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Rechtschreibung Die neue __viel Unsinn mit Ungereimtheiten

Die neue Rechtschreibung – viel Unsinn mit Ungereimtheiten

 

 Ohne überschwängliche Freude machte ich mich behände an die neue Rechtschreibung heran und stand ob der Rohheit der Vergewaltigung unserer Sprache belämmert da.  Sollte ich mich wirklich an die aufwändige Arbeit machen, um zu ergründen, warum der Fluss fließt oder der Kuss mit zwei ‚s‘  geschrieben wird, während der ‚Bus (genau so kurz gesprochen!) mit einem ‚s‘ auskommen muss?  Dafür wird aus dem As ein ‚Ass und aus dem Mop ein ‚Mopp.  Logisch!  Aber warum dann nicht ‚Alkoholissmuss – wird doch kurz gesprochen.  Und sitzen bleiben kann man jetzt sowohl in der Schule als auch auf einem Stuhl.  Rätselhaft ist mir, wie ich Halt machen kann.  Wie macht man einen Halt?  Die Eltern sind heutzutage anscheinend nicht mehr alt, sonst müssten sie nach den neuen Regeln mit ‚Ä geschrieben werden. Bei der Trennung wird eine Ru-i-ne total zerkleinert. Wenn ich mich schnäuze, ‚platziere ich das Taschentuch immer noch an die Nase, und nicht an die ‚Schnauze!  Schikoree ist anscheinend ein koreanischen Gemüse.  Und behände kann man anscheinend nur mit den Händen, nicht aber mit den Füßen sein.

 

Schon vor Jahren erfolgte in den Bibelausgaben ein Angriff auf das ‚h‘.  Die Ruth wurde zu Rut verstümmelt.  Betanien, Betsaida und viele andere Orte verloren das ‚h‘, nicht jedoch Bethel oder Bethlehem.  Anscheinend merkten selbst die klugen Neuerer, daß Betel oder Betlehem doch zu dumm aussehen! Aber dafür bläst der Wind jetzt nicht mehr rauh, sondern rau. Wenn der gegenwärtige Bundespräsident Rau ohne ‚h‘ auskommt, weshalb sollte es dann den rauen Winden zustehen?  Als eine Art Wiedergutmachung wird aus dem Fön jetzt ein Föhn. Was dem bayrischen Föhn recht ist, das ist jetzt dem Haartrockner billig! 

 

Man konnte bis jetzt 20 Häuser fertig stellen.  -  Könnte man sie auch ‚unfertig stellen?  Fertigstellen ist doch ein einziger Begriff!  Ebenso unsinnig: ‚Wir konnten uns fest halten.  – Vielleicht kann man sich auch locker halten!  Sie hat die Blumen fest gebunden. – Hoffentlich hat sie dabei nicht die Stengel (Verzeihung: Stängel) zerdrückt. War denn “fertigstellen, festhalten und festbinden” nicht logisch?

 

Bei Fettdruck werden die Buchstaben jetzt fett gedruckt.  Kann man sie vielleicht auch noch fetter drucken?  Das Adjektiv ist ja steigerbar; deshalb wird es nach der neuen Regel getrennt geschrieben.  Der ‚Schwerbehinderte oder ‚Schwerbeschädigte kann schwer behindert sein, wenn er nicht ‚schwerstbehindet ist! Auch ein Gesunder kann durch ein Hindernis schwer behindert werden ohne deswegen “schwerbehindert” (alte Schreibweise) zu sein.  Einen Unterschied zwischen dem körperlichen Zustand und einem Hindernis im Weg gibt es anscheinend nicht mehr!  Er ist früh verstorben.  Soll das heißen, daß er nicht am Abend verstorben ist?  Dagegen war frühverstorben unmißverständlich.  Jemanden hängen lassen heißt nicht, daß er aufgehängt, sondern in Stich gelassen wird. Das muß man wissen! Wenn etwas leer stehend ist, dann kann es entweder leer sein, oder es kann auch dann stehen, wenn es nicht voll ist!  Bisher wußte man, wenn etwas “leerstehend” ist, dann war eben nichts drin.

 

Neudeutsch:  Aftershavlotion, Dutyfreeshop, das Aupairmädchen, Publicrelations, Rushhour, Sciencefiction  Der Alptraum (von den Alpen träumen?) oder auch Albtraum (von der Alb?)  Die

allein Stehende kann schon ganz alleine stehen. (Natürlich ist die “Alleinstehende” gemeint, die es aber so nicht mehr gibt!)  Das muss man sich mal bewusst machen.  Könnte man es sich auch unbewusst machen?  Man kann jetzt etwas fertig bringen. Natürlich könnte man etwas auch unfertig irgendwohin bringen!  Etwas kann flöten gehen. Aber wenn jemand zum Flötenunterricht geht, dann geht er auch flöten! Die Erfinder dieser neuen Rechtschreibung können einem schon Bange machen und meinen, sie hätten Wunder was vollbracht!

