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3. Mose Walvoord

Das dritte Buch Mose (F. Duane Lindsey)


EINFÜHRUNG

Das dritte Buch Mose war das erste Buch, mit dem sich ein jüdisches Kind beschäftigte; dennoch wird es von vielen Christen als eines der letzten Bücher der Bibel studiert. Ein Buch, auf das das Neue Testament etwa 40 Mal Bezug nimmt, sollte jedoch für jeden Christen von großer Bedeutung sein. Abgesehen von der Frage nach der typologischen Bedeutung der levitischen Opfer enthält das dritte Buch Mose eine umfassende Offenbarung über das Wesen Gottes - insbesondere über seine Heiligkeit, aber auch über seine erwählende Liebe und Gnade. Darüber hinaus bietet es zahlreiche Lektionen über das heilige Leben, das Gott von seinem Volk erwartet. Viele Passagen des NT, einschließlich mehrerer Schlüsselgedanken im Hebräerbrief, können ohne volles Verständnis des Gegenstücks im dritten Buch Mose nicht angemessen bewertet werden.



Die Bezeichnungen des Buches


Die Bezeichnung »Leviticus« leitet sich von dem griechischen Wort Leuitikon ab, einem Adjektiv, das von den Übersetzern der Septuaginta zur Bezeichnung des Buches gebraucht wurde, weil dort die priesterlichen Zeremonien und Institutionen behandelt werden. Man mag diesen Namen für befremdlich halten, da die Leviten nur einmal im ganzen Buch erwähnt werden ( 3Mo 25,32 ). Aber da die aaronitischen Priester aus dem Stamm Levi kamen und das Opfersystem, in dem sie wirkten, ganz allgemein als levitisch bezeichnet wird, ist die Bezeichnung gerechtfertigt. Der Name erschien in der lateinischen Vulgata als »Leviticus«, von der der katholische Name übernommen wurde. Die hebräische Bezeichnung ist wayyiqrA? , »und Er rief« (der Beginn des Buches in 3Mo 1,1 ).

 

Autorschaft und Datierung


Obwohl der Autor im Buch nicht besonders genannt wird, sollte man doch aus folgenden Gründen Mose als seinen Verfasser annehmen: 1. Da der Inhalt des Buches Mose am Sinai offenbart wurde ( 3Mo 7,37-38; 26,46; 27,34 ) und zwar größtenteils Mose selbst bzw. durch Mose ( 3Mo 1,1; 4,1; 5,20; 6,1.12.17; 7,22; 8,1 usw.), ist er sehr wahrscheinlich derjenige, der die göttlichen Offenbarungen berichtete. 2. Das Buch schließt sich an das 2. Buch Mose an (vgl. den Kommentar zu 3Mo 1,1 ), das in besonderer Weise die Autorschaft Moses für sich in Anspruch nimmt ( 2Mo 17,14; 24,4.7; 34,27-28; vgl. 5Mo 31,9.24 ). 3. Jesus bestätigte die Autorschaft Moses, als er sich auf das Gesetz zur Reinigung vom »Aussatz« bezog ( Mt 8,4; Mk 1,44; vgl. 3Mo 14,2-32 ). So ist also 3.Mose von Mose verfaßt worden; möglicherweise kurz nach der Abfassung des 2. Buches Mose in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts v.Chr.

Liberale Entwürfe, die die Autorschaft Moses leugnen und einen Großteil des Buches, zumindest in seiner gegenwärtigen Form, in die Periode nach dem Exil (viertes Jh. v.Chr.) datieren, sind in zufriedenstellender Weise von zahlreichen konservativen Gelehrten widerlegt worden (z.B. R. K. Harrison, Leviticus: An Introduction and Commentary , S.15-26; B. K. Waltke, »Leviticus,« The Zondervan Pictorial Encyclopedia of the Bible , 3,919-920).

 


Historisches und theologisches Umfeld


Der historische und theologische Zusammenhang von 3.Mose wird in den Anfangs- und Schlußversen des Buches vermittelt ( 3Mo 1,1; 27,34; vgl. 3Mo 7,37-38 ). Historisch betrachtet ist das dritte Buch Mose die Fortsetzung des zweiten Buches Mose, denn das levitische Opfersystem war für Israel göttliche Offenbarung, die durch Mose als Teil der Bundesverpflichtung am Sinai vermittelt wurde. Das Buch wird mit den Worten eröffnet: Der Herr rief Mose und sprach zu ihm aus dem Zelt der Versammlung (d.h., der Stiftshütte). So folgt die Gesetzgebung, die in 3.Mose enthalten ist, der historischen Erzählung über die Errichtung der Stiftshütte ( 2Mo 25-40 ) und geht der nächsten wichtigen historischen Erzählung über die Zählung der israelitischen Stämme für den Aufbruch vom Sinai voraus ( 4Mo 1-4 ). Die dazwischenliegenden Ausnahmen sind die historische Erzählung über die Ordination der Priester ( 3Mo 8-10 ) und das kurze Zwischenspiel in 3Mo 24,10-13 .

Theologisch betrachtet wurde das levitische Opfersystem für ein Volk eingerichtet, das aus Ägypten erlöst worden war und in einer Bundesbeziehung mit seinem Gott lebte. So war also das Opfer in Israel nicht ein menschliches Bemühen, von einem feindlichen Gott Gnade zu erhalten, sondern eine Antwort an den Herrn, der sich in der Bundesbeziehung zuerst selbst an Israel übergeben hatte. Aber wann immer Sünde oder Unreinheit, sei sie ethisch oder in bezug auf die Zeremonien geschehen, diese Gemeinschaft zerbrechen ließ, erneuerte der einzelne oder das Volk (je nach Sachverhalt) die Gemeinschaft im Bund mit dem Herrn durch ein Opfer, und zwar durch das besondere Opfer, das von den genauen Umständen der Zerstörung der Gemeinschaft abhing. Selbstverständlich konnte diese Annäherung an Gott mit dem Opfer auch bloß zur Weihung oder gemeinschaftlich geschehen, wenn die Beziehung nicht gestört worden war, aber dieser Fall scheint eher die Ausnahme gewesen zu sein (vgl. den Kommen- tar zu »Die Bedeutung des Opfers im Alten Testament«).

 


Inhalt und literarische Gattung


3.Mose behandelt die Anbetung Gottes durch das Volk Israel, seine Opfer, seine Priesterschaft, seine Gesetze, Bestimmungen, wann ein Mensch unrein wird und dadurch von der Anbetung ausgeschlossen ist, und die verschiedenen besonderen Zeiten und Jahreszeiten zur Anbetung. Das Buch enthält auch zahlreiche Verordnungen, die sich auf das tägliche Leben und die praktische Heiligkeit beziehen, sowohl im ethischen als auch im zeremoniellen Bereich. Die literarische Gattung von 3.Mose ist die der Gesetzesliteratur, die sowohl apodiktische Gesetze (Gesetze zur Verhaltensregelung: »Du sollst (nicht)...« z.B. 3Mo 26,1-2 ) als auch größtenteils kasuistische Gesetze (Gesetze zur Entscheidung einzelner Fälle: »Wenn (dies oder das geschieht),... dann (wird dies oder das folgen),... z.B. 3Mo 4,3 ) enthält. Durch diese literarischen Figuren gefiel es Gott, innerhalb des historischen Rahmens des Bundes zwischen sich und Israel, bestimmte Wahrheiten über die Sünde und ihre Folgen und über die Heiligkeit des Lebens vor ihm zu offenbaren.


Thematik und Struktur


Die Thematik von 3.Mose ist die Anbetung Gottes durch den israelitischen Gläubigen und sein Wandel vor dem heiligen Gott. In der Anwendung ist diese Thematik für uns Christen heute von großer Bedeutung (vgl. 1Pet 1,15-16 ). Das Thema des Buches steht in 3Mo 19,2 : »Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der Herr, euer Gott« (vgl. 3Mo 20,26 u.a.m.).

Das dritte Buch Mose ist das Buch der Heiligkeit ( qADNS , »abgesondert sein«; vgl. 3Mo 20,26 ). Während auf die zeremonielle Heiligkeit großes Gewicht gelegt wird, wobei Menschen, Tiere oder Dinge von ihrem profanen Gebrauch oder kultischer Verunreinigung für den Dienst für Gott abgesondert werden, ist eine solche Heiligkeit schließlich von ihrem Wesen her nur ein Symbol für die Heiligkeit im ethischen Bereich ( 3Mo 11,44; 19,2 ). Gott selbst ist von allem Sündigen und Profanen abgesondert, also moralisch heilig, und erhebt sich transzendent über seine ganze Schöpfung, ist also majestätisch heilig. Gott, der in der Mitte seines Volkes Israel gegenwärtig war ( 3Mo 26,11-12 ), forderte, daß sein Volk heilig sein sollte ( 3Mo 20,22-26 ).

Die Struktur des Buches stimmt mit seiner Thematik überein. Die Kapitel 1-16 behandeln grundsätzlich die Anbetung des einen heiligen Gottes, während die Kapitel 17-27 vorwiegend auf den täglichen Wandel in Heiligkeit vor Gott und den Menschen Bezug nimmt. (Vgl. die folgende Gliederung und die Kommentare zu Beginn der verschiedenen Abschnitte des Kommentars .)



Die Bedeutung der alttestamentlichen Opfer


Im Gesetz wurden die Opfer von Gott als der einzige gangbare Weg für die Israeliten eingesetzt, um in harmonischer Gemeinschaft mit ihm zu bleiben . Es ist bemerkenswert, daß die Offenbarung des Opfersystems durch Mose nicht die Offenbarung einer bestimmten Bedeutung der Opfer einschloß. Sie stellte jedoch deutlich das Prinzip der Versöhnung durch ein stellvertretendes Opfer in den Mittelpunkt (vgl. den Kommentar zu 3Mo 1,4; 17,11 ). Eine weitere wichtige Tatsache ist der Unterschied zwischen den beiden Beziehungen, die ein Israelit mit Gott haben konnte: (a) eine gemeinsame Beziehung mit Gott innerhalb eines theokratischen Volkes (vgl. 2Mo 19-20 ) und (b) eine persönliche Beziehung mit Gott, die auf persönlicher Erneuerung und Rechtfertigung durch den Glauben basierte. Im Idealfall sollten diese beiden Beziehungsebenen zusammenfallen, dennoch stellte es sich heraus, daß es durch die israelitische Geschichte hindurch (ausgenommen möglicherweise die Zeit unmittelbar nach dem Auszug) nur einen Überrest wahrer Gläubiger gab, und daß häufig die überwiegende Mehrheit nur die Form der Anbetung des Herrn erfüllte, ohne wirklichen Glauben an ihn zu haben.

Die herkömmliche Sicht, daß die Opfer nur die Sünden »bedeckten«, wird der Tatsache der echten Vergebung, die Gott zugesichert hatte , nicht gerecht ( 3Mo 4,20.26.31.35; 5,10.13.16.18 ). Daß die Sühnung durch die Opfer bloß die Sünde »bedeckte«, ohne sie gewissermaßen auch auszulöschen, findet durch die Etymologie des hebräischen Wortes für »Sühne« keine Unterstützung (vgl. den Kommentar zu 3Mo 1,4 ). Vielmehr beinhaltete das Sühneopfer die wirkliche Tilgung der Schuld und der Bestrafung für die begangenen Sünden. Der große Umfang der Opfer am Versöhnungstag (vgl. den Kommentar zu 3Mo 16 ) weitete dieses Prinzip dahingehend aus, daß das ganze Volk ( 3Mo 16,33 ) und alle ihre Sünden (V. 22 ) eingeschlossen wurden, d.h. alle Sünden der Israeliten (V. 34 ). Die völlige Vergebung der Sünden der Israeliten für das vergangene Jahr wird ferner in dem Begriff der »Reinigung« von den Sünden in V. 30 beschrieben.

Dennoch hatten die levitischen Opfer (so wie auch die aufrichtigen vorlevitischen Opfer) etliche Begrenzungen. Erstens waren die Opfer in ihrer moralischen Wirksamkeit beschränkt . Weil leerer Ritualismus niemals eine annehmbare Alternative für Gott gewesen ist, mußte ein wirklich annehmbares Opfer durch wahren Glauben und Gehorsam auf moralischem Gebiet gegenüber dem offenbarten Willen Gottes bereitwillig gebracht werden ( 3Mo 26,14-45 ,besonders V. 31 ; Ps 40,6-8; Ps 51,18-19; Spr 21,27; Am 5,21-24; Hebr 10,5-10; Hebr 11,4.6 ). Opfer, die nicht im Glauben gebracht wurden, waren vielleicht gelegentlich ausreichend, um die zeremonielle Reinheit wiederherzustellen und die zivilen Anforderungen zu befriedigen (z.B. die Wiedergutmachung, die mit dem Schuldopfer im Zusammenhang stand), aber es geschah nicht wirklich zum Wohlgefallen Gottes, weil es sich um leeren Formalismus handelte. Es ist bemerkenswert, daß der Gegenstand des Glaubens nicht die Typologie der Opfer (vgl. den nächsten Abschnitt dieser Einführung ) oder das Bewußtsein des kommenden Erlösers war, sondern Gott selbst. Selbstverständlich stimmte der Inhalt des Glaubens mit der fortschreitenden alttestamentlichen Offenbarung immer mehr mit dem Kommen des Lammes Gottes als dem letzten »Schuldopfer« überein ( Jes 53,10 ).

Zweitens erfuhren die Opfer , mit der möglichen Ausnahme am Versöhnungstag, i n dem Bereich gewisser Arten von persönlicher Sünde ihre Begrenzung . Theologisch gesehen sühnten sie nicht die sündige Natur oder die Adam zur Last gelegte Sünde. Die Vergebung galt auch nicht für vorsätzliche, sündige Handlungen, die gegen Gott getan wurden (vgl. 4Mo 15,30-31 und den Kommentar zu 3Mo 4,1-2 ). Deshalb waren die levitischen Opfer kein vollkommenes und endgültiges Programm, womit alle Formen der Sünde weggetan werden konnten . Es galt hauptsächlich für Sünden, die aus Unwissenheit begangen wurden, die zufällig geschahen oder aus Fahrlässigkeit und Unterlassung heraus getan wurden, wobei darin auch Sünden ritueller Verunreinigung und Vergehen eingeschlossen waren, die Besitzrechte verletzten. Sünden, für die es kein persönliches Opfer gab, geschahen dem Herrn und seinen Geboten zuwider - vorsätzliche Übertretungen der Zehn Gebote (ausgenommen kleinerer Über- tretungen des achten und neunten Gebotes), absichtliche Nichtbeachtung zeremonieller Vorschriften und jede andere Übertretung der Bundesbeziehung zwischen Israel und dem Herrn. Solche Sünden konnten nur auf der Grundlage von uneingeschränkter Gna- de als Antwort auf Glauben und Reue sofort vergeben werden (vgl. Ps 32;51 ). Andernfalls verlangten sie nach der Reinigung durch die Zeremonie am großen Versöhnungstag.

Drittens waren die Opfer in ihrem Ziel der Bewahrung des Bundes und der Erneuerung eines erlösten Volkes beschränkt . Die levitischen Opfer waren Teil der Anbetung eines erlösten Volkes in der Bundesbeziehung mit ihrem Gott. Das Ereignis der Schlachtung des Passalammes und das Streichen des Blutes an die Torpfosten in Ägypten, das gemeinsam, möglicherweise jedoch größtenteils persönlich geschah, waren der äußerliche Ausdruck des innerlichen Glaubens, welcher die Erneuerung und Rechtfertigung der einzelnen Israeliten darstellten. Das darauffolgende Opfersystem behandelte vorbildlich Verehrung und Bundeserneuerung, aber nicht die ursprüngliche Errettung. Es war mit der Erfahrung des neutestamentlichen Gläubigen in 1Joh 1,9 vergleichbar, nicht mit der Erfahrung des Sünders in Joh 3,16 . Dennoch wird deutlich, daß, wenn eine neue Generation von Israeliten in das Alter kam, in der sie selbstverantwortlich wurde, sie den Glauben an Erneuerung und Rechtfertigung selbst zum Ausdruck bringen mußte, bevor sie Gott auf richtige Art und Weise verehren und versuchen konnte, in Gemeinschaft mit ihm zu bleiben. Das könnte bei einer ganzen Anzahl von Gelegenheiten geschehen sein, etwa bei der jährlichen Erinnerung an das Passa mit den dazugehörigen Erläuterungen durch die Eltern. In einigen Fällen könnte das geschehen sein, wenn die jungen Israeliten ihr erstes Sühneopfer mit einem echten Verständnis ihres Tuns in dem Glauben an ihren vergebenden Gott darbrachten.

Viertens waren mit Ausnahme des Rituals am Tag der Versöhnung die Opfer in ihrem Anwendungsbereich und ihrer Dauer auf eine Sünde pro Opfer begrenzt . Die gewährte Vergebung war tatsächlich geschehen, aber nur für diese bestimmte Zeit, in dem Sinne, daß jede Sünde ein weiteres Opfer erforderte. So erkannte Gott das Opfer zur Wegschaffung der Schuld für den Fall der Sünde an, um die es ging, aber wenn Gott seinen Zorn für diese Zeit zurückhielt, führte das nicht dazu, daß das Gewissen des Menschen auf Dauer gereinigt wurde (vgl. Hebr 10,2 ).

Fünftens war die Wirksamkeit der Opfer nicht in den geopferten Tieren oder in einem oder allen Teilen des Opferrituals verankert . Gott gewährte Sühne und Vergebung in Hinblick auf das ausreichende Opfer, das Jesus Christus am Kreuz bringen sollte. Der Tod Christi war ein »Opfer zur Sühne«, durch das Gott vollständig für die Vergebung bezahlte, die er schon Jahrhunderte vor der Kreuzigung gewährt hatte ( Röm 3,25 ). Mit anderen Worten, die levitischen Opfer wurden im Plan Gottes rechtswirksam aufgrund des Todes Christi als dem einen wahren wirksamen Opfer für alle Sünden, da er das Lamm Gottes war, das von Grundlegung der Welt an geschlachtet war ( Offb 13,8; vgl. 1Pet 1,19-20 ). Die Wirkung der Opfer war daher eher abgeleitet als ursprünglich. In diesem Sinn erklärt der Schreiber des Hebräerbriefes: Es ist unmöglich, daß das Blut von Stieren und Böcken Sünden wegnimmt ( Hebr 10,4 ). Dennoch war der Nutzen, den die alttestamentlichen Gläubigen hatten, so real wie die Kleidung, die von einem Krediteinkäufer des 20.Jh. getragen wird, obwohl sein Kredit noch nicht vollständig bezahlt worden ist.

Zusammenfassend kann man sagen: Die levitischen Opfer waren wirksam und zwar sowohl, um die Bundesbeziehung wiederherzustellen als auch (wenn in Glauben dargebracht) für die eigentliche Vergebung der einzelnen Sünden, aber diese Wirksamkeit war abgeleitet und bedurfte der Rechtsgültigkeit durch das eine allein ausreichende Opfer Christi am Kreuz.

Obwohl der Bereich und die Absicht der Opfer begrenzt waren, hatte ihr geistlicher Wert auch einen pädagogischen Gesichtspunkt, weil sie nämlich Israel den rechten Weg lehrten, sich einem heiligen Gott zu nähern: »Vor allen anderen Dingen mußte man auf die Sünde eingehen; das angemessene Opfer (Sünd- oder Schuldopfer) mußte gebracht werden. Das war eng verbunden mit einem Brandopfer, das diesen Opfern unmittelbar folgte (mit dem begleitenden Speisopfer, so wie es in vielen Fällen festgelegt ist), und so wurde die Hingabe vervollständigt ( 2Chr 29,31 ), die die Opfernden zum letzten Teil der Liturgie berechtigte. Der krönende Teil war die Darbringung von (zusätzlichen) Brand- und Friedensopfern, wovon erstere sowohl die freiwilligen Opfer der einzelnen als auch die kalendarischen Opfer einschlossen, die die ständige Verehrung des Volkes als ganzes symbolisierten, wobei das letztere Opfer das gemeinschaftliche Erlebnis darstellte, an welchem der Herr, der Priester und der Opfernde... Anteil hatten.« (A. F. Rainey, »Sacrifice,« The Zondervan Pictorial Encyclopedia of the Bible , 4,203).

Um die Theologie der rituellen Handlung zusammenzufassen (vgl. den Kommentar zu den verschiedenen Opfern zu 3Mo 1-7 ), kann man sagen, daß, wenn ein Israelit, der Gott verehren wollte, seine Hand auf das Opfertier legte, er sich mit dem Tier als Ersatz für seine Person identifizierte. Wenn das im Glauben geschah, führte es zu einer symbolischen Übertragung der Sünde und zu einer rechtsgültigen Übertragung seiner Schuld auf das Opfertier. Gott nahm dann das geschlachtete Tier (dieses Annehmen wurde durch das Verbrennen auf dem Altar symbolisiert) als Bezahlung des Lösegeldes für diese besondere Sünde an und so wurde Gottes Zorn vom Sünder (letztendlich) auf Christus am Kreuz abgewendet, so daß Gott jedem Sünder wahre Vergebung zusicherte, der ihm das Opfer im Glauben brachte.

 


Die Typologie und das dritte Buch Mose


Die biblische Typologie hat möglicherweise unter ihren Freunden ebenso zu leiden gehabt wie unter ihren Feinden. Eine Verteidigung der Hermeneutik der Typologie ginge über diese Einführung hinaus. Da jedoch am Ende des Kommentars zu jedem der fünf levitischen Opfer (vgl. den Kommentar zu 3Mo 1,17; 2,16; 3,17; 5,13.26 ) und nach dem Kommentar zum jährlichen Festkalender ( 3Mo 23 ) eine mögliche typologische Auslegung vorgenommen wird, sollen hier einige Kommentare zur Einordnung der biblischen Typologie folgen.

Ein Typus kann als eine außerordentliche alttestamentliche Wirklichkeit betrachtet werden, die in besonderer Weise von Gott angeordnet wurden, um eine bestimmte neutestamentliche Erlösungswahrheit im voraus darzustellen. Wegen seiner göttlichen Einrichtung und seiner Rolle bei der Vergebung der Sünden unter der mosaischen Anordnung sind das levitische Opfersystem und der damit in Zusammenhang stehende Ort und die Zeit für die Verehrung Gottes ein besonders fruchtbarer Boden für das Erkennen von typologischen Modellen. Dennoch müssen die Ausleger der Modelle sich immer an folgendes erinnern: (a) Der historischen Wirklichkeit ist die gebührende Aufmerksamkeit zu schenken, wobei besonders die symbolische und auf die Erlösung hinweisende Bedeutung für die alttestamentlichen Gläubigen und ihre spätere Fortdauer, das Gedächtnis und der Einfluß auf zukünftige Generationen der Israeliten bis zu seiner Erfüllung im Anti-Typus zu betrachten ist; (b) der Hauptpunkt (oder die Hauptpunkte) der Ähnlichkeit zwischen dem Typus und seinem Anti-Typus muß bestimmt und nicht die Interpretation über diese Punkte gestellt werden; (c) das Verständnis der sinnbildlichen Bedeutung muß zu den neutestamentlichen Gläubigen in Beziehung gesetzt werden, nicht zu den alttestamentlichen Gläubigen, und (d) jedes Modell muß im Licht der festgesetzten Lehren der Schrift ausgelegt werden. Man darf nicht versuchen, eine Lehre auf einen Typus aufzubauen.



GLIEDERUNG


I. Das Treten vor Gott durch die Opfer ( Kap.1-16 )

     A. Die Opfergesetze ( Kap.1-7 )
          1. Allgemeine Anordnungen über die Opfer für das Volk ( 1,1-5,26 )
          2. Zusätzliche Anordnungen über die Opfer für die Priester ( 6,1-7,38 )

     B. Die Amtseinsetzung der Priesterschaft und das Opfersystem ( Kap.8-10 )
          1. Die Einsetzung Aarons und seiner Söhne ( Kap.8 )
          2. Der Beginn des öffentlichen Opfersystems ( Kap.9 )
          3. Die folge der pristerlichen Abweichung von der Zeremonialordnungen ( Kap.10 )

     C. Die Gesetze über die Unreinheit ( Kap.11-15 )
          1. Die Speisegebote und reine und unreine Tiere ( Kap.11 )
          2. Das Gesetz für die Wöchnerinnnen ( Kap.12 )
          3. Gesetze über ansteckende Hautkrankheiten und Brand ( Kap.13-14 )
          4. Gesetze über die Unreinheit menschlicher Ausflüsse ( Kap.15 )

     D. Das Gesetz für den großen Versöhnungstag ( Kap.16 )
          1. Einführung ( 16,1-2 )
          2. Die Vorbereitung des Hohenpriesters und der Tiere für die Zeremonien ( 16,3-5 )
          3. Zusammenfassende Darlegung der Zeremonien ( 16,6-10 )
          4. Detaillierte Beschreibung der Zeremonien ( 16,11-28 )
          5. Die Einsetzung des großen Versöhnungstages als jährliche Feier ( 16,29-34 )

II. Das Leben in Heiligkeit vor Gott durch Absonderung ( Kap.17-27 )

     A. Die Gesetze für das Opfer und den Fleischgenuß ( Kap.17 )
          1. Einführung ( 17,1-2 )
          2. Die Notwendigkeit, Haustiere bei der Stifthütte zu töten ( 17,3-7 )
          3. Die Notwendigkeit, Opfer bei der Stifthütte farzubringen ( 17,8-9 )
          4. Das Verbot des Verzehrs von Blut ( 17,10-12 )
          5. Die Anwendung dieser Erfordernisse auf gejagte Tiere ( 17,13-16 )

     B. Die Gesetze über das sittliche Verhalten innerhalb des Bundes und die Nichtanpassung an heidnische Praktiken ( Kap.18-20 )
          1. Gesetze zur Regelung sexueller Beziehungen ( Kap.18 )
          2. Gesetze zur Förderung der aktiven Heiligkeit vor Gott und den Menschen ( Kap.19 )
          3. Gesetze über die Todesstrafe ( Kap.20 )

     C. Gesetze über die Heiligkeit der Priester und der Opfer ( Kap.21-22 )
          1. Personenbezogene Einschränkungen für den priesterlichen Dienst ( Kap.21 )
          2. Anordnungen über die heiligen Opfer ( Kap.22 )

     D. Die Gesetze über die festgesetzten Feste für den Herrn ( Kap.23 )
          1. Einführender Kommentar ( 23,1-4 )
          2. Die Frühlingsfeste ( 23,5-22 )
          3. Die Herbstfeste ( 23,23-43 )
          4. Zusammenfasung ( 23,44 )

     E. Zeremonialgesetze und sitttliche
               Anordnungen ( Kap.24 )

          1. Der tägliche und wöchentliche Dienst im Zelt der Versammlung ( 24,1-9 )
          2. Ein Fall von Gotteslästerung und das darauf folgende göttliche Gesetz ( 24,10-23 )

     F. Gesetze über besondere Jahre ( Kap.25 )
          1. Das Sabbatjahr ( 25,1-7 )
          2. Das Jubeljahr (od. Erlaßjahr)( 25,8-55 )

     G. Die Bundessegnungen für Gehorsam und der Fluch für Ungehorsam ( Kap.26 )
          1. Einführende Zusammenfassung der Grundlagen des Gesetzes ( 26,1-2 )
          2. Die Segnungen für den Gehorsam ( 26,3-13 )
          3. Der Fluch für den Ungehorsam ( 26,14-45 )
          4. Zusammenfassender Schluß ( 26,46 )

     H. Das Gesetz über Gelübde, Gaben und den Zehnten ( Kap.27 )
          1. Gelübde betreffs Menschen und Tieren ( 27,1-13 )
          2. Weihung von Häusern und Land ( 27,14-25 )
          3. Andere Pflichten und Gaben ( 27,26-33 )
          4. Abschluß ( 27,34 )



AUSLEGUNG


Das 3. Buch Mose ist der literarische Ausdruck für den Wunsch Gottes, daß sich seine Heiligkeit im Leben seines Bundesvolkes Israel widerspiegeln soll. Dies wird in zwei Bereichen des alltäglichen Lebens und der regelmäßigen Opfer deutlich, die sich zwar nicht völlig voneinander trennen lassen, aber dennoch klar zu erkennen sind: a) Das Treten vor Gott durch die Opfer ( 3Mo 1-16 ) und b) Das Leben in Heiligkeit vor Gott durch die Absonderung ( 3Mo 17-27 ).



I.Das Treten vor Gott durch die Opfer
( 3Mo 1-16 )


Dieser erste große Teil von 3.Mose enthält ein Handbuch über die Opfer für das ganze Volk und für die Priester ( 3Mo 1-7 ). Anschließend berichtet 3.Mose von den großen zeremoniellen Ereignissen, die die aaronitische Priesterschaft und das Opfersystem in Kraft setzten ( 3Mo 8-10 ). Es folgen detaillierte Anweisungen, etwa bezüglich der erlaubten Speisen und der Krankheiten, die den Anbeter rituell unrein machten ( 3Mo 11-15 ), sowie bezüglich des Ablaufes des großen Versöhnungstages, an dem die Priesterschaft und das Volk ihre Gemeinschaft mit dem heiligen Gott wiederherstellen und erhalten konnte, und angesichts seiner lebendigen Gegenwart im Heiligtum weiterhin Opfer bringen durfte ( 3Mo 16 ).




















A. Die Opfergesetze
( 3Mo 1-7 )


Diese göttliche Offenbarung an Mose ist tatsächlich ein Handbuch für den Ablauf der fünf grundlegenden Opfer auf dem Altar. Der wesentliche Teil dieses Opferhandbuches ( 3Mo 1,1-5,26 ) ist an die Israeliten gerichtet ( 3Mo 1,2; 4,2 ). Es enthält allgemeine Regeln vom Standpunkt desjenigen aus, der die Opfer bringt, und beschreibt die Riten die der Opfernde und der diensthabende Priester befolgen sollten. Ein Anhang des Handbuches ( 3Mo 6,1-7,38 ) besteht im wesentlichen aus zusätzlichen Vorschriften über die Opferriten für die Priester, vor allem über die Bestimmung bestimmter Bestandteile der Opfer, die vorwiegend zum Verzehr gedacht waren. Dementsprechend richtet Mose diesen Abschnitt »an Aaron und seine Söhne« ( 3Mo 6,2.18 ). Lediglich der Schluß 3Mo 7,22-36 richtet sich wieder »an die Israeliten« (V. 23.29 ).

Jedes der grundlegenden fünf Opfer wird demnach zweimal behandelt, jeweils einmal im allgemeinen Abschnitt für das ganz Volk und einmal in dem speziellen Anhang für die Priester (vgl. die Übersichten zu den levitischen Opfern vor dem Kommentar zu 3.Mose). Zu der unterschiedlichen Reihenfolge in den beiden Teilen vgl. den Kommentar zu 3Mo 6,1-7,38 .

3Mo 1-7 ist die ausführlichste und systematischste Darstellung der einzelnen Opferarten im AT. Andere Texte in den fünf Büchern Mose beschreiben die verschiedenen Opfer im tatsächlichen Vollzug des Gottesdienstes. 4Mo 28-29 (vgl 3Mo 23; 5Mo 16 ) beschreibt die jährlichen Opfer während der Nationalfeste (vgl. die Übersicht »Opferkalender« 4Mo 28 ). Außerdem werden die einzelnen Opfer für konkrete Anlässe, wie der Weihe (z.B. 3Mo 8 ), der Entweihung (z.B. 4Mo 16,14-17 ) und der Reinigung (z.B. 3Mo 14,12-20; 15,14-15.29-30 ) beschrieben (vgl. die Übersicht am Anfang des Kommentars zu 3.Mose).



1. Allgemeine Anordnungen über die Opfer für das Volk
( 3Mo 1,1-5,26 )


Auch wenn sich dieser Abschnitt an das ganze Volk richtet, mußte ihn auch der Priester sorgfältig studieren, so wie ein Lehrer nicht nur das Lehrerhandbuch, sondern auch das Schulbuch studieren muß, um den Studenten helfen zu können.

Die fünf grundlegenden Opferarten, die hier beschrieben werden, sind das Brandopfer, das Speisopfer, das Dankopfer, das Sündopfer und das Schuldopfer. Die Reihenfolge ist nicht die Reihenfolge, in der die Opfer normalerweise tatsächlich dargebracht wurden, sondern eine didaktische Reihenfolge, die die Opfer in ihrer Reihenfolge logisch aneinanderreiht (vgl. die andere Reihenfolge in 3Mo 6,1-7,38 und den Kommentar dazu). So wird das Speisopfer nach dem Brandopfer, mit dem es normalerweise zusammen geopfert wurde (z.B. 4Mo 15,28-29 ), und dem Dankopfer, mit dem es immer zusammengehörte, behandelt (z.B. 3Mo 7,12-14; 4Mo 15,3-4 ) Sünd- und Schuldopfer werden nacheinander behandelt, weil sie eine Reihe von Ähnlichkeiten aufweisen und beide für bestimmte Situationen gedacht waren.

Die ersten drei Opfer werden häufig »die Opfer des Wohlgeruches« genannt, weil der Teil des Opfers, der auf dem Altar verbrannt wurde, einem den HERRN »lieblichen Geruch« ( 3Mo 1,9.17; 2,2.9.12; 3,5.16 ) erzeugte. Dementsprechend werden Sünd- und Schuldopfer normalerweise als »Opfer ohne Wohlgeruch« bezeichnet. Dies ist jedoch kein biblischer Ausdruck und widerspricht der Tatsache, daß auch beim Sünd- und Schuldopfer der verbrannte Teil des Opfers als ein dem HERRN »lieblicher Geruch« ( 3Mo 4,31 ) bezeichnet wird. Der HERR erhielt beim Sündopfer denselben Anteil wie beim Dankopfer, nämlich das »Fette« (vgl. 3Mo 3,3-4; 4,31 ). Die Formulierung ein dem HERRN »lieblicher Geruch« scheint sich daher auf den zu verbrennenden Anteil jedes Opfers zu beziehen und sollte daher nicht zur Unterscheidung der Opferarten gewählt werden.

