerstört sein, wenn Babel mit ihm fertig war. Gott würde Juda und die anderen rebellischen Völker nach Babel bringen, um sie dort siebzig Jahre lang dienen zu lassen.

Warum hatte Gott angekündigt, daß die Babylonische Gefangenschaft 70 Jahre dauern werde (605 - 536 V. Chr.)? Die Antwort darauf ist wohl, daß dies die Zahl von Jahren war, in denen das Volk sich nicht an das Gebot der "Sabbatruhe" für das Land gehalten hatte. Gott hatte angeordnet, daß das Land jedes siebte Jahr brachliegen solle ( 3Mo 25,3-5 ). In diesem Jahr durften die Menschen ihre Felder und ihre Weinberge nicht bearbeiten. Wenn dieses Gebot nicht erfüllt würde, so hatte Gott gesagt, würde er die Menschen aus dem Land wegnehmen, um so die "Sabbatruhe" zu erzwingen ( 3Mo 26,33-35 ). Der Autor von 2.Chronik schreibt, daß diese 70jährige Gefangenschaft, die von Jeremia geweissagt wurde, dem Land seine "Sabbatruhe" gab ( 2Chr 36,20-21 ). Die Gefangenschaft dauerte also vermutlich deshalb 70 Jahre, weil die Sabbatruhe 70mal gebrochen worden war.



Jer 25,12-14


Wenn die 70 Jahre um wären, würde Gott auch Babylon heimsuchen . Er würde alles, was in diesem Buch (Jeremia) gegen Babylon geschrieben stand, erfüllen. Gott spielte hier auf die Kapitel 50 - 51 an. Offensichtlich waren zumindest einige Teile dieser beiden Kapitel bereits geschrieben, als Kapitel 25 entstand. Gott würde Babylon alles nach seinem Verdienst (d. h. entsprechend seiner Taten) vergelten.


Jer 25,15-26


(3) Der Zorn wird angekündigt ( Jer 25,15-29 )

Jeremia hatte eine Vision. Er sah den Herrn, der einen Becher in seiner Hand hielt. Dieser Becher war mit dem Wein des Zorns Gottes gefüllt. Jeremias Aufgabe war es, alle Völker, zu denen er gesandt wurde, daraus trinken zu lassen (vgl. Kl 4,21; Hes 23,31-33; Offb 16,19; 18,6 ). Die ersten, die von diesem bitteren Getränk würden trinken müssen, waren Jerusalem und die Städte Judas.

Andere Nationen würden bald das gleiche Schicksal wie Juda erleiden. (Viele dieser Nationen sind auf der Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung verzeichnet.) Zu ihnen gehörte Ägypten, auf dessen Hilfe Juda vergeblich gehofft hatte, als es sich von Babylon gelöst hatte (vgl. Hes 29,6-9 ). Was mit dem Land Uz gemeint war, kann nicht ganz sicher gesagt werden. Vermutlich aber lag Uz östlich von Edom in Nordarabien (vgl. die Anmerkungen zu Hi 1,1 ). Die Philister bewohnten die westlich von Juda gelegenen Küstenregionen am Mittelmeer, während die von Edom, die von Moab und die Ammoniter (von Süden nach Norden aufgezählt) drei Völker im Osten Judas waren, die jenseits des Jordan und des Toten Meeres wohnten. Tyrus und Sidon lagen nördlich von Juda an der Küste des Mittelmeeres. Dedan, Tema und Bus waren Städte im Norden der arabischen Halbinsel, wobei jedoch nicht genau bekannt ist, wo Bus lag. Daneben werden die Könige Arabiens genannt, die als Nomaden in der Wüste umherzogen. Die Identifikation von Simri ist nicht sicher. Es steht jedoch neben Elam und Medien , zwei Länder östlich des Flußes Tigris. Alle diese Völker und Städte sollten von Babylon erobert werden.

Durch die Hand Babylons würden diese Völker gerichtet. Aber nach ihnen würde Gott auch den König von Scheschach aus dem Becher trinken lassen. Wer oder was war Scheschach? Die meisten Ausleger sind der Meinung, daß es sich hierbei um ein verschlüsseltes Wort für Babylon handelt, also ein Buchstabenrätsel. Eines der damals bekannten Buchstabenrätsel bestand darin, die Stellung der Buchstaben eines Wortes im Alphabet zu zählen. Dann zählte man entsprechend weit im Alphabet von hinten und ersetzte die Buchstaben durch die nun gefundenen neuen. Das deutsche Wort "aber" würde z. B. auf diese Weise zu "zyvi". Wendet man dies auf "Scheschach" ( SSk ) an, so werden die hebräischen Konsonanten zu bbl , die Schreibweise von Babylon (vgl. Jer 25,1 ). Gott würde, nachdem er die anderen Völker gerichtet hatte, auch Babylon richten. Es ist natürlich nicht ganz klar, warum Jeremia diese Botschaft verschlüsselte, wo er doch das Gericht über Babylon bereits angekündigt hatte (V. 12 - 14 ). Dennoch scheint dies die beste Erklärung für Scheschach zu sein.



Jer 25,27-29


Die Völker, die aus dem Becher des Zornes Gottes trinken würden, würden untergehen. Wie einer der trunken ist, würden sie erbrechen und niederfallen. Dieser Zusammenbruch würde durch das Schwert über sie kommen. Auch wenn manche Völker diesen Becher des Gerichtes nicht nehmen wollten, müßten auch sie daraus trinken. Wenn Gott schon über seine eigene Stadt Unheil brächte, warum sollten dann diese heidnischen Völker hoffen, ungestraft zu bleiben?

 

Jer 25,30-33


(4) Das weltweite Gericht wird bekräftigt ( Jer 25,30-38 )

Jeremia wechselte nun von der Prosa zur Poesie über und fuhr in seiner Verkündigung des Gerichtes Gottes über die Völker fort. Wie ein Löwe, der mächtig brüllt, bevor er seine Beute schlägt (vgl. Am 1,2; 3,4.8 ), würde Gott aus seiner heiligen Wohnung , dem Himmel, seine Stimme erheben über alle Bewohner der Erde . Gott wollte mit diesen Völkern rechten ( rIB , vgl. die Anmerkungen zu Jer 2,9 ). Sein Gericht würde über Juda hinaus zu allem Fleisch kommen. Dieses Gericht wird als ein großes Wetter bezeichnet, das alle Völker verwüsten würde. Auf seiner Spur würde es überall die Erschlagenen zurücklassen. Ihre Leichname würden, wie auch die Toten Judas (vgl. Jer 8,2; 14,16; 16,4-6 ), wie Dung auf dem Felde liegen.

 

Jer 25,34-38


Die Herren dieser vielen Völker (die Hirten ) würden schreien und heulen und sich in der Asche wälzen (Zeichen tiefster Trauer; vgl. Jer 6,26; Mi 1,10 ). Sie würden über ihr eigenes Leben jammern, denn für sie war die Zeit erfüllt, wo sie geschlachtet würden. Jeremia wechselte kurz das Bild von den Hirten zur Töpferei, um die völlige Zerstörung zu beschreiben, die über diese Herren kommen würde. Sie würden zerbrechen wie ein kostbares Gefäß, das auf den Boden fällt. Dann kehrte Jeremia wieder zum Bild der Hirten zurück und vervollständigte seine Weissagung. Die Herren ( Hirten ) würden versuchen zu fliehen, aber sie würden nicht entrinnen können. Gott würde ihr Land ( ihre Weide ) zerstören und wie ein Löwe unter den Schafen herumschleichen (vgl. Jer 25,30 ). Das Land dieser Völker würde verheert werden.



B. Persönliche Konflikte mit Juda
( Jer 26-29 )


Zwar hatte Jeremia bereits hin und wieder von dem Widerstand gegen seine Botschaft gesprochen (vgl. Jer 11,18-23; 15,10; 20,1-6 ), aber in den Kap. 1 - 25 steht dies nicht im Mittelpunkt. In diesen Kapiteln geht es vor allem um das Gericht Gottes, das sicher kommen würde, wenn die Menschen sich weigerten, zu Gott umzukehren. Nun, in den Kap. 26 - 29 , spricht Jeremia hauptsächlich von der

Reaktion der Menschen auf seine Botschaft. Er und seine Botschaft wurden von den Führern und dem Volk abgelehnt.



1. Der Konflikt mit dem Volk
( Jer 26 )


a. Jeremias Botschaft
( 26,1 - 6 )


Jer 26,1-3


Jeremia schreibt, daß diese Botschaft im Anfang der Herrschaft Jojakims verkündigt wurde. Da Jojakim den Thron im Jahre 609 V. Chr. bestieg, ist es wahrscheinlich, daß die hier beschriebenen Ereignisse in den Jahren 609 - 608 V. Chr. stattfanden. Die Botschaft selbst scheint mit der in den Kap. 7 - 10 genannten "Tempel-Botschaft" identisch zu sein. In diesen Kapiteln beschreibt Jeremia den Inhalt seiner Botschaft, während er hier von der Reaktion der Menschen berichtet. Der Zweck dieser Botschaft war, die Menschen dazu zu bringen, auf Gottes drohendes Gericht zu hören, so daß jeder sich von seinem bösen Wege abwandte. Für den Fall einer Umkehr verhieß Gott, daß er das Übel, das er ihnen anzutun gedachte, nicht über sie bringen würde (vgl. Jer 7,3-7 ).



Jer 26,4-6


Dies war eine Botschaft des Gerichtes für den Ungehorsam Judas. Wenn das Volk es ablehnte, Gottes Gesetz zu gehorchen und auf Gottes Knechte, die Propheten, (vgl. Jer 7,21-26 ) zu hören, würde Gott den Tempel (sein Haus) ebenso zerstören wie das Heiligtum, das einmal in Silo gestanden hatte (vgl. Jer 7,14 ). Die Menschen würden die Stadt Jerusalem verfluchen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 24,9 ).



b. Jeremia wird verhaftet und vor Gericht geführt
( 26,7 - 15 )


Jer 26,7-11


In den Kap. 7 - 10 hat Jeremia nicht von der Reaktion der Menschenmenge auf seine Botschaft gesprochen. Als die Priester, Propheten und alles Volk , die im Tempel waren, Jeremias Worte gehört hatten, ergriffen sie ihn gleich nach dem Ende seiner Botschaft und verlangten, daß er für seine Worte sterben müsse. Die Anklage gegen ihn lautete, daß Jeremia ein falscher Prophet sei, weil er im Namen des Herrn behauptet hatte, der Tempel und die Stadt würden verlassen und wüst werden. Offensichtlich glaubten die Menschen, eine solche Weissagung könne niemals von Gott kommen.

Die Anklagen gegen Jeremia mußten "im Gericht behandelt" werden. Deshalb verhandelten die Oberen ( RArIm ; wörtl.: "Fürsten", vermutlich die hohen Würdenträger des Königs; vgl. Jer 36,11-12 ) die Angelegenheit vor dem neuen Tor . Dieses Stadttor war der Ort, an dem Gericht gesprochen und über öffentliche Geschäfte verhandelt wurde (vgl. 5Mo 21,18-19; Rt 4,1-11; Jer 39,3 ). Die Priester und Propheten behaupteten, daß Jeremia des Todes schuldig sei . Sein Verbrechen war, daß er gegen die Stadt Jerusalem geweissagt hatte.



Jer 26,12-15


Jeremia verteidigte sich auf dreifache Weise. Erstens erklärte er, daß der Herr ihn gesandt habe, um diese Botschaft, die die Menschen gehört hatten, zu verkündigen. Deshalb sei er kein falscher Prophet. Zweitens machte er deutlich, daß seine Botschaft eine Bedingung enthalte. Wenn die Menschen ihre Wege ändern würden (vgl. Jer 3,12; 7,3 ), dann - so versprach Gott - würde das Übel nicht über Jerusalem kommen. Es bestand also noch eine gewisse Hoffnung für die Stadt. Drittens warnte Jeremia die Menschen, daß sie unschuldig Blut auf sich laden würden, wenn sie ihn töteten. In den Augen Gottes würden sie sich des Mordes an einem unschuldigen Menschen schuldig machen.



c. Jeremias Rettung
( 26,16 - 24 )


Jer 26,16-19


Nachdem die Oberen die Anklage gehört hatten, stellten sie sich, zusammen mit dem ganzen Volk, auf die Seite Jeremias und gegen das religiöse Establishment (die Priester und die falschen Propheten ). Sie erklärten, daß Jeremia des Todes nicht schuldig sei. Einige der Ältesten unterstützten diesen Richterspruch durch eine Aussage des Propheten Micha . Indem sie aus Mi 3,12 zitierten, wiesen sie darauf hin, daß jener Prophet etwa 70 Jahre zuvor ähnliche Aussagen gegen die Stadt und den Tempel gemacht hatte. König Hiskia aber hatte Micha nicht töten lassen, sondern auf dessen Worte gehört und den Herrn um Gnade angefleht. Gott hatte Hiskias Bitte erhört und das Übel nicht gebracht, das durch Micha angekündigt worden war. Wenn man Hiskias Beispiel nicht folgte, würde großes Unheil über Juda kommen.



Jer 26,20-23


Jeremia wurde also verschont. Andere Propheten dagegen waren nicht so glücklich. Einer der Propheten jener Zeit war Uria, der Sohn Schemajas . Von ihm wissen wir nichts weiter, als daß er aus Kirjat Jearim stammte. Er weissagte die gleichen Dinge wie Jeremia. Aber als der König davon hörte, beschloß er, Uria töten zu lassen. Uria erfuhr von diesem Plan und floh nach Ägypten . Der König aber schickte eine Abordnung nach Ägypten, um ihn wieder nach Juda zu holen. Diese Abordnung wurde von Elnatan, dem Sohn Achbors , angeführt. Elnatan gehörte zu jenen Obersten, die bei der Lesung der Schriftrolle Jeremias zuhörten ( Jer 36,11-12 ), und sein Vater Achbor könnte ein Oberster unter König Josia gewesen sein ( 2Kö22,12-14 ). Uria wurde des Verrates bezichtigt und mit dem Schwert getötet. Man gab ihm ein unwürdiges Begräbnis, sein Leichnam wurde an der Begräbnisstätte des niederen Volkes begraben (vgl. 2Kö 23,6 ).

 



Jer 26,24


Jeremia wurde von Ahikam , dem Sohn Schafans , unterstützt. Dieser verhinderte, daß die Menschen ihn töteten. Die Familie Schafans spielte in den letzten Jahren Judas eine wichtige Rolle (vgl. die Tabelle "Die Nachkommen Schafans"). Schafan war der Sekretär König Josias, der diesem das Auffinden des Gesetzes meldete ( 2Kö 22,3-13 ). Schafan hatte mindestens vier Söhne; über drei von ihnen äußerte sich Jeremia positiv (Ahikam, Gemarja und Elasa). Der vierte Sohn aber, Jaasanja, war das "schwarze Schaf" der Familie. Seine Anwesenheit unter den Götzendienern im Tempel versetzte Hesekiel in Erstaunen ( Hes 8,11 ). Ahikams Sohn Gedalja wurde nach der Eroberung Jerusalems im Jahre 586 V. Chr. von Nebukadnezar zum Statthalter von Juda ernannt.



2. Der Konflikt mit den falschen Propheten in Jerusalem
( Jer 27-28 )


a. Jeremias Weissagung
( Jer 27 )


(1) An die Botschafter ( Jer 27,1-11 )



Jer 27,1-7


Die in Kapitel 27 geschilderten Ereignisse fanden im Anfang der Herrschaft Zedekias statt. Diese Aussage ist textkritisch schwierig. In den meisten hebräischen Manuskripten steht hier "Jojakim" statt "Zedekia". Inhaltliche Erwägungen deuten jedoch darauf hin, daß dieses Kapitel während der Zeit Zedekias geschrieben wurde. Er wird in den Versen 3.12 "König von Juda" genannt, und Jer 28,1 zeigt, daß die Weissagung in Kapitel 27 während seiner Regierungszeit erging. Warum also steht in den meisten hebräischen Manuskripten in diesem Vers "Jojakim"? Ohne Zweifel geht diese Lesart auf den Abschreibefehler eines späteren Kopisten zurück. Vielleicht hat der Abschreiber versehentlich Jer 26,1 hier eingefügt. Wenn dies so ist, dann enthält die Septuaginta (in der Jer 27,1 fehlt) die ursprüngliche Lesart. Oder ein Schreiber hat den Namen bewußt umgeändert, um eine Übereinstimmung mit Jer 26,1 herzustellen.

Gott ließ Jeremia ein Joch anfertigen, wie es benutzt wurde, um Ochsen zusammenzuspannen, und es auf seinen Nacken legen. Dann sollte er eine Botschaft an die Boten schicken, die sich in Jerusalem aufhielten, um mit Zedekia zusammenzutreffen. Diese Boten kamen aus Edom, Moab und dem Ammoniterland im Osten Judas sowie von Tyrus und Sidon , zwei phönizischen Städten im Norden. Warum befanden sie sich in Jerusalem? Wahrscheinlich waren sie hier zusammengekommen, um über die Möglichkeit zu verhandeln, sich zu einem Bündnis gegen Babylon zusammenzuschließen. Dieses Treffen fand irgendwann zwischen Mai und August 593 V. Chr. statt (vgl. Jer 28,1 ). Die babylonischen Berichte erwähnen eine Revolte in Babylon, die etwa ein Jahr früher stattgefunden hatte. Offensichtlich mußte sich König Nebukadnezar gegen eine innere Verschwörung verteidigen. Eine solche Unruhe in Babylon selbst ermutigte sicher auch die Vasallenstaaten, ihre Chancen für eine Befreiung aus dem Joch der babylonischen Herrschaft zu prüfen.

Jeremias öffentliche Verkündigung zerschlug jede Hoffnung der Botschafter, ihr Treffen vielleicht geheimhalten zu können. Gott sagte, daß er die Erde und alles Leben auf ihr gemacht habe. Er könne sie geben, wem er wolle. Und Gott hatte Nebukadnezar, den König von Babel , ausgewählt, um durch ihn die Völker zu unterwerfen; alle Völker würden, so verkündigte Gott, Babylon dienen, bis dessen Zeit des Gerichtes gekommen sei. Erst dann würden andere in der Lage sein, Babylon zu unterjochen.



Jer 27,8-11


Weil Nebukadnezars göttliche Bestimmung eindeutig war, warnte Jeremia die Botschafter vor einer Rebellion. Jedes Volk, das sich weigerte, seinen Nacken unter Babylons Joch zu beugen, würde mit Schwert, Hunger und Pest von Gott gestraft werden (vgl. V. 13 und die Anmerkungen zu Jer 14,12 ). Wir finden hier die erste von insgesamt drei Warnungen Jeremias in Kapitel 27 , nicht auf die falschen Propheten zu hören (vgl. V. 14.16 ). Weil er in den Versen 8 - 11 die Abgesandten der heidnischen Völker ansprach, warnte er auch vor deren Methoden der Wahrsagerei, mit denen sie versuchten, eine Antwort zu erhalten. (Zu dem Wort Wahrsager vgl. Jer 29,8 und die Anmerkungen zu qAsam in 5Mo 18,10 .) Diese falschen religiösen Lehrer verkündigten Lügen, wenn sie für eine Rebellion gegen Babylon Erfolg verhießen, denn Gott hatte geschworen, jedes rebellierende Volk zu vernichten. Nur die Völker, die sich der Autorität Babels unterordneten, würden in ihren eigenen Ländern bleiben.


Jer 27,12-15


(2) An Zedekia ( Jer 27,12-15 )

Jeremia redete alle diese Worte auch zum König von Juda . Wieder umfaßte die Botschaft des Propheten zwei Teile. Der erste Teil enthielt Gottes Befehl an Zedekia, seinen Nakken unter das Joch Babylons zu beugen und ihm weiter als Vasallenkönig zu dienen. Wenn er dies ablehnte, würde das Gericht, das Gott angedroht hatte, über Juda kommen. Der zweite Teil der Botschaft Jeremias war eine Warnung vor dem Vertrauen auf die falschen Propheten. Sie verkündigten Sieg, denn sie weissagten Lügen. Gott hatte sie nicht gesandt.



Jer 27,16-22


(3) An die Priester und das Volk ( Jer 27,16-22 )

Jeremia wandelte seine Botschaft ein wenig ab, als er sich nun den Priestern und Laien im Volk zuwandte. Er warnte sie davor, nicht auf diese Propheten zu hören. Die falschen Propheten verkündigten, daß die Geräte aus dem Hause des HERRN , die nach Babylon gebracht worden waren (vgl. 2Kö 24,13; Dan 1,1-2 ), sehr bald wieder herkommen würden. Aber genau das Gegenteil würde geschehen. Die Geräte, die noch im Hause des Herrn (und im Palast des Königs) übriggeblieben und nicht bei der Wegführung Jechonjas (= Jojachims) mitgenommen worden waren, würden in Babel bleiben, bis Gottes Gericht vorüber war. Erst dann würde er sie zurückbringen lassen (vgl. 2Kö 25,13-17; Esr 1,7-11 ).



b. Hananjas Widerstand
( Jer 28 )


(1) Jeremias Streit mit Hanaja ( Jer 28,1-11 )



Jer 28,1-4


Kapitel 28 schließt in chronologischer Hinsicht an Kapitel 27 an. Der genaue Zeitpunkt der Weissagung ist nicht angegeben (vgl. Jer 27,1 ), wohl aber für die Entgegnung seines Widersachers. Es war im fünften Monat des vierten Jahrs König Zedekias , also im August-September 593 V. Chr. Jeremia hielt dieses Datum fest, weil es für die Dinge, die später geschehen sollten (vgl. Jer 28,17 ), wichtig war.

Hananja, der Sohn Asurs , sprach öffentlich gegen die Weissagung Jeremias. Vielleicht war Hananja ein Bruder von "Jaasanja, dem Sohn Asurs", über den Hesekiel spricht ( Hes 11,1-3 ). Hananja kam aus Gibeon , einer etwa 9 Kilometer nordwestlich von Jerusalem gelegenen Ortschaft. Gibeon gehörte zu jenen Städten, die Josua den Priestern zugesprochen hatte (vgl. Jos 21,17-18 ). Hananja stammte also vielleicht, ebenso wie Jeremia, aus einer priesterlichen Familie.

Hananjas Botschaft war direkt gegen Jeremias Weissagung gerichtet. Er verkündete, daß Gott verheißen habe, das Joch der babylonischen Unterdrückung zu zerbrechen. Er forderte Juda und die anderen Völker also auf, gegen Babylon zu rebellieren, statt zu kapitulieren (vgl. Jer 27,2.8.11-12.17 ). Hananja verhieß, daß diese Rebellion von einer Erneuerung des Volkes begleitet sein werde. Bevor zwei Jahre um waren, so sagte er, würde Gott Juda alle Geräte des Hauses des Herrn wieder zurückbringen (vgl. Jer 27,16-22 ). Dies würde durch Jechonja und die anderen Weggeführten geschehen, wenn sie von Babylon zurückkehrten.



Jer 28,5-11


Zwei Propheten behaupteten also Entgegengesetzes, und beide erklärten, daß sie ihre Botschaft von Gott erhalten hätten. Zwar wünschte Jeremia, der Herr möge das Wort Hananjas bestätigen, aber dennoch war Hananjas Weissagung falsch. Maßgeblich für die Beurteilung eines Propheten war letztlich, ob sich seine Prophezeiungen erfüllten oder nicht. Ein Prophet war nur dann wirklich von Gott gesandt, wenn sein Wort erfüllt wurde (vgl. 5Mo 18,20-22 ). In Zukunft würde es sich erweisen, ob Jeremia oder Hananja der falsche Prophet gewesen war.

Als wollte er die Menschen von der Wahrheit seiner Botschaft überzeugen, nahm Hananja das Joch vom Nakken Jeremias und zerbrach es. Dies

sollte seine Weissagung verdeutlichen: daß Gott das Joch Nebukadnezars, ehe zwei Jahre um waren, zerbrechen würde . Jeremia stellte sich nicht gegen diese öffentliche Beleidigung durch Hananja, sondern ging seines Weges .



Jer 28,12-14


(2) Jeremias Botschaft an Hananja ( Jer 28,12-17 )

Kurz nachdem Hananja das Joch Jeremias zerbrochen hatte, erging das Wort Gottes an Jeremia. Gott benutzte Hananjas Handlung, um daran die Schärfe des kommenden Gerichtes deutlich zu machen. Hananja hatte das hölzerne Joch zerbrochen, aber Gott würde es durch ein eisernes Joch ersetzen, das nicht zerbrochen werden konnte. Dieses eiserne Joch würde allen diesen Völkern, die sich in Jerusalem versammelt hatten ( Jer 27,3 ), auf den Nacken gelegt werden und sie dazu zwingen, Nebukadnezar zu dienen.



Jer 28,15-17


Nachdem Jeremia so auf die Weissagungen Hananjas geantwortet hatte (V. 12 - 14 ), stellte er nun dessen Glaubwürdigkeit als Prophet öffentlich in Frage. Gott hatte Hananja nicht als seinen Sprecher gesandt. Vielmehr hatte Hananja durch seine wohlformulierten Worte das Volk von Juda dazu überredet, sich auf Lügen zu verlassen. Gott würde Hananja dafür strafen (und so zeigen, daß Jeremia der wahre Prophet war), indem er ihn vom Erdboden wegnahm. Sein Tod würde ihn als falschen Propheten entlarven. Um den göttlichen Ursprung dieser Gerichtsandrohung zu zeigen, verkündete Jeremia, daß der Tod jenen noch in diesem Jahr ergreifen werde. Es war ja bereits der fünfte Monat ( Jer 28,1 ). Hananja würde also innerhalb der nächsten sieben Monate sterben. Hier finden wir den Grund, weshalb Jeremia in Vers 1 so großen Wert darauf gelegt hatte, das genaue Datum niederzuschreiben. Gott erfüllte sein Wort, und im siebenten Monat - knapp zwei Monate nach der Weissagung Jeremias - starb Hananja. Gott bestätigte seinen wahren Propheten Jeremia und richtete den falschen Propheten Hananja.



3. Der Konflikt mit den falschen Propheten im Exil
( Jer 29 )


a. Jeremias erster Brief an die Weggeführten
( 29,1 - 23 )


(1) Die Einleitung ( Jer 29,1-3 )



Jer 29,1-3


Jeremia fügte nun die Worte des Briefes ein, den er an jene gesandt hatte, die von Jerusalem nach Babel weggeführt worden waren. Diese Wegführung hatte sich zugetragen, nachdem König Jechonja und die Königinmutter ihres Amtes enthoben worden waren (vgl. 2Kö 24,8-17;Jer 13,18; 22,24-27; Dan 1,1-2 ). Sie erfolgte im Jahre 597 V. Chr. Jeremia muß seinen Brief also nach diesem Zeitpunkt geschrieben haben.



Jer 29,4-9


(2) Eine lange Zeit der Gefangenschaft wird angekündigt ( Jer 29,4-14 )

Gott ließ den Weggeführten sagen, daß sie sich auf einen langen Aufenthalt in Babel einrichten sollten. Sie sollten Häuser bauen und darin wohnen. Sie sollten Gärten anpflanzen, um während dieser Zeit versorgt zu sein. Das Leben würde weitergehen wie gewohnt. Die Menschen sollten heiraten und Söhne und Töchter bekommen. Statt darauf zu hoffen, daß Babylon bald untergehen würde, sollten sie der Stadt Bestes (d. h. Frieden und Wohlstand für die Stadt) suchen. Jeremia sagte ihnen sogar, daß sie für Babel beten sollten! Die Propheten und Wahrsager (vgl. Jer 27,9 ), die eine baldige Rückkehr nach Juda vorhersagten, weissagten nur Lüge. Sie waren nicht von Gott gesandt.



Jer 29,10-14


Die Rückführung der Weggeführten nach Juda würde erst erfolgen, wenn Gottes siebzig Jahre des Gerichtes voll waren (vgl. Jer 25,11-12 ). Dann würde Gott sein gnädiges Wort erfüllen und die Weggeführten wieder in ihr Land bringen. Die siebzigjährige Gefangenschaft war ein Teil des Planes Gottes. Juda sollte wieder Zukunft und Hoffnung bekommen. Das Gericht würde die Weggeführten dazu bringen, Gott von ganzem Herzen zu suchen (vgl. Dan 9,2-3.15-19 ). Wenn sie wieder zu ihrem Gott umgekehrt wären, würde er sie aus allen Völkern, wohin sie verstoßen worden waren, wieder sammeln und in ihr Land zurückführen. Der eigentliche Zweck der Gefangenschaft war, Israel wieder zu seinem Gott zurückzubringen (vgl. 5Mo 30,1-10 ).



Jer 29,15-19


(3) Die Warnung gegen die falschen Propheten ( Jer 29,15-23 )

Die Menschen glaubten der Botschaft Jeremias nicht, weil er darin den falschen jüdischen Propheten in Babel widersprach. Diese Propheten versprachen offenbar die Sicherheit Jerusalems und die baldige Heimkehr der Weggeführten (vgl. Jer 28,2-4 ). Jeremia machte ihre optimistischen Voraussagen zunichte, indem er sagte, daß auf jene, die nicht in die Gefangenschaft geführt worden seien, Schwert, Hunger und Pest warteten (vgl. die Anmerkungen zu Jer 14,12 ). Er berichtete den Weggeführten von seiner Vision der beiden Feigenkörbe (vgl. Jer 24,1-2 ). Wer in Jerusalem zurückgeblieben war, war wie jene schlechten Feigen , die weggeworfen werden mußten. Gott würde sie dafür richten, daß sie seinen Worten der Warnung nicht gehorchen wollten (vgl. Jer 24,8-9 ). Leider hatten auch die Weggeführten sich geweigert, auf Gottes warnendes Wort zu hören.


Jer 29,20-23


Jeremia griff zwei Männer heraus, die offenbar zur Führungsschicht jener falschen Propheten in Babylon gehörten: Ahab, den Sohn Kolajas und Zedekia, den Sohn Maasejas . Über diese beiden Männer wissen wir nichts, außer daß sie offensichtlich Lügen weissagten (V. 21 ) und Ehebruch trieben mit den Frauen ihrer Nächsten (V. 23 ). Diese unverschämten Lügen und dieses sündige Tun sollten nicht unbestraft bleiben.

Gott würde diese falschen Propheten richten, indem er sie Nebukadnezar übergab. Offenbar sagten sie den Fall Nebukadnezars und Babylons voraus (vgl. Jer 28,2 ). Nebukadnezar würde diese verräterischen Aussagen hören. Er würde sie totschlagen lassen vor den Augen der Weggeführten, um diesen eine deutliche Lektion darüber zu erteilen, welche Gefahr ein Widerstand gegen ihn mit sich bringen würde. Sie würden getötet, indem sie im Feuer verbrannt ( qAlCh ; wörtl.: "rösten") würden, eine Form der Strafe, die in Babylon häufig angewandt wurde (vgl. Dan 3,6.11.15.17.19-23 ). Ihr Tod im Feuer würde der Ursprung eines Fluches sein, den die Weggeführten aussprechen würden. Dieser Fluch entstand vermutlich aufgrund eines Wortspieles, denn das Wort für "Fluch" ( q+=lAlCh ) ist dem für "rösten" ( qAlCh ) ähnlich.



b. Jeremias zweiter Brief an die Weggeführten
( 29,24 - 32 )


(2) Der Bericht über den Brief Schemajas nach Jerusalem ( Jer 29,24-29 )



Jer 29,24-29


Die Reihenfolge der Ereignisse ist hier nicht klar. Offenbar hatte ein anderer Prophet in Babylon, Schemaja, nach dem ersten Brief Jeremias an die Weggeführten (V. 1 - 23 ) an die Führer in Jerusalem geschrieben und sie aufgefordert, Jeremia zu bestrafen (V. 25 - 28 ). Dieser Brief wurde jedoch Jeremia vorgelesen (V. 29 ), der dann einen zweiten Brief an die Weggeführten schrieb. In diesem Brief zitierte er den Brief Schemajas (V. 24 - 28 ) und verkündete Gottes Gerichtswort gegen den falschen Propheten (V. 29 - 32 ).

Schemaja schickte unter seinem Namen Briefe an Zefanja, den Sohn Maasejas , der zum Priester bestellt worden war als Aufseher im Tempel. Dieser Zefanja war vielleicht sogar ein Bruder des falschen Propheten Zedekia, der sich in Babylon befand (vorausgesetzt, der Name Maaseja bezieht sich auf denselben Mann; vgl. V. 21 ). Schemaja forderte Zefanja als Aufseher des Tempelbezirkes auf, alle Wahnsinnigen und Weissager (hier meinte er Jeremia) in Block und Eisen zu legen (vgl. Jer 20,1-3 ). Schemaja war aufgebracht darüber, daß Zefanja Jeremia noch nicht dafür gestraft hatte, daß dieser sich als Prophet ausgegeben hatte. Als Beweis dafür, daß Jeremia bestraft werden müsse, zitierte er den Inhalt des ersten Briefes Jeremias an die Weggeführten in Babylon. Aber statt nun Jeremia anzugreifen, las Zefanja ihm den Brief Schemajas vor. Offenbar hatte Zefanja zu diesem Zeitpunkt Jeremias Autorität als Prophet erkannt. Später befragte er Jeremia zweimal im Auftrag König Zedekias (vgl. Jer 21,1; 37,3 ). Zefanja wurde nach dem Untergang Jerusalems gefangengenommen und durch Nebukadnezar getötet ( Jer 52,24-27 ).