 

Nun erfuhr ich gerade, daß die vertrauliche Anrede du jetzt klein geschrieben wird; dafür schreibt man nun auf Du und Du groß.  Ist doch logisch!  Solche Dinge muss man sich einbläuen  am besten mit einem Schlägel, bis man blaue Flecken hat!  Mit der gleichen Logik heißt es nun das entweder-oder, aber dafür fürs Erste oder als Erstes. Die Groß- und Kleinschreibung mußte man natürlich in vielen Fällen auf den Kopf stellen. Bei der heutigen Tendenz zur Kleinschreibung erfordern aber die neuen Regeln Großschreibung, wo bisher das Gegenteil der Fall war; z.B. gestern Abend, außer Acht lassen, in Bezug auf, zu Grunde gehen, aufs Herzlichste, heute Mittag, Recht haben, von Seiten des Ministeriums, auf Seiten des Gegners, die Schuld geben, des Näheren, im Allgemeinen, auf Englisch, in Deutsch, Jung und Alt, Arm und Reich,  im großen Ganzen, im Geheimen, nicht im Geringsten, im Gesamten, ins Klare kommen, Gleich und Gleich gesellt sich gern, er ist ihm Feind geworden (feindlich gesinnt).  Der Dienstagmorgen fängt groß an, hört aber dienstagsabends klein auf. Der Letzte wird jetzt groß, dafür wird die erste Hilfe klein.  Der Deutsche Schäferhund und der Große Teich werden jetzt mit Versalien aufgewertet. Aufs Gröbste wird meiner Meinung nach die deutsche Sprache verhunzt!   Dafür können die grimmschen Märchen jetzt klein geschrieben werden!  Hungers sterben ist out; dafür gilt jetzt hungers sterben. Ja sagen kann man jetzt groß oder klein, ganz wie es beliebt. Das gilt auch für Nein sagen oder nein sagen. Während das meinige jetzt klein geschrieben wird, schreibt man dafür Mein und Dein groß! Der letzte Wille ist jetzt klein, dafür der Kalte Krieg groß.  Ebenso der Erste Weltkrieg.  Aus kopfstehen wird Kopf stehen: er steht Kopf.  Ich auch!  Besonders, wenn ich noch lese: Er war gestern Klasse!  Die dazugehörige Regel lautet: In Gefügen aus Substantiv und Verb schreibt man das Substantiv groß.  Nach der alten Rechtschreibung wurden die Substantive in diesem Fall nicht mehr als Hauptwörter angesehen, sondern wie ein beim Verb stehendes Adjektiv gebraucht.

 

Auf Deutsch schreibt man jetzt Krem oder Kreme der Gesellschaft.  Schaut doch gut aus!  Genau so schön wie Krepp.  Nun machte man bisher einen Unterschied zwischen wohlschmeckendem Crêpe und nicht so gut bekömmlichen  Krepppapier. Es ist ein Gräuel!  Ich sage nur:  Keepsmiling!  (So wird es tatsächlich jetzt geschrieben).  Na ja, ich tue das Menschenmögliche, auch wenn ich vieles unmöglich finde. So muß eben jeder sein Möglichstes tun.

 

Noch ein paar Gedanken zu den weiblichen Endungen

 

Politiker und Kommentatoren stolpern fast über die eigene Zunge, wenn sie von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Bürgerinnen und Bürger,  Österreicherinnen und Österreicher, Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfänger,  Asylantinnen und Asylanten, Landsfrau  -nicht: Landfrau (Landsmännin verletzt anscheinend die emanzipatorische Ehre!) und Landsmann, usw  sprechen. Natürlich sollte man nicht auf halben Wege stehen bleiben, sondern die ganze Sache konsequent zu Ende führen.  Warum also nicht:   Deutschinnen, Mitgliederinnen, Arbeitslosinnen, Kossovarinnen,  Flüchlinginnen, Verfolgterinnen, Rentenversicherterinnen,  Scientologinnen, usw.

 

Haben denn unsere Zeitgenossen und Zeitgenossinnen so wenig Ahnung von der deutschen Grammatik, daß sie offensichtlich gar nicht merken, daß in der Mehrzahl alles Männliche weiblich" wird; und selbst wenn nur zwei Männer beisammen sind, dann sind es "die" beiden!  Selbst Ochsen sind grammatikalisch als "die" Ochsen weiblich!  Und wenn ein Mann gar als "Person" (nämlich "die" Person') bezeichnet wird,  dann sollten die Feministinnen doch eigentlich jubeln!

 

Wenn Frauen jetzt zur Militär dürfen, dann wird aus der Mannschaft vielleich bald eine Frauschaft? Und natürlich braucht man dann frauengerechte Dienstgradbezeichnungen.  Wie wäre es mit Gefreitin, Feldweblin, Hauptfrau (man kann ja nicht “Hauptmännin' sagen; vgl. Landsfrau) oder Steuerfrau statt Steuermännin?

 

Außerdem frage ich mich, wie es die Frauen überhaupt ertragen können, daß alle diese Endungen "in" und "innen" von männlichen Begriffen abgeleitet werden. Da hatte sich schon die Eva gegen Adam durchgesetzt; denn anfangs nannte er sie "Männin", wie man in der Bibel nachlesen kann.

 

Werner Tietze 1999