Eine andere Unterscheidung ist die in freiwillige (Brand-, Speis- und Dank- opfer) und unfreiwillige, d.h. geforderte Opfer (Schuld- und Sündopfer). Diese Unterscheidung trifft eher zu, wobei man allerdings nicht außer acht lassen sollte, daß es zahlreiche Gelegenheiten gab, bei denen Brand-, Speis- und Dankopfer ebenfalls nicht freiwillig waren, sondern gefordert wurden (vgl. 4Mo 6,14.17; 5Mo 16,10-12.16-17 ), besonders bei bestimmten Reinigungszeremonien (z.B. 3Mo 14,12-20 ) und jährlichen Festen (vgl. 4Mo 28-29 ).

Eine befriedigende Einteilung ist die in Opfer der Hingabe (Brand- und Speisopfer), Opfer der Gemeinschaft (Dankopfer und die dazugehörigen Opfer) und Opfer der Versöhnung (Sünd- und Schuldopfer), obwohl in allen fünf Opfern Elemente der Hingabe, der Gemeinschaft und der Versöhnung zu finden sind (vgl. den Kommentar zu 3Mo 1,4 ).



a. Das Brandopfer
( 3Mo 1 )


1) Einleitung ( 3Mo 1,1-2 ):

3Mo 1,1


Der historische und theologische Kontext des 3. Buch Mose findet sich nicht nur in dieser Einleitung, sondern auch in den letzten beiden Versen des Opferhandbuches ( 3Mo 7,37-38; vgl. dazu die Einleitung oben). Die Einzelheiten der Opferriten wurden bekannt gegeben, als der HERR Mose rief und mit ihm aus der Stiftshütte redete . Das Opferhandbuch schließt sich also an die historischen Berichte über den Bau der Stiftshütte ( 2Mo 25-40 ) an und steht vor dem historischen Bericht über die Ordination der Priesterschaft ( 3Mo 8-10 ). Der Rest von 3.Mose enthält weitere Offenbarungen über den Gottesdienst und das Leben Israels im Angesicht des heiligen Gottes. Außer 3Mo 24,10-13 ) wird der historische Bericht erst in 4Mo 1-4 mit dem Aufbruch der Stämme Israels vom Sinai fortgesetzt.



3Mo 1,2


Dieser Vers bildet den Übergang zum Gesetz über das Brandopfer. Er spricht von einem Opfer ( qorbon , »das was dargebracht wird« - ergänze »Gott«), wobei dieser Begriff auf alle Opfer angewandt werden kann. Zunächst ist von Opfern von Rindern oder von Schafen und Ziegen die Rede. Die Art der Opfertiere in absteigender Reihenfolge ihres Wertes bildet den Ausgangspunkt für die Gliederung des Brandopfergesetzes (vgl. 3Mo 6,1-6 ), zunächst die Rinder (V. 3-9 ), dann Schafe und Ziegen (V. 10-13 ) und schließlich zusätzlich die Vögel (V. 14-17 ).

Zunächst müssen einige wesentliche Punkte über das Brandopfer festgehalten werden:

1. Das Brandopfer ( ZOlCh , »das, was aufsteigt«, 3Mo 1,3.10.14 ,wohl weil das ganze Opfer im Rauch zum Herrn aufstieg) unterscheidet sich von den anderen Opfern, weil das Tier vollständig auf dem Altar verbrannt wurde ( 3Mo 1,9.13.17 ), wenn man einmal vom Fell für den Priester ( 3Mo 7,8 ) und dem Kropf der Vögel ( 3Mo 1,16 ) absieht.

2. Das Brandopfer wird auch als Opfer mit Feuer ( kAlIl ; vgl. 5Mo 33,10; 1Sam 7,9; Ps 51,18 ) bezeichnet.

3. Es wird vermutlich als erstes genannt, weil es das älteste Opfer darstellt (vgl. 1Mo 8,20 bei Noah) und in Israel am häufigsten dargebracht wurde.

4. In der alltäglichen Praxis ging ihm jedoch oft ein Sünd- oder Schuldopfer voran (vgl. den Kommentar zu 3Mo 6,1-7,38 ).

5. Die Art der Opfertiere und die Einzelheiten des Opferrituals ähnelt denen des Dankopfers ( 3Mo 3 ).

6. Wie bei allen levitischen Opfern war der grundlegende Sinn der Brandopfer die Versöhnung wegen der Sünden ( 3Mo 1,4; vgl. 4Mo 15,24-25 ), aber als direkte Absicht tritt die Erklärung der Hingabe an Gott in den Vordergrund.

7. Obwohl das Brandopfer für die ganze Nation als tägliches ( 2Mo 29,38-42; 4Mo 28,3-8 ), wöchentliches ( 4Mo 28,9-10 ) und monatliches ( 4Mo 28,11-15 ) Opfer, als Bestandteil zahlreicher jährlicher Feste (vgl. 3Mo 23; 4Mo 28-29 ) und für einzelne bei Reinigungs- und anderen Riten (z.B. 3Mo 14,12-20;15,14-15.29-30; 4Mo 6,9.12 ) vorgeschrieben war, konnte es auch von einzelnen freiwillig als einfaches Opfer der Hingabe (einschließlich des Opfers zur Erfüllung eines Eides oder als freiwilliges Opfer, 3Mo 22,17-20 ) oder als Opfer im Anschluß an ein Sündopfer ( 3Mo 14,19-20; 15,14-15 ) dargebracht werden (vgl. die Zusammenfassung im Anschluß an den Kommentar zu 3Mo 1,17 und den Abschnitt »Die Bedeutung der alttestamentlichen Opfer« in der Einführung ).

2) Ein Brandopfer mit Rindern ( 3Mo 1,3-9 ):

Das Ritual des Brandopfers bezog wie alle levitischen Opfer den das Opfer darbringenden Israeliten ein. Er besorgte das Tier, brachte es zum Heiligtum, legte ihm die Hände auf, schlachtete, häutete, zerteilte und wusch es. Alle Bestandteile des Rituals, die einen Kontakt mit dem Altar mit sich brachten, waren jedoch den Priestern vorbehalten, also auch die Handhabung des Blutes, des Holzes und der festgelegten Teile des Tieres, die auf den Altar gelegt wurden. Das Ritual wurde ausschließlich vom Priester ausgeführt, wenn es sich um einen Vogel handelte oder der Priester das Opfer für sich selbst oder das ganze Volk darbrachte.



3Mo 1,3


Der Israelit mußte das Tier vor die Tür der Stiftshütte bringen. Einige Ausleger beschränken den Begriff »Tür« auf den Eingang zum Bezirk der Stiftshütte. Da mit der Stiftshütte jedoch das eigentliche Heiligtum gemeint ist, dürfte mit »Tür« wahrscheinlich der ganze Vorhof vor dem Brandopferaltar gemeint sein. Diese Örtlichkeit kann auch als die Nordseite des Altars (z.B. V. 11 ) oder mit den Ausdrücken »vor der Stiftshütte« ( 3Mo 3,8 ) oder »vor dem Herrn« ( 3Mo 1,5; 3,7 ) oder eben am Eingang der Stiftshütte ( 3Mo 3,2 ) bezeichnet werden. Die eigentliche Darstellung des Opfertieres fand aber wahrscheinlich tatsächlich am Eingang zum Vorhof statt, bevor der Priester und der Opfernde mit dem Tier zur Nordseite des Altars gingen, um das Opferritual zu vollziehen.

Nachdem der Israelit sein Tier vorgezeigt hatte, untersuchte der Priester das Tier aufgrund der folgenden Merkmale des einzelnen Tieres:

1. Das Tier mußte vollkommen, ohne Fehler, Wunde, Krankheit oder Verkrüppelung sein ( 3Mo 1,3.10; vgl. die Liste der verbotenen Fehler in 3Mo 22,17-25; vgl. 5Mo 15,21; 17,1 ). (Eine Ausnahme bildeten zu lange oder zu kurze Glieder beim freiwilligen Opfer, 3Mo 22,23 ).

2. Das Tier für das Brandopfer mußte, wie bei den meisten Opfern, ein männliches Tier sein. (Weibliche Tiere waren beim Dankopfer zulässig, 3Mo 3,1.6 ,und bei Sündopfern für Nichtpriester vorgeschrieben, 3Mo 4,28.32; 5,5-6 ).

3. Obwohl die Opfertiere allgemein zwischen einer Woche ( 3Mo 22,26-27 ) bis etwa drei Jahre alt sein konnten, waren für bestimmte Opferrituale einjährige Tiere vorgeschrieben.

Neben diese Merkmale des Tieres selbst traten weitere allgemeine Voraussetzungen:

4. Bei allen levitischen Opfern mußte es sich um reine Tiere handeln ( 3Mo 11 ).

5. Alle Opfertiere mußten Nutztiere sein, die auch zum Verzehr geeignet waren.

6. Alle Opfertiere mußten Haustiere sein. Wilde Tiere durften gegessen, aber nicht geopfert werden ( 5Mo 14,4-5 ).

7. Alle Opfertiere mußten den Besitzverhältnissen des Opfernden entsprechend kostbar sein. Gott verlangte also die höchstmögliche Qualität von dem einzelnen Israeliten.



3Mo 1,4


Der Darstellung des Opfertieres folgte die Handauflegung. Der Israelit legte (oder »preßte«) seine Hand auf den Kopf des Tieres, damit es ihn wohlgefällig mache und für ihn die Versöhnung schaffe . Das Wort für »seine Hand legen auf« meint eigentlich »ausruhen auf«, »stützen auf«. Durch diesen Akt identifizierte der Israelit das Tier mit sich selbst und machte es damit zu seinem Stellvertreter.

Der Gedanke der Versöhnung beschränkt sich demnach nicht auf die Sünd- und Schuldopfer, da das Brandopfer eindeutig ebenfalls der Versöhnung ( kipper , Intensivform von kAPar ) des Opfernden diente. Es gibt zwei Ansichten über die Etymologie des Wortes kipper. Entweder entspricht es dem arabischen Verb kafara , »bedecken« oder aber einem der beiden Homonyme des akkadischen Wortes kapAru , »wegwischen« oder auch »schmieren« (vgl. Harold R. Cohen, Biblical Hapax Legomena in the Light of Akkadian and Ugaritic , Missoula, Mont., Scholars Press, 1978, S.53-54, Nr. 8). Zahlreiche Gründe, unter anderem der poetische Parallelismus von kipper und mAHCh (»auswischen, ausblasen«) in Jer 18,23 ,sprechen für die zweite Lösung. Ein dritter Vorschlag (z.B. Leon Morris, The Apostolic Preaching of the Cross , Grand Rapids: Wm. B. Eerdmans Publ., 1955, S.142-152) führt die Bedeutung von kipper auf das hebräische Nomen kOPer , »Lösegeld« zurück. Da aber kOPer etymologisch auf das akkadische Wort kapAru zurückgeht, sollte diese Lösung nicht als dritte etymologische Erklärung gelten, sondern als wichtiger Beitrag zur Erklärung der Bedeutung von kipper im Sinne von »Versöhnung schaffen«. Dabei können beide Bedeutungen des akkadischen kapAru eine Rolle spielen, das »Schmieren«, weil das Blut bisweilen an die Hörner des Altars geschmiert wurde ( 3Mo 16,18 ) und das »Wegwischen«, weil das Vergehen weggewischt, also gereinigt und beseitigt wurde (vgl. 3Mo 16,10.19 ).

Das verwandte hebräische Wort kOPer , »Lösegeld«, unterstützt die Schlußfolgerung von Leon Morris, daß das Wort im Zusammenhang mit den Opferritualen als terminus technicus für »Versöhnung zwischen Gott und Mensch schaffen« (ebd., S.148) anzusehen ist und insbesondere die Opferung eines Lösegeldes stellvertretend für die Versöhnung des göttlichen Zornes bedeutet (S.152). Im alttestamentlichen Sprachgebrauch wird ersichtlich, daß Versöhnung nicht nur die Wiedergutmachung der Sünde, sondern auch die Besänftigung des göttlichen Richters meint. Auch wenn die Sünde selbst gesühnt werden muß, ist doch wichtiger, daß das Opfer notwendig war, weil die persönliche Beziehung zwischen Gott und Mensch durch die Sünde zerstört wurde.



3Mo 1,5


Als nächstes mußte der Israelit das Rind vor dem HERRN schlachten . Da Schafe und Ziegen an der Nordseite des Altars (V. 11 ) geschlachtet wurden, wird dies wohl mit den Rindern ebenfalls der Fall gewesen sein, wobei »vor dem Herrn« einfach allgemein jeden Ort im Vorhof der Stiftshütte meint und damit für die Nordseite des Altars steht (vgl. den Kommentar zu 3Mo 1,3 ). Der Tod des Tieres durch das »Schlachten« (ein technischer Opferbegriff) war von größter Bedeutung im Opferritual, weil mit dem Blut das Leben ausfloß und der Tod an die Stelle des Lebens trat (vgl. 3Mo 17,11 ,wo »Blut« für Leben steht) und das geflossene Blut die Versöhnung bewirkte.

Nun wurde das Ritual vom Priester fortgesetzt. Er fing das Blut mit einem Gefäß auf, während das Tier geschlachtet wurde, um es an alle vier Seiten des Altars zu sprengen . Dies wurde, zumindest in späteren Zeiten, erreicht, indem das Blut gegen zwei einander gegenüberliegende Hörner geworfen wurde, so daß es an alle vier Seiten spritzte.


3Mo 1,6-9


Bei der Person, die dem Brandopfer das Fell abziehen und es in seine Stücke zerlegen sollte, handelt es sich um den Opfernden, nicht um den Priester (vgl. V. 12 ). Er sollte zugleich die Eingeweide und die Beine (V. 9 ), also die von Exkrementen verschmutzten Teile, waschen, während der Priester das Holz (V. 7 ) zurechtlegte und dann die Teile des Tieres mit dem Kopf und dem Fett (V. 8 ; ausführlicher definiert in 3Mo 3,3-4 ,weil dort nur das Fett beim Dankopfer verbrannt wurde) auf das Altarfeuer legte. Die Anweisung für die Priester, Feuer auf dem Altar zu machen (V. 7 ) ist schwer zu erklären, weil bei der Ordination der Priester ( 3Mo 8-9 ), an den nationalen Festen ( 4Mo 28-29 ) und bei zahlreichen persönlichen Anlässen vor dem Brandopfer Sündopfer geopfert wurden, so daß das Feuer schon am Brennen war. Ja, eigentlich durfte das Feuer zwischen den morgendlichen und abendlichen Opfern nie ausgehen ( 3Mo 6,5-6 ). Vielleicht meint der Ausdruck die generelle Verantwortung des Priesters für das Brennen des Feuers.

Das Brandopfer unterscheidet sich von allen anderen Opfern dadurch, daß das Tier vollständig auf dem Altar verbrannt wurde. Daß das Brandopfer ein Feueropfer zum lieblichen Geruch für den HERRN ist (V. 9 ), ist ein anthropomorpher Ausdruck, der die völlige Annahme des Opfers durch Gott beschreibt.

3) Ein Brandopfer aus den Herden ( 3Mo 1,10-13 ):



3Mo 1,10-13


Wenn als Brandopfer ein Schaf oder eine Ziege geopfert wurde, galten dieselben Voraussetzungen ( ein männliches Tier ohne Fehler , V. 10 ; vgl. V. 3 ) und dieselben rituellen Vorschriften, auch wenn sie nicht so ausführlich beschrieben werden, wie in Vers 3-9 . Die einzige zusätzliche Erläuterung besteht darin, daß die Schlachtung an der Nordseite des Altars durchgeführt werden sollte (V. 11 ; vgl. den Kommentar zu V. 3.5 ). Es sind die unterschiedlichsten Erklärungen dafür angeboten worden, aber wahrscheinlich war es einfach die Seite des Altars mit dem meisten Platz.

4) Ein Brandopfer mit Vögeln ( 3Mo 1,14-17 ):


Das dritte Buch Mose

3Mo 1,14-17


Das Opfern einer Turteltaube oder jungen Taube war den Armen beim Brand- und Sündopfer ( 3Mo 5,7 ) gestattet und bei verschiedenen Reinigungsopfern vorgeschrieben ( 3Mo 15,14-15.29-30; 4Mo 6,10-11 ). Die geringere Größe dieser Opfertiere machte ein vereinfachtes Ritual notwendig, wobei alles vom Priester allein ausgeführt wurde. Nach Raschi (zitiert bei Norman H. Snaith, Leviticus and Numbers , S.32) trennte der Priester den Kopf des Tieres ab, indem er mit dem Fingernagel schnell unter dem Kopf Gurgel und Nacken aufschlitzte und den Kopf abknickte. Dann ließ man das Blut bis zum letzten Tropfen an der Wand des Altars auslaufen. Der Kropf mit seinem Inhalt sollte auf der Ostseite des Altars auf den Aschenhaufen geworfen werden. Die Flügel wurden eingerissen und der Vogel damit leicht geöffnet und so auf dem Altar zum lieblichen Geruch für den HERRN verbrannt (vgl. 3Mo 1,9 ).

Beim Brandopfer erhielt Gott alles, der Opfernde nichts. Typologisch gesehen weisen zwar alle Opfer auf den Tod Jesu Christi hin. Das Brandopfer betont dabei jedoch nicht so sehr den Gedanken, daß Jesus in seinem Opfer die Sünden der Welt trug, sondern daß er sich völlig dem Willen Gottes hingab. Diese völlige Hingabe kommt in Hebr 9,14 zum Ausdruck: »Christus... opferte sich selbst ohne Fehler an Gott« (vgl. Eph 5,1-2; Phil 2,8; Hebr 10,5-7 ).


Das dritte Buch Mose

b. Das Speisopfer
( 3Mo 2 )


Das Speisopfer (oder Getreideopfer) ( minHCh , ein Wort, das außerhalb des levitischen Systems jedes Opfer oder Geschenk bezeichnen konnte; vgl. 1Mo 4,3-5; Ri 6,18; 1Sam 2,17 ) bestand aus einem groben Getreidemehl (aus Weizen oder Gerste), das mit Olivenöl vermischt und mit Weihrauch begossen wurde. Es durfte weder Sauerteig noch Honig enthalten ( 3Mo 2,11 ), mußte aber wie alle Opfer auf dem Altar mit Salz bestreut werden (V. 13 ). Ein Speisopfer konnte für sich allein dargebracht werden (z.B. V. 14-16 ; 3Mo 6,14; 4Mo 5,15 ). In den meisten Fällen kam es aber zu einem Brand- oder Dankopfer hinzu, wobei es Dankopfern immer ( 3Mo 7,12-14; vgl. 4Mo 15,4 ), Brandopfern meistens, vor allem bei den jährlichen Opfern ( 4Mo 28-29 ), folgte.

Ein weiteres Zusatzopfer, das in 3Mo 1-7 nicht näher beschrieben, aber in 4Mo 15,8-10 erklärt wird, war das Trankopfer, das aus Wein oder einem anderen starken Getränk bestand, das für den Herrn am Heiligtum ( 4Mo 28,7 ) ausgegossen wurde. Es wurde zusammen mit dem Speisopfer geopfert, wenn dieses einem Brand- oder Dankopfer folgte. Die Menge des Mehls und Weins war gemäß der einzelnen Opfertierarten genau festgelegt (vgl. 4Mo 15,2-10 ).

Die Speisopfer fehlten jedoch bei Brandopfern des Hohenpriesters und bei dem besonderen Versöhnungsritual am großen Versöhnungstag ( 3Mo 16,3.5.24 ). Bei folgenden besonderen Ritualen waren Speisopfer vorgeschrieben: 1. bei den Reinigungsritualen nach Ablauf eines nasiräischen Eides ( 4Mo 6,15.19 ) oder nach der Reinigung eines Aussätzigen ( 3Mo 14,10.20-21.31 ); 2. bei dem sogenannten »Eifersuchtsritual«, bei dem ein Zehntel Scheffel Gerstenmehl ohne Öl und Weihrauch verwendet wurde ( 4Mo 5,15.18.25-26 ).

Das Schwenkopfer der Erstlingsfrüchte, das aus zwei gesäuerten Broten aus dem Mehl von frischem Weizen bestand ( 3Mo 23,16-17 ), stellt eigentlich kein Speisopfer dar, weil es nicht auf dem Altar dargebracht wurde ( 3Mo 2,12 ). Die Verwendung von einem Zehntel Scheffel Mehl ohne Öl und Weihrauch beim Sündopfer der Armen ( 3Mo 5,11-13 ) zählt trotz der Verwendung von Mehl zu den Sündopfern.

Das Gesetz über die Speisopfer ( 3Mo 2; vgl. 3Mo 6,7-16 ) teilt sich gemäß der Zubereitungsarten in drei Teile: eine Art ohne Backen ( 3Mo 2,1-3 ), drei verschiedene Arten mit Backen (V. 4-10 ) und die besondere Art des Zerstoßens und Röstens von Erstlingsfrüchten (V. 14-16 ).

1) Ein Speisopfer aus Ungebackenem ( 3Mo 2,1-3 ):

Die Abfolge des Rituals des Speisopfers ging in vier Stufen vor sich: 1. Der Opfernde bereitete das Opfer zu (V. 1.4-7 ). 2. Er präsentierte es, vermutlich in einer Schüssel (vgl. 4Mo 7,13 ), dem Priester beim Heiligtum ( 3Mo 2,2.8 ). 3. Der Priester nahm davon eine Handvoll als Gedenkopfer bzw. Erinnerungsteil ( 3Mo 2,2.9.16 ). 4. Er verbrannte diesen Teil auf dem Altar »zum lieblichen Geruch für den Herrn« (V. 2.9 ).

3Mo 2,1


Das grundlegende Speisopfer bestand aus feinem Mehl , das am heutigen Standard gemessen ziemlich grob war und mit Öl und Weihrauch vermischt wurde. Der Weihrauch war der einzige Bestandteil, der die Zubereitung des Opfers von der Zubereitung einer normalen Mahlzeit unterschied.


Das dritte Buch Mose

3Mo 2,2


Der Priester nahm das Speisopfer von dem Opfernden in Empfang und sonderte eine Handvoll von dem Mehl und Öl samt dem Weihrauch ab und verbrannte es als ein Gedenkopfer (einen Erinnerungsanteil) auf dem Altar . Dieser Anteil sollte zeigen, daß das ganze Opfer dem Herrn gehörte. Wenn ein Priester ein Speisopfer darbrachte, wurde das Mehl vollständig auf dem Altar verbrannt ( 3Mo 6,22-23 ). Das Speisopfer wird mit denselben Worten wie das Brandopfer als ein Feueropfer zum lieblichen Geruch für den HERRN bezeichnet (vgl. 3Mo 1,9.13.17 ).



3Mo 2,3


Im Gegensatz zum Brandopfer, das völlig auf dem Altar verbrannt wurde (vgl. 3Mo 1,9 ), wurde das übrige dem Priester zum Essen gegeben, weil es ein Hochheiliges , also der heiligste Teil des Opfers, war. Der Begriff »Hochheiliges« ist im Zusammenhang mit den levitischen Opfern ein terminus technicus, der ausdrückt, daß dieser Teil des Opfers, gleich ob beim Speis-, Dank-, Sünd- oder Schuldopfer, nur den rechtmäßigen Mitgliedern der Priesterschaft zustand. Wenn das Speisopfer mit einem Dankopfer zusammen dargebracht wurde, ging nur ein Teil davon an den Priester ( 3Mo 7,12-14 ), und der andere Teil wurde von dem Opfernden und seiner Familie als Dank- und Gemeinschaftsopfer gegessen.

2) Ein Speisopfer aus Gebackenem ( 3Mo 2,4-10 ):



3Mo 2,4-7


Indem er die normalen Backgeräte und -methoden benutzte, außer daß für den Teil, der auf dem Altar verbrannt wurde, Weihrauch hinzugefügt wurde (vgl. V. 2 ), bereitete der Opfernde Kuchen oder Fladen, die mit Öl vermischt oder bestrichen waren (V. 4 ), oder auf der Pfanne Gebackenes mit Öl vermischt oder begossen (V. 5-6 ), oder im Tiegel Bereitetes mit Öl vermischt (V. 7 ), zu. Diese Breite von drei Backgeräten und vier Arten von Gebackenem sollte wohl die Israeliten dazu ermuntern, ihre Opfer zu bringen, gleich in welchen wirtschaftlichen Umständen sie lebten.


Das dritte Buch Mose

3Mo 2,8-10


Das Opferritual für gebackene Speisopfer war dasselbe wie für ungebackene Speisopfer, wobei allerdings der Weihrauch nicht eigens erwähnt wird. Der Priester verbrannte das Gedenkopfer... auf dem Altar und behielt das übrige zum Verzehr für sich selbst, wobei die in Vers 3 genannte Ausnahme auch hier galt.

3) Zusätzliche Vorschriften zum Speisopfer ( 3Mo 2,11-16 ):


Das dritte Buch Mose

3Mo 2,11-13


Sauerteig und Honig waren bei allen Speisopfern verboten. Beim Opfer der Erstlingsfrüchte (vgl. 3Mo 23,16-17 ) war beides zulässig, wobei es sich dabei allerdings nicht um ein Speisopfer handelte, das auf dem Altar zum lieblichen Geruch für den HERRN dargebracht wurde. Alle Opfer auf dem Altar mußten aber Salz enthalten, das offensichtlich die Bundesbeziehung Israels mit Gott ( das Salz des Bundes deines Gottes ) symbolisierte, die dem ganzen levitischen Opfersystem zugrunde lag. Weil man im Nahen Osten davon ausging, daß Salz nicht durch Feuer zerstört werden konnte, war ein »Salzbund« ein ewiger Bund ( 4Mo 18,19; 2Chr 13,5 ).


Das dritte Buch Mose

3Mo 2,14-16


Besondere Vorschriften waren für das Speisopfer der Erstlingsfrüchte zur Zeit der Ernte notwendig. Es bestand aus im Feuer gerösteten Ähren, deren Körner zerstoßen und mit Öl und Weihrauch versehen wurden. Das übliche Gedenkopfer wurde auf dem Altar verbrannt, das übrige ging sicher wieder an den Priester.

Im Gegensatz zu den Tieropfern war die Besonderheit des Speisopfers als eines Pflanzenopfers das völlige Fehlen jedes blutigen Rituales. Allerdings wurde das Speisopfer normalerweise zusammen mit einem Brand- oder Dankopfer dargebracht, die blutige Opfer waren. Da das Speisopfer die alltägliche Nahrung verwendete, die mit ganz normalen Methoden zubereitet wurde, könnte es die Hingabe des ganz alltäglichen Lebens oder auch Gottes Fürsorge für das tägliche Brot symbolisieren. Besonders das Speisopfer der Erstlingsfrüchte war eine Anerkennung der Bundesgnade Gottes und eine Bestätigung des Gehorsams gegenüber dem Herrn des Bundes, der Israel in das Land gebracht hatte ( 5Mo 26,9-10 ).

Typologisch gesehen deutet das Speisopfer auf Jesus und den stellvertretenden Wert seines Todes hin. Dies kommt darin zum Ausdruck, daß das Speisopfer normalerweise Brand- und Dankopfer begleitete. Möglicherweise weist das feine Mehl auf seine vollendete Menschlichkeit in seiner Inkarnation und das Öl auf die Überschattung durch den Heiligen Geist, der Weihrauch auf seine moralische Unantastbarkeit und das Fehlen von Sauerteig auf sein Getrenntsein von der Sünde hin. Jesus benutzt darüber hinaus das Bild vom Weizen, der auf den Boden fällt und »stirbt«, aber dadurch viel Frucht bringt, als Bild für seinen Tod ( Joh 12,23-24 ).


Das dritte Buch Mose

c. Das Dankopfer
( 3Mo 3 )


Das hebräische Wort für das Dankopfer ( zeBaH S+lAmIm , außer in Am 5,22 immer im Plural) wurde traditionell mit »Friedensopfer« übersetzt. G. J. Wenham ( The Leviticus , S.76) zieht diese Bedeutung gegenüber anderen wie »Dankopfer«, »Gemeinschaftsopfer« vor und hält solche Übersetzungen für reine Spekulationen aufgrund der Tatsache des gemeinsamen Mahles am Ende des Opfers. Da die hebräische Vorstellung vom Frieden Gesundheit, Reichtum, Wohlergehen und Frieden einschließt, übersetzt R. K. Harrison ( Leviticus , S.56): »ein Opfer des Wohlergehens«. Vielleicht erschließt eine Kombination der Bedeutung »Wohlergehen« als wörtlicher Bedeutung und »Gemeinschaft« als der sich aus dem Ritual der gemeinsamen Mahlzeit ergebenden Bedeutung den umfassenden Sinn des Opfers am ehesten.

Das Dankopfer (vgl. 3Mo 7,11-36 ) ist das dritte der Opfer »zum lieblichen Geruch dem Herrn«. Es entspricht dem Brandopfer nicht nur in der Auswahl der Tiere, wobei allerdings Vögel ausgeschlossen und weibliche Tiere (und beim freiwilligen Opfer zu lange und zu kurze Glieder) zugelassen waren, sondern auch im wesentlichen im Ablauf des Rituals. Auch wenn nicht ausdrücklich erwähnt wird, daß das Dankopfer Versöhnung schafft, ist dies im Auflegen der Hände, im Schlachten des Tieres, in der Verwendung des Blutes (vgl. 3Mo 17,11 ) und in der Verbrennung des Fettanteils (genau wie beim Sündopfer, dem Versöhnungsopfer schlechthin) inbegriffen.

Auf jeden Fall war ein Dankopfer erst möglich, wenn der Opfernde zuerst durch ein Sünd- oder Schuldopfer die Vergebung erhalten und seine Hingabe durch ein Brand- oder Speisopfer bezeugt hatte. Die Kategorien des Dankopfers, nämlich Opfer des Dankes, Opfer des Gelübdes und freiwillige Opfer (vgl. den Kommentar zu 3Mo 7,11-36 ), sind sämtliche Gemeinschaftsopfer, die ihren Höhepunkt in dem Gemeinschaftsmahl am Ende fanden. Dies war eine Zeit der Freude vor dem Herrn ( 5Mo 12,12.18-19; 27,7; 1Kö 8,64-65 ), bei der der Opfernde, seine Familie und Leviten aus seinem Heimatort, während des Wochenfestes (Pfingsten) auch noch die Armen ( 5Mo 16,11 ), am größeren Teil des Opfers Anteil hatten. Dieser Anteil drückte vielleicht Gottes Segnungen innerhalb der Bundesbeziehung aus. Die näheren Vorschriften zum Dankopfer finden sich nicht hier bei den Vorschriften für den normalen Opfernden, sondern erst im Anhang für die Priester (vgl. 3Mo 7,11-36 ).

Das Dankopfer war weitgehend ein freigestelltes Opfer. Das Wochenfest (Pfingsten) war das einzige Nationalfest, bei dem Dankopfer vorgeschrieben waren ( 3Mo 23,19-20 ). Außerdem waren sie für bestimmte Zeremonien des Bundesschlusses ( 2Mo 24,5 ) oder der Bundeserneuerung ( 5Mo 27,7 ), sowie der Weihung ( 2Mo 29,19-34; 3Mo 8,22-32; 1Kö 8,63 ) und Entweihung (Erfüllung des Nasiräergelübdes, 4Mo 6,14.17 ) gedacht. Es gibt noch weitere Gelegenheiten, bei denen Dankopfer dargebracht wurden: 1. ein siegreicher Feldzug ( 1Sam 11,15 ); 2. das Ende einer Hunger- oder Pestzeit ( 2Sam 24,25 ); 3. die Bekanntgabe eines Kandidaten für den Königsthron ( 1Sam 11,15; 1Kö 1,9 ); 4. nationale geistliche Erneuerungen ( 2Chr 29,31-36 ); 5. ein jährliches Familientreffen ( 1Sam 20,6 ) und 6. die Ernte der Erstlingsfrüchte ( 2Mo 22,28-30; 1Sam 9,11-13.22-24; 16,4-5 ). Ein freiwilliges Opfer war das Minimum an Opfern, das ein Israelit an den drei jährlichen Festversammlungen in Jerusalem darbringen mußte ( 2Mo 23,16; 34,20-26; 5Mo 16,10.16-17; 2Chr 35,8; Esr 3,5 ).

Die drei Arten des Dankopfers, die in 3Mo 7,12-16 behandelt werden (vgl. den Kommentar dort) beschreiben die Motive und Anlässe für das Dankopfer näher.

Das Dankopfer wurde von denselben Opfertierarten bestimmt wie das Brandopfer. Lediglich Vögel waren beim Dankopfer nicht zugelassen. Der Grund könnte darin liegen, daß beim Vogel nicht genug Fleisch für eine gemeinsame Mahlzeit übrigblieb, selbst wenn man nur einen ganz kleinen Anteil auf dem Altar verbrannte. (Beim Sündopfer erhielt der Priester keinerlei Anteil, wenn es sich bei dem Opfertier um einen Vogel handelte.)

1) Ein Dankopfer mit Rindern ( 3Mo 3,1-5 ):

3Mo 3,1


Im Gegensatz zum Brandopfer konnte es sich bei einem Dankopfer von den Rindern sowohl um ein männliches als auch um ein weibliches Tier handeln (also um einen Bullen oder um eine Kuh). Das Tier mußte wiederum ohne Fehler sein (vgl. 3Mo 1,3; 22,17-25 ).