Jer 29,30-32


(2) Die Verurteilung von Schemaja ( Jer 29,30-32 )

Auf Gottes Anordnung hin schickte Jeremia eine zweite Botschaft an die Weggeführten (vgl. V. 1 ). Dieser Brief enthielt auch das Gerichtsurteil des Herrn über Schemaja, der ja behauptet hatte, sein Prophet zu sein. Gott würde Schemaja samt seinen Nachkommen bestrafen. Weder er noch seine Familie würden am Leben bleiben und das Gute sehen, das Gott seinem Volk tun wollte. Dieses "Gute" wird in Kapitel 30 - 33 näher erklärt. Schemaja aber hatte sein Recht, an diesen Segnungen teilzuhaben, verwirkt, weil er die Menschen in Jerusalem aufgefordert hatte, gegen Jeremia vorzugehen. Er hatte sie mit seiner Rede vom HERRN abgewendet.


C. Der zukünftige Trost für Israel und Juda
( Jer 30-33 )


Gott hatte Juda das Gericht angedroht, weil es ungehorsam war, aber das Volk wollte seine Wege nicht ändern. Nun war alles vorbereitet für den letzten Akt der Geschichte Judas als Volk. Aber bevor diese traurige Szene des Leides ausgebreitet wurde, fügte Jeremia "das Buch des Trostes" ein, eine Sammlung von Weissagungen, die Hoffnung in Zeiten der Verzweiflung verkündeten. Diese Weissagungen schauten weit über Judas bevorstehenden Zusammenbruch hinaus und wiesen hin auf ein neues Zeitalter, in dem Israel und Juda wieder als Volk in ihr Land und zu ihrem Gott zurückkehren würden.



1. Die Wiederherstellung Israels und Judas wird verkündigt
( Jer 30-31 )


a. Die physische Befreiung des Volkes
( 30,1 - 11 )


(1) Das Volk wird in sein Land zurückkehren ( Jer 30,1-3 )



Jer 30,1-3


Der Herr sagte Jeremia, daß er seine Verheißungen des Trostes in ein Buch schreiben solle, damit sie die Weggeführten nach dem Fall Jerusalems lesen könnten. Dieses Buch sollte die Hoffnung verkünden, daß die Zeit (wörtlich: "die Tage") käme, da Gott sein Volk wieder in das Land bringen würde. Es ist bedeutsam, daß Jeremia von "den Tagen" sprach, denn er beschrieb damit zwei verschiedene Zeitperioden. Der erste "Tag", auf den Jeremia hinwies, war ein Tag der Zerstörung, an dem Gott Juda für seine Sünde richten würde (vgl. Jer 5,18; Jer 7,32; Jer 9,25; Jer 19,6 ). Dieser Tag hatte sich erfüllt, als Juda von Babylon erobert wurde. Mit dem zweiten "Tag" jedoch, von dem Jeremia sprach, war die Zeit der Wiederherstellung gemeint, in der Gott mit den Völkern Judas und Israels eine neue Beziehung eingehen und mit den heidnischen Völkern abrechnen würde (vgl. Jer 3,16.18; 16,14; 23,5.7.20; 30,3.24; 31,27.29.31.33.38; 33,14-16; 48,12.47; 49,2.39; 50,4.20; 51,47.52 ). Dieser "Tag" hat eine eschatologische Dimension.

Es ist der Tag, an dem Gott die Verheißung der Wiederherstellung erfüllen wird, die er in 5Mo 30,1-10 gegeben hat. Wie bei allen prophetischen Verkündigungen muß natürlich auch hier das Prinzip der "Verkürzung" beachtet werden. Obwohl Jeremia alle seine Weissagungen als eine kontinuierliche Folge von Ereignissen betrachtete, wurden sie über einen langen Zeitraum hin erfüllt und immer wieder durch bestimmte Zeitintervalle unterbrochen. So finden wir z. B. Weissagungen über den leidenden und den herrschenden Messias nebeneinander, obwohl sie sich auf zwei verschiedene Ereignisse beziehen (vgl. z. B. Jes 9,5-6; 61,1-2 ). Ebenso folgt die Beschreibung der Wiederherstellung Judas nach der babylonischen Gefangenschaft und die der noch in der Zukunft liegenden Wiederherstellung Judas an einigen Stellen unmittelbar aufeinander. Bei der Auslegung dieser Stellen, an denen Jeremia über "die kommenden Tage" spricht, sollte man also sehr behutsam vorgehen.

Gottes erste Verheißung war, das Volk von Israel und Juda aus der Gefangenschaft zurückzubringen . Gott versprach, es in das Land zu führen, das er ihm gegeben hatte (vgl. 5Mo 30,3-5 ). Die Verheißung der Wiederherstellung sowohl des Nordreiches als auch des Südreiches, die dieses Kapitel einleitet, sollte jenen Hoffnung geben, die schon bald aus ihrem Land weggeführt würden.



Jer 30,4-7


(2) Das Unglück des Volkes ( Jer 30,4-7 )

Vor der Rückkehr der Bewohner von Israel und Juda in ihr Land würde es eine Zeit der Not für das ganze Volk geben. Ein Geschrei des Schreckens würde man unter den Gefangenen hören, nicht Jubelrufe über den Frieden. Jeremia verglich die verzweifelte Not der Menschen mit der von Frauen in Kindsnöten (vgl. Jer 4,31; 6,24; 13,21; 22,23; 49,24; 50,43 ). Dieser kommende Tag würde so schrecklich sein, daß seinesgleichen nicht gewesen wäre. Jeremia nannte diese Zeit eine Zeit der Angst . Und doch würde nicht alles verloren sein, denn Gott versprach, daß dem Volk daraus geholfen würde. Gott würde sein Volk aus der Mitte seiner Not heraus befreien.

Von welcher "Zeit der Angst" sprach Jeremia hier? Manche Ausleger beziehen dies auf die bevorstehende Eroberung Judas durch die Babylonier oder auf die spätere Eroberung Babylons durch das Medo-Persische Reich. In beiden Fällen aber war das Nordreich Israel nicht betroffen. Es war ja bereits in die Gefangenschaft geführt worden (722 V. Chr.). Viel wahrscheinlicher ist, daß Jeremia hier von der noch nie dagewesenen Trübsal sprach, die der Überrest Israels und Judas in Zukunft erleben würde ( Dan 9,27;12,1; Mt 24,15-22 ). Diese Zeit der Trübsal wird erst dann enden, wenn Christus wiederkommt, um seine Auserwählten zu sammeln ( Röm 11,26 ) und sein Königreich zu errichten ( Mt 24,30-31; 25,31-46; Offb 19,11-21; 20,4-6 ).



Jer 30,8-9


(3) Die Befreiung durch den Herrn ( Jer 30,8-11 )

Wenn Gott erscheint, um das Volk zu befreien, dann wird er das Joch der Knechtschaft zerbrechen, das er auf seinen Nacken gelegt hat. Diese Befreiung kam nicht zu jenem Zeitpunkt, den die falschen Propheten genannt hatten (vgl. Jer 28,2.10-11.14 ). Aber sie wird kommen ( zu dieser Zeit ). Das Volk wird dann wieder dem Herrn dienen, nicht fremden Mächten. Die Menschen werden sich der Autorität König Davids unterwerfen, den Gott ihnen erwecken wird. Viele Ausleger sehen darin einen Hinweis auf Christus, der ja aus der Linie Davids stammt. Allerdings könnte dieser Hinweis Jeremias auch durchaus wörtlich gemeint sein (vgl. die Anmerkungen zu Hes 34,23-24 ). Auch an anderen Stellen, die von einer zukünftigen Wiederherstellung eines vereinten Israel sprechen, wird der Name David genannt (vgl. Hes 34,23-24;37,24-25; Hos 3,5 ).

 

Jer 30,10-11


Gottes Verheißung der Wiederherstellung sollte Israel Hoffnung geben. Israel sollte sich nicht fürchten und sich nicht entsetzen, denn Gott versprach, es zu erretten aus fernen Landen . Kein Land würde für Gott zu weit entfernt sein, als daß er sein Volk nicht erreichen und es retten könnte. Wenn er es in sein Land zurückbrachte, dann würde es Frieden und Sicherheit haben, wie es sie zur Zeit Jeremias nicht gab (vgl. Jer 8,11 ). Gott würde mit allen Völkern ein Ende machen , unter die Israel und Juda zerstreut waren. Zwar würde er Israel und Juda züchtigen, aber, so versprach er, er würde mit ihnen kein Ende machen. Jedes seiner Gerichte würde mit Maßen ausgeführt werden (vgl. Jer 10,24; 46,28 ), so daß Gottes Bestrafung für sein auserwähltes Volk nicht allzu hart sein würde.


b. Die geistliche Heilung des Volkes
( 30,12 - 17 )


(1) Israels Sünde verursachte ihm Wunden ( Jer 30,12-15 )



Jer 30,12-15


Israels Zustand war kritisch. Seine Wunden schienen unheilbar zu sein (vgl. die Anmerkungen zu Jer 6,14 ), und es gab niemanden, der es heilen konnte. Die Liebhaber , auf die das Volk solch große Hoffnung gesetzt hatte, hatten es vergessen. Selbst Gott hatte es geschlagen wie einen Feind und wegen seiner Schuld bestraft.



Jer 30,16-17


(2) Gott wird Israels Wunden heilen ( Jer 30,16-17 )

Israels Zustand erschien hoffnungslos. Aber Gott versprach, dieses Unheil zu wenden. Diejenigen, die das Volk beraubten, sollten selbst von Gott beraubt werden. Er würde die Feinde Israels gefangen wegführen und jene plündern, die Israel geplündert hatten. Zugleich versprach Gott, Israel wieder geistliche Gesundheit zu bringen. Er würde sich für sein Volk (" die Verstoßene ") einsetzen.


c. Der materielle Segen des Volkes
( 30,18 - 22 )


Jer 30,18-22


Was wird also nach der Wiederkunft Christi geschehen? Gottes Eingreifen wird zu einer physischen Erneuerung führen. (Daß das Geschick Judas gewendet wird, finden wir auch in Jer 32,44; 33,11.26 ; vgl. 5Mo 30,3 .) Die Stadt Jerusalem soll wieder auf ihre Hügel gebaut werden , wozu auch die Burg des Königs zählt. Der Lob- und Freudengesang , der durch Babylon zum Verstummen gebracht worden war (vgl. Jer 7,34; 16,19; 25,10 ), wird wieder in der Stadt zu hören sein, und Gott wird Juda zahlenmäßig wachsen lassen (vgl. 5Mo 30,5 ). Das Volk wird sicher und vor Gott fest gegründet sein, und er wird jeden heimsuchen, der versucht, es zu bedrängen.

Der Fürst von Israel wird wieder aus der Mitte des Volkes kommen, statt aus dem Ausland zu stammen (vgl. Jer 30,9 ). Dieser Herrscher soll Gott nahen, wenn er ihn in seinen Dienst nimmt. Erst dann, wenn die Stadt, ihre Einwohner und ihr Fürst von Gott wiederhergestellt sein werden, wird Israel wirklich Gottes Volk und er Israels Gott sein. Von diesem idealen Verhältnis zwischen Israel und seinem Gott wird an vielen Stellen des Alten Testaments gesprochen (vgl. 3Mo 26,12; 5Mo 7,6; 26,16-19; Jer 7,23; 11,4; 24,7; 31,1.33; Hes 11,20; 14,11; 34,30; 36,28; 37,23.27; Hos 2,25; Sach 8,8; 13,9 ). Israel wird dann die Beziehung zu Gott haben, die Gott immer gewollt hat.

 

d. Das Gericht über die Gottlosen
( 30,23 - 31,1 )


Jer 30,23-24


Jeremia wiederholte noch einmal mit kleineren Veränderungen die Worte aus Jer 23,19-20 .Bevor Gottes Segen erlebt werden konnte, mußte Gott die Sünde richten. Sein Grimm würde über den Gottlosen niedergehen . Auch wenn diese Worte sich in Jer 23,19-20 auf die falschen Propheten beziehen, könnte es sein, daß Jeremia sie hier benutzte, um von Gottes Gericht über die gottlosen Völker zu sprechen, die Israel feindlich gegenüberstanden (vgl. Jer30,16-20 ). Gottes grimmiger Zorn , der über Juda ausgegossen worden war, würde nicht ablassen , bis er auch die anderen Völker der Erde erfaßt hatte.



Jer 31,1


Dieser Vers darf nicht von der Aussage in Jer 30,23-24 getrennt werden. Er erklärt die Ergebnisse des Gerichtes Gottes über die Erde, dient aber auch als Einleitung für den nun folgenden Abschnitt über die nationale Erneuerung. Gott verhieß, daß er Israel zu sich zurückbringen werde, wenn er die Welt für ihre Sünden richtete. Die Menschen aller Geschlechter Israels , nicht nur der Stamm Juda, würden dann Gottes Volk sein (vgl. Jer 30,22 ).

 

e. Gott erneuert das Volk
( 31,2 - 40 )


(1) Die nationale Erneuerung Israels ( Jer 31,2-22 )



Jer 31,2-6


Gott verhieß dem Nordreich, daß er es wiederherstellen werde. Diejenigen, die das Schwert (vermutlich die assyrische Zerstörung Israels) überlebt hatten, würden nun Gottes Gnade erfahren, wenn er sie zu einem neuen Exodus in die Wüste führte (vgl. Jer 16,14-15; Jer 23,7-8; Hos 2,16-17 ). Das Leid der langen Jahre ihrer Gefangenschaft würde enden, wenn Gott eingriff und dem Volk Israel Ruhe gab.

Der Grund für Gottes Plan, dereinst sein Volk wiederherzustellen, waren seine ewige Liebe ( ?ahXBCh ), die er seinem Volk reichlich zuteil werden ließ (vgl. Hos 11,4; 14,1; Zeph 3,17 ), und seine liebevolle Güte ( HeseD ; vgl. Jer 9,23; 32,18; Kl 3,32; Dan 9,4 ). Gott hatte mit Abraham ( 1Mo 15,7-21 ) und dann mit dem ganzen Volk Israel ( 2Mo 19,3-8; 3Mo 26; 5Mo 28,1-30,10 ) einen Bund geschlossen, und er versprach, seinen Zusagen treu zu bleiben. Israel würde Gottes Segen erleben.

Drei Bilder zeichnete Jeremia mit seinen Worten, um die Wiederherstellung Israels zu beschreiben. Erstens würde dies eine Zeit der erneuerten Freude sein. Israel würde wieder seine Tamburine schlagen und herausgehen zum Tanz . Die Zeit der Trauer würde enden, wenn die Gefangenschaft endete (vgl. Ps 137,1-4; Jer 16,8-9; Jer 25,10-11 ). Zweitens würde es eine Zeit des Friedens und Wohlstandes sein, wenn die Menschen ihre Weinberge an den Bergen Samarias pflanzen würden. Ohne äußere Bedrohungen würden sie ihre Früchte genießen können (vgl. 3Mo 26,16; 5Mo 28,33; Mi 4,4; Sach 3,9-10 ). Drittens würde es eine Zeit der erneuerten Hingabe an den Herrn sein. Die Wächter auf dem Gebirge Ephraim würden die Menschen aufrufen, hinaufzuziehen nach Zion, um dem Herrn zu dienen.

 

Jer 31,7-9


Gottes Wiederherstellung Israels wird von Liedern der Freude und des Lobes wegen seiner Befreiung begleitet sein. Niemand wird zu weit entfernt sein, als daß der Herr ihn nicht wiederbringen könnte. Gott wird sein Volk sammeln von den Enden der Erde . Niemand wird für den Herrn zu unbedeutend sein. Gott wird auch Blinde und Lahme, Schwangere und junge Mütter wiederbringen. Wenn Gott diese Menschen in einem neuen Exodus nach Israel führt, dann wird er für alle ihre Bedürfnisse sorgen. Er wird die Menschen zu Wasserbächen führen (vgl. 2Mo 15,22-25; 4Mo 20,2-13; Ps 23,2 ), und sie werden auf ebenem Wege gehen, so daß sie nicht zu Fall kommen . Gott wird all dies tun, weil er ein besonderes Verhältnis zu Israel hat. Er ist Israels Vater ( 5Mo 32,6 ), und Ephraim (hiermit sind vor allem die nördlichen Stämme Israels gemeint) ist sein erstgeborener Sohn (vgl. 2Mo 4,22 ). Das Bild des Vater-Sohn-Verhältnisses soll Gottes tiefe Liebe zu seinem Volk zeigen (vgl. Hos 11,1.8 ).



Jer 31,10-14


Israels Sammlung (wie die einer Schafherde; vgl. Jer 23,3; Mi 2,12; 5,4; 7,14 ) wird von einer Erneuerung der materiellen Segnungen Gottes begleitet sein. Die in das Land Zurückgeführten werden sich freuen über die Fülle der Ernte (vgl. Jer 31,5 ) und der Herden. Israels materieller Reichtum wird mit einem gut bewässerten Garten verglichen, der eine Fülle von Früchten hervorbringt (vgl. 5Mo 30,5.9 ). Diese Ausgießung des Segens wird Freude bringen und die Menschen trösten (vgl. Jer 31,4.7 ).

 

Jer 31,15-20


Die Zukunftshoffnung des Volkes stand in krassem Gegensatz zu seiner damaligen Not. Aus Rama ertönte Klagegeschrei und bitteres Weinen . Jeremia sah Rahel weinen über ihre Kinder . Was wollte Jeremia mit diesem Bild aussagen? Rama war eine Stadt, die etwa acht Kilometer nördlich von Jerusalem lag, und Rahel war die Mutter Josefs und Benjamins. Josef wiederum war der Vater von Benjamin und Manasse, den beiden wichtigsten Stämmen des Nordreiches Israel. Jeremia sprach also vom Weinen der Frauen im Nordreich, die zusehen mußten, wie ihre Kinder im Jahre 722 V. Chr. in die Gefangenschaft geführt wurden. Jeremia könnte jedoch auch die Wegführung Judas im Jahre 586 V. Chr. im Auge gehabt haben, denn Rama war der Ausgangspunkt für die Deportation durch Nebukadnezar (vgl. Jer 40,1 ). Sehr wahrscheinlich weinten diese Frauen, weil sie ihre Kinder niemals wiedersehen würden. Aber während sie noch über ihre weggeführten Kinder klagten, schenkte Gott ihnen ein Wort des Trostes. Es gab ihnen Hoffnung für ihre Zukunft, denn ihre Söhne würden wieder in ihre Heimat kommen . Gott würde dies veranlassen.

War die Ermordung der kleinen Kinder durch Herodes ( Mt 2,17-18 ) eine "Erfüllung" von Jer 31,15 ? Jeremia sprach von einer alttestamentlichen Wegführung von Kindern aus einer Stadt nördlich von Jerusalem. Matthäus nun benutzte diese Stelle, um die neutestamentliche Ermordung von Kindern in einer Stadt südlich von Jerusalem zu erläutern. Die Antwort auf diese Frage hängt mit dem Gebrauch des Wortes "erfüllt" ( plEroO ) zusammen. Matthäus benutzte dieses Wort zwar auch, um tatsächliche Erfüllungen einer alttestamentlichen Weissagung zu benennen (vgl. z. B. Mt 21,4-5 mit Sach 9,9 ), aber er verstand es auch in dem Sinne, daß das volle Maß von etwas erreicht war, das im Alten Testament bereits vorgezeichnet worden war (vgl. Mt 3,15; 5,17 ). In diesem letzteren Sinne besitzt das Wort "erfüllt" keine prophetische Bedeutung. Matthäus benutzte es in diesem Sinne, um den Mord in Bethlehem mit der Trauer in Rama zu verknüpfen. Durch Jer 31,15 wollte er die Traurigkeit der Mütter von Bethlehem deutlich machen. Der Schmerz jener Mütter von Rama, die zusehen mußten, wie ihre Söhne in die Gefangenschaft geführt wurden, erreichte sein volles Maß in den Schreien der Mütter von Bethlehem, die in ihren Armen die leblosen Körper ihrer kleinen Kinder hielten.

Jeremia beendete diesen Abschnitt mit einem Seufzer der Buße, den Israel bei seiner Rückkehr in sein Land ausstoßen würde. Israel war abgewichen, aber es würde umkehren ( Jer 31,19 ). Wenn es zu Gott zurückkehrte, würde es zuschanden und schamrot sein wegen seiner Sünde. Gott aber würde seine große Güte gegen das abtrünnige, aber nun umgekehrte Volk zeigen (vgl. Hos 2,16-23 ).



Jer 31,21-22


Gott rief die Gefangenen auf, während ihres Zuges nach Babylon überall Wegzeichen und Steinmale aufzurichten und sich die Straße zu merken, auf der sie gingen. Diese Informationen würden sie brauchen, wenn er sie befreite, damit sie wieder zu diesen Städten zurückkehren könnten. Diese Zeit der verheißenen Wiederbringung würde eine so große Bedeutung haben, daß es wäre, als würde Gott ein Neues im Lande schaffen . Dieses Neue wird sprichwörtlich ausgedrückt durch den Satz: Das Weib wird den Mann umgeben . Dies ist vermutlich der schwierigste Vers im ganzen Buch Jeremia. Eine der möglichen Erklärungen ist, daß eine Frau einen Mann suchen, um ihn werben würde. In jener Kultur war es undenkbar, daß eine Frau um einen Mann warb. Dies bedeutete also etwas äußerst Ungewöhnliches. Mit der Frau war Israel gemeint (V. 21 ). Sie war abtrünnig gewesen, aber in Zukunft würde sie ihren Gott suchen und darum bitten, mit ihm vereint zu sein.



Jer 31,23-26


(2) Die nationale Wiederherstellung Judas ( Jer 31,23-26 )

Wenn Gott das Volk Israel wiederherstellt, wird er auch das Geschick Judas wenden. Die Menschen, die im Lande Juda wohnen, werden wieder Gottes Segen über Jerusalem (Gottes Wohnung der Gerechtigkeit ) und das Tempelgebiet (hier heiliger Berg genannt; vgl. Ps 2,6; 43,3; Jes 66,20 ) erbitten. Das Land selbst wird wieder bevölkert werden, und Gott wird allen Mangel ausgleichen.



Jer 31,27-30


(3) Die Errichtung eines neuen Verhältnisses zu Israel und Juda ( Jer 31,27-40 )

Der Rest dieses Kapitels handelt von einer neuen Beziehung, die Gott zu seinem Volk herstellen wird. Jeremia benutzte für jeden der drei Abschnitte, die zusammen eine Einheit bilden, den gleichen hebräischen Ausdruck. Jeder Abschnitt beginnt mit hinnEh yAmIm bA?Im (wörtl.: "Siehe, Tage kommen", V. 27.31.38 ; vgl. die Anmerkungen zu Jer 33,14 ). Beim dritten Mal fehlt das Wort "kommen", aber Jeremia erwartete offensichtlich, daß der Leser es voraussetzte. Drei Aspekte des neuen Verhältnisses zwischen dem Herrn und seinem Volk werden in diesen drei Abschnitten deutlich.

Gott wird für sein Bundesvolk einen neuen Auftrag schaffen. In diesem neuen Zeitalter wird Gott die Völker von Israel und Juda besäen mit Menschen und mit Vieh . Wieder benutzte Jeremia Bilder aus der Landwirtschaft und vom Häuserbauen, um Gottes Werk deutlich zu machen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 1,10 ). Gott hatte Juda für seine Sünde gerichtet. Aber nun würde er dieses Gericht umkehren.

Dieses Handeln Gottes an seinem Volk würde ein Sprichwort widerlegen, das in den Tagen Jeremias sehr bekannt war (vgl. die Anmerkungen zu Hes 18,2-4 ). Diejenigen, die sich in Jeremias Tagen dem Gericht Gottes gegenübersahen, meinten, daß sie ungerechtfertigterweise für die Sünden ihrer Vorväter bestraft würden. Die Väter hatten saure Trauben gegessen , aber die Kinder mußten die Folgen tragen; ihre Zähne waren stumpf geworden . Dieses Sprichwort war falsch, denn es stellte Gott als ungerecht dar. Gottes Gerechtigkeit würde dafür sorgen, daß jeder Schuldige nur um seiner Schuld willen sterben würde.

 

Jer 31,31-37


Neben dem neuen Anfang versprach Gott, einen neuen Bund mit seinem Volk zu schließen. Dieser neue Bund galt ausdrücklich für das Haus Israel (das Nordreich) und das Haus Juda (das Südreich). Er würde nicht wie der Bund sein, den Gott mit den Vätern Israels bei deren Auszug aus Ägypten geschlossen hatte, denn diesen Bund hatten die Menschen gebrochen (vgl. Jer 11,1-8 ). Der frühere Bund, auf den Gott sich bezog, war der mosaische Bund, der in 2. bis 5.Mose beschrieben wird. Zweimal hatte Gott darin eine Reihe von Bestrafungen oder "Flüchen" genannt, die über jene kommen würden, die dieses Gesetz brachen ( 3Mo 26; 5Mo 28 ). Das letzte der Gerichte würde eine physische Wegführung aus dem Land Israel sein. Mit der Zerstörung Jerusalems im Jahre 586 V. Chr. hatte sich dieser letzte "Fluch" erfüllt. Gott hatte den Menschen einen heiligen Maßstab für ihr Verhalten gegeben, aber wegen ihrer sündigen Herzen konnten sie diesem Maßstab nicht gerecht werden. Eine Veränderung war notwendig.

Gottes neuer Bund würde zu einer Verinnerlichung seines Gesetzes führen. Er würde sein Gesetz in ihr Herz und in ihren Sinn schreiben , nicht nur auf steinerne Tafeln ( 2Mo 34,1 ). Es würde dann nicht mehr nötig sein, die Menschen zu ermahnen, den Herrn zu erkennen, denn sie würden ihn alle erkennen (vgl. Jes 11,9; Hab 2,14 ). Gottes neuer Bund würde Israel die innere Fähigkeit geben, seinem Maßstab der Gerechtigkeit zu entsprechen und so seinen Segen zu erfahren. Hesekiel zeigte, daß diese Veränderung dadurch zustandekommen würde, daß Gott seinen Heiligen Geist über jene Gläubigen brachte (vgl. Hes 36,24-32 ). Zur Zeit des Alten Testamentes wohnte der Heilige Geist nicht in allen Gläubigen. Ein entscheidender Aspekt des Neuen Bundes sollte also die Innewohnung des Heiligen Geistes in allen Gläubigen sein (vgl. Joe 2,28-32 ).

Ein zweiter Aspekt des neuen Bundes würde Gottes Umgang mit der Sünde sein. Die Sünden der Menschen führten zu den Flüchen des Alten Bundes. Ein Bestandteil des Neuen Bundes dagegen sollte sein, daß Gott den Israeliten ihre Missetat vergeben und an ihre Sünde nimmermehr gedenken würde. Wie aber konnte ein heiliger Gott über die Sünde hinwegsehen? Die Antwort darauf lautet, daß Gott die Sünde nicht "übersah" - die Strafe für die Sünde wurde vielmehr durch einen

Stellvertreter bezahlt (vgl. Jes 53,4-6 ). Bei der Einsetzung des Abendmahles verkündete Jesus, daß der neue Bund durch das Vergießen seines Blutes eingesetzt werde (vgl. Mt 26,27-28; Lk 22,20 ). Die Vergebung der Sünde war nur deshalb ein Teil des neuen Bundes, weil Gott einen Stellvertreter schickte, der die Strafe für die Sünde der Menschen trug.

Um die Beständigkeit Israels aufgrund des neuen Bundes zu unterstreichen, verglich Jeremia dessen Existenz mit der des Himmels und der Erde. So wie Gott die Sonne eingesetzt hatte, um am Tage zu scheinen, und den Mond und die Sterne der Nacht gegeben hatte (vgl. 1Mo 1,14-19 ), so hatte er Israel zu seinem auserwählten Volk berufen. Um Israel dazu zu bringen, aufzuhören, ein Volk zu sein vor Gott, wäre eine Kraftanstrengung nötig, als wollte man diese Ordnungen der Natur ins Wanken bringen. Die gleiche Macht, durch die Gott das Universum schuf, hat auch Israel als Volk erhalten. Während der gesamten Geschichte haben Menschen vergeblich versucht, Israel zu zerstören. Aber es ist ihnen nicht gelungen - und wird ihnen nie gelingen.

Welchen Platz hat die Gemeinde in diesem neuen Bund? Ist dieser Bund heute in der Gemeinde erfüllt? Der neue Bund wird seine letzte Erfüllung während des Tausendjährigen Reiches finden, wenn Israel zu seinem Gott zurückkehren wird. Der neue Bund wurde ebenso mit Israel geschlossen ( Jer 31,31.33 ) wie der mosaische Bund (V. 32 ). Eines der Schlüsselelemente dieses neuen Bundes ist die Bewahrung Israels als Volk (V. 35 - 37 ). Aber wenn auch die letzte Erfüllung dieses Bundes noch auf die Errichtung der tausendjährigen Herrschaft Christi wartet, hat doch die Gemeinde bereits heute an einigen Segnungen dieses Bundes teil. Dieser Bund wurde durch den Tod Christi eingesetzt ( Mt 26,27-28; Lk 22,20 ), und die Gemeinde nimmt durch ihre Einheit mit Christus an vielen der Segnungen teil, die Israel versprochen worden sind (vgl. Röm 11,11-27; Eph 2,11-22 ). Sie gehört in diesen neuen Bund hinein ( 2Kor 3,6; Hebr 8,6-13; 9,15; 15,22-24 ). Aber wenn auch die Gemeinde am neuen Bund teilhat, so bedeutet dies noch nicht die eigentliche Erfüllung der Verheißungen Gottes. Obwohl die Gläubigen heute die geistlichen Segnungen des neuen Bundes erfahren (Vergebung der Sünden und Innewohnung des Heiligen Geistes), heißt dies nicht , daß Israel nicht eines Tages die geistlichen und die physischen Segnungen erfahren wird. Vorher muß jedoch der Tag kommen, an dem Israel seine Sünde erkennen, zum Messias umkehren und bei ihm Vergebung suchen wird ( Sach 12,10-13,1 ). Einige Ausleger vertreten eine etwas andere Auffassung. Sie sehen einen Bund (den Bund der Gnade), den Gott im Tausendjährigen Reich auf Israel anwenden wird und der heute für die Gemeinde gilt. In beiden Fällen wurde der neue Bund durch das Blut Christi möglich gemacht.

 

Jer 31,38-40


Der dritte Aspekt des neuen Verhältnisses zu Gott sollte die Errichtung einer neuen Stadt für sein Volk sein. Jerusalem, die Stadt, die Gottes Verhältnis zu seinem Volk symbolisierte, wurde durch Babylon zerstört. Aber noch vor diesem Ereignis verhieß Gott, daß die Stadt wieder aufgebaut werden würde. Der Turm Hananel war die nordöstliche Ecke der Stadt (vgl. Neh 3,1; 12,39; Sach 14,10 ), während das Ecktor vermutlich im Nordwesten zu finden war (vgl. 2Kö 14,13; 2Chr 26,9; Sach 14,10 ). Die Nordmauer würde also wieder aufgerichtet werden. Wo der Hügel Gareb und Goa zu suchen sind, ist unbekannt. Aber da Jer 31,38 die nördliche Grenze und Vers 40 die südliche und östliche Grenze beschreibt, könnten Gareb und Goa Eckpunkte der westlichen Grenze der Stadt gewesen sein. Vielleicht bezieht sich "Gareb" auf den Hügel im Westen des Tyropeon-Tales, der heute als Berg Zion bekannt ist. Die südwestliche und südliche Grenze wird das Tal sein, in das Leichen und Asche geworfen wurden. Diese Grenze würde sich bis zu der Ecke am Roßtor im südöstlichen Winkel der Stadt hinziehen, wo das Kidrontal und das Tal Hinnom zusammenliefen.

Zwei charakteristische Eigenschaften der neuen Stadt nannte Gott. Erstens würde sie dem HERRN heilig sein (vgl. Sach 14,20-21 ). Die Stadt und ihre Einwohner würden Gott gehören, der in ihrer Mitte wohnte ( Hes 48,35 ). Zweitens würde sie nie wieder eingerissen und abgebrochen werden. In dieser neuen Stadt würden Krieg und Elend keinen Platz haben. Diese Verse haben sich nicht erfüllt, als die babylonische Gefangenschaft zu Ende ging. Die nachexilische Zeit ließ sehr deutlich erkennen, daß Heiligkeit nicht das Hauptmerkmal der Menschen in Jerusalem und Juda war (vgl. Mal 1,6-14 ), und so wurde die Stadt im Jahre 70 n. Chr. erneut zerstört, diesmal von den Römern. Die Verheißungen in Jer 31,31-40 werden erst im Tausendjährigen Reich ihre Erfüllung finden.

