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Versöhnungstag

Jom Kippur: Der große Versöhnungstag
3. Mose 16

Bruno Oberhänsli

© B. Oberhänsli, published: 08.07.2002, updated: 05.11.2019

Leitverse: 3. Mose 16

Das dritte Buch Mose

Schlüsselwörter

Thema

  1. Das Nahen des Menschen zu Gott durch die Opfer (3Mo 1–16)
  2. Das Leben in Heiligkeit vor Gott durch Absonderung (3Mo 17–27).

Einteilung

  1. Der Inhalt unserer Gemeinschaft mit Gott: Opfer (3Mo  1–7)
  2. Die Vermittlung zur Gemeinschaft: das Priestertum (3Mo 8–9)
  3. Die Bedingungen für die Gemeinschaft: Reinheit (3Mo 10–15)
  4. Die Grundlage der Gemeinschaft: Versöhnungstag (3Mo 16)
  5. Das Bewahren der Gemeinschaft: Gehorsam, Heiligung (3Mo 17–25)

Besonderheiten

Das dritte Buch Mose besteht größtenteils aus direkten Reden Gottes. Die Selbstoffenbarung Gottes „Ich bin Jehova“ kommt in diesem Buch häufiger vor als in jedem anderen (49-mal von insgesamt 78-mal). Das dritte Buch Mose schließt sich inhaltlich dem zweiten Buch an. Während das zweiten Buch Mose beschreibt, wie Gott ein geknechtetes und dem Tode geweihtes Volk (Israel) erlöst und zu sich bringt (2Mo 3,12; 4,23), zeigt uns das dritte Buch Mose, wo und wie dieses erlöste Volk Gott dienen soll.

Der große Versöhnungstag in 3. Mose 16

Der große Versöhnungstag (Jom Kippur) ist auch heute noch der wichtigste jüdische religiöse Feiertag. Die zentrale Frage, wie ein heiliger und gerechter Gott mit einem sündigen, unreinen Volk Gemeinschaft haben kann, wird darin beantwortet. Der Ausdruck Sühnung, der 16-mal in diesem Kapitel genannt wird, stellt dabei einen Schlüsselbegriff dar, weshalb die Bezeichnung Sühnungstag treffender wäre als Versöhnungstag.

Sühnung

Der Begriff Sühnung wird im Hebräischen vorwiegend mit den Worten kappar, kipper, kopper ausgedrückt, die auf den Wortstamm kpr zurückgeführt werden, der die Bedeutung von „bedecken, verhüllen, tilgen“ hat. Folgende Gedanken stehen im AT mit diesem Wort in Verbindung:

In Verbindung mit den Opfergesetzen werden zwei Aspekte deutlich sichtbar:

  1. Im Blick auf Gott bezeichnet es Genugtuung und Wiederherstellung seiner beleidigten Ehre und Beschwichtigung bzw. Abwendung seines gerechten und heiligen Zornes (nicht Feindschaft) über die Sünde und den Sünder. Siehe z.B. 2. Mose 30,12; 4. Mose 16,46; Hiob 33,24; Psalm 49,7.

  2. Im Blick auf den Menschen bzw. seine Sünden beinhaltet es den Gedanken der Tilgung und Vergebung der Sünden und des Reinigens und „Passendmachens“ des Sünders für die Gegenwart Gottes. Siehe z.B. 3. Mose 1,3.4; 4,20.26.31; 16,30; Psalm 32,1.5; 65,3; 78,38; Nehemia 4,5; Daniel 9,24; Jeremia 18,23.

In der Sühnung verschafft sich Gott eine Grundlage, auf der Er dem Sünder Gnade erweisen kann, und zwar unter Abwendung seines Zornes und seiner gerechten Strafe mittels eines blutigen Opfers, das an die Stelle des Schuldigen tritt.

Der Zorn Gottes – die Liebe Gottes

Was geschah am Versöhnungstag?