Das dritte Buch Mose

3Mo 3,2


Das Ritual des Dankopfers entsprach dem des Brandopfers bis zu dem Zeitpunkt der Aufteilung und Verwendung des Opfertieres. Die vier Stufen waren wiederum folgende: 1. Die Darstellung des Tieres durch den Opfernden; 2. die Handauflegung durch den Opfernden; 3. das Schlachten des Tieres durch den Opfernden an der Tür der Stiftshütte , d.h. im nördlichen Teil des Vorhofes vor der Stiftshütte, und 4. die Verwendung des Blutes durch den Priester zum Besprengen aller vier Seiten des Altars. Beim Dankopfer erklärte der Opfernde wahrscheinlich zusätzlich den Anlaß für sein Opfer, ob es sich also um einen öffentlichen Lobpreis für die Erhörung eines Gebets, um die Bezeugung der Erfüllung eines Gelübdes oder um ein freiwilliges Opfer zur Erntezeit oder um etwas anderes handelte.


Das dritte Buch Mose

3Mo 3,3-4


Die Vorbereitungen des Opfers (Häuten, Teilen, Waschen) folgte offensichtlich ebenfalls derselben Prozedur wie beim Brandopfer. Die beiden Opferarten unterschieden sich aber nun in der Verwendung der einzelnen Teile des Tieres. Der Priester verbrannte nur das Fett, das die Eingeweide umgab, die beiden Nieren mit dem Fett, das daran ist und das Fett an den Lenden, und den Lappen an der Leber auf dem Altar (vgl. die anatomische Bestandsaufnahme bei Harrison, Leviticus , S.57). Weil das Fett als der beste Anteil galt ( 1Mo 4,4; 45,18 ), symbolisierte es die Hingabe des Besten, was der Opfernde hatte, an Gott.



3Mo 3,5


Das Fett des Dankopfers wurde vom Priester auf dem Altar und dabei auf dem Brandopfer, also auf der Asche des täglichen Brandopfers, hier des Morgenopfers, oder aber auf der Asche eines vorausgehenden Brandopfers desselben Opfernden, verbrannt. Das verbrennende Fett war genauso wie das Brandopfer (vgl. 3Mo 1,9.13.17 ) und der Gedenkanteil des Speisopfers (vgl. 3Mo 2,2.9 ) ein Feueropfer zum lieblichen Geruch des HERRN , das demnach von Gott in seiner Güte angenommen wurde.

2) Ein Dankopfer mit Kleinvieh ( 3Mo 3,6-16 ):



3Mo 3,6-11


Auch im Falle eines Schafes (V. 7 ) waren weibliche und männliche Tiere ohne Fehler zugelassen (V. 6 ). Das Ritual entsprach völlig dem Dankopfer mit Rindern, außer daß zusätzlich der ganze Fettschwanz vom Rückgrat abgelöst (V. 9 ) zu dem Fett, das auf dem Altar verbrannt wurde, gehörte. Die in Palästina verbreitetste Schafrasse war das orientalische Fettschwanzschaf ( ovis laticaudata ), das mehrere zusätzliche Wirbel hat, um das am Schwanz eingelagerte Körperfett zu stützen. Ausgewachsene Tiere können zwischen 22 und 33 Kilogramm wiegen (Harrison, Leviticus , S.59).

Der Hinweis in Vers 11 (und V. 16 ), daß das Dankopfer eine Feuerspeise für den HERRN sei, sollte nicht im heidnischen Sinn verstanden werden, daß der Opfernde zusammen mit Gott aß (vgl. Ps 50,12-13 ). Der Herr erhielt auch beim Sünd- und Schuldopfer Fett auf dem Altar, obwohl dabei keine anschließende Mahlzeit vorgesehen war.



3Mo 3,12-16


Auch beim Dankopfer von Ziegen waren offensichtlich männliche und weibliche Tiere zugelassen. Das Ritual entsprach dem Opfer mit Rindern und auch dem mit Schafen, wenn man von der Besonderheit des Fettschwanzes absieht.

3) Zusammenfassende Verbote:



3Mo 3,17


Der Höhepunkt des Dankopfergesetzes ist das allgemeine Prinzip: Alles Fett gehört dem HERRN . Von diesem Grundsatz ausgehend folgt in Vers 17 eine weit über das Dankopfer und alle Opfer hinausgehende ewige Ordnung: Ihr sollt weder Fleisch noch Blut essen . Diese Ordnung wird noch einmal in 3Mo 7,23-27 im einzelnen bestätigt und warnt vor der direkten göttlichen Strafe im Falle der Übertretung dieses Gebotes.

Die Besonderheit des Dankopfers liegt in dem Gemeinschaftsmahl des Opfernden mit seiner Familie (vgl. 3Mo 7,15 ). Es war im wesentlichen eine freiwillige Handlung, in der der Opfernde das Fleisch von Gott als Geschenk seiner Bundestreue annahm und Gott für seine vergangenen Segnungen pries, gleich ob es sich um eine Gebetserhörung, eine unerwartete Gnadenerweisung oder um eine 'normale' Segnung, etwa eine gute Ernte, handelte.

Typologisch gesehen ist das Dankopfer ein Bild für die Gemeinschaft, die der Gläubige des NT mit Gott und anderen Gläubigen aufgrund des Kreuzestodes Jesu Christi hat ( 1Joh 1,3 ). Christus hat durch sein Blut, das er am Kreuz vergoß, »Frieden gemacht« ( Kol 1,20 ). »Er ist unser Friede« ( Eph 2,14 ).



d. Das Sündopfer
(
4,1-5,13 )


Das Sündopfer ( 3Mo 4,1-5,13 ) und das Schuldopfer ( 3Mo 5,14-26 ) können leicht voneinander unterschieden werden, obwohl sie einige Gemeinsamkeiten haben. (Die traditionelle Bezeichnung der beiden Opfer als »nicht zum lieblichen Geruch bestimmte Opfer« ist nicht aufrechtzuerhalten, weil in 3Mo 4,31 das Fett des Sündopfers »zum lieblichen Geruch des Herrn« verbrannt wird. Vgl. dazu ausführlicher die Einleitung zum Abschnitt »1. Allgemeine Anordnungen über die Opfer für das Volk«.) Sünd- und Schuldopfer werden am besten als Versöhnungsopfer zusammengefaßt, auch wenn in allen anderen Opfern das Element der Versöhnung ebenfalls mitschwingt.

Dieselben besonderen Anlässe wie Reinigung, Weihe, Entweihung (vgl. den Kommentar zu 3Mo 1,1 ff) erforderten zuerst jeweils ein Sündopfer. Ein Ziegenbock wurde täglich an allen jährlichen Nationalfesten als Sündopfer für das ganze Volk geopfert, nicht aber an normalen Tagen oder wöchentlichen und monatlichen Anlässen, wie es bei den Brandopfern der Fall war.

1) Einleitung ( 3Mo 4,1-2 ):

3Mo 4,1-2


Das Sündopfergesetz beginnt mit dem Hinweis auf die göttliche Offenbarung: der HERR redete mit Mose und sprach . Diese Formulierung erscheint erst wieder als Einleitung des Schuldopfergesetzes in 3Mo 5,14 .Daran anschließend beschreibt eine Einleitung allgemein den Anlaß und Sinn des Sündopfers: Wenn irgend jemand aus Versehen sündigt gegen etwas, was der HERR zu tun verboten hat... . Das Wort »wenn« (k¯) leitet eine weitgefaßte allgemeine Situation ein. Die Situation wird so allgemein wie möglich gefaßt, weil die konkreten Einzelanweisungen von dem Status des einzelnen Sünders abhingen (vgl. 3Mo 4,3.13.22.27 ).

Das ganz generelle Tun der Sünde wird in zweierlei Weise qualifiziert und damit eingeschränkt: es ging um Sünde aus Versehen und um Sünde gegen irgendein Gebot des HERRN (was das sündige Tun genauso meinen konnte wie das sündige Nichttun, also Unterlassen, vgl. 4Mo 15,22-23 ). Was immer mit der Formulierung »aus Versehen« gemeint ist, so war es klar, daß es bei einer absichtlichen Sünde (in 4Mo 15,30 wörtlich »Sünde mit erhobener Hand« genannt), also einer mit der erklärten Absicht, Gott ungehorsam zu sein, vollzogenen Sünde, nicht mit dem Opfer eines einzelnen getan war, sondern das Opfer des großen Versöhnungstages nötig wurde (vgl. den Kommentar zu 3Mo 16 zum großen Versöhnungstag). Deswegen konnte sich David zum Beispiel nach seinem Ehebruch mit Batseba und dem durch Machtmißbrauch ausgeführten Mord an Uria nur auf die Gnade des Herrn berufen. Seine Sünde war Rebellion gegen Gott ( Ps 51,16-17 ).

Was bedeutet nun der Ausdruck »aus Versehen« ( biSgAgCh , »in Unwissenheit«)? Der Begriff kann zwar eindeutig die reine Unwissenheit und Unabsichtlichkeit meinen ( 3Mo 4,2.22.27 ), aber auch zum Beispiel auf unabsichtlichen Mord bezogen sein ( 4Mo 35,11.15; vgl. Jos 20,3 ,wo die genannte Sünde weiter als »ohne Vorsatz« beschrieben wird). In 4Mo 15,22-31 wird der Unterschied einfach in der vorhandenen oder nicht vorhandenen trotzigen Haltung gegen Gott und sein Gesetz gesehen. Der Begriff biSgAgCh ist also weit genug, um alle Sünden, die nicht ausdrücklich in einem Geist der Rebellion gegen Gott und seine Bundesordnungen geschehen sind, zu umfassen, also Sünden aus Unkenntnis ( 3Mo 4 ), Sünden ohne bewußte Absicht ( 3Mo 5 ) oder absichtliche Sünden ohne bewußte rebellische Ausrichtung ( 4Mo 15,22-29 ). Für all diese Sünden war also das Sündopfer gedacht.

Der Aufbau des allgemeinen Teiles des Sündopfergesetzes ( 3Mo 4; vgl. 3Mo 5,1-13 und 3Mo 6,17-23 ) folgt dem Status der Opfernden: Priester, die Gemeinde, Stammeshäupter und einfacher Israelit. Auch die Opfertiere werden in absteigender Reihenfolge genannt: ein Stier für die Priester ( 3Mo 4,3 ) oder das ganze Volk (V. 14 ), ein Ziegenbock für die Stammeshäupter (V. 22-23 ), eine weibliche Ziege (V. 28 ) oder ein Lamm (V. 32 ) für die gewöhnlichen Israeliten, zwei Vögel für die Armen ( 3Mo 5,7 ) und sogar ein Mehlopfer für die ganz Armen ( 3Mo 5,11-13 ). Der Unterschied zwischen den Opfern hing dabei nicht von dem Maß der Sünde, sondern von dem sozialen Status der Opfernden ab. Der Anhang zum Sündopfergesetz in 3Mo 5,1-13 enthält Vorschriften für bestimmte Vergehen ( 3Mo 5,1-6 ) und Zugeständnisse für die Armen ( 3Mo 5,7-13 ).


Das dritte Buch Mose

3Mo 4,3


2) Das Sündopfer für den Priester ( 3Mo 4,3-12 ):

Genauer gesagt geht es um den gesalbten Priester , also den Hohenpriester, denn nur er wurde auf dem Haupt gesalbt ( 3Mo 8,12 ). Als Repräsentant des Volkes vor Gott mußte seine Sünde die Schuld über das Volk bringen. Er mußte dann dem HERRN einen Jungstier ohne Fehler als Sündopfer darbringen . Es ist interessant, daß das hebräische Wort HaFFA?T sowohl »Sünde« als auch »Sündopfer« heißen kann.


Das dritte Buch Mose

3Mo 4,4


Das Ritual des Sündopfers entsprach dem generellen Ablauf der anderen Opfer, unterschied sich aber in den einzelnen Vorschriften zur Verwendung des Blutes und zur Aufteilung und Verwendung des Opfertieres. So wurde auch beim Sündopfer das Tier an die Tür der Stiftshütte, also in den nördlichen Bereich des Vorhofes der Stiftshütte (vgl. V. 33 »wo man die Brandopfer schlachtet«), gebracht, ihm die Hände aufgelegt und vor dem Herrn geschlachtet.


Das dritte Buch Mose

3Mo 4,5-7


Die Verwendung des Blutes beim Sündopfer folgte je nach Status des Opfernden innerhalb der israelitischen Gemeinde drei grundlegenden Vorgehensweisen. Das erste Ritual beim Opfer des Hohenpriesters (V. 5-7 ) und der ganzen Gemeinde (V. 16-18 ) war stärker ausgearbeitet als das zweite Ritual beim Opfer für die Stammeshäupter (V. 25 ) und die gewöhnlichen Israeliten (V. 30 ). Das dritte, am stärksten ausgearbeitete Ritual war für den großen Versöhnungstag ( 3Mo 16,6-19 ) vorgesehen und stand in großem Gegensatz zu dem einfachsten Sündopferritual beim Opfer eines Vogels durch die Armen ( 3Mo 5,9 ).

Beim Opfer wegen der Sünde des Hohenpriesters (und ähnlich der des ganzen Volkes; vgl. V. 16-18 ) trug der Priester das Blut... in die Stiftshütte (in V. 6 auch einfach das Heilige oder Heiligtum genannt), tauchte seinen Finger in das Gefäß mit dem Blut und sprengte es siebenmal vor den Herrn gegen den Vorhang des Heiligtums (der zwischen dem Heiligen und dem Allerheiligsten hing) hin, schmierte etwas von dem Blut an die Hörner des Räucheraltars und kehrte dann in den äußeren Hof zurück, um das übrige Blut des Stieres ganz an den Fuß des Brandopferaltars zu gießen. Dieser letzte Akt hatte vermutlich keine Bedeutung für das Opfer, sondern sorgte lediglich für die ordentliche Beseitigung des restlichen Blutes.


Das dritte Buch Mose

3Mo 4,8-10


Die Verbrennung des Fettes um die Innereien auf dem Brandopferaltar entsprach völlig den Vorschriften des Dankopfers (vgl. 3Mo 3,3-4 und den Kommentar dazu).



3Mo 4,11-12


Die Aufteilung des Opfertieres hing davon ab, ob es sich um ein Opfer des Priesters oder des ganzen Volkes, das er repräsentierte, handelte oder um die Opfer anderer Opfernder. Dem Priester war es nicht gestattet, etwas von seinem eigenen Opfer oder von dem Opfer für das Volk zu essen ( 3Mo 6,23 ). Folglich wurden alle Teile des Opfertieres, die nicht verbrannt wurden (das übrige von dem Stier) nach draußen vor das Lager, an einen reinen Ort, auf den Schutthaufen der Fettasche , die beim Verbrennen des Fettes entstand, gebracht und auf Holzscheiten verbrannt. Auch wenn dies im Falle eines Opfers eines Stammeshauptes (vgl. 3Mo 4,26 ) oder eines gewöhnlichen Israeliten (vgl. V. 31.35 ) nicht ausdrücklich erwähnt wird, ist aus 3Mo 6,9 zu schließen, daß der Priester bei diesen Opfern den Rest der Tiere zum Verzehr an heiliger Stätte erhielt. Genauso dürfte der Priester die Versöhnung und Vergebung erhalten haben, wie sie ausdrücklich für andere Opfernde versprochen wird (vgl. 3Mo 4,20.26.35 ).



3Mo 4,13-21


3) Das Sündopfer für die ganze Gemeinde ( 3Mo 4,13-21 ):

Gemeinschaftliche, nationale Bundessünden gab es in der Geschichte Israels immer wieder (z.B. 4Mo 15,22-26 ). Die Gemeinde bzw. das Volk wurde von den Ältesten der Gemeinde repräsentiert, die einen Jungstier als Sündopfer darbrachten. Sie legten ihre Hände auf den Kopf des Stieres und schlachteten ihn vor dem Herrn. Der Rest des Rituals war mit dem Sündopfer des Priesters identisch, also die Verwendung des Blutes ( 3Mo 4,16-18 ), die Verbrennung des Fettes auf dem Altar (V. 19-20 ) und das Fortschaffen des Restes vom Stier außerhalb des Lagers (V. 21 ). Das Ergebnis des Sündopfers war die Versöhnung und Vergebung (V. 20 ) für das ganze Volk.


3Mo 4,22-26


4) Das Sündopfer für Stammeshäupter ( 3Mo 4,22-26 ):

Wenn ein Fürst bzw. Stammeshaupt ( nARI? , »der Erhobene«, vgl. 2Mo 16,22; 4Mo 34,18 ) aus Versehen sündigte, mußte er einen Ziegenbock ohne Fehler darbringen. Das Ritual wich an dem Punkt der Verwendung des Blutes von den bisher geschilderten ab. Anstatt das Blut in die Stiftshütte zu bringen, sollte der Priester einfach mit seinem Finger etwas von dem Blut des Sündopfers nehmen und es an die Hörner des Brandopferaltars tun und den Rest an den Fuß des Altars gießen . Nach der Verbrennung des Fettanteils auf dem Altar, empfing der diensthabende Priester das restliche Opferfleisch zum Verzehr für sich und seine Familie (vgl. 3Mo 6,19.22 ). Wenn dieses Ritual im Glauben ausgeführt wurde, war die Versöhnung und Vergebung für die Sünde des Stammeshauptes erwirkt.



3Mo 4,27-35


5) Das Sündopfer für den gewöhnlichen Israeliten ( 3Mo 4,27-35 ):

Ein gewöhnlicher Israelit mußte im Falle einer Sünde aus Versehen dagegen eine weibliche Ziege ohne Fehler (V. 28 ) oder ein weibliches... Lamm ohne Fehler (V. 32 ) darbringen. Ansonsten entsprach das Ritual bei beiden Opfertierarten völlig dem des Sündopfers eines Stammeshauptes (vgl. V. 22-26 ). Es ist wichtig, daß das Fett, das auf dem Altar verbrannt wurde, ebenso wie alle Brand-, Speis- und Schuldopfer zum wohlgefälligen Geruch für den HERRN bestimmt war. Darin kommt die gnädige Annahme des Sündopfers durch Gott zum Ausdruck, der dem Glaubenden durch das Opfer Versöhnung und Vergebung schenkte (V. 31.35 ).

6) Drei Arten von Vergehen, die ein Sündopfer erforderten ( 3Mo 5,1-6 ):

Die Beziehung zwischen 3Mo 5,1-13 und dem Text vorher und hinterher ist viel diskutiert worden. Für einige beginnt das Gesetz über das Schuldopfer bereits mit 3Mo 5,1 (sonst mit 3Mo 5,14 ). Andere sehen in 3Mo 5,1-13 einen Übergang zwischen dem Gesetz über das Sündopfer und dem Gesetz über das Schuldopfer. Es gibt jedoch eine Reihe von Gründen, die dafür sprechen, die beiden Opfer strikt auseinanderzuhalten und 3Mo 5,1-13 noch zum Gesetz über das Sündopfer zu zählen. Erstens wird das »Sündopfer« immer wieder erwähnt (V. 6-7.9.11-12 ), das Schuldopfer dagegen nicht. Zweitens erscheinen als Opfertiere ein weibliches Lamm oder eine weibliche Ziege (V. 6 ), was dem Sündopfer ( 3Mo 4,28.32 ), nicht aber dem Schuldopfer entsprach, für das ein Widder vorgeschrieben war ( 3Mo 5,15.18.25 ). Drittens fehlt die Zahlung einer zusätzlichen Wiedergutmachung, wie sie für das Schuldopfer typisch war, in 3Mo 5,1-13 völlig.

Der erste Abschnitt (V. 1-6 ) nennt vier Sünden, die ein Sündopfer erforderlich machten. Alle vier Fälle behandeln Sünden aus Unwissenheit oder sogar Vergeßlichkeit und fallen damit, wie alle Sünden, die zu Sündopfern führten, unter die unbeabsichtigten Sünden ohne vorheriges Nachdenken, obwohl der Begriff biSgAgCh (vgl. die Einleitung zu 3Mo 4 ) nicht in Vers 1-6 erscheint.



3Mo 5,1


6) Drei Arten von Vergehen, die ein Sündopfer erforderten ( 3Mo 5,1-6 ):

Hier geht es um den Fall, daß jemand... die Stimme der Verfluchung (also einen Fluch) hört , damit also Zeuge ist, und sich dennoch nicht als Zeuge meldet.



3Mo 5,2-3


6) Drei Arten von Vergehen, die ein Sündopfer erforderten ( 3Mo 5,1-6 ):

Hier geht es um zwei Fälle von zeremonieller Unreinheit, nämlich durch das Berühren eines toten Tieres (V. 2 ; vgl. 3Mo 11,24-28.30-40 ) oder den Kontakt mit einem Menschen im Zustand der Unreinheit ( 3Mo 5,3; vgl. 3Mo 12-15 ).



3Mo 5,4


6) Drei Arten von Vergehen, die ein Sündopfer erforderten ( 3Mo 5,1-6 ):

Im vierten Fall geht es um einen unbesonnen dahergesagten Schwur, um Böses oder Gutes zu tun (eine Redeweise für »irgend etwas«), der nicht eingehalten wurde.

In allen vier Fällen wird das Sündopfer dann fällig, wenn der Betroffene im Moment nicht wußte, was geschah oder das Geschehene vergaß, ihm dies aber später einfach so oder vielleicht auch durch nähere Belehrung zu Bewußtsein kam.



3Mo 5,5-6


6) Drei Arten von Vergehen, die ein Sündopfer erforderten ( 3Mo 5,1-6 ):

Dann mußte er seine Schuld bekennen und ein weibliches Lamm oder eine weibliche Ziege vor dem HERRN als Sündopfer darbringen .



3Mo 5,7-10


7) Das Sündopfer für die Armen ( 3Mo 5,7-13 ):

Eine arme Person, die sich kein Lamm leisten konnte, durfte zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben, je eine zum Sündopfer und eine zum Brandopfer , darbringen. Das Opferritual ähnelte der Darbringung eines Vogels als Brandopfer (vgl. 3Mo 1,14-17 ), außer daß der Priester etwas von dem Blut des Sündopfers an die Wand des Altars sprengte. Vermutlich wurden die Vögel auf dieselbe Weise wie beim Brandopfer behandelt und verbrannt (vgl. 3Mo 1,16-17 ). Der zweite Vogel wurde sowieso als Brandopfer nach der Vorschrift dargebracht. Dadurch wurde die Versöhnung erwirkt und dem Opfernden vergeben.



3Mo 5,11-13


Eine außerordentlich arme Person, die sich noch nicht einmal die beiden Tauben leisten konnte, durfte ein Zehntel Scheffel (Efa) von feinem Weizenmehl als Sündopfer darbringen. Im Gegensatz zum Speisopfer, das auch aus feinem Mehl bestehen konnte (vgl. 3Mo 2,1-3 ), aber eher die Hingabe betonte, durfte der Opfernde bei diesem Sündopfer der Ärmsten kein Öl darauftun und keinen Weihrauch darauf legen, weil es ein Sündopfer war . Der Priester nahm nun wie beim Speisopfer das Gedenkopfer (den Erinnerungsanteil) von dem Mehl und verbrannte es auf dem Altar. Der Rest des Mehls wurde dem diensthabenden Priester wie bei dem Speisopfer überlassen. Das Opfer führte zur Versöhnung und dem Opfernden war vergeben. Dieses Beispiel eines unblutigen Versöhnungsopfers für die Ärmsten der Armen mag der Grund dafür gewesen sein, daß der Schreiber des Hebräerbriefes schreibt: »... es wird fast alles mit Blut gereinigt nach dem Gesetz« ( Hebr 9,22 ) und nicht »... alles...«. Allerdings wurde dieses unblutige Sündopfer auf dem Altar und auf den Feueropfern ( 3Mo 5,12 ), also auf den Resten der blutigen Opfer, dargebracht.

Die Besonderheit des Sündopfers war, daß es Versöhnung und Vergebung für unabsichtliche Sünden bewirkte, bei denen keine Wiedergutmachung wie beim Schuldopfer nötig war. Gott nahm das Schlachten des Tieres als Versöhnungspreis für bestimmte Sünden, die passierten, an und wendete damit seinen Zorn von dem Sünder ab, um ihn letztendlich auf seinen Sohn Jesus Christus am Kreuz zu legen.

Das Sündopfer erinnert in besonderer Weise daran, daß alle Menschen auch ohne direkte Absicht gegen die Gebote Gottes sündigen. Unwissenheit schützt nicht vor Strafe, führt aber zu einer Sünde, die sich im darzubringenden Opfer und im Strafmaß von der absichtlichen Sünde gegen Gott unterscheidet, denn diese will Gott in bewußter Rebellion herausfordern.

Typologisch gesehen betont das Sündopfer den Tod Jesu Christi als hinreichendes stellvertretendes Opfer zur Versöhnung und Vergebung der Sünden ( 2Kor 5,21; Eph 1,7 ). Die Identifikation mit Christus durch den persönlichen Glauben führt zur Erfahrung der Vergebung.



e. Das Schuldopfer
(
5,14-26 )


Das Schuldopfer wurde im Falle von Untreue ( 3Mo 5,15 ) nötig. maZal meint die Mißachtung oder Verletzung einer rechtmäßigen Verpflichtung einem anderen gegenüber, gleich ob Mensch oder Gott (vgl. 4Mo 5,12.19; Jos 7,1; 22,20; 2Chr 26,16.18; 28,22-23 ). Wenn eine Sünde eine finanzielle Wiedergutmachung erforderte, mußte der Schuldige nicht nur einen Widder als Schuldopfer darbringen, sondern auch die Wiedergutmachung in Form von Grund und Boden oder Silber zuzüglich einer Strafe von 20 Prozent ( 3Mo 5,16.24 ) bezahlen. Die Beispiele, die in diesem Abschnitt genannt werden, sind das unabsichtliche Versündigen am Heiligtum ( 3Mo 5,14-16 ) oder an dem heiligen Gottesdienst (vgl. 3Mo 14,12.24 ), das irrtümliche Übertreten der Gebote Gottes ( 3Mo 5,17-19 ) und Sünden an dem Besitz des Nächsten (Kreditleugnung, Behalten von Fundsachen, Erpressung, Meineid; 3Mo 5,20-26; vgl. 3Mo 19,20-22; 4Mo 5,6-10 ). Es geht offensichtlich nicht nur um unbeabsichtigte Sünden (vgl. den Kommentar zu 3Mo 4,1-2 ), da die Sünden, die in 3Mo 5,20-26 genannt werden, teilweise nur absichtlich getan werden können. Sie richten sich allerdings gegen Menschen und nicht automatisch in Rebellion gegen Gott (vgl. 4Mo 15,30 ). Das Schuldopfer wurde also entweder bei unabsichtlichen oder absichtlichen Vergehen notwendig, wobei sich die absichtlichen Sünden nicht gegen Gott richten durften.

1) Das Schuldopfer für unabsichtliche Sünden gegen das Heilige ( 3Mo 5,14-16 ):

3Mo 5,14-15


Die erste Kategorie von Sünden, die ein Schuldopfer erforderten, war die Mißachtung und Versündigung an heiligen Dingen . Dies konnte sich zum Beispiel auf den falschen Gebrauch von Opferfleisch beziehen, das der Opfernde nach dem Dankopfer zum Verzehr erhielt, auf den Mißbrauch des heiligen Anteils des Speis-, Sünd- oder Schuldopfers, der allein dem Priester vorbehalten war ( 3Mo 2,3.10; vgl. 3Mo 22,14-16 ); das Versäumnis von Opfern, Zehnten, Erstlingsgaben oder dem Herrn geweihten Dingen (vgl. 3Mo 27 ) oder der Erfüllung eines Gelübdes ( 4Mo 6,11-12 ); oder das sich Entziehen einer anderen Verpflichtung Gott gegenüber. Das erforderliche Tier war normalerweise ein Widder... ohne Fehler ( 3Mo 5,15.18.26 ), jedoch im Falle eines reingewordenen Aussätzigen ein männliches Lamm ( 3Mo 14,12.21 ) und für Arme ( 3Mo 14,30 ) oder für die erneute Heiligung eines verunreinigten Nasiräers ( 4Mo 6,12 ) ein Schaf.

Der Widder mußte nach einer Schätzung an Schekeln Silber nach dem Schekel des Heiligtums einen nen Silberwert haben; laut jüdischer Tradition mindestens zwei Schekel Silber.



3Mo 5,16


Die Wiedergutmachung für den mißbrauchten Besitz zuzüglich der zwanzigprozentigen Strafe kam zu dem Opfer des Widders hinzu. Da sich in diesem Fall die Sünde gegen den Herrn richtete, ging die Wiedergutmachung an Gottes Repräsentanten, den Priester. Das Opferritual wird hier nicht näher beschrieben, findet sich aber zusammengefaßt in 3Mo 7,1-6 .Das Ergebnis des Schuldopfers war Versöhnung und Vergebung.



3Mo 5,17-19


2) Das Schuldopfer für unwissende Übertretung göttlicher Gebote ( 3Mo 5,17-19 ):

Diese Verse sprechen allgemeiner von der Übertretung irgendeines Gebotes des Herrn. Der Zusatz ohne es zu erkennen kann sich entweder auf eine fehlende Kenntnis des Gebotes beziehen oder eine Situation meinen, für die jemand später Schuldgefühle bekommt. Wenham ( Leviticus , S.107-108) kommt zu dem Schluß, daß es um eine Situation geht, in der der Betroffene später Schuldgefühle bekommt, sich aber nicht darüber im klaren ist, ob Schuld vorlag oder nicht. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb keine Wiedergutmachung gezahlt zu werden brauchte.



3Mo 5,20-26


3) Das Schuldopfer für Vergehen am Besitz anderer ( 3Mo 5,20-26 ):

Während sich 3Mo 5,14-19 auf Vergehen gegen die heiligen Dinge des Herrn ( 3Mo 5,15 ) und gegen die Gebote des Herrn ( 3Mo 5,17 ) bezieht, bezieht sich 3Mo 5,20-26 auf den Betrug an anderen, wobei dieser Betrug aber auch als Untreue gegen den HERRN gesehen wird. Bei den in Vers 21-23 genannten Sünden handelt es sich eigentlich um Sünden gegen das Gebot »Du sollst nicht stehlen«, wobei Diebstahl im AT sehr weit gefaßt wurde. Hier geht es darum, daß 1) jemand etwas anvertraut bekommt und dies hinterher lügnerisch nicht wieder hergibt, 2) jemand einen Kredit erhält und dies später abstreitet, um die Rückzahlung zu vermeiden, 3) jemand etwas raubt, 4) jemand etwas erpreßt, 5) jemand etwas findet und für sich behält, statt nach dem Besitzer zu forschen (vgl. 4Mo 5,6-10 ). In allen Fällen ging die Wiedergutmachungszahlung samt der zusätzlichen Strafe von 20 Prozent an den Besitzer, da die Sünde gegen einen Menschen gerichtet war. Die Wiedergutmachung mußte am selben Tag gezahlt werden, an dem der Sünder auch das Schuldopfer darbrachte ( 3Mo 5,24 ).

Die Besonderheit des Schuldopfers ist die Wiedergutmachungszahlung samt Strafzahlung an den, an dem man sich vergangen hatte, sei es Gott oder ein Mensch. Der Widder, der als Schuldopfer dargebracht wurde, war kein Bestandteil der Wiedergutmachung, sondern diente der Versöhnung mit Gott.

Typologisch betont das Schuldopfer, daß Jesus durch seinen Tod auch die Zerstörung und Ungerechtigkeit, die durch die Sünde entsteht, gesühnt hat. Jesaja prophezeite den Tod des Christus als ein »Schuldopfer« ( Jes 53,10 ).



2. Zusätzliche Anordnungen über die Opfer für die Priester
(
6,1-7,38 )


Dieser Abschnitt ist ein Anhang zu dem an die Allgemeinheit gerichteten Opferhandbuch in Kapitel 1-5 und enthält zusätzliche organisatorische Einzelvorschriften für das Opferritual des Priesters. Während Kapitel 1-5 sich an die Israeliten ( 3Mo 1,2; 4,2 ) richten, ist dieser Anhang (mit Ausnahme des Schlusses in 3Mo 7,22-38 ) an »Aaron und seine Söhne« ( 3Mo 6,2.18 ), also an die Priester, gerichtet. Die Betonung des Anhangs liegt auf der Frage, welche Personen, Orte und Teile des Opfertieres vor Gott beim Opfer wohlgefällig sind.

Da dieselben fünf Opferarten behandelt werden wie in Kapitel 1-5 , gibt es manche Überschneidungen, obwohl eigentlich nur neue Details vorgeschrieben werden und Kapitel 1-5 stillschweigende Voraussetzung bleiben, übrigens ein wichtiges Argument gegen eine bibelkritische Quellenscheidung an dieser Stelle.

A. F. Rainey hat auf die drei unterschiedlichen Anordnungen in der Behandlung der Opfer aufmerksam gemacht (»Sacrifice«, The Zondervan Pictorial Encyclopedia of the Bible , 4: 201-203):

1. Die didaktische Reihenfolge (Brand-, Speis-, Dank-, Sünd- und Schuldopfer) wird in Kapitel 1-5 eingehalten.

2. Die administrative Reihenfolge (Brand-, Speis-, Sünd-, Schuld- und Dankopfer) wird in Kapitel 6-7 eingehalten (vgl. 4Mo 7,37-38 ). Sie gibt die Häufigkeit der Opfer wieder, wenn man Sünd- und Schuldopfer zusammenfaßt, und gibt an, was mit den Teilen des Opfertieres zu geschehen hatte. Das Brandopfer wird zuerst genannt, weil es völlig auf dem Altar verbrannt wurde. Speis-, Sünd- und Schuldopfer wurden teilweise auf dem Altar verbrannt und teilweise von dem Priester verzehrt. Das Dankopfer wird zuletzt genannt, weil es nur zu einem kleinen Teil auf dem Altar verbrannt wurde, während der Rest teilweise von dem Priester, teilweise von dem Opfernden und seiner Familie verzehrt wurde.