 

2. Die Wiederherstellung Israels und Judas wird geschildert
( Jer 32 )


a. Die Illustration
( 32,1 - 12 )


(1) Die Umstände ( Jer 32,1-5 )



Jer 32,1-2


Jeremia beschrieb den zeitlichen Hintergrund, vor dem seine Weissagung gegeben wurde, weil dieser für die Botschaft selbst von Bedeutung war. Es war im zehnten Jahr Zedekias , welches auch das achtzehnte Jahr Nebukadnezars war. Das zehnte Jahr Zedekias endete am 17. Oktober 587 V. Chr. (wenn man den jüdischen Tischri-Tischri Kalender zugrundelegt), während das achtzehnte Jahr Nebukadnezars am 23. April 587 V. Chr. begann (nach dem babylonischen Nisan-Nisan Kalender). Die Weissagung erging also irgendwann zwischen dem 23. April und dem 17. Oktober 587 V. Chr. Während dieser Zeit belagerte das Heer von Babel Jerusalem - ein Aufstand, der vom 15. Januar 588 bis zum 18. Juli 586 V. Chr. andauerte - und Jeremia stand unter Arrest. Er war gefangen im Wachthof des Palastes.

 

Jer 32,3-5


Hier nun wird der Grund für diese Gefangenschaft Jeremias berichtet. Er war von Zedekia gefangengenommen worden, weil seine Weissagungen angeblich einen "verräterischen" Charakter hatten. Jeremia hatte vorausgesagt, daß Nebukadnezar Jerusalem und den König von Juda gefangennehmen werde. Zedekia werde in die Hände von Nebukadnezar gegeben und nach Babel gebracht werden. Von dem, was er gegen die Babylonier unternähme, werde nichts gelingen. Diese Aussagen Jeremias gefielen natürlich denen nicht, die gegen den Ansturm der Babylonier auszuhalten suchten.


Jer 32,6-9


(2) Der Landkauf ( Jer 32,6-12 )

In dieser schwierigen Lage bereitete Gott Jeremia auf einen bevorstehenden Besuch vor. Jeremias Vetter, Hanamel, der Sohn Schallums , würde Jeremia im Gefängnis besuchen und ihn bitten, seinen Acker in Anatot zu kaufen. Ein solches Tun entsprach dem mosaischen Gesetz, das vorschrieb, den Besitz eines Verwandten zu "lösen" (kaufen), damit er nicht aus dem Familienbesitz herausfiel ( 3Mo 25,25-28; Rt 4,1-6 ). Deshalb würde Hanamel Jeremia sagen, daß es sein Recht und seine Pflicht sei, ihn einzulösen . Vielleicht wollte Hanamel seinen Acker verkaufen, um Geld für Nahrung zu haben, die während der Belagerung knapp geworden war. Das Dorf Anatot stand jedoch bereits unter babylonischer Herrschaft. Ein solcher Kauf wäre also töricht. Wer würde ein Stück Land kaufen, das bereits in die Hände der Feinde gefallen war? Gott aber wies Jeremia schon vor Hanamels Ankunft an, diese Torheit zu begehen. Jeremia sollte Gottes Hand in dieser Angelegenheit spüren.

Als Hanamel schließlich kam, kaufte Jeremia den Acker für siebzehn Lot Silber (etwa 200 Gramm). Dies war eigentlich ein sehr niedriger Preis für ein Stück Land (vgl. 1Mo 23,12-16 ). Aber wir kennen die Größe des Ackers

nicht, und er stand ja auch seinem Käufer zu dieser Zeit überhaupt nicht zur Verfügung.



Jer 32,10-12


Den gesetzlichen Bestimmungen jener Zeit entsprechend schrieb und versiegelte Jeremia den Kaufbrief und ließ ihn durch Zeugen bestätigen, bevor er Hanamel bezahlte. Zwei Ausfertigungen des Kaufvertrages gab es. Das Original wurde versiegelt , indem man ein Stück Schnur darum band und dann in einen Tonklumpen, der auf diese Schnur gelegt wurde, das offizielle Siegel Jeremias eindrückte. Die Abschrift blieb unversiegelt, damit man sie später einsehen konnte. Beide Ausfertigungen des Kaufbriefes übergab Jeremia Baruch , seinem Schreiber und Freund (vgl. Jer 36,4.8.26 ).



b. Die Erklärung
( 32,13 - 15 )


Jer 32,13-15


Jeremia wies Baruch an, beide Dokumente zur Aufbewahrung in ein irdenes Gefäß zu legen . Die Dokumente sollten nach Möglichkeit lange erhalten bleiben , denn es würde viele Jahre dauern, bevor die Menschen wieder aus der Gefangenschaft zurückkehren und ihr Land beanspruchen könnten. Das eigentliche Ziel Jeremias bei diesem Landkauf und der Aufbewahrung der Kaufbriefe aber war, deutlich werden zu lassen, daß eine Zeit käme, in der das Volk Israel in seinem Lande wieder Häuser, Äcker und Weinberge kaufen würde.



c. Das Gebet Jeremias
( 32,16 - 25 )


(1) Sein Lob der Größe Gottes ( Jer 32,16-23 )



Jer 32,16-19


Jeremia begann sein Gebet, indem er von der unvergleichlichen Größe und Majestät des Wesens Gottes sprach. Die Schöpfung von Himmel und Erde beweist, daß kein Ding vor ihm unmöglich ist (vgl. V. 27 ). Er ist allmächtig, und er ist auch der Gott der Liebe und Gerechtigkeit. Er zeigt seine Gnade ( HeseD ; vgl. Jer 9,24; 31,3 ) vielen, aber er bestraft auch die Sünde (vgl. 2Mo 20,5; 34,7; 4Mo 14,18; 5Mo 5,9-10 ). Aufgrund seiner Allwissenheit kennt Gott alle Wege der Menschen . Nichts entgeht seiner Aufmerksamkeit. Deshalb kann er auch einem jeden nach der Frucht seines Tuns geben .



Jer 32,20-23


Gottes Wesen wurde auch durch seine Taten im Verlauf der Geschichte Israels offenbar. Von der Zeit des Exodus an waren Gottes Zeichen und Wunder (vgl. 5Mo 4,34; 26,8; 29,3; 34,11 ) beständig für Israel geschehen. Gott hatte seine treue Liebe bewiesen, als er Israel aus Ägyptenland geführt und ihm das Land gegeben hatte, das er ihm verheißen hatte. Aber nachdem Israel das Land in Besitz genommen hatte, wollte es Gottes Gesetz nicht mehr folgen. Es brach den Bund mit ihm. Gott mußte seine Macht und Gerechtigkeit zeigen, indem er dem Volk das Unheil seines Fluches (zu dem auch feindliche Invasionen und die Wegführung in fremde Länder gehörten) widerfahren ließ (vgl. 3Mo 26,14-39; 5Mo 28,15-68 ).



Jer 32,24-25


(2) Sein Erstaunen über Gottes Verheißung ( Jer 32,24-25 )

Nachdem Jeremia von Gottes großen Taten und seinem Wesen gesprochen hatte, erwähnte er nun seine Verwirrung über Gottes Tun. Im Lichte der Verse 17 - 23 scheint es kaum vorstellbar, daß Jeremia an Gottes Fähigkeit zur Wiederherstellung seines Volkes zweifelte. Vermutlich drückte er in den Versen 24 - 25 eher sein Erstaunen über das Wie dieser Wiederherstellung aus, als daß er daran zweifelte, ob Gott es schaffen würde, sein Versprechen einzulösen.

Babylons Belagerungsrampen waren bereits gegen Jerusalem aufgerichtet, und das Schicksal der Stadt war besiegelt. Jerusalem würde in die Hände der Chaldäer (d. h. der Babylonier) gegeben werden. (Zu Schwert, Hunger und Pest vgl. Vers 36 und die Anmerkungen zu Jer 14,12 .) Alles, was Gott durch seine Propheten vorausgesagt hatte, war geschehen. Aber jetzt, als die babylonische Armee bereitstand, um Jerusalem in Schutt und Asche zu legen, ließ Gott Jeremia einen Acker kaufen, der bereits im babylonischen Herrschaftsgebiet lag ( Jer 32,6-12 ). Jeremia verstand nicht, wie Gottes verheißene Wiederherstellung mit Judas derzeitiger Notlage zu vereinbaren war.


d. Die Antwort des Herrn
( 32,26 - 44 )


(1) Die Stadt wird vernichtet werden ( Jer 32,26-35 )



Jer 32,26-29


Gott antwortete Jeremia, indem er ihn zunächst an sein Wesen erinnerte. Wie Jeremia bereits erkannt hatte, war nichts unmöglich für Gott (vgl. V. 17 ). Jeremia konnte sich auf Gottes Wort auch dann noch verlassen, wenn er nicht verstand, auf welche Weise es Wirklichkeit werden konnte. Nebukadnezar würde tatsächlich Jerusalem zerstören. Er würde es in Brand stecken und verbrennen (vgl. Jer 21,10; 34,2.22; 37,8.10; 38,18.23 ), weil die Menschen Götzendienst betrieben hatten (vgl. Jer 19,13 ).



Jer 32,30-35


Bosheit hatte Israel und Juda von ihrer Jugend auf charakterisiert - sie war ein uraltes Problem. Die Israeliten hatten Gott durch ihre gottlosen Taten herausgefordert. Geistlich hatten sie Gott den Rücken zugekehrt und es abgelehnt, zu hören oder sich zu bessern. Der Tempel war mit greulichen Götzen verunreinigt (vgl. Jer 7,30; Hes 8,3-16 ), und das Tal Ben-Hinnom war zu einem Schlachthaus geworden, wo die Menschen ihre Söhne und Töchter (vgl. die Anmerkungen zu Jer 7,31-32; 19,5-6 ) dem Moloch opferten. Gott würde Jerusalem wegen seiner Sünde zerstören.


Jer 32,36-41


(2) Die Stadt wird wieder aufgebaut werden ( Jer 32,36-44 )

Jerusalem würde Babel gegeben werden, so daß Schwert, Hunger und Pest ihre Aufgabe erfüllen konnten (vgl. V. 24 und die Anmerkungen zu Jer 14,12 ). Aber dieses furchtbare Geschehen bedeutete nicht das Ende des Bundesvolkes Gottes. Gott gab ihm mitten in seine Verzweiflung hinein Hoffnung. Erstens versprach er eine erneute Sammlung (vgl. Hes 37,1-14 ). Gott würde sein Volk aus allen Ländern sammeln , in die es weggeführt wurde, und er würde es wieder in das Land Israel bringen, wo es sicher wohnen würde (vgl. Jer 31,1-17 ). Zweitens versprach er einen ewigen Bund (vgl. Jer 31,31-34; Hes 36,24-32 ). Die Israeliten würden nicht nur in ihr Land zurückgebracht, sondern auch wieder mit ihrem Gott versöhnt werden ( sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein ; vgl. die Anmerkungen zu Jer 30,22 ). Mit einerlei Sinn würden sie dem Herrn folgen, der einen ewigen Bund mit ihnen schließen würde. "Ewiger Bund" ist eine andere Bezeichnung für den "neuen Bund" (vgl. die Anmerkungen zu Jer 31,31-34 ). Das Attribut "ewig" ( ZNlAm ) unterstreicht die Dauerhaftigkeit dieses Bundes. Zu jener Zeit würde Gott nicht ablassen, seinem Volk Gutes zu tun, und es würde nicht von ihm weichen.



Jer 32,42-44


Genauso wie Gott sein Wort gehalten und großes Unheil über die Menschen in Israel gebracht hatte ( 5Mo 28,15-68 ), würde er auch sein Wort halten und alles Gute bringen, das er ihnen zugesagt hatte ( 5Mo 30,1-10 ). Der Kauf des Ackers durch Jeremia ( Jer 32,1-15 ) war also ein symbolischer Akt, der zeigen sollte, daß man die Äcker wieder um Geld kaufen würde im ganzen Land Israel, weil Gott sein Geschick wenden würde (vgl. Jer 30,18; 33,11.26; 5Mo 30,3 ).

 

3. Die Wiederherstellung Israels und Judas wird bekräftigt
( Jer 33 )


Kapitel 33 beendet das "Buch des Trostes". Dieses Kapitel steht von seinem Aufbau und seiner zeitlichen Einordnung her mit Kapitel 32 in Zusammenhang. Jer 33,1-13 führt Gottes Verheißung des Segens fort und bestätigt sowohl die bevorstehende Zerstörung als auch die zukünftige Wiederherstellung Jerusalems. Anschließend wird berichtet, wie Gott seinen Bund mit David und den Leviten bekräftigte (V. 14 - 26 ).



a. Das nahende Gericht und die zukünftige Wiederherstellung
( Jer 33,1-13 )


(1) Das Gericht ( Jer 33,1-5 )



Jer 33,1-3


Kapitel 33 schließt sich eng an die Botschaft in Kapitel 32 an, denn Jeremia war immer noch im Wachthof gefangen (vgl. Jer 32,1-2 ). Erneute betont Gott seine Macht und sein Wesen gegenüber Jeremia. Er war der Gott, der alles macht, schafft und ausrichtet (vgl. Jer 32,17 ). Indem er Jeremia mitteilte, daß der HERR ( Yahweh ) sein Name sei, unterstrich Gott seine Bundestreue gegenüber seinem Volk (vgl. Jer 32,18; 2Mo 3,13-15 ). Jeremia verstand nicht, wie Gott ein Volk wiederherstellen konnte, das für den Untergang bestimmt war (vgl. Jer 32,24-25 ). Deshalb sagte Gott dem Propheten, daß er zu ihm rufen solle, um von ihm eine Erklärung zu erhalten. Gott versprach, zu antworten und große und unfaßbare Dinge zu offenbaren. Das Wort für "unfaßbar" ( b+=QVrNT ) bezeichnet etwas, das unerreichbar gemacht worden ist, indem man es befestigt oder eingeschlossen hat. Es wird auch für befestigte Städte benutzt (vgl. 4Mo 13,28; 5Mo 3,5; 28,52; Hes 21,20 ). Gottes Pläne für die Zukunft sind für die Menschen nicht erreichbar. Nur Gott kann die Geheimnisse der Zukunft enthüllen, und er bot Jeremia diese Kenntnis an. Gott würde Jeremia "Dinge" über die Zukunft Israels mitteilen, von denen der Prophet nichts wußte oder verstand.

 

Jer 33,4-5


Die erste dieser Offenbarungen handelte von dem bevorstehenden Untergang Jerusalems. Wenn die babylonische Belagerung die äußeren Verteidigungsringe Jerusalems überwunden hatte, würde man die Häuser von Jerusalem und den Palast der Könige Judas niederreißen, um Holz und Steine für die Stärkung der Mauern gegen die Belagerungsrampen der Feinde zu besitzen. Durch diese verzweifelte Unternehmung würde man die babylonischen Soldaten daran zu hindern versuchen, die Mauern zu durchbrechen und in die Stadt zu gelangen.

Gott verkündete, daß die schwachen Versuche Jerusalems, seine Verteidigung zu stärken, vergeblich wären. Die zum Teil bereits abgerissenen Häuser würden mit den Leichnamen derer gefüllt sein, die von den Babyloniern erschlagen würden. Gott würde sein Angesicht vor der Stadt verbergen und sie nicht vor der Vernichtung bewahren (vgl. Jer 18,17; Hes 4,1-3 ). Jerusalem mußte wegen seiner ganzen Missetat zerstört werden.


Jer 33,6-9


(2) Die Wiederherstellung ( Jer 33,6-13 )

Die Erklärung für den scheinbaren Widerspruch zwischen den Weissagungen des Gerichtes und des Segens Gottes liegt in der zeitlichen Begrenzung des Gerichts. Nach der Zeit des Gerichtes würde Gott eines Tages seine Stadt und sein Volk heilen und gesund machen . Gott sprach zu Jeremia über drei Elemente dieses Segens. Erstens würde der Segen zur Wiederherstellung des Landes führen (vgl. Jer 31,8-11; 32,37 ). Gott würde Juda und Israel aus der Gefangenschaft zurückbringen. Zweitens würde der Segen Gottes zu einer Erneuerung des Verhältnisses zu Gott führen (vgl. Jer 31,31-34; 32,38-40 ). Gott würde das Volk reinigen von aller seiner Missetat und ihm seine Auflehnung vergeben. Drittens würde der Segen Gottes Jerusalem einen besonderen Platz unter den Völkern zuweisen (vgl. Jer 31,10-14 ): Jerusalem würde Gott unter allen Völkern der Welt Ruhm, Wonne, Preis und Ehre bringen. Die Völker würden sich entsetzen, wenn sie all das Gute und das Heil (vgl. Jer 33,6 ) sehen, das Gott seinem Volk schenkt.



Jer 33,10-13


Gott machte den Gegensatz zwischen dem drohenden Gericht und dem zukünftigen Segen noch deutlicher, indem er zwei Bilder der bevorstehenden Veränderungen zeichnete. Beide Bilder beginnen mit einem ähnlich lautenden Ausdruck (V. 10.12 ): So spricht der HERR (oder HERR Zebaoth ). In beiden Bildern ist die Beschreibung der Zeit Jeremias ähnlich (vgl. V. 10.12 ). Jerusalem wird als wüst und ohne Menschen und Vieh bezeichnet. Zwar war die Belagerung noch nicht abgeschlossen, aber der Untergang Jerusalems war so sicher, daß Gott ihn als bereits geschehen betrachtete. An diesem Punkt verändern sich die beiden Bilder. In Jer33,10-11 werden die Fröhlichkeit und Freude beschrieben, die wieder in Jerusalem und Juda einkehren würden, und in den Versen 12 - 13 ist von dem Frieden und Wohlstand die Rede, die Juda erneut kennzeichnen würden.

Die Gassen Jerusalems, die nach der Zerstörung durch Babylon verwüstet waren (vgl. Kl 1,1-4 ), würden erneut mit dem Jubel der Freude und Wonne erfüllt sein. Dieser fröhliche Lärm wäre wie die Stimme des Bräutigams und der Braut bei ihrer Hochzeit (vgl. Jer 7,34;16,9;25,10 ) und die Stimme der Gottesdienstbesucher, die ihre Dankopfer bringen zum Hause des HERRN (vgl. Ps 100,1-2.4 ). Das Lied, das nach Jeremia von diesen Gottesdienstteilnehmern gesungen würde, erinnert an den Refrain mehrerer Psalmen (vgl. Ps 100,5;106,1;107,1;136,1-3 ). Wenn Gott das Geschick Judas wendete, würde Freude herrschen (vgl. Jer 30,18;32,44;33,26; 5Mo 30,3 ).

Auch die anderen Städte Judas, die Babylon zerstören würde, würden Frieden und Wohlstand erleben. Gott würde wieder für sichere Weiden für die Herden sorgen. Dieser Friede würde sich von Jerusalem bis an das Gebirge von Juda im Osten, das Hügelland der Schefela im Westen, den Negev im Süden und das Gebiet von Benjamin im Norden erstrecken (vgl. Jer 17,26 ).

Im ganzen Land würden wieder die Herden gezählt aus- und einziehen , d. h., die Hirten würden ihre Schafe zählen, um sicher zu sein, daß keines von ihnen fehlte. Es könnte sein, daß Jeremia hier Hirten und Herden als Bilder für die Führer Israels und das Volk benutzte. Er hatte die Führer ja bereits mit den Schafhirten verglichen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 23,3;31,10 ). Auch um seine Botschaft des gerechten Sprosses Davids zu verkünden ( Jer 23,1-6 ), die ja auch der Inhalt von Jer 33,14-26 ist, hatte er dieses Bild verwendet.



b. Der Bund mit David und den levitischen Priestern
( 33,14 - 26 )


(1) Die Bünde ( Jer 33,14-18 )



Jer 33,14-16


Der zweite Teil dieses Kapitels wird mit den Worten es kommt die Zeit ( hinnEh yAmIm bA?Im ; wörtlich "die Tage kommen") eingeleitet. Jeremia benutzt diesen Ausdruck in seinem Buch 16mal. In negativer Bedeutung spricht er von der kommenden Zerstörung Judas und der umliegenden Völker (vgl. Jer 7,32;9,25; 9,6;48,12;49,2;51,47.52 ). An den übrigen neun Stellen weist er auf eine zukünftige Zeit des Segens für Israel hin, in der (a) das Volk wieder aus der Gefangenschaft befreit ist ( Jer 16,14-15; 23,7-8; 30,3 ), (b) der gerechte Sproß Davids über das vereinte Königreich herrscht ( Jer 23,5-6; 33,14-15 ), (c) das Volk Frieden und Wohlstand im Land erlebt ( Jer 31,27-28; 33,14.16 ), (d) der neue Bund mit seiner Reinigung von der Sünde eingesetzt ist ("Die Zeit kommt"; Jer 31,31-34 ) und (e) die Stadt Jerusalem als heilige Stadt, die niemals wieder zerstört wird, wiedererbaut ist ( Jer 31,38-40 ). Diese Verheißungen gehen weit über das hinaus, was Israel in seiner langen Geschichte erlebt hat. Sie werden erst im Tausendjährigen Reich wirklich erfüllt werden, wenn das Königtum des Messias errichtet ist. Dann wird Gott das gnädige Wort erfüllen, das er zu Israel und Juda geredet hat.

Der erste Aspekt dieser Erfüllung ist die Wiederherstellung der Monarchie (vgl. Jer 23,5 ). Den gerechten Sproß , der aus der Linie Davids ausgehen wird, wird Gott als König über das Volk setzen. Diese Weissagung deutet auf Jesus Christus hin, der aus der Linie Davids stammt und dem der Thron Davids gehört (vgl. Lk 1,31-33 ).

Der zweite Aspekt der Erfüllung wird die Wiederherstellung Jerusalems als Wohnort Gottes sein. Diese Stadt, die von Babylon zerstört wurde ( Jer 33,4-5 ), wird eines Tages sicher wohnen . Diesen Vers finden wir zwar auch in Jer 23,6 ,aber Jeremia hat ihn hier abgeändert und ihm eine neue Bedeutung gegeben. In 23,6 sah Jeremia diese Sicherheit für Israel und Juda durch das Amt des Messias gewährleistet, der "der Herr, unsere Gerechtigkeit" genannt würde. Durch die Veränderung von "Israel" zu "Jerusalem" und der Präposition "ihn" zu "es" ( lAh ; wörtl: "zu ihr") hat Jeremia den Titel der HERR, unsere Gerechtigkeit auf die Stadt Jerusalem statt auf den Messias angewendet. Die Stadt selbst würde die gleichen Wesenszüge annehmen wie der Herr, der in ihr wohnen wird (vgl. Hes 48,35 ).

Es ist interessant, daß Jeremia den königlichen ( Jer 33,15 ) und den religiösen (V. 16 ) Aspekt der Wiederherstellung Gottes herausgegriffen hat. Beide sind für die Existenz Israels als Gottes Bundesgemeinschaft von entscheidender Bedeutung.



Jer 33,17-18


Um die Wichtigkeit dieser beiden Elemente zu betonen, wird Gott seine Bünde mit der davidischen Familie und mit den levitischen Priestern erneuern. Als erstes wird der Bund Gottes mit David erwähnt (vgl. 1Sam 7,8-16; 1Chr 17,4-14 ). Gott versprach, David würde es niemals fehlen an einem, der auf dem Thron des Hauses Israel sitzt . Manche Theologen halten diese Aussage für falsch, denn im Jahre 586 V. Chr., als Jerusalem fiel, endete das davidische Königtum. Aber Gott hatte keine ununterbrochene Königsherrschaft versprochen, sondern eine ununterbrochene Linie von Nachkommen Davids, die auf diesem Thron sitzen würden, wenn er errichtet war. Davids Linie würde nicht unterbrochen werden, bis der gerechte Sproß käme, um seinen Thron zu beanspruchen (vgl. Lk 1,31-33 ). Die Geschlechtsregister von Matthäus und Lukas zeigen, daß diese Verheißung erfüllt wurde, denn Christus konnte sowohl seine gesetzliche als auch seine physische Abstammungslinie (über Josef bzw. über Maria) auf David zurückführen ( Mt 1,1-16; Lk 3,23-31 ).

Der zweite Bund, der erwähnt wird, ist Gottes Bund mit den levitischen Priestern . Dieser Bund bestand in Gottes Versprechen, daß es den Leviten niemals an einem fehlen würde, der vor ihnen stünde, um Brandopfer, Speiseopfer und Schlachtopfer darzubringen. Auch hier lautete die Verheißung nicht, daß die Opfer ohne Unterbrechung dargebracht würden, denn sie hörten 586 V. Chr. auf und wurden erst 537 V. Chr. wieder aufgenommen (vgl. Esr 3,1-6 ). Gott versprach vielmehr, daß die levitische Priesterschaft nicht ausgelöscht werden würde. Er bezog sich auf die Verheißung, die er Pinhas gegeben hatte ( 4Mo 25,12-13 ). Weder das Königtum noch die Priesterschaft würden also generell verworfen werden.



Jer 33,19-22


(2) Die Bestätigung ( Jer 33,19-26 )

Nur wenn der Mensch Gottes Bund mit Tag und Nacht brechen könnte (vgl. 1Mo 1,14-19 ), könnte er auch seinen Bund mit David und mit den Leviten brechen. Gottes Bund mit diesen beiden Gruppen wäre also genauso fest wie die Naturordnungen des Universums. Kein Sterblicher würde ihn auflösen können. Das Wort für "Bund" ( b+rIT ) bezieht sich auf einen Vertrag oder eine Übereinkunft, der/die zwischen Einzelnen oder Gruppen geschlossen wird und beide Seiten zu einem ganz bestimmten Verhältnis oder Verhalten verpflichtet. Gott hatte versprochen, die königliche Linie Davids ( 2Sam 7,8-16 ) und die priesterliche Linie von Pinhas ( 4Mo 25,12-13 ) zu erhalten, und er würde seinen Schwur nicht brechen. Gott hatte verheißen, diese beiden Linien zu segnen, so daß ihre Nachkommen so zahlreich würden wie die Sterne ( des Himmels Heer ) und der Sand .



Jer 33,23-26


Gottes zweite Zusicherung (vgl. V. 19 - 22 ) an Jeremia kam aufgrund äußerer Zweifel und Zurückweisung. Die Gruppe, um die es ging ( diese Leute ), wird nicht näher bezeichnet - es können zweifelnde Israeliten oder heidnische Nachbarn Israels gewesen sein. Wer sie auch waren, "diese Leute" behaupteten, daß Gott die beiden Geschlechter ( miSpAHNT ; wörtl.: "Familien", "Sippen"; vgl. Jer 31,1 ) so sehr verworfen habe, daß er sie nicht mehr als ein Volk betrachtete. Sie meinten, daß Israels und Judas Sünde alle Bundesverheißungen Gottes zunichte gemacht hätte, so daß Gott nicht länger daran gebunden sei.

Gott antwortete auf diese Behauptung, indem er seine Bindung an seine Bundesverheißungen erneut bekräftigte. Die Bünde mit Abraham und David hingen nicht vom Gehorsam der Menschen ab, sondern von Gottes Wesen. Sie waren ebenso sicher wie sein Bund mit Tag und Nacht und so unwandelbar wie die Ordnungen des Himmels und der Erde . Nur wenn diese Naturgesetze rückgängig gemacht werden könnten, würde Gott auch Jakobs und Davids Nachkommen verwerfen. Die Erwähnung Abrahams, Isaaks und Jakobs erinnert an Gottes Bundesverheißungen an diese Patriarchen bezüglich seiner Erwählung Israels (vgl. 1Mo 15,7-21; 17,1-8; 26,1-6; 28,10-15 ). Gott hatte sich an seine Verheißungen gebunden und würde das Geschick des Volkes wenden (vgl. Jer 30,18;32,44; 33,11; 5Mo 30,3 ) und sich über es erbarmen. Das entscheidende Argument für die zukünftige Wiederherstellung Israels als Volk war der Charakter Gottes. Er hatte mehrere Bünde mit den Patriarchen, David und den Leviten geschlossen. Sein Wesen verlangte die vollkommene Erfüllung dieser Verheißungen an das Volk.



D. Die gegenwärtige Katastrophe Judas
( Jer 34-45 )


Nachdem Jeremia die zukünftige Hoffnung Judas beschrieben hatte ( Jer 30-33 ), kam er auf das gegenwärtige Gericht zu sprechen. Der Zusammenbruch des Königreiches, den er vorausgesagt hatte ( Jer 2-29 ), würde nun erfolgen. In den Kap. 34 - 36 wird das Thema der Verwerfung fortgeführt, das in 26 - 29 beginnt. Das Gericht würde ganz sicher kommen, weil die Menschen Gottes Warnung verworfen hatten. Die Kapitel 37 - 45 sind chronologisch angeordnet und beschreiben die Ereignisse, die während und nach der Eroberung Jerusalems durch das babylonische Weltreich stattfanden.



1. Vor dem Untergang
( Jer 34-36 )


a. Die Unbeständigkeit der Menschen
( Jer 34 )


(1) Die Warnung an Zedekia ( Jer 34,1-7 )



Jer 34,1-3


Als Nebukadnezar mit seinem Heer gegen Jerusalem kämpfte, gab Gott Jeremia eine Botschaft für König Zedekia. Er verkündete, daß Zedekias Rebellion gegen Babylon keinen Erfolg haben werde. Gott hatte bereits bestimmt, die Stadt in die Hände der Babylonier zu geben, die sie verbrennen würden (vgl. V. 22 ; Jer 32,29; 37,8.10; 38,18.23 ). Auch wenn Zedekia zu fliehen versuchte, würde er nicht entrinnen. Vielmehr würde Nebukadnezar ihn ergreifen lassen, ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen und ihn für seine Rebellion richten. Zur Strafe würde Zedekia als Gefangener nach Babel geführt werden. Alles, was Jeremia hier weissagte, sollte sich erfüllen (vgl. Jer 39,4-7; 52,7-11 ).


Jer 34,4-5


Inmitten des Gerichtes gab Gott eine Verheißung des Friedens. Wegen seiner Auflehnung hätte Zedekia durch Nebukadnezar hingerichtet werden können, aber Gott versprach, daß er nicht durchs Schwert sterben würde. Er würde im Frieden sterben und ein seiner Stellung angemessenes Begräbnis erhalten (anders als Jojakim; vgl. Jer 22,18-19 ). Die Menschen würden einen Brand anzünden, um Zedekia zu ehren und ihn zu beklagen.

Dies bedeutete keine Verbrennung des Toten, denn Israel und Juda verbrannten Leichname nicht, sondern begruben sie. Vielmehr handelte es sich um die Sitte, ein großes Feuer als Ehrung für einen toten König anzuzünden (vgl. 2Chr 16,14; 21,19 ).



Jer 34,6-7


Jeremia überbrachte seine Botschaft König Zedekia, als das Heer von Babel unaufhörlich Jerusalem und die beiden anderen befestigten Städte angriff, die noch in Juda übrig waren - Lachisch und Aseka . Alle übrigen jüdischen Städte waren bereits gefallen. Dieses hoffnungslose Bild der Situation Judas wird durch einen tragischen Brief verdeutlicht, den man in den Ruinen von Lachisch gefunden hat. Dieser Brief war an den Befehlshaber von Lachisch gerichtet und kam von einem Außenposten, der nahe genug bei Lachisch und Aseka stationiert war, um die Signalfeuer beider Städte zu beobachten. Offenbar war Aseka gerade gefallen, denn der Offizier schrieb: "Und möge mein Herr wissen, daß wir auf die Signale aus Lachisch achten, entsprechend all den Andeutungen, die mein Herr gegeben hat, denn wir können Aseka nicht mehr sehen" (Lachish Letter No. 4, James B. Pritchard, Hrg., Ancient Near Eastern Texts Relating to the Old Testament . 3. Aufl., Princeton, N.J.: Princeton University Press, 1969, S. 322).



Jer 34,8-11


(2) Die Warnung an die Menschen ( Jer 34,8-22 )

Jeremia deckte viele der sozialen Übel seiner Zeit auf. Eines davon war die Versklavung von Israeliten durch ihre eigenen Landsleute. Dies war ein klarer Verstoß gegen Gottes Gesetz (vgl. 2Mo 21,2-11; 3Mo 25,39-55; 5Mo 15,12-18 ). Vielleicht war es ein letzter, verzweifelter Versuch, Gottes Wohlwollen während der Belagerung durch die Babylonier wiederzugewinnen, daß der König die Freilassung der Sklaven verkündete. Ein jeder sollte seine hebräischen Sklaven freilassen , so wie Gottes Gesetz es vorschrieb.