Der Hebräerbrief – Kommentar zu 3. Mose 16

Der Hebräerbrief (besonders die Kapitel 9 und 10) liefert den Schlüssel zum Verständnis dieses Kapitels. Folgende Übereinstimmungen und Gegensätze zwischen 3. Mose 16 und der Erfüllung in Jesus Christus werden deutlich:

  3. Mose 16
Vorbild
Hebräerbrief
Wirklichkeit
Bibelstellen
Opferhandlungen durch … Hoherpriester Aaron Jesus Christus unser Hoherpriester Heb 2,17; 4,14-10;7,1–8,2; 9,11
Kleidung des Hohenpriesters Linnene Kleider anstatt der hohepriesterlichen Würdenkleidung Christus, der Sohn Gottes, wird wahrer, gehorsamer Mensch 2Mo 28,2; Heb 2,9-14; 5,7.8; Phil 2,5-8
Priesterfamilie Haus Aarons Christus und sein Haus, die Gemeinde Heb 3,6; 10,19-22; 1Pet 2,5.9; Off 1,6
Unterschiede Aaron / Christus Aaron ist sterblich Christus lebt ewig und hat ein ewiges Priestertum Heb 7,23-25
  Aaron hat eigene Sünden Christus ist sündlos Heb 4,15; 7,26-28
  Aaron ist ohne Eidschwur Priester geworden Christus ist mit Eidschwur Priester geworden Heb 7,20-22
  Aarons Dienst ist endlos und vermag Sünden nicht wirklich hinwegzunehmen Christi Opferdienst ist abgeschlossen und das Sündenproblem ist endgültig gelöst Heb 9,9.10.25.26; 10,1-4.11-18
  Aarons Dienst geschieht in einem irdischen und verschlossenen Heiligtum, in das nur er einmal im Jahr mit tierischem Blut eintreten durfte Christus ist mit seinem eigenen Blut in den Himmel selbst gegangen, der jetzt für die Seinen offen ist und wo Er sie ständig vertritt Heb 9,6-11.24.26; 4,14-26; 7,25; 10,19-22
Heiligtum Stiftshütte – weltlich, mit Händen gemacht, Abbild, Schatten himmlischer Dinge Der Himmel selbst Heb 8,5; 9,1.11.24
  Bundeslade mit Sühnungsdeckel Thron Gottes Heb 4,16; 8,1.2
  Scheidevorhang Fleisch Christi Heb 10,20
Opfer Unschuldige, reine Tiere Christus, der sündlose Mensch stirbt am Kreuz von Golgatha Heb 9,12-14.23.25-28; 10,1-10.14
Opferhandlungen Sämtliche Opfervorschriften sind symbolischer Natur und stehen in Verbindung mit den Abbildern (Vorbild, Beispiel) der himmlischen Dinge (Wirklichkeit) Das Opfer Christi ist die Erfüllung der AT-Opfersymbolik und bildet die Wirklichkeit Heb 8,5; 9,9.24; 10,1
Folgen des Opfers Heiligung, die zur Reinheit des Fleisches führt, d.h. nur äußerlich ist. Der Zugang in Gottes Gegenwart bleibt verschlossen. Reinigung des Gewissens, d.h., die Heiligung befähigt den Menschen, Gott zu nahen, und sondert ihn vom Ort des Gerichts völlig ab (außerhalb des Lagers) Heb 9,8-14; 10,10.19-22; 13,11-13
  Sünden werden nicht wirklich weggenommen Die Sünde wird abgeschafft, die Sünden vergeben, die Folgen sind ewig gültig Heb 9,12.15.26.28; 10,14-18
  Der Opfernde kennt keinen Frieden mit Gott und wird durch die Opfer an die Sünden erinnert Der Opfernde hat kein Sündenbewusstsein mehr. Er hat wirklich Frieden mit Gott Heb 9,14.28; 10,2.14-22

Weitere Hinweise auf das Sühnungswerk Christi

Unterschiedliche Opfer für Aaron und sein Haus und die Gemeinde Israel

Sünd- und Brandopfer haben beide sühnenden Charakter

Zwei Ziegenböcke als Sündopfer (zwei Tiere, ein Opfer)