3. Die rituelle Reihenfolge , in der die Opfer im tatsächlichen Vollzug nacheinander geopfert wurden (Sünd- und/oder Schuldopfer, Brand-, Speis- und Dankopfer), tritt offensichtlich in vielen Abschnitten zutage; etwa in 3Mo 8,14-32 (vgl. 2Mo 29,10-34 ); 3Mo 14,12-20; 15,14-15.29-30; 4Mo 6,16-17 (im Gegensatz zur administrativen Reihenfolge in 4Mo 6,14-15 ); 2Chr 29,20-35 .



a. Anweisungen für den Priester zum Brandopfer
(
6,1-6 )


3Mo 6,1-6


Da kein Teil des Brandopfers vom Priester oder dem Opfernden verzehrt wurde, behandelt dieser kurze Abschnitt nur die Verantwortung des Priesters für die korrekte Handhabung von Asche und Feuer.

Die ganze Nacht bis zum Morgen sollte das Brandopfer vom Abend auf dem Altar bleiben und das Altarfeuer in Brand gehalten werden (V. 2 ). Am Morgen sollte der Priester die Fettasche, die durch das Verbrennen des Fettes entstand, vom Altar nehmen und neben den Altar schütten (V. 3 ). Anschließend sollte er die Fettasche nach draußen vor das Lager an einen reinen Ort tragen. Dazwischen hatte er sich jeweils umzuziehen, um die jeweils vorgeschriebenen Kleider zu tragen (V. 3.4 ).

Die Priester waren also dafür verantwortlich, daß das Feuer auf dem Altar immer brannte .



b. Anweisungen für den Priester zum Speisopfer
(
6,7-16 )


3Mo 6,7-11


Diese Verse fügen nur wenig zu dem in Kapitel 2 beschriebenen Ritual hinzu. Der Ausdruck das Hochheilige ( 3Mo 6,10 ) bezeichnet den Teil des Opferfleisches, den nur der Priester ( jeder männliche Nachkomme von Aaron , V. 11 ) verzehren durfte. Weil beim Brandopfer alles verbrannt wurde und nichts zum Verzehr übrigblieb, wurde auch nichts davon als »Heiliges« oder »Hochheiliges« bezeichnet.



3Mo 6,12-16


Das regelmäßige Speisopfer (V. 13 ), also das täglich morgens und abends dargebrachte Speisopfer, wird in Kapitel 2 nicht erwähnt. Der in 3Mo 6,15 erwähnte gesalbte Priester ist der Hohepriester, dessen Söhne das Opfer zur Hälfte am Morgen und zur Hälfte am Abend (V. 13 ) darbringen sollten. Da der Hohepriester grundsätzlich sein eigenes Opfer nicht verzehren durfte, sondern völlig auf dem Altar verbrennen mußte, sollte auch dieses besondere Speisopfer für die Priester ein Ganzopfer sein, also ganz verbrannt werden (V. 16 ).



c. Anweisungen für den Priester zum Sündopfer
(
6,17-23 )


3Mo 6,17-23


Dieser Abschnitt behandelt 1. Bestimmungen zum Verzehr des Anteils vom Sündopfer, der für den Priester (V. 19 ) und seine männlichen Verwandten (V. 22 ) bestimmt war; 2. das Ritual für Kleidung und Gegenstände, die mit dem Blut oder Fleisch des Opfers in Berührung gekommen waren (V. 20-21 ) und 3. das Verbot des Verzehrs irgendwelcher Anteile der Sündopfer, bei denen etwas vom Blut in die Stiftshütte gebracht wird (V. 23 ), also der Sündopfer für den Hohepriester oder die ganze Gemeinde ( 3Mo 4 ).



d. Anweisungen für den Priester zum Schuldopfer
(
7,1-6 )


3Mo 7,1-6


(In diesem Abschnitt wird das Opferritual des Schuldopfers ausführlicher beschrieben als in 3Mo 5,14-26 ). Der Ort des Schlachtens ( 3Mo 7,2 ) entspricht dem Ort des Brandopfers an der Nordseite des Altars ( 3Mo 1,11 ). Die Verwendung des Blutes ( 3Mo 7,2 ) und die Verbrennung auf dem Altar (V. 3-5 ) entsprechen dem Vorgehen beim Dankopfer ( 3Mo 3 ). Das Essen des Opferfleisches ( 3Mo 7,6 ) entspricht den Vorschriften für das Sündopfer (vgl. 3Mo 6,17-23 ). (Vgl. jeweils den Kommentar zu den angegebenen Stellen bzw. Opfern.)

 

e. Zusammenfassende Anweisungen für den Priester zu den Opfern der Versöhnung und den Opfern der Hingabe
(
7,7-10 )


3Mo 7,7-10


Dieser Abschnitt erwähnt die ersten der eben behandelten Opfer (Sünd-, Schuld-, Brand- und Speisopfer) , die bis hierhin behandelt wurden, bevor ab 3Mo 7,11 das Dankopfer besprochen wird, das in 3Mo 7,7-10 nicht erscheint. Der Abschnitt faßt zusammen, was der Priester davon jeweils zum Verzehr erhielt. Alle gebackenen, gekochten und gerösteten Speisopfer sollten dem jeweils diensthabenden Priester gehören (V. 9 ), während alle trockenen, also nicht erhitzten und nur mit Öl vermengten Speisopfer für alle Söhne Aarons, also für alle Priester, gedacht waren (V. 10 ).



f. Anweisungen für den Priester zum Dankopfer
(
7,11-21 )


Die Besonderheit des Dankopfers war die anschließende gemeinsame Mahlzeit des Opfernden, seiner Familie und des Priesters. Der Abschnitt enthält zahlreiche zusätzliche Einzelheiten.

Die drei Arten des Dankopfers ( 3Mo 7,12-16 ) werfen zugleich Licht auf den Sinn dieses in Kapitel 3 allgemein beschriebenen Opfers:

1. Das eigentliche Dankopfer ( tNDCh , »Bekenntnis«, »Anerkenntnis«) war die verbreitetste Art ( 3Mo 7,12-15; 22,29 ) und gab bisweilen dem ganzen Dankopfer seinen Namen (vgl. 2Chr 29,31; Jer 17,26; 33,16 ). (Das in 3Mo 3 beschriebene Opfer wurde hier insgesamt Dankopfer genannt. Andere nennen es »Heilsopfer«, »Friedensopfer« oder »Gemeinschaftsopfer«, wodurch dann der Unterschied zu der Unterart des eigentlichen »Dankopfers« deutlicher wird.) Es wurde als öffentliches Bekenntnis dargebracht, daß Gott Befreiung oder konkreten Segen als Antwort auf das Gebet geschenkt hatte ( Ps 56,12-13; 107,22; 116,17-19; Jer 33,11 ).

2. Das Opfer zum Gelübde ( 3Mo 7,16 ) war ein ritueller Ausdruck für das Ablegen eines Gelübdes (Versprechen unter Eid) oder die Erfüllung eines Gelübdes, etwa des Nasiräergelübdes ( 4Mo 6,17-20 ). Auch wenn dazu ein Dankopfer üblich war, konnte statt dessen auch ein Brandopfer dargebracht werden ( 3Mo 22,17-20 ). Das Dank- opfer des Gelübdes sollte nicht mit der ersten Art des Dankopfers, dem eigentlichen Dankopfer, verwechselt werden, auch wenn dieser Dank sich auf die Erhörung eines Bittpsalms mit einem »Gelübde zum Lob« (»dann will ich dich preisen...«) beziehen konnte.

3. Das freiwillige Opfer war der Ausdruck für die Anbetung und den Dank für einen unerwarteten Segen ( 3Mo 7,16; 22,18-23 ), für den also nicht eigens gebetet worden war. Als freiwilliges Opfer konnte auch ein Brandopfer dargebracht werden ( 3Mo 22,17-20 ).

3Mo 7,11-15


Im Falle des eigentlichen Dankopfers ( 3Mo 7,12 ), des gebräuchlichsten Dankopfers (vgl. 3Mo 22,29-30 ) mußte zu dem Opfertier drei verschiedene Arten von ungesäuertem Gebackenen (V. 12 ) und ein gesäuerter Kuchen (V. 13 ) mitgebracht werden. Von den drei ungesäuerten Backwaren wurde eine zusammen mit dem Fett des Opfertieres als »Gedenkopfer« (Erinnerungsanteil) verbrannt, die anderen beiden gingen an den Priester ( 3Mo 7,14 ). Der gesäuerte Kuchen war offensichtlich für die gemeinsame Mahlzeit und nicht für den Priester allein bestimmt. Der Anteil am Fleisch des Dankopfers wird erst in 3Mo 7,28-34 festgelegt. Der zum Verzehr durch den Opfernden und seine Familie bestimmte Anteil des Fleisches vom eigentlichen Dankopfer mußte am Tag des Opfers gegessen werden (V. 15 ). Zu dem Gemeinschaftsmahl der Familie konnte ein Levit aus dem Heimatort oder Arme, die sich ein eigenes Dankopfer nicht leisten konnten, eingeladen werden ( 5Mo 12,12.18-19 ). Diese Mahlzeit mußte aber an einem von Gott bestimmten Ort eingenommen werden ( 5Mo 12,6-26 ).



3Mo 7,16-18


Im Gegensatz dazu wurde bei den anderen beiden Arten des Dankopfers, dem Opfer zu einem Gelübde und dem freiwilligen Opfer , die gemeinsame Mahlzeit zwar am Tag des Opfers begonnen, doch alles, was übrigblieb, durfte auch noch am nächsten Tag gegessen werden. Wenn jemand aber irgendwelches (Opfer-) Fleisch am dritten Tag aß, machte er das ganze Opfer ungültig und wurde zum Gegenstand der göttlichen Strafe. (Zum Ritual für das spezielle Dankopfer zum Gelübde, zur Erfüllung eines Nasiräergelübdes vgl. 4Mo 6,13-20 und den Kommentar dazu).



3Mo 7,19-21


(Vgl. 3Mo 19,5-8 ) Ein allgemeines Gesetz zum Essen des Fleisches besagte, daß sowohl das Fleisch als auch der Essende zeremoniell rein sein mußten. Jeder zeremoniell Unreine (vgl. 3Mo 11-15;22 ), der trotzdem irgend etwas vom Fleisch des Dankopfers aß, sollte aus dem Volk ausgerottet werden ( 3Mo 7,21.25.27; 17,4.9; 18,29; 19,8; 20,6.17-18; 22,3 etc.).



g. Zusätzliche Vorschriften an alle Israeliten
(
7,22-36 )


1) Das Verbot, Fett und Blut zu essen ( 3Mo 7,22-27 ):

3Mo 7,22-27


Das Gesetz, das bereits in 3Mo 3,17 genannt wurde, wird nun näher ausgeführt. Das Essen des Fettes von einem reinen Tier, gleich ob es auf natürlichem Weg starb, von einem wilden Tier geschlagen ( 3Mo 7,24 ) oder als Opfer geschlachtet wurde ( 3Mo 7,25 ), war bei Androhung des göttlichen Gerichtes ( ausgerottet aus seinem Volk ) verboten. Der Rest eines solchen Tieres konnte, wenn es sich nicht um ein Opfertier handelte, gegessen werden. Da dies aber für bestimmte Zeit unrein machte ( 3Mo 11,39-40; 17,15 ), war es vorzuziehen, das Fleisch einem Nichtisraeliten zu geben ( 5Mo 14,21 ). Das Fett eines solchen Tieres konnte zu allerlei Werk (z.B. Licht, Polieren) verwendet werden (V. 24 ), eben nur nicht zum Verzehr. Das zweite Verbot richtet sich gegen das Essen von Tieren, deren Blut man nicht völlig hatte auslaufen lassen (vgl. 1Sam 14,33 ). Auch hier wurde das göttliche Gericht in aller Schärfe angedroht.

 

3Mo 7,28-34


2) Der Anteil der Priester am Dankopfer ( 3Mo 7,28-34 ):

Dieser Abschnitt ergänzt Vers 11-21 über das Gemeinschaftsmahl des Opfernden mit seiner Familie im Rahmen des Dankopfers. Wie bei anderen Opfern, mit Ausnahme des Brandopfers, erhielt der Priester einen festgelegten Teil zum Verzehr. Die Brust des Opfertieres sollte vor dem HERRN als Schwingopfer geschwungen werden und dem Priester gehören (V. 31 ). Jüdische Ausleger sehen darin ein Hin- und Herschwingen, das sie als ein Zeichen für die Übergabe des Opfers an Gott deuten. Das in Vers 32 genannte Hebopfer der rechten Keule war für sie eine Auf- und Abbewegung. Die rechte Keule wurde dem diensthabenden Priester gegeben (V. 32-33 ), die Brust der ganzen Priesterschaft (V. 34 ) und ihren Familien (»Söhne und Töchter«, 4Mo 18,11-12 ).

 

3Mo 7,35-36


3) Zusammenfassung zum Anteil der Priester an den Opfern ( 3Mo 7,35-36 ):

Diese Verse scheinen sich nicht nur auf das Dankopfer, sondern auf alle Feueropfer zu beziehen. Von dem Tag an, da Gott die Priesterschaft durch Salbung einsetzte, war der jeweilige Anteil an den Opfern für die Priester ein ewiges Anrecht in Israel.

 

h. Abschluss der Opfergesetze
(
7,37-38 )


3Mo 7,37-38


Dieser abschließende Abschnitt bezieht sich auf alle sieben Kapitel über die Opfer, also sowohl auf das Opferhandbuch für die Allgemeinheit ( 3Mo 1-5 ), als auch auf die zusätzlichen Anweisungen für die Priester ( 3Mo 6-7 ). Die administrative Reihenfolge der Opfer wird in Vers 37 wohl deswegen eingehalten, weil sie sich auch in den Anweisungen für die Priester direkt davor findet. Die zusätzliche Erwähnung des Einsetzungsopfers bezieht sich wohl auf die Sonderform des Dankopfers eines Widders ( 3Mo 8,22-29 ) und nimmt die Ordination von Aaron und seinen Söhnen in Kapitel 9 vorweg. Vers 38 erinnert daran, daß diese Gebote der HERR Mose auf dem Berg Sinai gab und zeigt, daß das ganze Opfersystem Teil der sinaitischen Bundesbestimmungen war (vgl. 3Mo 1,1 ).



B. Die Amtseinsetzung der Priesterschaft und des Opfersystems
( 3Mo 8-10 )


Diese Kapitel enthalten zusammen mit 3Mo 24,10-23 die einzigen historischen Berichte in 3.Mose (vgl. den Kommentar zu 3Mo 1,1 ). Um vor Gott treten zu können, brauchte ein Israelit nicht nur die Opfer ( 3Mo 1-7 ), sondern auch die Mittlerschaft der Priester (vgl. Hebr 5,1-4 ). Daher war die Einsetzung der Priesterschaft notwendig, um die Opfer überhaupt darzubringen, und damit die Gemeinschaft mit Gott herzustellen. Gott hatte die Priesterschaft schon grundsätzlich als Erbe Aaron und seinen Nachkommen zugesprochen ( 2Mo 29,9 ).



1. Die Einsetzung Aarons und seiner Söhne
( 3Mo 8 )


3Mo 8 ist der Bericht der historischen Erfüllung dessen, was in 2Mo 29 angekündigt wurde, weshalb 2Mo 29 vorausgesetzt wird und in seinem Aufbau parallel zu 3Mo 8 steht.



a. Die Vorbereitung des Einsetzungsgottesdienstes
(
8,1-4 )


3Mo 8,1-4


Die Formel der göttlichen Offenbarung ( der HERR sprach zu Mose ) zeigt nicht nur den Beginn eines neuen Abschnittes an, sondern unterstreicht zugleich die andauernde Rolle von Mose als Mittler des Bundes ( 3Mo 8-10 ). Mose erhielt ein doppeltes göttliches Gebot: 1. Nimm Aaron und seine Söhne und alle Dinge, die für die Einsetzungsfeier nötig sind ( 3Mo 8,2 ) und 2. versammle die ganze Gemeinde - vermutlich eine Gruppe von Ältesten als Repräsentanten für Israel (vgl. 3Mo 9,1 ) - an der Tür (wohl im Vorhof) der Stiftshütte ( 3Mo 8,3 ). Der Gehorsam von Mose ( Mose tat, wie ihm der HERR befohlen hatte ) ist ein Beispiel für die in Kapitel 8-10 (außer in 3Mo 10,1-3 ) immer wiederkehrende Abfolge von Gebot und Gehorsam.



b. Die Einsetzung von Aaron in der Kleidung des Hohenpriesters
(
8,5-9 )


3Mo 8,5-9


Mose wusch zunächst Aaron und seine Söhne... mit Wasser (wahrscheinlich beim bronzenen Kessel, vgl. 2Mo 30,17-21 ) und kleidete Aaron anschließend in die Kleider des Hohenpriesters. Diese Kleidung war eine Uniform, die nicht auf die einzelne Person des Hohenpriesters, sondern auf seine Mittlerfunktion hinwies. Sie wird in 2Mo 28,1-39; 29,5-6 und 2Mo 39,1-26 näher beschrieben.



c. Die Salbung Aarons und der Stiftshütte mit Öl
(
8,10-12 )


3Mo 8,10-11


Mose weihte die Stiftshütte und alles in ihr , sowie den Brandopferaltar und den Bronzekessel, indem er sie mit Salböl besprengte (vgl. 2Mo 30,26-29; 40,9-11 ). Die Zusammensetzung des Salböls und das Verbot des profanen Gebrauchs dieses Salböls findet sich in 2Mo 30,22-25.31-33 .



3Mo 8,12


Mose goß anschließend einiges von dem Salböl über das Haupt Aarons und weihte ihn so (vgl. 2Mo 29,7; 30,30; 40,13 ). Der Sinn dieser Salbung war die Absonderung (Heiligung) der Stiftshütte ( 3Mo 8,10 ), der verschiedenen heiligen Gegenstände in ihr (V. 10-11 ) und der Priester, die in ihr dienten (V. 12 ), als dem Herrn heilig (vgl. 2Mo 30,29 ).



d. Die Einsetzung der Söhne Aarons in priesterlicher Kleidung
(
8,13 )


3Mo 8,13


Im Einklang mit Gottes Gebot (vgl. 2Mo 28,40-43; 29,8-9 ) zog Mose jedem der vier Söhne Aarons ( 3Mo 10,1; vgl. 2Mo 6,23 ) die priesterlichen Kleider an.



e. Die Darbringung der Opfer zur Einsetzung der Priester
(
8,14-29 )


Mose brachte nun in der Rolle des Priesters drei der in Kapitel 1-7 beschriebenen Opfer dar, während Aaron und seine Söhne die Rolle der normalen Israeliten einnahmen. In diesem Bericht ( 3Mo 8,14-29 ) werden die Opfer ebenso wie im Vorbild in 2Mo 29,10-34 in der rituellen Reihenfolge beschrieben, in der sie normalerweise tatsächlich dargebracht wurden (vgl. den Kommentar zur Einleitung von 3Mo 6-7 ).

3Mo 8,14-17


Zuerst ließ Mose den Stier zum Sündopfer herzuführen (vgl. 2Mo 29,10-14 ) und Aaron und seine Söhne legten ihre Hände auf dessen Haupt . Da Aaron zu diesem Zeitpunkt noch nicht ordiniert war und daher noch nicht seine priesterliche Mittlerfunktion innehatte, kann es sich eigentlich nicht um das erste der beiden Sündopfer, bei denen ein Stier dargebracht wurde, handeln, das für den Hohenpriester dargebracht wurde, sondern nur um das zweite für das ganze Volk. Der eigentliche Zweck dieses von Mose dargebrachten Sündopfers war es, den Altar zu weihen, indem er ihn entsühnte (V. 15 ). Das Ritual des Sündopfers folgte weitgehend dem in 3Mo 4,3-12 vorgeschriebenen Sündopfer, nur daß das Blut jetzt an die Hörner des Brandopferaltars und nicht an den Räucheraltar ( 3Mo 4,6-7 ) geschmiert wurde. Wie bei jedem Sündopfer für einen Priester wurde das Fell, das restliche Fleisch und der Mageninhalt außerhalb des Lagers verbrannt.



3Mo 8,18-21


Als nächstes opferte Mose einen Widder als Brandopfer (vgl. 2Mo 29,15-18 ) nach dem vorgeschriebenen Ritual ( 3Mo 1,10-13 ) mit dem einzigen Unterschied, daß Mose alle einzelnen Handlungen des Opfers außer dem Handauflegen selbst ausführte.



3Mo 8,22-29


Das letzte Opfer in dieser Reihe war ein Dankopfer, das auch ein Einsetzungsopfer genannt wurde (vgl. 2Mo 29,19-28 ). Das Ritual entsprach weitgehend demjenigen des Dankopfers überhaupt ( 3Mo 3,6-11; 7,28-34 ). Der offensichtlichste Unterschied war dabei die Verwendung des Blutes. Mose schmierte etwas von dem Blut des Widders an das Ohrläppchen des rechten Ohres von Aaron, an den Daumen seiner rechten Hand und an den großen Zeh seines rechten Fußes . Dasselbe tat er bei Aarons Söhnen. Außerdem sprengte Mose etwas von dem Blut auf Aaron, seine Söhne und auf deren Kleidung ( 3Mo 8,30 ).

Ein einmaliges Ritual fand statt, als Mose das Fett des Widders und die rechte Keule mitsamt dem Gebackenen in die Hände Aarons und seiner Söhne legte (V. 25-27 ). Oben befand sich das Schwingopfer aus den vorgeschriebenen Teilen (V. 26 ), das ganz auf dem Altar verbrannt wurde (V. 28 ). Die Brust des Widders, die der Anteil Moses als diensthabender Priester war, wurde auch vor dem HERRN geschwungen und dann vermutlich von Mose zum Verzehr behalten (vgl. 2Mo 29,26 ).



f. Die Weihe von Aaron und seinen Söhnen mit Salböl und Opferblut
(
8,30 )


3Mo 8,30


Diese Weihe durch Mose war in 2Mo 29,20-21 (vgl. 3Mo 8,23-24 ) vorgeschrieben worden.



g. Die siebentägige Bestätigung der Ordination Aarons und seiner Söhne
(
8,31-36 )


3Mo 8,31-32


Mose wies Aaron und seine Söhne an, den Rest des geopferten Widders zusammen mit dem nicht verbranntem Gebackenen zu essen und die Überreste zu verbrennen.



3Mo 8,33-35


Aaron und seine Söhne mußten sieben Tage lang Tag und Nacht an der Tür zur Stiftshütte stehenbleiben, um die Tage ihrer Ordination zu erfüllen. Aus 2Mo 29,35-37 erfahren wir, daß sie während der sieben Tage täglich Sündopfer darbringen mußten.



3Mo 8,36


Das Kapitel wird mit einer zusammenfassenden Erklärung über den Gehorsam von Aaron und seinen Söhnen abgeschlossen, da sie alles taten, was der HERR ihnen durch Mose geboten hatte.



2. Der Beginn des öffentlichen Opfersystems
( 3Mo 9 )


Die Beschreibung der offiziellen Einsetzung des gesamten Opfersystems in Israel erinnert an die Beschreibung des Rituals des großen Versöhnungstages, da auch an diesem Tag Opfer sowohl für die Priester als auch für das Volk dargebracht wurden. Allerdings ersetzte hier das Dankopfer des Volkes die Sündenbockzeremonie, so daß aus dem Fasten ein Fest wurde.



a. Die Anordnung des Opfers von Aaron und dem Volk
(
9,1-4 )


3Mo 9,1-4


Nachdem die Ordination von Aaron und seinen Söhnen erfüllt war, erhielten sie die Anweisung, ihre priesterlichen Opferpflichten aufzunehmen, indem sie zunächst für sich und dann für das Volk Opfer darbrachten (vgl. Hebr 9,7 ). Der achte Tag meint offensichtlich den Tag nach den sieben Tagen, die Aaron und seine Söhne nach ihrer Ordination an der Tür der Stiftshütte stehen mußten. Nach der jüdischen Überlieferung fand die Ordination am 23. Tag des 12.Monats statt, so daß der achte Tag auf den 1. Tag des 1.Monats fiel, denselben Tag, an dem die Stiftshütte errichtet wurde ( 2Mo 40,2.17 ). Aaron nahm sofort seine priesterlichen Pflichten auf, indem er an zwölf aufeinanderfolgenden Tagen die Opfer für die Stammeshäupter darbrachte ( 4Mo 7,10-88 ). Trotz der Ordinationsopfer ( 3Mo 8,14-29 ) und der täglichen Sündopfer während der sieben darauffolgenden Tage ( 2Mo 29,35-37 ) war es notwendig, daß Aaron für sich selbst ein Sündopfer und ein Brandopfer darbrachte ( 3Mo 9,2 ). Das Volk, vertreten durch seine Ältesten, sollte je ein Sündopfer, Brandopfer, Speisopfer und Dankopfer darbringen. Das ganze Opfersystem wurde dabei durch die Begründung Moses in den richtigen Rahmen gestellt: Denn heute wird euch der HERR erscheinen (V. 6 ). Gott setzte die Opfer ein, damit sein auserwähltes Volk trotz aller angeborener Sündhaftigkeit durch die Versöhnung Zugang zu ihm als heiligen Gott haben konnte und um unter ihnen zu wohnen und ihr Gott zu sein (vgl. den wichtigen Abschnitt 2Mo 29,42-46 ).



b. Die Vorbereitung für die Opfer
(
9,5-7 )


3Mo 9,5-7


Nachdem Mose die ganze Gemeinde, d.h. alle Ältesten (vgl. 9,1 ), unterwiesen hatte, delegierte er seine priesterliche Funktion an Aaron und forderte ihn auf, mit den Opfern zu beginnen.

 

c. Aarons Opfer
(
9,8-14 )


3Mo 9,8-14


Mit Unterstützung seiner Söhne, die die Rolle des gewöhnlichen Opfernden übernahmen, was das Opferritual selbst betraf, opferte Aaron einen jungen Stier als Sündopfer für sich selbst. Da Aaron früher gesündigt hatte, indem er das Goldene Kalb schuf ( 2Mo 32 ), ist es göttliche Ironie, daß er nun ein männliches Kalb als erstes Sündopfer für sich selbst darbringen mußte und damit auch die damalige Sünde sühnte. Das Ritual, wie es beschrieben wird, folgte genau den Vorschriften in 3Mo 4,3-12 ,mit der Ausnahme, daß das Blut wieder (vgl. 3Mo 8,15 ) an die Hörner des Brandopferaltars und nicht an den Räucheraltar geschmiert wurde. Anschließend opferte Aaron entsprechend das Brandopfer für sich selbst (vgl. 3Mo 8,18-21 ).

 

d. Das Opfer für das Volk
(
9,15-22 )


3Mo 9,15-22


Es folgten nun die in Vers 3-4 angeordneten vier verschiedenen Opfer für das Volk. Dabei opferte Aaron praktisch alle Opfertierarten und Opfermaterialien ( Ziegenbock als Sündopfer des Volkes (V. 15 ), ein Brandopfer (V. 16 ), ein Speisopfer (V. 17 ), Stier und Widder als Dankopfer (V. 18 )). Nur die Vögel für die Armen fehlten. In der jüdischen Tradition wird die Segnung des Volkes durch Aaron (V. 22 ) nach Vollendung aller Opfer mit dem »aaronitischen Segen« in 4Mo 6,24-26 in Verbindung gebracht.



e. Die Erscheinung der göttlichen Herrlichkeit
(
9,23-24 )


3Mo 9,23-24


Mose und Aaron gingen in die Stiftshütte. Als sie wieder herauskamen, segneten sie das Volk. Da erschien die Herrlichkeit des HERRN dem ganzen Volk . Weshalb Aaron und Mose in die Stiftshütte gingen, muß ebenso offen bleiben, wie die Frage, worin die Erscheinung des Herrn bestand. Jedenfalls ging ein Feuer vom HERRN aus und verschlang das Brandopfer und das Fett auf dem Altar . Ob dies die Erscheinung des Herrn war oder ihr ein anderes sichtbares Zeichen voranging, ist unklar. Die übernatürliche Gegenwart Gottes verschlang mit ihrem Feuer das schon angebrannte Opfer. Damit erfüllte Gott das Opfer und machte seine gnädige Annahme der Opfer deutlich. Dies löste Freude, Ehrfurcht und Anbetung beim Volk aus (V. 24 ).



3. Die Folgen der priesterlichen Abweichung von den Zeremonialordnungen
( 3Mo 10 )


Am allerersten Tag seines Dienstes als Hohepriester mußte Aaron den tragischen Tod seiner beiden ältesten Söhne aufgrund ihres Ungehorsams miterleben. Während in Kapitel 8-9 der strikte Gehorsam gegenüber allen Anordnungen Gottes dazu führt, daß durch das verzehrende Feuer von Gott Gottes gnädige Annahme der Opfer sichtbar wird, führt in Kapitel 10 der unwissentliche oder absichtliche Ungehorsam gegenüber den göttlichen Anordnungen dazu, daß durch das verzehrende Feuer Gottes die Übertreter im augenblicklichen Gericht verzehrt werden.



a. Der Ungehorsam und augenblickliche Tod von Nadab und Abihu
(
10,1-3 )


3Mo 10,1-2


Die beiden ältesten Söhne Aarons (vgl. 2Mo 6,23; 28,1; 1Chr 5,29 ) opferten aus Unwissenheit oder absichtlich ein fremdes, d.h. verbotenes, Feuer vor dem HERRN, das er ihnen nicht befohlen hatte. Da fuhr ein Feuer aus von dem HERRN , wie es in 3Mo 9,24 schon zur Bestätigung der Opfer geschehen war, und verzehrte sie, so daß sie vor dem HERRN starben . Dieser Vorfall unterbricht die regelmäßige Aussage der letzten beiden Kapitel, daß alles so getan wurde, wie Gott es geboten hatte (vgl. 3Mo 8,36 ). Es wird nicht näher ausgeführt, was an dem Opfer der beiden »fremd« war. Vielleicht kam das Feuer in ihren Pfannen nicht vom Altar (vgl. 3Mo 16,12 ), oder sie wollten das Räucherwerk ohne Fett opfern, oder sie opferten zur falschen Tageszeit ( 2Mo 30,7-9 ), oder sie wollten mit den Pfannen in das Allerheiligste gehen, was nur dem Hohepriester am großen Versöhnungstag gestattet war (vgl. 3Mo 16,12-13 ). Das ausdrückliche Verbot an die Priester, keinen Wein oder andere starke Getränke zu trinken ( 3Mo 10,9 ), hat manche veranlaßt, anzunehmen, daß die beiden Söhne Aarons betrunken waren. Auf jeden Fall handelten beide in irgendeiner Form gegen den Willen Gottes und das sofortige Gericht Gottes war ein dramatisches Beispiel, was Gott meinte, wenn er davon sprach, Sünder aus seinem Volk »auszurotten« (vgl. 4Mo 15,30 ).

 

3Mo 10,3


Mose faßt »die Moral von der Geschichte« mit dem Hinweis auf Gottes Wort zusammen, daß der, der das Privileg besaß, Gott besonders nahe zu sein, auch ein besonderes Vorbild an Heiligkeit und Gehorsam sein müsse.



b. Die Beseitigung der Körper von Nadab und Abihu
(
10,4-5 )


3Mo 10,4-5


Im Gehorsam gegen das Gebot Moses trugen zwei Vettern der Gerichteten ihre Körper außerhalb des Lagers, wie dies sonst mit dem unbrauchbaren Rest der Opfertiere geschah.



c. Anordnungen für die Trauer um Nadab und Abihu
(
10,6-7 )


3Mo 10,6-7


Im Gehorsam gegen das Gebot Moses verzichteten Aaron und seine beiden übriggebliebenen Söhne, nämlich Eleasar und Itamar , auf alle üblichen Zeichen der Trauer, obwohl alle anderen um die beiden trauern durften. Dies stand im Einklang mit dem späteren Verbot für die Priester, an irgendeiner Trauerfeier ihrer Verwandten teilzunehmen ( 3Mo 21,10-12 ).

Das dritte Buch Mose

d. Die erneute Bestätigung des hohenpriesterlichen Amtes Aarons durch Gott
(
10,8-11 )


3Mo 10,8-11


Dies ist die einzige Stelle in 3.Mose, in der berichtet wird, daß Gott direkt, also ohne die Mittlerschaft Moses, zu Aaron sprach. Das Verbot für die Priester, Wein oder starke (oder berauschende) Getränke zu trinken, hatte wohl den Sinn, den Verstand der Priester für ihre priesterlichen Aufgaben freizuhalten, zwischen heilig und unheilig, zwischen rein und unrein zu unterscheiden (V. 10 ). Die Priester mußten ja Israel alle Ordnungen lehren, die der HERR ihnen durch Mose verkündigt hatte (V. 11 ). In schwierigen Fällen mußten sie die Entscheidung selbst treffen (vgl. 5Mo 17,9-11 ). Die Erwähnung der Lehraufgabe der Priester bereitet bereits die Anweisungen in 3Mo 11-15 vor.



e. Das Gebot Moses über die Verwendung von Opfertieranteilen
(
10,12-15 )


3Mo 10,12-15


Mose wies Aaron und seine verbliebenen Söhne über die Anteile am Opfertier an, die ihnen zum Verzehr überlassen wurden (vgl. 3Mo 6,19; 7,12-15 ).