Die Freiheit der Sklaven war jedoch nur von kurzer Dauer. Alle, die ihre Sklaven entließen, änderten sehr bald wieder ihre Meinung und versklavten sie erneut. Wodurch kam diese Sinnesänderung zustande? Jeremia stellte den Schlüssel für diese Frage an das Ende dieses Kapitels ( Jer 34,21-22 ). Nachdem die Menschen ihren Entschluß gefaßt und ihre Sklaven freigelassen hatten, unterbrach das babylonische Heer die Belagerung Jerusalems, um einen Angriff der Ägypter abzuwehren (vgl. Jer 37,4-13 ). Die Menschen hofften auf einen Sieg Ägyptens, der die babylonische Herrschaft von Juda abwenden würde. Doch nach der Zerstörung, die man erlitten hatte, brauchte man viele Sklaven, um die Städte und Dörfer wieder aufzubauen. Deshalb brachen die Menschen ihr Gott gegebenes Versprechen, sobald es so aussah, als würde das Leben sich wieder normalisieren.


Jer 34,12-16


Gott tadelte die Menschen wegen ihrer Unbeständigkeit und erinnerte sie an den Bund, den er mit ihren Vätern geschlossen hatte, als er sie aus ihrer Knechtschaft in Ägyptenland befreit hatte. Das Gesetz verlangte, daß alle hebräischen Sklaven in jedem siebten Jahr wieder freigelassen werden sollten. Kein Israelit sollte jemals wieder gegen seinen Willen zu einer lebenslangen Knechtschaft gezwungen werden. Aber leider gehorchten die Menschen Gottes Wort nicht. Nur infolge des babylonischen Angriffs bekehrten sie sich schließlich und taten, was Gott wohlgefiel, indem sie für ihre Landsleute die Freilassung verfügten. Als sie dann ihr Versprechen wieder rückgängig machten, entheiligten sie den Namen Gottes (seine Ehre), denn sie hatten ihr Versprechen im Tempel, vor Gott, gemacht.



Jer 34,17-20


Gottes Strafe war ihrer Sünde angemessen. Indem sie ihr Gelöbnis gebrochen hatten, hatten die Menschen keine Freilassung ausgerufen für jene Israeliten, die sie gegen Gottes Gesetz versklavt hatten. Deshalb würde Gott ihnen, so kündigte er voller Spott an, eine Freilassung gewähren für Schwert, Pest und Hunger (vgl. die Anmerkungen zu Jer 14,12 ).

Als die Menschen ihren Bund im Tempel geschlossen hatten (vgl. 34, 15), hatten sie ein Kalb in zwei Stücke geteilt und waren zwischen dessen Stücken hindurchgegangen , um ihre Übereinstimmung kundzutun. Indem sie zwischen den beiden Teilen des Tieres hindurchgingen, symbolisierten sie das Gericht, das über sie kommen sollte, wenn sie die Übereinkunft brechen würden. Sie sollten dann wie dieses Kalb in zwei Teile zertrennt werden. Es ist bedeutsam, daß nur Gott bei seinem Bund mit Abraham zwischen den Teilen des Tieres hindurchging (das Feuer vom Himmel ist ein Bild dafür; 1Mo 15,4-18 ; bes. V. 17 ), nicht jedoch Abraham. Der abrahamitische Bund beruht auf Gottes Wesen, nicht auf dem Gehorsam des Menschen.

Gott würde diejenigen, die den Bund gebrochen hatten, wie das Kalb behandeln, das sie geschlachtet hatten. Alle, die die Übereinkunft getroffen hatten, würden in die Hand ihrer Feinde gegeben werden. Wie die beiden Teile des Kalbes würden ihre Leichname auf dem Boden liegen den Vögeln und den Tieren zum Fraße (vgl. Jer 7,33; 15,3; 16,4; 19,7 ).



Jer 34,21-22


Zedekia und seine Oberen hätten eigentlich Vorbilder einer göttlichen Führung sein sollen, aber sie waren ebenso wankelmütig wie das Volk. Zwar waren die Babylonier von Jerusalem abgezogen, aber Gott würde ihnen befehlen, wieder vor diese Stadt zu kommen. Sie würden ihre Belagerung wieder aufnehmen und schließlich Jerusalem erobern und verbrennen (vgl. V. 2 ). Auch die anderen Städte würden zerstört werden, so daß das ganze Land wie eine Wüste wäre.

 

b. Der Gehorsam der Rechabiter
( Jer 35 )


(1) Die Treue der Rechabiter ( Jer 35,1-11 )



Jer 35,1-5


Diese Weissagung erging zur Zeit Jojakims (609 - 598 V. Chr.), also mindestens elf Jahre vor der Weissagung in Kapitel 34 . Jeremia fügte dieses Kapitel hier ein, um die Treue der Rechabiter der Untreue der Menschen in Juda gegenüberzustellen. Die Rechabiter waren eine Nomadensippe ( Jer 35,7-10 ), die von "Jonadab, dem Sohn Rechabs" (V. 6 ), abstammte. Jonadab hatte Jehu geholfen, den Baalsdienst aus Israel zu entfernen ( 2Kö 10,15-27 ). Die Rechabiter waren mit den Kenitern verwandt ( 1Chr 2,54-55 ), die von Moses Schwiegervater Jetro abstammten ( Ri 1,16 ). Offenbar zog Jonadab das Nomadendasein der seßhaften Lebensweise vor, und sein Lebenstil wurde zu einer festen Norm für seine Sippe ( Jer 35,6-10 ). Diese wanderte in der Wildnis des Negev umher ( Ri 1,16; 1Sam 15,6 ), wurde jedoch gezwungen, nach Jerusalem zu ziehen, als Nebukadnezar im Jahre 598 V. Chr. Juda bedrohte ( Jer 35,11 ).

Jeremia lud die Rechabiter und auch Jaasanja in eine der Hallen des Tempels ein. Diese Räume umgaben den Tempelhof und wurden für Zusammenkünfte, als Lagerräume und als Priesterwohnungen benutzt ( 1Kö 6,5; 1Chr 28,12; 2Chr 31,11; Neh 13,7-9 ). Der Raum, den Jeremia benutzte, war im Besitz der Söhne Hanans, des Sohnes Jigdaljas . Über Jigdalja wissen wir nichts, außer, daß er ein Mann Gottes war - ein Ausdruck, der oft benutzt wird, um einen Propheten zu beschreiben (vgl. 1Kö 12,22; 2Kö 1,9-13; 4,21-22 ). Der Raum lag an einer wichtigen Stelle, neben der Halle der Oberen und über der Halle Maasejas, des Sohnes Schallums, des Torhüters . Maaseja war einer der drei "Torhüter" des Tempels. Ganz offensichtlich war dies eine hohe Position, denn ihre Inhaber wurden von den Babyloniern zusammen mit den führenden Priestern zur Bestrafung ausgesondert (vgl. 2Kö 25,18-21; Jer 52,24-27 ). In diese erlesene Gesellschaft hinein führte Jeremia die rohen, nomadischen Rechabiter. Er setzte ihnen Krüge voll Wein und Schalen vor und forderte sie auf: Trinkt Wein!



Jer 35,6-11


Die Rechabiter jedoch lehnten es ab, den Wein zu trinken, denn

ihr Vater Jonadab hatte dies verboten. Jonadab hatte einen Lebensstil gewählt, der es seinen Nachkommen verbot, jemals Wein zu trinken . Auch durften sie kein Haus bauen, keinen Samen säen, keinen Weinberg pflanzen , d. h., sie durften sich nirgendwo niederlassen und Bauern werden. Vielmehr mußten sie ein einfaches Leben führen und in Zelten als Nomaden leben.

Jonadabs Nachkommen hatten alles befolgt, was er geboten hatte. Sie hatten niemals Wein getrunken oder Häuser gebaut, darin zu wohnen. Sie hatten weder Weinberge noch Äcker noch Samen. Nur weil Nebukadnezar gegen das Land heraufzog, waren sie überhaupt nach Jerusalem gekommen.

 

Jer 35,12-16


(2) Das Beispiel der Rechabiter ( Jer 35,12-17 )

Warum brachte Jeremia die Rechabiter in den Tempel und bot ihnen Wein an, wenn er doch wußte, daß sie ihn ablehnen würden? Er wollte auf diese Weise Juda eine Lektion erteilen. Die Rechabiter hielten sich beständig an ihres Vaters Gebot . Im krassen Gegensatz dazu stand das Verhalten der übrigen Bewohner Judas, die Gott beständig nicht gehorchten.



Jer 35,17


Die Rechabiter machten Judas Sünde sichtbar. Gott würde daher über Juda all das Unheil bringen, das er gegen es verkündet hatte. Mit diesem "Unheil" ist entweder der Fluch des Bundes gemeint (vgl. 3Mo 26,14-39; 5Mo 28,15-68 ) oder, was wahrscheinlicher ist, der Fall Judas und Jerusalems, den Jeremia vorausgesagt hatte (vgl. Jer 4,20; 6,19;11,11-12; 17,18 ). Die Israeliten würden bestraft werden, weil sie nicht auf Gottes Worte hören und Gott nicht antworten wollten.



Jer 35,18-19


(3) Der Lohn der Rechabiter ( Jer 35,18-19 )

Im Gegensatz zu dem treulosen Juda hatten die Rechabiter dem Gebot ihres Vaters Jonadab beständig gehorcht. Der Herr versprach, ihre Treue zu belohnen, und versicherte ihnen, daß es ihnen niemals an einem Manne fehlen würde, der vor Gott stand. Der Ausdruck ZOmED l+PAnay , "vor mir stehend", d. h. "mir dienend", wurde von jenen benutzt, die dem Herrn als Propheten ( 1Kö 17,1; Jer 15,19 ), König Salomo als Fürsten ( 1Kö 10,8 ) oder Gott als Priester im Tempel ( 5Mo 4,10; 10,8; 2Chr 29,11 ) dienten. Aber man muß daraus nicht unbedingt schließen, daß Gott den Rechabitern hier eine besondere Stellung im Gottesdienst innerhalb der Bundesgemeinschaft anbot. Der gleiche Ausdruck wird auch ganz allgemein für das Volk Israel benutzt, wenn es in der Stiftshütte oder im Tempel vor dem Herrn stand (vgl. 3Mo 9,5; 5Mo 4,10; Jer 7,10 ). Somit würde diese Zusage Gottes bedeuten, daß die Rechabiter immer Nachkommen haben würden, die dem Herrn dienen konnten. Es scheint bei diesem Versprechen Gottes eher um die Beständigkeit als um eine besondere Stellung gegangen zu sein.



c. Jojakim verbrennt die Schriftrolle
( Jer 36 )


(1) Die Schriftrolle wird geschrieben ( Jer 36,1-7 )



Jer 36,1-3


Die Ereignisse dieses Kapitels begannen im vierten Jahr Jojakims (605 - 604 V. Chr.; vgl. Jer 25,1 ). Gott befahl Jeremia, auf eine Schriftrolle alle Worte zu schreiben , die Gott ihm über Israel, Juda und alle Völker gegeben hatte, von der Zeit an, da Gott angefangen hatte, mit ihm zu reden, von der Zeit von Josia an (627 V. Chr.; vgl. Jer 1,2; Jer 25,3 ) bis zu diesem Tag. Dies war die erste offizielle Zusammenfassung der Reden Jeremias. Sie wurde bereits früher erwähnt ( Jer 25,13 ). (Vgl. die Tabelle "Datierung der Prophezeihungen Jeremias" in der Einführung .) Wenigstens noch zwei weitere Stadien der Zusammenfassung werden im Buch selbst erwähnt (vgl. Jer 36,32; 51,64 ).

Einer der Zwecke dieser Zusammenstellung der Weissagungen war, daß man sie so den Menschen vorlesen konnte. Dahinter stand die Hoffnung, daß Juda hören würde von all dem Unheil, das Gott angedroht hatte, und daß es sich von seinem bösen Wege abwenden würde. Wenn die Menschen umkehrten, dann - so versprach Gott - würde er ihnen ihre Schuld vergeben .



Jer 36,4-7


Jeremia ließ seinen Schreiber Baruch (vgl. Jer 32,12-16; 36,26 ) kommen und diktierte ihm alle Worte des HERRN . Wir wissen nicht, ob Jeremia diese Weissagungen aus dem Gedächtnis zitierte oder ob er sie bereits auf Rollen aufgeschrieben hatte und nun vorlas. Jedenfalls leitete Gott ihn bei dieser Zusammenfassung (vgl. Joh 14,25-26 ). Jeremia war es verwehrt, in den Tempel zu gehen - vermutlich, weil er hier seine unpopulären Reden gehalten hatte (vgl. Jer 7,1-15; 26,1-19 ). Deswegen sagte Jeremia nun Baruch, daß er an seiner Stelle in des HERRN Haus gehen solle . Baruch sollte am Fastentage hingehen. Vor dem Fall Jerusalems im Jahre 586 V. Chr. gab es keine fest eingerichteten Fastentage, sondern man rief sie in Zeiten der Not aus (vgl. Jer 36,9; 2Chr 20,3; Joe 1,14;2,15 ). Erst nach dem Fall Jerusalems wurden regelmäßige Fastentage eingeführt ( Sach 7,3.5; 8,19 ). Jeremia hoffte, daß das Volk, wenn Baruch ihm die Schriftrolle vorlesen würde, sich von seinen Sünden abkehren würde.


Jer 36,8-10


(2) Die Schriftrolle wird vorgelesen ( Jer 36,8-19 )

Es verging einige Zeit, ehe eine nationale Notlage die Führer des Volkes ein Fasten ausrufen ließ. Die Schriftrolle wurde im vierten Jahr Jojakims geschrieben (V. 1 ), aber erst im neunten Monat des fünften Jahres vorgelesen. Dies klingt wie ein Sprung von mindestens neun Monaten. Aber wenn man die hebräische Datierungsmethode zugrundelegt, könnte dieser Sprung wesentlich kürzer gewesen sein. Nehmen wir einmal an, daß Jeremia für die Datierung der Könige den Tischri (September/Oktober)-Tischri-Kalender benutzte (vgl. die Anmerkungen zu Jer 25,1 ). Dann hätte Jojakims viertes Jahr vom 7. Oktober (1. Tischri) 605 V. Chr. bis zum 25. September 604 V. Chr. gedauert (wegen des zugrundeliegenden Mondjahres nicht bis zum 6. Oktober), und sein fünftes Jahr hätte vom 26. September 604 V. Chr. bis zum 14. Oktober 603 V. Chr. gedauert (einschließlich eines Schaltmonats).

Wurde jedoch ein bestimmter Monat genannt, dann zählte man ihn immer nach dem Nisan (März/April)-Nisan-Kalender. Der "neunte Monat" war dann der neunte Monat von Nisan an gerechnet, der in das "fünfte Jahr" nach dem Tischri-Kalender fiel. Im fünften Jahr Jojakims dauerte der neunte Monat vom 24. November 604 V. Chr. bis zum 23. Dezember 604 V. Chr., was gerade drei Monate später war als das Ende des vierten Jahres Jojakims. (Eine ausführlichere Diskussion dieses chronologischen Problems finden wir bei Edwin R. Thiele, The Mysterious Numbers of the Hebrew Kings . Grand Rapids: Zondervan Publishing House, 1983; und bei Richard A. Parker und Waldo H. Dubberstein, Babylonian Chonology: 626 B.C.-A.D. 75. Providence R.I.: Brown University Press, 1956.) Dieses Datum ist deshalb von Bedeutung, weil die babylonischen Chroniken davon berichten, daß Nebukadnezar zu dieser Zeit in Palästina war und einen "großen Tribut" von den eroberten Völkern erhob. Im gleichen Monat, in dem das Fasten verordnet wurde, eroberte Nebukadnezar die Stadt Aschkelon und plünderte sie aus (vgl. Donald J. Wiseman, Chronicles of Chaldean Kings (626 - 556 V. Chr.) in the British Museum . London: Trustees of the British Museum, 1956, S. 69). Es kann sein, daß dieses Fasten ausgerufen wurde, weil man um eine Befreiung aus der harten Hand der Babylonier bitten wollte.

Baruch ging in die Halle Gemarjas, des Sohnes Schafans (vgl. die Tabelle "Die Nachkommen Schafans" zu Jer 26,24 ), die im oberen Vorhof des Tempels lag (vgl. Jer 26,10 ), bei dem neuen Tor am Hause des HERRN . Gemarja unterstützte, wie sein Bruder Ahikam, das Anliegen und die Botschaft Jeremias und erlaubte es Baruch, sein Zimmer zu benutzen und von hier aus dem

Volk, das sich im Vorhof des Tempels versammelt hatte, vorzulesen.



Jer 36,11-19


Gemarja blieb nicht in seinem Zimmer, während Baruch die Schriftrolle vorlas, aber sein Sohn Michaja hörte alle Worte . Michaja ging in des Königs Haus, um dort den Oberen über den Inhalt der Schriftrolle zu berichten. Hier waren Elischama, der Schreiber (vgl. V. 21 ), Delaja, der Sohn Schemajas (vgl. V. 25 ), und Elnatan, der Sohn Achbors (vgl. V. 25 ), versammelt. Elnatan, dessen Vater Achbor eine wichtige Rolle bei der Entdeckung des Gesetzes während der Regierungszeit Josias gespielt hatte ( 2Kö 22,12-14 ), fehlten die Qualitäten seines Vaters. Wenn er derselbe Elnatan ist, der in 2Kö 24,8 erwähnt wird, dann war König Jojakim sein Schwiegervater. Zwar bat Elnatan König Jojakim, die Schriftrolle nicht zu verbrennen ( Jer 36,25 ), aber er führte auch eine Gesandtschaft nach Ägypten an, die den Propheten Uria von dort nach Jerusalem zurückholen sollte, wo dieser dann hingerichtet wurde (vgl. Jer 26,20-23 ). Bei diesem Treffen waren außerdem noch Gemarja ( Jer 26,10.25 ) und Zedekia, der Sohn Hananjas, samt allen andern Oberen anwesend.

Als Michaja seinen Bericht gegeben hatte, sandten alle Oberen Jehudi zu Baruch, um ihn zu sich zu bitten. Nachdem Baruch gekommen war, baten sie ihn, sich zu setzen und ihnen die Rolle vorzulesen. Während seiner Lesung entsetzten die Oberen sich untereinander, denn sie erkannten, daß sie alle diese Worte dem König Jojakim mitteilen mußten. Sie fragten Baruch, wie die Schriftrolle geschrieben worden sei, und er erklärte, daß Jeremia ihm die Worte vorgesagt und er sie auf die Schriftrolle geschrieben habe.

Bevor das Treffen zu Ende ging, warnten die Anwesenden Baruch. Er und Jeremia sollten sich verstecken und niemand wissen lassen, wo sie sich befanden. Jojakims Verhalten gegenüber dem Propheten Uria zeigt die Weisheit dieses Rates (vgl. Jer 26,20-23 ).



Jer 36,20-22


(3) Die Schriftrolle wird verbrannt ( Jer 36,20-26 )

Baruchs Schriftrolle wurde in die Halle Elischamas gebracht, und die Oberen gingen hinein zum König und berichteten ihm von dem Vorfall. Jehudi wurde gesandt, um die Schriftrolle zu holen und sie dem König vorzulesen , während die Oberen zusahen. Jeremia betont noch einmal, daß dies sich im neunten Monat zutrug, denn dadurch wird der Zusammenhang deutlicher. Das Ereignis fand also zwischen dem 24. November und dem 23. Dezember 604 V. Chr statt. Das Wetter kann um diese Zeit in Jerusalem recht kalt sein, und so saß Jojakim im Winterhaus , das vermutlich nach Süden hin ausgerichtet war, um die Wintersonne auszunutzen. Vor ihm brannte ein Feuer in einem Kohlenbecken , einer Feuerschale, die für Wärme sorgte.


Jer 36,23-26


Die Schriftrolle war in senkrechte Spalten unterteilt. Immer wenn Jehudi drei oder vier Spalten gelesen hatte, unterbrach ihn Jojakim, schnitt diese Spalten mit einem Schreibmesser ab und warf sie ins Feuer , bis er schließlich die Schriftrolle ganz verbrannt hatte. Anders als sein frommer Vater Josia ( 2Kö 22,11-13 ) entsetzte sich Jojakim nicht vor Gottes Wort des Gerichtes, und weder er noch einer seiner Ratgeber zerriß seine Kleider als öffentliches Bekenntnis der Trauer oder Buße. Statt dessen befahl Jojakim, Baruch und Jeremia gefangenzunehmen. Aber da sie vom Herrn selbst verborgen worden waren, konnten die Männer des Königs sie nicht finden.


Jer 36,27-31


(4) Die Schriftrolle wird neu geschrieben ( Jer 36,27-32 )

Der Mensch kann eine Schriftrolle verbrennen, aber er kann das Wort Gottes nicht vernichten. Da Jojakim die erste Rolle verbrannt hatte, ließ Gott Jeremia auf eine neue Schriftrolle alle vorigen Worte schreiben. Aber er sollte noch ein zusätzliches Wort für König Jojakim beifügen. Weil dieser die Schriftrolle verbrannt und sich geweigert hatte, auf Gottes Warnungen vor dem König von Babel zu hören, würde Gott ihn richten.

Erstens würde keiner seiner Nachkommen beständig auf dem Thron Davids sitzen . Zwar folgte sein Sohn Jojachin ihm auf den Thron (vgl. 2Kö 24,8-17 ), aber er wurde nach nur dreimonatiger Regierungszeit von Nebukadnezar abgesetzt. Nach ihm bestieg kein weiterer Nachkomme Jojakims mehr den Thron (vgl. die Anmerkungen zu Jer 22,24-30 ). Zweitens würde Jojakim kein angemessenes Begräbnis erhalten (vgl. Jer 22,18-19 ). Vielmehr würde sein Leichnam vor der Stadt hingeworfen und den Elementen überlassen werden. Drittens würden Jojakims Nachkommen und seine Großen um ihrer Schuld willen bestraft werden. Gott würde all das Unheil über sie bringen, das er angekündigt hatte, weil sie nicht auf ihn gehört hatten.


Jer 36,32


Jeremia gehorchte Gottes Befehl und ließ eine andere Schriftrolle anfertigen. Er diktierte, während Baruch auf die neue Rolle alle Worte der ursprünglichen Rolle schrieb. Dann fügte Jeremia noch viele ähnliche Worte hinzu, vermutlich auch den Inhalt von Kapitel 36 und das Gericht über Jojakim.


2. Während des Untergangs
( Jer 37-39 )


Die Ereignisse in Kapitel 37 - 39 sind chronologisch geordnet. Sie behandeln das Leben und Wirken Jeremias während der Belagerung und des Falles Jerusalems.



a. Jeremias Botschaft an Zedekia
( 37,1 - 10 )


Jer 37,1-2


In diesem Abschnitt geht es um Zedekia, den letzten König im Lande Juda , der von Nebukadnezar als Vasallenkönig auf den Thron gesetzt worden war (vgl. 2Kö 24,15-17 ). In diesen dunklen Tagen hätte Juda einen starken und frommen König gebraucht. Leider war Zedekia weder das eine noch das andere. Vom König bis zum gewöhnlichen Menschen im Volk kümmerte sich niemand um die Worte der Warnung, die Jeremia verkündete, bis es zu spät war.



Jer 37,3-10


Zedekia schickte eine Abordnung zu Jeremia und ließ ihn bitten, für Jerusalem zum Herrn zu beten. Jeremia war noch nicht im Gefängnis , und Babylon hatte gerade seine Belagerung von Jerusalem abgebrochen, weil das Heer des Pharao aus Ägypten aufgebrochen war. Vielleicht hoffte Zedekia, daß die Gebete Jeremias Gott bewegen könnten, den Ägyptern einen großen Sieg zu schenken und so die Babylonier aus Palästina zu vertreiben (vgl. Jer 21,1-7 ,wo eine ähnliche Bitte vorgetragen wird).

Gottes Antwort war anders, als Zedekia es erhofft hatte. Das Heer des Pharao , das ausgezogen war, um Juda zu unterstützen, würde von den Babyloniern zerschlagen und gezwungen werden, wieder heim nach Ägypten zu ziehen . Dann würde die babylonische Armee wiederkommen und Jerusalem belagern. Sie würde es erobern und verbrennen (vgl. Jer 21,10; 32,29; 34,2.22; 37,10; 38,18.23 ). Diejenigen, die auf einen Rückzug der Babylonier hofften, würden sich selbst betrügen. Selbst wenn im Heer Nebukadnezars nur Verwundete wären, würden sie dennoch, so sagte Gott, Jerusalem mit Feuer verbrennen (vgl. Jer 37,8 ).



b. Jeremias Verhaftung
( 37,11 - 38,28 )


(1) Jeremias Verhaftung und sein Aufenthalt in der Zisterne ( Jer 37,11-16 )



Jer 37,11-16


Der Rückzug des babylonischen Heeres zum Kampf gegen die Ägypter ließ Juda wieder etwas aufatmen. Jeremia wollte diese Phase nutzen, um aus Jerusalem herauszugehen und eine kurze Reise ins Land Benjamin zu machen (vgl. Jer 1,1 ). Er beabsichtigte, bei dieser Gelegenheit mit seinen Verwandten ein Erbe zu teilen . Jeremia machte sich also auf den Weg nach Anatot, entweder um sich einen Anteil an einem Grundstück zu sichern oder um ein Stück Land für den Verkauf an andere aufzuteilen. Dieser Landhandel hatte vermutlich nichts mit dem Landkauf in Kapitel 32 zu tun. Als Jeremia den in Kapitel 32 beschriebenen Landkauf tätigte, war er bereits verhaftet und befand sich im Wachthof des Gefängnisses (vgl. Jer 37,4.21; 38,13.28 ). Die Ereignisse des Kap. 37 fanden also vor denen des Kap. 32 statt.

Als Jeremia gerade zum Benjamintor kam, hielt ihn ein Wachhabender namens Jirija fest. Dieser sprach Jeremia an und verdächtigte ihn, zum Feind überlaufen zu wollen. Jeremia leugnete dies, aber der Wachhabende wollte ihn nicht hören . Statt dessen wurde Jeremia zu den Oberen gebracht, die ihn schlagen und ins Gefängnis werfen ließen. Das Gefängnis befand sich im Hause Jonatans, des Schreibers , und zwar in dem überwölbten Raum einer Zisterne (wörtl.: "im Haus der Zisterne, in den überwölbten Räumen"). Vermutlich handelte es sich um einen Komplex großer, unterirdischer Zisternen, die in ein Gefängnis umgewandelt worden waren. Jeremia blieb dort lange Zeit .



Jer 37,17-20


(2) Jeremias erstes Treffen mit Zedekia und seine Überführung in den Wachthof ( Jer 37,17-21 )

Die Babylonier kamen nach Jerusalem zurück und begannen erneut mit der Belagerung der Stadt. Zedekia sandte heimlich nach Jeremia und ließ ihn in den Palast holen. Weil Jeremia bei den Menschen so unbeliebt war (vgl. Jer 26,10-11; 37,11-15; 38,4 ), traf Zedekia ihn unter vier Augen und fragte ihn, ob er ein Wort vom HERRN habe. Jeremia verkündete das gleiche wie vor seiner Verhaftung. Jerusalem würde fallen, und Zedekia würde dem König von Babel in die Hände gegeben werden (vgl. Jer 21,3-7 ).

Jeremia benutzte die Gelegenheit dieses Erscheinens vor Zedekia, um seine Unschuld zu beteuern. Er verlangte zu wissen, welches Verbrechen er begangen habe. Die anderen Propheten hatten Lügen geweissagt, indem sie behauptet hatten, die Babylonier würden nicht kommen. Jeremia bat Zedekia, ihn nicht wieder in das Gefängnis bringen zu lassen, aus dem er gekommen war. Jeremia war mit seinen mittlerweile vermutlich über 60 Jahren um seine Gesundheit in diesem feuchten, dunklen Loch besorgt. Wenn er wieder dorthin zurückgebracht würde, dann könnte er dort sterben .


Jer 37,21


Zedekia erfüllte Jeremia diesen Wunsch und ließ ihn aus der unterirdischen Zisterne in den Wachthof des königlichen Palastes überführen (vgl. Jer 32,2 ). Hier konnte Zedekia ihn besser vor seinen Feinden beschützen - auch wenn er ein schwacher und launischer Beschützer war (vgl. Jer 38,4-10 ). Zedekia sorgte auch dafür, daß Jeremia täglich Brot erhielt, damit er nicht hungern mußte. Dies geschah so lange, bis das letzte Korn unter der Belagerung aufgebraucht und alles Brot in der Stadt aufgezehrt war (vgl. Jer 52,6 ).



Jer 38,1-3


(3) Jeremia wird in die Zisterne geworfen ( Jer 38,1-6 )

Da Jeremia in den Wachthof der königlichen Garde verlegt worden war ( Jer 37,21 ), hatte er wieder eine gewisse Freiheit und konnte zu dem Volk sprechen (vgl. Jer 32,1-2.6 ). Er nutzte dies als eine Gelegenheit, Gottes Botschaft jedem zu verkünden, der ihm zuhören wollte. Vier der ranghöchsten Oberen hörten diese Botschaft ebenfalls: Schefatja, der Sohn Mattans (der sonst in der Bibel nicht erwähnt wird), Gedalja, der Sohn Paschhurs (vielleicht ein Sohn jenes Paschhur, der Jeremia geschlagen hatte; Jer 20,1-3 ), Juchal, der Sohn Schelemjas (den Zedekia geschickt hatte, um die Unterbrechung der babylonischen Belagerung zu erkunden; Jer 37,3 ), und Paschhur, der Sohn Malkijas (den Zedekia geschickt hatte, um den ersten Angriff der Babylonier auf Jerusalem zu erkunden; Jer 21,1-2 ). Diese vier mächtigen Hofbeamten hörten, wie Jeremia zu allem Volk sprach.

Der Inhalt der Botschaft Jeremias wird in Jer 38,2-3 zusammengefaßt. Es war die gleiche Botschaft, die Jeremia schon vorher verkündigt hatte ( Jer 21,3-10 ). Wer in Jerusalem bliebe, würde durch Schwert, Hunger und Pest sterben (vgl. die Anmerkungen zu Jer 14,12 ). Nur wer zu den Chaldäern überliefe, würde am Leben bleiben . Die einzige Hoffnung für Jerusalem war die Kapitulation. Jeder Gedanke an Widerstand gegen die babylonische Belagerung war vergeblich, denn Gott hatte gesagt, daß die Stadt an Nebukadnezar übergeben werden würde, der sie einnehmen würde.



Jer 38,4-6


Die Oberen gingen zu Zedekia und verlangten, Jeremia für seine Worte töten zu lassen, denn seine "verräterischen" Gedanken nähmen sowohl den Kriegsleuten als auch dem ganzen Volk den Mut . In ihrer entarteten, nationalistischen Logik glaubten die Oberen, daß Jeremia das Unheil seines Volkes suche, wo er doch genau das Gegenteil wollte (V. 2 ). Zedekias Schwäche wurde in seiner Antwort an diese Oberen ganz besonders deutlich. Kurz zuvor hatte er eingewilligt, Jeremia zu beschützen ( Jer 37,18-21 ), und nun lieferte er ihn denen aus, die ihm nach dem Leben trachteten. Seine schwache Entschuldigung lautete, daß der König nichts wider sie vermöge . Zedekia war eine politische Strohpuppe, unfähig, feste, unabhängige Entschlüsse zu fassen. Er wurde entweder von Nebukadnezar (vgl. 2Kö 24,17 ) oder von den Oberen der Stadt kontrolliert; letztere brachten ihn dazu, gegen Babylon zu rebellieren, und beeinflußten dann alle seine Entscheidungen ( Jer 27,12-15; 38,5.19.24-28 ).

Die Oberen nahmen Jeremia und warfen ihn in Malkijas Zisterne , die im Wachthof war. Eine Zisterne war eine große, in einen Felsen gehauene und mit Mörtel verputzte Grube. In ihr sammelte man im Winter das Regenwasser, um es während des trockenen Sommers zu benutzen (vgl. Jer 2,13 ). Diese Zisterne war so tief, daß man Jeremia an Seilen hinablassen mußte. Wahrscheinlich war aufgrund der langen Dürrezeit (vgl. Jer 14,1-4 ) kein Wasser darin. Nur Schlamm , der vom Regen hereingespült worden war, befand sich auf dem Grund der Zisterne. Jeremia sank daher in den Schlamm hinein. Sein Leben war wirklich bedroht. Wäre das schlammige Wasser in der Zisterne tiefer gewesen, dann wäre er ertrunken oder erstickt. So erwartete ihn der Tod durch Verhungern. Vielleicht warfen manche noch Steine in die Grube in der Hoffnung, Jeremia auf diese Weise sofort zu töten oder bewußtlos zu machen, damit er in dem schlammigen Wasser umkäme (vgl. die Anmerkungen zu Kl 3,52-54 ).



