Die Bibelzitate sind der Schlachterbibel, Version 2000 entnommen.
Inhaltsverzeichnis
1. Für wen ist Christus gestorben? Einführung 4
2. Begriffsdefinitionen 5
3. Eine Analyse der Schlüsselbibelstellen 6
Jesaja 53,6
Johannes 3,16
Johannes 6
1.Korinther 15,3-4
2.Korinther 5,19-20
1.Timotheus 2,6
1.Timotheus 4,10
Hebräer 2,9
2.Petrus 2,1
1.Johannes 2,2
4. Antworten auf häufig vorgebrachte Einwände
5. Die Verwendung von allumfassenden Ausdrücken
in Verbindung mit Christi Tod
Die Sprache der Bibel ganz natürlich und normal verstehen
6. Ist diese Lehre denn wirklich so wichtig?
Aufrichtigkeit bei der Predigt des Evangeliums
Gilt das Evangelium wirklich allen Menschen?
Sollten wir die Ungläubigen für ihren Unglauben loben?
Sind die Ungläubigen aufgefordert, einer Lüge zu glauben?
7. Wie calvinistisch war Calvin eigentlich?
8. Befürworter und Verteidiger der Tatsache,
dass Christus für alle gestorben ist
9. Abschliessender Aufruf
Weitere Literaturempfehlungen
4
1. Für wen ist Christus gestorben? Einführung 4
Ich bin errettet, aus Gnaden allein,
dies soll meine einz’ge Rechtfertigung sein:
Als Jesus für alle Menschen gestorben,
da hat Er auch mich dort erworben.
Aus dem Loblied: Gnade, welch ein schönes Wort
Text: S. Doddridge
„Was sagt die Schrift?“ (Röm 4,3)
„Denn dies ist gut und angenehm vor Gott, unserem Retter, welcher will, dass alle
Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein
Gott, und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Mensch Christus Jesus,
der sich selbst als Lösegeld für alle gegeben hat. Das ist das Zeugnis zur rechten Zeit“
(1Tim 2,3-6).
„Wir sehen aber Jesus, der ein wenig niedriger gewesen ist als die Engel wegen des Todesleidens,
mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt; er sollte ja durch Gottes Gnade für alle
den Tod schmecken“ (Hebr 2,9).
„Und er ist das Sühnopfer für unsere Sünden, aber nicht nur für die unseren, sondern
auch für die der ganzen Welt“ (1Joh 2,2).
Er starb für ALLE (1Tim 2,6).
Er starb für ALLE MENSCHEN (Röm 5,18; 1Tim 4,10).
Er starb für UNSER ALLER SCHULD (Jes 53,6).
Er starb für GOTTLOSE (Röm 5,6).
Er starb für CHRISTUS-LEUGNER (2Petr 2,1).
Er starb für SÜNDER (Röm 5,8).
Er starb für JEDEN MENSCHEN (2Petr 3,9).
Er starb für VIELE (Mt 20,28).
Er starb für die WELT (Joh 6,33.51; Joh 1,29; Joh 3,16).
Er starb für die Sünden der GANZEN WELT (1Joh 2,2).
Er starb für das GANZE VOLK Israel (Joh 11,50-51).
Er starb für die GEMEINDE (Eph 5,25).
Er starb für Seine SCHAFE (Joh 10,11).
Er starb für MICH (Gal 2,20).
5
Die Heilige Schrift lehrt, dass das Opferlamm Gottes
die Sünden der Welt getragen hat
(Joh 1,29)
und dass durch das Erlösungswerk des Erretters (1Tim 2,6; 2Petr 2,1) Versöhnung
(2Kor 5,19) und Sühne (1Joh 2,2) für die gesamte Menschheit vollbracht worden
ist (1Tim 4,10a).
Doch das Werk Christi am Kreuz ist allein für diejenigen wirksam und
von Nutzen, die glauben (1Tim 4,10b; Joh 3,16). Mit anderen Worten, das stellvertretende
Sterben Christi ist zur Tilgung der Sünden aller Menschen AUSREICHEND, aber es
ist nur für die Auserwählten WIRKSAM.
2. Begriffsdefinitionen
Es wird hilfreich sein, wenn wir zuerst einmal einige Begriffe definieren, die in dieser
Abhandlung verwendet werden:
Sühne: Wir verwenden diesen Ausdruck als die allgemeine Bezugnahme auf das Werk
Christi am Kreuz, mit der besonderen Betonung des stellvertretenden Sterbens Christi
für unsere Sünden.
Unbegrenzte Sühne (allumfassende Sühne, allgemeingültige Sühne): Die Lehre von
der unbegrenzten Sühne besagt, dass Christus für die Sünden aller Menschen, der gesamten
Menschheit, jeder einzelnen Person, der ganzen Welt gestorben ist. Doch die
Einzelperson profitiert – was das Heil anbelangt – nur dann von dem Tod Christi, wenn
sie im Vertrauen zu Christus kommt. Gottes Gnadengeschenk ist für alle erworben, wird
allen angeboten und gilt allen (1Joh 5,11) und doch muss es ganz persönlich im Glauben
angenommen werden (1Joh 5,12; Joh 1,12).
Begrenzte Sühne (wirksame Sühne, besondere Sühne, begrenzte Erlösung): Die Lehre
von der begrenzten Sühne besagt, dass Christus nur für die Auserwählten gestorben ist.
Er ist nicht für diejenigen gestorben, die letzten Endes in die Hölle kommen werden
(z.B. für Judas oder den Pharao).
Dies ist der dritte Punkt des Fünfpunkte-Calvinismus,
der Buchstabe „L“ [engl. „limited“, dt. „begrenzt“] von dem Akronym TULIP.
Die Auserwählten:
Wir meinen mit diesem Ausdruck die Erretteten aller Zeitalter. Der
Ausdruck umfasst jeden bzw. all jene, die letztlich im Himmel sein werden und damit zu
den Erlösten gehören (vgl.. Kol 3,12).
Die Nicht-Auserwählten: Wir verwenden diesen Ausdruck zur Bezeichnung derjenigen,
die schliesslich in der Hölle enden werden. Er bezieht sich auf diejenigen, die in
ihrem Unglauben verharren und Christus bis zu ihrem Todestag ablehnen. Sie kommen
nicht etwa in die Hölle, weil Gott sie zur Verdammnis bestimmt hat, sondern weil „sie
die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben, durch die sie hätten gerettet werden
können“ (siehe 2Thess 2,10-13). Derjenige, der im Himmel sein wird, hat dies allein
Gott zu verdanken; wogegen derjenige, der in die Hölle geworfen wird, ganz allein für
sein ewiges Los verantwortlich ist.
6
Extreme Calvinisten (Hypercalvinisten, Fünfpunkte-Calvinisten):
In dieser Abhandlung
ist der Ausdruck lediglich eine andere Bezeichnung für jene, die an eine begrenzte
Sühne glauben – also daran, dass Christus nur für die Auserwählten gestorben ist.
Anmerkung: Wir sind uns darüber im Klaren, dass sich nur wenige als „hyper“ oder „extrem“
bezeichnen würden. Die meisten halten sich für ziemlich ausgewogen. Daher bezieht sich ein
Fünfpunkte-Calvinist, wenn er den Ausdruck „Hypercalvinist“ verwendet, auf eine noch extremere
calvinistische Gruppierung, die z.B. die Ansicht vertritt, dass es nicht nötig sei, Sündern
das Evangelium zu predigen. So jemand argumentiert etwa so: Diejenigen, die Gott erwählt hat,
werden letztlich zum Glauben an Christus kommen, ob ihnen das Evangelium nun gepredigt wird
oder nicht. Als William Carey beabsichtigte in den missionarischen Dienst zu gehen, begegnete
er einmal solch einem extremen Calvinisten. Es handelte sich um einen gewissen Herrn Ryland.
Dieser wies Carey mit den folgenden Worten zurecht: „Junger Mann, nimm Platz! Du bist ein
Schwärmer. Wenn es Gott gefällt, zu den Heiden zu reden, dann wird Er das auch tun, und zwar
ohne sich vorher mit dir oder mir zu beraten.“ Doch es gab auch überzeugte Calvinisten, wie James
Morison und Richard Baxter, die jedoch, weil sie an einer unbegrenzten Sühne und an einer allgemeingültigen
Erlösung festhielten, als „niedrige Calvinisten“ abgestempelt wurden.
3. Eine Analyse der Schlüsselbibelstellen
?? Jesaja 53,6
„Wir alle gingen in die Irre wie Schafe, ein jeder wandte sich auf seinen Weg; aber der
HERR warf unser aller Schuld auf ihn.“
Der Ausdruck „wir alle“ bzw. „unser aller“ (buchstäblich „von uns allen“) kommt in
Vers 6 zweimal vor. Es ist nur folgerichtig, wenn man davon ausgeht, dass sich der
hebräische Ausdruck [kulanu], der zweimal in diesem Vers vorkommt, auf ein und dieselbe
Menschengruppe bezieht. Für wen ist Christus gestorben? Er starb für „alle“, die
verloren gegangen sind. Mit dem ersten „alle“ werden alle Menschen aufgefordert hineinzukommen
(d.h. zum Eingeständnis ihrer Schuld und ihres Eigenwillens) und mit
dem letzten „alle“ werden alle eingeladen [aus ihrer Verirrung] herauszukommen (d.h.
zur Annahme der aufgrund des Sühneopfers angebotenen Vergebung).
Das alle Menschen umfassende Ausmass von Jesaja 53,6 sehen selbst die Gegner der unbegrenzten
Sühne. John Murray verneint z.B. vehement, dass Christus für alle Menschen
gestorben ist. Und doch hat er Folgendes in Bezug auf Jesaja 53,6 geschrieben:
„Man könnte leicht etwa so argumentieren: Die Bedeutung von dem Wort „alle“ in dem
letzten Satz umfasst alle, die in die Irre gegangen sind, all jene, die sich auf ihren eigenen
Weg gewandt haben. Wenn diese Argumentation richtig ist, dann folgt daraus, dass der
HERR die Sünde aller Menschen auf Seinen Sohn gelegt hat und dass dieser zu einem
Sündopfer für alle gemacht worden ist“ (Aus einem Artikel mit dem Titel „Redemption“
[Erlösung], der in Sword and Trowel erschienen ist).
7
Dies ist genau die Schlussfolgerung, zu der auch wir gelangen. Wir bedauern, dass Murray
durch sein theologisches Gebäude dazu gezwungen ist, das Wort „alle“ in dem Sinn
„einige von uns“ aufzufassen und das trotz der klaren und unmissverständlichen Aussage,
die der Text macht.
Lasst uns Christi Tod auf die folgende Weise BEGRENZEN: Der Herr Jesus starb allein
für jene Menschen, die VERLOREN GEGANGEN SIND! Er starb nicht für jene, die
nicht verloren gegangen sind! Und daher haben wir gute Nachricht für jeden dieser Verlorenen
und zwar ohne Ausnahme: Christus starb für jeden von ihnen!
Es ist möglich, dass sich der Ausdruck „alle“ auf die Nation Israel beschränkt (Jesajas
unmittelbarer Adressat), aber es ist äusserst unwahrscheinlich, dass wir ihn noch mehr
eingrenzen dürfen, sodass er sich am Ende nur noch auf das „auserwählte Israel“ bezieht.
Viele von den Juden, denen Jesaja diente, weigerten sich zu glauben und wurden daher
nie errettet (vgl. Jes 6,9-10 und 53,1). Sie wären in das „wir alle“ eingeschlossen gewesen.
Doch wahrscheinlich ist es sinnvoller, das Wort „alle“ auf die gesamte Menschheit
zu beziehen, denn in den neutestamentlichen Bibelstellen wird Jesaja 53 auf alle Menschen
bezogen und nicht allein auf Israel (Apg 8,30-35; 1Petr 2,24-25).
?? Johannes 3,16
Obwohl Johannes Calvin lehrte, dass der Ausdruck „Welt“ in Johannes 3,16 „alle Menschen
ohne Ausnahme“ meint (siehe seinen Kommentar zu Joh 3,16), versuchen viele
von denen, die seinen Namen tragen, dieses Wort so einzugrenzen, dass es nur die Auserwählten
meint.
Im Johannesevangelium wird das Wort „Welt“ [kosmos] auf vielfältige Art und Weise
gebraucht.
In Johannes 1,10 lesen wir: „die Welt erkannte ihn nicht.“ In Johannes 3,17
wird das Wort „Welt“ dazu verwendet, um die Verlorenen zu bezeichnen. In Johannes
12,31 und 16,11 beschreibt es den Herrschaftsbereich, über welchen Satan Fürst und
Gott ist. In Johannes 14,22 wird es als ein Gegensatz zu dem Wort „uns“ (d.h. zu den
auserwählten Jüngern) verwendet: „Herr, wie kommt es, dass du dich uns offenbaren
willst und nicht der Welt?“ In Johannes 15,18-19 wird uns mitgeteilt, dass die Welt die
Gläubigen hasst (siehe auch 17,14). In Johannes 16,8-9 wird die Welt der Sünde für
schuldig erklärt, „weil sie (d.h. die Menschen der Welt) nicht an mich (Jesus Christus)
glauben“ und damit wird in diesem Bibelabschnitt das Wort „Welt“ weitgehend synonym
mit dem Ausdruck „die Ungläubigen“ verwendet. Und in Johannes 16,20 finden
wir eine jubelnde Welt, die Christus endlich losgeworden ist (vgl. Vers 19). Wenn das
Wort „Welt“ ein Synonym für „die Auserwählten“ wäre, dann müsste Johannes 17,6
wie folgt umformuliert werden: „Ich habe deinen Namen der Welt offenbar gemacht.“
Aber dies wäre genau das Gegenteil von dem, was diese Bibelstelle wirklich besagt.
Tatsache ist nämlich, dass das Wort „Welt“ in Johannes 17,9 im Gegensatz zu den Auserwählten
(„welche du mir gegeben hast“) steht und sich ganz offensichtlich auch in
8
Johannes 17,21 auf die unerrettete Welt bezieht. In Johannes 17,25 beschreibt es diejenigen,
die den Vater nicht erkannt haben – im Gegensatz zu denen, die Christus gehören.
Das ist die übliche Verwendung dieses Wortes.
Standardlexika, wie Bauer-Arndt-Gingrich, Thayer, Bullinger, Vine usw., stimmen darin
überein, dass sich das Wort kosmos (Welt), das z.B. in Johannes 3,16 verwendet wird,
auf „die Menschheit, das Menschengeschlecht“ bezieht. Dies ist die offensichtliche Bedeutung
des Wortes in diesem Kontext. Die Behauptung, dass sich das Wort kosmos in
Johannes 3,16 auf „die Welt der Auserwählten“ bezieht, klingt ziemlich konstruiert. Es
handelt sich dabei um eine Bedeutung, die weder durch den eigentlichen Text noch von
dem Kontext her gestützt wird, sondern von der eigenen Theologie erzwungen ist. Aus
diesem Grund meinte J. C. Ryle: „Es hat den Anschein, dass der Sprache Gewalt angetan
wird, wenn man das Wort Welt auf die Auserwählten beschränkt ... Die Welt meint die gesamte
Menschheit ... ohne jede Ausnahme ... Ich bin schon seit langem der Auffassung,
dass der Mensch in Bezug auf seine Aussagen mitunter systematischer sein kann als die
Bibel, und dass er aufgrund der götzenhaften Verehrung eines [theologischen] Systems
den gravierendsten Irrtümern zum Opfer fallen kann.“
Das Wort „Welt“ wird in der Bibel auf unterschiedliche Art und Weise verwendet. Nehmen
wir z.B. Johannes 12,19: „Siehe, alle Welt läuft ihm nach!“ Meint das Wort Welt an
dieser Stelle alle Menschen [ohne Ausnahme]? Nein, denn Tatsache ist, dass wir es hier
mit einem Beispiel für eine Hyperbel (eine Übertreibung) zu tun haben. Die Pharisäer hätten
genauso gut sagen können: „alle Menschen laufen ihm [Jesus] hinterher.“ Die Bedeutung
wäre die Gleiche gewesen. Ein allgemeingültiger Ausdruck wird zum Zweck einer
absichtlichen Übertreibung verwendet. In Johannes 3,16 – so sehr hat Gott DIE WELT
geliebt – wird der Ausdruck übrigens in ähnlicher Weise gebraucht. Hier schliesst das
Wort ALLE MENSCHEN ein! Der einzige Unterschied ist, dass Johannes 3,16 nicht als
Übertreibung gemeint ist. Hier ist in der Tat jeder, jede einzelne Person, also die gesamte
Menschheit gemeint.
Wie können wir aber sicher sein, welche Bedeutung das Wort „Welt“ in Johannes 3,16
hat? Lasst uns den Kontext dieser Bibelstelle nicht übersehen. Denn Johannes 3,16
kann nur dann wirklich verstanden werden, wenn man den Bericht über die erhöhte
Schlange in der Wüste aus 4. Mose 21 hinzunimmt (siehe Joh 3,14-15). Der Vergleich ist
offensichtlich. Die Israeliten wurden aufgefordert, ihren Blick auf die eherne Schlange
zu richten und jeder, der zu ihr aufblickte, blieb am Leben. Die Welt ist aufgefordert, zum
Heiland aufzuschauen, der auf das Kreuz von Golgatha erhöht worden ist, und jeder, der
vertrauensvoll seinen Blick zu Ihm emporhebt, empfängt ewiges Leben.
BEGRENZTE Gott die Anzahl der Israeliten, die zur erhöhten Schlange blicken durften?
Offensichtlich nicht! Die Einladung auf sie zu SCHAUEN richtete sich an alle, die von
den Schlangen gebissen worden waren – an alle, die dem Tod geweiht – an alle, die
hilflos und hoffnungslos waren. So wie die (erhöhte) eherne Schlange die vollkommen
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ausreichende Vorkehrung Gottes für jeden gebissenen, und damit dem Tod ausgelieferten
Israeliten war, so ist der Tod des Sohnes Gottes die vollkommen ausreichende Vorkehrung
für jeden dem Tod ausgelieferten Sünder. Kein Israelit wurde geheilt, es sei denn,
dass er zu der ehernen Schlange aufblickte. Ebenso wird auch kein dem Tod ausgelieferter
Sünder Errettung finden, es sei denn, dass er dem WERK, dem WERT und dem
WORT des Sohnes Gottes sein Vertrauen schenkt.
Wer soll zum Heiland blicken? Die WELT! Alle, die von der Sündenschlange gebissen
worden sind – alle, die sich im Tod befinden und zu Grunde gehen – alle, die hilflos und
hoffnungslos sind. All diese Menschen umfasst das Wort WELT! Der Herr Jesus starb nur
für solche, die sich verirrt haben und ohne einen Erlöser in ihren Sünden umkommen würden.
Er starb für Menschen, die sich in einem völlig hoffnungslosen und hilflosen Zustand
befinden und deren einzige Rettungsmöglichkeit das am Kreuz bereitete Heilmittel ist.
Der Begriff „jeder“ in Johannes 3,16 kann buchstäblich übersetzt werden: „jeder, der
glaubt“ bzw. „alle, die glauben“. Die Bedeutung des Ausdrucks wird auch mit den
Worten „wer auch immer“ exakt wiedergegeben. Stellen wir uns einmal einen freigebigen
Süssigkeiten-Mann vor, der an der Strassenecke steht und mit folgenden Worten
Schleckwaren verschenkt: „Jungs und Mädels, kommt her! Jeder, der eine Süssigkeit
bekommt, der bekommt ausserdem einen Gratisballon!“ Ganz gleich, wie die Kinder nun
auf jenes Angebot reagieren – haben wir es hier mit einem an alle Jungen und Mädchen
gerichteten Angebot zu tun? – Ja, das haben wir! Denn niemand, der dieses Angebot
hört, ist davon ausgenommen. Dieser Mann hätte genauso gut sagen können: „Wer auch
immer eine Süssigkeit bekommt, der bekommt ausserdem einen Gratisballon.“ Der Sinn
seiner Aussage wäre der Gleiche.