Der erste Bock

Der zweite Bock

1. Ziegenbock für den HERRN Erfüllung im Opfer Christi Folgen
SÜHNUNG als Genugtuung für GOTT
(Das Blut wird in die Gegenwart Gottes gebracht und auf den Deckel der Bundeslade gesprengt)
Das Opfer Christi ist primär für Gott
(Heb 9,14; Eph 5,2; Röm 3,24-26; 8,3.4 (vgl. auch das Löse-/Sühnegeld, das an Gott bezahlt werden musste: 2Mo 30,12; Hiob 33,24; Ps 49,7)
Der Weg ins Heiligtum zu einem gerechten und heiligen Gott ist geöffnet (Heb 10,19)
SÜNDE als MACHT wird gesühnt
(das Blut dient zur Sühnung der Sünde in einem allgemeinen Sinn, d.h., die Sünde als Macht oder Prinzip steht im Blickfeld)
Durch das Opfer Christi ist Gott im Blick auf die Sünde vollkommen befriedigt (Joh 1,29; 1Joh 2,2; Heb 9,26; Röm 3,24-26) Gott kann aufgrund des Opfers Christi allen Menschen Gnade und Errettung anbieten (1Tim 2,4-6; Tit 2,11; 2Kor 5,18-21; 2Pet 3,9; Off 22,17)
VERSÖHNUNG aller geschaffenen DINGE
(Das Blut wird vor die Lade und an die Hörner des Altars gesprengt zur Sühnung bzw. Reinigung des ganzen Heiligtums und des Altars [Vorhof])
Durch das Opfer Christi werden einmal alle Dinge im Himmel und auf Erden versöhnt, d.h. gereinigt und in Harmonie mit Gott gebracht (Kol 1,20; Heb 9,23) Die ganze Schöpfung (nicht alle Menschen) wird einmal wiederhergestellt werden (Apg 3,21; Heb 1,12; Röm 8,19-23)
2. Ziegenbock für Asasel
(= Abwendung)
Erfüllung im Opfer Christi Folgen
SÜHNUNG als Sündentilgung für Menschen
(Die Sünden der Menschen, die sie bekennen, d.h. Buße tun, werden vergeben und beseitigt)

STELLVERTRETUNG
IDENTIFIKATION

Christus starb stellvertretend für die Sünden derer, die sie Gott bekannt, die Buße getan und Gott geglaubt haben (1Kor 15,3; Gal 1,4; 2,20; Lk 24,47; Apg 3,19; 10,43 u.a.) Die Folgen des Sühnungswerkes Christi gelten nicht allen Menschen, sondern nur denen, die Buße getan und geglaubt haben, „den Vielen“, „uns“ (Mt 20,28; Jes 53,12; Heb 9,28: 1Pet 2,24; Röm 5,19)
SÜNDEN als TATEN werden gesühnt
(Der mit den Sünden beladene Ziegenbock wird fortgeschickt in ein ödes Land, d.h. an den Ort des Todes, um nie mehr zu erscheinen)
Der Sünden, die durch das Opfer Christi gesühnt sind, wird Gott nie mehr gedenken (Heb 10,14-18; 9,12) Vollständige und ewig-gültige Sündenvergebung (1Joh 1,7.9; Apg 3,19; Ps 51,9; 103,12; Jes 38,17; 43,25; 44,22; Jer 50,20; Mich 7,18)
VERSÖHNUNG aller gläubigen MENSCHEN
(Alle Menschen in Israel, die ihre Seelen kasteiten und keinerlei Arbeit taten, erfuhren Reinigung sämtlicher Sünden; vgl. 3Mo 16,29.30; 23,29.30)
Durch das Opfer Christi ist jeder Gläubige mit Gott versöhnt, d.h., die feindliche Gesinnung des Menschen ist beseitigt worden und er lebt „in Harmonie“ mit Gott (Röm 5,10.11; Kol 1,21.22). Der gläubige Mensch wird passend gemacht für die Gegenwart Gottes (Kol 1,21.22; Röm 5,1.2; Eph 1,6; Off 1,7).

Der Versöhnungstag und das Jubeljahr (3Mo 25,9.10)

Wiederherstellung und (Er-)Lösung aufgrund des Sühnopfers Christi:

  1. für Israel (Jes 35,10, vgl. Ruth)
  2. für den Gläubigen heute (Lk 4,18; Gal 5,1; 1Pet 2,25)
  3. für den Gläubigen in Zukunft (Röm 8,19-23)
  4. für die Schöpfung (Apg 3,21; Heb 1,12)

Bruno Oberhänsli, Frauenfeld 6.5.2002