Jer 38,7-9


(4) Jeremia wird aus der Zisterne gerettet ( Jer 38,7-13 )

Viele seiner Zeitgenossen wollten Jeremia töten. Der einzige, der sich wirklich für ihn einsetzte, war Ebed-Melech (wörtl.: "Diener des Königs"), ein Mohr (d. h. ein Kuschite) aus der Gegend des oberen Ägypten (dem heutigen Südägypten, Sudan und Nordäthiopien). Er diente als Kämmerer ( sArIs ; wörtl.: "Eunuch") in des Königs Haus . Welche Stellung er im Palast genau innehatte, wissen wir nicht. Auf jeden Fall hatte er Zugang zum König.

Ebed-Melech ging zum Benjamintor (vgl. Jer 20,2; 37,13 ), wo der König gerade saß - entweder in Ausübung seiner Amtsgeschäfte oder, um die Verstärkung der Verteidigungsanlagen Jerusalems zu überwachen, die die Stadt vor den Belagerungstruppen schützen sollten. Er überbrachte dem König die dringende Nachricht, daß die Oberen übel an Jeremia gehandelt hätten, indem sie ihn in die Zisterne geworfen hätten, wo er vor Hunger sterben müsse. Offensichtlich kannte Zedekia die genauen Pläne der Oberen zur Ermordung Jeremias nicht, oder er hatte nicht wirklich geglaubt, daß sie diese Pläne ausführen würden. Nun aber wußte er, daß Jeremia vom Tode bedroht war.


Jer 38,10-13


Zedekia befahl Ebed-Melech, drei (andere Übers.: "dreißig") Männer von dort - vermutlich Soldaten, die am Tor Wache standen - zu nehmen und Jeremia aus der Zisterne zu ziehen, ehe er stürbe. Diese Männer waren nötig, um Jeremia aus dem Schlamm zu ziehen und gleichzeitig Wache zu halten, damit die Oberen diesen Versuch nicht vereiteln konnten. Ebed-Melech führte die Soldaten in die Kleiderkammer des Palastes und

dann zur Öffnung der Zisterne. Er ließ alte Lumpen zu Jeremia hinab, die er unter seine Achseln um das Seil legen sollte. Dann zogen sie Jeremia an den Stricken herauf und befreiten ihn aus der Zisterne. Wieder wurde er in den Wachthof des Palastes gebracht (vgl. Jer 37,21 ).



Jer 38,14-16


(5) Jeremias zweites Treffen mit Zedekia ( Jer 38,14-28 )

Wieder sandte Zedekia nach Jeremia und traf ihn heimlich beim dritten Eingang des Tempels. Dieser Eingang, der sonst nirgends erwähnt wird, könnte ein privater Eingang gewesen sein, der den königlichen Palast mit dem Tempel verband. Zedekia wollte Jeremia etwas fragen , und der Prophet sollte ihm nichts verheimlichen. Jeremia brachte zwei Einwände vor: Wenn er mit einer Botschaft antwortete, die dem König nicht gefiel, gebe es keine Garantie dafür, daß der König ihn nicht tötete. Zweitens sei jeder Rat Jeremias vergeblich, weil der König doch nicht auf ihn hören würde. Zedekia beantwortete den ersten Einwand, nicht jedoch den zweiten. Er versprach, daß er weder Jeremia selbst töten, noch ihn jenen in die Hände geben werde, die ihm nach dem Leben trachteten. Aber der König versprach nicht, der Botschaft Jeremias zu gehorchen.

 

Jer 38,17-23


Jeremia hatte keine andere Botschaft als die, die er bereits verkündet hatte (vgl. Jer 21,1-10; 37,17; 38,1-3 ). Wenn Zedekia sich den Babyloniern auslieferte, würde sein Leben geschont und die Stadt nicht verbrannt werden. Wenn er sich jedoch nicht auslieferte, würde die Stadt dem babylonischen Heer gegeben und von diesem niedergebrannt werden (vgl. Jer 21,10; 32,29; 34,2.22; 37,8.10; 38,23 ); Zedekia aber würde ihren Händen nicht entrinnen .

Zedekia weigerte sich, auf Jeremias Rat zu hören, weil er Angst hatte. Er fürchtete sich vor den Judäern , die bereits zu den Chaldäern (=Babyloniern) übergelaufen waren, und glaubte, daß die Babylonier ihn diesen Leuten übergeben würden, die seine Widersacher geworden waren. Wenn sie nun die Gelegenheit dazu erhielten, würden sie ihm übel mitspielen, weil er sie in der Vergangenheit schlecht behandelt hatte. Jeremia versuchte, Zedekia davon zu überzeugen, daß dies nicht geschehen würde. Wenn er dem Herrn gehorchte, dann würde sein Leben gerettet werden. Wenn er es aber ablehnte, sich den Babyloniern zu übergeben, dann würde ihm genau jene Demütigung widerfahren, die er zu vermeiden suchte. Die Frauen seines eigenen Palastes (der königliche Harem) würden über Zedekia spotten, wenn sie zu den Oberen von Babel hinausgebracht würden. Ihr Spottlied würde von der Einfältigkeit des Königs handeln, der seinen Ratgebern vertraut hatte und von ihnen, die sich als seine guten Freunde ausgegeben hatten, in den Sumpf geführt worden war. Wenn dann Zedekia im Schlamm Babylons versank ( Jer 38,6 ), würde er sich umschauen und feststellen, daß alle seine Freunde, die ihn hierher gebracht hatten, ihn verlassen hatten. Wenn er sich weigerte, sich den Babyloniern zu ergeben, würde er zusehen müssen, wie seine Frauen und Kinder weggeführt würden (vgl. Jer 39,6 ). Er selbst würde ergriffen werden, und die Stadt Jerusalem würde verbrannt werden (vgl. Jer 38,18 ).



Jer 38,24-28


Zedekia aber weigerte sich, Jeremias Rat zu folgen. Solch ein mutiger Schritt hätte die Fähigkeiten dieses rückgratlosen Monarchen überstiegen. Statt dessen bat er Jeremia, niemanden diese Worte erfahren zu lassen . Wenn etwas davon bekannt würde, dann würden die Oberen versuchen, Jeremia zu töten. Da es überall im Palast Spione gab, verschaffte Zedekia dem Propheten noch ein Alibi für den Fall, daß man ihn ausfragen würde. Wenn die Oberen Jeremia fragten, was er mit dem König geredet habe, dann sollte er ihnen zur Antwort geben, daß er Zedekia gebeten habe, ihn nicht wieder in die Grube in Jonatans Haus führen zu lassen (vgl. Jer 37,15 ). Jeremia hatte diese Bitte während seines ersten Treffens mit Zedekia vorgetragen ( Jer 37,20 ).

Zedekias Vorsorge war nicht unbegründet, denn die Oberen hörten wirklich von diesem Treffen und gingen zu Jeremia, um ihn zu fragen. Jeremia antwortete ihnen mit den Worten, die Zedekia ihm zu sagen geboten hatte. Da sie nichts erfahren konnten , ließen sie Jeremia in Frieden. Jeremia blieb im Wachthof (vgl. Jer 38,13 ) als politischer Gefangener, bis Jerusalem von Nebukadnezar eingenommen wurde.



c. Jerusalems Zerstörung
( Jer 39 )


(1) Das Schicksal der Juden ( Jer 39,1-10 )



Jer 39,1-4


Jeremias Warnungen vor dem Untergang wurden von den Menschen in Jerusalem mißachtet. Seine Rechtfertigung kam, als Gott die Zerstörung Jerusalems genau so geschehen ließ, wie er sie vorausgesagt hatte. Jeremia berichtete ausführlich davon, wie Jerusalem erobert wurde. Der Streit mit Babylon begann im neunten Jahr der Herrschaft Zedekias, und zwar im zehnten Monat . Dieses Ereignis war so schrecklich, daß es noch dreimal im Alten Testament erwähnt wird. Sogar der Tag des Monats wird erwähnt (vgl. 2Kö 25,1; Jer 52,4; Hes 24,1-2 ). Die Belagerung begann am 15. Januar 588 V. Chr. und dauerte bis zum neunten Tag des vierten Monats im elften Jahr Zedekias . Nach westlichem Verständnis würde dies eine Belagerungsdauer von etwa 19 Monaten ergeben (die drei letzten Monate des neunten + die zwölf Monate des zehnten + die vier ersten Monate des elften Jahres). Nach der hebräischen Datierungsweise dauerte die Belagerung jedoch wesentlich länger. Denn die Jahre der Regierungszeit der hebräischen Könige wurden nach einem Kalender gezählt, der von Tischri (September/Oktober) bis Tischri ging, während man die Monate eines Jahres nach einem Kalender zählte, der von Nisan (März/April) bis Nisan ging (vgl. die Anmerkungen zu Jer 36,9 ). Zedekias elftes Jahr dauerte vom 18. Oktober 587 bis zum 6. Oktober 586 V. Chr. Der vierte Monat, ausgehend vom Nisan, der in dieses elfte Jahr fiel, begann am 10. Juli 586 V. Chr. Der neunte Tag dieses Monats war der 18. Juli 586. Die gesamte Belagerung dauerte also etwas über 30 Monate, vom 15. Januar 588 bis zum 18. Juli 586 V. Chr.

Nach dieser dreißigmonatigen Belagerung brachen die Babylonier in die Stadt ein. Die Oberen von Babel zogen in die Stadt hinein und hielten unter dem Mitteltor . Das Mitteltor befand sich vermutlich auf der Nordseite der Stadt (wo die Babylonier die Mauern durchbrachen) in dem Haupttal (dem Tyropeon-Tal), das die beiden Teile der Stadt voneinander trennte. Sie "hielten" bedeutet, daß sie eine Regierung für die Stadt einsetzten und die Gefangenen richteten (vgl. die Anmerkungen zu Jer 38,7 und Hes 11,1 ). Einer dieser Obersten war Nergal-Sarezer, der Fürst von Sin-Magir (oder: "Samgar-Nebu", auch Neriglissar genannt), der Schwiegersohn Nebukadnezars, der im Jahre 560 V. Chr. nach dem Tod von Ewil-Merodach, dem Sohn Nebukadnezars, den Thron in Babylon bestieg (vgl. Jer 52,31 ; siehe auch die Tabelle "Könige des Neubabylonischen Reiches" in der Einführung zu Daniel).

Zedekia und seine Kriegsleute sahen, daß die Stadt gefallen war. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die Babylonier südwärts durch die ganze Stadt gezogen kämen und auch sie gefangennehmen würden. Verzweifelt versuchten sie, bei Nacht zur Stadt hinauszufliehen . Sie hatten vor, Jerusalem durch des Königs Garten , der im Süden, nahe bei dem Teich Siloh, lag (vgl. Neh 3,15 ), zu verlassen. Nachdem sie durchs Tor zwischen den beiden Mauern gegangen waren, befanden sich die flüchtenden Soldaten in der steilen Schlucht, in deren Nähe sich das Tal Ben-Hinnom und das Kidrontal vereinigten. Hier stiegen sie über den Ölberg und entwichen zum Jordantal hin . Vermutlich hofften sie, den Fluß überqueren und nach Rabba (dem heutigen Amman in Jordanien) gelangen zu können, der Hauptstadt ihrer Verbündeten, der Ammoniter (vgl. die Anmerkungen zu Hes 21,18-23 ).

 

Jer 39,5-7


Nachdem sie nun so lange auf ihren Sieg gewartet hatten, wollten die Babylonier natürlich ihre Beute nicht entkommen lassen. Sie verfolgten Zedekia und seine Soldaten und nahmen ihn gefangen im weiten Jordantal von Jericho , in der Nähe des Jordan. Zedekia wurde zu Nebukadnezar gebracht, der sein militärisches Hauptquartier in Ribla im Lande Hamat aufgeschlagen hatte (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ). Nebukadnezar sprach das Urteil über Zedekia wegen dessen Rebellion gegen Babylon. Zedekia mußte zusehen, wie die Babylonier seine Söhne und alle Vornehmen Judas vor seinen Augen töteten. Um diesen Anblick des Schreckens für immer in ihm festzuhalten, ließ er dann Zedekia die Augen ausstechen . Schließlich ließ er ihn in Ketten legen, um ihn unter Demütigungen nach Babel zu zerren. Zedekia mußte die Schande, vor der er sich gefürchtet hatte, erleiden, weil er die Warnungen des Herrn mißachtet hatte (vgl. Jer 38,17-23 ).

 

Jer 39,8-10


Auch Jerusalem erlitt das schmähliche Schicksal, das Jeremia vorausgesagt hatte. Die Babylonier verbrannten das herrliche Haus des Königs und die Häuser der Bürger (vgl. Jer 21,10; 22,6-7; 32,29; 34,2.22; 37,8-10; 38,18.23 ). Auch rissen sie die Mauern Jerusalems nieder, so daß die Stadt ohne Verteidigung zurückblieb (vgl. Kl 2,8-9; Neh 1,3 ). Nebusaradan, der Oberste der königlichen Leibwache ( raBFabbAHIm ; wörtl.: "der Oberste der Schlächter"; vgl. 1Mo 37,36; Dan 2,14 ), nahm alle gefangen, die noch in der Stadt waren (vgl. Jer 13,19; Jer 15,2; Hes 5,8-12 ), sowie jene, die schon vorher aufgegeben hatten (zu ihm übergelaufen waren; vgl. Jer 21,8-9; 38,1-4.17-23 ). Um Loyalität, Stabilität und Produktivität sicherzustellen, ließ der Babylonier von dem niederen Volk, das nichts hatte, etliche im Lande Juda zurück und gab ihnen Weinberge und Felder . Sicherlich glaubte er, diese Menschen würden den Babyloniern für ihren neuerhaltenen Wohlstand dankbar sein und deshalb kaum gegen Babylon rebellieren. Die Babylonier würden dafür Einkommen in Form von Steuern erhalten, die auf die Erträge des Landes erhoben würden.



Jer 39,11-14


(2) Das Schicksal Jeremias ( Jer 39,11-18 )

Nebukadnezar hatte offensichtlich von Jeremia gehört - vielleicht durch die Briefe des Propheten nach Babylon (vgl. Jer 29 ) oder durch das Zeugnis derer, die zu den Babyloniern übergelaufen waren ( 21,8-9; 38,1-3 ). Nun erließ Nebukadnezar durch Nebusaradan an seine Soldaten den Befehl, Jeremia zu holen und sich seiner anzunehmen. Sie sollten ihm kein Leid antun, sondern alles für ihn tun, was er begehrte. Jeremia wurde aus dem Wachthof befreit (vgl. Jer 38,28 ) und dem Juden Gedalja übergeben, dem Sohn Ahikams und Enkel Schafans (vgl. die Tabelle "Die Nachkommen Schafans" bei Jer 26,24 ). Gedalja wurde zum Statthalter über die im Land zurückbleibenden Juden eingesetzt ( Jer 40,7 ). Manche Ausleger sind der Meinung, daß der Bericht von der freundlichen Behandlung Jeremias in Jer 39,11-14 der Erwähnung seiner Fesseln in Jer 40,1 widerspricht. Diese beiden Berichte können jedoch ohne Schwierigkeiten in Übereinstimmung gebracht werden. Jeremia wurde zusammen mit den anderen Überlebenden Jerusalems in das etwa acht Kilometer nördlich gelegene Rama gebracht, wo über sie entschieden werden sollte (vgl. Jer 31,15 ). Hier erst wurde der Prophet Gottes identifiziert und befreit ( Jer 40,4-5 ).



Jer 39,15-18


Während Jeremia auf den Untergang der Stadt gewartet hatte, hatte Gott ihm eine Botschaft für Ebed-Melech , den Mohren (vgl. Jer 38,7-13 ), gegeben. Gottes Worte gegen Jerusalem würden vor den Augen Ebed-Melechs erfüllt werden. Gott versprach, daß er Ebed-Melech erretten werde, wenn Jerusalem untergehe, so daß er nicht mit den anderen Oberen getötet werde (vgl. Jer 39,6; 52,10.24-27 ). Er werde entkommen, weil er Gott vertraut hatte, als er Jeremia half.



3. Nach dem Untergang
( Jer 40-45 )


Man würde annehmen, daß der Untergang Jerusalems Juda eine Lektion erteilt hatte, die es nie wieder vergessen würde. Aber Jeremia machte anhand der Ereignisse, die nach dem Fall der Stadt stattfanden, deutlich, daß das Wesen der Menschen, die im Land zurückgeblieben waren, sich nicht verändert hatte. Noch immer lehnten sie es ab, auf Gott zu vertrauen oder sich Babylon zu unterwerfen (vgl. Hes 33,23-29 ).



a. Jeremias Wirken unter dem Überrest in Palästina
( Jer 40-42 )


(1) Die Statthalterschaft Gedaljas ( Jer 40,1-12 )



Jer 40,1-6


Jeremia wurde in Rama freigelassen, wohin er, mit Fesseln gebunden , zusammen mit den anderen Gefangenen geführt worden war. Als Nebusaradan Jeremia zu sich holte, zeigte es sich, daß er dessen Prophezeiungen kannte. Ohne Zweifel hatten einige der Übergelaufenen oder der bereits nach Babylon Weggeführten den Babyloniern von den Weissagungen Jeremias berichtet. Nebusaradan sagte zu Jeremia, daß dessen Gott das von Jeremia angekündigte Unglück über Jerusalem gebracht habe, weil das Volk gesündigt hatte wider ihn . Jeremia aber werde von seinen Fesseln befreit, weil er an Judas Revolte gegen Babel unschuldig sei.

Jeremia sei frei zu ziehen , wohin er wolle. Wenn er mit den anderen Gefangenen nach Babel gehen würde, dann - so versprach Nebusaradan - würde er ihm befohlen sein (vgl. Jer 39,12 ). Wenn er in Juda bleiben wollte, dann könne er sich niederlassen, wo immer es ihm gefalle. Wenn er sich für Juda entschließen würde, könne er zu Gedalja gehen, um bei ihm zu bleiben. Gewiß könnte der Statthalter Gedalja sowohl den Schutz als auch den Unterhalt bieten, den Jeremia benötigen würde. Als Jeremia Rama verließ, um die fünf Kilometer nach Mizpa - dem Verwaltungszentrum Judas nach der Zerstörung Jerusalems - zurückzulegen, zeigte Nebusaradan seine Freundlichkeit, indem er Jeremia Wegzehrung und Geschenke mitgab.

 

Jer 40,7-12


Bei vielen Kriegen bleiben Überreste des Heeres im Land verstreut übrig, nachdem der Hauptteil sich dem Feind ergeben hat. Die Haupttruppen Judas, die in Jerusalem, Lachisch und Aseka lagen, waren aufgerieben worden. Aber noch gab es Gruppen von Hauptleuten mit ihren Männern, die noch im Lande verstreut waren. Als diese Soldaten erfuhren, daß Gedalja nun Statthalter über das Land war, kamen sie zu ihm nach Mizpa. Zwei der aufgeführten Hauptleute verdienen wegen späterer Ereignisse (V. 8 ) besondere Erwähnung. Der eine ist Jismael, der Sohn Netanjas (vgl. V. 14 - 15 ). Er gehörte zu den Nachkommen König Davids (vgl. Jer 41,1 ) und war einer der Oberen unter König Zedekia gewesen. Der zweite ist Johanan , einer der beiden Söhne Kareachs (vgl. Jer 40,13-16 ). Über ihn liefert uns die Bibel keine weiteren Informationen.

Die in Vers 8 genannten Hauptleute wollten wissen, was geschehen würde, wenn sie ihre Waffen niederlegen und sich ergeben würden. Gedalja versicherte ihnen, daß ihnen nichts geschehen werde. Er ermutigte sie, sich im Lande niederzulassen und Babel untertan zu sein. Gedalja versprach, sie vor den Chaldäern zu vertreten, so daß sie sich auf das Ernten von Wein, Feigen und Öl konzentrieren könnten. Sie wären frei, in den Städten zu wohnen, die sie wieder in Besitz genommen hätten.

Die Nachricht von der Ernennung Gedaljas zum Statthalter erreichte nicht nur die zerstreuten Widerstandskämpfer Judas, sondern gelangte auch zu den Judäern in Moab, Ammon, Edom und an anderen Orten. Alle diese Flüchtlinge kamen zurück in das Land , ließen sich erneut darin nieder und halfen dabei, Wein und Sommerfrüchte zu ernten (vgl. V. 10 ).



Jer 40,13-16


(2) Die Ermordung Gedaljas ( Jer 40,13-41,15 )

Judas Zukunft schien sich positiv zu gestalten. Frieden und Stabilität kehrten in das Land zurück. Die kriegführenden Gruppierungen hatten sich der Herrschaft Gedaljas untergeordnet, und ein Teil der Flüchtlinge war zurückgekehrt. Aber direkt unter dieser Oberfläche brodelten Intrigen und Rebellion. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie an die Oberfläche kommen würden.

Das erste Problem wurde von Johanan, dem Sohn Kareachs (vgl. V. 8 ), übermittelt. Er kam mit allen Hauptleuten zu Gedalja und berichtete ihm, daß Baalis, der König der Ammoniter , Jismael, den Sohn Netanjas (vgl. V. 8 ), gesandt habe, um Gedalja zu erschlagen. Welche Gründe mochte der König von Ammon haben, um sich mit Jismael zu verbünden und Gedalja nach dem Leben zu trachten? Die Antwort liegt in dem besonderen Verhältnis zwischen Juda und Ammon begründet. Beide Nationen waren Vasallen Babylons und hatten im Jahre 593 V. Chr. an einem geheimen Treffen der Vertreter mehrerer Völker teilgenommen, um ihre Aussichten auf den Erfolg einer Rebellion gegen Babylon zu prüfen (vgl. Jer 27,1-11 ). Dieses Treffen führte zu keinem konkreten Ergebnis.

Aber 588 V. Chr. bewog der neue ägyptische Pharao Hofra Juda, Ammon und Tyrus dazu, sich gemeinsam gegen Babylon zu erheben. Nebukadnezar beschloß, Juda - und nicht Ammon - zuerst anzugreifen (vgl. Hes 21,18-23 ). Juda und Ammon waren noch immer Verbündete, und Zedekia wollte vermutlich nach Ammon fliehen, als er gefangengenommen wurde ( Jer 39,4-5 ). Abgesehen von ihrem militärischen Bündnis bestanden jedoch zwischen Juda und Ammon keinerlei Beziehungen. Ihr Verhältnis war eher einer "Zweckehe" vergleichbar. So freute sich Ammon über den Untergang Jerusalems, denn wenn Nebukadnezar gegen Jerusalem vorging, konnte er nicht gleichzeitig Ammon angreifen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 49,1-6; Hes 25,1-7 ). Gedaljas Unterordnung unter Babylon war daher für Ammon beunruhigend. Wenn Juda sich Babylon unterwarf, dann würde Nebukadnezar, wenn er seine Belagerung von Tyrus beendet hätte (vgl. Hes 29,17-18 ), vermutlich als nächstes Ammon angreifen. Ein politisch instabiles Juda dagegen könnte Nebukadnezar dazu zwingen, einen Großteil seiner Truppen dort zu stationieren, um die Ordnung aufrechtzuerhalten. Dies wiederum würde die Aussichten Ammons verbessern. Es konnte also für Ammon nur günstig sein, wenn der pro-babylonische Gedalja durch den anti-babylonischen Jismael ersetzt wurde.

Leider wollte Gedalja diesen Hauptleuten nicht glauben. Johanan traf heimlich mit Gedalja zusammen und bot ihm an, Jismael zu erschlagen. Er wollte dies im Verborgenen tun, damit niemand wisse, wer dafür die Verantwortung trage. Johanan meinte, daß Jismael um Judas willen ermordet werden müsse. Wenn Jismael Gedalja tötete, könnte dies dazu führen, daß alle Judäer im Land zerstreut würden und umkämen . Gedalja aber befahl Johanan, das nicht zu tun. Er war davon überzeugt, daß die Gerüchte über Jismael unbegründet ( nicht wahr ) seien. Gedalja war ein ehrenhafter Mann, der hier jedoch einen tödlichen Fehler beging, indem er Jismaels Charakter falsch einschätzte.

 

Jer 41,1-3


Jismael kam im siebenten Monat (September/Oktober) zu Gedalja. Leider wird das Jahr nicht erwähnt. Das genaue Datum der Ermordung Gedaljas ist also nicht bekannt. Es wäre schwierig, alle diese Ereignisse noch im Jahre 586 V. Chr. unterzubringen, denn am 17. August dieses Jahres war das babylonische Heer noch in Jerusalem ( Jer 52,12 ). Dies hätte den Babyloniern weniger als zwei Monate Zeit gelassen, das Volk von Juda zu deportieren, eine Regierung einzusetzen, das Land aufzuteilen und den größten Teil ihrer Truppen abzuziehen. Die Ermordung Gedaljas muß also zu einem späteren Zeitpunkt geschehen sein. Aber in welchem Jahr? Ein Vorschlag stützt sich auf eine wenig bekannte Deportation in den Jahren 583 - 582 V. Chr. (vgl. Jer 52,30 ). Warum kam Nebukadnezar zu diesem Zeitpunkt noch einmal in das Land? Es wäre durchaus denkbar, daß der Grund dafür die Wiederherstellung der Ordnung nach der Ermordung des Statthalters und die Stationierung eines kleineren Truppenkontingentes in Juda war (vgl. Jer 41,2-3 ). Wenn die Ereignisse in dieser Weise miteinander zusammenhingen, dann begann der "siebente Monat", in dem Gedalja ermordet wurde, am 4. Oktober 583 V. Chr.

Jismael kam zu Gedalja mit zehn Männern. Als sie "friedlich" beisammensaßen und aßen, erschlugen Jismael und seine Männer Gedalja. Und sie töteten auch alle Judäer (vermutlich alle, die an dem Mahl teilnahmen) und die babylonischen Kriegsleute, die dort stationiert waren (vgl. 2Kö 25,25 ).

 

Jer 41,4-9


Diese Morde geschahen vermutlich am Abend. Die Verschwörung war so gut gelungen, daß am Morgen des anderen Tages es noch niemand wußte . An diesem Tag zogen achtzig Männer trauernd ( mit abgeschorenen Bärten, zerrissenen Kleidern und Verletzungen, die sie sich selbst zugefügt hatten; vgl. die Anmerkungen zu Jer 16,6 ) von Sichem, von Silo und von Samaria - drei Städte, die zum Nordreich Israel gehört hatten - nach Jerusalem. Daß diese Männer aus dem Nordreich stammten, zeigt, daß zumindest einige der Reformen König Josias (vgl. 2Kö 23,15-20; 2Chr 34,33 ) einen bleibenden Eindruck hinterlassen hatten. Diese Männer führten Speiseopfer und Weihrauch mit sich, die sie im Tempel darbringen wollten. Zwar war der Tempel selbst zerstört worden (vgl. Jer 52,13.17-23 ), aber noch immer brachten die Menschen an diesem Ort Opfer dar. Ohne Zweifel waren diese Pilger nach Jerusalem gekommen, um eines der drei Feste zu feiern, die im siebten Monat abgehalten wurden (vgl. 3Mo 23,23-44 ).

Jismael ging heraus , den Pilgern entgegen, und weinte dabei. Nachdem er so seine Sympathie vorgetäuscht hatte, lud er sie ein, zu Gedalja zu kommen. Eine Einladung des Statthalters konnte man kaum ausschlagen. Deshalb gingen sie in die Stadt . Als sie dort ankamen, ermordete Jismael zusammen mit seinen Leuten siebzig der achtzig Männer, und sie warfen ihre Leichen in die Zisterne . Weshalb tat Jismael dies? Es wird zwar nicht ausdrücklich gesagt, aber Jer 41,8 deutet an, daß er seine Opfer ausrauben und ihre Vorräte an sich bringen wollte. Ein Trupp von 80 Pilgern hatte ja sicher eine große Menge an Nahrungsmitteln und Geld bei sich. Nur zehn der achtzig Männer gelang es, sich ihr Leben zu erkaufen, indem sie angaben, daß noch weitere Vorräte an Weizen, Gerste, Öl und Honig in einem Acker verborgen seien. Wenn er sie am Leben ließe, dann würden sie ihm dieses Versteck zeigen. Jismaels Habgier gewann die Oberhand, und er tötete sie nicht .

Auf die Bedeutung des Ortes, an dem dieses Massaker geschah, wird am Rande hingewiesen (V. 9 ). Die Zisterne, in die Jismael die Leichname der siebzig Männer und den Gedaljas werfen ließ, war fast 200 Jahre zuvor durch König Asa erbaut worden. Sie hatte als Teil der Verteidigung Asas gegen Bascha gedient, als der König von Juda versuchte, den Vormarsch jenes Königs von Israel aufzuhalten (vgl. 1Kö 15,16-22 ). Die Zisterne, die einmal geholfen hatte, Leben zu erhalten, wurde nun mit den Erschlagenen gefüllt.



Jer 41,10-15


Jismael hatte nur eine ausgewählte Gruppe derer, die in Mizpa lebten, getötet (V. 2 ). Er führte alle, die dort übriggeblieben waren, gefangen weg . Zu ihnen gehörten auch die Königstöchter und alle die, welche Gedalja anbefohlen waren. Ohne Zweifel war auch Jeremia unter diesen Gefangenen (vgl. Jer 40,6 ). Die Gruppe zog von Mizpa fort in Richtung Ammon, das Jismaels Verbündeter war ( Jer 40,14 ).

Das Massaker konnte natürlich nicht auf Dauer verborgen bleiben. Entweder hatte es jemand beobachtet, oder einer der Gefangenen entkam und erstattete den anderen Befehlshabern

Bericht. Als Johanan, der Sohn Kareachs, und die anderen Hauptleute des Heeres von all dem Bösen erfuhren , mobilisierten sie alle Männer und machten sich auf, um mit Jismael zu kämpfen. Die Soldaten holten den langsameren Trupp mit den Gefangenen an dem großen Wasser bei Gibeon (vgl. 2Sam 2,12-16 ) ein. Als die Gefangenen ihre Befreier sahen, wurden sie froh und liefen in der Überraschung und dem Durcheinander zu Johanan über. Jismael und acht seiner Männer entkamen und flohen zu den Ammonitern . Zwei der zehn Männer Jismaels müssen daher während des Kampfes getötet oder gefangengenommen worden sein (vgl. Jer 41,1 ).



Jer 41,16-18


(3) Die Führerschaft Johanans ( 41, 16-42,22 )

Johanan nahm das übriggebliebene Volk zu sich , das er und seine Leute von Jismael befreit hatten. Zu dieser Gruppe gehörten Kriegsleute, Frauen, Kinder und Hofleute . Aber statt nach Mizpa zurückzukehren, zogen sie weiter. Den ersten Halt machten sie in der Herberge Kimhams bei Bethlehem , etwa zwanzig Kilometer von Gibeon entfernt. Sie wollten nach Ägypten ziehen, aus Furcht vor den Chaldäern, denn sie fürchteten, daß der König von Babylon für den Tod Gedaljas Rache nehmen würde.



Jer 42,1-6


Bevor sie jedoch weiterzogen, beschlossen alle Hauptleute des Heeres, darunter auch Johanan und Jesanja (in Jer 43,2 Asarja genannt), der Sohn Hoschajas, - und das ganze Volk, für ihre Reise Gottes Führung zu erbitten. Sie baten Jeremia, für sie zum HERRN zu beten . Gott sollte ihnen sagen, wohin sie ziehen und was sie tun sollten . Sie hatten sich bereits dazu entschlossen, aus Israel zu fliehen, aber ihr Ziel war noch unklar (obwohl Jer 42,14 und Jer 43,7 zeigen, daß sie vorhatten, nach Ägypten zu gehen).

Jeremia war bereit, für die Menschen zu beten, und versprach, ihnen alles kundzutun, was Gott ihm sagte. Die Menschen riefen den Herrn als ihren Zeugen an und versprachen, alles zu tun, was Gott ihnen befehlen würde, ob es nun Gutes oder Böses war. Nachdem sie gesehen hatten, wie Gott ihr Volk wegen seines Ungehorsams vernichtet hatte, wollten sie sorgfältig darauf achten, dem Herrn zu gehorchen.



Jer 42,7-12


Jeremia betete für die Menschen, und nach zehn Tagen antwortete Gott auf seine Bitte. Jeremia rief die Leute zusammen und gab ihnen die Antwort Gottes weiter. Wenn sie im Lande bleiben wollten, dann würde Gott sie "bauen". Sie sollten sich nicht vor den Babyloniern fürchten, denn Gott würde sie aus ihrer Hand erretten . Gott versprach, daß er ihnen Barmherzigkeit ( rAHam , "liebevolle Barmherzigkeit zeigen") erweisen werde, eine Eigenschaft, die im Zusammenhang mit den Babyloniern ungewöhnlich war (vgl. Jer 6,23; Jer 21,7 ). Wenn die Leute sich den Babyloniern unterwarfen, dann würde Gott dafür sorgen, daß Nebukadnezar sie wieder auf ihre Äcker brachte.