Das griechische Wort für „jeder“ finden wir in der Septuaginta (LXX) auch in
4. Mose 21,8 – „jeder, der gebissen worden ist und sie (die eherne Schlange) ansieht,
der soll nicht sterben!“ Wer auch immer auf sie blickt, der wird leben! Gott liebte die
Israeliten so sehr, dass Er eine eherne Schlange anfertigen liess, damit jeder, der auf sie
blicken würde, nicht umkommen, sondern am Leben bleiben würde. Unter denjenigen,
die an eine begrenzte Sühne glauben, scheinen sich jedoch nur wenige mit 4. Mose 21
zu beschäftigen. Es macht den Anschein, dass die Folgerungen aus dieser Bibelstelle
zu sehr auf ein allgemeingültiges Heilsangebot hinweisen. Noch einmal, Johannes 3,16
kann nur in seinem unmittelbaren Zusammenhang verstanden werden, und der unmittelbare
Kontext schliesst Vers 14 mit ein, der sich auf die Schlange in der Wüste bezieht.
„Hier [in Joh 3,14-16] spricht der Heiland von sich als von dem Antitypus der ehernen
Schlange. Die eherne Schlange wurde für all jene Israeliten aufgerichtet, die im Lager
von den Schlangen gebissen worden waren. Damit jedoch der Typus [das Vorbild bzw.
der Schatten] nicht herrlicher als der Antitypus [das Gegenbild bzw. der Körper] ist,
musste auch der Heiland für alle Sünder weltweit, die von der Schlange bzw. von der
Sünde gebissen worden sind, auf das Kreuz erhöht werden. In diesem Handeln Gottes –
10
dass Er nämlich Seinen Sohn für dich gegeben hat – kommt Gottes Liebe für dich zum
Ausdruck„ (James Morison, The Extent of the Atonement, London: Hamilton, Adams &
Co., 1882, S. 39).
Das Wort „dass“ in diesem Vers ist sehr wichtig: „So sehr hat Gott die Welt geliebt,
DASS [hoste] er seinen einzig gezeugten Sohn gab.“ Das Wort „dass“ [hoste] mit dem
Indikativ („er gab“) drückt nicht das erdachte oder beabsichtigte Ergebnis, sondern das
TATSÄCHLICHE ERGEBNIS aus (Dana und Mantey, Seite 286). Gott hat sich nicht
nur den Plan der Rettung in der Ewigkeit ausgedacht (Off 13,8), sondern Er führte diesen
Plan dann auch tatsächlich aus, durch die Hingabe Seines Sohnes am Kreuz. Gott hat
diese Welt nicht nur geliebt, sondern Er offenbarte diese Liebe auch (Röm 5,8), und zwar
durch die tatsächliche Hingabe Seines Sohnes am Kreuz für die ganze Welt (Joh 1,29;
6,51; 1Joh 2,2 u.a.).
"In Tischgespräche"
kommentiert Martin Luther Johannes 3,16 wie folgt:
Und ausserdem, wer weiss, ob ich zur Errettung erwählt bin? Antwort: Ich flehe dich an,
sieh dir die Worte [aus Joh 3,16] an und erkenne, wie Er, und von wem Er hier spricht.
Dort heisst es: „Also hat Gott die Welt geliebt“ und „auf dass jeder, der an ihn glaubt“.
Nun die „Welt“ meint nicht Petrus und Paulus allein, sondern das gesamte Menschengeschlecht,
alle Menschen zusammen genommen, sodass niemand davon ausgeschlossen
ist. Der Sohn Gottes wurde für alle gegeben. Und alle sollen an Ihn glauben, und alle,
die an Ihn glauben, werden nicht verlorengehen usw. Ich flehe dich an, fass dich an deine
eigene Nase und erkenne, ob nicht auch du zu dem Menschengeschlecht gehörst (d.h. ein
Teil dieser Welt bist) und somit, wie jeder andere Mensch auch, zu der Gesamtzahl all
jener gehörst, die das Wort „alle“ umfasst.
Einem extremen Calvinisten fällt es schwer zu verstehen, wie Gott diejenigen lieben
kann, die Er nicht erwählt hat.
A. W. Pink vertritt z.B. die Ansicht, dass es sich bei dem
reichen jungen Mann aus Markus 10 um einen der Auserwählten Gottes gehandelt haben
muss, und dass dieser schliesslich, einige Zeit nach seinem Gespräch mit dem Herrn,
errettet worden ist.
Er kommt zu diesem Schluss, weil es in der Bibel heisst, dass Jesus
diesen Mann lieb gewann (Mk 10,21). Pink kann schlicht und einfach nicht verstehen,
wie der Herr eine Person lieben sollte, die nicht auserwählt ist. Nun, die Bibel schweigt
darüber, ob der reiche junge Mann jemals errettet worden ist. Es sieht wohl eher so aus,
als sei er nicht zum Glauben gekommen. Und obwohl dieser Mann höchstwahrscheinlich
nicht errettet worden ist, so gehörte er dennoch zu den von Gott geliebten. Gott hat die
Welt so sehr geliebt, dass Er Seinen Sohn gegeben hat, um für alle Menschen zu sterben
und das schliesst auch diesen reichen jungen Mann mit ein.
11
?? Johannes 6
In Johannes 6 spricht der Herr Jesus zu einer Ihm feindlich gesonnenen und ungläubigen
Zuhörerschaft. Sie nahmen Seine Lehre nicht an (Vers 60) und wandten sich von Ihm ab
(Verse 66-67). Es ist anzunehmen, dass viele von diesen Menschen nicht in den Himmel
kommen werden. Dort lesen wir: „Aber es sind etliche unter euch, die nicht glauben.
Denn Jesus wusste von Anfang an, wer die waren, die nicht glaubten, und wer ihn verraten
würde“ (Joh 6,64).
Was sagte der Herr zu jenen ungläubigen Juden? Er sagte: „Mein Vater GIBT EUCH das
wahre Brot aus dem Himmel“ (Vers 32). Der Herr Jesus weist jene Juden darauf hin, dass
ihnen das wahre Brot aus dem Himmel, von dem Vater GEGEBEN worden ist. In Vers 33
wird dann das wahre Brot aus dem Himmel als der Herr Jesus selbst identifiziert; Er ist
derjenige, der „der Welt Leben gibt“. Gott gab Seinen Sohn, das Brot des Lebens, sogar
für solche, die nicht glaubten. (Sie hatten Ihn gesehen und doch nicht geglaubt: Vers 36.)
Dies schloss sogar Judas mit ein, der damals anwesend war.
„Ich bin das lebendige Brot, das aus dem Himmel herabgekommen ist. Wenn jemand von
diesem Brot isst, so wird er leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich geben werde, ist
mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt“ (Joh 6,51). Dieses Brot steht
ganz besonders in Verbindung mit dem Opfertod des Herrn am Kreuz (siehe auch die
Verse 54-56). Dieses Brot wurde für das Leben der Welt gegeben.
„Da stritten die Juden untereinander und sprachen: Wie kann dieser uns sein Fleisch zu
essen geben?“ (Joh 6,52). Bedenken wir, dass jene ungläubigen Juden ziemlich gut verstanden,
dass Jesus ihnen sagte, dass ihnen dieses Brot gegeben worden war, um es zu
essen. Und der Herr korrigiert sie nicht, ganz im Gegenteil, Er bestätigt ihre Worte, wenn
Er sagt (Ich möchte es einmal mit meinen Worten ausdrücken): „Ich habe euch mein
Fleisch zu essen gegeben, wenn ihr euch jedoch nicht davon nähren wollt, dann habt ihr
kein Leben in euch“ (siehe Vers 53).
Die Verse 53-58 machen die Notwendigkeit deutlich, dass ein Mensch ganz persönlich
– und zwar im Vertrauen – an dem Werk teilhaben muss, das Christus für den
betreffenden Menschen am Kreuz vollbracht hat, als Er Sein Leben gegeben und Sein
Blut vergossen hat.
Schlussfolgerung: Das wahre Brot aus dem Himmel – welches der Herr Jesus Christus
ist, und das ganz besonders im Hinblick auf Seinen Opfertod am Kreuz – wurde
für die Welt gegeben. Ja, es wurde sogar für jene ungläubigen Juden gegeben, die
diese Worte hörten (wovon die meisten ganz sicher nicht zu den Auserwählten gehörten;
von einem der Anwesenden wissen wir sogar, dass er nicht zu den Auserwählten
gehörte: Judas)! Jene ungläubigen Juden hatten begriffen, dass ihnen dieses Brot gegeben
worden war. Sie müssen das vollkommen richtig verstanden haben. Und daher
korrigiert der Herr Jesus sie auch nicht im Geringsten. Der Herr macht ihnen jedoch
12
ganz deutlich, dass das Brot, das ihnen gegeben worden war, keinen Nutzen für sie
haben würde, es sei denn, dass sie – ein jeder von ihnen ganz persönlich – sich davon
im Vertrauen ernähren würden. Die Worte des Herrn in Johannes 6 zeigen ganz unmissverständlich,
dass Christus für alle Menschen gestorben ist, dass Sein Tod jedoch
nur für diejenigen wirksam wird, die ihn im Vertrauen annehmen. Die Ungläubigen
profitieren nicht von dem, was für sie aus Gnade vollbracht und was ihnen als ein
Gnadengeschenk angeboten worden ist.
?? 1.Korinther 15,3-4
Wie lautete die Gute Nachricht, die Paulus den verlorenen Menschen predigte? Der Apostel
macht in 1.Korinther 15,1-4 den Inhalt des Evangeliums, das er predigte, sehr deutlich.
In 1.Korinther 15,3 teilt er uns den Kern der Guten Nachricht mit, „nämlich dass
Christus für unsere Sünden gestorben ist, nach den [alttestamentlichen] Schriften“. In
1.Korinther 15,1 schreibt Paulus, dass dies eben das Evangelium ist, das er den Korinthern
verkündigt hat. Als sie von Paulus das Evangelium hörten – und das versteht sich
wohl von selbst –, waren die Korinther verlorene und nicht von Gott geborene Menschen,
und daher konnte Paulus auch nicht wissen, wer von seinen Zuhörern nun auserwählt war
und wer nicht. Was er jedoch wusste, war, dass Gott in jener Stadt „ein grosses Volk“ hatte
(Apostelgeschichte 18,10). Jenen ungläubigen Korinthern – unter ihnen befanden sich
auch solche, die nie errettet werden würden – predigte Paulus das Evangelium, indem er
ihnen sagte, dass „Christus für UNSERE (für deine und meine!) Sünden gestorben ist“.
„Und so haben wir hier die von Gott inspirierte Definition, wer die Gegenstände [die
Adressaten] des errettenden Glaubens, des Evangeliums, sind. Dieses Evangelium lautet
nicht nur: „Christus ist fähig – unendlich fähig – alle vollkommen zu erretten, die durch
Ihn zu Gott kommen“, sondern es lautet, dass „Christus für UNSERE Sünden gestorben
ist nach den [alttestamentlichen] Schriften“. Manche haben es gewagt und die Behauptung
aufgestellt, dass kein Mensch – ausser nach einem langen Leben der Heiligkeit – dazu
berechtigt sei, zu sagen: „Christus starb für mich.“ Prediger haben anderen Predigern gesagt,
dass sie nicht das Recht hätten, irgendeinem Menschen zu sagen: „Christus starb für
dich.“ Es hat jedoch den Anschein, dass der Apostel Paulus von einer anderen Denkweise
gekennzeichnet war, denn er hatte keinen Skrupel in der Mitte der Korinther aufzustehen –
und das, während sie noch Heiden und Ungläubige waren –, und ihnen nicht allein unerschrocken
mitzuteilen: „Christus starb für MEINE Sünden“, sondern auch: „Christus starb
für UNSERE Sünden“ (d. h. für eure Sünden, ihr heidnischen Korinther, und für meine)
und zwar nach den Schriften“ (James Morison, The Extent of the Atonement, S. 23).
Christus ist „für unsere Sünden gestorben ... nach den Schriften“. Der Kern der Guten
Nachricht lautet: Christus ist für unsere Sünden gestorben. Diese Botschaft befindet sich
in Übereinstimmung mit den alttestamentlichen Schriften. Es gibt einen Bibelabschnitt,
der – mehr als jeder andere – das stellvertretende Sterben des Messias für unsere Sünden
herausstellt. Es handelt sich dabei um Jesaja 53. In jenem Kapitel wird uns mitgeteilt,
13
dass „unser aller“ Schuld auf Christus geworfen wurde (Vers 6). Der Tod Christi für
unsere Sünden ist den alttestamentlichen Schriften zufolge nicht auf die Sünden der Auserwählten
begrenzt, sondern hat für jeden einzelnen Menschen Gültigkeit: „Wir alle gingen
in die Irre wie Schafe, jeder wandte sich auf seinen Weg; aber der HERR warf unser
aller Schuld auf ihn“ (Jes 53,6).
In 1.Korinther 15,2 macht Paulus deutlich, dass es durchaus möglich war, dass einige
von denen, die das Evangelium gehört hatten, nicht zur Errettung ihrer Seelen geglaubt
hatten, sondern „vergeblich“ glaubten. Diese Bibelstelle macht deutlich, dass einige von
denen, die aus dem Mund des Paulus die gute Nachricht gehört hatten, dass Christus für
ihre Sünden gestorben ist, in der Hölle enden werden!
Für diejenigen, die an eine begrenzte Sühne glauben, haben die Worte des Paulus: „Christus
starb für unsere Sünden!“ eine andere Bedeutung. Sie sagen: „Paulus predigte, dass
Christus für die Sünden aller Auserwählten Gottes gestorben ist. Wir haben gute Nachrichten,
aber diese Nachrichten sind nur für solche unter den Anwesenden bestimmt, die
auserwählt sind.“ Dies steht jedoch im krassen Gegensatz zu dem herrlichen Evangelium
des ewig gepriesenen Gottes! Das Evangelium ist nicht etwa eine Botschaft, die lediglich
für die Auserwählten bestimmt ist, sondern für alle Menschen (vgl. Lk 2,10). Das Evangelium
des Paulus richtete sich an „alle Menschen überall“ (Apg 17,30). Die Tragödie ist
nicht, dass die meisten Menschen das Evangelium nicht kennen. Die eigentliche Tragödie
besteht darin, dass die meisten Menschen dem Evangelium nicht gehorchen und sich
folglich weigern, an den Einen zu glauben, der auch für sie gestorben ist (2Thess 1,8-9).
?? 2.Korinther 5,19-20
Als Botschafter Christi sollen wir allen Menschen das Wort von der Versöhnung bringen.
Wie können wir jedoch verlorene Menschen dazu auffordern, sich mit Gott versöhnen
zu lassen, wenn [das Werk Christi] für sie überhaupt keine Versöhnung möglich gemacht
hat? Wir können mit einer Botschaft der Versöhnung nur dann in die Welt hinausgehen,
wenn Gott tatsächlich die ganze Welt mit sich selbst versöhnt hat. Christi Leidenswerk
liefert die gerechte Grundlage dafür, dass Gott zur Umkehr bereite Rebellen in die Arme
schliessen kann. Wir haben für die Feinde Gottes – für alle Feinde Gottes – eine Botschaft.
Wir haben für alle gute Nachrichten! Wir haben ein Wort der Versöhnung! Wir
haben eine Botschaft der Hoffnung, weil „einer für alle gestorben ist“ (2Kor 5,14-15).
Gott ist ein Retter aller Menschen (Vers 19, „Welt“), besonders der Gläubigen. (Die Versöhnung
wird in Vers 20 allerdings auf diejenigen beschränkt, die im Glauben auf das
Werk Christi antworten.) Vergleiche 1.Timotheus 4,10.
„2.Korinther 5,19 zufolge gibt es eine Versöhnung weltweiten Ausmasses, die von Christus
allein vollkommen vollbracht wurde. Und doch macht der darauffolgende Vers deutlich,
dass es – zusätzlich zu der von Gott erwirkten allgemein gültigen Versöhnung – die Verantwortung
eines jeden einzelnen Sünders ist, sich mit Gott versöhnen zu lassen. Was Gott
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vollbracht hat, hat die Situation der Welt Gott gegenüber so sehr verändert, dass Er – in
Übereinstimmung mit den Forderungen Seiner unendlichen Gerechtigkeit – Christi Tod als
die Lösung der Sündenfrage für jeden Menschen sieht. Das Desideratum [das Erwünschte
oder der Wunsch] Gottes wird jedoch erst dann erreicht, wenn die betreffende Einzelperson,
die bereits in die Versöhnung der Welt mit einbezogen ist, sich das Werk Christi ganz
persönlich zu Eigen macht, denn Gott hat das Werk Christi ja bereits als die Lösung der
Sündenfrage für die betreffende Person angenommen. Daraus folgt, dass eine Versöhnung
erwirkt worden ist, die an sich niemanden errettet, die jedoch die Grundlage für die Versöhnung
mit jedem einzelnen Menschen ist, der zum Glauben kommen wird. Jeder, der glaubt,
ist ganz praktisch und auf ewig versöhnt und wird aufgrund des Reichtums der Güte Gottes
zu einem Kind Gottes“ (Lewis Sperry Chafer, Systematic Theology, Band III, S. 192).
?? 1.Timotheus 2,6
Dieser Vers besagt, dass Christus sich selbst als Lösegeld für alle gegeben hat. Der
Ausdruck „alle“ muss durch den Kontext definiert werden. In den Versen 1-2 werden
wir dazu aufgefordert, für alle Menschen zu beten. Nun, warum sollen wir denn für alle
Menschen beten? Weil Gott, unser Heiland, um alle Menschen besorgt ist. Gott, unser
Retter, „will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“
(Verse 3-4). Auf welche Weise hat Gott denn deutlich gemacht, dass Er tatsächlich
will, dass alle Menschen gerettet werden? Indem Er einen Mittler, der zwischen Gott
und Menschen vermitteln sollte, gesandt hat und indem sich dieser Mittler selbst als das
Lösegeld für alle gegeben hat. Eigentlich sagt der Apostel hier: „Betet für alle Menschen,
weil Gott will bzw. wünscht, dass alle Menschen gerettet werden, was daran ersichtlich
wird, dass Er für alle Menschen gestorben ist.“
Anmerkung: Reformatorische Christen sind der Ansicht, unter dem Begriff seien nicht „alle Menschen“
ohne Ausnahme zu verstehen, sondern, damit seien lediglich alle Menschen ohne Unterschied
gemeint. Daher übersetzt Jay Adams Vers 6 auch folgendermassen: „der sich selbst als
Lösegeld für alle Arten von Menschen gegeben hat“ (The Christian Counselor’s New Testament).
Und die Neue Genfer Studienbibel merkt an: „Dies ist wahrscheinlich ein Verweis auf alle Arten
von Menschen.“ Auf diese Weise versucht man hervorzuheben, dass das Wort „alle“ nicht wirklich
„alle“ meine, sondern dass es sich dabei lediglich um ein Synonym für die Auserwählten handle.
James Morison führt uns die Bedeutung dieser Bibelstelle (1Tim 2,6) besonders eindrücklich
vor Augen:
„Wie sicher jeder weiss, war Nero (der 54-68 v. Chr. regierte) zu jener Zeit der massgebliche
Herrscher, „der König“ bzw. Kaiser, den der Apostel mit eingeschlossen hat, als er
den vor uns liegenden Bibelvers niederschrieben hat. Nun, jener Nero lebte und starb als
ein Schandfleck für das gesamte Menschengeschlecht. Er war die personifizierte Summe
von allem Primitiven, Ekelerregenden, Niederträchtigen und Gottlosen. Und doch sollten
die Christen für eben diesen Nero beten; sie sollten für ihn beten, weil Gott wollte, dass
selbst dieser grauenhafte Nero errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen
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sollte. Ja, denn sogar für diesen Nero hatte Christus sich selbst als Lösegeld gegeben.
Oh wie offensichtlich ist es doch, dass „Gott die Welt so sehr geliebt hat, dass Er seinen
einzig geborenen Sohn gegeben hat, als das Lösegeld für ALLE!“ Lieber Leser, Gott liebt
dich ebenso, wie Er Nero liebte! Jesus gab sich sogar als Lösegeld für einen Nero und Er
gab sich als Lösegeld für dich. Du bist letztendlich nichts weiter als ein Miniatur-Nero,
wenn auch einer mit geringeren Machtbefugnissen. Sieh jedoch zu, dass du nicht ebenso
wie Nero, den „Reichtum Seiner Güte“ verachtest und folglich in der gleichen Verdammnis
endest wie dieser!“ (James Morrison, The Extent of the Atonement, S. 19-20).