 

f. Der Zorn Moses über die falsche Verwendung des Opfertieranteiles beim Sündopfer
(
10,16-18 )


3Mo 10,16-18


Mose wurde zornig über Eleasar und Itamar, als er entdeckte, daß sie den ganzen Widder für das Sündopfer (vgl. 3Mo 9,15 ) verbrannt hatten, anstatt wie vorgeschrieben einen bestimmten Anteil davon zu verzehren. Der Verweis, daß das Blut des Widders nicht in das Heilige hineingebracht worden war, bezieht sich auf die Anordnung, daß in diesem Fall der Überrest des Opfertieres »außerhalb des Lagers« verbrannt werden sollte ( 3Mo 4,12.21 ).



g. Moses Einverständnis mit der Erklärung Aarons
(
10,19-20 )


3Mo 10,19-20


Aarons Erklärung für das Verhalten seiner Söhne, das er offensichtlich gebilligt hatte, verbindet das Gericht über Nadab und Abihu ( die Dinge, die mir geschehen sind ) mit der Abweichung von dem Sündopferritual. Aaron fragte seinen Bruder: Sollte es dem HERRN gefallen haben, wenn ich heute von dem Sündopfer gegessen hätte? Aaron hatte also entweder eine echte Furcht, von dem »Hochheiligen« (V. 17 ) zu essen oder war durch die Trauer über das Schicksal seiner Söhne so durcheinander, daß er sich falsch verhielt. In diesem Fall hätte er ein Sündopfer für sich selbst darbringen müssen, was hier aber nicht erwähnt wird. Auf jeden Fall war Mose mit dieser Erklärung zufrieden.

 

C. Die Gesetze über die Unreinheit
( 3Mo 11-15 )


Obwohl die Gesetze über Reinheit und Unreinheit auch manche positiven gesundheitlichen Folgen hatten, liegt darin nicht ihre eigentliche Bedeutung. Unrein ist nicht gleichbedeutend mit schmutzig oder ungesund oder gar sündig. Immerhin konnte die rituelle Unreinheit durch Unfälle, biologische Vorgänge, Krankheit oder andere Ereignisse eintreten, die an sich nicht verkehrt oder die sogar empfehlenswert waren.

Eigentlich gibt es nicht nur zwei, sondern drei rituelle Zustände: heilig, rein und unrein. Die rituelle Unreinheit war also eher ein neutraler Zustand zwischen heilig und unrein (Wenham, Leviticus , S.18-25). Die Absicht der Reinheitsgesetze war eine theologische bzw. religiöse. Es ging um den Gehorsam gegenüber dem göttlichen Gesetzgeber des Bundes mit Israel. Das schließt natürlich nicht aus, daß es vernünftige Gründe für die einzelnen Unterscheidungen gab.

Eine der Aufgaben der Priester war es, den Unterschied »zwischen unrein und rein« ( 3Mo 10,10-11 ) zu lehren. Es war also wichtig, die göttliche Offenbarung über die rituelle Unreinheit in bezug auf die Nahrung ( Kap. 11 ), Krankheiten ( Kap. 13-14 ) oder andere biologische Vorgänge ( Kap. 12;15 ) zu kennen. Da es Aufgabe der Priester war, diese Unterscheidungen zu lehren, richten sich die ganzen Kapitel sowohl an Mose, als auch an Aaron ( 3Mo 11,1; 14,33; 15,1 ).

 

1. Die Speisegebote und reine und unreine Tiere
( 3Mo 11 )


Kapitel 11 entspricht fast völlig 5Mo 14,3-20 und enthält den größten Teil der levitischen Speisegesetze (vgl. 3Mo 17 ).



a. Reine und unreine Tiere
(
11,1-23 )


Warum verbot Gott das Essen bestimmter Nahrung? War es einfach ein unverständlicher Test für den religiösen Gehorsam? Sicher spielten ohne Zweifel gewisse hygienische Absichten in Gottes Fürsorge eine Rolle (Harrison, Leviticus , S.124-126 führt diese Sicht näher aus). Doch der eigentliche Sinn der Speisegesetze war ein theologischer. Sie sollten Israel symbolisch seinen Status als heiliges, also abgesondertes Volk Gottes lehren. Es ist nicht zu übersehen, daß die beiden großen Kapitel über Speisegesetze mit dem Hinweis auf die göttliche Erwählung Israels als heiliges Volk verbunden werden (einleitend in 5Mo 14,1-2; abschließend in 3Mo 11,44-45 ). Die dreifache Einteilung der Tiere in unreine Tiere, reine Tiere und Opfertiere entspricht der parallelen Einteilung der Menschen in Unreine (außerhalb des Lagers Israels), Reine (gewöhnliche Israeliten, die sich nicht verunreinigt hatten) und Priester (die die Opfer im Heiligtum darbrachten) (nach Wenham Leviticus , S.170).

Die Grundzüge von Kapitel 11 sind: 1. Unreine Tiere dürfen nicht gegessen werden, auch wenn keine Strafe für die Übertretung dieses Gebotes genannt wird; 2. alle toten Tiere, gleich ob es sich um reine oder unreine Tiere handelte, mit Ausnahme der geschlachteten Opfertiere, machten den, der sie berührte, rituell unrein, was jedoch nur vorübergehend galt, wenn sie sich wuschen und bis zum Abend warteten. Dasselbe galt für Haushaltsgegenstände, die mit den toten Tieren in Berührung kamen (V. 32-38 ).



3Mo 11,1-8


Auf dem Land lebende Tiere sind eine der drei großen Tiergruppen der Bibel (vgl. 1Mo 1,20-25 ). Reine und damit eßbare Tiere aus dieser Gruppe waren laut dem parallelen Abschnitt 5Mo 14,4-5 : »Rind, Schaf, Ziege, Hirsch, Reh, Damhirsch, Steinbock, Gemse, Auerochs und Antilope«. Alle anderen Tiere waren unrein und durften nicht gegessen werden. Nur die ersten drei Tierarten waren Opfertiere, weil es sich um Haustiere handelte. Alle reinen Landtiere hatten ganz gespaltene Klauen und waren Wiederkäuer (für wiederkäuen steht wörtlich: »das Gekaute aufsteigen lassen«). Das Kamel ( 3Mo 11,4 ), der Klippdachs (V. 5 ) und der Hase (V. 6 ) sind unreine Tiere, weil sie zwar wiederkäuen, aber keine ganz durchspaltenen Klauen haben. Das Kamel hat zwar von oben gesehen scheinbar gespaltene Klauen, doch unter dem Fuß befindet sich ein durchgehendes Bindegewebe. Es stimmt, daß Klippdachs und Hase nicht im modernen Sinn »wiederkäuen«, aber ihre Gründlichkeit im Kauen und ihre Kieferbewegungen fielen unter das, was im Hebräischen mit »wiederkäuen« (»das Gekaute aufsteigen lassen«!) bezeichnet wird. Vielleicht ist mit »Wiederkäuen« auch das Fressen des eigenen Kots gemeint. (Manche Bibelkritiker wollen dem AT hier einen Fehler unterstellen. Es ist jedoch bezeichnend für ihr Vorgehen, daß sie von einer Übersetzung ausgehend den hebräischen Schreibern unterstellen, nicht gewußt zu haben, was Hase und Klippdachs tun. Ihre Kritik ist eher ein Beweis dafür, daß sie sich nicht darum kümmern, was der hebräische Text eigentlich meint, wenn sie nur einen Widerspruch finden können.) Auf der anderen Seite war das Schwein , vermutlich in seiner wilden Form, unrein, weil es nicht wiederkäut .



3Mo 11,9-12


Die zweite Gruppe der Tiere lebt im Wasser . Nur Fische, die Flossen und Schuppen hatten, durften gegessen werden. Alle anderen Seetiere waren ein Greuel (V. 11 ; ein schärferes Wort für unrein).



3Mo 11,13-23


Die dritte Gruppe von Tieren umfaßt alle fliegenden Tiere, sowohl Vögel (V. 13-19 ), als auch fliegende Insekten (V. 20-23 ). Zwanzig Vogelarten (einschließlich der Fledermaus, die im heutigen Sinn kein Vogel ist) waren verboten. Alle sind Raubtiere, und waren vermutlich verboten, weil sie damit das Blut ihrer Opfer innehatten und somit die Gefahr bestand, entgegen dem Verbot Blut zu essen (vgl. 3Mo 17 ). Obwohl sie nicht genannt werden, hieß das, daß Tauben, Turteltauben, Wachtel und Sperling gegessen werden durften. Die einzigen eßbaren fliegenden Insekten waren vier Heuschreckenarten ( 3Mo 11,22 ).



b. Die von toten Tieren ausgehende Unreinheit
(
11,24-40 )


3Mo 11,24-28


Das Berühren der Kadaver von unreinen Landtieren einschließlich aller Tiere, die auf Tatzen (eigentlich »Händen«) gehen (also zum Beispiel Katzen, Bären, Hunde), mach- te rituell unrein und erforderte das Waschen und das Warten bis zum Abend. Die Unreinheit bis zum Abend schloß nicht nur das Verbot des Opferbringens, sondern auch die Einschränkung der Bewegung innerhalb der Gesellschaft ein.



3Mo 11,29-38


Eine besondere Gruppe von Landtieren waren die, die auf der Erde (oder: auf dem Boden) wimmeln (oder: schwärmen). In Vers 20 werden mit demselben Wort die Insekten bezeichnet. Aber das Wort »Schwärmer« konnte wohl die Bewegung von Tieren auf dem Land, im Wasser und in der Luft beschreiben. Alle wimmelnden Landtiere waren unrein, und wenn sie tot in Haushaltsgefäßen gefunden wurden oder mit einem Gegenstand in Berührung kamen, waren diese unrein bis sie zerstört oder gereinigt wurden. In Vers 36 wird nur für Brunnen und Zisternen eine Ausnahme gemacht. Dies lag wohl an der Notwendigkeit der Wasserversorgung, die durch die Verunreinigung der offen daliegenden Wasserstellen ständig unterbrochen worden wäre.



3Mo 11,39-40


Selbst die Kadaver von reinen Tieren machten eine Person, die sie berührte, unrein, so daß Waschen und Warten erforderlich wurden (vgl. den Kommentar zu V. 24-28 ).



c. Zusammenfassung und theologischer Schluss
(
11,41-47 )


3Mo 11,41-43


Die gesamten Speisegesetze werden durch die Wiederholung ausgewählter Beispiele zusammengefaßt.



3Mo 11,44-47


So wie Gottes Volk zwischen reinen und unreinen Tieren unterscheiden sollte, unterschied Gott zwischen seinem eigenen heiligen Volk und anderen Völkern. Die Speisegesetze sollten eine immerwährende Erinnerung an die Heiligkeit Gottes und seine Gnade in der Erwählung Israels sein (V. 45 ).



2. Das Gesetz für die Wöchnerinnen
( 3Mo 12 )


a. Die nachgeburtliche Unreinheit
(
12,1-5 )


Da Kinderlosigkeit im AT ein großes Unglück (z.B. 1Mo 15; 1Sam 1 ) und zuweilen sogar ein Gericht Gottes ( 3Mo 20,20; 5Mo 28,18 ) war, mutet es merkwürdig an, daß nun eine Geburt die Mutter unrein machte und dazu noch für eine so lange Zeit von 40 bzw. 80 Tagen. Die Mutter wurde aber nicht durch die Geburt selbst zeremoniell unrein, sonst hätte das Baby ja auch unrein sein müssen, sondern durch die nachgeburtlichen Blutungen ( 3Mo 12,5.7 ). Der Grund könnte darin liegen, daß ein ausblutender Körper als nicht vollständig galt und das Konzept der Reinheit mit dem Konzept der Vollkommenheit, Fülle oder Ganzheit zusammenhängt (vgl. Wenham, Leviticus , S.188). Andere vermuten, daß die nachgeburtliche Blutung als Ausstoß von Totem galt (Harrison, Leviticus, S.161).

3Mo 12,1-5


Wenn eine Frau einen Sohn geboren hatte, war sie für 7 Tage unrein (V. 2 ), denen weitere 33 Tage der Reinigung (V. 4 ) folgten. Im Falle eines Mädchen verdoppelten sich die Zeiten ( 2 Wochen und 66 Tage ). Nur in den ersten 7 bzw. 14 Tagen war sie unrein, wie wenn sie ihre monatliche Periode hatte (V. 2 ; vgl. 3Mo 15,19-24 ). Die restliche Zeit sollte sie nur zu Hause bleiben und durfte kein Heiliges anrühren und das Heiligtum nicht betreten (V. 4 ). Der Grund dafür, daß die Mutter im Falle einer Tochter länger zu warten hatte, als im Falle eines Sohnes, wird nicht genannt.



b. Die Reinigungsopfer nach der Geburt
(
12,6-8 )


3Mo 12,6-8


Ein Baby zu haben, war keine Sünde, sondern im Gegenteil die Erfüllung eines göttlichen Gebotes ( 1Mo 1,28 ). Die Notwendigkeit eines Sündopfers... zur Versöhnung war daher lediglich eine Frage der rituellen Reinigung. Um diese zeremonielle Reinheit ( 3Mo 12,7 ) zu erreichen, opferte die Mutter ein einjähriges Lamm als Brandopfer und eine junge Taube oder eine Turteltaube als Sündopfer (V. 6 ). Wenn sie arm war, sollte sie zwei Vögel, einen als Brandopfer und einen als Sündopfer, darbringen. Maria, die Mutter Jesu, fiel zum Beispiel in diese Kategorie ( Lk 2,22-24 ).

e

3. Gesetze über ansteckende Hautkrankheiten und Brand
( 3Mo 13-14 )


Kapitel 13-14 enthalten die Diagnose, Behandlung und zeremonielle Reinigung von ansteckenden Krankheiten an Menschen ( 3Mo 13,2-46; 14,1-32 ) und Aussatz an Kleidung, ähnlichen Gegenständen ( 3Mo 13,47-58 ) und an Häusern ( 3Mo 14,33-53 ). Diese merkwürdige Zusammenstellung erklärt sich, wenn man berücksichtigt, daß das hebräische Wort QArAZaT (traditionelle Übersetzung: »Aussatz«, »Brand«) umfassend jede ansteckende und sichtbare Veränderung an Menschen und Gegenständen meinen kann. Aus Ermangelung eines besseren Wortes geben die meisten Übersetzungen das Wort weiterhin mit »Aussatz« wieder. Ob mit diesem Begriff überhaupt jemals der eigentliche Aussatz (Lepra) bezeichnet wurde, ist zweifelhaft. Die meisten bezweifeln, daß in Kapitel 13-14 und im AT Lepra gemeint ist. Ein Wissenschaftler meint statt dessen, die folgenden Hautkrankheiten in Kapitel 13 feststellen zu können: Psoriasis (V. 2-38 ), Favus (V. 29-37 ) und Vitiligo (Leukoderma, V. 38-39 ; E.V.Hulse, »The Nature of Biblical »Leprosy« and the Use of Alternative Medical Terms in Modern Translations of the Bible«, Palestine Exploration Quarterly 107 (Juli-Dez) 1975: 87- 105; vgl. Wenham, Leviticus , S.194-197). Harrison setzt sich dagegen dafür ein, Lepra im Frühstadium in den Begriff QArAZaT einzuschließen ( Leviticus , S.136-139), da im Falle einer Erkrankung an Lepra im Spätstadium die Betroffenen das Lager ganz verlassen mußten. Andere sehen gerade darin ein Argument, daß hier Lepra überhaupt nicht gemeint sein kann.

Die Abnormalität aller dieser Vorgänge zerstörte die Ganzheit oder Vollkommenheit des levitischen Gottesdienstes, deshalb wurden die angesteckten Personen und Gegenstände für unrein erklärt.



a. Diagnose und Behandlung von menschlichen Hautkrankheiten
(
13,1-46 )


3Mo 13,1-46


Die meisten der 21 Fälle (nicht Arten!) von Hautkrankheiten werden stereotyp beschrieben: 1. die anfängliche Erkennbarkeit der Symptome (z.B. V. 2.7.9.12 etc.); 2. die Inspektion oder wiederholte Inspektion durch den Priester (z.B. V. 3.13.15 etc.); 3. die genauere Erkennbarkeit der Symptome für den Priester (V. 3.11.13.15 etc.); 4. die Diagnose des Priesters, ob es sich um Unreinheit (V. 3.8.11.15 etc.) oder Reinheit (V. 6.13.17.23 etc.) handelt; 5. im Falle der Diagnose unrein erfolgte die Isolation gemäß Vers 44-46 (vgl. V. 11 b), im Falle der unsicheren Diagnose konnte eine siebentägige Quarantäne verordnet werden (z.B. V. 4.31 ), der eine weitere Inspektion folgte (V. 5.27 ), eventuell sogar eine zweite Woche der Quarantäne (V. 5.33 ).

Der ganze Abschnitt kann wie folgt eingeteilt werden (vgl. Wenham, Leviticus , S.194):

1. Einleitung (V. 1 )

2. Die erste Testserie für Hautkrankheiten (V. 2-8 )

3. Die zweite Testserie für Hautkrankheiten (V. 9-17 )

4. Die dritte Testserie für Hautkrankheiten mit Geschwüren (V. 18-23 )

5. Die vierte Testserie für Hautkrankheiten mit Brandmalen (V. 24-28 )

6. Die fünfte Testserie für Hautkrankheiten mit Grind (V. 29-37 )

7. Das Erkennen einer zeremoniell reinen Hautkrankheit (V. 38-39 )

8. Das Verhältnis von Hautkrankheiten und Glatzköpfigkeit (V. 40-44 )

9. Die Behandlung der Hautkranken, bei denen Unreinheit festgestellt wurde (V. 45-46 )

Der Priester hatte nicht die Funktion eines Arztes, der die medizinische Behandlung vorschrieb. Seine Funktion entsprach eher einem offiziellen Gesundheitsbeamten, der Personen mit ansteckenden Hautkrankheiten in Quarantäne nimmt. Ob die Quarantäne nur zeremonieller oder auch hygienischer Natur war, tut dabei nichts zur Sache. Der Patient wurde im wesentlichen der natürlichen (oder übernatürlichen Selbstheilung überlassen. Während dieser Zeit war er in einem Zustand der Trauer außerhalb des Lagers (V. 46 ) von den anderen Menschen isoliert und dafür verantwortlich, jeden Vorübergehenden mit dem Ruf Unrein! zu warnen (V. 45 ). Die Bedeutung dieser Quarantäne lag nicht nur darin, eine mögliche Infektion zu verhindern, sondern sollte auch die Absonderung der Person aus dem heiligen Lager Israels, wo Gott wohnte, symbolisieren ( 4Mo 5,1-4; vgl. 5Mo 23,11-15 ).



b. Diagnose und Behandlung von Schimmel an Kleidung und persönlichen Gegenständen
(
13,47-59 )


3Mo 13,47-59


Genauso wie infektiöse Hautkrankheiten konnten Stockflecken und Schimmel die Oberfläche verschiedener Gegenstände verunstalten, indem sie Schuppen oder Schorf verursachten. Dieser Abschnitt enthält drei Fälle, in welchen bestimmt wird, welche schimmeligen Gegenstände als unrein zu gelten haben (V. 47-52.53-55.56-57 ). Wenn Kleidung oder persönliche Gegenstände von Schimmel befallen waren (V. 47 ), so mußten sie dem Priester gezeigt werden (V. 49 ), der die befallenen Gegenstände für sieben Tage isolierte (V. 50 ). Nach dieser Zeit wurden sie als unrein bezeichnet (V. 51 ) und mußten verbrannt werden (V. 52 ), falls der Schimmel sich ausgebreitet hatte. Wenn der Schimmel sich nicht ausgebreitet hatte (V. 53 ), sollte der Gegenstand gewaschen und weitere sieben Tage isoliert werden (V. 54 ), nach denen er weiterhin unrein war und verbrannt werden sollte, wenn der Schimmelfleck unverändert geblieben war. Wenn er verblaßt war, sollte nur die betroffene Stelle herausgetrennt und verbrannt (V. 56 ), der Rest des Gegenstandes aber nochmals gewaschen und für rein erklärt werden (V. 58 ). Die vollständige Regelung wird dann in Vers 59 zusammengefaßt.



c. Die rituelle Reinigung einer Person, die von einer Hautkrankheit geheilt worden ist
(
14,1-32 )


Nachdem eine Person, die wegen Unreinheit außerhalb des israelitischen Lagers isoliert worden war, wieder gesund war (entweder aufgrund natürlicher Ursachen oder als Antwort auf Gebet; vgl. 4Mo 12,13 ), so konnte sie in die Gemeinschaft des heiligen Volkes wieder aufgenommen werden und sich auch wieder an der Anbetung des heiligen Gottes in der Stiftshütte beteiligen. Diese Rückkehr erfolgte in zwei Stufen: a) Ein Ritual mit zwei Vögeln außerhalb des Lagers ( 3Mo 14,3-7 ), gefolgt von einer zeremoniellen Waschung; und b) eine Folge von Opfern am achten Tag nach der Reinigung (V. 10-20 ). Die Alternative für eine arme Person wird in den Versen 21-32 beschrieben.



3Mo 14,1-2


Die Einleitung weist Mose als Mittler des Gesetzes über die Reinigung des geheilten Aussätzigen aus.



3Mo 14,3-7


Das Ritual mit den zwei Vögeln außerhalb des Lagers (vgl. V. 49-53 , wo dasselbe Ritual für die Entsündigung eines Hauses angewendet wird) erinnert an das Ritual mit den zwei Ziegenböcken am großen Versöhnungstag (vgl. 3Mo 16,7-9.15-19 ). Wenham ( Leviticus , S.208-209) geht davon aus, daß die zwei lebendigen Vögel den geheilten Israeliten repräsentieren, was daraus hervorgeht, daß das Blut des einen Vogels über ihn gesprengt wurde. Der geschlachtete Vogel würde dann den Tod darstellen, dem der Israelit gerade entkommen ist, während der freigelassene Vogel symbolisch die verunreinigende Hautkrankheit fortträgt. Er könnte aber auch das Leben innerhalb der Gemeinschaft des Lagers symbolisieren, in die der Israelit zurückkehrt. Die Bedeutung von Zedernholz, scharlachfarbene Wolle und Ysop ( 3Mo 14,4.6 ) wird nicht näher erklärt. Alle drei Dinge werden aber auch an anderen Stellen mit der Reinigung in Verbindung gebracht (z.B. 4Mo 19,6; Ps 51,9 ). Sie mußten hier zusammen mit dem lebendigen Vogel... in das Blut des geschlachteten Vogels eingetaucht werden ( 3Mo 14,6 ) und wurden dann zur Besprengung des zu Reinigenden verwendet. Nachdem der betroffene Israelit für rein erklärt worden war, wurde der lebendige Vogel in das offene Feld entlassen.

 

3Mo 14,8 a


Um seine Reinigung von der Unreinheit darzustellen, wusch der Israelit anschließend seine Kleider, scherte sich alle seine Haare ab und badete (vgl. V. 9 ).



3Mo 14,8-9 (3Mo 14,8b-9)


Anschließend verbrachte die gereinigte Person eine Zeit von sieben Tagen in gelockerter Quarantäne innerhalb des Lagers, aber außerhalb seines Zeltes. Am siebten Tag wiederholte er das Waschen und das Scheren der Haare (auf dem Kopf, am Bart und an den Augenbrauen) .



3Mo 14,10-11


Die Opferrituale zur Versöhnung und Reinigung begannen am achten Tag, wenn der Priester die geheilte und gereinigte Person mit seinen Opfern vor den Herrn brachte. Das Opferritual selbst schloß das Opfer aller vier Arten von Opfern ein (Schuld-, Sünd-, Brand- und Speisopfer; vgl. den Kommentar zu 3Mo 1-7 für weitergehende Erklärungen). Die Abfolge dieser Opfer und die Verwendung des Blutes und des Öls erinnern am ehesten an den Ordinationsgottesdienst von Aaron und seinen Söhnen ( 3Mo 8 ).



3Mo 14,12-18


Das Schuldopfer bestand aus einem männlichen Lamm. Die Zulassung eines Jungtieres statt des sonst geforderten erwachsenen Schafes ( 3Mo 5 ) sollte möglicherweise die Kosten der Reinigung möglichst niedrig halten, weil in der Regel die betroffene Person ja nicht für die Verunreinigung verantwortlich war. (Vgl. 4Mo 6,12 mit der parallelen Situation, wenn ein Nasiräergelübde durch äußere Umstände bedingt gebrochen wurde.) Ein Schuldopfer wurde normalerweise geopfert, wenn ein Mensch Gott oder andere Menschen betrogen hatte (vgl. 3Mo 5,14-26 ). Vielleicht wurde davon ausgegangen, daß die unreine Person Gott um Gottesdienst und Opfer gebracht hatte. Vielleicht ging man auch davon aus, daß die Krankheit ebenso die Folge einer unbekannten Sünde war. Das Fehlen der 20prozentigen Wiedergutmachung ( 3Mo 5,16-19 ) läßt eher an letzteres denken.

Die ungewöhnlichsten Handlungen bei diesem Schuldopfer waren das Schmieren des Blutes an das Läppchen des rechten Ohres,... an den Daumen der rechten Hand und an den großen Zeh des rechten Fußes ( 3Mo 14,14; vgl. bei Aaron 8,23-24), das Sprengen des Öls mit seinem Finger siebenmal vor dem Herrn und das Überstreichen des Blutes an Ohrläppchen, Hand und Fuß mit weiterem Öl ( 3Mo 14,17 ), wobei der Rest des Öls auf den Kopf gestrichen wurde. Das Ergebnis der ganzen Zeremonie war die Entsühnung vor dem HERRN .



3Mo 14,19-20


Als nächstes folgte ein Sündopfer (ein einjähriges Schaf, V. 10 ) und ein Brandopfer (V. 19 , das andere in V. 10 erwähnte männliche Schaf) zusammen mit einem Speisopfer (V. 20 ).



3Mo 14,21-32


Als Zugeständnis an die Armen wird hier ein alternatives Ritual beschrieben. Es entspricht dem in Vers 10-20 beschriebenen, außer daß die beiden Lämmer für das Sünd- und das Brandopfer durch zwei junge Tauben oder zwei Turteltauben ersetzt wurden (V. 22 ). Damit verringerte sich auch die Menge des Mehls für das Speisopfer, das gewöhnlich zusammen mit dem Sünd- und Brandopfer geopfert wurde.



d. Die Erkennung, Behandlung und Reinigung von Aussatz in Häusern
(
14,33-53 )


3Mo 14,33-53


Dieser Abschnitt ist eigentlich eine Ergänzung zu dem Gesetz über Aussatz an Kleidungsstücken etc. ( 3Mo 13,47-59 ), zumal darin auch die Stoffe, aus denen Zelte gemacht wurden, eingeschlossen waren. Die Ergänzung betrifft Häuser aus Steinen und Lehm (V. 42 ) und wurde daher erst später wichtig, als Israel in Kanaan zu wohnen begann (V. 34 ). Die Prozedur für Erkennung, Behandlung und Reinigung des festen Hauses entsprach der oben beschriebenen für Personen und Kleider bzw. Stoffe. Dies gilt auch für die Quarantänezeiten (V. 38 ). Die befallenen Steine oder Schichten des Hauses wurden beseitigt und ersetzt (V. 39-42 ). Wenn die Behandlung Erfolg zeigte, wurde das Haus durch ein Ritual mit zwei Vögeln gereinigt, das dem Reinigungsritual für Personen glich (V. 48-53 ; vgl. V. 3-7 ).



e. Zusammenfassung
(
14,54-57 )


3Mo 14,54-57


Diese Verse beschließen das Gesetz über SArAZaT , ansteckende Hautkrankheiten und Aussatz (vgl. die Einleitung zu 3Mo 13-14 ).

 

4. Gesetze über die Unreinheit menschlicher Ausflüsse
( 3Mo 15 )


Dieses Kapitel beschreibt vier Fälle von zeremoniellen Verunreinigungen, und zwar einen chronischen und einen periodischen Ausfluß beim Mann und einen periodischen und einen chronischen Ausfluß bei der Frau. Die Ausflüsse gehen in allen vier Fällen von den Geschlechtsorganen aus. (Einige Ausleger denken allerdings in V. 2-12 an Hämorrhoiden.) Für Gründe, weshalb diese natürlichen Ausflüsse als unrein angesehen wurden vgl. den Kommentar zu 3Mo 12,1-5 .



a. Die Reinigung von chronischen Ausflüssen beim Mann
(
15,1-15 )


3Mo 15,1


Wieder beginnt ein Gesetz mit der Formel über die göttliche Offenbarung. Gott richtet sich dabei wie in 3Mo 11,1; 13,1; 14,33 an Mose und Aaron.


Das dritte Buch Mose

3Mo 15,2-12


Bei dem chronischen oder langfristigen Ausfluß in Vers 2-12 handelt es sich wohl um die Gonorrhö (»Tripper«). Es geht dabei vor allen Dingen um die zeremonielle Unreinheit des Mannes und ihre Folgen. Unrein wurde eine Person oder ein Gegenstand nämlich nicht nur durch den Kontakt mit dem Betroffenen selbst, sondern auch durch die Berührung mit dadurch unrein gewordenen Gegenständen, also seinem Bett (oder Lager, V. 4-5 ), seinem Stuhl (V. 6 ), seiner ganzen Person (V. 7 ), seinem Speichel (V. 8 ), seinem Sattel (V. 9 ) und allem, was er unter sich hat (V. 10 ). Zeremoniell gesehen war diese Unreinheit also ansteckender als diejenige der Hautkrankheiten ( 3Mo 13-14 ) oder der unreinen Tiere ( 3Mo 11 ), bei denen die Unreinheit nur durch direkten Kontakt übertragen werden konnte. Da ein Mann mit chronischem Ausfluß jedoch nicht außerhalb des Lagers in Quarantäne leben mußte (vgl. 3Mo 13,45-46 ), war die Unreinheit zugleich auch nicht so schwerwiegend, wie die durch Hautkrankheiten verursachte. Dies zeigt einmal mehr, daß der Sinn dieser Vorschriften nicht hygienischer, sondern zeremonieller und theologischer Natur war.



3Mo 15,13-15


Die vorgeschriebene Reinigungszeremonie verlangte nach dem Aufhören des Ausflusses wie beim Aussatz eine siebentägige Wartezeit, nach der der Mann sich und seine Kleider zu waschen hatte. Am achten Tag konnte er die Versöhnung erwirken, indem er das billigste Opfer brachte, das es gab: zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben... eine zum Sündopfer und eine zum Brandopfer .

 

b. Die Reinigung von periodischen Ausflüssen beim Mann
(
15,16-18 )


3Mo 15,16-18


Der zweite Fall eines Ausflusses beim Mann betraf den periodischen Ausfluß durch das Abgehen des Samens , wobei offenbleibt, ob es sich um einen nächtlichen Samenerguß (wohl V. 16 ) oder um Geschlechtsverkehr handelt (wohl V. 18 ). Es war diesmal kein Opfer erforderlich. Statt dessen wurde die Unreinheit durch einfaches Waschen des Körpers und Warten bis zum Abend (vgl. den Kommentar zu 3Mo 11,24-28 ) beseitigt. Es ist auffällig, daß die normale sexuelle Beziehung zwischen Mann und Frau ( 3Mo 15,18 ) beide zwar unrein machte, nicht aber schuldig, weshalb kein Opfer gebracht werden mußte. Das soll allerdings nicht bedeuten, daß die chronischen Ausflüsse beim Mann, die ein Sündopfer erforderten, immer auf persönliche Schuld zurückzuführen waren.

 

c. Die Reinigung von periodischen Ausflüssen bei der Frau
(
15,19-24 )


Der dritte Fall von Unreinheit durch einen Ausfluß betraf die regelmäßige Menstruationsblutung der Frau, also einen periodischen Ausfluß (vgl. aber V. 25-27 ). Ähnlich wie beim chronischen Ausfluß des Mannes (vgl. V. 2-12 ) galt die Frau sieben Tage lang als unrein und wurde ebenso zusammen mit den von ihr benutzten Gegenständen zur Quelle von Unreinheit. Da der Geschlechtsverkehr während der Periode der Frau verboten war ( 3Mo 18,19; 20,18 ), bezieht sich 3Mo 15,24 wohl darauf, daß die Menstruationsblutung unerwartet während des Verkehrs begann. In diesem Fall wurde der Ehemann ebensolange unrein und zusammen mit seinen Gegenständen zur Quelle von Unreinheit.



d. Die Reinigung von chronischen Ausflüssen bei der Frau
(
15,25-30 )


Der vierte Fall, der chronische Ausfluß bei der Frau außerhalb der Menstruationszeit, führte zu einer ausgedehnten Unreinheit bis zum Aufhören des Ausflusses. Die Beschreibung dieses Ausflusses ist allgemein genug, um verschiedene Arten von Ausfluß einzuschließen. Die Quelle der Unreinheit war wiederum nicht nur die Person selbst, sondern auch die von ihr berührten Gegenstände (V. 27 ). Die Frau in der drängelnden Menge, die durch Jesus geheilt wurde, litt unter einem solchen chronischen Ausfluß ( Mk 5,25-34; Lk 8,43-48 ). Wenn man diese levitischen Bestimmungen betrachtet, erklärt sich von selbst, weshalb die Frau darüber bestürzt war, daß Jesus ihre Gegenwart der drängelnden Menge offenbarte.

3Mo 15,28-30


Am achten Tag nach dem Aufhören des Ausflusses mußte die Frau wie ein unter chronischem Ausfluß leidender Mann zwei Vögel zum Sündopfer und Brandopfer darbringen (V. 13-15 ).



e. Zusammenfassung
(
15,31-33 )


3Mo 15,31-33


Diese Verse geben den Sinn dieses Gesetzes an, nämlich damit sie nicht sterben in ihrer Unreinheit, wenn sie meine Wohnung unrein machen, die mitten unter ihnen ist , und führen noch einmal kurz die angesprochenen Fälle an.