Jer 42,13-18


Ähnlich dem Segen und Fluch in 5Mo 28 setzte auch Jeremia seine Beschreibung des Segens für den Gehorsam durch eine Schilderung des Gerichts für den Ungehorsam fort. Wenn sich die Menschen weigerten, im Lande zu bleiben, und beschlossen, Gott nicht zu gehorchen, sondern nach Ägyptenland zu ziehen , dann würden sie Gottes Gericht für die Verletzung ihres Schwures ( Jer 42,5-6 ) erleben. Ihr Wunsch, nach Ägypten zu ziehen, war unter den gegebenen Umständen durchaus verständlich. Hier würden sie weder Krieg sehen noch den Schall der Posaune hören , die einen bevorstehenden Angriff ankündigte (vgl. Jer 4,5.19-21;6,1 ). Hier, in Ägypten, würden sie nicht mehr Hunger nach Brot leiden wie während und nach der Belagerung Jerusalems (vgl. Kl 1,11;5,6.9 ). Dennoch warnte sie Jeremia, daß sie durch Schwert, Hunger und Pest sterben würden (vgl. Jer 14,12;42,22 ). Genau die Gefahren, die sie durch ihre Flucht nach Ägypten zu vermeiden suchten, würden ihnen dort begegnen. Niemand würde dem Unheil entrinnen , und alle, die das Land Israel verließen, würden es nie mehr sehen .



Jer 42,19-22


Jeremia beschloß seine Botschaft, indem er noch einmal Gottes Befehl, nicht nach Ägypten zu gehen, wiederholte. Gott kannte die Herzen der Menschen und warnte sie, daß sie ihr Leben in Gefahr gebracht hätten, als sie Jeremia baten, für sie zu beten. Denn obwohl sie geschworen hatten, alles zu tun, was Gott ihnen sagte (vgl. V. 6 ), wollten sie nun, als sie sein Wort vernommen hatten, nicht gehorchen. Deshalb mahnte Jeremia sie, daß das einzige, was ihnen sicher sei, der Tod durch Schwert, Hunger und Pest (vgl. V. 17 ) sei, wenn sie nach Ägypten zögen.



b. Jeremias Dienst an dem Überrest in Ägypten
( Jer 43; 44 )


(1) Der Überrest flieht nach Ägypten ( Jer 43,1-7 )



Jer 43,1-3


Nachdem Jeremia dem ganzen Volk Gottes Antwort auf seine Frage ausgerichtet hatte, stellten Asarja (in Jer 42,1 Jesanja genannt) und Johanan, zusammen mit allen aufsässigen Männern seine Glaubwürdigkeit in Frage. Sie behaupteten, es sei eine Lüge, zu erklären, daß Gott den Menschen geraten habe, nicht nach Ägypten zu ziehen. Auch beschuldigten sie Baruch , er habe Jeremia beredet, an einer Verschwörung teilzunehmen und diese früheren Rebellen den Chaldäern zu übergeben, die sie dann töten oder nach Babel wegführen würden. Warum sie gerade Baruch herausgriffen, ist nicht bekannt. Aber da er Jeremias Vertrauter und Gefährte war, könnte es sein, daß sie ihn als Drahtzieher hinter seiner Antwort vermuteten.

 

Jer 43,4-7


Statt nach Mizpa zurückzukehren, marschierte der Trupp von der Herberge Kimhams ( Jer 41,17 ) aus südwärts. Neben den Hauptleuten des Heeres und den Soldaten, die zu Gedalja zurückgekehrt waren ( Jer 40,7-10 ), gehörten auch die Übriggebliebenen derer, die von allen Völkern nach Juda zurückgekehrt waren ( Jer 41,11-12 ), nämlich Männer, Frauen und Kinder , sowie die Königstöchter zu der Gruppe. Die Führer zwangen auch Jeremia und Baruch, mit ihnen zu gehen. Sie zogen nach Ägyptenland und ließen sich in Tachpanhes nieder, einer befestigten Stadt an der Grenze zu Unterägypten (= Nordägypten; vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ).



Jer 43,8-13


(2) Die Weissagung der Invasion Nebukadnezars ( Jer 43,8-13 )

Während die Männer aus Juda zusahen, vollzog Jeremia erneut eine symbolische Handlung, die ihre Aufmerksamkeit erregen sollte (vgl. Jer 13,1-11 ). Er trug einige große Steine zusammen und vergrub sie in dem Boden , d. h. unter dem Ziegelpflaster, das den großen Vorhof am Eingang des Hauses des Pharao bedeckte. Da sich die Hauptresidenz des Pharao zu jener Zeit in Elephantine befand, das in Oberägypten (= Südägypten) lag, ist unter diesem "Haus" vermutlich ein Regierungsgebäude zu verstehen, das als Wohnsitz des Pharao diente, wenn dieser die Stadt Tachpanhes besuchte.

Diese Steine sollten den Platz bezeichnen, an dem Nebukadnezar seinen Thron aufstellen würde, wenn Gott ihn nach Ägypten geführt hätte. Wenn er gekommen wäre, um Ägyptenland zu schlagen , würde der König von Babylon seinen Thronhimmel darüber ausspannen. Das Gespenst von Tod, Gefangenschaft und Schwert, vor dem diese Menschen geflohen waren (vgl. Jer 42,13-17 ), würde ihnen nach Ägypten folgen. Nebukadnezar würde die Tempel Ägyptens in Brand stecken und seine Götter wegführen. Er würde Ägyptenland lausen und wegtragen, wie ein Hirte sein Kleid laust. Der Name Bet-Schemesch ( bLT SemeS ; "Haus der Sonne") bezieht sich vielleicht auf Heliopolis, auch On genannt, das Zentrum des ägyptischen Sonnenkultes (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ). Diese Stadt, die voll heiliger Steinmale (vermutlich Obeliske) und Tempel war, würde vernichtet werden.

Wann ereignete sich dieser Angriff Nebukadnezars auf Ägypten? Da die

bisher entdeckten babylonischen Chroniken nur bis in das Jahr 594 V. Chr. reichen, finden wir kaum außerbiblische Quellen, die uns hierüber Aufschluß geben könnten. Ein Fragment wurde jedoch entdeckt, das einen Angriff Nebukadnezars auf Ägypten in den Jahren 568 - 567 V. Chr. anzudeuten scheint. Dies würde sehr gut zu dem in Hes 29,19 vorausgesagten Ägypten-Feldzug dieses Königs passen. Diese Prophetie, die am 26. April 571 V. Chr. verkündet wurde, sah den Angriff auf Ägypten noch in der Zukunft. Nebukadnezars Invasion hätte dann irgendwann zwischen 571 und 567 V. Chr. stattgefunden.



Jer 44,1-10


(3) Die Warnung vor dem Gericht Gottes ( Jer 44 )

Gottes Wort erging ein zweites Mal an Jeremia, während er in Ägypten war (vgl. Jer 43,8 ). Diesmal war es an alle Judäer gerichtet, die dorthin gezogen waren. Gemeint waren jene in Unterägypten (vgl. Jer 43,8 ), wozu die nördlichen Städte Migdol, Tachpanhes und Memfis gehörten. Die Weissagung galt aber auch für die, welche weiter südlich, in Oberägypten ( Patros ), wohnten. Jeremia hat hier eine Stilform benutzt, bei der die beiden Extreme genannt werden und alles dazwischenliegende mit eingeschlossen ist. Seine Botschaft richtete sich also an alle Juden in ganz Ägypten.

Gott erinnerte die Juden an das Unheil , das er über Jerusalem und alle jüdischen Städte gebracht hatte. Ihre Ruinen waren ein stummes Zeugnis für Gottes Gericht für die Bosheit, die sie getan hatten. Die Sünde, auf die Jeremia besonders hinwies, war ihr Dienst an andern Göttern. Immer wieder hatte Gott die Menschen durch seine Knechte, die Propheten, gemahnt, sich von ihrer Sünde zu bekehren, aber sie gehorchten nicht und kehrten ihre Ohren nicht zu ihm . Gottes Zorn und Grimm war daher gegen Juda entbrannt, bis nur noch eine Wüste und Öde übriggeblieben war.

Diese "Lektion der Geschichte" wandte Jeremia nun auf die Juden in Ägypten an. Statt die Torheit des Götzendienstes einzusehen, opferten sie andern Göttern , die in Ägyptenland angebetet wurden. Daher waren sie in Gefahr, zur Schmach (vgl. die Anmerkungen zu Jer 24,9 ) zu werden, denn sie zwangen den heiligen Gott, sie für ihre Sünden zu bestrafen. Es war, als hätten sie vergessen , welche Sünden sie und ihre Vorfahren begangen, und welche Folgen diese Taten gehabt hatten. Sie hatten sich vor Gott nicht gedemütigt und sein Gesetz nicht befolgt. Wie schnell schienen sie Gottes Wort vergessen zu haben!



Jer 44,11-14


Gott würde über alle, die übriggeblieben waren von Juda und in Ägyptenland lebten, ihrer Sünde wegen ebenso Unheil bringen, wie er dies zuvor getan hatte, als das Volk noch im eigenen Land wohnte. Sie würden durch Schwert und Hunger umkommen (vgl. Jer 42,22 ). Dieses Gericht würde fast jeden betreffen, der als Jude in Ägypten lebte. Gott würde sie ebenso strafen, wie er Jerusalem gestraft hatte. Die Flüchtlinge hofften, eines Tages nach Hause zurückkehren zu können. Gott aber schwor, daß keiner von ihnen ins Land Juda zurückkehren würde. Alle, die nach Ägyptenland geflohen waren und so Gottes Befehl verletzt hatten, würden dort sterben, außer einigen Entronnenen , denen Gott diese Rückkehr erlauben würde.



Jer 44,15-19


Die, welche diese Botschaft Jeremias vernahmen, wollten nicht umkehren. Die Männer, die wußten, daß ihre Frauen Götzendienst betrieben, sagten, daß sie alles ebenso tun würden, wie sie es bisher getan hätten. Zu diesen götzendienerischen Praktiken gehörte es, der Himmelskönigin (vgl. die Anmerkungen zu Jer 7,18 ) Trankopfer zu bringen. Daß diese heidnischen Kulte überall unter den Juden verbreitet waren, steht fest, denn sie selbst, ihre Vorfahren ( Väter ), ihre Könige und ihre Oberen hingen ihnen an. Ja, sie kehrten die Wahrheit sogar um und behaupteten, ihre Schwierigkeiten resultierten aus der mangelhaften Beachtung dieser Rituale. Solange sie der Himmelskönigin geopfert hätten, hätten sie Brot genug gehabt. Erst, als sie aufhörten, der Göttin zu opfern, hätten sie Mangel gelitten und angefangen, durch Schwert und Hunger umzukommen. Offensichtlich waren die Menschen extrem kurzsichtig. Sie konnten sich einfach nicht mehr daran erinnern, daß das genaue Gegenteil der Fall gewesen war (vgl. Jer 14; Hos 2,5-9; Am 4,4-12 ). Treue und Gehorsam Gott gegenüber hatten ihnen Segen, Untreue und Ungehorsam dagegen Unheil gebracht ( 3Mo 26,1-45; 5Mo 28 ). Die Frauen bestätigten, daß ihre Männer von ihren götzendienerischen Praktiken wußten (und sie offensichtlich sogar guthießen).



Jer 44,20-23


Jeremia erinnerte das Volk daran, daß Gott über die Götzenopfer Bescheid wußte. Als er die Sünde nicht mehr leiden konnte, richtete er das Volk, und das Land wurde zum Entsetzen und zum Fluch . Judas Götzendienst hatte ihm keineswegs Segen gebracht, sondern seinen Untergang herbeigeführt. Weil die Menschen den Herrn nicht anerkannt hatten und ihm nicht gefolgt waren, war dieses Unheil über Juda gekommen, so wie es heute war .



Jer 44,24-28


Das Tun des Volkes machte die Ernsthaftigkeit seines Gelübdes gegenüber der Himmelskönigin deutlich, der es mit Räucherwerk und Trankopfern dienen wollte (vgl. V. 17 ). Da die Menschen ihren Götzendienst so ernsthaft betrieben, forderte Gott sie in ironischer Weise auf, ihre Gelübde , die sie dieser falschen Göttin gemacht hatten, zu erfüllen. Aber während sie diesen Götzendienst vollführten, sollten sie auch Gottes Gerichtsbotschaft hören. Gott selbst legte ein Gelübde ab. Er schwor bei seinem großen Namen , daß kein Jude in ganz Ägyptenland jemals wieder seinen Namen nennen werde. Sein Gericht werde sie verfolgen, bis es ein Ende mit ihnen habe. Nur ein geringes Häuflein würde überleben und nach Juda zurückkehren. Dann würden sie erkennen, daß nur Gottes Wort wahr ist - ganz im Gegensatz zu ihrer Behauptung, daß Götzendienst ihnen Wohlstand bringen werde (V. 17 - 18 ).



Jer 44,29-30


Gott gab ihnen nun ein Zeichen , um die Wahrheit dieser Weissagung zu bestätigen. Die Erfüllung dieses Zeichens würde beweisen, daß Gottes Wort des Unheils (vgl. V. 27 ) an die götzendienerischen Juden in Ägypten wahr werden würde. Das Zeichen sollte darin bestehen, daß Pharao Hofra in die Hände seiner Feinde übergeben würde, gleichwie Zedekia in die Hand Nebukadnezars übergeben worden war. Nach dem Historiker Herodot verlor Hofra seinen Thron im Jahre 570 V. Chr. Er hatte Amasis, einen seiner Generäle, entsandt, um eine Revolte in der Armee niederzuschlagen. Die Armee aber stellte sich geschlossen hinter Amasis und machte ihn zum Pharao. Amasis besiegte Hofra im Kampf und ließ ihn festnehmen. Einige Zeit später lieferte er ihn den Ägyptern aus, die seinen Tod verlangten und ihn aufhängten (Herodot 2.161- 3,169).



c. Jeremias Botschaft an Baruch
( Jer 45 )


Jer 45,1-3


Dieses Kapitel wurde im vierten Jahr Jojakims (605 - 604 V. Chr.) verfaßt, als Baruch auf eine Schriftrolle die Botschaft aufschrieb, wie Jeremia sie ihm sagte . Hiervon wird in Jer 36,1-8 berichtet. Offenbar war Baruch durch den Inhalt dieser Botschaft entmutigt. Er hatte den Eindruck, Gott habe Jammer zu seinem Schmerz hinzugefügt . Ähnlich wie zuvor Jeremia (vgl. Jer 8,21-9,2; 14,17-18; 15,10.15-18 ) war Baruch müde geworden vor lauter Wehklagen und konnte keine Ruhe finden.



Jer 45,4-5


Gottes Botschaft an Baruch sollte ihn mitten im Gericht zum Glauben führen. Gott würde wirklich einreißen, was er gebaut , und ausreißen, was er gepflanzt hatte (vgl. Jer 1,10 ). Baruch war so entmutigt, weil die Realität des Gerichtes mit seinem persönlichen Streben nach Größe kollidierte. Er sollte nicht große Dinge suchen für sich selbst, denn Gott würde Unheil bringen. Statt traurig zu sein, weil Gott

nicht alle seine Wünsche erfüllte, sollte Baruch froh darüber sein, daß Gott ihn verschonen würde. Gott versprach ihm, daß er trotz der schrecklichen Dinge, die ringsumher geschähen, mit dem Leben davonkäme. Die Antwort, die Gott von Baruch erwartete, war die seines Zeitgenossen Habakuk (vgl. Hab 3,16-19 ). Die Hoffnung eines frommen Menschen inmitten des Gerichtes an seinem Volk sollte sich fest auf Gott gründen. Vermutlich setzte Jeremia dieses Kapitel an den Abschluß seiner Weissagungen über Juda ( Jer 2-45 ), um noch einmal zu bekräftigen, welche Antwort Gott von einem frommen Juden in der Zeit des Exils erwartete.



III. Weissagungen über die Völker
( Jer 46-51 )


Jeremia war als ein Prophet der Völker berufen worden ( Jer 1,5; 46,1 ). Seine Weissagungen über das Volk von Juda stellte er an den Anfang ( Jer 2-45 ), weil Juda Gottes Bundesvolk war und weil der größte Teil der Weissagungen Jeremias dieses Volk betrafen. Aber auch die anderen Völker entgingen seinem prophetischen Weitblick nicht. Wenn Gott sein eigenes Bundesvolk für dessen Sünde richten würde, wie konnten dann die heidnischen Völker zu entkommen hoffen, da doch ihre Sünde noch ausgeprägter war? In den Kap. 46 - 51 wird berichtet, wie der Schatten des Gerichtes Gottes sich von Juda abwandte und auf dessen heidnische Nachbarn fiel.



A. Die Weissagung gegen Ägypten
( Jer 46 )


Das erste Volk, das vom Gericht Gottes getroffen wurde, war Ägypten, Judas ehemaliger Verbündeter. Ägypten hatte Juda dazu ermutigt, gegen Babylon zu rebellieren. Doch als die Zeit gekommen war, seinen Bündnispartner zu beschützen, hatte es sich als unfähig erwiesen, seine Verpflichtungen einzuhalten (vgl. Jer 37,4-10; Hes 29,6-7 ).



1. Ägypten wird bei Karkemisch besiegt werden
( 46,1 - 12 )


Jer 46,1-6


Jeremias Wort richtete sich wider das Heer des Pharao Necho , jenes Königs von Ägypten, der im Jahre 609 V. Chr. König Josia tötete ( 2Kö 23,29 ). Jeremia schrieb seine Weissagung auf, nachdem das ägyptische Heer bei Karkemisch besiegt worden war (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ). In dieser Stadt am Euphratstrom konnte Nebukadnezar einen großen Sieg über die Ägypter feiern. Diese Schlacht fand im Jahre 605 V. Chr. statt, dem vierten Jahr Jojakims.

Voll Ironie rief Gott das ägyptische Heer auf, seine Schilde zu rüsten und in den Streit zu ziehen, um gegen die Babylonier zu kämpfen. Die Rosse sollten gesattelt und bestiegen werden, und das Fußvolk sollte die Helme aufsetzen und die Spieße und Panzer ergreifen.

Aber dieser Kampf würde nicht nach den Vorstellungen Ägyptens verlaufen. Babylons schneller Angriff würde die Ägypter in Schrecken versetzen, wenn ihre Helden erschlagen wären. Die von Panik erfaßten Soldaten würden die Flucht ergreifen. In dem nun folgenden Durcheinander würden sie sich gegenseitig behindern, so daß der Schnelle nicht entfliehen und der Starke nicht entrinnen könnte. Babylon würde sie besiegen und das Heer zerschlagen. Die babylonischen Chroniken bestätigen dieses Bild eines hoffnungslosen Durcheinanders und einer völligen Niederlage. Die ägyptische Armee "zog sich zurück" vor den Babyloniern, aber die Babylonier "überkamen und besiegten sie, so daß nicht ein einziger Mann in sein eigenes Land entkommen konnte" (Donald J. Wiseman, Chronicle of Chaldean Kings (626 - 556 V. Chr.) in the British Museum. London: Trustees of the British Museum, 1956, S. 67 - 69).



Jer 46,7-12


Gott fragte, wer dieses Volk sei, das versuchte, den Nil mit seinen Wassern, die emporstiegen und das Land überfluteten, nachzuahmen. Die Antwort lautete: Ägypten . Es würde versuchen, sich wie der Nil zu erheben und das Land mit seinen Eroberungen zu bedecken.

Der Aufbruch der ägyptischen Armee mit ihren Rossen und Schützen würde dem Aufbrausen eines mächtigen Flusses gleichen. Zur ägyptischen Armee gehörten Söldnertruppen aus Kusch (dem heutigen Oberägypten, Sudan und Nordäthiopien) und Put (dem heutigen Libyen), die als Fußsoldaten Schilde mit sich führten, und Soldaten aus Lud (von der Westküste Kleinasiens), die Bogenschützen waren. Auch Hesekiel führt diese Söldnertruppen namentlich auf ( Hes 30,5 ).

Obwohl Ägypten eine solch mächtige Armee aufbieten würde, würde der Tag des Kampfes doch dem Herrn gehören. Gott würde Vergeltung an Ägypten üben, bis es vernichtet war. Erst dann würde sein Schwert des Gerichtes ruhen. Gott verglich sein Tun mit einem Schlachtopfer , das am Euphratstrom dargebracht würde.

Wenn die Ägypter nach Gilead gingen, um Balsam für ihre Wunden (vgl. die Anmerkungen zu Jer 8,22 ) zu holen, wäre dieses Heilmittel umsonst, denn Gott würde sie nicht heil werden lassen. Die umliegenden Völker würden von der Schande Ägyptens hören, wenn sein Heulen vor Angst und Schmerzen das Land erfüllte. Die mächtigen Kämpfer würden einer über den andern fallen (vgl. Jer 46,6 ) und besiegt miteinander darniederliegen .

 

2. Ägypten wird angegriffen und ins Exil geführt werden
( 46,13 - 26 )


Jer 46,13-19


Nebukadnezar besiegte die Ägypter 605 V. Chr. bei Karkemisch, aber das Land Ägypten griff er erst etwa 571 - 567 V. Chr. an (vgl. die Anmerkungen zu Jer 43,8-13 ). In dieser undatierten Weissagung ( Jer 46,13-26 ) gab Gott weitere Einzelheiten über das Nahen Nebukadnezars und seine Absicht, Ägyptenland zu schlagen, bekannt. Die Warnung vor Nebukadnezar sollte in Migdol, Memfis und Tachpanhes verkündet werden - denselben drei Städten, die Jeremia in Jer 44,1 erwähnte, um Unterägypten zu bezeichnen. In diesem Gebiet sollten Ägyptens Truppen ihre Stellung einnehmen und sich auf den kommenden Kampf vorbereiten.

Jeremia fragte, warum die Gewaltigen Ägyptens zu Boden fielen (V. 15 ). Hier liegt eine textkritische Unsicherheit vor, denn in der Septuaginta steht statt dessen "Warum ist Apis geflohen ... ?" (LXX, 26,15; in der LXX sind verschiedene Kapitel des Buches Jeremia anders geordnet, so daß Jer 46,15 im Hebräischen Jer 26,15 im Griechischen entspricht). Die Septuaginta hat das hebräische Verb für "zu Boden fallen" ( nisHaP ) in zwei Wörter getrennt ( nis HaP , "Haf [d. h. Apis] ist geflohen"). Apis war der Stiergott Ägyptens. Der Sieg über ein Volk wurde oft dem Sieg über dessen Gott gleichgesetzt (vgl. Jes 46,1-2; Jer 50,2; 51,44 ). Wenn die Lesart der Septuaginta richtig ist, dann wollte Jeremia die Unfähigkeit des Gottes Apis zeigen, die Ägypter vor dem Herrn zu beschützen. Allerdings scheint es vom Satzfluß in Jer 46,15 her besser, der hebräischen Lesart von Vers 15 a zu folgen: "Wie geht's zu, daß deine Gewaltigen zu Boden fallen?"

Jeremia beantwortete seine Frage selbst: Die Soldaten könnten nicht standhalten , weil Gott sie gestürzt hätte. Wenn die Söldner übereinander fielen in ihrem Streben nach der Flucht aus Ägypten, würden sie beschließen, daß ein jeder zu seinem eigenen Volk und in sein Vaterland zurückkehren sollte. Nur wenn sie Ägypten verließen, könnten sie dem mörderischen Schwert entkommen. Pharao Hofra hatte sich seiner Fähigkeit gebrüstet, die Babylonier zu besiegen, aber diese besiegten Soldaten würden nun erkennen, daß seine großen Worte nur Prahlerei waren. Er würde sein Versprechen nicht halten können. Er hatte die Zeit, Babylon zu besiegen, bereits versäumt .

Gott schickte jemanden nach Ägypten (d. h. Nebukadnezar), der so hoch über allen anderen stand, wie der Berg Tabor unter den Bergen herausragte. Dieser eine würde so gewaltig emporragen wie der Berg Karmel am Meer . Was Pharao Hofra nicht zu tun vermochte, würde Nebukadnezar tun. Die Ägypter sollten ihr Fluchtgepäck packen (vgl. Hes 29,9-16 ), denn Nebukadnezar würde Memfis angreifen (vgl. Jer 46,14 ) und es wüst und ohne Einwohner zurücklassen.



Jer 46,20-24


Mehrere Vergleiche und Bilder benutzte Jeremia, um den Untergang Ägyptens zu verdeutlichen. So verglich er zunächst Ägypten mit einer schönen, jungen Kuh . Dieses Bild ist seltsam, da doch Ägyptens Gott, Apis, ein Stier war. Aber der Schlächter aus dem Norden (Babylon) würde kommen, um Ägypten zu töten. Zweitens verglich Jeremia die Söldner (vgl. V. 9.16 ) in Ägyptens Heer mit gemästeten Kälbern , die für die Schlachtung vorbereitet waren. Sie würden sich wenden und fliehen, wenn der Tag ihres Unheils kam. Drittens war Ägypten einer zischenden Schlange gleich, die sich hinwegschlängeln würde, um den Äxten dieser mächtigen Holzhauer zu entgehen, die gekommen waren, um ihren Wald umzuhauen . Viertens verglich Jeremia die Größe der babylonischen Armee mit einem Schwarm Heuschrecken , die so zahlreich waren, daß niemand sie zählen konnte. Die Aussage aller dieser Bilder ist die gleiche: Ägypten würde zuschanden (vgl. V. 12 ), weil Gott es dem Volk aus dem Norden in die Hände gegeben hatte .



Jer 46,25-26


Gott würde weder die Götter noch die Könige Ägyptens verschonen. Er würde heimsuchen den Amon zu No . Amon war der Hauptgott von Theben (oder No) in Oberägypten. Gottes Gericht, das im Norden beginnen sollte (vgl. V. 14.19 ), würde also auch den Süden erreichen. Es würde den Pharao, alle ägyptischen Götter und alle Menschen treffen, die sich auf ihn (den Pharao) verließen. Sie würden in die Hände Nebukadnezars übergeben werden (vgl. Hes 29,17-20 ). Aber die Zerstörung Ägyptens würde kein endgültiger Zustand sein. Gott verhieß, daß Ägypten danach wieder bewohnt sein werde wie vor alters . Dies könnte sich auf die Rückkehr der ägyptischen Gefangenen beziehen (vgl. Jer 46,19; Hes 29,10-16 ). Es ist jedoch auch möglich, daß die Aussagen über die glückliche Zukunft Ägyptens, zusammen mit der Weissagung der bevorstehenden Wiederherstellung Israels ( Jer 46,27-28 ) und einigen Aussagen Jeremias über andere Völker (vgl. Jer 48,47; 49,39 ), erst während der tausendjährigen Herrschaft Christi erfüllt werden, wenn die Ägypter wieder in ihrem Land sind.



3. Israel wird wieder gesammelt werden
( 46,27 - 28 )


Jer 46,27-28


Im Gegensatz zu Ägypten, das in die Gefangenschaft geführt würde, sollte Israel sich nicht fürchten und nicht verzagen . Es konnte sich freuen, weil Gott versprochen hatte, sein Volk aus der Gefangenschaft zurückzubringen. Israel konnte auf eine Zeit schauen, in der es in Frieden und ohne Sorge leben würde. Zwar würde auch Israel in die Gefangenschaft gehen, aber Gott versprach, mit ihm nicht ein Ende zu machen . Ein Überrest würde bleiben, der erneut Gottes Segen erfahren würde.



B. Die Weissagung gegen die Philister
( Jer 47 )


Jer 47,1


Jeremias zweite Weissagung gegen die heidnischen Völker richtete sich an die Philister . Die Philister bewohnten das Küstengebiet Judas und waren seit der Eroberungszeit ein Dorn in Israels Seite (vgl. Ri 3,1-4 ). Immer wenn die Philister stark waren, versuchten sie, sich von den Küstenregionen aus in das Hügelland von Judäa auszudehnen. Gegen diese Versuche mußten sich Schamgar ( Ri 3,31 ), Simson ( Ri 13-16 ), Samuel ( 1Sam 7,2-17 ), Saul ( 1Sam 13,1-14,23; 28,1-4; Jer 29,1-2.11; 31,1-10 ) und David ( 2Sam 5,17-25 ) zur Wehr setzen. David konnte schließlich die Philister unterwerfen ( 1Sam 8,1 ), und während der Regierungszeit Salomos waren sie ein Vasallenstaat Israels. In der Zeit des geteilten Königreiches wechselten die Machtverhältnisse immer wieder. Juda besaß die Oberherrschaft während der Regierungszeit Joschafats ( 2Chr 17,10-11 ) und Usijas, aber unter Joram ( 2Chr 21,16-17 ) und Ahas ( 2Chr 28,16-18 ) waren die Philister führend.

Jeremias Botschaft wurde verkündet, ehe der Pharao Gaza schlug . Das genaue Datum dieses Ereignisses ist unsicher. Am wahrscheinlichsten ist entweder das Jahr 609 V. Chr., als Pharao Necho nordwärts durch Palästina zog, um gegen die Babylonier zu kämpfen ( 2Kö 23,29-30 ), oder das Jahr 601 V. Chr., als er die babylonischen Truppen in einer Schlacht besiegte, die nur in den babylonischen Chroniken erwähnt wird. Weil jedoch die Zerstörung Aschkelons als ein Ereignis beschrieben wird, das noch in der Zukunft liegt, ist das erste Datum (609 V. Chr.) vorzuziehen. Aschkelon wurde Ende des Jahres 604 V. Chr. (vgl. die Anmerkungen zu Jer 36,9 ) durch Nebukadnezar zerstört.



Jer 47,2-7


Die Babylonier werden als Wasser beschrieben, die von Norden kommen würden. Sie würden zum reißenden Strom werden, der die Philister hinwegspülen würde. Diese würden vor Angst schreien, wenn sie das Stampfen der Rosse und das Rasseln der Wagen hörten. Die Leute würden von solcher Furcht ergriffen sein, daß die Väter sich nicht umsehen würden, um ihren Kindern zu helfen. Nachdem sie vernichtet wären, würden die Philister natürlich ihren Verbündeten, Tyrus und Sidon , nicht mehr beistehen können (vgl. Hes 27-28 ).

Die Philister waren der Rest derer von der Insel Kaftor (Kreta; vgl. Am 9,7; Zeph 2,5 ). Sie gehörten zu jenen Gruppen von Seevölkern, die an die Küsten Palästinas ausgewandert waren (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung). Gaza und Aschkelon , zwei der fünf Städte der Philister (vgl. Jos 13,3; 1Sam 6,4.18 ), werden besonders erwähnt. Gaza wurde von den Ägyptern angegriffen (vgl. Jer 47,1 ); Aschkelon wurde später - im November / Dezember 604 V. Chr. - durch Nebukadnezar zerstört (vgl. die Anmerkungen zu Jer 36,9 ). Gott sagte hier voraus, daß die Philister in den Kampf zwischen Babylon und Ägypten verwickelt und dabei aufgerieben würden. Sie würden sich daher wund ritzen - ein Zeichen der Trauer und des Leides (vgl. die Anmerkungen zu Jer 16,6 ). Gottes Schwert des Gerichtes würde nicht aufhören, bis es Aschkelon und das Ufer des Meeres angegriffen und verwüstet hatte (vgl. Hes 25,15-17 ).



C. Die Weissagung gegen Moab
( Jer 48 )


Das Land Moab lag östlich des Toten Meeres. Im Süden wurde es durch den Fluß Zered von Edom abgegrenzt, und im Norden trennte es der Fluß Arnon von Ammon. Jeremia führte viele moabitische Städte namentlich an, die Gott zerstören würde. Viele der Bilder, die Jeremia benutzte, waren aus Jes 16,6-12 entlehnt.



1.Moabs Land wird verwüstet werden
( 48,1 - 10 )


Jer 48,1-5


Nebo ist hier nicht der gleichnamige Berg, auf dem Mose das verheißene Land sah und starb (vgl. 5Mo 32,48-50 ), sondern eine Stadt, die zum Stamm Ruben gehörte (vgl. 4Mo 32,37-38 ) und später von Moab eingenommen wurde. Das gleiche gilt für die Stadt Kirjatajim (vgl. Jos 13,19 ). Gott kündigte an, daß sie genommen würde. Die hohe Feste könnte auch mit "Misgab" wiedergegeben werden und würde sich dann auf eine unbekannte Stadt oder Festung beziehen, die von ihren Eroberern zerbrochen würde. Heschbon war während des Auszugs aus Ägypten die Hauptstadt Sihons, des Königs der Amoriter ( 4Mo 21,25-30 ), gewesen. Später gehörte sie dem Stamm Ruben, der sie wieder aufbaute ( 4Mo 32,37; Jos 13,17 ), obwohl sie an der Grenze zum Stamm Gad lag ( Jos 13,26 ). Die moabitische Stele (heute im Britischen Museum in London zu sehen) zeigt, daß auch Leute aus dem Stamm Gad in Heschbon wohnten, bis diese Stadt von den Moabitern eingenommen wurde. Jeremia benutzte ein Wortspiel, als er schrieb, daß man gegen Heschbon ( b+=HeSbNn ) Böses plante ( HASBU ).