Charles Spurgeon predigte einmal über diese Bibelstelle und verwies auf die Torheit, die
darin zum Ausdruck kommt, wenn jemand behauptet, der Ausdruck „alle Menschen“
aus 1.Timotheus 2,4 beziehe sich nicht auf die gesamte Menschheit. Sein Kommentar
ist etwas lang, und doch ist er es wert, hier zitiert zu werden. Es handelt sich dabei um
einen Auszug aus einer Predigt von Charles H. Spurgeon über 1.Timotheus 2,3-4: Gott,
unser Retter, „welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der
Wahrheit kommen“ (The Metropolitan Tabernacle Pulpit, Band 26, 1880, S. 49-50):
„Möge Gott, der Heilige Geist uns heute Abend bei unseren Überlegungen leiten, möge
er geben, dass Sünder errettet werden und bei den Heiligen [den Gläubigen] Eifer entfacht
wird.
Ich beabsichtige nicht, in polemischer Weise an den vorliegenden Bibelabschnitt heranzugehen.
Er ist wie der Eckstein eines Gebäudes. Er lässt uns auf eine andere Seite
des Evangeliums blicken, die wir im Allgemeinen nicht sehen. An dieser Stelle treffen
nämlich zwei Seiten des Gebäudes der Wahrheit aufeinander. In vielen Dörfern gibt es
Strassenecken, an denen sich die Müssiggänger und Streitlustigen treffen; und auch die
Theologie kennt derartige Ecken. Es wäre äusserst einfach, sich in die Schlachtreihen
jener Personen zu begeben und die nächste halbe Stunde eine heftige Attacke gegen diejenigen
zu reiten, die hinsichtlich bestimmter Punkte, die der vorliegende Bibelabschnitt
aufwerfen mag, anderer Meinung sind als wir. Doch ich sehe nicht, dass dies irgendeinen
Nutzen haben könnte, und da wir sehr wenig Zeit haben, und das Leben so kurz ist, sollten
wir diese Zeit besser damit verbringen, etwas zu unserer allseitigen Auferbauung zu
tun. Möge uns Gottes guter Geist vor einer streitsüchtigen Geisteshaltung bewahren und
uns dabei helfen, dass wir ganz praktisch von Seinem Wort profitieren.
Es ist ziemlich offensichtlich, dass wenn es in der Bibel heisst, dass Gott will, dass alle
Menschen gerettet werden, dies nicht bedeutet, dass besagter Wille mit der Kraft eines
Gebotes vergleichbar wäre, oder dass es sich hierbei um Gottes absoluten Vorsatz handelt,
denn, wenn dies so wäre, dann würden ohne jeden Zweifel alle Menschen gerettet
werden. Es war Gottes Wille, die Welt zu erschaffen und Er erschuf sie, aber so ist es
nicht, was die Errettung der Menschen anbelangt. Denn wir wissen, dass letzten Endes
nicht alle Menschen gerettet werden. So furchtbar diese Wahrheit auch sein mag, so
macht die Heilige Schrift doch ganz deutlich, dass es Menschen geben wird, die infolge
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ihrer Sünde und ihrer Ablehnung des Heilands der immerwährenden Strafe, bzw. jenem
Ort überliefert werden, wo das Weinen und das Zähneknirschen sein wird.
Es wird letztlich sowohl Böcke zur Linken als auch Schafe zur Rechten geben, sowohl
Unkraut, das mit Feuer verbrannt, als auch Weizen, der eingesammelt werden wird, sowohl
Spreu, die der Wind davontreiben, als auch Getreide, das abgeerntet werden wird.
Es gibt sowohl eine fürchterliche Hölle als auch einen herrlichen Himmel, und es gibt keinen
einzigen Beleg, der von dem Gegenteil spricht. Was nun? Sollen wir etwa versuchen,
dem Bibeltext eine andere Bedeutung zu geben, als die, die er ganz offensichtlich hat? Ich
werde das nicht versuchen. Euch – den meisten von euch – ist sicher bekannt, wie unsere
älteren calvinistischen Freunde diesen Bibeltext verstehen. „Alle Menschen“, so sagen sie,
„bedeutet EINIGE MENSCHEN“; als ob der Heilige Geist nicht in der Lage wäre „einige
Menschen“ zu sagen, wenn Er einige Menschen meint. „Alle Menschen bedeutet“, so sagen
sie, „einige Menschen aller Art“; als ob der Herr nicht im Stande wäre „alle Arten von
Menschen“ zu sagen, wenn Er alle Arten von Menschen meint.
Da der Heilige Geist den Apostel die Worte „alle Menschen“ schreiben liess, meint Er ohne
jeden Zweifel alle Menschen. Ich weiss nur zu gut, wie man sich gemäss besagter kritischer
Denkweise, die vor einiger Zeit ziemlich populär war, der Kraft des Wortes „alle“ entledigen
kann. Aber ich denke nicht, dass man so der Wahrheit Genüge tut. Ich habe gerade erst
die Ausführungen eines sehr fähigen Doktors der Theologie betrachtet [Spurgeon meint damit
wohl John Gill, seinen Vorgänger – Anmerkung des Verfassers]. Durch seine Auslegung
wird jener Bibeltext wegerklärt; er fährt grammatikalisches Schiesspulver auf und lässt dieses
dann mittels seiner Auslegung explodieren. Als ich seine Ausführungen las, dachte ich,
dass sie ein äusserst wichtiger Kommentar zu einem Bibeltext wären – wenn der entsprechende
Vers wie folgt lauten würde: „welcher WEDER WILL, dass alle Menschen gerettet
werden, noch dass sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.“ Wenn das die Aussage des
inspirierten Bibelverses wäre, dann hätte der Kommentar jenes gelehrten Doktors ziemlich
genau ins Schwarze getroffen. Der Bibelvers lautet jedoch: „welcher WILL, dass alle Menschen
errettet werden“, und deshalb sind seine Anmerkungen mehr als unangebracht.
Meine Liebe zur Widerspruchslosigkeit meiner lehrmässigen Auffassungen ist nicht so
gross, dass ich daraus das Recht ableiten würde, auch nur einen einzelnen Bibelvers der
Heiligen Schrift wissentlich abzuändern. Zwar habe ich eine grosse Hochachtung vor der
Orthodoxie, aber meine Ehrfurcht vor der Inspiration ist sehr viel grösser. Ich würde mir
eher hundertmal selbst widersprechen, als dem Wort Gottes. Ich habe es übrigens nie für
ein sehr grosses Verbrechen gehalten, dass ich mir gelegentlich widerspreche, denn wer
bin ich schon, dass meine Aussagen stets widerspruchsfrei sein sollten? Aber ich halte
es für ein äusserst schweres Verbrechen, Aussagen zu machen, die im Widerspruch zum
Wort Gottes stehen. Und daher möchte ich keinen Ast, ja nicht einmal einen winzigen
Zweig von einem einzigen Baum, der sich im Wald der Heiligen Schrift befindet, abbrechen.
Gott behüte mich davor, dass ich in irgendeiner Art und Weise – und sei es noch so
gering – auch nur an einem einzigen Wort der Bibel herumkürze oder herumfeile. Was
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den vorliegenden Bibeltext anbelangt, so macht dieser ganz deutlich – und so muss er
auch gelesen werden –, dass unser Heiland-Gott „will, dass alle Menschen gerettet werden
und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“.“
Will dieser Bibeltext nicht einfach den Wunsch Gottes ausdrücken, dass alle Menschen
gerettet werden? In der Tat verleiht das Wort „wünscht“ dem Originaltext genau die
Stosskraft, die er erfordert, sodass der Bibeltext auch folgendermassen wiedergegeben
werden könnte: „welcher wünscht, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis
der Wahrheit kommen“. Wenn es schon MEIN und DEIN Wunsch ist, dass es so sein
möge, so ist es noch ungleich mehr Gottes Wunsch, dass alle Menschen gerettet werden;
denn Gott ist ganz bestimmt nicht weniger wohlwollend, als wir Menschen das sind.
?? 1.Timotheus 4,10
Dies ist ein problematischer Bibelvers für diejenigen, die verneinen, dass Christus für
alle Menschen gestorben ist. Der Vers lehrt nämlich, dass Gott in einer Hinsicht der Heiland
aller Menschen ist und dass Gott in einer anderen Hinsicht, auf eine besondere Art
und Weise, allein der Heiland aller Gläubigen ist. Den Schlüssel zum Verständnis dieses
Bibelverses hat Paulus bereits in Kapitel 2 genannt. Von einem Blickwinkel her betrachtet
ist Gott der Heiland aller Menschen, denn Er hat einen Retter für alle Menschen
gesandt, der sich selbst als Lösegeld für alle gegeben hat und dies hat Er getan, weil Er
will, dass alle Menschen gerettet werden (1Tim 2,3-6). Von einem anderen Blickwinkel
her betrachtet ist Gott jedoch nur der Retter derjenigen, die tatsächlich zu der Erkenntnis
der Wahrheit kommen (1Tim 2,4) und die durch den einzigen Mittler, den Er gesandt hat,
zu Ihm, d.h. zu Gott, dem Vater kommen (1Tim 2,5). Für eine ausführliche Behandlung
von 1.Timotheus 4,10 verweisen wir auf die Abhandlung The Saviour of All Men [Der
Retter aller Menschen] von George Zeller, in welcher wir auch auf die unbefriedigenden
Argumente der extremen Calvinisten zu diesem Vers eingehen.
Johannes Calvin war der Auffassung, dass Gott der Heiland des gesamten Menschengeschlechts
ist: „Daher lasst uns daran festhalten, dass dem gesamten Menschengeschlecht
durch Christus das Heil eröffnet und angeboten worden ist ...“ (siehe Johannes Calvins
Commentary on a Harmony of the Evangelists, Matthew, Mark, and Luke, Band I, Baker
Book House Neuauflage, 1979, S. 85). In demselben Band schreibt Calvin: „... der Herr
ist der Erlöser der ganzen Welt ...“ (S. 140, Fussnote 1).
Die Verfechter einer begrenzten Erlösung erheben den folgenden Einwand: „Wenn Gott
der Heiland aller Menschen ist, warum errettet Er dann nicht tatsächlich alle Menschen?“
Die Antwort darauf ist recht einfach: Sie haben den Retter, der für sie gestorben ist,
nicht aufgenommen. Sie haben Ihn abgewiesen (Joh 1,11). Wir sollten den Verfechtern
einer begrenzten Erlösung einmal die folgenden Fragen stellen: Wie können Sünder den
Heiland ablehnen, wenn Er gar nicht wirklich zu ihrem Heiland geworden ist? Wie können
sie den Herrn, der sie erkauft hat, verleugnen (2Petr 2,1), wenn Er sie in Wahrheit
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gar nicht erkauft hat? Wie können sie das durch Christus am Kreuz vollbrachte Werk
ablehnen, wenn dieses Werk gar nicht für sie vollbracht worden ist? Wie können sie
ein Geschenk entgegennehmen, das ihnen niemals angeboten, ja sogar nicht einmal für
sie bewirkt worden ist? Und wie können wir Sünder dazu auffordern, einem Heiland
zu vertrauen, der überhaupt nichts zu ihrer Errettung getan hat? Wie können wir ihnen
die Gute Nachricht vom Heil verkündigen, wenn diese Gute Nachricht gar nicht für sie
bestimmt ist? Wie können wir einem Sünder sagen, dass „Christus für unsere Sünden
gestorben ist” (1Kor 15,3), wenn Er in Wahrheit überhaupt nicht für die Sünden jener
Person gestorben ist?
Unsere Botschaft, die Gute Nachricht, an jeden Ungläubigen lautet: „Mein Freund, du
musst wissen, dass es auch für dich einen Erlöser gibt (vgl. Lk 2,10-11). Christus starb
für dich. Er tat alles, was notwendig war, damit du gerettet werden kannst. Er bezahlte
das volle Strafmass für deine Sünden. Alles, was du nun tun musst, ist Ihn im Vertrauen
aufnehmen.“
?? Hebräer 2,9
Die Schlachter Bibel, Version 2000 übersetzt diesen Vers so: Wir sehen aber Jesus, der
ein wenig niedriger gewesen ist als die Engel wegen des Todesleidens, mit Herrlichkeit
und Ehre gekrönt; er sollte ja durch Gottes Gnade für alle den Tod schmecken.
Auch die Lutherbibel gebraucht den Ausdruck „für alle”. Die Revidierte Elberfelder
Bibel übersetzt „für jeden”, in der unrevidierten Elberfelder Bibel steht „für alles”.
Hier haben wir einen Bibelvers, den diejenigen, die an eine begrenzte Sühne glauben,
gezwungenermassen neu übersetzen müssen. Und daher gibt The Christian Counselor’s
New Testament von Jay Adams, einem reformatorischen Christen, diese Schriftstelle
auch folgendermassen wieder: „dass er ... für alle Arten von Menschen den Tod schmecken
sollte“. Dies ist ein Beispiel für das Abändern eines Bibeltextes, damit er mit der entsprechenden
Theologie übereinstimmt. Gemäss der Neuen Genfer Studienbibel bezieht
sich das Wort „jeder“ (V. 9) auf die „vielen Söhne“ von Vers 10. Dies würde bedeuten,
dass das Wort „jeder“ nicht wirklich „jeden Menschen“ meint, sondern lediglich die
Auserwählten. Nun, warum bestehen reformatorische Gelehrte auf diesem Standpunkt?
Weil ihr theologisches System es erfordert.
Der Kenner der griechischen Sprache, Dean Alford, hat die wahre Bedeutung dieses
Begriffes beschrieben: „Wenn die Frage aufkommt, warum wir an dieser Stelle das Wort
pantos (jeder) anstatt des Wortes panton (alle) finden, können wir mit Entschiedenheit
darauf verweisen, dass der Singular des Wortes die Anwendbarkeit von Christi Tod auf
jeden einzelnen Menschen viel stärker zum Ausdruck bringt, als der Plural dies tun
könnte“ (New Testament for English Readers, S. 1459). Westcott stimmt dem zu: „Christus
schmeckte den Tod nicht lediglich für alle, sondern für einen jeden Menschen“ (The
Epistle to the Hebrews, S. 46).
19
?? 2.Petrus 2,1
„Es gab aber auch falsche Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch falsche Lehrer
sein werden, die heimlich verderbliche Sekten einführen, indem sie sogar den Herrn,
der sie erkauft hat, verleugnen; und sie werden ein schnelles Verderben über sich
selbst bringen.“
Dieser bemerkenswerte Bibelvers macht deutlich, dass der Retter den Preis der Erlösung
selbst für Christus-Leugner – also für solche, die in der Hölle enden werden – bezahlt
hat. Das Wort „erkauft“ ist dasselbe Wort, das auch in 1.Korinther 6,20 und 7,23 zu finden
ist. Daraus folgt, dass es in der Hölle Ungläubige geben wird, die Christus, „der sie
erkauft hat“, zu ihren Lebzeiten, verleugnet haben! In einem bekannten Weihnachtslied
heisst es:
„Lasst uns Ihn alle mit einer Stimme erheben,
und unserm Herrn im Himmel Lobgesänge geben,
der durch Sein Blut die Menschheit erworben,
als Er am Kreuz für uns alle gestorben!“
(The First Noel, altes englisches Weihnachtslied).
Der Herr Jesus bezahlte sogar den Preis für die Sünden der Christus-Leugner, obwohl sie
nicht von dieser Zahlung persönlich profitieren werden. Denn da sie Christus ablehnten,
konnte Sein Werk am Kreuz ihrem Konto nie gutgeschrieben werden.
„Nichts, oh Sünder, kann deutlicher sein als dies: Jesus Christus hat dich mit Seinem
wertvollen Blut erkauft. Er bezahlte mit dem Preis Seines Blutes für deine Erlösung.
Und doch folgt daraus nicht zwangsläufig, dass du auch tatsächlich erlöst werden wirst.
Denn es ist durchaus möglich, dass du dir selbst den Dolch deines Unglaubens in deine
eigene Seele rammst und damit über dich „ein schnelles Verderben“ bringen wirst.
Doch in diesem Fall, wenn du verlorengehst, wird es Selbstmord sein – dann wirst du zu
deinem eigenen Mörder werden. Das Lösegeld ist für dich bezahlt, das Blut ist für dich
vergossen, das Werk ist für dich vollbracht, die Gerechtigkeit ist für dich erwirkt und die
Herrlichkeit ist für dich zum Greifen nah. Doch nun liegt es bei dir, ob du all dies im
Glauben erfasst oder nicht. Nun liegt es bei dir, ob du von der Liebe Gottes in die Arme
geschlossen werden wirst, oder ob du all diese Dinge als „ein unbegründetes Gebilde der
Fantasie“ ansiehst und dich daher selbst gewaltsam ermordest und somit deine eigene
Verdammnis bewirkst. Oh sei äusserst vorsichtig, dass du „den Herrn, der dich erkauft
hat“, nicht verleugnest!“ (James Morison, The Extent of the Atonement, S. 52)
20
?? 1.Johannes 2,2
„... er ist das Sühnopfer für unsere Sünden, aber nicht nur für die unseren, sondern auch
für die der ganzen Welt.”
Lesen Sie diesen Bibelvers einmal einem Kind vor, und es wird Ihnen sagen, dass der
Vers besagt, dass Christus für alle Menschen gestorben ist. Denn es wird davon ausgehen,
dass mit dem Ausdruck „die ganze Welt“ alle Menschen gemeint sind. Und dann
lesen Sie diesen Vers einmal einem extremen Calvinisten vor, und er wird Ihnen sagen,
dass Christus das Sühnopfer für die Sünden der auserwählten Juden ist. Ausserdem wird
er Ihnen sagen, dass Christus auch das Sühnopfer für die Sünden der auserwählten Nichtjuden
ist. Das Ganze erinnert an Matthäus 11,25.
John Murray, der bestreitet, dass Christus für alle Menschen gestorben ist, schreibt das
Folgende zu 1.Johannes 2,2: „Es gibt keinen Text in der Heiligen Schrift, der die Lehre
von der allgemeingültigen Sühne besser untermauert. ... Zugegeben, wenn die Heilige
Schrift besagte Lehre auch an einer anderen Stelle als eine biblische Lehre herausstellen
würde, dann brächten die Worte, die Johannes hier verwendet, die Lehre einer
allgemeingültigen Sühne ziemlich deutlich zum Ausdruck“ (Redemption Accomplished
and Applied, Seite 72). Weil 1.Johannes 2,2 nicht in Murrays theologisches Gedankengebäude
hineinpasst, versucht er der Bibelstelle eine andere Bedeutung zu geben – eine
andere Bedeutung – nur nicht die, die dieser Vers ganz offensichtlich hat.
Um das Fürwort „unsere“ in 1.Johannes 2,2 zu bestimmen, müssen wir die Frage stellen,
wer denn die Adressaten des Johannes sind. John Owen, ein entschiedener Verteidiger
einer begrenzten Sühne, war der Ansicht, dass der 1.Johannesbrief um ca. 46 n. Chr.
geschrieben worden ist und an jüdische Christen adressiert war. Die meisten heutigen
Bibelgelehrten vertreten jedoch die Auffassung, dass der Apostel Johannes den Brief
höchstwahrscheinlich gegen Ende seines Lebens geschrieben hat und ihn an die Gläubigen
richtete, die in Kleinasien lebten – dort, wo Johannes in seinen letzten Lebensjahren
seinen Dienst getan hat. Ganz offensichtlich bestanden jene Gemeinden in Kleinasien am
Ende des 1. Jahrhunderts sowohl aus jüdischen als auch aus nichtjüdischen Gläubigen,
wobei die Nichtjuden wohl die Mehrheit ausgemacht haben werden.
Tatsache ist, dass Johannes uns mitteilt, an wen er schreibt. In 1.Johannes 5,13 heisst es:
„Dies habe ich euch geschrieben, die ihr glaubt an den Namen des Sohnes Gottes.”
Johannes schrieb diesen Brief an Gläubige. Folglich bezeichnet er in 1.Johannes 2,2
Christus als das Sühnopfer für unsere Sünden (d.h. für die Sünden der Gläubigen), aber
nicht allein für unsere, sondern auch für die Sünden der ganzen Welt (d.h. für die Sünden
aller Ungläubigen). Dass er den Ausdruck „Welt“ auch an anderer Stelle in Bezug auf die
Ungläubigen (als ein Gegensatz zu den Gläubigen) verwendet, wird aus Johannes 14,22;
16,8-9 und 17,9.21 ersichtlich.