D.Das Gesetz für den großen Versöhnungstag
( 3Mo 16 )


Der jährliche große Versöhnungstag war der einzige Fastentag (vgl. den Kommentar zu V. 29 ; vgl. Apg 27,9 ) unter den jährlichen Festen Israels (vgl. 3Mo 23 ). Der große Versöhnungstag wird häufiger im AT beschrieben ( 2Mo 30,10; 3Mo 23,26-32; 25,9; 4Mo 29,7-11 ), aber 3Mo 16 enthält die ausführlichsten Anweisungen.

Wenham schreibt: »Die Hauptbedeutung des großen Versöhnungstages liegt in der Reinigung des Heiligtums von der Verunreinigung durch die unreinen Opferbringenden (vgl. 3Mo 16,16.19 )... um Gottes fortgesetzte Gegenwart in der Mitte seines Volkes weiter zu ermöglichen« ( Leviticus , S.228). Es trifft zu, daß die Reinigung des Heiligtums, der Stiftshütte und des Altars (V. 20 ) ein theologisch wichtiger Aspekt des großen Versöhnungstages war. Er wird in der Verwendung des Blutes des für das Volk geschlachteten Ziegenbockes deutlich (V. 15-19 ). Daneben tritt aber zur Vervollständigung des Sündopfers das Ritual um den lebendigen Ziegenbock, der stellvertretend die Sünde des Volkes (V. 22 ) hinwegtrug, nämlich »alle Missetat der Israeliten und alle ihre Übertretungen, mit denen sie sich versündigten« (V. 21 ). Die Israeliten sollten von allen ihren Sünden gereinigt werden (V. 30 ). Die besonderen Zeremonien des Versöhnungsopfers bezogen sich dabei natürlich vor allem auf Aaron und seine Familie (V. 6.11-14 ). Somit wurde der Zorn Gottes über die Sünde des Volkes im vergangenen Jahr gesühnt.

Es ist erstaunlich, wie umfassend die Sünden am großen Versöhnungstag gesühnt wurden. Man könnte erwarten, daß bestimmte Sünden ausgeschlossen wurden, etwa solche, die durch persönliche Opfer bereits gesühnt worden waren, oder solche, für die es entweder gar kein Opfer gab oder für Sünden, auf die die Todesstrafe oder die Vertreibung aus dem Volk stand (vgl. den Kommentar zu 3Mo 17,3-7 ). Aber in Kapitel 16 wird keinerlei Einschränkung vorgenommen. Die einzige Beschränkung lag in der Notwendigkeit der richtigen Herzenseinstellung, also des Glaubens, der auch die Voraussetzung für alle persönlichen Opfer war, da die Opfer nicht magisch oder automatisch wirkten (vgl. die Einleitung »Die Bedeutung der alttestamentlichen Opfer«).



1. Einführung
(
16,1-2 )


3Mo 16,1


Dieser Vers ordnet das Gesetz über den großen Versöhnungstag in seinen geschichtlichen Zusammenhang ein. Der HERR redete mit Mose (vgl. 3Mo 1,1; 4,1 usw.), nachdem die zwei Söhne Aarons bei ihrem Opfer vor dem HERRN umgekommen waren . Nadab und Abihu waren vom Feuer der Gegenwart Gottes verschlungen worden, weil sie auf verbotene Weise vor Gott traten ( 3Mo 10,1-2 ). Im Gegensatz dazu beschreibt Kapitel 16 die richtige, vorgeschriebene Weise, wie der Hohepriester vor Gott erscheinen sollte, wenn er nicht sterben wollte.

 

3Mo 16,2


Gott offenbarte die Vorschriften für die Priester nicht Aaron direkt, sondern benutzte Mose als Mittler. Das Verbot, nicht zu jeder Zeit in das Heiligtum zu gehen erklärt sich durch den Zusammenhang des ganzen Kapitels genauer und meint, daß eben nur zu diesem jährlichen Fest der Hohepriester hinter den Vorhang treten durfte. Aaron durfte nicht selbst wählen, wann er das Allerheiligste betreten wollte. Hinter den Vorhang und damit vor die Bundeslade zu treten setzte den Hohenpriester der Gegenwart der Herrlichkeit (Schekina) Gottes in der Wolke über dem Gnadenthron der Lade aus (vgl. 2Mo 25,10-22 ,bes. V. 22 ; 2Mo 40,34-38 ). Bei dem Gnadenthron oder Sühnedeckel handelte es sich um den Deckel der Bundeslade, den die Cherubim mit ihren ausgebreiteten Flügeln schützten. Der Name des Deckels kappOreT ist mit dem Wort kipper , versöhnen (vgl. den Kommentar zu 3Mo 1,4 ) verwandt und läßt die Bedeutung »Ort der Sühne« (Luther: Sühnedeckel) vermuten, was gut zu der griechischen Entsprechung hilastErion (etwa Röm 3,25 ) paßt. (Vgl. die Übersicht »Grundriß der Stiftshütte« zu 2Mo 25 .)



2. Die Vorbereitung des Hohenpriesters und der Tiere für die Zeremonien
(
16,3-5 )


3Mo 16,3-5


Zur Vorbereitung des großen Versöhnungstages wurden die vorgeschriebenen Tiere zum Heiligtum gebracht: ein junger Stier als Sündopfer und ein Ziegenbock als Brandopfer für den Hohenpriester und seine Familie und zwei männliche Ziegen als Sündopfer und einen Widder als Brandopfer für die ganze Gemeinde der Israeliten. Der Hohepriester wusch sich zunächst selbst mit Wasser und kleidete sich dann in einfache Leinenkleider (Hemd, Beinkleid, Gürtel und Kopfbund), wie sie noch nicht einmal die normalen Priester trugen (vgl. 2Mo 39,27-29 ), um seinen Status als Diener Gott gegenüber deutlich zu machen.

 

3. Zusammenfassende Darlegung der Zeremonien
(
16,6-10 )


3Mo 16,6-10


Bevor eine ausführliche Beschreibung des großen Versöhnungstages gegeben wird ( 3Mo 16,11-28 ), geben diese Verse einen groben Überblick über die wichtigsten Bestandteile der Zeremonien: a) ein Stier als Sündopfer für den Hohenpriester und seine Familie (vgl. V. 11-14.24-25.27 ); b) zwei Ziegen als Sündopfer für das ganze Volk einschließlich der Auslosung des Sündenbockes (V. 7-8 ); c) die Opferung des anderen Ziegenbockes (V. 15-19.24-25 ), dessen Los dem Herrn zufiel und d) das In-die-Wüste-Schicken des Sündenbockes (vgl. V. 20-22 ).



4. Detaillierte Beschreibung der Zeremonien
(
16,11-28 )


a. Das Sündopfer für den Hohenpriester
(
16,11-14 )


Dieser Abschnitt erklärt die einzelnen Stufen der Blutbesprengungszeremonie im Zusammenhang mit der Schlachtung eines Stieres durch den Hohenpriester als Opfer für sich selbst (V. 11 ). Diese Zeremonie erinnert an das Ritual des normalen Sündopfers für den Hohenpriester ( 3Mo 4,3-12 ). Der Unterschied besteht nur in der Stelle, an die das Blut gesprengt wurde. Das Blut wurde hier nämlich nicht an den Vorhang und den Räucheraltar gesprengt ( 3Mo 4,6-7 ), sondern in das Allerheiligste gebracht und dort »gegen den Gnadenthron« und »vor den Gnadenthron« gesprengt.



3Mo 16,11


Der Sinn des Sündopfers des Hohenpriesters war die Versöhnung für sich selbst und seine Familie . Der Hohepriester mußte zunächst von aller Verunreinigung durch die Sünde gereinigt werden, bevor er als Mittler »das Sündopfer des Volkes« opfern konnte (V. 15 ). Der Hebräerbrief sieht darin den größten Unterschied zwischen dem levitischen Hohenpriester und Jesus ( Hebr 7,27; vgl. Hebr 5,3 ).



3Mo 16,12-13


Der Hohepriester betrat das Allerheiligste dreimal; das erste Mal mit einer Pfanne voller glühender Kohlen vom Brandopferaltar. Auf diesen Kohlen wurde der Weihrauch , der speziell für die Stiftshütte zubereitet wurde ( 2Mo 30,34-36 ), verbrannt. Durch die Kohlen entstand eine Wolke aus Rauch, die sich zwischen den Hohenpriester und die Gegenwart der Herrlichkeit Gottes auf dem Gnadenthron stellte und so verhinderte, daß der Zorn Gottes den Hohenpriester traf und sterben ließ.



3Mo 16,14


Beim zweiten Mal mußte Aaron etwas von dem Blut des Stieres mitnehmen und gegen den Gnadenthron und dann siebenmal vor den Gnadenthron (also auf die Vorderseite der Bundeslade oder vor ihr auf den Boden) sprengen. Die Verwendung des restlichen Blutes des Stieres wird in Vers 18-19 beschrieben.



b. Das Sündopfer für das Volk
(
16,15-17 )


3Mo 16,15


Das Sündopfer für das Volk bestand aus »zwei Ziegenböcken« (V. 5 ). Durch Los wurde einer der beiden Böcke als Opfer für den Herrn bestimmt, der andere zum Sündenbock (V. 8 ). Das Losverfahren wird hier übergangen, weil die Ausführungen in der Zusammenfassung Vers 7-8 ausreichend waren. Der Sündenbock wird später in Vers 20-22 behandelt. Denn zunächst mußte der Hohepriester den Ziegenbock für den Herrn als Sündopfer für das Volk schlachten und das Blut im Allerheiligsten verwenden, wie er es mit dem Blut des Stieres tat (vgl. V. 14 ), womit er das Allerheiligste ein drittes Mal betrat.



3Mo 16,16-17


Mit der Stiftshütte könnte einfach allgemein das Heiligtum gemeint sein, was die Rückkehr zum Ausdruck Heiligtum in Vers 17 nahelegt. Vers 16 könnte aber auch bedeuten, daß die gesamte Stiftshütte mit einem ähnlichen Ritual, etwa das siebenfache Sprengen des Blutes gegen den Räucheraltar und das Schmieren von Blut an die Hörner desselben Altars, ebenfalls entsühnt wurde, worauf sich 2Mo 30,10 zu beziehen scheint. Man könnte 2Mo 30,10 jedoch auch auf 3Mo 16,18 beziehen und nur von einem Reinigungsritual für Heiligtum und Stiftshütte ausgehen. Nach Vers 16-17 schafften die Rituale nicht nur die Versöhnung für den Hohenpriester und seine Familie und die ganze Gemeinde Israel (V. 17 ), sondern auch für das Heiligtum (V. 16 ; vgl. V. 20 ). Beides geschah wegen der Verunreinigungen der Israeliten und ihrer Übertretungen, mit denen sie sich versündigten (V. 16 ).



c. Die Reinigung des Altars
(
16,18-19 )


3Mo 16,18-19


Nicht nur das Heiligtum und die Stiftshütte wurden zeremoniell von den Sünden Israels gereinigt, sondern auch der Altar, der vor dem HERRN stand. Auch wenn einige Aus- leger dies auf den Räucheraltar beziehen (z.B. Harrison, Leviticus , S.173), ist doch wahrscheinlich der Brandopferaltar gemeint, der auch an anderer Stelle als vor dem Herrn stehend bezeichnet wird (vgl. 3Mo 1,3.5; vgl. Wenham, Leviticus , S.401). Die Reinigung wurde vollzogen, indem ein Gemisch vom Blut des Stieres und vom Blut des Bockes... ringsum an die Hörner des Altars gestrichen (V. 18 ) und etwas davon siebenmal auf den Altar gesprengt wurde (V. 19 ). Auch hier war der Sinn des Rituals wieder, den Altar zu reinigen und von den Verunreinigungen der Israeliten zu heiligen .

 

d. Die Vertreibung des Sündenbockes in die Wüste
(
16,20-22 )


3Mo 16,20-22


Es ist bezeichnend, daß der Hohepriester erst die Entsühnung des Heiligtums, der Stiftshütte und des Altars vollbrachte , d.h. beendigte, bevor er den lebendigen Ziegenbock herzubrachte. Er legte seine beiden Hände auf dessen Kopf und bekannte über ihm alle Sünden der Israeliten und alle ihre Übertretungen, mit denen sie gesündigt hatten , wodurch er sie symbolisch auf den Kopf des Ziegenbockes legte. Auch wenn einige Ausleger annehmen, daß dem Sündenbock bereits gesühnte und vergebene Sünden aufgelegt wurden, liegt es näher, davon auszugehen, daß die Blutbesprengungszeremonien die Sünden des Volkes im und gegen das Heiligtum sühnten, während die Vertreibung des Ziegenbockes in die Wüste als Bestandteil des Sündopfers die Versöhnung und Reinigung der Israeliten von allen Sünden erwirkte.

Die Bezeichnung des lebenden Ziegenbockes als Sündenbock drückt das gleiche aus wie Ziegenbock für Asasel (V. 8.10.26 ). Dies bedarf jedoch einiger Erläuterungen, da das hebräische Wort ?XzA?zEl , das sich nur in Kapitel 16 findet, auf wenigstens vier Arten übersetzt wurde: a) als Bezeichnung des Ziegenbockes selbst mit »Ziegenbock der Vertreibung«; b) als Eigenname »Asasel«, womit eine böse Macht, ein Wüstendämon oder Satan selbst gemeint sein könnten, so daß die Sünden zu ihrem eigentlichen Urheber zurückgesandt wurden; c) als Bezeichnung einer »Felsenklippe«, von der der Ziegenbock rückwärts hinuntergestoßen wurde; d) als ein abstrakter Begriff mit der Bedeutung »völlige Zerstörung« oder »völlige Beseitigung« (vgl. C. F. Feinberg, »The Scapegoat of Leviticus 16«, Bibliotheca Sacra 115(1958): 320-333; Carl Schultz, Theological Wordbook of the Old Testament , Chicago, Moody Press, 1980, 2: 658-659). Eine eindeutige Antwort ist nicht möglich. Deutlich ist jedoch die Bedeutung des Sündenbockes, der die Sünden des Volkes in die Wüste als Ort des Verderbens bringt.

 

e. Die Reinigung des Hohenpriesters und das Verbrennen des Brand- und des Sündopfers
(
16,23-34 )


3Mo 16,23-25


Nachdem der Hohepriester seine leinenen Kleider in der Stiftshütte ausgezogen hatte, wusch er sich zur zeremoniellen Reinigung und zog die regulären herrlichen Kleider des Hohenpriesters an, um die Opfer zu verbrennen. Er verbrannte dann einen Widder (V. 3 ) als Brandopfer für sich selbst und einen zweiten Widder (V. 5 ) als Brandopfer für das Volk zusammen mit dem Fett des Sündopfers, vermutlich sowohl vom Stier als auch von dem Ziegenbock für das Volk. Es fällt auf, daß diesmal das Brandopfer die Versöhnung für den Hohenpriester und das Volk schafft (vgl. 3Mo 1,4 ). Offensichtlich wurden die zusätzlichen Opfer von 4Mo 29,8-11 erst im Anschluß daran dargebracht.

e

f. Die Reinigung der anderen Beteiligten und die Beseitigung der Überreste der Sündopfer
(
16,26-28 )


3Mo 16,26-28


Die zeremonielle Reinheit der an den Zeremonien Beteiligten und die Reinheit des Heiligtums wurden a) durch die Waschungen des Mannes, der den Ziegenbock hinausgeführt hatte, b) durch das Verbrennen der Überreste des Stieres und des Ziegenbockes (der Sündopfer) außerhalb des Lagers und c) durch die Waschung des Mannes, der diese Überreste vor das Lager schaffte, sichergestellt.

 

5. Die Einsetzung des großen Versöhnungstages als jährliche Feier
(
16,29-34 )


3Mo 16,29-34


Der große Versöhnungstag sollte jährlich am zehnten Tag des siebten Monats (Tischri = Oktober/November) wiederholt werden. Offensichtlich gehörte zur Wirksamkeit der Zeremonien auch die echte innerliche Umkehr, die im Fasten (wörtlich »sich verneinen« oder verzichten, was normalerweise das Fasten einschloß, Jes 58,3.5; 3Mo 23,27.32; 4Mo 29,7 ) und im Verzicht auf jede Arbeit zum Ausdruck kam: denn es soll euch ein hochheiliger Sabbat sein und ihr sollt fasten ( 3Mo 16,31 ). Die Bedeutung des großen Versöhnungstages wird in Vers 33-34 zusammengefaßt und seine jährliche Wiederholung in Vers 34 bestätigt. Das Gesetz über den großen Versöhnungstag schließt mit dem geschichtlichen Hinweis, daß der erste große Versöhnungstag so gefeiert wurde, wie der HERR Mose geboten hatte (V. 34 b).

Der Hebräerbrief weist auf die Erfüllung der Bedeutung des großen Versöhnungstages in dem Opfer Christi für die Sünde des Volkes hin, das jedoch nicht jährlich wiederholt werden mußte, sondern ein für allemal geschah ( Hebr 9,11-12.24-26; 3Mo 10,10 ). Christus selbst ging als Hohepriester in das Heiligste, wodurch der Zugang zu Gott frei wurde, was im Zerreißen des Vorhangs vor dem Allerheiligsten sichtbar wurde. Christus wurde jedoch zugleich zum Sühneort, also zu jenem Ort der Gegenwart Gottes auf der Bundeslade, an den der Hohepriester das Opferblut sprengte.

 

II. Das Leben in Heiligkeit vor Gott durch Absonderung
( 3Mo 17-27 )


A. Die Gesetze über das Opfer und den Fleischgenuß
( 3Mo 17 )


Dieses Kapitel ergänzt gewissermaßen Kapitel 1-7 , da es die Bedeutung des Blutes beim Opfern erklärt ( 3Mo 17,11 ) und andere verwandte Fragen anspricht (vgl. 3Mo 7,26-27; 11,39-40 ). Es behandelt dabei nicht die Rolle der Priester, obwohl sie in der Einleitung 17,2 ebenfalls angesprochen werden, sondern weist auf mögliche Fehler der Laien bezüglich der Opfer oder des Fleischgenusses hin.



1. Einführung
(
17,1-2M )


3Mo 17,1-2


Durch die typische Einleitungsformel Und der HERR redete mit Mose und sprach (vgl. 3Mo 1,1; 4,1; 6,1; 7,28; 11,1; 15,1; 16,1-2; 18,1-2; 19,1-2 ) wird ein neues Gesetz eingeleitet. Im folgenden werden die einzelnen Bestimmungen wie in 3Mo 17,2 jeweils mit der Formel Wer aus dem Hause Israel... (V. 3.8.10.13 ) eingeleitet, so daß sich vier Abschnitte ergeben.

 

2. Die Notwendigkeit, Haustiere bei der Stiftshütte zu töten
(
17,3-7 )


3Mo 17,3-7


Einige Ausleger haben von Vers 3-4 ausgehend gemeint, es handele sich hier um ein generelles Verbot, irgendein Tier nicht bei der Stiftshütte zu opfern. Sie gehen dann davon aus, daß weibliche Tiere wegen ihrer wertvollen Milch sowieso nicht geschlachtet wurden und das Volk in der Wüste mit Manna zur Genüge versorgt war. Dafür könnte sprechen, daß in 5Mo 12,20-28 mit Hinblick auf die Einnahme Kanaans (V. 20 ) das Schlachten der Tiere generell gestattet wird. Dennoch erweckt 3Mo 17,5-9 den Eindruck, daß es nur um Opfertiere geht. Dem muß 5Mo 12,20-28 nicht unbedingt widersprechen. Allerdings könnte die Warnung vor götzendienerischen Opfern in 3Mo 17,7 ein Hinweis darauf sein, daß generell alle zum Verzehr gedachten Tiere bei der Stiftshütte als Dankopfer (V. 5 ; vgl. 3Mo 7,11-34 ) geopfert werden mußten, um jede götzendienerische Verwendung der Tiere auszuschließen. Die Ziegengötzen (Luther: »Feldgeister«) sind möglicherweise eine Anspielung auf die Praxis im östlichen Delta von Unterägypten (Harrison, Leviticus , S.180). Indem jedes Opfer außerhalb des Stiftshüttenbereiches verboten war, konnte sich keiner, der anderen Göttern opferte, damit herausreden, er habe das Tier nur geschlachtet, um es zu verzehren.

Die Strafe für die Übertretung dieses Gebotes war, daß ein solcher Mensch aus dem Volk ausgerottet werden sollte ( 3Mo 17,4 ). Dabei geht es wohl eher um ein direktes Eingreifen Gottes oder um eine Vertreibung aus dem Volk in die Wüste, als um eine von Menschen auszuführende Strafe (vgl. Wenham, Leviticus , S.241-242). Es handelt sich um eine religiöse Strafe, nicht um die mit anderen Worten beschriebene zivile Todesstrafe. Die angegebene Strafe gilt für alle in diesem Kapitel beschriebenen Vergehen (V. 9-10.14 ; vgl. 2Mo 30,33.38; 3Mo 7,20-21; 20,17-18; 4Mo 15,30-31 ).



3. Die Notwendigkeit, Opfer bei der Stiftshütte darzubringen
(
17,8-9 )


3Mo 17,8-9


Dieses Gebot ähnelt dem eben beschriebenen mit dem Unterschied, daß es diesmal um jemanden geht, der nicht generell ein Tier schlachten will, sondern um jemanden, der ein Brandopfer oder Dankopfer darbringen will. Diese Opfer durften ausschließlich bei der Stiftshütte dargebracht werden. Auf das Übertreten des Gebotes stand dieselbe Strafe. Es sei allerdings darauf hingewiesen, daß Israel in seiner späteren Geschichte dieses Gebot ununterbrochen übertrat.

 

4. Das Verbot des Verzehrs von Blut
(
17,10-12 )


3Mo 17,10-12


Von den sieben Verboten des Essens von Blut in den 5 Büchern Moses ( 1Mo 9,4; 3Mo 3,17; 7,26-27; 17,10-14; 19,26 ; 5Mo 12,15-16.23-24; 15,23 ) ist dieser Abschnitt der deutlichste und beschreibt am ausführlichsten den Sinn dieser Bestimmung. Vers 11 nennt zwei Gründe für das Verbot: 1. Das Leben eines Körpers ist in seinem Blut , da ein Tier ohne Blut nicht leben kann. Daher wird durch den Verzicht auf das Essen von Blut die Heiligkeit des Lebens unterstrichen. 2. Das Blut ist die Entsühnung für euer Leben (Luther: »Entsühnung, weil das Leben in ihm ist«). Gott hat das Blut als Preis für das stellvertretende Opfer gewählt. Auf das Essen des Blutes zu verzichten betont daher auch die Heiligkeit der Opfer. Die Aussage Ich habe es euch zur Entsühnung für euer Leben auf dem Altar gegeben schließt eine magische Wirkung des Blutes aus. Es ist nur deswegen von Bedeutung, weil Gott es gegeben hat, also weil Gott es so festlegte. Die Strafe für die Übertretung des Gebotes ist wiederum dieselbe ( ausgerottet aus dem Volk , vgl. den Kommentar zu V. 4 ).

 

5. Die Anwendung dieser Erfordernisse auf gejagte Tiere
(
17,13-16 )


War bisher vom Opfern und vom Blut von Haustieren die Rede, so wird nun von wilden Tieren gesprochen. Da wilde Tiere sowieso nicht als Opfertiere verwendet werden durften, weil sie den Opfernden nichts kosteten, konnte nur das Verbot des Blutessens auf sie angewendet werden. Es wäre wohl auch schwierig gewesen, ein wildes Tier erst zur Stiftshütte zu führen, bevor man es tötete.

3Mo 17,13-14


Die Notwendigkeit, reine, also eßbare wilde Tiere ausbluten zu lassen und das Blut zu verscharren wird später auch für Haustiere, die nur zum Verzehr gedacht waren, festgelegt ( 5Mo 12,15-16.22-24 ).

e

3Mo 17,15-16


Wenn ein Mensch von einem unreinen Tier aß (genauer gesagt von einem reinen Tier, das durch die fehlende Ausblutung (vgl. 1Sam 14,32-35; Hes 4,14; 44,31; Apg 15,20 ) unrein geworden war), da es gefallen war oder zerrissen wurde, sollte er seine Kleider waschen und sich mit Wasser abwaschen und unrein sein bis zum Abend, um wieder rein zu werden. Im übrigen machte ja schon das Berühren eines Kadavers unrein ( 3Mo 11,39-40 ). Während hier dieses Gebot auch für Fremdlinge galt, wurde das Gebot später geändert, so daß solche Tiere von Fremdlingen, also Ausländern, gegessen werden durften ( 5Mo 14,21 ). Dennoch dürfte sich das frühere Gebot, es vor die Hunde zu werfen ( 2Mo 22,30 ) nicht auf die Ausländer beziehen, sondern wörtlich gemeint sein.

 

B. Die Gesetze über das sittliche Verhalten innerhalb des Bundes und die Nichtanpassung an heidnische Praktiken
( 3Mo 18-20 )


1. Gesetze zur Regelung sexueller Beziehungen
( 3Mo 18 )


Kapitel 18 legt die Grundlagen für den Rest von 3.Mose. Es führt in die Verantwortung Israels ein, vor dem heiligen Gott sein heiliges Volk zu sein, das sich von allen heidnischen Nationen absondert (vgl. die wichtigen Aussagen zur Einführung V. 2-5 und zum Schluß V. 24-30 ). Zugleich spiegelt die Struktur des Kapitels den Aufbau der damals üblichen nahöstlichen Verträge wieder (vgl. K. A. Kirchen, The Bible in its World: The Bible and Archaeology today , Downers Grove, Ill., Inter-Varsity Press, 1978, S.81-85): 1) Präambel: »Ich bin der Herr dein Gott« ( 3Mo 18,2 ); 2) Historischer Rückblick: Ägypten, wo ihr gelebt habt (V. 3 ); 3) Grundlegende Bedingungen: gehorcht meinen Gesetzen (V. 4 ); 4) Verheißung des Segens: ihr werdet durch sie leben (V. 5 ); 5) Einzelne Bedingungen: Vers 6-23 ; 6) Androhung des Fluches bei Ungehorsam: Vers 24-30 . (Vgl. auch die Übersicht »Vergleich zwischen dem Bund am Sinai und nahöstlichen Lehensverträgen« bei 2Mo 19 .) Die Verbote in 3Mo 18 basieren auf der Heiligkeit der Ehe und der Notwendigkeit der Stabilität des Familienlebens. Die Förderung der freien Sexualität in den heidnischen Kulturen und die kultische Prostitution in heidnischen Religionen, besonders bei den Kanaanitern, stand dem völlig entgegen.



a. Einführung in die Bundesethik
(
18,1-5 )


3Mo 18,1-5


Im Aufbau des Bundesvertrages bildet die Formel Ich bin der HERR, euer Gott die Präambel. Sie erscheint weitere fünf Mal als Motivation für das Halten einzelner Gebote (V. 4-6.21.30 ). Mit fast derselben Formel werden die Zehn Gebote eingeleitet ( 2Mo 20,2; 5Mo 5,6 ). Die Ermahnung, die Bräuche anderer Nationen (besonders Ägypten und Kanaan, 3Mo 18,3 ) zu lassen, gründet in der Person Gottes und seiner Bundesbeziehung zu Israel. Gottes Anordnungen für die physische und geistliche Gesundheit, die ein sinnvolles Leben für das erlöste Volk ermöglichen sollten, werden als Gebote und Gesetze bezeichnet. Die Motivation für das Halten dieser Gesetze ist eindeutig: der Mensch, der sie tut, wird durch sie leben , d.h. sich des Lebens erfreuen dürfen.

Gehorsam gegen Gottes Gebote führt zu einem glücklichen und erfüllten Leben (vgl. 3Mo 26,3-13; 5Mo 28,1-14 ). Die ehelichen und sexuellen Einschränkungen in 3Mo 18 bilden zum Beispiel die Grundlage für ein glückliches und stabiles Familienleben. (Wer das Gesetz jedoch ohne die göttliche Wiedergeburt und aus eigener Kraft halten will, wird nur den Fluch des Gesetzes erfahren; vgl. Gal 3,10 .)



b. Inzestverbote
(
18,6-18 )


3Mo 18,6-18


Das allgemeine Prinzip dieses Abschnittes wird in Vers 6 genannt: Keiner von euch soll geschlechtlichen Umgang mit Blutsverwandten haben (im Hebr. steht ein Euphemismus; wörtl.: »die Nacktheit aufdecken«). Das eigentliche Anliegen des Abschnittes ist das Verbot von inzestuösen Ehen, da das Verbot von Ehebruch und Unzucht vorausgesetzt wird (vgl. dagegen aber Harrison, Leviticus , S.186). Auch das Verbot einer Heirat mit Nichtisraeliten ( 5Mo 7,3-6; vgl. 1Kö 11,1-2 ) wird vorausgesetzt. Wenn ein Nichtisraelit sich jedoch zum Herrn bekehrte, war die Ehe zulässig (Beispiel: Rut).

Die folgenden Regelungen können aus dem allgemeinen Gesetz abgeleitet werden. Ein Mann konnte nicht seine Mutter ( 3Mo 18,7 ) oder seine Schwester (V. 9 ; oder Halbschwester; Blutsverwandtschaft ersten Grades gemäß der heutigen Genetik) heiraten. Das Verbot der Heirat der eigenen Tochter ( 1Mo 19,30-38 ) wird vorausgesetzt und deswegen nicht erwähnt. Auch die Ehe mit der Enkelin ( 3Mo 18,10; Blutsverwandtschaft zweiten Grades) oder der Tante (V. 12-14 ; die Schwester von Vater oder Mutter) waren verboten, ebenso die Ehe mit der Witwe eines nahen Verwandten, also der Stiefmutter (V. 8 ), mit der Halbschwester (V. 11 ), mit der angeheirateten Tante (V. 14 ), mit der Schwiegertochter (V. 15 ), mit der Schwägerin (V. 16 ), mit der Stieftochter (V. 17 ) und mit der Stiefenkelin (V. 17 ). Der offensichtliche Grund für den Ausschluß von angeheirateten Verwandten ist, daß Ehepartner »ein Fleisch« ( 1Mo 2,24 ), d.h. miteinander verwandt sind und daher zur Verwandtschaft desselben Grades gehören (vgl. Wenham, Leviticus , S.254-258 für genauere Erklärungen der schwierigeren Bestimmungen).



c. Verbot von kanaanitischen Sexualpraktiken
(
18,19-23 )


3Mo 18,19


vgl. 3Mo 15,19-24 (und den Kommentar dazu); 3Mo 20,18; 2Sam 11,4 .

3Mo 18,20


Ehebruch wird im AT als Geschlechtsverkehr einer verheirateten oder verlobten Frau mit einem anderen Mann als ihrem Ehemann verstanden. Dazu zählte also nicht der Verkehr zwischen Unverheirateten, auf den eine geringere Strafe stand ( 2Mo 22,15-16; 5Mo 22,28-29 ).

e

3Mo 18,21


Moloch war die Nationalgottheit der Ammoniter ( 1Kö 11,7; vgl. 2Kö 23,10; Jer 32,35 ). Es geht hier entweder um Kinderopfer durch Verbrennen ( 2Kö 3,27; 5Mo 12,31; 18,10 ; vgl. die hohe Strafe in 3Mo 20,2-5 ) oder aber, was der Kontext nahelegt, um das Weihen der Kinder zu Tempelprostituierten (so Snaith, Leviticus and Numbers , S.125).



3Mo 18,22-23


Ebenso waren Homosexualität (vgl. 1Mo 19; 3Mo 20,13; Ri 19,22; Röm 1,26-27; 1Kor 6,9 ) und der Verkehr mit Tieren (vgl. 2Mo 22,18; 3Mo 20,15-16; 5Mo 27,21 ) verboten.

 

d. Abschliessende Warnung vor Ungehorsam gegenüber den Bundesbedingungen
(
18,24-30 )


3Mo 18,24-30


Dieser Abschnitt entspricht dem fünften und letzten Teil eines Lehensvertrages und enthält dementsprechend den Fluch für den Fall des Ungehorsams. Wegen all der eben beschriebenen Dinge (besonders V. 19-23 ) hatte Gott die Ausrottung der Kanaaniter befohlen. Israel sollte dieselbe Strafe erleiden, wenn es ungehorsam würde. Die bildliche Rede, daß das Land seine Bewohner ausspie (V. 25.28 ) zeigt, was für ein Greuel (V. 26.29 ) Gott die verbotenen Praktiken sind. Das Kapitel endet mit denselben Worten, mit denen es begann: Ich bin der HERR, euer Gott .