Dann beschrieb Jeremia das Gericht Gottes über die Stadt Madmen , die vernichtet werden würde. Das Geschrei in Horonajim (vgl. 2Sam 13,34 ) würde überall auf den Hügeln Moabs widerhallen. Die Flüchtlinge würden mit Weinen die Steige von Luhit hinaufgehen und mit einem Jammergeschrei den Weg von Horonajim herabeilen.



Jer 48,6-10


Die Menschen von Moab würden fliehen, um ihr Leben zu retten und dem Gericht zu entgehen. Aber sie würden wie ein Strauch in der Wüste werden - verlassen und einsam. Man kann den Ausdruck "wie ein Strauch" auch mit "wie Aroër" ( kaZArNZEr ) übersetzen, einer Stadt am Rande der Schlucht des Arnon (vgl. 5Mo 2,36 ). Die Aussage wäre die gleiche - die Menschen von Moab würden wie eine verlassene und einsame Stadt oder wie ein verlassener und einsamer Busch in der Wüste sein. Weil Moab auf seine Bauwerke und Schätze vertraut hatte, würde auch es gerichtet werden, indem es erobert werden würde wie Juda. Sein Nationalgott, Kemosch (vgl. 1Kö 11,7 ), würde es nicht retten können. Vielmehr würde auch er gefangen wegziehen , zusammen mit seinen Priestern und Fürsten.

Gottes Zerstörung würde über alle Städte kommen. Der Ausdruck die Täler (wörtlich: "das Tal") könnte sich auf die vielen Täler beziehen, in denen die Menschen lebten. Es könnte aber auch das Jordantal gemeint sein, die westliche Grenze Moabs. Die Ebenen waren das Hochland von Transjordanien, in dem die meisten Städte Moabs lagen. Moabs Feinde würden dafür sorgen, daß Täler und Ebenen verwüstet lägen (wörtlich: "Salz darauf streuen"; vgl. Ri 9,45 ). Gott war so sehr darauf bedacht, Moab zu zerstören, daß er jene Völker bedrohte, die Moab vernichten sollten und des HERRN Werk lässig taten. Diese Völker werden nicht genannt, aber wir wissen, daß Moab durch nomadische Wüstenstämme aus dem Osten vernichtet wurde (vgl. Hes 25,10 ).



2.Moabs Selbstgefälligkeit wird zerschlagen werden
( 48,11 - 17 )


Jer 48,11-13


Moabs Geschichte war von einem hohen Maß an Frieden gekennzeichnet. Es war von seiner Jugend an ungestört. Jeremia verglich es mit Wein, der auf seinen Hefen still gelegen hat und nie aus einem Faß ins andre gegossen worden ist. Bei der Herstellung von Wein wurden zunächst die Trauben ausgepreßt. Dann gab man die Flüssigkeit in Krüge oder Schläuche, wo man sie gären ließ. Während dieses Vorganges setzte sich ein Bodensatz, die Hefe, am Boden ab. Nach vierzig Tagen goß man den gegorenen Wein vorsichtig in einen anderen Behälter und trennte ihn so von seiner Hefe. Wenn man die Hefe darin ließ, wurde der Wein zu süß und dickflüssig und verdarb. Diese Gegenstandslektion aus der Landwirtschaft wurde nun auf Menschen angewandt, die zu selbstgefällig geworden waren (vgl. Zeph 1,12 ). Moab hatte die harte Realität der Gefangenschaft noch nicht erlebt. Deshalb war sein Geschmack ihm geblieben, ähnlich wie bei nicht ausgegossenem Wein.

Gott aber kündigte an, daß die Zeit kommen werde (vgl. die Anmerkungen zu Jer 31,27 ), da er die Moabiter aus dieser Selbstgefälligkeit herausreißen werde. Er werde Küfer schicken , die sie ausschütten würden wie Wein, den man nicht mehr trinken kann. Zu jener Zeit werde Moab über dem Kemosch zuschanden werden (vgl. Jer 48,7 ), gleichwie Israel über Bethel zuschanden geworden war, worauf sie sich verließen. In Bethel war eines der beiden goldenen Kälber des Nordreiches aufgestellt worden (vgl. 1Kö 12,26-30 ). Zu spät hatte Israel erkannt, daß sein Vertrauen auf den falschen Gott in Bethel seine Zerstörung und Wegführung in die Gefangenschaft nicht verhindern konnte. Auch Moab würde diese Lektion bezüglich seines Gottes lernen müssen.



Jer 48,14-17


Moab vertraute auf seine Kriegsleute, die Helden im Kampf waren. Aber diese Männer würden die Zerstörung nicht aufhalten können. Sie würden in der bevorstehenden Schlacht hinab zur Schlachtbank gehen müssen. Moabs Untergang würde bald kommen. Jeremia rief die umliegenden Völker auf, mit Moab Mitleid zu haben, wenn die Zeit der Zerstörung gekommen war. Zusammen sollten sie darüber trauern, daß Moabs Zepter (ein Bild seiner Herrschaft) zerbrochen war.



3.Moabs Städte werden Katastrophen erleben
( 48,18 - 28 )


Jer 48,18-25


Die mächtige Stadt Dibon sollte sich demütigen, denn Gott würde zu ihr hinaufkommen. Die Bewohner der entfernt gelegenen Stadt Aroer (vgl. die Anmerkungen zu V. 6 ) sollten an die Straße treten und die Menschen, die an ihnen vorüberflohen, fragen, was geschehen sei. Man würde ihnen sagen, daß Moab verwüstet und vernichtet sei. Die Nachricht von diesem Untergang würde selbst noch südlich von Aroer, am Fluß Arnon , zu hören sein.

Jeremia zählte nun die Städte der transjordanischen Hochebene auf, die zerstört würden. Zwar ist nicht von allen genau bekannt, wo sie lagen, aber im allgemeinen scheint Jeremia von Norden nach Süden vorgegangen zu sein. Er nannte diese elf Städte, um zu zeigen, daß alle Städte im Lande Moab, fern oder nahe , vernichtet würden.

Zwei Symbole benutzte Jeremia, um zu zeigen, daß Moabs Macht zerbrochen war. Erstens sagte er, daß sein Horn abgeschlagen sei. Das Horn eines Tieres war ein Bild für seine Stärke (vgl. 1Sam 2,1; Mi 4,13; Sach 2,2-4 ). Zweitens sagte er, daß Moabs Arm, ebenfalls ein Symbol der Stärke, zerbrochen sei (vgl. die Anmerkungen zu Hes 30,20-26 ).



Jer 48,26-28


Jeremia verglich Moabs drohenden Untergang mit der Situation eines Betrunkenen (vgl. Jer 25,15-29 ). Weil die Moabiter sich gegen den HERRN erhoben hatten, würden sie nun speien müssen und zum Gespött werden. Einmal hatten sie Israel verspottet, als hätte man es unter den Dieben gefunden . Nun würden sie selbst die gleiche Verachtung erleben. Sie würden ihre Städte verlassen und in den Felsen wohnen müssen, um sich vor den Angreifern zu verstecken, die ihnen nach dem Leben trachteten.


4.Moabs Stolz wird aufhören
( 48,29 - 39 )


Jer 48,29-33


Das Hauptproblem Moabs war sein Stolz (vgl. Jes 16,6 ). Seine äußerliche Sicherheit und der relative Frieden hatten seine Arroganz angestachelt. Nur konnten sein Übermut und sein Geschwätz es nicht vor dem Untergang bewahren. Gott machte seine Anteilnahme an Moabs Geschick deutlich, indem er über Kir-Heres (vgl. Jes 16,7-11 ) trauerte, eine weitere bedeutende Stadt Moabs. In Anlehnung an Jes 16,9 sagte Jeremia, daß Gott weinen mußte über die Stadt Jaser und über den Weinstock Sibma , die zerstört würden. Das Land Moab war für seine Weinberge bekannt. Jeremia dehnte dieses Bild aus und sah ganz Moab als einen Weinberg. Seine Ranken reichten über das Tote Meer , aber nun würde der Verwüster über seine Ernte und Weinlese herfallen. Moab würde gleich einem Weinberg "abgeerntet". In dem Fruchtland würde es keine Freude mehr geben, und der Fluß des Weines aus den Pressen würde versiegen. Wenn die Zerstörung kam, würde man Geschrei hören (vgl. Jer 48,3-5 ) und nicht, wie zuvor, Lieder und Rufe der Freude und Wonne.



Jer 48,34-39


Das Geschrei der Klage Moabs würde von Heschbon bis Elale und Jahaz im Norden und von Zoar an bis nach Horonajim und Eglat-Schelischija und an die Wasser von Nimrims im Süden des Landes zu vernehmen sein. Das Land würde vom Norden bis in den Süden zerstört werden. Gott würde mit den götzendienerischen Praktiken ein Ende machen, die auf den vielen Höhen Moabs vollzogen wurden, wo die Moabiter ihren Göttern Opfer brachten.

Gott erhob die Stimme zu einem Klageschrei über Moab, der wie der hohe Ton einer Flöte klang. Das Gut, das Moab gesammelt hatte, war zugrunde gegangen, und die Menschen beklagten seinen Verlust (vgl. die Anmerkungen zu Jer 47,5 ). Das einst so stolze Land war zum Spott und zum Bild des Schreckens geworden . Die Menschen spotteten über Moab und waren über seinen furchtbaren Zustand erschrocken (vgl. die Anmerkungen zu Jer 24,9 ).

 

5.Moabs Zerstörung wird vollständig sein
( 48,40 - 47 )


Jer 48,40-44


Moabs Feinde wären wie ein Adler , der sich hinabschwingt und seine Flügel ausbreitet über das Land, um es mit seinen Klauen zu fangen. Die Städte und Festungen würden eingenommen, und die Helden , auf die die Moabiter sich verlassen hatten (vgl. V. 14 ), würden voller Furcht sein wie eine Frau in Kindsnöten (vgl. Jer 49,24; 50,43 ). Jeremia wiederholte einzelne Aussagen aus Jer 48,40-41 in Jer 49,22 ,wo es um Edom ging.

Damit Moab nicht dachte, daß seine Gefangenschaft nur ein Zufall sei, erinnerte Gott es daran, daß seine Zerstörung deshalb kommen werde, weil es sich gegen ihn erhoben hatte . Wegen dieser Rebellion würde niemand entkommen. Wer versuchte, Gottes Schrecken zu entfliehen, würde in die Grube fallen . Wer es schaffte, aus der Grube zu entkommen, würde in der Schlinge gefangen werden (vgl. Am 5,18-20 ). Gott würde darauf achten, daß alle in Moab in dem Jahr seiner Heimsuchung ihren Teil erhielten.

 

Jer 48,45-47


Jeremia beendete diesen Abschnitt über Moab, indem er ein altes Lied aus Heschbon frei zitierte (vgl. 4Mo 21,27-29 ). Die der Zerstörung Entronnenen wären hilflos, weil Gottes Feuer des Gerichts alle Bewohner Moabs verbrennen würde. Das Volk wäre verloren, seine Söhne und Töchter würden gefangen weggeführt werden. Das Volk von Moab verlor, historisch gesehen, seine nationale Identität, als es von den Arabern aus dem Osten überrannt wurde (vgl. Hes 25,10 ). Aber dennoch machte Gott Moab Hoffnung. Er versprach, in der letzten Zeit das Geschick Moabs zu wenden . Der Ausdruck "in der letzten Zeit" (wörtlich: "in den kommenden Tagen") bedeutet, daß diese Erneuerung während der tausendjährigen Herrschaft Christi geschehen wird (vgl. 5Mo 4,30; Jer 49,39; Dan 2,28; 10,14 ).



D. Die Weissagung gegen Ammon
( 49,1 - 6 )


Die Ammoniter wohnten östlich des Jordan und nördlich von Moab. Während des letzten Aufstands Judas gegen Babylon waren sie Verbündete Judas. Während der längsten Zeit ihrer Geschichte waren diese beiden Völker jedoch miteinander verfeindet (vgl. die Anmerkungen zu Jer 40,14 ).



Jer 49,1-3


Jeremia stellte vier Fragen (wobei Frage eins und zwei und Frage drei und vier zueinander parallel sind), um das Hauptproblem Ammons deutlich zu machen. Das Nordreich Israel war im Jahre 722 V. Chr. in die Gefangenschaft geführt worden. In der Annahme, daß Israel keine Kinder oder Erben habe, die in das Land zurückkehren würden, hatte Ammon dieses für sich selbst eingenommen. Milkom (dieses Wort könnte auch mit "sein König" übersetzt werden) war der Nationalgott Ammons, dessen Verehrung auch nach Juda gelangt war (vgl. Jer 32,35 ). Ammon hatte das Gebiet, das zuvor dem israelitischen Stamm Gad gehört hatte, in Besitz genommen. Ammoniter lebten damals in dessen Städten.

Gott kündigte an, daß die Zeit kommen werde (vgl. die Anmerkungen zu Jer 31,27 ), da ein Feind die Hauptstadt Ammons, Rabba , angreifen werde. Rabba solle zu einem wüsten Schutthügel werden, und Israel solle die Ammoniter, die sich in seinen Städten niedergelassen hatten, vertreiben. Heschbon, die Grenzstadt zwischen Moab und Ammon, wurde zu verschiedenen Zeiten in der Geschichte von verschiedenen Mächten kontrolliert (vgl. Ri 11,12.26; Jer 48,34.45 ). Das in Vers 3 genannte Ai ist nicht mit der gleichnamigen Stadt in Israel (vgl. Jos 7,2 ) identisch. Es handelt sich hierbei um eine Stadt in Ammon, deren genaue Lage nicht bekannt ist. Die Einwohner von Rabba würden den Sackleinen anziehen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 4,8 ) und klagen (vgl. Jer 48,37 ), weil ihr Gott Milkom (oder "ihr König"; vgl. die Anmerkungen zu Jer 49,1 ) gefangen weggeführt würde.



Jer 49,4-6


Ammons Problem war das gleiche wie das Moabs, nämlich der Stolz (vgl. Jer 48,29 ). Ammon rühmte sich seines Tales, das so wasserreich war. Es vertraute auf seine Schätze und fühlte sich sicher genug, um zu fragen, wer den Mut haben könnte, sich an ihm zu vergreifen (vgl. Hes 21,18-23 ). Aber das Gericht Gottes würde Ammons Sattheit und Stolz zerschmettern, wenn er seinen Schrecken über es gebracht hatte. Die sich nun ihrer Sicherheit rühmten, würden versprengt werden, und niemand würde die Flüchtigen sammeln und dafür sorgen, daß sie zurückkehrten und das Land wieder in Besitz nahmen. Aber dennoch verhieß Gott in seiner Gnade, daß er danach das Geschick Ammons wieder wenden werde (vgl. Jer 48,47;49,39 ).


E. Die Weissagung gegen Edom
( 49,7 - 22 )


Das Land Edom lag südlich von Moab und östlich des Toten Meeres. Es hatte eine lange Geschichte der Auseinandersetzungen mit Juda und wurde zum Symbol für die heidnischen Völker, die Juda übel wollten (vgl. Hes 35; 36,5;Ob 1,15-16 ). Viele der Bilder, die Jeremia benutzte, waren offensichtlich aus dem Propheten Obadja entlehnt. Allerdings gibt es viel Uneinigkeit darüber, wann das Buch Obadja geschrieben worden sei (vgl. die Anmerkungen unter "Abfassungszeit" in der Einführung zu Obadja).



Jer 49,7-13


Die Verbindung von Weisheit mit den Männern von Teman ist so alt wie das Buch Hiob, das von Elifas, dem Temaniter, spricht (vgl. Hi 2,11 ). Hiob Ja, ganz Edom war für seine weisen Männer berühmt (vgl. Ob 1,8 ). Teman lag mitten in Edom, etwa fünf Kilometer von Sela entfernt, das später als Petra bekannt wurde. Dedan war eine Stadt im Norden der arabischen Halbinsel, südöstlich von Edom, die für ihren ausgedehnten Handel berühmt war (vgl. Jer 25,23; Hes 25,13 ). Die in Edom lebenden Dedaniter wurden gewarnt, daß sie umkehren und fliehen sollten vor dem Unheil, das Gott über Edom bringen würde. Zwei Bilder werden benutzt, um die Härte des Gerichtes Gottes deutlich zu machen. Sein Gericht würde so durchgreifend sein wie die Arbeit von Winzern, die keine Nachlese im Weinberg übriglassen (vgl. Ob 1,5 c; 5Mo 24,21 ). Gottes Gericht würde ferner dem Werk von Dieben gleichen, die des Nachts kämen, um alles nach Herzenslust zu verwüsten (vgl. Ob 1,5 ). Gott würde Esau (Edom) entblößt zurücklassen. Nur die hilflosen Waisen und Witwen würde Gott verschonen.

Edom mußte gerichtet werden wegen seiner vielen Verbrechen. Wenn Gott jene, die es nicht verdient hatten, den Kelch seines Zorns zu trinken (gemeint sind jene Völker, die nicht mit Juda "verwandt" waren und sich über dessen Untergang freuten), dazu zwang, ihn zu trinken (vgl. Jer 25,15-29 ), wie konnte dann ein Volk, das mit Juda so eng verwandt war wie Edom (vgl. 5Mo 23,7 ), hoffen, ungestraft zu bleiben ? Die Sünde gegen den eigenen Bruder war ein abscheuliches Verbrechen. Wenn selbst Völker, die nicht mit Juda verwandt waren, bestraft würden, weil sie es mißhandelt hatten, dann verdienten jene Völker, die nahe mit Juda verwandt waren, eine noch härtere Bestrafung (vgl. Ob 1,10 ). Gott würde die Stadt Bozra im Norden Edoms zur Wüste und zum Fluch machen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 24,9 ).



Jer 49,14-18


Jeremia benutzte nun die Sprache der internationalen Diplomatie, wie vor ihm schon Obadja ( Ob 1,1 ). Er stellte sich Gott vor, wie er einen Boten zu seinen Verbündeten unter den Völkern schickte und sie bat, sich wider Edom zu sammeln. Edom würde gering unter den Völkern und verachtet werden, wenn Gott ihm sein Ansehen und seine Macht nahm (vgl. Ob 1,2 ). Edoms Hochmut und sein Vertrauen auf seine geschützte Lage brachten es dazu, sich in Sicherheit zu wiegen. Aber Gott würde es herunterstürzen (vgl. Ob 1,4 ) von seinem luftigen Ort, und die Menschen würden über seinen Zustand erschrecken (vgl. Jer 49,13 und die Anmerkungen zu Jer 24,9 ). Edom würde ebenso zerstört werden wie einst Sodom und Gomorra (vgl. Jer 50,40 ), so daß niemand mehr dort wohnen würde.



Jer 49,19-22


Gott würde mächtig wie ein Löwe sein, wenn er sich erhob, um die Edomiter aus ihrem Land wegzutreiben. Niemand würde Gott meistern, und kein Hirte würde ihm widerstehen können. Die Erwähnung des "Hirten" setzt das Bild des Schafhirten fort, der versucht, seine Herde vor einem reißenden Löwen zu schützen (vgl. 1Sam 17,34-35 ). Aber es bezieht sich auch auf das Gericht Gottes über den König, den "Hirten" des Volkes (vgl. Jer 23,1-4 ). Gott kündigte an, daß er die Edomiter mit den geringsten ihrer Schafe fortschleifen und ihre Auen veröden lassen werde. Das Geschrei der Zerstörung würde bis an das Schilfmeer (d. h. das Rote Meer) dringen - bis an jenen Ort also, an dem Gott zum ersten Mal ein Volk geschlagen hatte, das sein auserwähltes Volk bedrohte (vgl. 2Mo 14,21-31 ). Jeremia wiederholte (mit kleinen Veränderungen) Jer 49,19-21 in Jer 50,44-46 und wandte die Botschaft auf Babylon an. Mit einem Bild, das er vorher schon für Moab benutzt hatte ( Jer 48,40-41 ), zeigte Gott, daß er sich wie ein Adler auf Bozra (im Norden Edoms) stürzen würde. Das Herz der Helden, auf die Edom sich verließ, würde voll Furcht sein, gleich dem Herzen einer Frau in Kindsnöten (vgl. Jer 48,41; 49,24; 50,43 ). Sie würden Gottes Gericht nicht aufhalten können.

Zwei Dinge sind an dieser Botschaft bemerkenswert. Erstens erhielt Edom, anders als Ägypten, Moab und Ammon (vgl. Jer 46,26; 48,47; 49,6 ), keine Verheißung einer zukünftigen Wiederherstellung. Zweitens wurde diese Weissagung in der zwischentestamentlichen Zeit erfüllt, als die Wüstenstämme der Nabatäer die Edomiter aus ihrem Land vertrieben. Diese mußten in das südliche Juda auswandern, wo sie Idumäer genannt wurden. Im Jahre 125 V. Chr. unterwarf der Makkabäer Johannes Hyrkanos I. die Idumäer und zwang sie, das Judentum anzunehmen (Josephus Antiquities 13.9.1; 15.4). Die Edomiter hörten damit auf, eine eigene Volksgruppe zu sein.

 

F. Die Weissagung gegen Damaskus
( 49,23 - 27 )


Jer 49,23-27


Drei der großen Städte Syriens - Hamat und Arpad sowie Damaskus (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ) - wären verzagt, wenn sie ein böses Gerücht über einen Vormarsch Babylons hörten. Die Schmerzen von Damaskus wären wie die einer Frau in Kindsnöten (vgl. die Anmerkungen zu Jer 4,31 ). Wenn Nebukadnezar die Stadt Damaskus angriff, dann würden alle ihre Kriegsleute umkommen und ihre

Befestigungen verbrannt werden (vgl. Am 1,4 ). Gott würde die Paläste Ben-Hadads von Feuer verzehren lassen. "Ben-Hadad" (wörtl.: "Sohn des [Gottes] Hadad") war der Name der Dynastie, die Damaskus im neunten und achten Jahrhundert V. Chr. regierte (vgl. 1Kö 15,18.20; 20,1-34; 2Kö 6,24; 8,7; 13,3.24 und die Tabelle "Aramäische Könige in 1. und 2. Könige" zu 1Kö 11,23-25 ).



G. Die Weissagung gegen Kedar und Hazor
( 49,28 - 33 )


Kedar war ein ismaelitischer Nomadenstamm (vgl. 1Mo 25,13 ), der bekannt war für seine guten Bogenschützen ( Jes 21,16-17 ), seine Schafherden ( Jes 60,7; Jer 49,28-29 ), seine weitreichenden Handelsbeziehungen ( Hes 27,21 ) und seine kriegerische Haltung ( Ps 120,5-6 ). Der Ausdruck "Die Königreiche von Hazor" bezeichnet nicht die Stadt Hazor in Israel, die etwas nördlich des Galiläischen Meeres lag. Vielmehr ist damit ein noch unbekannter Ort in der arabischen Wüste gemeint. Jer 49,28 b. 29 behandelt offensichtlich die Zerstörung Kedars durch Nebukadnezar, während die Verse 30 - 33 von der Zerstörung Hazors sprechen.



Jer 49,28-29


Gott rief Nebukadnezar auf, Kedar anzugreifen, seine schwarzen Zelte aus Ziegenhaar (vgl. Hl 1,5 ) zu zerstören und seine Herden und alle Geräte und Kamele wegzuführen. Dann würden diese Nomaden Schrecken um und um erfahren.


Jer 49,30-33


Die Leute von Hazor wurden aufgerufen, zu fliehen und sich in tiefen Höhlen zu verstecken, denn Nebukadnezar habe etwas im Sinn wider sie. Wie schon bei Kedar (V. 28 ) rief Gott Nebukadnezar dazu auf, heraufzuziehen und Hazor anzugreifen. Die Araber fühlten sich so sicher in ihren entlegenen Wüstenregionen, daß sie weder Tür noch Riegel hatten, die sie vor einem Angriff schützen konnten. Nebukadnezar würde ihre Kamele (vgl. V. 29 ) und die Menge ihres Viehs erbeuten. Die Menschen würden in alle Winde zerstreut werden, und die Stadt selbst würde für immer eine Wohnung der Schakale werden - ein Bild der Verwüstung (vgl. Jer 9,11; 10,22; 51,37 ,wo dieser Ausdruck ebenfalls benutzt wird).



H. Die Weissagung gegen Elam
( 49,34 - 39 )


Jer 49,34-39


Elam lag östlich von Babylon im heutigen Iran (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ). Jeremia erhielt diese Weissagung im Anfang der Herrschaft Zedekias , also etwa 597 V. Chr. Gott würde den Bogen Elams zerbrechen , den Elam seine stärkste Waffe nannte. Die Elamiter waren besonders für ihre guten Bogenschützen bekannt (vgl. Jes 22,6 ). Ihre Eroberer würden von allen Seiten kommen ( wie die vier Winde von den vier Enden des Himmels ) und die Vertriebenen aus Elam in der ganzen Welt zerstreuen.

Es gibt zwar Hinweise darauf, daß Nebukadnezar die Elamiter etwa 596 V. Chr. besiegte, aber diese Unterwerfung Elams erfüllte die Weissagung nicht. Elam wurde zu einem wichtigen Teil des Persischen Reiches, das später das Babylonische ablöste (vgl. Dan 8,2 ). Jeremias Aussage über die Zerstörung Elams scheint eschatologischen Charakter zu besitzen, denn Gott sagte, daß er seinen Thron in Elam aufstellen werde, um seine Vernichtung zu überwachen. Aber diese Vernichtung wird nicht vollkommen sein, sondern Gott wird in der letzten Zeit das Geschick Elams wieder wenden (vgl. Jer 48,47; Jer 49,6 ).



I. Die Weissagung gegen Babylon
( Jer 50-51 )


1. Die Ankündigung des Gerichtes
( 50,1 - 10 )


Jer 50,1-5


Jeremia erhielt den Auftrag, den Völkern die öffentliche Demütigung Babels zu verkünden. Diese Stadt würde genommen, und ihr Schutzgott Bel (vgl. Jer 51,44; Jes 46,1 ; der Sturmgott Enlil), der auch als Merodach bekannt war, die Hauptgottheit Babylons, würde, bildlich gesprochen, zuschanden werden (vgl. Jer 46,24 ), weil er so unfähig war, Babylon zu beschützen. Babylon würde zerstört werden durch ein Volk aus dem Norden (vgl. Jer 50,9 ). Viele Ausleger verstehen dies als einen Hinweis auf Babylons Fall unter das Medo-Persische Reich. Aber mehrere der Aussagen passen historisch nicht zu diesem Ereignis. Erstens kamen die Perser nicht aus dem Norden, sondern aus dem Osten von Babylon. Zweitens wurde Babylon von Kyrus, als dieser es einnahm, nicht zur Wüste gemacht oder zerstört, so daß niemand mehr darin wohnte. Mehrmals wiederholte Jeremia die Tatsache, daß Babylon ohne Einwohner sein würde (vgl. V. 39 b. 40 ; Jer 51,29.37.43.62 ). Die Stadt wurde jedoch verschont und zu einem der Regierungszentren des Persischen Reiches. Daniel hatte hier eine führende Stellung inne (vgl. Dan 5,30;6,1-3 ). Drittens floh niemand während der Belagerung durch die Meder und Perser aus der Stadt. Daniel selbst, der Jeremias Weissagungen kannte (vgl. Dan 9,1-2 ), blieb während und nach der Eroberung Babylons in der Stadt (vgl. Dan 5,28.30-31;6,1-3 ). Viertens wurde die Verheißung, daß in jenen Tagen und zur selben Zeit die Leute von Israel und Juda, wieder als ein Volk vereinigt, nach dem Wege nach Zion fragen in der Absicht, sich dem HERRN zuzuwenden zu einem ewigen Bunde (vgl. Jer 31,31; 32,40 ), nicht nach dem Fall Babylons im Jahre 539 V. Chr. erfüllt.

Jeremias Weissagung sieht über diese Zerstörung Babylons hinaus auf eine eschatologische Zerstörung, die auch das Schicksal von Israel und Juda wenden wird. Vielleicht finden wir in dieser Weissagung eine Zusammenschau des Nahen und Fernen. Das bedeutet, daß der Fall Babylons und die Rückkehr der Gefangenen unter Serubbabel sich in diesem prophetischen Bild mit der endgültigen Wiederherstellung von Israel und Juda vermischten. Die Vernichtung Babylons sollte der Höhepunkt des Gerichtes Gottes über die heidnischen Mächte sein, die sein Volk unterdrückt hatten, und den Weg freimachen für die Erfüllung von Gottes Verheißungen an Israel. Auch andere Stellen der Schrift liefern Hinweise auf diese noch in der Zukunft liegende Wiederherstellung Israels und Zerstörung Babylons (vgl. Sach 5,5-11; Offb 17-18 ). Die Stadt Babylon würde nur dazu wieder aufgebaut werden, um am Ende der Großen Trübsal, bevor Christus wiederkommt, um seine tausendjährige Herrschaft zu errichten, wieder vernichtet zu werden.

 

2. Der Untergang Babylons
( 50,11 - 16 )


Jer 50,11-13


Babylon hatte gesündigt, als es Juda voller Übermut zerstört hatte. Gott würde jedes Volk richten, das sich freute und rühmte, daß es sein Erbteil geplündert hatte (vgl. die Anmerkungen zu 5Mo 4,20 ), jedes Volk, das frohlockte wie die Kälber und wieherte wie Rosse. Er würde Babylon Schande bereiten, indem er es zu einer Wüste machte, die unbewohnt und völlig verlassen liegen würde. Die einst so große Stadt würde ganz und gar zerstört werden, so daß alle, die vorüberzogen, sich entsetzen und spotten würden (vgl. Kl 2,15 ) über ihre Plagen (d. h. ihre physische Zerstörung, vgl. die Anmerkungen zu Jer 6,14 ).



Jer 50,14-16


Nun wird geschildert, wie beim Kampf um Babylon die Feinde ihre Stellungen um die Stadt herum einnehmen und ihre Pfeile auf die Verteidiger abschießen würden. Wenn sich die Stadt schließlich ergeben hatte, würden ihre Pfeiler und Mauern abgebrochen werden, und Gottes Vergeltung würde über jene kommen, die noch übrig waren. Weil dieses Schwert zuschlagen würde, warnte Gott die Ausländer, die in Babylon lebten, in ihr eigenes Land zu fliehen. Auch dies erfüllte sich nicht, als Kyrus Babylon im Jahr 539 V. Chr. angriff, sondern steht noch zur Erfüllung aus.

 

3. Die Wiederherstellung Israels
( 50,17 - 20 )


Jer 50,17-20


Israel, womit hier sowohl das Nordreich als auch das Südreich gemeint war, ist wie eine zerstreute Schafherde geworden (vgl. V. 6 - 7 ). Das Nordreich wurde im Jahre 722 V. Chr. von Assyrien, das Südreich im Jahre 586 V. Chr. von Babel vernichtet. Gott versprach, daß er diese Situation wieder wenden werde. Er werde die Könige von Babel und Assyrien wegen der Vernichtung seines Volkes heimsuchen, aber er werde auch Israel wieder in sein Land bringen . Die majestätischen Höhen des Karmel und die fruchtbaren Ebenen von Baschan , östlich des Sees Genezareth (des Galiläischen Meeres, vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ), würden wieder ebenso von Israeliten bewohnt sein wie das Gebirge von Ephraim und Gilead am westlichen und am östlichen Ufer des Jordan. (Vgl. Baschan und Gilead in Mi 7,14 .) Zum zweitenmal in diesem Kapitel (vgl. Jer 50,4 ) machte Gott deutlich, daß er zur selben Zeit und in jenen Tagen auch eine geistliche Erneuerung für sein Volk bringen werde. Manche würden nach der Missetat Israels und den Sünden Judas suchen, aber sie würden nichts finden, denn Gott würde denen, die er übriggelassen hatte, vergeben (vgl. die Anmerkungen zu Jer31,31-34 ).



4. Der Angriff Babylons
( 50,21-40 )


Jer 50,21-28


Mit einem Wortspiel ordnete Gott den Angriff auf das Land Meratajim und auf die Einwohner von Pekod an. "Meratajim" war das Gebiet von Mat Marratim im Süden Babylons, wo Tigris und Euphrat in den Persischen Golf fließen. Im Hebräischen bedeutet dieses Wort ( m+rATayim ) jedoch "doppelter Aufruhr". "Pekod" bezieht sich auf einen aramäischen Stamm ( Pequdu ), der im Süden des Babylonischen Reiches am Ostufer des Tigris ansässig war. Im Hebräischen jedoch bedeutet dieses Wort ( p+qND ) "bestrafen" oder "Bestrafung". Gott sagte also, daß er das Land des doppelten Aufruhrs angreifen und bestrafen werde.

Kriegsgeschrei würde die Zerstörung Babels ankündigen. Diese Stadt, die wie ein Hammer andere Völker und Städte zerschlagen hatte, würde nun selbst zerbrochen und zerschlagen . Gott bezeichnete sich hier als Jäger, der Fallen gestellt hatte, in die sich Babel plötzlich gefangen hatte. Danach stellte er sich als Krieger dar, der die Waffen seines Zorns gegen Babylon hervorgeholt hatte.