21
Wenn Johannes das Wort „unsere“ verwendet, verweist er nicht allein auf jüdische Gläubige,
sondern auf alle, die Christus glauben. Siehe 1.Johannes 1,9 – „unsere Sünden“
(nicht nur die jüdischen Gläubigen hatten ihre Sünden zu bekennen). Siehe auch 1.Johannes
1,10 – „wir“ bzw. „uns“ (nicht nur die jüdischen Gläubigen standen in der Gefahr,
zu sagen, dass sie nicht gesündigt hatten). Siehe auch 1.Johannes 2,1 – „wir haben
einen Fürsprecher“ (nicht nur die jüdischen Christen haben einen Fürsprecher, sondern
alle Christen). Die Behauptung, Johannes habe diesen Brief ausschliesslich an jüdische
Gläubige geschrieben, ist nicht zu belegen. Die Ausdrücke „unsere“ und „ganze Welt“
stellen ganz offensichtlich Gläubige und Ungläubige einander gegenüber.
Wir sollten besser der Bibel erlauben, auch in Bezug auf eine derart wichtige Frage ihre
eigenen Begriffe zu definieren. Wenn wir uns dazu einmal die Verwendung des Begriffes
„Welt“ im 1.Johannesbrief etwas genauer ansehen (siehe 1Joh 3,1; 3,13; 4,5; 4,9; 4,14;
und besonders 5,19), dann wird eines deutlich: Das Wort „Welt“ wird nicht in Bezug
auf auserwählte Nichtjuden gebraucht. Hierbei ist der Gebrauch dieses Wortes in 1.Johannes
5,19 besonders bedeutsam. Johannes verwendet den Ausdruck „ganze Welt“ nur
zweimal: in 1.Johannes 2,2 und 5,19. In 1.Johannes 5,19 lesen wir: „Wir [die Christen]
wissen, dass wir [die Christen] aus Gott sind, und dass die ganze Welt [die Ungläubigen]
sich im Bösen [in dem Bösen] befindet.“ Der Ausdruck hat hier die gleiche Bedeutung,
wie in 1.Johannes 2,2. Bestimmte Calvinisten sind jedoch aufgrund ihrer Theologie –
einer Theologie, die besagt, dass Christus die Todesstrafe für keinen einzigen Nicht-
Auserwählten erlitten hat – dazu gezwungen dies abzustreiten.
Fassen wir zusammen: Die in 1.Johannes 2,2 und 1.Johannes 5,19 gebrauchten Ausdrücke
meinen beide ein und denselben Gegenstand!
„uns“ bzw. „wir“ bezieht sich auf die Christen, auf solche, denen Johannes geschrieben
hat (dies schliesst sowohl jüdische als auch nichtjüdische
Gläubige ein)
„die ganze Welt“ bezieht sich auf alle Ungläubigen, die Teil des satanischen
Weltsystems sind (dies schliesst sowohl die Nicht-Auserwählten
als auch jene Nicht-Christen ein, die zukünftig auf das
Evangelium reagieren, Christus glauben und damit aus dem
Weltsystem Satans errettet werden)
Folglich lehrt 1.Johannes 2,2, dass Christus durch Seinen Tod am Kreuz die Anforderungen
der göttlichen Gerechtigkeit nicht allein für die Sünden der Gläubigen erfüllt
hat, sondern auch für die Sünden aller Ungläubigen, die Teil des satanischen Reiches
der Finsternis waren – und von denen die Mehrheit Nicht-Auserwählte waren. Die geretteten
Menschen sind nicht länger Teil „der ganzen Welt“. Manche von denen, die zur
„ganzen Welt“ gehörten, kamen zum Glauben an das Evangelium und wurden errettet.
Hier in 1.Johannes 2,2 spricht der Ausdruck „Welt“ nicht, wie in Johannes 3,16 von
22
der „gesamten Menschheit“. Der Ausdruck meint hier die „verlorene Menschheit“ im
Gegensatz zu „der geretteten Menschheit“. In diesem Sinn wird das Wort „Welt“ häufig
gebraucht (siehe Joh 17,9.21 – Christus bat nicht für die Welt, sondern für die Gläubigen;
einige von denen, die sich zu jenem Zeitpunkt noch in der Welt befanden, sollten später
durch das Zeugnis der Gemeinde zum Glauben kommen).
Jene, die die Tatsache zurückweisen, dass Christus für alle (Gläubige und Ungläubige)
gestorben ist, versuchen dies manchmal mithilfe eines Vergleichs von 1.Johannes 2,2
und Johannes 11,51-52 zu tun (siehe die Argumentation in Gary Longs Buch, Definite
Atonement, S. 95). Johannes 11,51-52 ist jedoch in Wirklichkeit ein starkes Argument
dafür, dass Christus nicht nur für die Auserwählten, sondern für alle Menschen gestorben
ist! In Vers 50 bringt der Hohepriester Kajaphas (selbst ein Ungläubiger) zum Ausdruck,
dass es besser ist, dass ein Mensch stellvertretend für das Volk (d.i. das jüdische Volk)
stirbt, damit nicht das GANZE VOLK zugrunde geht! Ganz gewiss dachte er an alle
Juden und zwar ohne Ausnahme! Wenn die Römer in Palästina einfallen würden, dann
würden sie versuchen, alle Juden ohne Ausnahme zu vernichten! Damit prophezeite der
Hohepriester – ohne sich dessen bewusst zu sein –, dass Jesus Christus für die Nation
sterben würde (Vers 51). Mit anderen Worten, Jesus starb für die gesamte Nation Israel!
Und doch starb der Messias nicht allein für alle Juden, sondern für die Sünden der
gesamten Welt. Als Folge des Todes Christi würde Gott in der Lage sein, Seine Kinder
aus aller Welt in eins zu sammeln. Damit lehrt Johannes 11,51-52, dass Christus für die
gesamte jüdische Nation gestorben ist! Und 1.Johannes 2,2 lehrt, dass Christus für die
gesamte Welt gestorben ist!
4. Antworten auf häufig vorgebrachte Einwände
?? „Christus hat für diejenigen, die Ihn ablehnen, ‚die Sündenstrafe‘
nicht bezahlt. Wenn Er dies getan hätte, dann müssten sie
nicht selbst die Strafe in der Hölle bezahlen.“
Mit diesem Einwand beschäftigt sich Dr. Charles Smith in seiner Broschüre Did Christ
Die Only For the Elect?:
„Wenn Christus für alle Menschen gestorben ist, wie kann es dann sein, dass Menschen
ihre eigenen Sünden in der Hölle bezahlen müssen ... Aufgrund des unendlichen Wertes
der Person Christi bezahlte Er eine Strafe, die alles, was die gesamte Menschheit in der
Ewigkeit bezahlen könnte, bei weitem übertraf. Er brauchte und konnte am Kreuz nicht
die exakte Lösegeldsumme zahlen. Der unendliche Gott zahlte in jenen Augenblicken
am Kreuz einen höheren Preis, als alle Menschen jemals hätten zahlen können. Er zahlte
nicht die Summe, die wir sonst hätten zahlen müssen. Nein, Er zahlte eine höhere
Summe, die nun anstelle unserer Strafe, die wir hätten zahlen müssen, unserem Konto
23
gutgeschrieben werden kann. Obwohl folglich eine [mehr als] adäquate Zahlung im Namen
von allen Menschen gemacht wurde, wird die Zahlung unserem Konto jedoch erst
dann gutgeschrieben, wenn wir im Vertrauen auf das Werk antworten, das der Heilige
Geist an unseren Herzen tut, um uns zu Gott zu ziehen“ (Seiten 13-14).
Die furchtbare Strafe, die wir aufgrund unserer Sünden verdient hatten, wurde von Christus
vollkommen bezahlt. Der Tod, den Er starb, war so hinreichend, dass die Heilige
Schrift sogar sagt, dass Christus die falschen Lehrer, die Ihn verleugnen, „erkauft“ und
den Preis für sie bezahlt hat (2Petr 2,1). Und doch ist uns das Werk Christi am Kreuz erst
von Nutzen, wenn wir es uns im Glauben ganz persönlich zu eigen machen.
Bedeutet dies, dass die Sünden einer im Unglauben verharrenden Person zweimal bezahlt
werden müssen, und zwar, einmal von Christus am Kreuz und einmal von der betreffenden
Person in einer ewigen Hölle? Nein, denn die Zahlung, die Christus zu ihren Gunsten
vorgenommen hat, wurde nie tatsächlich zu ihrem persönlichen Besitz. Das durch den
Tod Christi gezahlte Lösegeld wurde dem Konto der betreffenden Personen faktisch nie
gutgeschrieben und folglich wird ihnen auch ihre eigene Sünde angerechnet werden (vgl.
Röm 4,8 und Joh 8,24). Derjenige, der sich näher mit der Heiligen Schrift beschäftigt,
wird bemerken, dass ein Unterschied besteht zwischen der (von Christus am Kreuz)
ERWIRKTEN ERLÖSUNG und der (durch das Werk des Heiligen Geistes am Herzen
eines glaubenden Sünders) WIRKSAM GEWORDENEN bzw. ANGEWANDTEN
ERLÖSUNG. Die von Christus am Kreuz bezahlte Summe wird erst dann dem Konto
eines Sünders gutgeschrieben, wenn dieser die Summe im Glauben entgegennimmt.
Auch die extremen Calvinisten müssen zwischen dem vollbrachten Werk Christi am
Kreuz und dem Nutzen, den dieses Werk hat – wenn es am Herzen eines glaubenden
Sünders angewandt wird –, unterscheiden. Ist Christus für Saulus von Tarsus, der
die Gemeinde Gottes verfolgte, gestorben? Jeder Calvinist wird diese Frage mit JA
beantworten. Wenn Christus das volle Strafmass für die Sünden des Saulus von Tarsus
bezahlt hat, warum wurde Saulus dann nicht bereits vergeben, als er die Gemeinde noch
verfolgte? Die Antwort lautet, dass er zu jener Zeit noch im Unglauben war und dass ihm
erst mit seiner Bekehrung das am Kreuz vollbrachte Werk Christi gutgeschrieben wurde.
Menschen gehen nicht etwa deshalb verloren, weil Christus nicht für sie gestorben wäre.
Nein, Menschen gehen deshalb verloren, weil sie Christus ablehnen, der für sie gestorben
ist. Wenn Christus nur für die Auserwählten gestorben wäre, dann gäbe es nur ein
Evangelium für die Auserwählten. Doch auch für jene, die verlorengehen werden, gab
es ein Evangelium. Das Problem ist, dass sie das Evangelium, das ihnen angeboten wurde,
abgelehnt haben und daher dem Evangelium auch nicht gehorsam waren. Jene Menschen
werden nicht etwa deshalb verlorengehen, weil es für sie kein Wasser des Lebens
gegeben hat. Nein, denn aus der Quelle des lebendigen Wassers sprudelt es im Überfluss!
Jene Menschen gehen verloren, weil sie sich weigerten, von dem Wasser zu trinken!
„Wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst!“ (Off 22,17).
24
?? „Das Evangelium hat nichts mit dem Ausmass der Sühne zu
tun.“
J. I. Packer behauptet, dass das Evangelium nichts mit dem Ausmass der Sühne zu tun
hat: „Wenn man das Evangelium predigt, muss man im Bezug auf das Kreuz lediglich
sagen, dass der Tod Christi die Grundlage ist, auf der Christus Sünden vergibt. Das ist
alles, was gesagt werden muss. Es geht hierbei überhaupt nicht darum, welches Ausmass
die Sühne hat. ... Das Evangelium lautet nicht: ‚Glaube, dass Christus für die Sünden der
ganzen Welt gestorben ist und deshalb auch für deine‘.“
Im Gegensatz zu dem, was Packer schreibt, teilt uns Paulus mit, dass der Kern der Guten
Nachricht, die er den damals noch unbekehrten Korinthern gepredigt hat – unter ihnen
auch viele Nicht-Auserwählte Korinther –, folgender ist: „nämlich, dass Christus für
UNSERE SÜNDEN (meine und Ihre) gestorben ist.“ Siehe 1.Korinther 15,1-3. Wenn
dies das Evangelium ist, das Paulus gepredigt hat, sollte es dann nicht auch das Evangelium
sein, das wir predigen? Wir möchten J. I. Packer und anderen, welche die Sühne
begrenzen, folgende Frage stellen: Könnt ihr aufrichtigen Herzens zu einem Nichtchristen
sagen: „Mein Freund, ich habe Gute Nachricht für dich. Jesus Christus starb auch
für dich. Er hat die Strafe für deine Sünden bezahlt.“?
?? „Was ist mit den Bibelstellen, die den Tod Christi auf eine bestimmte
Gruppe begrenzen?“
Gewiss, es gibt Bibelstellen, die davon sprechen, dass Christus für Seine Gemeinde, für
Seine Schafe – d. h. für die, die Ihm gehören – gestorben ist. Christus hat die Gemeinde
geliebt „und sich selbst für sie hingegeben“ (Eph 5,25). Christus hat uns geliebt „und
sich selbst für uns gegeben“ (Eph 5,2). „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein
Leben für die Schafe“ (Joh 10,11). Solche Bibelstellen können jedoch nicht als Belege
dafür herangezogen werden, dass Christus nur für die Gemeinde bzw. nur für die Auserwählten
gestorben ist. Genauso gut könnte jemand aufgrund von Galater 2,20 behaupten,
dass Christus nur für den Apostel Paulus gestorben ist. Das jedoch ist absurd!
Richard Baxter schreibt in seinem Buch Universal Redemption of Mankind: „Es gibt keine
einzige Bibelstelle, die besagt, dass Christus nicht für alle Menschen gestorben ist oder
dass Christus nur für die Seinen etc. gestorben ist“ (S. 275). Es genügt also nicht, wenn
die Verfechter der begrenzten Sühne auf Bibelverse verweisen, die besagen, dass Christus
für die Gemeinde oder die Seinen etc. gestorben ist, denn das ist zweifellos wahr. Um eine
begrenzte Sühne von der Bibel her zu belegen, müssen sie Bibelverse nennen, die deutlich
machen, dass Christus nur für die Gemeinde bzw. nur für die Seinen – und für niemanden
sonst – gestorben ist. Aber derartige Aussagen sind in der Heiligen Schrift nicht zu finden.
„Sie wird aber einen Sohn gebären, und du sollst ihm den Namen Jesus geben, denn er
wird sein Volk retten von ihren Sünden“ (Mt 1,21). Dieser Bibelvers wird oft als Beleg
25
dafür angeführt, dass Christus nur für „sein Volk“ gestorben ist, denn der Vers besagt,
dass „er SEIN VOLK von ihren Sünden retten wird“. Wir müssen jedoch vorsichtig sein
und dürfen nicht vorschnell „sein Volk“ mit den Auserwählten gleichsetzen. Laut Matthäus
2,6 meint „SEIN VOLK“ nämlich nicht allein die Auserwählten, sondern das Volk
Israel. Christus kam, um die verlorenen Schafe des Hauses Israel zu erretten (Mt 10,6),
und doch weigerten sich viele dieser verlorenen Schafe, an Ihn zu glauben (Mt 10,14-15).
Ist es denn möglich, dass Gott ein Volk „SEIN EIGENTUM“ nennt und einige aus dem
Volk verhärtete Ungläubige bleiben? Diese Frage wird in Johannes 1,11 beantwortet: „Er
kam in sein Eigentum, und DIE SEINEN nahmen ihn nicht an.“ Die Mehrheit des Volkes
Gottes, die Mehrheit der Juden, hatte ihren Messias verworfen. Wir dürfen jedoch nicht
vergessen, dass die Gute Nachricht der von Gott erwirkten Erlösung für das „GANZE
VOLK“ bestimmt ist (Lk 2,10-11). Noch einmal: In einem allgemeinen Sinn hat Christus
alle Menschen errettet, denn Er ist gestorben, um die Errettung aller Menschen zu bewirken
bzw. zu ermöglichen. In einem besonderen Sinn werden jedoch nur diejenigen errettet,
die das am Kreuz vollbrachte Werk Christi im Vertrauen für sich in Anspruch nehmen.
Einige interessante Anmerkungen bezüglich Matthäus 1,21 und Lukas 2,10:
In seinem Kommentar zu Matthäus 1,21 versteht Calvin – im Gegensatz zu fast allen
„Calvinisten“ – unter dem „Volk“, das Jesus „von ihren Sünden“ retten würde, nicht die
Auserwählten, sondern die jüdische Nation (siehe Calvins Kommentar zu den synoptischen
Evangelien, eines seiner letzten Werke, das erstmals im Jahr 1563 herausgegeben
wurde. (Calvin starb ein Jahr später im Alter von 54 Jahren.)
In diesem Zusammenhang ist auch Calvins Kommentar zu Lukas 2,10 von Interesse.
Er glaubte nämlich, dass „das ganze Volk“ nicht allein die auserwählten Juden, sondern
das gesamte jüdische Volk, ja letztlich „die gesamte Menschheit“ meint. Hier sein Kommentar:
„Gott lädt alle Menschen ohne Unterschied durch Sein Evangelium ein, sich
erretten zu lassen. Dass nur wenige in den Genuss Seines allen Menschen angebotenen
Gnadengeschenks kommen, liegt in der Undankbarkeit der Welt begründet. Auch wenn
sich daher diese Freude letztlich nur auf wenige beschränken wird, so ist sie, was Gott
anbelangt, dennoch für alle Menschen bestimmt gewesen. Als der Engel verkündigte,
dass diese Freude dem ganzen Volk galt, meinte er nur das auserwählte Volk. Nun jedoch,
da ‚die Scheidewand des Zaunes‘ (Eph. 2,14) abgebrochen worden ist, bezieht sich
besagte Bibelstelle auf das gesamte Menschengeschlecht“ (Commentary on a Harmony
of the Evangelists, Matthew, Mark, and Luke von Johannes Calvin, Band I, Baker Book
House, Neuauflage 1979, S. 115-116).
?? „Christus starb für alle Menschen OHNE UNTERSCHIED,
aber Er starb nicht für alle Menschen OHNE AUSNAHME.“
Auf diese spitzfindige Art und Weise können diejenigen, die an eine begrenzte Sühne
glauben, zum Ausdruck bringen, dass Christus für alle Menschen gestorben ist, obwohl
26
sie letztlich nicht meinen, dass Er tatsächlich für alle gestorben ist. Wenn sie sagen, dass
Christus für alle Menschen OHNE UNTERSCHIED gestorben ist, so meinen sie, dass
Christus für alle Arten von Menschen gestorben ist. Er starb für die (auserwählten) Männer
und die (auserwählten) Frauen. Er starb für die (auserwählten) Sklaven und die (auserwählten)
freien Menschen. Er starb für die (auserwählten) Juden und die (auserwählten)
Nichtjuden. Aber sie bestehen darauf, dass Christus nicht für alle Menschen ohne Ausnahme
gestorben ist, weil sie ganz einfach daran glauben, dass Er nur für die Auserwählten
gestorben ist. Hebräer 2,9 lehrt jedoch, dass Christus für alle Menschen ohne Ausnahme
gestorben ist. Und Jesaja 53,6 lehrt, dass auf Ihn unser aller Schuld geworfen worden ist!
?? „Christus starb für alle Menschen, aber Sein Tod ist für die
Nicht-Auserwählten nur von zeitlichem Nutzen,
denn Er hat ihre Sündenstrafe nicht wirklich bezahlt.“
Dies ist die Position von John MacArthur1 und anderen. Auf diese Art und Weise kann
man sagen, dass Christi Tod für alle ist, ohne jedoch wirklich zu meinen, dass Er tatsächlich
die Strafe der Sünde für alle Menschen bezahlt hat. John MacArthur glaubt
nicht, dass Christus als Stellvertreter für alle Menschen gestorben ist: „Er [Christus]
bezahlte ‚die Sündenstrafe nicht‘ für jene, die ihn ablehnen, denn, wenn Er das getan
hätte, dann müssten sie für ihre Sünde wohl kaum selbst in der Hölle bezahlen. ... Die
Sühne ist insofern begrenzt, dass Christus nur der Stellvertreter derjenigen geworden ist,
die an Ihn glauben“ (aus einem Brief von Dave Swavely, persönlicher Assistent von John
MacArthur, der im Namen von John MacArthur schreibt, 20.03.1996). Dies bedeutet,
dass Christus nicht als der Stellvertreter für jene gestorben ist, die an ihrer Ablehnung
Ihm gegenüber festhalten (d.h. für die Nicht-Auserwählten).