 

2. Gesetze zur Förderung der aktiven Heiligkeit vor Gott und den Menschen
( 3Mo 19 )


»Die Unterschiedlichkeit des Materials in diesem Kapitel zeigt die Vielfältigkeit des Lebens. Alle Aspekte des menschlichen Lebens unterstehen dem Gesetz Gottes« (Wenham, Leviticus , S.264). Die Heiligkeit Gottes (V. 2 ) ist das Fundament, das alle einzelnen Bestimmungen zur Heiligung des alltäglichen Lebens trägt. Auch wenn dem modernen Leser die spezielle Begründung der einzelnen Gebote (z.B. V. 19 ) nicht immer sofort einleuchtet, sind die ethischen Gebote in diesem Kapitel nicht willkürlich, sondern gerecht und human und fördern die rücksichtsvolle Behandlung von alten, behinderten, armen, fremden, arbeitenden und anderen Menschen. Die Gebote behandeln dabei nicht nur äußere Handlungen, sondern gehen bis zur inneren Motivation zurück (vgl. V. 17-18 ). Es muß auch beachtet werden, daß die wichtigen Prinzipien der Zehn Gebote in diesem Kapitel wiederzufinden sind, auch wenn eine andere Reihenfolge und Betonung gewählt wurde. Die Formeln »Ich bin der Herr« und »Ich bin der Herr, euer Gott« finden sich 16 Mal in Kapitel 19 und unterteilen das Kapitel meistens in Unterabschnitte.



a. Einleitung
(
19,1-2 )


3Mo 19,1-2


Das Kapitel wendet sich nicht an einige wenige Asketen, sondern an die ganze Gemeinde der Israeliten. Die Motivation für die Heiligung wird mit einem Satz ausgedrückt, der das Motto von 3.Mose überhaupt ist: Ihr sollt heilig sein, denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig . Diese Aussage schweißt Theologie und Ethik für immer und untrennbar zusammen. Alle menschliche Moralität muß immer auf dem unwechselbaren Wesen Gottes beruhen. »Jede biblische Aussage über Gott trägt stillschweigend eine Aufforderung an den Menschen in sich, ihn im alltäglichen Leben nachzuahmen« (R. E. Clements, »Leviticus«, Broadman Bible Commentary , Bd. 2, S.51). (Es ist in diesem Zusammenhang sicher nicht zufällig, daß jede Ethik, auch jede medizinische, politische oder sonstige Ethik, letztlich immer religiös begründet ist.)



b. Verschiedene Vorschriften
(
19,3-10 )


3Mo 19,3-4


Das Ehren der Eltern und das Halten des Sabbats fassen das ganze Gesetz und die Zehn Gebote zusammen und zeigen, daß Heiligkeit immer zu Hause beginnt. Ein Kind, das lernt, Vater und Mutter zu ehren (wörtl. »zu fürchten« wie in V. 14 ) wird auch »Gott fürchten« und sich nicht zu den Götzen wenden und keine gegossenen Götter machen (V. 4 ).

3Mo 19,5-8


Diese Bestimmungen wiederholen die Anordnungen über den richtigen Umgang mit dem Fleisch eines Dankopfers in 3Mo 7,15-20 . Die Härte der Strafe ( ausgerottet aus dem Volk , 3Mo 19,8 ) zeigt, wie ernst es Gott mit dem Mißbrauch der Opfer war.

 

3Mo 19,9-10


Das Getreide in den Ecken der Felder und die abgefallenen Beeren in den Weinbergen sollten für die Armen übriggelassen werden ( 3Mo 23,22; 5Mo 24,19-22; vgl. Rt 2 ).

 

c. Verhalten gegenüber dem Nächsten
(
19,11-18 )


3Mo 19,11-18


Diese Verbote sollen zunächst ein harmonisches und heiliges Zusammenleben der Israeliten fördern. Doch die Aufforderung Liebe deinen Nächsten wie dich selbst (V. 18 ) wird schon im AT ( 3Mo 19,34 : Liebe ihn (den Fremdling) wie dich selbst) und erst recht im NT ( Mt 5,43; Mt 19,19; Mt 22,39; Mk 12,31.33; Lk 10,27; Röm 13,9; Gal 5,14; Jak 2,8 ) auf alle Menschen ausgedehnt. Die Bestimmungen fördern die Ehrlichkeit im Umgang mit dem Geld ( 3Mo 19,11 ) und der Wahrheit (V. 12 ), die rücksichtsvolle Behandlung von Schwachen, Arbeitern und Behinderten (V. 13-14 ), Gerechtigkeit vor Gericht für Arme und Große und die Liebe als eigentliches Motiv für den Umgang miteinander (V. 17-18 ). In Vers 17 wird es als Hassen des Bruders angesehen, wenn man ihn nicht mit dem Gesetz Gottes ermahnt. Wahre Liebe führt nicht zu Gleichgültigkeit und falscher Toleranz, sondern zu einem ernsten Sorgen um den anderen.

 

d. Verschiedene Vorschriften
(
19,19-37 )


3Mo 19,19


Dieser Abschnitt beginnt und endet mit der Aufforderung Meine Satzungen sollt ihr halten (V. 19.37 ). Die Trennung von zwei Arten in Vers 19 sollte ein Hinweis darauf sein, daß der Mensch nicht vermischen darf, was Gott getrennt hat und daß der Mensch Gottes Schöpfungsordnungen nicht ändern soll.

 

3Mo 19,20-22


Nach 20,10 mußte ein Mann sterben, wenn er Ehebruch mit der Frau eines anderen Mannes beging. In Vers 20 geht es aber um eine Sklavin. In diesem Falle sollten die Betroffenen nicht sterben, da sie nach dem Gesetz immer noch eine Sklavin und nicht freigekauft oder freigelassen war. Trotzdem hatte eine Bestrafung zu erfolgen, vermutlich eine Geldsumme an den Besitzer oder den Verlobten. Außerdem mußte ein Schuldopfer zur Versöhnung dargebracht werden.



3Mo 19,23-25


Die ersten Früchte eines Obstbaumes sollten im vierten Jahr als ein Opfer des Jubels an den HERRN geweiht werden . Die mageren Ernten der ersten drei Jahre sollten Gott nicht dargebracht werden, sondern galten als unrein. Die Erstgeburtsgesetze umfaßten neben der Ernte ( 2Mo 23,19; 3Mo 23,10; 5Mo 26,1-15 ) auch die Tiere ( 2Mo 34,19-20; 5Mo 15,19 ) und Kinder ( 2Mo 13,2; 4Mo 8,16-18 ).

 

3Mo 19,26-31


Diese Verbote beziehen sich vermutlich auf heidnische Riten, einschließlich heidnischer Trauerriten (V. 27-28 ), kultischer Prostitution (V. 29 ) und Wahrsagerei bzw. Totenbefragung (V. 31 ). Statt dessen sollten die von Gott verordneten Riten und Feste beachtet werden (V. 30 ).

 

3Mo 19,32-34


Positiv sollte auch das Alter geehrt werden (V. 32 ) und der Fremdling , der sich niedergelassen hatte, nicht unterdrückt werden (V. 33 ).



3Mo 19,35-36


Die Ehrlichkeit auf dem Markt beweist, wie praktisch die Heiligkeit im alltäglichen Leben wird, die der Herr erwartet (vgl. 5Mo 25,13-16; Spr 11,1; 16,11; 20,10; Am 8,5; Mi 6,11 und den Kommentar zu Hos 12,7 ).


3Mo 19,37


Diese Zusammenfassung erinnert an 3Mo 18,4.30 .

 

3. Gesetze über die Todesstrafe
( 3Mo 20 )


Kapitel 20 ergänzt und unterstreicht Kapitel 18 , indem es das Strafmaß für verschiedene Vergehen festlegt. Während die Gesetze in Kapitel 18-19 bestimmte Handlungen verbieten und sich an Menschen wenden, die vor einer Sünde stehen, behandelt Kapitel 20 die Strafe nach geschehenen Verbrechen und wendet sich an die ganze Gemeinde. Auf alle Verbrechen dieses Kapitels, mit Ausnahme der in Vers 19-21 beschriebenen, steht die Todesstrafe (vgl. 2Mo 21,12-17 ). Dies war notwendig, um der Ansteckungsgefahr innerhalb des Volkes Gottes vorzubeugen. Die schwerwiegendsten Sünden gegen das Leben, gegen die Religion und gegen die Familie sind an der Todesstrafe zu erkennen, nämlich Mord ( 2Mo 21,12; 4Mo 35; 5Mo 19 ), Entführung ( 2Mo 21,16; 5Mo 24,7 ), Ehebruch ( 3Mo 20,10; 5Mo 22,22 ), Homosexualität ( 3Mo 20,13 ); Gotteslästerung ( 3Mo 24,13-16. 23 ); Götzendienst ( 5Mo 13,6-10 ) und anhaltender Ungehorsam gegenüber Autoritäten ( 5Mo 17,12;21,18-21 ).

Die Art der Todesstrafe wird zweimal mit Steinigung ( 3Mo 20,2.27 ) und einmal mit Verbrennen (V. 14 , wurde in der jüdischen Tradition fälschlich als das erzwungene Schlucken von heißem Blei verstanden!) angegeben. Die schwerwiegendste Beschreibung der Todesstrafe findet sich jedoch in Vers 3.5-6 (vgl. V. 17-18 ): Ich werde ihn aus seinem Volk ausrotten. Dieses direkte göttliche Strafgericht wird zumindest in diesem Fall durch die Steinigung des Verbrechers vermittelt (V. 2 ). Wenham geht davon aus, daß die Ausrottung durch Gott die staatliche Strafe ergänzt, indem sie eine Trennung vom Volk Gottes auch über den Tod hinaus bewirkt ( Leviticus , S.278; vgl. S.242+285).



a. Sünden gegen die Religion, die die Todesstrafe erfordern
(
20,1-6 )


3Mo 20,1-6


Der Abschnitt über die Verehrung des Molochs ist eine Erweiterung von 3Mo 18,21 . Die Totenbefragung wurde bereits in 3Mo 19,31 verboten.

 

b. Ermahnung zur Heiligkeit
(
20,7-8 )


3Mo 20,7-8


Mitten im Abschnitt über die Todesstrafe findet sich Gottes gnädige Aufforderung zur Heiligkeit, die wiederum von seiner Heiligkeit motiviert ist.

 

c. Sünden gegen die Familie, die die Todesstrafe erfordern
(
20,9-11 )


3Mo 20,9-21


Zur Todesstrafe im Fall des fortgesetzten Ungehorsams gegen die Eltern (V. 9 ) vgl. 2Mo 21,17; 3Mo 20,10-17 .Der Abschnitt entspricht weitgehend 3Mo 18,6-23 (siehe den Kommentar dort). Es wird die Androhung der Todesstrafe und das Verbot des Geschlechtsverkehrs mit einer Frau während ihrer Periode (vgl. den Kommentar zu 3Mo 15,19-20 ) hinzugefügt. Das Strafmaß in 3Mo 20,19-21 ist unklar.

 

d. Ermahnung zur Heiligkeit
(
20,22-26 )


3Mo 20,22-26


Die Warnungen und Ermahnungen in Vers 22-24 entsprechen weitgehend denen in 3Mo 18,24-30 . Vers 25-26 über den Unterschied zwischen rein und unrein steht in Beziehung zu der Tatsache, daß Gott Israel von den Nationen abgesondert hatte (V. 24.26 ) und sie heilig sein sollten, weil er heilig ist (V. 26 ).

 

e. Eine Sünde gegen die Religion, die die Todesstrafe erfordert
(
20,27 )


3Mo 20,27


Vgl. Vers 6 und 3Mo 19,31 und den Kommentar zu diesen Stellen.



C. Gesetze über die Heiligkeit der Priester und der Opfer
( 3Mo 21-22 )


1. Personenbezogene Einschränkungen für den priesterlichen Dienst
( 3Mo 21 )


a. Einleitung
(
21,1 a)


3Mo 21,1 a


Wenn Gottes Heiligkeit die Grundlage und Motivation für die Heiligkeit der ganzen Gemeinde der Israeliten sein sollte (vgl. 3Mo 19,2 ), wieviel mehr mußte sie dies dann für die Heiligkeit der Priester , die am Altar dienten ( 3Mo 21,1-9 ) und für den Hohenpriester, der der Mittler zwischen den Menschen und Gott war, sein.

 

b. Einschränkungen für das Trauern und Heiraten der Priester
(
21,1-9 )


Den Söhnen Aarons wurden zahlreiche persönliche Verbote gegeben, um ihre priesterliche Heiligkeit zu fördern.

3Mo 21,1-4 (3Mo 21,1b-4)


Die Priester sollten die zeremonielle Unreinheit durch den Kontakt mit Toten, auch bei Trauerfeiern, ganz vermeiden. Die einzige Ausnahme waren nahe Verwandte, nämlich Blutsverwandte ersten Grades, die einzeln genannt werden. Bei der Schwester wird eine weitere Einschränkung vorgenommen. Ihre Leiche darf nur dann vom Priester berührt werden, wenn sie noch nicht verheiratet war. (Im Falle von Nadab und Abihu ( 3Mo 10,3-7 ) galten auch diese Ausnahmen nicht, weil sie durch ein göttliches Gericht starben.)

 

3Mo 21,5-6


Wie alle Israeliten ( 3Mo 19,27-28 ; vgl. 5Mo 14,1 ) sollten auch die Priester heidnische Trauerriten meiden. Die Teilnahme an solchen Praktiken würde den Namen ihres Gottes entheiligen und sie unfähig machen, die Feueropfer des HERRN zu opfern .

 

3Mo 21,7-8


Aus demselben Grund sollten die Priester keine Prostituierten und Geschiedenen heiraten, während dies nicht für Witwen galt (im Gegensatz zum Hohenpriester, V. 14 ). Offensichtlich hatte der Ruf der Ehefrau Auswirkungen auf die Befähigung des Priesters für heilige Dinge. Die Motivation und Bedeutung der Heiligkeit findet sich in dem Ausspruch Ich bin heilig, der HERR, der euch heiligt . Die dreifache Wiederholung dieser Aussage in ähnlicher Form markiert die drei Hauptabschnitte von Kapitel 21 (V. 8.15.23 ).

 

3Mo 21,9


Die Befähigung des Priesters zum Dienst wurde nicht nur von dem Ruf seiner Frau (V. 7-8 ), sondern auch von dem Ruf seiner Tochter berührt. Prostitution (kultisch oder nicht) erforderte die Todesstrafe (Verbrennen mit Feuer) .

 

c. Einschränkungen für das Trauern und Heiraten des Hohenpriesters
(
21,10-15 )


3Mo 21,10-12


Ein noch strikterer Maßstab wurde an den Hohenpriester angelegt, der sich von den übrigen Priestern durch das Salböl , das über seinen Kopf gegossen wurde und seine hohepriesterliche Kleidung unterschied. Er durfte sich überhaupt nicht verunreinigen, noch nicht einmal an Vater oder Mutter (V. 11 im Gegensatz zu V. 2 ). Er durfte auch nicht die normalen Anzeichen der Trauer zeigen (z.B. die Haare wirr hängen lassen , V. 10 ) und erst recht nicht heidnische Riten befolgen (vgl. V. 5 ). Die Aufforderung in Vers 12 , das Heiligtum nicht für Trauerfeiern zu verlassen, bedeutet nicht, daß der Hohepriester dort gelebt hätte.



3Mo 21,13-15


Der Hohepriester erhielt eine absolut strikte Anweisung, nur eine Jungfrau zu heiraten. Damit war selbst eine Witwe ausgeschlossen, die ein normaler Priester heiraten durfte (V. 7 ). Damit wurde auch sichergestellt, daß der Erstgeborene und damit der nächste Hohepriester, wirklich ein Nachkomme des Hohenpriesters war.



d. Einschränkungen für Priester mit physischen Fehlern
(
21,16-23 )


3Mo 21,16-21


Priester mit einem physischen Fehler durften die Darbringung der Opfer nicht vornehmen. Die genannten Entstellungen und Mißbildungen sind wohl eher als Beispiele denn als vollständige Liste zu verstehen (vgl. die Liste über Fehler bei Tieren 22,20-25 ). Die zeremonielle Ganzheit und Vollständigkeit des levitischen Systems fand in der körperlichen Vollständigkeit und Normalität ihren Ausdruck (Wenham, Leviticus , S.23-25.169-171).

 

3Mo 21,22


Die entstellten Priester durften aber nicht nur vom Heiligen, also von dem Priesteranteil beim Dankopfer, sondern auch vom Hochheiligen , also dem Priesteranteil bei allen anderen Opfern, essen.

 

3Mo 21,23


Die Zusammenfassung unterstreicht wieder die Rolle des Herrn, der die Menschen heiligt.

 

e. Schluss
(
21,24 )


3Mo 21,24 : Dieser Schluß zeigt, daß Mose gehorsam war (vgl. V. 1 : »sage zu den Priestern«) und die Worte an Aaron und seine Söhne in Gegenwart des ganzen Volkes weitergab.
 

2. Anordnungen über die heiligen Opfer
( 3Mo 22 )


a. Einleitung
(
22,1-2 )


3Mo 22,1-2


Die Einleitung entspricht 3Mo 21,1 (vgl. den Kommentar dazu). Der Herr gab Mose Anweisungen für Aaron und seine Söhne. Sie sollten das Heilige, d.h. die Opfergaben, die sie heiligen, achten und ehren. Es geht bei diesen Ausdrücken wohl ganz allgemein um die priesterlichen Vorrechte, einschließlich des Zehnten, der Erstlingsgaben und der Opfer (vgl. 4Mo 18,8-19 ). Durch den unachtsamen Umgang mit diesen Dingen entheiligten sie nämlich den heiligen Namen des Herrn.

 

b. Einschränkungen für den Verzehr der heiligen Opfer durch die Priester
(
22,3-9 )


3Mo 22,3-9


Ein Priester durfte im Falle zeremonieller Unreinheit weder Opfer darbringen noch Opferfleisch essen. Die Strafe war ernst. Er sollte ausgerottet werden vor meinem Antlitz , wie es bei Nadab und Abihu geschehen war ( 3Mo 10 ). Ursachen für die Unreinheit konnten unter anderem ansteckende Hautkrankheiten ( 3Mo 13-14 ), Ausflüsse ( 3Mo 15 ) und das Berühren von Leichen (vgl. 3Mo 11,39 ) sein. Vers 9 unterstreicht wieder die Wichtigkeit der Heiligung und die Tatsache, daß der Herr sein Volk heiligt.

 

c. Einschränkungen für den Verzehr der heiligen Opfer durch Nichtpriester
(
22,10-16 )


3Mo 22,10-13


Diese Bestimmungen legen fest, wer genau an einer heiligen Mahlzeit teilnehmen durfte. Die Familie des Priesters durfte daran teilnehmen, doch wer zählte dazu? Offensichtlich gehörte jeder, der dauerhaft bei ihm wohnte, dazu, also auch ein Sklave (V. 11 ) oder eine verwitwete oder geschiedene und kinderlose Tochter (V. 13 ). Gäste oder Tagelöhner, die nicht dauerhaft bei ihm wohnten (V. 10 ) oder eine Tochter, die im Haushalt ihres Ehemannes lebte (V. 12 ) gehörten jedoch nicht zur Familie des Priesters.



3Mo 22,14-16


Wer aus Versehen von dem Heiligen aß, obwohl er es nicht durfte, mußte dem Priester alles wiedererstatten und zusätzlich 20 Prozent Strafe bezahlen. Die Priester waren dafür verantwortlich, daß das Heilige nur von berechtigten Personen gegessen wurde ( 3Mo 22,15-16 ).

 

d. Einschränkungen bezüglich der Opfer
(
22,17-30 )


3Mo 22,17-21


Der Abschnitt über die Eigenschaften der Opfertiere beginnt mit einer allgemeinen Einführung über die Brand- und Dankopfer.

 

3Mo 22,22-25


Das Verbot, fehlerhafte Tiere zu opfern, wird mit ähnlichen Worten gegeben wie die Regelungen bezüglich der Priester ( 3Mo 21,18-20 ), was wohl mit Bedacht geschieht. Wenham weist darauf hin, daß die Opfertiere »die Priester unter den Tieren« sind. Wie die unreinen Tiere die Heiden und die reinen Tiere die Israeliten symbolisieren, symbolisieren die Opfertiere die Priester (Leviticus , S.290; vgl. S.170). Nur beim freiwilligen Dankopfer wurde eine Ausnahme gemacht ( 3Mo 22,23 ).

e

3Mo 22,26-28


Einschränkungen wurden auch bezüglich der Jungtiere gemacht. Sie durften nicht vor dem achten Tag und nicht am selben Tag wie ihre Muttertiere geopfert werden.


3Mo 22,29-30


Dieser Schluß betont sowohl die göttliche Heiligkeit als auch die göttliche Gnade (der euch aus Ägypten gebracht hat ; vgl. den Kommentar zu 5Mo 4,20 ) als Motivation für die Heiligkeit im Leben des Volkes Gottes (vgl. 3Mo 18,24-30; 19,36-37; 20,22-26 ).

 

D.Die Gesetze über die festgesetzten Feste für den Herrn
( 3Mo 23 )


Das levitische System kannte sowohl persönliche als auch nationale Anlässe für Opfer und Anbetung Gottes. Der größte Teil der Kapitel 1-7 betrifft Opfer eines einzelnen. Kapitel 23 behandelt die jährlichen Feste der ganzen Nation. Obwohl andere Abschnitte einzelne der Feste ausführlicher beschreiben (z.B. das Passafest in 2Mo 12-13 und der große Versöhnungstag in 3Mo 16 ), findet sich nirgends eine so vollständige Darstellung der Feste in der Reihenfolge des israelischen Festkalenders. Die Bestimmungen werden aus der Sicht eines normalen Israeliten gegeben. 4Mo 28-29 behandelt praktisch dieselben Feste (mit Ausnahme der Erstlingsgarbe der Ernte, 3Mo 23,9-14 ) aus der Sicht der Priester, so daß man dort eher Einzelheiten über den zeitlichen Ablauf der einzelnen Feste findet. Nachdem Israel in das Land Kanaan eingezogen war, waren die drei großen Feste des Jahres (Fest der ungesäuerten Brote mit Passa, Pfingsten, das Fest der Ernte (zur Saat) und das Fest der Lese oder Laubhüttenfest; vgl. 2Mo 23,14-17; 34,18-25; 5Mo 16,1-17 ) Anlässe zur Pilgerfahrt nach Jerusalem, weil dann »alle« männlichen Israeliten im Zentralheiligtum vor dem Herrn erscheinen sollten. Deswegen schließt die Grundbedeutung des hebräischen Wortes für Fest (hag; z.B. 3Mo 23,6.34.39; 5Mo 16,16; 2Chr 8,13 ) auch den Gedanken der Pilgerfahrt mit ein und kann mit »Pilgerfest« (Wenham, Leviticus , S.303) wiedergegeben werden. Ein anderes hebräisches Wort ( mNZED , einberufene Versammlung, festgelegte Zeit) erscheint in seiner Pluralform viermal in 3Mo 23 (V. 2.4.37.44 ).

Die genaue Zahl der jährlichen Feste, die hier aufgelistet werden, ist umstritten. Wenn man das Fest der ungesäuerten Brote (V. 4-8 ) und das Passa (V. 9-14 ) unterscheidet und die erste Garbe der Ernte (V. 9-14 ) nicht als eigenes Fest zählt, kommt man auf sechs Feste. Eine natürlicher wirkende und von dem Aufbau des Kapitels ausgehende Einteilung geht von folgenden Festen aus: a) Die Frühlingsfeste (Frühling und früher Sommer): Passafest, Fest der ungesäuerten Brote mit der Erstlingsgarbe zur Zeit der Saat (manchmal, aber zu Unrecht, als eigenständiges Fest angesehen) und 50 Tage später Pfingsten; und b) die Herbstfeste im siebten Monat: Fest des Posaunenblasens, großer Versöhnungstag und Laubhüttenfest.



1. Einführender Kommentar
(
23,1-4 )


3Mo 23,1-4


In Kapitel 23 weist der Herr sein Volk an, bestimmte Zeiten für nationale Anbetung und Opferfeiern freizuhalten. Das hebräische Wort mNZED (in Kapitel 23 immer Plural: mNZXDIm , festgelegte Feste; vgl. zum Wort die Einführung zu 3Mo 23 ) kann zwar auch den vereinbarten Ort eines Treffens bezeichnen (z.B. ?Ohel mNZED , »Zelt des Treffens«, d.h. die Stiftshütte), meint hier aber die Zeit des Treffens (V. 2.4.37.44 ). Die Erwähnung des wöchentlichen Sabbats ist eigentlich ein Einschub, weil der Rest des Kapitels ausschließlich jährliche Feste behandelt. Seine Erwähnung soll wohl daran erinnern, daß alle wöchentlichen und jährlichen Feste ein Bestandteil des umfassenden Sabbatsystems sind (vgl. 3Mo 25 ). Der Sabbat war eine Zeit der Ruhe ( 2Mo 20,8-11; vgl. 1Mo 2,1-3 ) und eine Zeit der Erinnerung an die Erlösung aus der ägyptischen Knechtschaft ( 5Mo 5,15; 3Mo 23,43 ).



2. Die Frühlingsfeste
(
23,5-22 )


Im Anschluß an die Einleitung teilt sich Kapitel 23 in zwei Teile, die jeweils mit der Formel »Ich bin der Herr, euer Gott« abschließen. Beide Abschnitte unterteilen sich jeweils wieder in zwei Unterabschnitte. Alle vier Unterabschnitte enden mit den Worten »Dies soll eine ewige Ordnung sein bei euren Nachkommen, überall, wo ihr wohnt« (V. 14.21.31.41 ).



a. Das Passafest und das Fest der ungesäuerten Brote
(
23,5-14 )


3Mo 23,5


Das Passa des HERRN sollte am Abend (wörtl.: »zwischen den Abenden«, also zwischen Sonnenuntergang und völliger Nacht oder zwischen Niedergang und Untergang der Sonne, am besten »während der Dämmerung«) des 14. Tages des ersten Monats (Abib, später Nisan genannt) gefeiert werden, um an den Auszug Israels aus Ägypten zu erinnern ( 5Mo 16,1-7 ), und dabei besonders an die Erlösung vom Tod, als der Todesengel durch Ägypten ging und die Erstgeborenen in den Häusern schonte, deren Türpfosten mit dem Blut des Passalammes bestrichen waren ( 2Mo 12,1- 13,10 ). Das Passa wurde zum ersten Mal am Sinai wiederholt ( 4Mo 9,1-5 ), fand dann aber erst wieder statt, als Israel nach Überschreiten des Jordans im verheißenen Land bei Gilgal lagerte ( Jos 5,10-12 ).



3Mo 23,6-8


Das Fest der ungesäuerten Brote für den HERRN sollte am Morgen, nachdem das Passalamm geschlachtet worden war, beginnen und sieben Tage dauern (vom 15. bis zum 21. Tag des ersten Monats). Das Fest erhielt seinen Namen in Erinnerung an die eilige Flucht aus Ägypten, als Gott befahl, keinen Sauerteig in das Brot zu tun ( 2Mo 12,14-20 ). Der erste und der letzte Tag waren als Zeitpunkt der heiligen Versammlungen festgelegt. An ihnen durfte keine Arbeit getan werden. Der Verzicht auf den Sauerteig sollte vielleicht den Bruch zwischen dem alten Brot in Ägypten und dem neuen Brot des Herrn symbolisieren, da normalerweise etwas Sauerteig von einem alten Brot dem neuen Teig hinzugefügt, diese Kontinuität nun aber unterbrochen wurde.

 

3Mo 23,9-14


Dieser Abschnitt wird von vielen auf ein drittes, eigenständiges Fest bezogen. (Die Garbe stammt offensichtlich von der Gerste, da das Fest im März/April gefeiert wurde, wenn die erste Gerste zu ernten war, während der Weizen nicht vor Juni/Juli geerntet werden kann.) Es wird eine besondere Zeremonie beschrieben (Schwenken der Garbe von Gerste vor dem Herrn), die am Tag nach dem Sabbat stattfinden sollte (V. 11 ; entweder der Tag nach dem Sabbat zu Beginn des Festes der ungesäuerten Brote, also der 16. des Monats, oder der Tag nach dem Sabbat am Ende dieses Festes, also am 21. Tag, so etwa Wenham, Leviticus , S.304). Diese Zeremonie dürfte jedoch eher als Bestandteil des Festes der ungesäuerten Brote zu verstehen sein, da sie unmittelbar in dessen zeitlichen Ablauf gehörte. Die Formel am Ende von Vers 14 erweist die gliederungsmäßige Zusammengehörigkeit des Passa, des Festes der ungesäuerten Brote und der Erstlingsgarbenzeremonie.



b. Pfingsten
(
23,15-22 )


Das Wochenfest (vgl. 4Mo 28,26; 5Mo 16,10 ) wird im NT Pfingsten genannt ( Apg 2,1; nach dem griechischen Wort pentEkostE , »der 50.«, gemeint ist der 50. Tag), weil es an dem Tag nach dem Verstreichen von sieben ganzen Wochen im Anschluß an die Zeremonie der Erstlingsgarbe ( 3Mo 23,15-16 ) gefeiert wurde. Es wurde auch »Ernte(dank)fest« ( 2Mo 23,16; vgl. 2Mo 34,22 ) und »Tag der Erstlingsfrucht« ( 4Mo 28,26 ) genannt. Als ein bäuerliches Fest im Frühsommer am Ende der Weizenernte ( 2Mo 34,22 ) war es zwar von der Zeremonie der Erstlingsgarbe unterschieden, aber doch eng mit ihr verbunden, gibt es doch keine Zeitspanne wie die 50 Tage, die die Frühlingsfeste mit Pfingsten verbindet. Pfingsten ist das einzige der drei großen Jahresfeste (vgl. 5Mo 16,1.3.6; 3Mo 23,42-43 ), das im AT nicht mit einem Ereignis der Geschichte Israels in Verbindung gebracht wird. Die jüdische Tradition hat Pfingsten allerdings später mit dem Tag, an dem Gott Mose das Gesetz am Sinai gab, in Verbindung gebracht.

3Mo 23,15-17


Im Anschluß an die genaue Zeitangabe für das Fest (V. 15-16 a) wird ein neues Speisopfer von Weizenmehl für den Herrn und als Erstlingsgabe ein Schwingopfer von zwei gesäuerten Broten beschrieben. Dies ist die einzige Zeit im Jahr, an der dem Herrn gesäuerte Brote dargebracht werden durften, auch wenn sie nicht auf dem Altar verbrannt wurden.




3Mo 23,18-20


Die Opfer für dieses Fest waren umfangreicher als diejenigen für das Fest der ungesäuerten Brote (V. 12 ). Sie bestanden aus einem Brandopfer von sieben männlichen Lämmern... einem jungen Stier und zwei Widdern zusammen mit der vorgeschriebenen Menge der Speisopfer und Trankopfer, ein Sündopfer von einem Ziegenbock und ein Dankopfer von zwei Lämmern . Ein Teil dieser Lämmer sollte zusammen mit dem Brot der Erstlingsgabe (vgl. V. 17 ) als Schwingopfer verwendet werden, das dem diensthabenden Priester als Anteil für das Ausführen der Zeremonie gegeben wurde.




3Mo 23,21


Dieser Festtag war als ein besonderer Tag für eine heilige Versammlung festgelegt, an dem keine normale Arbeit getan werden durfte. Pfingsten und alle damit zusammenhängenden Vorschriften (V. 4-14 ) sollten als ewige Ordnung für alle Nachkommen gelten.



3Mo 23,22


Die Erinnerung an die Nachlese der Ernte für die Armen scheint im ersten Moment an dieser Stelle fehl am Platz zu sein. Da jedoch die Weinlese, die erst später im Jahr stattfand, im Gegensatz zu 3Mo 19,1-10 nicht erwähnt wird, scheint diese Erinnerung wegen ihres jahreszeitlichen Zusammenhanges im Anschluß an Pfingsten eingefügt worden zu sein. So wie für die Priester durch den Anteil am Opferfleisch gesorgt wurde (vgl. 3Mo 23,20 ), wurde für die Armen durch die Nachlese der Ernte gesorgt, die für sie auf dem Feld bleiben mußte (vgl. 5Mo 14,27-29; 3Mo 16,11 ).



3.Die Herbstfeste
(
23,23-43 )


Die letzten drei festgelegten Feste des Herrn im siebten Monat (Tischri, Oktober/November) stehen am Ende des landwirtschaftlichen Jahres und vor den beiden Regenzeiten im neuen Jahr. Der siebte Monat wurde in nachexilischer Zeit im staatlichen Kalender zum ersten Monat und damit zum Jahresanfang.



a. Das Fest des Posaunenblasens
(
23,23-25 )


3Mo 23,23-25


Silberne Trompeten wurden am ersten Tag eines jeden Monats geblasen ( 4Mo 10,2.10 ). Das Blasen der Trompeten am ersten Tag des siebten Monats war darüber hinaus wohl eine Ankündigung des großen Versöhnungstages (vgl. 3Mo 23,26-32 ). Das Fest des Posaunenblasens war ein Tag der Ruhe und eine heilige Versammlung, an denen keine normale Arbeit verrichtet werden durfte und an denen dem Herrn bestimmte Opfer gebracht wurden (vgl. 4Mo 29,1-6 ).



b. Der grosse Versöhnungstag
(
23,26-32 )


3Mo 23,26-28


Der große Versöhnungstag fand am zehnten Tag des siebten Monats statt. Die wichtigsten Angaben zu diesem großen Tag wurden bereits in 3Mo 16,1-28 (und 4Mo 29,7-11 ) gemacht. Kapitel 23 behandelt nunmehr die Frage, wie sich der normale Israelit an diesem Tag zu verhalten hatte. Vers 26-28 beschreiben das Anliegen des Tages: Ihr sollt eine heilige Versammlung halten und fasten und dem HERRN Feueropfer darbringen und keine Arbeit tun . Neben dem zentralen Versöhnungsopfer ( 3Mo 16,3-28 ) wurden an dem Tag auch weiter vorgeschriebene Opfer dargebracht ( 4Mo 29,8-11 ). Das Arbeitsverbot war absolut zu verstehen (vgl. 3Mo 23,30-31 ). An diesem Tag waren nicht nur wie in anderen Fällen (z.B. V. 7 ) die normalen Arbeiten verboten, sondern anscheinend auch kleine Hausarbeiten wie das Anzünden von Feuer oder das Kochen (vgl. 2Mo 16,23-30; 4Mo 15,32-36 ).

 

3Mo 23,29-31 a


Das Wort für fasten (eigentlich »sich verneinen«, »sich versagen«, V. 32 ) umfaßt wohl auch das Fasten, darüber hinaus aber auch andere Zeichen von Trauer wie das Tragen von Sack und Asche ( Jes 58,3.5 ). Die Strafe für das Übertreten des Fastengebotes und des Arbeitsverbotes war schwer: Er wird ausgerottet werden (V. 29 ), bzw. er soll vertilgt werden (V. 30 ), worunter wohl ein direktes Gericht Gottes zu verstehen ist.