Babylons Feinde würden von allen Enden kommen, um seine Kornhäuser aufzubrechen und alles, was sie erbeuteten, auf einen Haufen zu werfen. Dies könnte auch im übertragenen Sinne gemeint sein und würde dann bedeuten, daß die Erschlagenen wie Haufen von Korn übereinander geworfen würden. Ebenso würden alle seine Stiere getötet, womit wohl auf die jungen Männer angespielt wird. Die Flüchtigen, die entkommen könnten (vgl. V. 8.16 ), würden nach Zion ziehen und dort verkündigen, daß Babylons Vernichtung Gottes Vergeltung für die Zerstörung seines Tempels sei (vgl. 52,13 ).


Jer 50,29-32


Die Bogenschützen wurden aufgerufen, Babylon ringsum zu belagern, um keinen davonkommen zu lassen. Die Stadt mußte zerstört werden, weil sie stolz gehandelt hatte wider den HERRN . Vers 30 ist fast identisch mit Jer 49,26 ,wo Jeremia dies zu Damaskus sagt. Gott betont den Hochmut Babylons, indem er es du Stolzer nennt ( Jer 50,31-32 ). Es würde für seinen Stolz bestraft werden. Gott würde ein Feuer legen, das es verzehren sollte (vgl. Jer 15,14; Kl 4,11; Am 1,4.7.10.12.14;2,2.5 ).



Jer 50,33-34


Die Leute von Israel und Juda wurden von denen, die sie gefangen weggeführt hatten, festgehalten. Wie sollten sie dann in ihr Land zurückkehren (V. 4 - 5.8.19 )? Die Antwort darauf lautete, daß ihr Erlöser , der kein anderer als der Herr Zebaoth war, sich für ihre Rückkehr verbürgte. Er gelobte, sich für ihre Sache einzusetzen, indem er die Einwohner von Babel erzittern ließ.

 

Jer 50,35-38


Die in Vers 34 angedrohten Unruhen werden in den Versen 35 - 38 erklärt. Gott würde das Schwert über die Chaldäer bringen. Das Wort Schwert ( HereB ) wird in diesem Abschnitt fünfmal erwähnt. Danach folgt die Ankündigung einer Dürre ( HOreB ) in Vers 38 . Dieses Schwert des Gerichtes würde über die Fürsten und Weisen, die Wahrsager und die Starken (d. h. die Kriegsleute) kommen. Es würde aber auch gegen die Rosse und Wagen und gegen das fremde Volk, also das Heer der ausländischen Söldner Babylons, gerichtet sein. Das Schwert des Gerichtes würde sogar seine Schätze angreifen, die geplündert würden. Auch seine Wasser würden versiegen. Babylon würde arm und unfruchtbar werden.



Jer 50,39-40


Die geschäftige Metropole Babylon würde zu einer verlassenen Wüste werden, wo Wüstentiere und wilde Hunde und Strauße lebten. Nach dieser Zerstörung würde Babylon nie mehr bewohnt werden (vgl. die Anmerkungen zu V. 3 ). Seine Vernichtung würde so vollständig sein wie die von Sodom und Gomorra (vgl. Jer 49,18 ). Diese Weissagung ist noch nicht erfüllt. Babylon wurde im Laufe seiner Geschichte immer wieder bewohnt, und heute hat die Regierung des Irak begonnen, Teile der alten Stadt erneut aufzubauen. Iraks Pläne zum Wiederaufbau Babylons sind in einer Schrift veröffentlicht, die den Titel trägt: Archaeological Survival of Babylon Is a Patriotic, National, and International Duty (Baghdad: State Organization of Antiquities and Heritage, 1982). Die Weissagung der völligen Zerstörung Babylons wartet noch auf ihre Erfüllung während der Zeit der großen Trübsal.



5. Die Angst Babylons
( 50,41 - 46 )


Jer 50,41-46


Gott forderte Babylon auf, das Volk zu sehen, das von Norden kommen werde (vgl. V. 3 ). Hier handelt es sich nicht um das schlecht ausgerüstete Heer irgendeines Vasallenstaates, der das mächtige Babylon anzugreifen versucht. Dieses Volk würde vom Ende der Erde sich aufmachen , mit Bogen und Speer bewaffnet. Es würde der babylonischen Armee gleichen (vgl. Jer 6,23 ), da es grausam und unbarmherzig wäre. Das Geschrei der Menge, die zum Angriff drängte, würde tönen wie das Brausen des Meeres .

Die Kunde von dieser herannahenden Armee würde den König von Babel in Angst und Schrecken versetzen. Er würde sich fürchten wie eine Frau in Kindsnöten (vgl. die Anmerkungen zu Jer 4,31 ). Jeremia beendete diesen Abschnitt, indem er Babylon ( Jer 50,44-46 ) das gleiche Gericht ankündigte wie Edom ( Jer 49,19-21 ). Ebenso wie ein Löwe grausam und plötzlich ( eilends ) Lämmer angreift, würde Gott Babel angreifen (vgl. Jer 51,40 ). Die ganze Erde würde beben, wenn er Babel richtete.



6. Gottes Rache an Babylon
( 51,1 - 14 )


Jer 51,1-10


Gott würde einen Verderben bringenden Wind erwecken wider Babel und Leb Kamai . "Leb Kamai" ( lEB qAmAy ) bedeutet "Herz meines Widersachers", aber es ist ein Stellvertreter-Wort (vgl. die Anmerkungen zu Jer 25,26 ) für Chaldäa. Die Konsonanten von "Herz meines Widersachers" ( lbqmy ) ergeben, wenn man ihren jeweiligen Stellenwert im hebräischen Alphabet nimmt und entsprechend vom Ende des Alphabetes an zurückrechnet, das Wort "Chaldäa" ( ksdym ). Gott würde Worfler schicken, die sie worfeln und ihr Land ausfegen (d. h. es völlig vernichten) sollten.

Gott würde Babylon vernichten, damit Israel und Juda wieder nach Hause gehen könnten (vgl. Jer 50,33-34 ). Er rief sein Volk auf, aus Babel zu fliehen, damit es nicht auch unterging (vgl. Offb 18,4 ). Babel war Gottes goldener Kelch des Gerichtes gewesen, aus dem er alle Welt hatte trinken lassen (vgl. Jer 25,15-29; Offb 17,3-4; 18,6 ). Nun aber würde Babel die Geißel des Gerichtes zu spüren bekommen. Wenn es so plötzlich fiel, würden seine Verbündeten versuchen, Balsam für seine Wunden zu finden (vgl. Jer 8,22; 46,11 ), aber sie würden vergeblich danach suchen. Es würde nicht geheilt werden können. Deshalb würden seine Verbündeten es verlassen, um nicht ebenfalls von seiner Strafe betroffen zu werden. Gottes Volk würde in dem Wissen, daß er seine Gerechtigkeit ans Licht gebracht hatte, im Tempel in Zion ein Loblied über die Werke des Herrn singen.


Jer 51,11-14


Jeremia beschrieb nun noch einmal, mit fast den gleichen Worten, die Vorbereitungen der feindlichen Heere, die Babel angreifen würden. Diesmal identifizierte er die Angreifer mit den Königen von Medien (vgl. V. 28 ). Es wäre möglich, daß er sich hier auf den Fall Babylons im Jahre 539 V. Chr. unter das Medo-Persische Reich bezieht (vgl. Dan 5,31 ). Wahrscheinlicher ist jedoch, daß einer der zukünftigen Könige, die Babylon angreifen werden, aus jener Gegend kommt, die von den Medern (d. h. dem heutigen Nord-Iran) beherrscht wurden. Gott würde dieses Heer zusammenrufen, um Vergeltung zu üben an Babel, weil es seinen Tempel zerstört hatte (vgl. Jer 50,28 ). Gott würde sein Vorhaben ausführen und die Babylonier (die an großen Wassern , d. h. nahe am Euphrat wohnten) zerstreuen, denn er hatte einen Eid abgelegt ( bei sich geschworen ), daß die Eroberer Babylon völlig bedecken würden wie ein Heuschreckenschwarm (vgl. Jer 51,27 ). Gott würde persönlich den Untergang Babylons sicherstellen.



7. Gottes Souveränität gegenüber Babylon
( 51,15 - 26 )


Jer 51,15-19


In Worten, die fast synonym zu Jer 10,12-16 sind (vgl. die Anmerkungen dort), betonte Jeremia nun die Souveränität und Allmacht des Gottes, der Babylons Fall herbeiführen würde. Gottes Kraft und Weisheit waren bei der Erschaffung des Universums sichtbar geworden. Eine andere sichtbare Demonstration dieser Macht Gottes war seine Herrschaft über einen Wirbelsturm. In wunderschöner poetischer Sprache sah Jeremia die Wolken und Blitze, den Regen und den Wind als sichtbare Erinnerungen an die Autorität Gottes an. In scharfem Kontrast dazu standen die von Menschen geschaffenen Götzen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 2,5 ), die kein Leben in sich hatten. Die Menschen hatten sich Götzen geschaffen, aber Jakobs Reichtum (d. h. Gott, der in einem gewissen Sinne zu Israel gehört; vgl. Jer 10,16 ) hatte alle Dinge geschaffen, auch sein auserwähltes Volk, sein Erbteil (vgl. die Anmerkungen zu 5Mo 4,20 ).

 

Jer 51,20-26


Babylon war Gottes Kriegswaffe, mit der er andere Völker zerschmetterte. Jeremia benutzte die Worte " Ich habe zerschmettert " neunmal in den Versen 20 - 23 , um das Ausmaß deutlich zu machen, in dem Gott Babylon für sein Gericht gebrauchte. (Die hier verwendete Form des Verbes nAPaQ bedeutet "in Stücke zerschlagen".) Nun aber würde er Babel alle seine Bosheit vergelten, die es an Zion begangen hatte . Gott würde sich gegen den Berg (ein Symbol für ein Königreich; vgl. Dan 2,35.44-45 ) Babylon stellen und ihn zu einem verbrannten Berg machen. Das Gericht würde so umfassend sein, daß die Menschen in den Ruinen weder Ecksteine noch Grundsteine finden würden, um anderswo darauf zu bauen. Die Ruinen würden eine ewige Wüste sein.

 

8. Der Aufruf an die Völker zum Kampf gegen Babylon
( 51,27 - 33 )


Jer 51,27-33


Zum dritten Mal rief Gott die Völker dazu auf, ihr Banner zu erheben und ihre Truppen zum Kampf gegen Babel zuzurüsten (vgl. Jer 50,2; Jer 51,12 ). Neben den Königen von Medien , die hier (V. 28 ) und in Vers 11 erwähnt werden, gehörten zu dieser Invasionsarmee auch die Königreiche Ararat, Minni und Aschkenas (vgl. die Karte "Die Welt Jeremias und Hesekiels" in der Einführung ). Ararat lag im heutigen Armenien, in der Nähe des Van-Sees, Minni lag südlich des Urmiasees im heutigen West-Iran, und Aschkenas befand sich zwischen dem Urmiasee und Ararat. Die Menschen dieser drei Reiche waren für ihr kriegerisches Auftreten bekannt.

Gott würde diese Angreifer schicken, um seine Gedanken wider Babel zu erfüllen, nämlich das Land zur Wüste zu machen und seine Bewohner wegzuführen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 50,3 ). Statt Widerstand zu leisten, würden die Helden von Babylon nicht zu Felde ziehen und sich in der Festung verschanzen. Die Feinde dagegen würden ihren Angriff verstärken, indem sie Babylons Wohnungen in Brand steckten. Schließlich wären die Riegel seiner Tore, die die Angreifer bisher ferngehalten hatten, zerbrochen. Aus den verschiedensten Teilen der Stadt würden Boten zu ihrem Führer laufen, um ihm anzusagen, daß die gesamte Stadt genommen sei.

Gott verglich nun Babel mit einem Dreschboden (einer Tenne ). Wenn ein Boden für das Dreschen vorbereitet wurde, wurde die Erde festgestampft. Die Leute wußten dann, daß die Zeit der Ernte bald kommen würde. Wenn nun die Stadt Babylon von ihren Angreifern niedergetrampelt würde, dann wußten die Leute, daß Gottes Erntezeit des Gerichtes gekommen war.



9. Gottes Vergeltung an Babylon
( 51,34 - 44 )


Jer 51,34-35


Jeremia berichtete nun von der Anklage der Juden gegen Babel. Babylon hatte sie gefressen und wie ein leeres Gefäß zur Seite gestellt. Nebukadnezar hatte Juda wie ein Drache als Ganzes verschlungen. Die Juden baten nun Gott, zu handeln und den Frevel, der an ihnen begangen worden war, zu rächen. Sie verlangten, daß ihr (vergossenes) Blut über Chaldäa kommen solle.

 

Jer 51,36-44


Gott antwortete auf die Bitte Jerusalems, indem er versprach, Juda zu rächen. Er würde Babel zu Steinhaufen und einem Ort, an dem niemand wohnte, machen (vgl. die Anmerkungen zu Jer 50,3 ). Es würde verachtet werden (vgl. die Anmerkungen zu Jer 24,9 ). Die Babylonier waren mächtig wie die jungen Löwen. Aber Gott würde ihnen ein Mahl bereiten und sie trunken machen . Während sie von seinem Becher des Gerichtes tranken, würden sie in Schlaf fallen und nicht wieder aufwachen (vgl. Jer 51,57 ). In einem anderen Bild verglich Gott die Babylonier mit Lämmern (vgl. 50,45 ), die zur Schlachtbank geführt werden.

Scheschach steht als Ersatzwort für Babylon (vgl. die Anmerkungen zu Scheschach in Jer 25,26 ; siehe auch Jer 51,1 ). Babylon würde eingenommen und zerstört werden. Es würde verschwinden, als wäre ein Meer über es gegangen und hätte es bedeckt. Wieder wechselt das Bild. Seine Städte würden so verlassen werden (vgl. die Anmerkungen zu Jer 50,3 ) wie eine Wüste. Mit beiden Bildern wollte Jeremia zeigen, daß Babel wirklich ausgelöscht würde. Gott würde Bel , einen Gott Babylons, strafen (vgl. Jer 50,2 ), indem er ihm den Reichtum aus seinem Rachen risse, den er verschlungen hatte - eine direkte Antwort auf die Anklage der Gefangenen ( Jer 51,34 ).



10. Die Warnung an den Überrest in Babylon
( Jer 51,45-48 )


Gott befahl seinem Volk, um sein Leben aus Babel hinauszulaufen, um seinem grimmigen Zorn zu entkommen. Sie sollten nicht verzagen vor den vielen Gerüchten von Siegen oder Gewalt, die man im Lande hörte. Vielmehr sollten sie darauf vertrauen, daß Gott Babel heimsuchen würde. Zu dieser Zeit würden Himmel und Erde über Gottes Sieg jauchzen (vgl. Offb 18,20 ).

 

11. Die Gewißheit des Untergangs Babylons
( Jer 51,49-53 )


Gott hatte angeordnet, daß Babel fallen müsse, weil es für den Tod so vieler Israeliten verantwortlich war. Gottes Verheißung an Abraham, daß alle, die ihn verfluchten, sich selbst verfluchten ( 1Mo 12,2-3 ), wird nun auf Babel angewandt. Wenn die Israeliten dieser zukünftigen Zerstörung Babylons entkommen wären, dann würden sie sich nicht aufhalten. Vielmehr würden sie sich an den Herrn erinnern und an Jerusalem denken. Babylons Zerstörung würde das Mittel sein, durch das Gott die Juden nach Hause bringen würde. Jer 51,51-53 : Wenn die Juden in der Gefangenschaft an Jerusalem dachten, dann waren sie zuschanden und schämten sich, weil sie sich daran erinnerten, daß die Fremden über das Heiligtum des Tempels gekommen waren und ihn entheiligt hatten. Gott aber tröstete diese Gefangenen und versicherte ihnen, daß die Zeit kommen werde, da er Babylons Götzen vernichten werde (vgl. V. 44.47 ). Wie herausragend Babylons Stellung auch war und wieviel Energie es auch darauf verwendete, sich zu schützen, Gott würde dennoch Verwüster (vgl. V. 48 ) gegen es senden, die es auslöschen würden.

 

12. Gottes Vergeltung an Babylon
( Jer 51,54-58 )


Jer 51,54-58


Man würde ein Geschrei und einen großen Jammer aus der Chaldäer Lande vernehmen. Dieses Geschrei würde durch Wellen von feindlichen Soldaten verursacht, die die Stadt angriffen. Das Tosen ihrer Stimmen würde alle anderen Laute übertönen. Diese Angreifer würden Babylons Helden gefangennehmen und seine militärische Macht zerschlagen (seine Bogen würden zerbrochen). Sämtliche Fürsten in Babel würden Gottes Wein des Gerichtes trinken müssen (vgl. Jer 25,15-29; 51,7-8 ), daß sie zu ewigem Schlaf einschlafen sollen, von dem sie nie mehr aufwachen (vgl. V. 39 ). Diese völlige Zerstörung der Führung Babylons erfolgte nicht, als die Medo-Perser die Stadt eroberten (vgl. Dan 5,29-6,2 ), sondern wird sich erst in der Zukunft ereignen.

Jeremia beendete seine Botschaft über den zukünftigen Fall Babylons, indem er ein Sprichwort anführte ( Jer 51,58 ; auch in Hab 2,13 ), um die Vergeblichkeit aller Versuche Babylons zu zeigen, dem Gericht Gottes zu widerstehen. Da Gott bereits verkündet hatte, daß die Mauern Babels geschleift und seine Tore mit Feuer verbrannt würden (vgl. Jer 50,15; Jer 51,30 ), war jegliche Bemühung, dieses Gericht abzuwenden und die Verteidigung zu stärken, umsonst.



13. Serajas symbolischer Auftrag
( Jer 51,59-64 )


Jer 51,59


Den Abschluß der Weissagung Jeremias gegen Babylon bildete ein Wort, das er Seraja mitteilte, einem Marschall des Königs . Indem er berichtete, daß Seraja ein Sohn Nerijas, des Sohnes Machsejas , war, zeigte Jeremia, daß es sich um einen Bruder seines Schreibers Baruch handelte (vgl. Jer 32,12 ). Seraja ging mit Zedekia nach Babel ; dies geschah im vierten Jahr seiner Herrschaft . Warum machte Zedekia in den Jahren 594 - 593 V. Chr. eine Reise nach Babylon? William Shea behauptet mit guten Argumenten, daß Nebukadnezar seine Vasallenkönige im Jahre 594 V. Chr. nach Babylon kommen ließ, um sich ihrer Loyalität zu versichern, nachdem ein knappes Jahr zuvor ein Umsturzversuch in Babylon gescheitert war. Shea glaubt, daß diese Versammlung in Dan 3 erwähnt wird (William H. Shea, "Daniel 3: Extra-Biblical Texts and the Convocation on the Plain of Dura", Andrews University Seminary Studies 20. Frühjahr 1982: S. 29 - 52). Was auch immer der genaue Grund dafür war - Zedekia mußte eine offizielle Reise nach Babylon antreten, und er nahm Baruchs Bruder Seraja mit sich.

 

Jer 51,60-64


Jeremia faßte in einem Buch (einer Schriftrolle) alle Weissagungen zusammen, die er wider Babel aufgeschrieben hatte. Vermutlich handelte es sich um eine Kopie der Kapitel 50 - 51 unseres Buches Jeremia. Er gab diese Schriftrolle Seraja und bat ihn, die Worte laut zu lesen, wenn er nach Babel komme. Nachdem er so Gottes Vorhaben, diese Stätte auszurotten, deutlich gemacht habe, solle er einen Stein an die Rolle binden und sie in den Euphrat werfen. Während der Stein und die Schriftrolle versanken, sollte Seraja verkünden, daß Babel ebenso wie diese Rolle versinken werde, um nicht wieder aufzukommen (vgl. Offb 18,21 ).

Die abschließende Bemerkung soweit hat Jeremia geredet hilft uns, den Aufbau des Buches Jeremia zu verstehen. Vermutlich wurde diese Bemerkung von jener Person verfaßt, die später Kapitel 52 an das bereits fertige Werk Jeremias anfügte. Weil Kapitel 52 etwa 25 Jahre später geschrieben wurde als der Rest des Buches (vgl. die Tabelle "Datierung der Prophezeiungen Jeremias" in der Einführung ), fügte der spätere Bearbeiter diese Anmerkung ein, um zwischen dem Teil des Buches, der von Jeremia zusammengestellt worden war, und dem später angefügten Abschnitt zu unterscheiden. Wer aber war dieser Mann? Dies kann man natürlich nicht mit Gewißheit feststellen. Sicher ist nur, daß er derselbe gewesen sein muß, der auch das Buch 2. Könige zusammengestellt bzw. vollendet hat. (Die Tradition behauptet, daß Jer 1 .und 2. Könige geschrieben hat, mit Ausnahme von 2Kö 25 .) Zu den wahrscheinlichsten Kandidaten für Jer 52 gehört Baruch oder ein anderer Jünger Jeremias, der lange genug lebte, um die Ereignisse dieses Kapitels beobachten zu können. Wer immer es auch war, jedenfalls hat der Heilige Geist ihn geleitet, dieses Kapitel als treffenden Schluß an das Buch Jeremia anzuhängen.

 

IV. Schluß
( Jer 52 )


Kapitel 52 ist fast identisch mit 2Kö 24,18- 25,30 und wurde nach 561 V. Chr. geschrieben, als König Jojachin aus dem Gefängnis in Babylon entlassen wurde ( Jer 52,31 ). Ein großer Teil der Informationen entspricht Jer 39 .Warum wurde es dann an die Weissagungen Jeremias angehängt? Der wahrscheinlichste Grund dafür ist, daß es zeigen sollte, daß Jeremias Gerichtsworte gegen Jerusalem sich erfüllt hatten und daß deshalb auch seine Worte der Befreiung Judas aus der Gefangenschaft ihre Erfüllung finden würden. Dieses abschließende Kapitel diente dazu, den Propheten zu bestätigen und den Überrest, der noch in der Gefangenschaft war, zu ermutigen.



A. Das Schicksal Jerusalems
( 52,1 - 23 )


1. Der Fall Zedekias
( 52,1 - 11 )


Jer 52,1-11


Die Geschichte des letzten Königs von Juda wird noch einmal zusammengefaßt (vgl. Jer 39,1-7 ). Zedekia war einundzwanzig Jahre alt, als er König wurde, und er regierte elf Jahre lang . Er fiel ab von Nebukadnezar, und im neunten Jahr seiner Herrschaft, am zehnten Tag des zehnten Monats (15. Jan. 588 V. Chr.; vgl. 2Kö 25,1; Jer 39,1; Hes 24,1-2 ) begann Nebukadnezar mit seiner letzten Belagerung Jerusalems. Im elften Jahr Zedekias, am neunten Tage des vierten Monats (18. Juli 586 V. Chr.) nahm der Hunger überhand, so daß die Menschen nichts mehr zu essen hatten. Ihr Widerstand brach zusammen, und so konnten die Babylonier an diesem Tag in die Stadt einbrechen. Zedekia und seine Soldaten versuchten zu fliehen, aber sie wurden gefangengenommen, wie Jeremia es vorausgesagt hatte (vgl. Jer 38,14-23 ). Zedekia wurde zu Nebukadnezar gebracht und mußte die Ermordung seiner Söhne mitansehen. Dann wurde er geblendet, in Ketten gelegt und nach Babel gebracht, wo er im Gefängnis blieb, bis er starb.

 

2. Die Zerstörung der Stadt
( 52,12 - 16 )


Jer 52,12-16


Der Stadt Jerusalem erging es nicht besser als ihrem König. Am zehnten Tage des fünften Monats, im neunzehnten Jahr Nebukadnezars (am 17. August 586 V. Chr.) war die Stadt von allen Aufständischen "gesäubert" und dem Feuer übergeben worden. Eine Schwierigkeit ist, daß in 2Kö 25,8 gesagt wird, daß Nebukadnezar "am siebenten Tage des fünften Monats" kam. Für dieses Problem gibt es zwei mögliche Lösungen. Manche Ausleger meinen, an einer der beiden Stellen habe bei späteren Kopien ein Abschreibfehler vorgelegen. Es gibt jedoch keinerlei textkritische Hinweise oder Manuskripte, die dies belegen könnten. Andere glauben, daß Nebusaradan "am siebenten Tag" in Jerusalem ankam und "am zehnten Tag" begann, die Stadt in Brand zu setzen. Nebusaradan verbrannte das Haus des HERRN und das Haus des Königs und alle Häuser , genauso wie Jeremia es vorausgesagt hatte (vgl. Jer 22,7 ). An alle großen Häuser legte er Feuer. Wer die Belagerung überlebt hatte und übrig war in der Stadt, wurde gefangen weggeführt. Nur die Ärmsten ließ man zurück.



3. Die Zerstörung des Tempels
( 52,17 - 23 )


Jer 52,17-23


Um diesen Abschnitt zu verstehen, muß man Jeremias Auseinandersetzung mit dem falschen Propheten Hananja (vgl. Jer 27,16-28,17 ) kennen. Jeremia hatte vorausgesagt, daß die Geräte, die sich noch im Tempel befanden, nach Babylon gebracht würden ( Jer 27,19-22 ). Hananja hatte daraufhin Jeremia widersprochen und verheißen, daß die bereits nach Babylon mitgenommenen Geräte wieder zurückgebracht würden ( Jer 28,3 ). Welcher Prophet hatte recht? Dieses Kapitel beweist die Wahrheit der Prophetie Jeremias. Die kupfernen Säulen und die Gestelle sowie alle anderen von Jeremia aufgezählten Geräte wurden tatsächlich nach Babel gebracht. Dies war ein derart aufwendiges Unternehmen, daß der Autor dieses Kapitels die Größe der zwei kupfernen Säulen, die man entfernte, ausführlich beschrieb ( 52, 21 ).



B. Das Schicksal verschiedener Personen
( 52,24 - 34 )


1. Das Schicksal der Bewohner Jerusalems während der Eroberung der Stadt
( 52,24 - 27 )


Jer 52,24-27


Alle Führer der Stadt wurden von den Babyloniern zusammengetrieben. Auch der oberste Priester, Seraja , ein Enkel Hilkijas, des Hohenpriesters zur Zeit Josias ( 1Chr 6,13-15 ), der zweitoberste Priester, Zefanja (vgl. Jer 29,25-29; 37,3 ), und die drei Hüter der Schwelle , die für die Aufrechterhaltung der Ordnung im Tempel zuständig waren, gehörten dazu.

Gefangengenommen wurden ferner der über die Kriegsleute gesetzte Kämmerer (Verteidigungsminister), sieben königliche Ratgeber und der Schreiber des Feldhauptmanns, der für das Einziehen der Männer ins Heer zuständig war, sowie sechzig Mann - entweder niedere Offiziere oder 60 eingezogene Soldaten. Man führte sie alle nach Ribla im Lande Hamat , wo Nebukadnezar sein Hauptquartier hatte ( Jer 52,9 ), und schlug sie dort tot.

 

2. Das Schicksal der Gefangenen
( 52,28 - 30 )


Jer 52,28-30


Diese Verse finden sich in 2Kö 25 nicht. Der Autor fügte sie hier ein, um zu zeigen, daß andere Gruppen von Gefangenen nach Babylon geführt wurden. Die für die beiden ersten Wegführungen angegebenen Daten ( Jer 52,28-29 ) stimmen nicht mit den Daten der beiden Wegführungen in 2Kö 24,12-14 und Jer 25,8-12 überein. Zwei mögliche Lösungen gibt es für dieses Problem. Manche Ausleger meinen, daß es sich bei beiden Berichten um die gleichen Ereignisse handelt und die Texte daher miteinander harmonisiert werden müssen. Dies wird gewöhnlich dadurch versucht, daß man erklärt, der Schreiber von 2. Könige habe eine Jahreszählung benutzt, die jeweils mit dem ersten vollen Jahr einer Königsherrschaft beginnt, während der Schreiber von Jer 52,28-30 eine Jahreszählung benutzt, bei der das Thronbesteigungsjahr bereits als volles Jahr gezählt wird (so z. B. John Bright, A History of Israel , 3. Aufl., Philadelphia: Westminster Press, 1981, S. 326, Anm. 45).

Andere Ausleger dagegen meinen, daß die beiden ersten Wegführungen in Jer 52,28-30 nicht mit denen in 2. Könige identisch seien, sondern kleinere Deportationen vor den eigentlichen Wegführungen, die nach Nebukadnezars Eroberungszügen in den Jahren 597 und 586 V. Chr stattgefunden hätten. Zwei Argumente lassen sich hierfür anführen: Erstens liegen die Jahre (das siebente und das achtzehnte Jahr Nebukadnezars) jeweils ein Jahr vor den in 2. Könige genannten Jahren (dem "achten", 2Kö 24,12-14 , und dem "neunzehnten", 2Kö 25,8-12 , Jahr Nebukadnezars). Zweitens stimmt die Anzahl der Deportierten nicht mit denen überein, die 597 und 586 V. Chr. weggeführt wurden. 597 waren es etwa 10 000 Menschen, die gefangen weggeführt wurden, während Jeremia in Jer 52,28 nur 3 023 nennt. Im Jahre 586 deportierte Nebukadnezar "das Volk ... das übrig war in der Stadt und die zum König von Babel abgefallen waren, und was übrig war von den Werkleuten" ( 2Kö 25,11 ). Jer 52,29 jedoch nennt nur 832 . Dies scheint viel zu wenig zu sein für die eigentliche, letzte Wegführung. Nach dieser zweiten Ansicht waren die beiden Wegführungen in den Versen 28 - 29 offenbar kleinere Deportationen. Der Autor fügte sie hier ein (zusammen mit einer dritten, ebenfalls kleineren Wegführung in V. 30 ), um das ganze Ausmaß der Zerstörung Judas durch Babylon deutlich zu machen. (Vgl. Alberto R. Green, "The Chronology of the Last Days of Judah: Two Apparent Discrepancies". Journal of Biblical Literature 101. 1982, S. 57 - 73.)

Die dritte Deportation, die erwähnt wird, fand vermutlich während Nebukadnezars Rückkehr in das Land nach der Ermordung Gedaljas statt (vgl. Jer 41 ). Ganz sicher konnte Babylon eine solche Bedrohung seiner Autorität über Palästina nicht ungestraft lassen. Vielleicht schickte Nebukadnezar einen Teil seines Heeres dorthin, um die Ordnung wiederherzustellen und alle wegführen zu lassen, die im Verdacht standen, die Rebellion zu unterstützen. Die kleine Zahl von 745 Juden könnte durch eine solch begrenzte Aktion erklärt werden. Die Daten dieser drei Wegführungen (wenn man den Tischri-Kalender zugrunde legt), die in Jer 52,28-30 erwähnt werden, sind also (a) Nebukadnezars siebtes Jahr (598 V. Chr.), (b) sein achtzehntes Jahr (587 V. Chr.) und (c) sein dreiundzwanzigstes Jahr (582 V. Chr.).

 

3. Das Schicksal Jojachins
( 52,31-34 )


Jer 52,31-34


Jojachin wurde die "Erstlingsfrucht" derer, die aus der Gefangenschaft in Babylon freigelassen wurden. Im siebenunddreißigsten Jahr der Gefangenschaft Jojachins (561 - 560 V. Chr.) wurde Evil-Merodach König von Babel . Als Teil seiner Krönungsfestlichkeiten ließ er Jojachin aus dem Kerker holen. Dies geschah am fünfundzwanzigsten Tage des zwölften Monats (21. März 560 V. Chr.). Jojachin wurde erlaubt, bei dem König zu essen sein Leben lang . Ebenso wie die Weissagung Jeremias über die Zerstörung wahr geworden war, hatte auch seine Prophezeiung der zukünftigen Wiederherstellung sich zu erfüllen begonnen. Jojachins Begnadigung gab den Gefangenen Hoffnung, daß auch die Segnungen und die Wiederherstellung Israels, die Gott verheißen hatte, eines Tages kommen würden.

 

BIBLIOGRAPHIE


Bright J (1965) Jeremiah: A New Translation with Introduction and Commentary . The Anchor Bible, Garden City, N.Y.

Cunliffe-Jones H (1961) The Book of Jeremiah: Introduction and Commentary . New York

Feinberg C (1982) Jeremiah: A Commentary . Grand Rapids

Freeman H (1949) Jeremiah . London

Harrison R K (1973) Jeremiah and Lamentations . The Tyndale Old Testament Commentaries, Downers Grove, Ill.

Huey F B Jr (1981) Jeremiah: Bible Study Commentary . Grand Rapids

Jensen I L (1974) Jeremiah and Lamentations . Everyman's Bible Commentary, Chicago

Kinsler F R (1971) Inductive Study of the Book of Jeremiah . South Pasadena, Calif.

Laetsch T (1952) Jeremiah . Bible Commentary, St. Louis

Orelli C von (1977) The Prophecies of Jeremiah . Übersetzt von J. S. Banks, Reprint, Minneapolis: Klock & Klock Christian Publishers

Thompson J A (1980) The Book of Jeremiah . The New International Commentary of the Old Testament, Grand Rapids