MacArthur lehrt (auf der obenerwähnten Audio-Kassette)1, dass der Tod Christi allen
Menschen gilt. Allerdings profitieren die Nicht-Auserwählten von Christi Tod nur zeitlich
gesehen (z. B. werden sie nicht augenblicklich gerichtet; profitieren sie von dem
Regen und der Sonne; sind sie Teilhaber der „allgemeinen Gnade“ usw.). Lediglich die
Auserwählten haben tatsächlich einen bleibenden Nutzen von dem Tod Christi, denn
allein ihr Sündenkonto wird buchstäblich beglichen.
In dem obenerwähnten Brief beschreibt Swavely MacArthurs Position wie folgt: „Er
[Christus] bezahlte die Strafe der Sünden nicht für jene, die Ihn ablehnen ... aber die
indirekten Folgen Seines Opfers gehen über den Hauptzweck, nämlich die Auserwählten
zu erretten, hinaus. Alle Geschöpfe Gottes, einschliesslich jener Frauen und Männer, die
Gott auf Dauer ablehnen, haben sehr viel Nutzen von dem Tod Christi. Da ist nicht zuletzt
das Leben selbst. Nachdem Adam und Eva gesündigt hatten, hätte Gott die Welt mit
1 siehe Audio-Kassette GC 56-19, Saving Grace - Teil 2, Titus 2,11, von GRACE TO YOU,
P.O. Box 4000, Panorama City, CA 91412, USA
vgl. auch Die Liebe Gottes, Betanien Verlag
27
Recht augenblicklich zerstören können. Er liess sie jedoch gnädigerweise gedeihen und
hielt sie durch Seine Hand über Tausende von Jahren aufrecht. ... Und daher glaubt John
[MacArthur], dass selbst die Nicht-Auserwählten unter die positiven Auswirkungen des
Sühnewerkes Christi gekommen sind. ... Folglich ist einerseits die Sühne begrenzt, und
zwar in der Hinsicht, dass Christus nur für jene zum Stellvertreter geworden ist, die an
Ihn glauben. Andererseits ist die Sühne unbegrenzt, denn die bewirkten Segnungen sind
für die gesamte Schöpfung zum Nutzen.“ Welchen Nutzen haben diese „zeitlichen Segnungen“
für die Nicht-Auserwählten? Wäre es denn nicht für den Nicht-Auserwählten
besser gewesen, wenn Gott diese Welt unmittelbar, nachdem Adam und Eva in Sünde
gefallen waren, zerstört hätte? Der Herr Jesus sagte zu Judas, dass es für ihn besser sei,
wenn er nie geboren worden wäre. Dies trifft in einem gewissen Sinn auch auf alle zu,
die an ihrem Unglauben festhalten. Es ist besser, überhaupt nicht geboren zu werden, als
die Ewigkeit im Feuersee [d.h. in der Hölle] zubringen zu müssen.
Wenn John MacArthur lehrt, dass Christus für alle Menschen gestorben ist (wobei er
Verse wie Joh 3,16; Hebr 2,9; 1Tim 2,6 u.a. heranzieht), dann meint er eigentlich nur,
dass es zeitliche Segnungen gibt, die dem Nicht-Auserwählten von Nutzen sind. Er
meint nicht, dass Christus die Strafe der Sünde für die Nicht-Auserwählten bezahlt hat.
Gemäss der Audio-Kassette GC 56-19 und Swavelys Brief zufolge glaubt und lehrt John
MacArthur, dass Christus lediglich für die Sünden der Auserwählten stellvertretend gestorben
ist. Diese Lehre steht übrigens im Widerspruch zu dem Glaubensbekenntnis der
IFCA [Independant Fundamental Churches of America], die John MacArthur mitunterschrieben
hat, und in der es heisst: „Wir glauben, dass der Herr Jesus Christus am Kreuz
als stellvertretendes Opfer für die gesamte Menschheit gestorben ist.“
Der Herr Jesus hat die vollkommene und ewige Rettung aller Menschen erwirkt. Es ist
Sein Wille, dass alle Menschen, nicht allein für diese Zeit, sondern auf alle Ewigkeit
gerettet werden (1Tim 2,4). Um dies zu ermöglichen, bezahlte Er das Lösegeld, und
zwar für die Sünden der gesamten Welt. Allerdings gelangt der Sünder nur dann in den
Besitz dieser ewigen Segnungen, wenn er auf den Herrn Jesus Christus sein Vertrauen
setzt. Erst dann bekommt er das, was Christus auch für ihn auf Golgatha vollbracht hat.
?? „Wenn Christus für alle gestorben wäre, dann wäre sein Opfer
in Bezug auf die Nicht-Auserwählten vergeblich. Es hätte für sie
nichts bewirkt.“
Wenn der Tod Christi bei einer Person nichts anderes bewirken kann, dann besiegelt er
deren Verurteilung und zwar deshalb, weil diese Person ihren Erretter zurückgewiesen
hat. Ein Mensch wird nur deshalb verurteilt werden, weil er die Person und das Werk
Jesu Christi nicht im Glauben angenommen hat (Joh 3,18) und sich damit geweigert hat,
Gottes einziges Heilmittel gegen seine Sünde in Empfang zu nehmen (Joh 5,40). Kein
Mensch wird jemals behaupten können, dass es für ihn kein Mittel zur Errettung gege28
ben habe, bzw. dass ihm dieses Mittel nicht angeboten worden sei. Er hat sich schlicht
und einfach geweigert, das Geschenk anzunehmen, das Gott ihm in Seinem Sohn geben
wollte. Und so wird der betreffende Mensch nicht etwa deshalb verlorengehen, weil es
keinen Heiland für ihn gegeben hat. Nein, sondern er geht verloren, weil er den Heiland,
der auch für ihn das Werk vollbracht hat, zurückgewiesen hat.
„Aus der Sichtweise einer begrenzten Versöhnung haben sich die Nicht-Auserwählten der
Ablehnung Christi nicht schuldig gemacht, denn für sie hat es ja überhaupt keinen Christus
gegeben, den sie hätten zurückweisen können; aus der Sichtweise der unbegrenzten
Versöhnung hingegen – welche wir für die biblische halten – hat sich der Mensch vor
Gott schuldig gemacht und wird somit aufgrund seiner willentlichen Verwerfung Christi
gerichtet und verurteilt werden“ (Lightner, S. 130).
?? „Wenn Christus für alle gestorben wäre, dann wäre Sein Tod für
die Nicht-Auserwählten umsonst gewesen. Denn durch Seinen
Tod hätte niemals ihre Errettung erwirkt werden können.“
Gott hat sich sehr um diejenigen bemüht, die Ihn letzten Endes ablehnen werden, und
doch sind Seine Liebesbemühungen nicht vergeblich gewesen. Die Güte, Geduld und
Langmut, die Gott den ungläubigen Menschen gegenüber erwiesen hat, hätte sie zur Umkehr
bewegen sollen (Röm 2,4), doch leider erweisen sich Gottes Bemühungen in vielen
Fällen nicht als erfolgreich. Auch wenn Gott vor der Flut mit den ungläubigen Menschen
rechtete (1Mo 6,3), wurden sie dennoch von den damaligen Wassermassen begraben.
Aber das damalige Ringen Gottes um jene Menschen war nicht vergebens. Wenn auch die
Apostel und Jünger des Herrn zur Zeit der christlichen Urgemeinde die Gute Nachricht
der ganzen Schöpfung verkündigten (Mk 16,15), verwarf dennoch die grosse Mehrheit
ihre Botschaft, ja mehr noch, sie verfolgten Gottes Boten sogar mit Gewalt. Waren dies
vergebliche Liebesmühen? In Johannes 6 wurde der Herr von seinen Nachfolgern verlassen;
eine Ausnahme bildeten lediglich seine 12 Jünger, und selbst unter diesen Männern
sollte sich noch ein Verräter befinden! Je mehr der Herr Jesus predigte, desto mehr
Menschen verliessen ihn und folgten ihm von da an nicht länger nach. Bedeutet dies,
dass seine Predigt vergebens war? Nein, denn Gläubige sind nicht allein ein Geruch „des
Lebens zum Leben“, sondern auch ein Geruch „des Todes zum Tode“ (2Kor 2,14-16).
Der Gläubige soll nicht nur solchen zum Zeugnis sein, die errettet werden, sondern auch
solchen, die verlorengehen. Und ein derartiges Zeugnis ist ganz bestimmt nicht nutzlos
oder überflüssig. Ein derartiges Zeugnis ist ein Gott wohlgefälliges Zeugnis.
In Gottes Schöpfung gibt es zahlreiche Beispiele von Dingen, die sinnlos erscheinen, doch
in Wirklichkeit Teil des vollkommenen Planes Gottes mit dieser Welt sind. Unzählige
Blumen wachsen und blühen und doch bekommt nie ein menschliches Auge ihre Schönheit
zu Gesicht. „Zu welchem Zweck gehen Regenfälle nicht auf Feldern nieder, die das
Wasser so dringend brauchen, um Früchte hervorbringen zu können, sondern ergiessen
29
sich über die Weltmeere bzw. über die Wüste? Zu welchem Zweck verrotten Millionen
von ungegessenen Äpfeln, verdorren Milliarden unverfütterter Grasbüschel? Zu welchem
Zweck gehen unzählige medizinische Kräuter ungenutzt ein? Sind all diese Dinge wirklich
vergeblich und ziellos, nur weil die Regengüsse ganz offensichtlich keine Frucht hervorbringen,
nur weil das nahrhafte Obst nicht gegessen wird und die Heilkräuter nicht zu
medizinischen Zwecken benutzt werden?“ (The Extent of the Atonement, S. 89). Nein, das
sind sie nicht, ebenso wenig ist es der Tod Christi: Auch er war nicht vergeblich – auch
wenn die grosse Mehrheit der Menschen ihre Verachtung darüber zum Ausdruck bringt,
auch wenn sie darüber spottet, ja, ihn sogar als Torheit ansieht. Der Tod Christi war nicht
fruchtlos!
„Gott hat Seine Absichten nicht lediglich geheimnisvoll angedeutet. Nein, Er hat uns Seinen
Plan mitgeteilt, die Menschheit mittels des Todes Christi und mittels der Predigt vom
Kreuz in eine neue Stellung zu bringen. Er hat einen Weg eröffnet, auf dem alle Menschen
errettet werden können, indem Er Seinen Sohn gegeben hat, auf dass dieser für alle Menschen
Sein Leben lassen sollte. Und nun lädt Er alle ein, nun gebietet Er allen, nun mahnt
Er alle, nun bittet Er alle Menschen inständig, zu Ihm zu kommen. Und selbst dann, wenn
nicht alle diesem Aufruf Folge leisten, so wird doch die Herrlichkeit Seiner grenzenlosen
Liebe gross gemacht und auf eine aussergewöhnliche Art und Weise geoffenbart, und
zwar aufgrund der blossen Tatsache, dass nach Gottes Willen kein einziger Mensch vom
Heil ausgeschlossen ist – wenn aber doch, so ist es einzig und allein aufgrund der Torheit
der betreffenden Person (James Morison, The Extent of the Atonement, S. 89).
Gott hat alle Menschen (keiner ist davon ausgenommen!) mit Seiner erlösenden Liebe – die
Er am Kreuz dokumentiert hat – überschüttet. Wie äusserst tragisch ist es da, dass es solche
geben wird, für die Christus zwar gestorben ist und die dennoch verlorengehen. Aber der
Grund dafür ist nicht etwa, dass Christus nicht für sie gestorben wäre, bzw. dass ihnen das
Geschenk der Erlösung nicht angeboten wurde. Nein, der Grund ist, dass sie das Geschenk
nicht angenommen, sondern stattdessen die ihnen entgegengebrachte Liebe mit Füssen
getreten haben. „Oh wunderbare Gnade Jesu, die sich zu allen Verlorenen ausstreckt“!
?? „Wenn Christus die Sündenlast von jedem Menschen getragen
hätte, dann müsste die Errettung aller Menschen das Ergebnis
sein.“
Boettner hat diesen Gedanken folgendermassen ausgedrückt: „Eine alle umfassende
Erlösung bedeutet eine alle umfassende Errettung“ (The Reformed Doctrine of Predestination,
S. 156). Extreme Calvinisten behaupten, dass Christus jeden, für den Er
gestorben ist, auch erretten wird.
„Wenn Christus für alle Menschen gestorben ist, dann werden auch alle Menschen errettet.“
Lasst uns kurz die Logik dieser Aussage bedenken. Dies wäre, als würde man
sagen: „Wenn erst einmal Medizin für alle Menschen verfügbar sein wird, dann wird
30
auch jeder Mensch geheilt werden.“ Diese Aussage ist jedoch ganz offensichtlich falsch.
Denn Medizin – auch wenn sie für alle verfügbar wäre – kann nur dann helfen, wenn
sie auch eingenommen wird. Ein weiteres Beispiel: „Da ist ein Dorf, und in dem Dorf
gibt es mehr als genug kühles, erfrischendes Wasser für jede durstige Person.“ Folgt
daraus, dass jede Person im Dorf ihren Durst auch löschen wird? Nur in dem Fall, wenn
tatsächlich jede Person aus jenem Dorf von dem Wasser trinkt! Wir müssen deshalb gut
zwischen erwirkter Erlösung und wirksam gewordener Erlösung unterscheiden.
?? „Die Bibel sagt nicht, dass Christus für ALLE gestorben ist, sondern
für VIELE.“
Einerseits lehrt die Bibel ganz deutlich, dass Christus für ALLE gestorben ist: 1Tim 2,6;
2Kor 5,14-15 und Jes 53,6. Siehe auch Hebräer 2,9, wo uns mitgeteilt wird, dass Jesus
Christus für alle Menschen (für jede einzelne Person) gestorben ist. Andererseits gibt es
jedoch auch Bibelstellen, die besagen, dass der Messias bzw. der Christus für VIELE
gestorben ist:
Er hat „die Sünden VIELER getragen“ (Jes 53,12).
„Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen
zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld
FÜR VIELE“ (Mk 10,45).
„Denn das ist mein Blut, das des neuen Bundes, das FÜR VIELE vergossen
wird zur Vergebung der Sünden“ (Mt 26,28).
Der Ausdruck „VIELE“ wird in den meisten Fällen nicht als ein Gegensatz zu dem Wort
„alle“, sondern als ein Gegensatz zu dem Wort „wenige“ benutzt. Das Antonym (Gegenwort)
von VIELE ist nicht ALLE, sondern WENIGE. Dies kann man anhand von
Matthäus 7,13-14 sehen, wo davon die Rede ist, dass sich VIELE auf dem breiten Weg
ins ewige Verderben befinden, wohingegen nur WENIGE den schmalen Weg zum Leben
finden. Siehe auch Matthäus 20,16: „Denn VIELE sind berufen, aber WENIGE auserwählt.“
In diesem Bibelvers umfasst das Wort VIELE mehr als nur die Auserwählten (die
von Gott Erwählten). Es wird hier unterschieden zwischen den VIELEN, die berufen
sind, und den WENIGEN, die auserwählt sind.
Wenn das Wort VIELE im Gegensatz zu WENIGE steht, dann bezieht es sich nicht auf
eine kleine Anzahl (auf wenige), sondern auf eine grosse Anzahl (auf viele). Es gibt
auch einige Fälle, wo diese grosse Anzahl ALLE meint. Ein Fünftklässler durfte zu seiner
Geburtstagfeier alle 35 Mitschüler einladen. Es wurden ALLE Schüler der Klasse
eingeladen, aber nur 7 Schüler kamen tatsächlich zu der Feier. VIELE (bzw. alle) wurden
eingeladen, aber nur WENIGE folgten tatsächlich jener Einladung. Ein sehr deutliches
Beispiel der Bibel, bei dem das Wort VIELE das Äquivalent zu dem Wort ALLE
ist, ist Römer 5,19: „Denn gleichwie durch den Ungehorsam des einen Menschen die
31
Vielen zu Sündern gemacht worden sind ...“ Wenn wir diese Bibelstelle mit Römer 5,12
vergleichen, wird deutlich, dass die VIELEN aus Vers 19 gleichbedeutend mit ALLEN
MENSCHEN aus Vers 12 sind.
Ausserdem kann sich das Wort VIELE auch auf Gottes Auserwählte beziehen. Ein Beispiel
dafür ist Apostelgeschichte 18,10, wo Gott, der Herr, Paulus versichert: „Ich habe
ein grosses Volk (VIELE GLÄUBIGE) in dieser Stadt.“ Dies war als eine Ermutigung
für Paulus gedacht. Seine Arbeit würde nicht vergeblich sein, denn in der Stadt Korinth
gab es nicht nur ein paar wenige, sondern VIELE, die Christus nachfolgten.
Was bedeutet nun das Wort VIELE, wenn es in Verbindung mit Christi Werk am Kreuz
verwendet wird? In Jesaja 53 werden die „VIELEN“ von Vers 12 im Kontext als UNS
ALLE definiert:
Er hat „die Sünde VIELER getragen“ (V. 12).
„... der HERR warf unser aller Schuld [die Schuld von uns allen] auf ihn“
(V. 6).
Daraus folgt, dass Christus nicht lediglich für EINIGE, sondern für VIELE, ja, für uns
alle stellvertretend gestorben ist!
Dieselbe Tatsache finden wir auch, wenn wir Markus 10,45 mit 1.Timotheus 2,6 vergleichen:
„um ... sein Leben zu geben als LÖSEGELD FÜR VIELE“ (Mk 10,45).
„der sich selbst als LÖSEGELD FÜR ALLE gegeben hat“ (1Tim 2,6;
siehe auch den Ausdruck „alle Menschen“ in Vers 4).
Daher kommen wir zu dem folgenden Ergebnis: Wenn die Bibel sagt, dass Christus für
viele gestorben ist, meint sie, dass Christus nicht nur für einige gestorben ist, sondern
für viele – ja, letztlich für alle Menschen. Oder wie Johannes es formuliert: „Und er
ist das Sühnopfer für unsere Sünden, aber nicht nur für die unseren, sondern auch für
die der ganzen Welt“ (1Joh 2,2). Wir stimmen voll und ganz mit Calvins Kommentar
zu Markus 14,24 überein, dass nämlich der Herr Jesus – als Er sagte, dass er Sein Blut
für viele vergiessen würde –, „nicht lediglich von einem Teil der Menschheit sprach,
sondern von dem gesamten Menschengeschlecht“.
Dass Calvin auch an anderen Stellen das Wort „viele“ als „alle“ verstand, zeigt sich in
seinem faszinierenden Kommentar zu Römer 5,15.
Für eine ausführliche, sehr hilfreiche Erklärung zum Gebrauch des Wortes VIELE [griech.
polloi], wie es im Bezug auf die Sühne Christi verwendet wird, siehe den Artikel zu polloi
von J. Jeremias in dem Theological Dictionary of the New Testament (Kittel), Band VI,
S. 536-545. Der Autor vertritt die Ansicht, dass der Ausdruck „viele“ in Jesaja 53, Mar32
kus 10,45, Matthäus 26,28 etc., gemäss dem semitischen Sprachgebrauch allumfassend
verstanden werden muss – allumfassend in dem Sinn, dass Christus für alle gestorben ist.
?? „Wenn Christus für eine Person gestorben ist, ist es nicht möglich,
dass sie verloren geht.“ (Charles Spurgeon, zitiert von Boettner, S. 155)
Menschen gehen nicht deshalb verloren, weil Christus für sie nicht gestorben wäre. Sie
gehen deshalb verloren, weil sie Christus, der für sie gestorben ist, abgelehnt haben. Es ist
besser, Spurgeons Zitat wie folgt wiederzugeben: „Wenn Sie an der Ablehnung Christi,
der für Sie gestorben ist, festhalten, dann können Sie nicht errettet werden.“ Spurgeon
hätte eigentlich wissen sollen, dass die Auserwählten so lange VERLOREN sind,
bis sie im Vertrauen zu Christus kommen, und das, obwohl Christus für sie gestorben ist.
Mose erhöhte die eherne Schlange in der Wüste. Wenn irgendeiner von den Israeliten
umkam, kam er oder sie nicht deshalb um, weil es kein Mittel der Errettung gab. Nein,
die betreffende Person kam um, weil sie sich weigerte, zur ehernen Schlange aufzublicken
und zu leben.