3Mo 23,31-32 (3Mo 23,31b-32)


Wiederum wird die Bedeutung des Festes als einer ewigen Ordnung (vgl. V. 21 ) betont und sein Charakter als ein Sabbat der Ruhe wiederholt.


c. Das Laubhüttenfest
(
23,33-43 )


3Mo 23,33-34


Das Laubhüttenfest war das letzte und wichtigste Fest im Jahr und dauerte sieben Tage (vom 15. bis zum 21. des siebten Monats). Das Fest war nicht nur ein Erntedankfest am Ende des landwirtschaftlichen Jahres (V. 39 ; es konnte auch »Fest der Lese« genannt werden, 2Mo 34,22; 5Mo 16,13-15 ), sondern auch zugleich eine Erinnerungsfeier an Gottes Bewahrung während der vierzigjährigen Wüstenwanderung von Ägypten nach Kanaan, als Israel in Zelten lebte (daher der Name des Festes »Zeltfest« oder »Laubhüttenfest«).



3Mo 23,35-36


Sowohl am ersten Tag als auch am achten Tag (dem Abschluß der jährlichen Feste, der den sieben Tagen des Laubhüttenfestes folgte) fand eine heilige Versammlung statt. An diesen Tagen war jede normale Arbeit verboten. Die Opfer an diesen Tagen waren die umfangreichsten und beeindruckendsten Opfer des ganzen Jahres (vgl. 4Mo 29,12-38 ).



3Mo 23,37-38


Dieser Einschub weist darauf hin, daß die Opfer und Feste des Herrn (vgl. 4Mo 28-29 ) zu den wöchentlichen Opfern für den Sabbat des Herrn und zu den freiwilligen Opfern der einzelnen Israeliten hinzutraten. Auch die Neumondopfer sind hier hinzuzurechnen ( 4Mo 28,11-15; 29,6 u.a.).



3Mo 23,39-43


Nach diesem Einschub in Vers 37-38 werden noch einmal die Kalenderangaben für das Laubhüttenfest wiederholt (V. 39 ). Es folgt die Beschreibung der besonderen Zeremonien an diesem Fest (V. 40-43 ). Die Früchte von schönen Bäumen, Palmwedel, Zweige von Laubbäumen und Bachweiden wurden wohl zum Bau der Laubhütten verwendet, in denen das Volk in Erinnerung an ihr Leben in Zelten beim Auszug aus Ägypten für sieben Tage leben sollte. Die Bedeutung des Festes wird wiederum durch den Hinweis, daß es sich um eine ewige Ordnung handelt, unterstrichen. Die Formel Ich bin der HERR, euer Gott bildet wieder den Abschluß des ganzen Gesetzes, hier des Gesetzes über die Herbstfeste im siebten Monat (vgl. V. 22 ).



4. Zusammenfassung
(
23,44 )


3Mo 23,44 : Im Gehorsam gegenüber Gottes Befehl (V. 2 ) verkündigte Mose den Israeliten die festgelegten Feste des Herrn.



E. Zeremonialgesetze und sittliche Anordnungen
( 3Mo 24 )


1. Der tägliche und wöchentliche Dienst im Zelt der Versammlung
(
24,1-9 )


Aaron und seine Söhne mußten sich im täglichen und wöchentlichen Dienst im Heiligtum der Stiftshütte um zwei untergeordnete Gegenstände kümmern, nämlich täglich um die Lampen des goldenen Leuchters (V. 2-4 ) und wöchentlich um die Vorbereitung und das Austauschen der »Schaubrote« ( 2Mo 25,30 ) auf dem goldenen Schaubrottisch ( 3Mo 24,5-9 ).

Kapitel 24 scheint auf den ersten Blick nicht ganz zwischen den Festkalender von Kapitel 23 und die Bestimmungen über Sabbat- und Erlaßjahr ( 3Mo 25 ) zu passen. Sie erinnern jedoch daran, daß Gottes Gegenwart nicht nur während einiger wichtiger Festtage von Bedeutung ist, sondern das ganze Jahr auch durch scheinbar unwichtige Gegenstände symbolisiert wird.



a. Das tägliche Herrichten der Lampen
(
24,1-4 )


Mose beschreibt das Aussehen ( 2Mo 25,31-39 ), die Konstruktion ( 2Mo 37,17-24 ) und den Aufstellungsort ( 2Mo 40,24-25 ) des goldenen Leuchters. Als Brennstoff für die Lampen wurde reines Öl aus zerstoßenen Oliven verwendet (vgl. 2Mo 27,20-21 ), das reiner und von besserer Qualität war als gekochtes Olivenöl. Die Lampen mußten ununterbrochen brennen , da sie das einzige Licht im Heiligtum darstellten.



b. Die wöchentliche Herrichtung des Schaubrottisches
(
24,5-9 )


3Mo 24,5-9


Das Brot auf dem goldenen Tisch vor dem Herrn wurde »Schaubrot« oder »Brot der Gegenwart« (Gottes) ( 2Mo 25,30 ) genannt. Dieser Abschnitt ergänzt die Anweisungen in 2Mo 25,23-30 (vgl. 2Mo 37,10-16 ), die wenig über das Brot selbst aussagen. Das Brot bestand aus 12 Laib Brot, die nach der Menge Mehl ( 3Mo 24,5 ) zu urteilen sehr groß gewesen sein müssen und in zwei Reihen auf den Tisch gelegt wurden. Neben die Brote wurde Weihrauch auf den Tisch gelegt, das an jedem Sabbat, wenn die Brote erneuert wurden und die Priester die Brote als ihren Anteil erhielten, auf dem Altar als Gedenkopfer (Erinnerungsanteil) verbrannt wurde.

 

2. Ein Fall von Gotteslästerung und das darauf folgende göttliche Gesetz
(
24,10-23 )


Dieser kurze Bericht, der neben Kapitel 8-10 den einzigen erzählenden bzw. geschichtlichen Abschnitt von 3.Mose bildet, unterstreicht, daß die Gesetze in 3.Mose in einer bestimmten geschichtlichen Situation gegeben wurden, um in geschichtlichen Situationen Weisung zu geben.



a. Gotteslästerung durch einen Halbisraeliten
(
24,10-12 )


3Mo 24,10-12


Ein Sohn aus einer Mischehe (eine israelitische Mutter und ein ägyptischer Vater) stritt sich mit einem Israeliten und lästerte den Namen des Herrn durch einen Fluch. Da das Volk nicht wußte, was zu tun war, entweder weil er ein Fremdling war oder weil das Strafmaß bisher fehlte, setzten sie ihn gefangen, bis durch den Mund des Herrn eine klare Antwort käme. Dies ist einer von vier Fällen, in denen Mose auf weitere göttliche Offenbarungen warten mußte, um einen Fall richtig behandeln zu können ( 4Mo 9,6-14; 15,32-36; 27,1-11 ).

 

3Mo 24,15-16


Das Gesetz, das auf diesen Fall zurückgeht, galt für jeden Fremdling oder Einheimischen . Die Fremden, die unter den Israeliten lebten und deswegen gewisse Segnungen des göttlichen Bundes genossen, sollten den Urheber dieses Bundes nicht lästern.

 

3Mo 24,17-22


Dieser eingeschobene Abschnitt beschreibt andere Sünden, die für Fremdlinge und Einheimische gleichermaßen verboten waren und auf die die Todesstrafe stand (V. 17.21 ). Das sogenannte lex talionis (Gesetz des Talon, d.h. der Hand: Schaden um Schaden, Auge um Auge, Zahn um Zahn ) gebietet, daß die Strafe nach der Höhe des Vergehens zu bemessen war (vgl. 2Mo 21,23-25; 5Mo 19,21 ). Dies war sowohl eine Beschränkung der Strafe, wenn man diese mit dem Strafmaß anderer altorientalischer Kulturen vergleicht, als auch eine Verhinderung zu geringer Strafen. Nur im Falle von Mord war das lex talionis wörtlich anzuwenden; sonst gab es die Höhe der Ersatzleistung an. Wer das Gesetz nur wörtlich versteht und daraufhin das AT angreift, zeigt nur seine Unkenntnis des AT. Außerdem galt das lex talionis nur für die Obrigkeit bzw. das Gericht, nicht aber für persönliche Racheakte (vgl. Mt 5,38-39 )!



c. Die Hinrichtung des Gotteslästerers
(
24,23 )


3Mo 24,23


Nach diesem allgemeineren Einschub (V. 17-22 ) und dem Gesetz über die Gotteslästerung (V. 15-16 ) kehrt der Text kurz zu dem geschichtlichen Ereignis zurück. Die Israeliten gehorchten dem durch Mose übermittelten Befehl Gottes und führten den Gotteslästerer vor das Lager und steinigten ihn .



F. Gesetze über besondere Jahre
( 3Mo 25 )


1. Das Sabbatjahr
(
25,1-7 )


3Mo 25,1-7


Wie das Volk sechs Tage arbeiten und am siebten Tag ruhen sollte, sollte das Land, auf dem es lebte, für sechs Jahre (V. 3 ) bearbeitet und im siebten oder Sabbatjahr ein Jahr in Ruhe gelassen werden (V. 4 ). In diesem siebten Jahr durfte nicht gesät, gepflügt oder geerntet werden (V. 4-5 ). Von selbst wachsende Früchte des Landes durften von jedermann außer dem Besitzer als Nahrung verwendet werden, aber es durfte keine organisierte Ernte stattfinden oder die Frucht verkauft werden (V. 6-7 ; vgl. 2Mo 23,11 ). Ein Siebtel der Zeit waren Landbesitzer und Grundbesitzlose bezüglich der Nahrungsmittelversorgung gleichgestellt. Im Sabbatjahr kam die gesamte Landwirtschaft zum Erliegen. In 5Mo 15 wird als zweite Bedeutung des Sabbatjahres das Erlassen von Schulden ( 3Mo 15,1-11 ) und das Entlassen der Sklaven genannt ( 3Mo 15,12-18 ; 2Mo 21,2-6; vgl. aber den Kommentar zu 3Mo 25,39-55 ).

 

2. Das Jubeljahr
(
25,8-55 )


Das Land Israel war Gottes Besitz und sein Volk war sein Pächter (V. 23 ). Daher durfte ein so verstandener Landbesitz nicht zur Bereicherung der einen und zur Verarmung der anderen, sei es durch Landverkauf (V. 14-17 ) oder indem sich der Besitzer als Sklave verkaufte (V. 39-55 ), mißbraucht werden. Es gab verschiedene Möglichkeiten, Land zu kaufen und wieder auszulösen (vgl. V. 23-28 ). Dieselben Regeln galten für die Freilassung eines Hebräers aus der Sklaverei, um auf seinen Landbesitz zurückzukehren (V. 41.48-55 ).



a. Bestimmungen über die Einhaltung des Jubeljahres
(
25,8-22 )


3Mo 25,8-13


Auf jedes siebte Sabbatjahr, also auf jedes 49. Jahr, sollte ein »Jubeljahr« bzw. »Erlaßjahr« oder »Jahr der Erlösung« ( yNBEl , ursprüngliche Bedeutung vielleicht »Ziegenbock« oder »Horn des Ziegenbocks«, abgeleitet von dem Horn, das zur Ankündigung des Jubeljahres geblasen wurde, wobei die LXX das Wort jedoch mit »Erlösung«, »Erlösungsjahr« wiedergab) folgen, das zwar offensichtlich am ersten Tag des siebten Monats begann, aber am zehnten Tag, also am großen Versöhnungstag (V. 9 ) durch das Blasen der Trompete verkündigt wurde. (R. North, The Sociology of the Biblical Jubilee , Rom: Pontifical Biblical Institute, 1954, S.109-112 setzt das Jubeljahr mit dem siebten Sabbatjahr, also dem 49. Jahr gleich; Wenham, Leviticus , S.319 sieht in dem Jubeljahr ein Kurzjahr von 49 Tagen, das in den siebten Monat des 49. Jahres eingeschoben wurde.)

Der Sinn des Jubeljahres war die Verkündigung der Freiheit (oder »Erlösung«) im Land mit dem vorrangigen Ziel, Familienbesitz und Familien wieder zueinanderzuführen (V. 10.13 ). Dies bedeutete, daß aller Landbesitz außer in ummauerten Städten (V. 29-30 ) an die ursprünglichen Besitzer bzw. Pächter Gottes (V. 23 ) zurückgegeben werden mußte und daß alle hebräischen Sklaven freigelassen wurden, um auf ihr Land zurückkehren zu können. Außerdem wurde dem Land nach dem siebten Sabbatjahr (dem 49. Jahr) ein weiteres Jahr der Ruhe gegönnt (V. 11-12 ; vgl. V. 4-7 ).

 

3Mo 25,14-17


Obwohl es nicht gut war, Land zu verkaufen, wurde es doch bisweilen notwendig. Der Preis sollte dann fair sein, um niemanden zu übervorteilen und auf der Grundlage der Zahl der Jahre seit dem letzten Jubeljahr , genauer nach der Zahl und dem Wert der bis zum nächsten Jubeljahr noch anfallenden Ernten berechnet werden. Es wurde also eigentlich gar nicht das Land selbst verkauft, sondern die Ernte beliehen bzw. die landwirtschaftliche Leistung des Landes verpachtet.



3Mo 25,18-22


Gott verhieß seinen Segen im Land für den Gehorsam gegenüber seinem Gesetz. Dieser Segen bestand vor allem in der Bewahrung vor Hunger und Not und Krieg (V. 19 ; vgl. 3Mo 26,3-13; 5Mo 28,1-14 ). Diese Verheißung war für die Israeliten besonders angesichts zweier Ruhejahre hintereinander wichtig ( 3Mo 25,21 ). Gott verhieß eine überreiche Ernte im sechsten Jahr, die bis zur Ernte im neunten Jahr, also im Jahr nach dem Jubeljahr, reichen sollte.

 

b. Das Verhältnis der Lösung des Landbesitzes zum Jubeljahr
(
25,23-38 )


3Mo 25,23-24


Das Land Israel gehörte eigentlich nicht dem Volk, sondern dem großen Landbesitzer Jahwe, der Teile des Landes an jeden Stamm und jede Familie weitergab (vgl. 4Mo 32; Jos 13-20 ). Dieses theologische Prinzip liegt Kapitel 25 zugrunde. Daß Gott seinem Volk die Nutzung des Landes gestattete, wurzelte in seinem Bund mit Abraham ( 1Mo 15,7; 17,8; 24,7 ; 2Mo 6,4; vgl. 3Mo 20,24; 25,2 ; 5Mo 5,16 ). Die Anweisungen für die Auslösung des Landes finden sich in diesem Abschnitt.



3Mo 25,25-28


Wenn ein Israelit verarmte und etwas von seinem Besitz verkaufte, sollte ihm sein nächster Verwandter (go�Ԥel) helfen, indem er das Land auslöste (oder »erlöste«), also zurückkaufte (vgl. Rt 3,12- Ruth 4,6; Jer 32,7-12 ). Er konnte das Land natürlich auch selbst wieder auslösen, d.h. zurückkaufen, wobei der Wert sich wieder nach dem Abstand zum Jubeljahr bemaß (vgl. V. 16.50-53 ). Geschah weder das eine noch das andere, kehrte das Land spätestens im Jubeljahr zu seinem Besitzer zurück.

 

3Mo 25,29-34


Für die Lösung des Grund- besitzes werden zwei Ausnahmen angegeben. Die Rückkehr des Grundbesitzes im Jubeljahr fand nicht statt, wenn es sich um ein Haus in einer ummauerten Stadt handelte, wobei der ursprüngliche Besitzer ein Jahr lang noch ein Rückkaufrecht besaß. Die zweite Ausnahme betraf die Leviten (die nur dies eine Mal in 3.Mose (»Leviticus«) erwähnt werden, obwohl natürlich alle Priester zu den Leviten zählten). Ihre Häuser in ummauerten Städten wie all ihr anderer Grundbesitz konnte immer gelöst werden und kehrte im Jubeljahr an den Besitzer zurück.

e

3Mo 25,35-38


Der Stolz sollte keinen Israeliten davon abhalten, jeden armen Israeliten mit derselben Gastfreundschaft aufzunehmen wie einen Fremden oder Beisassen (ein vorübergehend im Haus Wohnender). Außerdem sollte er keinerlei Zinsen irgendeiner Art von Armen fordern (V. 36-37 ), wobei Gottes Güte gegenüber seinem Volk das Vorbild war (V. 38 ).

 

c. Das Verhältnis der Lösung der Sklaven zum Jubeljahr
(
25,39-55 )


Die Sklaverei war unter dem mosaischen Gesetz gestattet, wobei allerdings die Sklaverei im AT einen völlig anderen Charakter hatte als die Sklaverei der Griechen, Römer oder der westlichen Kolonialherren. Der Ausdruck »Knecht« wird der Sache eher gerecht. Selbst heidnische Sklaven genossen einen Mindestschutz. So galt die Sabbatruhe auch für sie ( 2Mo 20,10; 5Mo 5,14 ), und sie durften nicht mißhandelt werden ( 2Mo 21,20-21; 5Mo 23,15-16 ). Als Knechte Gottes sollten die Israeliten keinem anderen Herrn dienen ( 3Mo 25,55 ). Dennoch konnten verarmte Israeliten in eine Art befristete Sklaverei eintreten, die wohl viel humaner war als Gefängnisstrafen für Schuldner. Hebräische Sklaven hatten dabei mehr Rechte als heidnische Sklaven, und die Macht der Herren wurde bei ihnen stärker eingeschränkt (V. 39-43 ), da sie weiterhin eigentlich Sklaven Gottes blieben.



3Mo 25,39-43


Ein hebräischer Sklave sollte wie ein Tagelöhner oder Angestellter und nicht mit Härte (V. 43 ) behandelt werden. Er und seine Kinder, die im Haus seines Herrn geboren wurden, mußten im Jubeljahr freigelassen werden. Sie durften nicht als Sklaven verkauft werden (V. 42 ). Laut 2Mo 21,1-11 und 5Mo 15,12-18 konnte ein hebräischer Sklave bereits nach sechs Jahren freigelassen werden, aber es ist unklar, wie dies zu den Bestimmungen über das Jubeljahr in Beziehung zu setzen ist.

 

3Mo 25,44-46


Heidnische Sklaven waren von diesen Bestimmungen ausgenommen. Sie konnten lebenslängliche Sklaven sein, wurden als Besitz behandelt und konnten vererbt werden.



3Mo 25,47-55


Ein hebräischer Sklave konnte nach ähnlichen Bestimmungen wie bei der Lösung des Grundbesitzes (V. 23-28 ) gelöst (oder »erlöst«, »freigelassen«) werden, gleich ob sein Herr ein anderer Israelit (V. 39-43 ) oder ein Fremdling oder Beisasse (V. 47-53 ) war. Im Idealfall kaufte ihn ein Verwandter frei, indem er die Schuld, wegen der er in die Sklaverei gehen mußte, bezahlte (V. 48-49 ). Wenn er zu Geld kam, konnte er sich auch selbst lösen. Geschah keines von beidem, wurde er im Jubeljahr gelöst.

Das Jubeljahr wird im AT nicht außerhalb der 5 Bücher Mose erwähnt. Es gibt im AT keinen Beleg dafür, daß es jemals praktiziert wurde. Sicher könnte das Jubeljahr so selbstverständlich gewesen sein, daß man es nicht mehr extra erwähnte. Doch die Tatsache, daß das Volk Israel während der gesamten Zeit der Könige kein Sabbatjahr hielt und in diesem Bereich völlig versagte (vgl. 3Mo 26,34-35.43; 2Chr 36,20-21 ), legt nahe, daß auch das Gesetz über das Jubeljahr nie eingehalten oder häufig übertreten wurde.



G. Die Bundessegnungen für Gehorsam und der Fluch für Ungehorsam
( 3Mo 26 )


Es war allgemein üblich, Lehensverträge im Alten Orient mit einem letzten Teil über den Segen des Gehorsams und den Fluch des Ungehorsams abzuschließen (vgl. Wenham, Leviticus , S.29-31, S.327). Das mosaische Gesetz enthält neben Kapitel 26 weitere lange Abschnitte über Fluch und Segen ( 2Mo 23,22-33; 5Mo 28; vgl. Jos 24,20 ).



1. Einführende Zusammenfassung der Grundlagen des Gesetzes
(
26,1-2 )


3Mo 26,1-2


Die völlige Hingabe an Gott und der Verzicht auf jede Form von Götzendienst und falschem Gottesdienst wurden positiv durch das Halten des Sabbats (vgl. 3Mo 23,3 ) und das Achten des Heiligtums (vgl. 3Mo 17,1-9 ) zum Ausdruck gebracht.



2. Die Segnungen für den Gehorsam
(
26,3-13 )


a. Das Geschenk des Regens und der reichlichen Ernte
(
26,3-5 )


3Mo 26,3-5


Im Gegensatz zur ständigen Wiederholung des Bedingungssatzes (z.B. »wenn ihr aber nicht gehorcht«) im Falle des Ungehorsams (V. 14.18.21.23.27 ) wird der Zustand des Gehorsams nur einmal zu Beginn des ganzen Abschnittes über den Segen erwähnt (V. 3 ). Der erste Segen schließt die Verheißung des jahreszeitlichen Regens und die sich daraus ergebende reichliche Ernte an Getreide und Früchten und ein Leben in Fülle und Frieden ein.

 

b. Das Geschenk des Friedens im Land
(
26,6-10 )


3Mo 26,6-10


Der göttliche Schutz vor wilden Tieren und dem Schwert, also angreifenden Armeen, würde zu Frieden ohne Angst, zu einer reichlichen Ernte führen. Es geht dabei um den göttlichen Segen in Erfüllung des Bundes mit Abraham (vgl. 1Mo 17,7-8 ).

 

c. Das Geschenk der Gegenwart Gottes
(
26,11-13 )


3Mo 26,11-13


Gottes andauernde Gegenwart in der Mitte seines Volkes Israel und seine sichtbare Herrlichkeit in der Stiftshütte war eine weitere Segnung für die Bundestreue des Volkes Israel (V. 11 ). Gott versprach sogar, inmitten seines Volkes zu wandeln, wie er es schon bei den Patriarchen getan hatte (vgl. 1Mo 5,22.24; 6,9; 17,1; 24,40; 48,15 ). Gottes Verkündigung seiner früheren Befreiung des Volkes Israel aus Ägypten schließt den Abschnitt über den Segen für die Bundestreue ab.

 

3. Der Fluch für den Ungehorsam
(
26,14-45 )


Wie es in Lehensverträgen im Alten Orient üblich war, ist auch hier der Abschnitt über den Fluch wesentlich ausführlicher als der über den Segen, obwohl es auch Parallelen zwischen beiden Abschnitten gibt (vgl. Wenham, Leviticus , S.328, Nr.5).

Der Bedingungssatz »Wenn ihr nicht auf mich hört« und ähnliche Formulierungen leiten die fünf Unterabschnitte der Fluchbestimmungen ein (V. 14.18.21.23.27 ). Es folgen jeweils mehrere Ankündigungen »so will ich...« (V. 16.18.21.24.28 ), die den Fluch für den Ungehorsam beschreiben (vgl. die Übersicht »Die Bundesstrafen« zu Am 4,6 ).



a. Schrecken wegen Krankheit, Hunger und Niederlage
(
26,14-17 )


3Mo 26,14-17


Die göttliche Strafe für Ungehorsam und Untreue gegenüber dem Bund bestand in körperlichen und geistigen Krankheiten, schlechten Ernten und Niederlagen durch die hereinbrechenden Feinde.



b. Trockenheit und schlechte Ernte
(
26,18-20 )


3Mo 26,18-20


Gott beschreibt die Strafen für den Fall, daß Israel dann immer noch nicht gehorcht, sehr anschaulich. Die Strafe sollte siebenmal schlimmer sein. Die Aussage: Um Stolz und Halsstarrigkeit zu brechen, will ich euren Himmel wie Eisen und eure Erde wie Erz machen, beschreibt deutlich den Regenmangel, der das Arbeiten unendlich mühsam macht (vgl. 5Mo 28,23 ).



c. Wilde Tiere
(
26,21-22 )


3Mo 26,21-22


Der weiter anhaltende Ungehorsam sollte wiederum zu siebenfältiger Strafe führen. Wilde Tiere würden Kinder und Vieh fressen, so daß die Straßen vor Angst leer würden.



d. Pest nach der Niederlage durch die Feinde
(
26,23-26 )


3Mo 26,23-26


Wenn Israel immer noch nicht gehorchen und weiterhin feindlich gegen Gott handeln würde, sollte die Strafe wiederum siebenfältig sein. Gott würde dann feindlich handeln und das Schwert der Rache wegen des Bundesbruches (vgl. Jud 1,2.11-15 ) herbeiführen. Diese Plage durch den Sieg der Feinde sollte durch die Pest auf der Flucht und in den scheinbar sicheren Städten verschärft werden.



e. Zerstörung und Vertreibung aus dem Land
(
26,27-39 )


3Mo 26,27-39


In seinem Zorn würde Gott Israel schließlich strafen, indem er sie aus dem Land vertrieb und in der Welt zerstreute. Dies würde mit den schlimmsten Schrecken des Krieges beginnen: Kannibalismus (V. 29 ), Massentötungen, Zerstörung der Städte und Heiligtümer (V. 30-31 ) und der Verwüstung des Landes (V. 32 ). (Zu den Höhen vgl. den Kommentar zu 4Mo 33,52 .) Die Zerstreuung unter die Völker würde folgen ( 3Mo 26,33 ). Als Folge davon würde sich das Land der Ruhe der Sabbatjahre erfreuen, die ihm während der Zeit von Israels Ungehorsam vorenthalten wurde (V. 34-35 ; vgl. 3Mo 25,1-7 ). Diejenigen, die das Massentöten überleben würden, sollten in Furcht im Land der Feinde leben und dort schließlich umkommen ( 3Mo 26,36-39 ).



f. Die Ankündigung der Umkehr und die Verheissung der Wiederherstellung des Bundes
(
26,40-45 )


3Mo 26,40-45


Den finsteren Aussichten in Vers 14-39 steht die Hoffnung auf die gnädige Verheißung des Herrn in Vers 40-45 gegenüber. Dort werden sie schließlich ihre Sünden und die Sünden ihrer Väter bekennen... Dann... will ich mich an meinen Bund... mit Abraham erinnern und des Landes gedenken (V. 40-42 ). Auch wenn Israel den Bund brechen würde (vgl. V. 25 ), würde Gott den Bund mit ihnen nicht brechen (V. 44 ). In seiner Bundestreue würde er eines Tages seinen Bund mit Abraham erfüllen (vgl. 1Mo 12,1-3 ), indem er den gläubigen Überrest der bußfertigen Generation Israels segnen würde, wie es dann ja auch in der Rückkehr aus Babylon geschah.



4. Zusammenfassender Schluß
(
26,46 )


3Mo 26,46


Dieser Schluß erinnert an Vers 3 und macht deutlich, daß Mose der Mittler der göttlichen Offenbarung war, die Gott schenkte, als das Volk am Berg Sinai lagerte.



H. Das Gesetz über Gelübde, Gaben und den Zehnten
( 3Mo 27 )


Da der direkte Zusammenhang von Kapitel 27 mit Kapitel 26 nicht offensichtlich ist, haben manche Kritiker Kapitel 27 für einen späteren Zusatz gehalten. Nun stehen in einer Gesetzessammlung nicht immer nur miteinander verbundene Themen hintereinander. Auch dürfen wir nicht unsere modernen Maßstäbe anlegen. Allerdings steht das Thema der Eide und Gelübde doch im Zusammenhang mit Fluch und Segen. Die Erwähnung von Gelübden in Zusammenhang mit Opfern paßt gut zu den Opfergesetzen in 3.Mose. Vor voreiligen Gelübden wird im AT häufiger gewarnt (vgl. Pred 5,4-5; 5Mo 23,22-24; Spr 20,25 ).



1. Gelübde betreffs Menschen und Tieren
(
27,1-13 )


a. Gelübde bezüglich Menschen
(
27,1-8 )


3Mo 27,1-8


Wie in früheren Kapiteln von 3.Mose wird auch hier Mose zu Beginn als Mittler des Gesetzes genannt. Der erste Abschnitt behandelt die Erfüllung eines Gelübdes, bei dem Menschen dem HERRN geweiht wurden . Dies geschah entweder durch die Zahlung einer Summe (und zwar in Lot Silber nach dem Gewicht im Heiligtum; vgl. 3Mo 27,25; 5,15 ) von entsprechendem Wert an den Schatz des Heiligtums oder indem diese Person dem Herrn ganz im Heiligtum diente (z.B. Hannas Gelübde in Bezug auf ihren Sohn Samuel, 1Sam 1,11; vgl. 2Sam 15,8; Ps 116,14-18 ).

Die Höhe der Zahlung ( 3Mo 27,3-7 ) richtete sich nach Alter und Geschlecht, nicht jedoch nach den persönlichen Bedingungen des einzelnen. Dabei richtet sich der Betrag nach der Arbeitsfähigkeit des Betreffenden, wobei wir erfahren, daß die normale Zeit der Arbeit des erwachsenen Mannes zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr, also zwischen Erwachsenwerden und Ruhestand, lag. Lediglich für Arme durfte der Betrag herabgesetzt werden (V. 8 ). Da die Summe von 50 Lot Silber für einen arbeitsfähigen Mann etwa 50 Monatslöhnen entsprach, dürfte diese Regelung wohl zur Abschreckung vor leichtfertigen Gelübden gedient haben.



b. Gelübde bezüglich Tieren
(
27,9-13 )


3Mo 27,9-13


Diese Bestimmungen betreffen Gelübde bezüglich Tieren für den Herrn, gleich ob es sich um Tiere, die als Opfer wohlgefällig waren, handelte, oder um solche, die nicht als Opfer wohlgefällig, also mit Fehlern behaftet waren oder von den Tierarten, die nicht als Opfertiere zugelassen waren, stammten. Opfertiere konnten nicht durch Geld oder andere Tiere ausgelöst werden. Andere Tiere konnten ohne Rücksicht auf den Grund ausgelöst werden, wenn ihr vom Priester angegebener Wert zuzüglich 20 Prozent gezahlt wurde. Im anderen Fall ging das Tier demnach an den Priester.



2. Weihung von Häusern und Land
(
27,14-25 )


a. Gelübde bezüglich Häusern
(
27,14-15 )


3Mo 27,14-15


Ein Haus (wohl in einer ummauerten Stadt, vgl. 3Mo 25,29-31 ) konnte dem Herrn geweiht werden. Es wurde dann als heilig abgesondert und von den Priestern genutzt. Es konnte durch die übliche Zahlung von 120 Prozent des Wertes wieder gelöst werden.

 

b. Gelübde bezüglich Grundstücken
(
27,16-25 )


3Mo 27,16-21


Das Versprechen von Grundstücken in Familienbesitz war komplizierter, da es auch das Jubeljahr betraf (vgl. 3Mo 25,23-38 ). Die Methode zur Ermittlung des Wertes des Landes begann mit der Errechnung des Wertes im Falle von 49 Ernten in den Jahren zwischen zwei Jubeljahren. Davon wurde ein Betrag entsprechend der bereits verstrichenen Jahre seit dem letzten Jubeljahr abgezogen ( 3Mo 27,17-18 ). Die Auslösung erforderte wieder eine Zahlung von 120 Prozent des Wertes (V. 19 ). Wurde der Acker nicht abgelöst, sondern verkauft, so ging er im nächsten Jubeljahr an den Herrn über und stand den Priestern zur Verfügung (V. 20-21 ).

3Mo 27,22-25


Geliehenes Land, das nicht zum Familienbesitz gehörte, ging dagegen im Jubeljahr automatisch an den ursprünglichen Besitzer zurück. Daher mußte der, der das Gelübde tat, den Wert des Grundstükkes bis zum nächsten Jubeljahr sofort zum Zeitpunkt des Gelübdes entrichten. Berechnungsgrundlage war wieder das Lot nach dem Gewicht des Heiligtums , das hier näher bestimmt wird (V. 25 ).

 

3. Andere Pflichten und Gaben
(
27,26-33 )


a. Die Erstgeburt
(
27,26-27 )


3Mo 27,26-27


Erstgeborene Tiere gehörten bereits dem Herrn ( 2Mo 13,2; 34,19-20 ) und konnten ihm daher nicht extra geweiht werden. Aber die Erstgeborenen von unreinen Tieren konnten geweiht und daher auch wieder ausgelöst werden (vgl. 2Mo 34,20 ).



b. Kein Auslösen von Gebanntem
(
27,28-29 )


3Mo 27,28-29


Alles was gebannt war ( HErem , »das, was unter dem Bann steht«, normalerweise im Zusammenhang mit »heiligen Kriegen« zur Ausrottung der Feinde; vgl. 4Mo 21,2; 5Mo 7,2; 1Sam 15,3-21 und den Kommentar zu Jos 6,21 ), konnte nicht ausgelöst werden, sondern gehörte unwiderruflich dem Herrn. Solche Gelübde bezogen sich wohl auf das ganze Volk und konnten nicht von einzelnen geleistet werden.

 

c. Der Zehnte
(
27,30-33 )


3Mo 27,30-33


Der Zehnte des Landes konnte durch die übliche Zahlung von 120 Prozent des Wertes ausgelöst werden. Dies galt jedoch nicht für den Zehnten vom Vieh.

 

4. Abschluß
(
27,34 )


3Mo 27,34


Das Buch schließt mit einem Hinweis auf den göttlichen Autor, den Bundesmittler, den Ort und die Zeit der Gesetzgebung (während die Israeliten am Sinai lagerten) und auf die Empfänger der Gesetze.

 

BIBLIOGRAPHIE


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Walvoord