A. W. Pink hat etwas gesagt, das dem eben genannten Zitat von Spurgeon sehr ähnlich
ist: „Nicht einer von denen, für die Er [Christus] gestorben ist, könnte je den Himmel
verpassen“ (von Dr. John MacArthur auf der Audio-Kassette GC 80-123 (Hebräer 10,5-
18) zustimmend zitiert). Wenn dies richtig wäre, dann würden – weil Christus für alle den
Tod geschmeckt hat (Hebr 2,9) – alle Menschen gerettet werden. Niemand wird jemals
vor Gott stehen und sagen können: „Ich bin deshalb nicht in den Himmel gekommen,
weil der Heiland für mich nicht gestorben ist.“ Ganz im Gegenteil, jeder Mund wird verstummen,
weil die grosse Errettung Gottes nicht allein am Kreuz erwirkt, sondern auch
jedem Sünder angeboten worden ist. Es erscheint beinahe gotteslästerlich, wenn man
Gott für die Verdammnis eines Sünders verantwortlich machen will, und zwar mit dem
seltsamen Argument, Christus sei nun einmal für die betreffende Person nicht gestorben.
5. Die Verwendung von allumfassenden Ausdrücken in
Verbindung mit Christi Tod
Selbst jene, die bestreiten, dass der Tod Christi allgemeingültig (d. h. für alle Menschen)
war, müssen zugeben, dass in Bibelstellen, die sich auf das Ausmass der Sühne beziehen,
allumfassende Ausdrücke verwendet werden. So gibt z. B. Gary D. Long in seinem
Buch Definite Atonement zu, dass derartige allumfassende Ausdrücke gebraucht werden,
und dass Christus, für die „Welt“, „alle“ bzw. für „jeden“ gestorben ist (siehe S. 32).
Und auch John Murray räumt in einem Artikel mit dem Titel „Redemption“ in Sword
and Trowel ein, dass die Bibel allgemeine Begriffe wie „Welt“, „alle“, „jeder“ und „alle
Menschen“ verwendet.
33
Wenn Christus nur für die Auserwählten gestorben wäre, und wenn die Bibel sagt, dass
Christus für „alle, die Welt, alle Menschen“ usw. gestorben ist, dann müssten wir daraus
schliessen, dass diese allumfassenden Ausdrücke auf die Auserwählten Bezug nehmen.
Mit anderen Worten müssten wir davon ausgehen, dass es sich bei Begriffen wie, „Welt“
und „alle Menschen“ um nichts weiter als Synonyme für den Ausdruck „die Auserwählten“
handelt.
Damit ergibt sich jedoch eine Schwierigkeit. In keiner einzigen Bibelstelle, in der es
um die Auserwählung geht, werden zur Bezeichnung der Auserwählten allumfassende
Ausdrücke verwendet. Wenn mit jenen Ausdrücken tatsächlich die Auserwählten
gemeint wären, warum werden diese Ausdrücke dann nie in Schlüsselbibelstellen
verwendet, die von der Lehre der Auserwählung handeln? Hier einige Beispiele: Warum
befinden sich folgende Verse nicht in der Bibel: „Es war nicht die Welt, die Christus erwählt
hat, sondern Christus hat die Welt erwählt“ (vgl. Joh 15,16). „Er hat alle Menschen
vor Grundlegung der Welt auserwählt“ (vgl. Eph 1,4). „Er hat alle Menschen gerettet
und alle Menschen mit einem heiligen Ruf berufen ... aufgrund seines eigenen Vorsatzes
und der Gnade, die allen Menschen in Christus Jesus vor ewigen Zeiten gegeben worden
sind“ (vgl. 2Tim 1,9). „Wir aber sind schuldig, Gott allezeit für euch zu danken, vom
Herrn geliebte Brüder, dass Gott die ganze Welt von Anfang an zur Errettung erwählt
hat ...“ (vgl. 2Thess 2,13).
„Ich argumentiere für die Allgemeingültigkeit des Sühnopfers von der Tatsache her, dass
die inspirierten Schreiber der Heiligen Schrift in Bezug auf dieses Thema eine Sprache
verwendet haben, die sich ziemlich von der Sprache unterscheidet, die sie gebraucht haben,
wenn sie über die Auserwählung, Rechtfertigung, Heiligung bzw. Verherrlichung geschrieben
haben ... Sie schreiben davon, dass Christus das Sühnopfer für „Menschen“ ist, für
„alle Menschen“, für „jeden Menschen“, für „die Welt“, für „die ganze Welt“, ja sogar für
jene, „die ihn verleugnen und damit über sich selbst schnelles Verderben bringen“ werden.
An welcher Stelle schreiben sie jedoch davon, dass Gott die „Menschen, alle Menschen, jeden
Menschen, die Welt, die ganze Welt“, ja sogar jene „die Christus verleugnen und damit
über sich selbst ein schnelles Verderben bringen“ werden, auserwählt hat? Wo schreiben
sie davon, dass Gott die „Menschen, alle Menschen, jeden Menschen, die Welt, die ganze
Welt“, ja sogar jene, „die Christus verleugnen und damit über sich selbst ein schnelles Verderben
bringen“ werden, gerechtfertigt, geheiligt und verherrlicht hat?“ (James Morison,
The Extent of the Atonement, S. 72-73. Dasselbe Argument bringt auch Richard Baxter
auf Seite 279 in seinem Buch Universal Redemption of Mankind deutlich zum Ausdruck.)
Wie erklären wir also die Tatsache, dass die Heilige Schrift häufig allgemeine und allumfassende
Ausdrücke verwendet, wenn sie von Christi Tod spricht, und dass sie damit
diesen Tod auf alle Menschen bezieht, dass die Bibel jedoch immer einschränkende Ausdrücke
verwendet, wenn es um die göttliche Gnadenwahl geht, und diese damit lediglich
auf einige bzw. auf wenige (d.h. auf die Gläubigen) beschränkt? Wenn Christus tatsächlich
allein für die Auserwählten gestorben sein soll, warum werden dann nicht dieselben
34
Ausdrücke sowohl für die Auserwählten als auch für die gesamte Menschheit verwendet?
Warum werden für diejenigen, für die Christus gestorben ist, allumfassende Ausdrücke
verwendet, für die Auserwählten hingegen andere Begriffe, wo es sich dabei doch
angeblich um ein und dieselbe Personengruppe handelt? Die Tatsache, dass die Bibel
allumfassende Ausdrücke verwendet, um jene zu beschreiben, für die Christus gestorben
ist, dieselben Ausdrücke jedoch nicht zur Beschreibung der Auserwählten verwendet, ist
eines der stärksten Argumente gegen die Lehre einer begrenzten Sühne.
?? Die Sprache der Bibel ganz natürlich und normal verstehen
Wie sind nun die allumfassenden Ausdrücke zu verstehen? Diejenigen, die an einer
begrenzten Sühne festhalten, sagen uns, dass das Wort „Welt“ (Joh 3,16; 2Kor 5,19;
Joh 6,51) nicht wirklich die „Welt“ meine, und dass unter dem Ausdruck „die ganze
Welt“ (1Joh 2,2) nicht wirklich „die ganze Welt“ zu verstehen sei. Sie bestehen darauf,
dass mit dem Wort „alle“ (1Tim 2,6) nicht wirklich „alle“ Menschen gemeint seien, und
dass der Ausdruck „alle Menschen“ (1Tim 2,4) nicht wirklich „alle Menschen“ meine.
Ausserdem, so behaupten sie, seien unter dem Wort „alle“ (Hebr 2,9) nicht wirklich
„alle“ Menschen, also nicht jeder einzelne Mensch zu verstehen, und der Ausdruck „unser
aller“ (Jes 53,6) meine nicht wirklich „unser aller“.
Sir Robert Anderson hat dazu Folgendes geschrieben:
„In den ersten Jahren meines christlichen Lebens wurde ich sehr durch die Annahme
verwirrt und beunruhigt, dass die deutlichen und einfachen Worte von Bibelstellen wie
Joh 3,16; 1Joh 2,2 und 1Tim 2,6 nicht buchstäblich zu verstehen seien, sondern in
ihrem verborgenen Sinn nur von den Eingeweihten verstanden werden könnten. Mir
wurde nämlich vermittelt, dass es uns die alles überschattende Wahrheit der göttlichen
Souveränität in Bezug auf die Gnadenwahl unmöglich mache, jene Bibelstellen wortwörtlich
aufzufassen. Doch vor einem halben Jahrhundert befreite mich ein Freund –
der inzwischen verstorbene Dr. Horatius Bonar – von diesem seltsamen und weitverbreiteten
Irrtum. Er machte mir deutlich, dass uns zuweilen Wahrheiten nur deshalb
widersprüchlich erscheinen, weil unser begrenzter Verstand schlicht und einfach die
Unendlichkeit nicht zu erfassen vermag; wir dürfen es jedoch niemals unserem mangelhaften
Verständnis der ewigen Ratschlüsse Gottes erlauben, dass es unserem uneingeschränkten
Vertrauen in die Worte der Heiligen Schrift im Wege steht.“ (Sir Robert
Anderson, Forgotten Truths – siehe Vorwort)
Die Dispensationalisten bemühen sich darum, sich bei der Bibelauslegung an folgende
Regel zu halten: Wenn der buchstäbliche Sinn einer Bibelstelle Sinn macht, so suche
nicht nach einem anderen Sinn, damit kein Unsinn dabei herauskommt! Doch in
Bezug auf bestimmte Bibelstellen haben einige jenen nüchternen Ansatz verlassen. So
scheinen die Verfechter der begrenzten Versöhnung z.B. einer anderen Regel zu folgen:
Wenn der buchstäbliche Sinn einer Bibelstelle unserem theologischen System wi35
derspricht, so suche nach einem anderen Sinn, damit wir uns in Bezug auf unsere
besondere Form des Calvinismus nicht selbst widersprechen.
Richard Baxter schrieb vor über dreihundert Jahren das Folgende:
„Wenn Gott uns ganz unmissverständlich mitteilt, dass Christus für alle Menschen gestorben
ist, dass Er für alle Menschen den Tod geschmeckt hat, und einige Menschen
dies dennoch bestreiten und den offensichtlichen Sinn der Worte untergraben, dann tun
sie dies deshalb, weil sie nicht begreifen können, wie dies mit der Lehre der ewigen
Verdammnis und mit der Lehre von der besonderen Liebe Christi zu seinen Auserwählten
zusammenpasst. Es wäre nicht allzu schwer, den harmonischen Zusammenhang und
die Gerechtigkeit darin zu erkennen. Aber wie sollen wir uns verhalten, wenn wir zwei
Wahrheiten, die an sich klar sind, nicht miteinander vereinen können? Sollen wir dann
eine dieser beiden Wahrheiten abstreiten, wo doch jede, für sich genommen, einfach
zu verstehen ist? Ist es nicht äusserst hochmütig, den eigenen Verstand der Weisheit
des Geistes Gottes vorzuziehen, der die Heilige Schrift eingab? Ein demütiger Mensch
würde beide Aussagen als wahr annehmen, auch dann, wenn er sie nicht zusammenbringen
kann. Aber es gibt Menschen, die offenkundige Wahrheiten leugnen, um ihre
vorgefassten Meinungen behalten zu können. [z.B. die Meinung, dass ein jeder, für den
Christus gestorben ist, auch gerechtfertigt und errettet werde. Und dass Christus jedem
Menschen, für den Er gestorben ist und für den Er Gerechtigkeit erworben hat, auch den
rettenden Glauben schenke und dass es ungerecht von Gott wäre, jemanden zu bestrafen,
für den Christus Gerechtigkeit erwirkt hat.] Lassen sich diese Gedankengänge jedoch
ebenso deutlich aus der Heiligen Schrift belegen, wie die Wahrheit, dass Christus für alle
bzw. für jeden Menschen gestorben ist? Gibt es irgendeine Bibelstelle, die besagt, dass
Christus nicht für alle Menschen gestorben ist? Wird irgendwo in der Bibel erwähnt,
dass es irgendeinen Menschen gegeben hat oder geben wird, für den Christus nicht gestorben
ist? Oder lesen wir irgendwo in der Heiligen Schrift, dass Christus nur für Seine
Schafe bzw. für Seine Auserwählten gestorben ist? Solche oder ähnliche Bibelstellen
werden wir in der gesamten Bibel vergeblich suchen! Sollten wir nicht die offensichtlichen
Wahrheiten und die einfach zu verstehenden Bibelstellen den unklaren und schwer
verständlichen vorziehen?“ (Universal Redemption of Mankind, S. 282-283)
Und dann wendet Richard Baxter die aufgestellten Prinzipien gekonnt auf den vorliegenden
Fall an:
„Jetzt würde ich gerne an jeden Leser die folgende Frage richten: Wenn die Heilige
Schrift ganz unmissverständlich zum Ausdruck bringen würde, dass Christus für alle
Menschen gestorben ist, würden Sie dann daran glauben? Wenn Ihre Antwort „Ja“ lautet,
können Sie mir dann vielleicht auch sagen, wie Sie diese Tatsache deutlicher ausdrücken
bzw. besser formulieren wollen, als sie in der Heiligen Schrift formuliert wird? Genügt es
nicht, dass Christus in der Bibel der Retter der Welt genannt wird? Vielleicht werden Sie
nun einwenden: Ja, aber die Schrift besagt nicht, dass Christus der Retter der ganzen Welt
36
ist, oder? Doch, denn wir lesen, dass Christus das Sühnopfer für die Sünden der ganzen
Welt ist. Nun mögen Sie erwidern: Aber das bedeutet noch lange nicht, dass Er tatsächlich
für alle Menschen der Welt gestorben ist? Doch, genau das bedeutet es, denn in der
Bibel lesen wir sowohl, dass Er für alle Menschen als auch, dass Er für die ganze Welt
gestorben ist. Jetzt sagen Sie vielleicht: Da steht aber nicht für jeden Menschen? Doch,
die Schrift sagt, dass Er den Tod für alle (d.h. für jeden Menschen) geschmeckt hat. Nun
sagen Sie: Schon, aber damit sind doch nur die Auserwählten gemeint. Wenn die Schrift
davon sprechen würde, dass Christus auch die Nicht-Auserwählten gerettet hätte, dann
würde ich das selbstverständlich auch glauben. Und genau das ist die Aussage der Schrift:
Die Schrift spricht von solchen, die den Herrn verleugnen, der sie erkauft hat, und die
damit über sich selbst ein schnelles Verderben bringen werden. All dies bewirkt jedoch
wenig bzw. nichts bei denjenigen, die mit einer vorgefassten Meinung an die Heilige
Schrift herangehen.“ (Universal Redemption of Mankind, S. 286-287. Die Bibelverse,
auf die jenes Zitat anspielt, sind Joh 4,42; 1Joh 2,2; 1Tim 2,4-6; Hebr 2,9 und 2Petr 2,1.)
Ich hörte von einem Mann, der nicht davon überzeugt war, dass Christus für alle Menschen
gestorben ist und doch machte er das folgende bemerkenswerte Zugeständnis:
„Falls Christus tatsächlich für alle Menschen gestorben ist, wüsste ich nicht, wie die
Bibel dies noch deutlicher zum Ausdruck bringen sollte“. Wie wahr! Jener Mann nahm
später die Lehre von der unbegrenzten Sühne an, weil er die deutlichen Aussagen der
Heiligen Schrift schlicht und einfach nicht in Abrede stellen konnte.
6. Ist diese Lehre denn wirklich so wichtig?
Bei der Frage nach dem Ausmass der Sühne handelt es sich um weit mehr als lediglich
um eine theologische Frage. Es ist eine überaus praktische Frage. Die Heilige Schrift
lehrt ganz eindeutig, dass wir eine Gute Nachricht für die Verlorenen haben. Ist diese
Gute Nachricht ausschliesslich für die Auserwählten bestimmt? Unser Verständnis des
Evangeliums und der Lehre der Sühne hat grossen Einfluss auf die Art und Weise, wie
wir verlorenen Menschen das Evangelium verkündigen. Und daher ist sie keineswegs
unwichtig. Auf Seite 70 seines Buches Competent to Counsel [dt. Titel: Befreiende Seelsorge]
teilt Dr. Jay E. Adams seinen Lesern mit, wie seiner Ansicht zufolge reformatorische
Christen die Botschaft Christi an die Ungläubigen weitergeben sollen: „Sie müssen
die Gute Nachricht verkünden, dass Christus am Kreuz als Stellvertreter für die Seinen
gestorben ist, dass Er dort ihre Schuld getragen und die Strafe für ihre Sünden erlitten
hat. Er ist gestorben, damit alle, die Ihm der Vater gegeben hat, zu Ihm kommen und
durch Ihn ewiges Leben erhalten. Als ein reformatorischer Christ vertritt der Autor die
Auffassung, dass kein Ratgeber bzw. Seelsorger einem ungläubigen Ratsuchenden sagen
darf, dass Christus für ihn gestorben ist, und zwar deshalb, weil wir dies nicht sagen
können. Denn keiner ausser Christus weiss, wer zu den Auserwählten gehört, für die
Christus gestorben ist“ (Hervorhebung hinzugefügt).
37
Einer der bedeutendsten Missionare der Vergangenheit war da völlig anderer Meinung.
Über jenen Mann (gemeint ist James Moffat) hatte James Morison Folgendes zu berichten:
„Einer der bedeutendsten Missionare der Moderne, einer der begabtesten, eifrigsten,
geehrtesten und erfolgreichsten, antwortete mir, als ich ihn ungefähr um das Jahr 1841
fragte, welches Evangelium er seinen armen Afrikanern predigen würde, dass einer seiner
Grundsätze und der seiner wahren Jochpartner sei, dass sie jeder Person verkündigten,
dass Christus für sie gestorben sei“. (Siehe The Extent of the Atonement, S. 112)
Jene, die – wie Jay Adams – glauben, dass Christus nur für die Auserwählten gestorben
ist, müssen bei der Weitergabe des Evangeliums sehr vorsichtig zu Werke gehen.
Ich stellte einmal einem extremen Calvinisten folgende Frage: „Für wen ist Christus
gestorben?“ Worauf er ganz allgemein antwortete: „Christus starb für Sünder!“ Doch
jemand, der an eine begrenzte Sühne glaubt, muss selbst mit einer derartigen Aussage
vorsichtig sein. Selbst wenn er Ungläubigen sagen würde: „Ich habe Gute Nachricht für
Sie! Christus starb für Sünder!“, so wäre dies irreführend, denn es könnte ja sein, dass er
damit einem Nicht-Auserwählten den Eindruck vermitteln würde, dass Christus auch für
ihn gestorben sei. Jene Person könnte nämlich meinen: „Ich bin mir bewusst, dass ich ein
Sünder bin, daher kann die Gute Nachricht nur lauten, dass Christus für mich gestorben
ist!“ Wenn die Lehre von der begrenzten Sühne wahr wäre, dann wäre folgende Aussage
richtig: Christus starb für Sünder. Er starb jedoch nicht für alle Sünder. In der Tat
ist Christus nicht für die grosse Mehrheit der Sünder gestorben ist, sondern lediglich
für ganz wenige (vergleiche damit Matthäus 7,13-14, wo uns mitgeteilt wird, dass
nur wenige gerettet werden). Eine derartige Botschaft ist nur für eine geringe Minderheit
von Sündern eine Gute Nachricht!
?? Aufrichtigkeit bei der Predigt des Evangeliums
Wie können wir ernsthaft Menschen etwas anbieten, was gar nicht für sie bestimmt ist?
Wie können wir ihnen ein Geschenk anbieten, das für sie gar nicht bezahlt worden ist?
Wie können wir sie inständig darum bitten, von dem Wasser des Lebens zu trinken, wenn
es in Wahrheit kein solches Wasser für sie gibt? Wie können wir sie dazu auffordern, sich
erretten zu lassen, wenn Christus ihre Errettung überhaupt nicht erwirkt hat? Wie können
wir zu einer Person sagen: „Wenn Sie diese Medizin einnehmen, dann werden Sie von
Ihrer tödlichen Krankheit geheilt werden!“, wenn es überhaupt keine Medizin zur Heilung
des besagten Kranken gibt? W. Lindsay Alexander drückt das folgendermassen aus:
„Unter dieser Voraussetzung [gemeint ist eine begrenzte Sühne] ist die allgemeine Einladung
und Zusage des Evangeliums ohne jede Grundlage und erscheint daher wie der
blanke Hohn, ein Angebot, das – kurz gesagt – überhaupt keine Gültigkeit hat“ (A System
of Biblical Theology, II. Band, S. 111; und siehe Lightner S. 117-118).
Robert Lightner bringt es deutlich zum Ausdruck: „Wenn Christus nicht tatsächlich für
alle Menschen gestorben wäre, dann könnte die Botschaft von der Liebe Gottes und von
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dem Tod Christi nur mit Zurückhaltung verkündigt werden. Es könnten sich ja unter der
Zuhörerschaft einige befinden, die nicht zu denjenigen gehören, die von Gott geliebt und
für die Christus gestorben ist. ... Wenn man folglich allen Menschen verkündigt, dass
diese Dinge wahr sind, und dass sie gerettet werden können, dann ist das – wenn die
Lehre von der begrenzten Sühne wahr sein sollte – nichts weiter als die Verkündigung
einer Unwahrheit“ (The Death Christ Died, S. 15).
Diejenigen, die an eine „bestimmte bzw. wirksame Sühne“ glauben (Gary Longs Bezeichnung
für die begrenzte Sühne), sind – wenn sie es aufrichtig und ehrlich meinen –
damit zu einer äusserst unbestimmten bzw. unsicheren Verkündigung des Evangeliums
gezwungen:
„Vielleicht ist Christus für Sie gestorben.“
„Es wäre möglich, dass Gott Sie liebt.“
„Es ist denkbar, dass Christus Sein Blut auch für Sie vergossen hat.“
„Könnte sein, dass Christus auch für Sie Errettung erwirkt hat.“
„Es mag sein, dass Sie in Gottes liebenden Händen ruhen.“
„Hoffen wir einmal, dass Er das Sühnopfer für Ihre Sünden ist.“
„Durchaus möglich, dass Christus stellvertretend für Sie gestorben ist.“
„Vielleicht habe ich auch für Sie eine Gute Nachricht.“
„Es ist schon denkbar, dass Christus für Sie gestorben ist. Nun, erst dann, wenn
Sie sich retten lassen, werden wir wissen, dass Er auch für Sie gestorben ist;
wenn Sie Ihn jedoch weiterhin ablehnen, dann ist Er ganz eindeutig nicht für
Sie gestorben.“
„Christus ist nur dann für Sie gestorben, wenn Sie auch daran glauben, dass
Christus für Sie gestorben ist (denn dann wird deutlich, dass auch Sie zu den
Auserwählten zählen). Wenn Sie jedoch nicht zum Glauben kommen und
wenn Sie bis zu dem Tag Ihres Todes an Ihrem Unglauben festhalten, dann ist
Christus auch nicht für Sie gestorben.“
Es stimmt: Jene, die an einer wirksamen bzw. begrenzten Sühne festhalten, verkündigen
das Evangelium nicht auf eine solche Art und Weise. Doch wäre aufgrund ihrer
Theologie nicht eine derartige Verkündigung des Evangeliums folgerichtig? Wäre dies
etwa keine angemessene, behutsame und aufrichtige Art und Weise, die Botschaft an
Ungläubige weiterzugeben? Ein extremer Calvinist muss sehr darauf achten, wie er einem
Ungläubigen das Werk Christi am Kreuz nahebringt, weil er sich niemals sicher
sein kann, ob Christus das Werk der Erlösung auch für die betreffende Person vollbracht
hat. Robert Lightner hat das wie folgt ausgedrückt: „Der Glaube an eine begrenzte Süh39
ne führt dazu, dass die Gute Nachricht von der errettenden Gnade Gottes in Christus
niemandem persönlich zugesprochen werden kann. Die Verfechter dieser Lehre können
denjenigen, denen sie Zeugnis geben, nicht mit Bestimmtheit sagen, dass Christus auch
für sie gestorben ist, denn es wäre durchaus möglich, dass Christus für die betreffende
Person eben gerade nicht gestorben ist“ (Artikel in Walvoord: A Tribut, S. 166).
?? Gilt das Evangelium wirklich allen Menschen?
Wenn Christus nicht für die ganze Schöpfung [alle Welt] gestorben ist, wie können wir
dann der ganzen Schöpfung [aller Welt] das Evangelium predigen (Mk 16,15)? Wenn
die Gute Nachricht, das Wort vom Kreuz, nur für einige wenige bestimmt ist, wie können
wir diese Nachricht dann allen Ernstes allen Menschen predigen? Oder wie L. S.
Chafer schreibt: „Wie kann ein allgemeingültiges Evangelium gepredigt werden, wenn
überhaupt keine allgemeingültige Grundlage dafür gelegt worden ist? Wenn man einerseits
behauptet, dass Christus nur für die Auserwählten gestorben ist und andererseits
meint, dass Sein Tod die Grundlage ist, auf der allen Menschen das Heil angeboten
wird, dann handelt es sich dabei um einen ziemlichen Widerspruch“ (Bibliotheca Sacra,
Okt.-Dez. 1980, S. 315). C. H. Mackintosh hat Folgendes gesagt: „Ein Anhänger der hohen
Schule der Lehre [gemeint ist: ein entschiedener Calvinist] will von einem weltweiten
Evangelium, von einer frohmachenden Botschaft der Liebe Gottes für die gesamte
Schöpfung [bzw. für alle Welt] nichts wissen. Sein Evangelium richtet sich lediglich an
die Auserwählten“ (aus seinem Artikel One-Sided Theology).
Und John Bunyan schreibt: „Das Angebot der Errettung – das Gottes Echtheitssiegel trägt –
reicht nur so weit, wie der Tod Christi reicht; denn nur für solche, für die Christi Tod Gültigkeit
hat, kann es ein Evangelium und eine Gnade geben, die verkündigt werden können“
(aus Works von John Bunyan). Mit anderen Worten, wie kann man jemandem das Evangelium
weitergeben, für den Christus überhaupt nicht gestorben ist? Wie können wir dem Sünder
etwas anbieten, das für ihn gar nicht bestimmt ist? Oder um es mit den Worten Lightners
zu sagen: „Kein Grundsatz scheint deutlicher zu sein als dieser, dass eine angebotene Errettung
voraussetzt, dass diese Errettung auch tatsächlich erwirkt worden ist“ (S. 114).
Derjenige, der an eine begrenzte Sühne glaubt, kann einem Ungläubigen nicht sagen:
„Lieber Freund, der Herr Jesus ist auch für dich gestorben. Er starb als dein Stellvertreter,
starb an deiner Stelle. Er bezahlte die Strafe für deine Sünden.“ (Lesen Sie noch
einmal das obige Zitat von Jay Adams.) Das Herz der Guten Nachricht ist, „dass Christus
für unsere Sünden gestorben ist“ (1Kor 15,3). Hüten wir uns vor jeder Theologie, die den
eigentlichen Kern des Evangeliums entfernt.
Wie kann ein Evangelist, der an eine begrenzte Sühne glaubt, mit diesem Problem umgehen?
Er kann z.B. in Bezug auf den Tod Christi ganz allgemeine Begriffe gebrauchen:
„Christus ist für Sünder gestorben. Christus ist für Gottlose gestorben.“ Natürlich meint
er damit, dass Christus für all jene Sünder gestorben ist, die Gott auserwählt hat, dass
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Christus für all jene Gottlosen gestorben ist, die Gott auserwählt hat. Das Problematische
an diesem Ansatz ist jedoch, dass damit das Wort vom Kreuz nie ganz persönlich auf
den betreffenden Sünder angewandt werden kann. Denn was wissen wir mit Sicherheit
über jenen Sünder, dem wir gerade das Evangelium verkündigen? Nun, wir können uns
dessen ganz sicher sein, dass wir es mit einem gottlosen Sünder zu tun haben, und dies
können wir ihm anhand der Heiligen Schrift auch aufzeigen. Können wir uns jedoch
sicher sein, dass Christus auch für die betreffende Person gestorben ist? Der Evangelist,
der an eine begrenzte Sühne glaubt, kann unmöglich wissen, ob Christus für jenen Sünder,
dem er gerade das Evangelium verkündigt, gestorben ist. „Ich weiss, dass Sie ein
Problem haben, aber ich bin mir nicht sicher, ob es eine Lösung für Ihr Problem gibt. Ich
weiss, dass Sie eine furchtbare Krankheit haben, aber ich bin mir nicht sicher, ob es auch
ein Heilmittel dafür gibt.“
?? Sollten wir die Ungläubigen für ihren Unglauben loben?
Wenn Christus nicht für alle Menschen gestorben ist, dann sollten wir die Gottlosen besser
für ihren Unglauben loben. Ich möchte das anhand eines Beispiels verdeutlichen. Ein Christus
verleugnender Ungläubiger [also jemand, der verlorengehen wird] erklärt: „Ich glaube
nicht, dass Christus für mich gestorben ist!“ Wenn das, was extreme Calvinisten lehren,
wahr wäre, dann wäre dieser Mann mit seiner Behauptung im Recht. „Ich glaube nicht,
dass Christus auch nur irgend etwas zu meiner Errettung getan hat.“ Nun, wenn Christus
tatsächlich nicht für diesen Ungläubigen gestorben ist, dann stimmt diese Aussage und
dann sollten wir den Ungläubigen für seinen Unglauben [bzw. Glauben] loben! Charles
Smith hat das wie folgt ausgedrückt: „Wenn jemand das ewige Leben zurückweist, das
Christus für uns erwirkt hat, dann macht er Gott zum Lügner. Denn er weigert sich – gemäss
dem Wort Gottes – der Wahrheit zu glauben. Jene jedoch, die eine begrenzte Sühne
lehren, wollen uns glauben machen, dass jemand, der in die Hölle kommt, dorthin kommt,
weil er der Wahrheit geglaubt hat – nämlich der sogenannten „Wahrheit“, dass Jesus eben
nicht für die betreffende Person gestorben ist!“ (Did Christ Die Only for the Elect?, S.
13). Wenn Christus tatsächlich nicht für den Mann in unserem Beispiel gestorben ist, dann
wäre dieser Mann ja im Recht, wenn er nicht daran glauben würde, dass Christus auch zu
seiner Errettung gestorben ist. Wie kann jedoch dieser Mann dafür verdammt werden, dass
er den Heiland abgelehnt hat, wenn Jesus Christus ihn überhaupt nicht errettet hat?
?? Sind die Ungläubigen aufgefordert, einer Lüge zu glauben?
Das Westminster Glaubensbekenntnis ist eine deutliche Darstellung der Glaubensgrundsätze
der reformatorischen Theologie. Dr. Twisse, der Moderator der Versammlung, die
das Glaubensbekenntnis formuliert hat, hat zugegeben, dass „alle Menschen, die das
Evangelium hören (sowohl Auserwählte als auch Nicht-Auserwählte), daran glauben
müssen, dass Jesus Christus für sie gestorben ist“ (zitiert aus The Extent of the Atonement,
S.61). Doch da Jesus Christus (gemäss diesem Glaubensbekenntnis) gar nicht
41
wirklich für alle Menschen gestorben ist, müssten einige Menschen somit einer Lüge
glauben! An was bitten wir den verlorenen Sünder denn zu glauben, wenn wir ihm die
Gute Nachricht verkündigen?
„Wenn jeder Sünder, der das Evangelium hört, dazu aufgefordert wird „an den Herrn
Jesus Christus zu glauben“, was ist es genau, woran er (gemäss dem Westminster Glaubensbekenntnis)
glauben soll? Nun, vielleicht an die „Kernpunkte der modernen Theologie“
(Kapitel II, Abschnitt ii) oder an den „Beschluss des Vereinigten Presbyteriums
von 1742“? Und zudem soll er „tief in seinem Herzen davon überzeugt sein, dass er in
Jesus Christus Leben und Heil haben kann und dass alles, was Christus für die Erlösung
der anderen Menschen getan hat, auch ihm gilt“. Wie bitte? Jeder Hörer des Evangeliums
soll an all das glauben, wo Christus doch (wie die Verfechter der begrenzten Versöhnung
behaupten) auf Golgatha für Millionen von Menschen, die das Evangelium hören würden,
überhaupt nichts vollbracht hätte – kein Blut vergossen, keine Sühne erwirkt, kein
Lösegeld bezahlt? Soll ein grosser Teil derer, die das Evangelium hören, an etwas glauben,
das überhaupt keine Grundlage hat? Sollen sie etwa einer LÜGE Glauben schenken?
Denn genau das ist es ja, wofür man sie einlädt, drängt, anfleht, aufruft. Und für den
Fall, dass sie nicht glauben, wird ihnen die ewige Verdammnis angedroht. Wenn es denn
wirklich wahr wäre, dass Christus, als er auf Golgatha starb, für einen Teil der Menschen
gar nichts vollbracht hat!“ (The Extent of the Atonement, S. 60)
Nein, wir drängen keinen Sünder dazu, einer Lüge zu glauben. Wir flehen sie an, um
Christus willen, an die Wahrheit des Evangeliums zu glauben, „dass Christus für unsere
Sünden gestorben ist“ (1Kor 15,3).
Mein Freund, Christus ist für dich gestorben.
Nimm es im Glauben an, ganz einfach deshalb, weil es die Wahrheit ist!
Wenn du die Botschaft Seiner am Kreuz offenbarten allumfassenden Liebe
zurückweist, so wirst du den ewigen Tod, die immerwährende Strafe
und schrecklichen Verlust zu erleiden haben!
Sünder gehen nicht deshalb verloren, weil sie einer Lüge glauben, sondern sie
gehen verloren, weil sie die Wahrheit Gottes abgelehnt haben. Die Ungläubigen
gehen verloren, „... weil sie die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen haben,
durch die sie hätten gerettet werden können“ (2Thess 2,10).
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7. Wie calvinistisch war Calvin eigentlich?
Wie calvinistisch war Johannes Calvin eigentlich? Was lehrte er in Bezug auf das Ausmass
der Sühne? Schauen wir einmal, wie Calvin über diese Dinge dachte:
Jesaja 53,12 – „Ich stimme der allgemein üblichen Lesart zu, nämlich, dass Christus allein
die Sündenstrafe Vieler getragen hat, denn auf Ihm hat die Schuld der gesamten Welt
gelegen. Es geht auch aus anderen Bibelstellen hervor und besonders aus dem fünften
Kapitel des Römerbriefes, dass viele manchmal alle meint.“
Matthäus 20,28 – „Das Wort ‚viele‘ meint keine bestimmte Anzahl, sondern eine grosse
Anzahl, in dem Sinn, dass Er zum Stellvertreter für alle anderen geworden ist. Und dies
ist auch die Bedeutung des Wortes in Römer 5,15, wo Paulus nicht nur einen Teil der
Menschheit, sondern das gesamte Menschengeschlecht meint.“
Markus 14,24 – „Das Wort viele spricht nicht nur von einem Teil der Welt, sondern von
dem gesamten Menschengeschlecht.“ Mit anderen Worten, das Blut Christi wurde für
das gesamte Menschengeschlecht vergossen.
Johannes 1,29 – „Und, wenn Er von der Sünde der Welt spricht, dann gewährt Er diese
Gnade dem gesamten Menschengeschlecht ohne Unterschied. ... alle Menschen ohne
Ausnahme sind vor Gott der Ungerechtigkeit schuldig und müssen daher mit Ihm versöhnt
werden. ... Unsere Pflicht besteht nunmehr darin, von jener uns angebotenen Gnade
Gebrauch zu machen. Jeder von uns darf davon überzeugt sein, dass es nichts gibt, das
ihn daran hindern könnte, Versöhnung in Christus zu erhalten, unter der Voraussetzung,
dass er zu Ihm kommt ... im Vertrauen.“
Johannes 3,16 – „Er gebraucht den allumfassenden Ausdruck jeder bzw. den Ausdruck
wer auch immer zum einen, um alle Menschen ohne Unterschied einzuladen, Teilhaber
des ewigen Lebens zu werden und zum anderen, um den Ungläubigen jede Entschuldigung
zu nehmen. ... Er macht deutlich, dass Er sich selbst mit der ganzen Welt versöhnt
hat, wenn Er alle Menschen ohne Ausnahme einlädt, ihr Vertrauen auf Christus zu setzen.“
Römer 5,18 – „Er gewährt allen diese Gnade, nicht in dem Sinn, dass sie letztlich für alle
eine erlebte Wirklichkeit (d. h. Erfahrung) werden wird, sondern in dem Sinn, dass diese
Gnade allen angeboten wird. Denn obwohl Christus für die Sünden der ganzen Welt
gelitten hat und Er durch die Güte Gottes allen Menschen ohne Unterschied angeboten
wird, wird Er doch nicht von allen aufgenommen werden.“
2.Korinther 5,19 – Gott macht deutlich, dass Er „die Welt mit sich selbst versöhnte“.
Und dann fährt Calvin fort und schreibt, dass mit dem Wort „Welt“ „alle Menschen ohne
Ausnahme“ gemeint sind.
Galater 5,12 – „Es ist der Wille Gottes, dass wir die Errettung aller Menschen ohne Ausnahme
suchen, denn Christus hat für die Sünden der ganzen Welt gelitten.“
43
Kolosser 1,15 – „Diese Erlösung wurde durch das Blut Christi erwirkt, denn durch Sein
Opfer, durch Seinen Tod sind die Sünden der ganzen Welt gesühnt worden.“
Hebräer 5,9 – „Er (der Verfasser des Hebräerbriefs) hat hier den allumfassenden Ausdruck
‚alle‘ eingefügt, um deutlich zu machen, dass niemand von dieser Errettung ausgeschlossen
ist, der das Evangelium Christi hört und diesem gehorsam ist.“
Calvin lehrte sogar, dass die Verlorenen durch das Blut Christi erkauft worden sind: „Es
ist keine Kleinigkeit, wenn Seelen verlorengehen, die durch das Blut Christi erkauft
worden sind“ (Mystery of Godliness, S. 83).
Der Fairness halber muss jedoch gesagt werden, dass einige Kommentare von Calvin
darauf hindeuten, dass er die Lehre der begrenzten Sühne vertrat (siehe z.B. seinen
Kommentar zu 1.Timotheus 2,4-6, wonach sich das Wort „alle“ auf alle Gesellschaftsklassen
und -schichten bezieht; oder seinen Kommentar zu 1.Johannes 2,2, wonach die
Worte alle oder ganze nicht die Verlorenen mit einschliessen). In seinem Kommentar zu
1.Johannes 2,2 findet man jedoch auch jene Aussage, die immer wieder in den Schulen
zu hören ist: „Christi Leiden sind für die ganze Welt ausreichend, sind jedoch allein für
die Auserwählten wirksam.“ Und dann bringt Calvin zum Ausdruck, dass er im Grunde
mit dieser Aussage übereinstimmt und dass diese Aussage wahr ist. Auf den Punkt gebracht
lehrte Calvin, dass das Werk Christi am Kreuz unbegrenzt ist in seinem Ausmass,
dass es jedoch begrenzt ist, was seine Anwendung anbelangt. Nur jene, die daran glauben,
profitieren letztlich von dem Werk Christi.
Für eine ausführlichere Beschäftigung mit Calvins Sicht zum Ausmass der Sühne siehe
C. Gordon Olsons Buch Beyond Calvinism and Arminianism, Anhang E, S. 458-463.
Abschliessend: Calvin machte einige Aussagen, die dafür zu sprechen scheinen, dass er
an einer begrenzten Sühne festhielt, er machte jedoch weitaus mehr Aussagen, die für
eine unbegrenzte Sühne sprechen. Wie Norman Douty vorschlägt, dürfte der beste Anhaltspunkt,
wie Calvin über dieses Thema dachte, seine letzte Aussage sein, die er dazu
gemacht hat. Diese Aussage befindet sich in seinem Testament, das er im Jahr 1564, im
Alter von 54 Jahren, also kurz vor seinem Tod, verfasst hat. Sie kann als sein abschliessendes
Urteil in Bezug auf das Ausmass der Sühne angesehen werden: „Ausserdem bezeuge
und erkläre ich, dass ich demütig von Gott ersuche, dass Er mich waschen und
reinigen möge mit dem Blut des grossen Erlösers, das Er für die Sünden der Menschheit
vergossen hat, und dass es mir erlaubt sein möge, unter dem persönlichen Schutz
des Erlösers vor Seinem Richterstuhl zu stehen“. (Siehe Douty, The Death of Christ,
S. 175-176. Für eine ausgezeichnete Darstellung von Calvins Position hinsichtlich des
Ausmasses der Sühne siehe The Extent of the Atonement, Seiten 126-128).
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8. Befürworter und Verteidiger der Tatsache,
dass Christus für alle gestorben ist
Lasst uns nicht vergessen, dass bezüglich jeder Glaubenslehre letztendlich allein das
zählt, was Gott dazu sagt: „Vielmehr erweist sich Gott als wahrhaftig, jeder Mensch
aber als Lügner ...“ (Röm 3,4). Nachdem wir nun anhand der Heiligen Schrift aufgezeigt
haben, dass Christus unser aller Schuld getragen hat, dürfte es aber doch auch interessant
sein, was bedeutende und gottesfürchtige Männer der Vergangenheit über die Reichweite
des Sühnewerks gesagt haben.
Norman F. Douty listet in seinem ausgezeichneten Buch The Death of Christ über 70
massgebliche Lehrer der christlichen Gemeinde auf – beginnend mit den frühen Jahrhunderten
bis hin zur modernen Ära –, welche fest davon überzeugt waren, dass Christus
nicht allein für die Auserwählten, sondern für alle Menschen gestorben ist (S. 136-163).
Hier einige der von ihm aufgelisteten Personen: Clements von Alexandria, Eusebius,
Athanasius, Chrysostomos, Augustinus, Martin Luther, Hugh Latimer, Myles Coverdale,
Thomas Cranmer, Philip Melanchton, Erzbischof Ussher, Richard Baxter, John Newton,
John Bunyan, Thomas Scott, Henry Alford, Philip Schaff, Alfred Edersheim, H. C. G.
Moule, W. H. Griffith Thomas und A. T. Robertson.
Im Folgenden noch einige interessante Zitate:
„Obwohl Christus Sein Blut als Lösegeld für die ganze Welt gegeben hat, so bleiben
doch jene, die nicht willens sind, sich freikaufen zu lassen – weil sie Gefallen an ihrer
Gefangenschaft gefunden haben – von dem Segen [des Werkes Christi] ausgeschlossen“
(Prosper, 463 n. Chr. gestorben).
„Denn einzig und allein Christus – und kein anderer Mensch – erwarb für all jene Vergebung,
Rechtfertigung und ewige Glückseligkeit, die dies im Glauben erfassen; jene, die
nicht daran glauben, werden auch nicht in den Genuss dieser Dinge kommen, denn es
geht hierbei darum, zu glauben und zu haben. Denn Christus hat für Judas ebenso sein
Blut vergossen wie für Petrus; Petrus glaubte daran und deshalb wurde er errettet; Judas
wollte nicht glauben und deshalb wurde er verworfen – doch das war ganz allein seine
Schuld, nicht die irgendeines anderen“ (Hugh Latimer, ein Gott ergebener Bischof und
Märtyrer, 1485-1555, zitiert aus The Extent of the Atonement, S. 130)
„Christus starb für alle, und dennoch ergreifen nicht alle den ihnen aufgrund Seines Todes
angebotenen Segen. ... sie verschmähen die ihnen angebotene Gnade“ (Benedictus
Aretius, 1505-1575).
„Wir können ganz sicher sein, dass sich das Lamm Gottes als ein Opfer für die Sünden
der ganzen Welt hingegeben hat, in der Absicht, der Gerechtigkeit Gottes Genüge zu tun
und so die Menschen – deren Gestalt er angenommen hatte – für die Gnade passend zu
machen und ein Heilmittel für die Sünden der ganzen Welt bereitzustellen, das keinem
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versagt werden sollte, der in den Genuss von dessen Segnungen kommen will“ (Erzbischof
Ussher, 1581-1656, zitiert aus The Extent of the Atonement, S. 136)
James Morison macht deutlich, dass die Lehre von einer begrenzten Sühne in den frühen
Jahrhunderten der Kirchengeschichte nicht gelehrt worden ist:
„Die Lehre von einem Sühnopfer, das allein für die Auserwählten Gültigkeit hat, ist
weniger als 1400 Jahre alt. Während der glorreichen ersten drei Jahrhunderte der christlichen
Zeitrechnung war eine derartige Lehre völlig unbekannt. Ja, noch während weiteren
etwa 200 Jahren war sie nicht bekannt. Über diese bemerkenswerte Tatsache sollten
einige unter uns zunächst einmal nachdenken, bevor sie das, was ich hier sage, verwerfen.
„Ich erachte es als sicher“, sagt der geachtete Bischof Davenant (1576-1641), ein
Gottesmann, der mit der Kirchengeschichte und den Schriften der Kirchenväter bestens
vertraut war, „dass man vor dem Streit zwischen Augustinus und Pelagius nicht darüber
diskutiert hat, ob der Tod Christi für die gesamte Menschheit Gültigkeit hat oder ob er
sich auf die Auserwählten beschränkt. Denn wenn die Väter über den Tod Christi sprachen,
verstanden sie ihn als für die Erlösung des gesamten Menschengeschlechts erwirkt
und erduldet; und sie haben (meines Wissens) nie davon geredet, dass auch nur eine
einzige Person – durch Gottes Willen – davon ausgeschlossen wäre. Sie stimmten darin
überein, dass Christi Tod letztlich nur für diejenigen von Nutzen sein wird, die glauben,
aber sie bezeugen, dass Christus für alle Menschen gestorben ist“ (darauf folgen Zitate
von Clemens von Alexandria, Origenes, Primasius, Athanasius und Prosper).
Bischof Davenant fährt fort und nennt einige weitere Einzelheiten hinsichtlich der Auffassung
des Augustinus: „Wir erklären daher, dass Augustinus nie versucht hat, die Haltung
der Semipelagianer anzufechten, dass Christus für die gesamte Menschheit gestorben
ist ... Augustinus hat weder jemals als einen Irrtum bezeichnet, ‚dass Christus für die
Erlösung der gesamten Menschheit gestorben ist‘; noch hat er jemals als seine eigene
Auffassung bestätigt oder verteidigt, ‚dass Christus nicht für alle Menschen gestorben
ist, sondern nur für diejenigen, die vorherbestimmt sind‘.“
Im Jahr 429 n. Chr. starb Augustinus, und wenigstens bis zu jener Zeit gibt es auch nicht den
geringsten Beleg dafür, dass irgendein Christ auch nur daran gedacht hätte, dass das Sühnopfer
nur für die Auserwählten gelten könnte. Und auch nach Augustinus verbreitete sich
die Lehre des begrenzten Sühnopfers nur langsam und wurde über eine lange Zeit lediglich
von einem Teil geglaubt.“ (James Morison, The Extent of the Atonement, S. 114-117)
Zu den jüngsten Verfechtern der unbegrenzten Sühne zählen: D. L. Moody, Albert Barnes,
L. S. Chafer, John Walvoord, Robert Lightner, William Newell, R. C. H. Lenski, D. Edmond
Hiebert, Robert Gromacki, E. Schuyler English, R. A. Torrey, Charles Ryrie und alle
Mitglieder der Independent Fundamental Churches of America, welche die unbegrenzte
Sühne zum wesentlichen Bestandteil ihrer lehrmässigen Erklärung gemacht haben. Und
es scheint so, als ob auch die GARBC (Regular Baptist Church) die Position der unbegrenzten
Sühne vertritt, denn die Regular Baptist Press hat die erste Auflage von Robert
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Lightners Buch The Death Christ Died herausgegeben, worin ganz eindeutig und überzeugend
die unbegrenzte Sühne vertreten wird. Ausserdem wurde in jenem Verlag auch
David Nettletons Buch Chosen to Salvation veröffentlicht. Nettleton spricht von „der irrtümlichen
Lehre der begrenzten Sühne“ und vertritt die Ansicht, dass aus „der souveränen
Gnadenwahl Gottes nicht notwendigerweise eine begrenzte Sühne folgt“ (S. 79).
Anmerkung: Einer der im obigen Absatz erwähnten Personen ist der bekannte US-amerikanische
presbyterianische Prediger und Bibelkommentator, Albert Barnes (1798-1870). Dieser wurde 1835
von dem Zweiten Presbyterium Philadelphias für seinen Glauben an die unbegrenzte Sühne vor
Gericht gebracht, er wurde jedoch freigesprochen. Diese Angelegenheit sorgte für einige Unruhe
innerhalb der presbyterianischen Gemeinden der USA und sollte auch einer der Gründe für die
Trennung sein, zu der es im Jahr 1837 kam. Siehe The Wycliffe Biographical Dictionary of the
Church, S. 29. Es ist sehr interessant, einmal die Kommentare von Barnes zu solchen Bibelstellen
wie Joh 3,16; Joh 1,29; Hebr 2,9; 1Tim 2,4-6; 1Joh 2,2 zu lesen.
Zu den Verfechtern einer begrenzten Sühne gehören: Berkhof, Crawford, Cunningham,
Eldersveld, Haldane, Hodge, Lloyd-Jones, John Murray, Owen, Packer, Pink,
Smeaton, Spurgeon, Stonehouse and Warfield (siehe Douty, S. 163). Ausserdem: John
Gerstner, Gary Long, David N. Steele, Curtis C. Thomas, W. E. Best, John MacArthur
und viele andere. Obwohl wir, was dieses Thema anbelangt, mit jenen Personen ganz
und gar nicht einverstanden sind, möchten wir sie jedoch keineswegs in Verruf bringen,
wie Charles Spurgeon dies in Bezug auf jene zu tun schien, die an der unbegrenzten
Sühne festhielten:
„Es mag Menschen mit derartig verdrehten Vorstellungen geben, dass sie es für möglich
halten, dass ein Mensch, für den Christus gestorben ist, letztendlich doch verlorengehen
kann: Ich sage, dass es solche Menschen geben mag. Es tut mir leid, dass ich das sagen
muss, aber es gibt immer noch solche Personen, deren Kopf in ihrer Kindheit derart
durcheinandergebracht worden ist, dass sie nicht erkennen können, dass das, woran sie
festhalten, sowohl eine abstruse Unwahrheit als auch eine lästerliche Verleumdung darstellt.
... Allein das Erwähnen eines derart schrecklichen Irrtums schockiert mich. Und
wenn dieser Irrtum heute nicht derart weit verbreitet wäre, würde ich ihn mit gebührender
Verachtung übergehen.“ (zitiert aus Norman Douty, The Death of Christ, S. 163).
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9. Abschliessender Aufruf
LIEBER NICHT-CHRIST, DAS WORT „ALLE“ MEINT AUCH DICH!
Alle Menschen haben gesündigt (Röm 3,23). Alle sind wie Schafe in die Irre gegangen,
aber der HERR warf auf Christus unser aller Schuld (Jes 53,6). Die Gnade Gottes
ist heilbringend für alle Menschen erschienen (Tit 2,11). Ein Retter ist für das ganze
Volk [Israel] geboren worden (Lk 2,10-11). Weil Jesus Christus der Retter aller Menschen
ist (1Tim 4,10), kann auch alle Welt erlöst werden (Joh 3,16-17). Denn Gott will,
dass alle Menschen gerettet werden (1Tim 2,3-4). Deshalb ist der Retter auch für die
ganze Welt gestorben (1Tim 2,6; 1Joh 2,2), deshalb richtet sich das Evangelium auch
an alle Welt (Mk 16,15) und deshalb gilt die freundliche Einladung Gottes auch jedem
Menschen (Röm 10,13; Off 22,17). Allen Menschen ist überall geboten, Busse zu tun
(Apg 17,30), alle Menschen aus allen Nationen sind aufgefordert, dem Evangelium
Glauben zu schenken (Röm 1,5; 16,26). Die Christen haben den Auftrag erhalten, zu
allen Menschen zu gehen, und diese inständig darum zu bitten, sich mit Gott versöhnen
zu lassen (2Kor 5,19-20). Ja, das Wort alle schliesst auch dich mit ein! Die Frage
ist nur: Wirst du all das, was der lebendige Gott für dich vollbracht hat, auch für dich
ganz persönlich in Anspruch nehmen oder wirst du an deiner Ablehnung all dieser
Dinge festhalten?
„So viele ihn [Christus] aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden,
denen, die an seinen Namen glauben“ (Joh 1,12).
Weitere Literaturempfehlungen
Bisher sind folgende Artikel von George Zeller auf Deutsch erschienen:
• Die Gefahren der Reformatorischen Theologie
• Die Genfer Studienbibel – Eine Analyse
• Geht die Wiedergeburt dem Glauben voraus?
• Stehen die Gläubigen noch unter dem Gesetz?
• ... aber ihr habt nicht gewollt – Ein Bibelstudium zum 4. Punkt von TULIP
• Was ist die „Gabe Gottes“? – Zwei Studien zu Epheser 2,8-9
Die Schriften sind kostenlos bei Patrick Tschui erhältlich (siehe Adresse S. 2). Sie können
auch unter folgendem Link heruntergeladen werden: www.middletownbiblechurch.org/german/index.htm
Ein empfehlenswertes Buch zum Thema Calvinismus heisst:
Die Fünf Punkte des Calvinismus – Eine Antwort
Peter Streitenberger, CMD, 2007
Erhältlich z.B. bei: CLKV, Hochstrasse 180, CH-8330 Pfäffikon ZH, Tel. +41 (0)44 950
06 34, info@clkv.ch.
Auf Englisch finden Sie viele weitere Schriften unter:
Ausserdem empfehlen wir das Buch:
The Death Christ Died – A Biblical Case For Unlimited Atonement
von Robert P. Lightner (Kregel, überarbeitete Auflage,1998). Eine ausgezeichnete Verteidigung
der Lehre von der unbegrenzten Sühne von einem angesehenen Bibellehrer
und Theologen. Im Anhang (S. 161-165) geht er auf die Lehre von Dr. John MacArthur
zu diesem Thema ein.
Im Herrn Jesus Christus
Hans Peter Wepf
1. Mose 15.6
Hat Christus nach Matth. 20,28; 26,28 und Heb. 9,28, nur die Sünden‚ der vielen’ (griech.: polys im Plural) im Sinne einer begrenzten Sühnung getragen, so dass man davon ausgehen müsste, dass dabei Menschen von vornherein ausgenommen wurden ?
Die Verwendung ‚der vielen’ findet sich im Hebräerbrief und im Matthäusevangelium, die beide stark vom hebräischen Hintergrund der Schreiber geprägt sind und an Judenchristen gerichtet sind.
Daher ist zunächst das alttestamentliche Äquivalent zum Plural von polys (rabbim) erwähnenswert, das die vielen Einzelteile einer Ganzheit bezeichnet. Dabei ist nicht ein hypothetischer Überrest im Blick, der nicht zur Gesamtheit gehören würde (5.Mose 7,1; 15,6; Hes 39,27).
Die Verwendung des Plurals von polys in folgenden Bibelstellen des Neuen Testamentes hat eben gerade nicht eine einschränkende, sondern eine umfassende Bedeutung:
1) Römer 5,15ff „Denn wenn durch des einen Übertretung die vielen gestorben sind [...]Denn wie durch des einen Menschen Ungehorsam die vielen in die Stellung von Sündern versetzt worden sind“.
Die Parallelstelle 1.Kor 15:22 „Denn wie in Adam alle sterben, so werden auch in Christus alle lebendig gemacht werden.“), zeigt das ausnahmslose Vordringen des Todes zu allen Menschen.
2) Römer 12,5 „so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, einzeln aber Glieder voneinander.“ und 1.Kor 10:17 „Denn ein Brot, ein Leib sind wir, die vielen, denn wir alle nehmen teil an dem einen Brot.“ sprechen von der Gesamtsumme der Einzelglieder als ein Leib: Alle Glieder der Gemeinde – bilden den einen Leib Christi.
Will man das Erlösungswerk Jesu Christi auf eine begrenzte Personengruppe von Auserwählten einschränken, findet man nur auf den ersten Blick unterstützende Bibelstellen, die bei genauerem Hinsehen jedoch gerade dieser Lehre widersprechen.
Indirekte Gründe zur Stützung der‚ begrenzten Erlösung’
Freunde - aber nicht Feinde ?
Impliziert die Erwähnung der Erlösung für ‚seine Freunde’ (Joh 15,13) und ‚seine Schafe’ (Joh. 10,15), oder die Liebe Christi zu seiner Gemeinde (Eph 5,25) unabdingbar die These der Begrenzung und vorhergetroffenen Einschränkung des Werkes Jesu am Kreuz ?
Gebet für die einen – und die anderen?
Von manchen Befürwortern der‚ begrenzten Erlösung’ wird zudem vom hohepriesterlichen Gebet in Joh. 17, das der Herr ausschließlich im Hinblick auf die Seinen spricht, auf eine Beschränkung des Werkes am Kreuz gefolgert. Warum – so meint man - hätte Christus sein Gebet begrenzen sollen, wenn er den Preis für alle bezahlt hat?
Zur Überprüfung dieser These auf Stichhaltigkeit und Durchgängigkeit ist sie folgender Passage aus Gottes Wort auszusetzen:
Peter 2:1 „Es waren aber auch falsche Propheten unter dem Volk, wie auch unter euch falsche Lehrer sein werden, die verderbenbringende Parteiungen heimlich einführen werden, indem sie auch den Gebieter, der sie erkauft hat, verleugnen. Die ziehen sich selbst schnelles Verderben zu.“
Davon ausgehend, dass Irrlehrer, denen das Verderben bevorsteht, nicht Teil der Gemeinde Jesu darstellen, bleibt festzuhalten, dass sie dennoch von Gott erkauft waren und das Erlösungswerk des Herrn Jesus auch im Hinblick auf diese gottfeindlichen Menschen geschehen war.
Der Umkehrschluss aus der Erlösung für Freunde, der die Heilstat für die Feinde Gottes ausklammert, kann demnach nicht gezogen werden. Die Irrlehrer gehen demnach aufgrund ihrer Zurückweisung der Gnade Gottes verloren, obwohl auch sie hätten gerettet werden können.
Ist der Allmächtige ohnmächtig ?
Von manchen Calvinisten wird angeführt, das Erlösungswerk eines allmächtigen Gottes für alle Menschen wäre eine Kapitulation vor dem menschlichen Willen, wenn Gott nicht im Stande wäre, alle zur Bekehrung bringen zu können.
Im Hinblick auf folgende Aussage in 2. Thes 2:10 „und mit jedem Betrug der Ungerechtigkeit für die, welche verloren gehen, dafür, daß sie die Liebe der Wahrheit zu ihrer Errettung nicht angenommen haben.“, bleibt festzuhalten, dass die Voraussetzungen gerettet zu werden durch das Werk am Kreuz für alle geschaffen ist - Individuen jedoch verloren gehen, wenn sie diese Heilstat abweisen. Gott kapituliert vor dem Menschen nicht und bleibt der allmächtige, auch wenn er ihn in seiner Haltung gegenüber der Erlösung akzeptiert.
Doppelte Bezahlung für Sünden ?
Andere Befürworter der begrenzten Sühnung argumentieren, es stünde einem gerechten Gott nicht zu, Christus für alle Sünden bezahlen zu lassen und dann Menschen in der Hölle ein zweites Mal für ihre Sünden büßen zu lassen, da nicht einmal ein menschliches Gericht für eine Straftat zweimal verurteilt.
Die Qualen der Ungläubigen in der Hölle stellen jedoch nicht die Bezahlung des von Gott geforderten Lösegeldes zur Vergebung der Sünden dar. Der Kaufpreis musste von dem sündlosen Opfer Jesu Christi gebracht werden und ist nicht gleichzusetzen mit den Folge dessen Abweisung und der Verdammnis der Sünder im Feuersee. Selbst im ewigen Gericht ist eine Bezahlung für Sünden durch Sünder ausgeschlossen, da der Preis zu kostbar ist und nie mehr wieder gebracht werden kann: das Blut des unbefleckten Lammes - Jesus Christus:
Psalm 49,8 „Niemals kann ein Mann seinen Bruder loskaufen, nicht kann er Gott sein Lösegeld geben,
denn zu kostbar ist das Kaufgeld für ihre Seele, und er muß davon ablassen auf ewig, daß er fortlebe immer, die Grube nicht sehe.“
Peter Streitenberger
An wen richtet sich das Evangelium ?
1 Joh 2:2 Und er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.
Was sind nun die Konsequenzen von dem, was gezeigt werden soll, dass nämlich auf Christus alle Sünden aller Menschen lagen, als er am Kreuz unter dem Gericht Gottes stand und er ein vollkommenes, uneingeschränktes Opfer gebracht hat bzw. was ist die Folge davon, dass Christus für „alle den Tod geschmeckt hat“ (Heb.2,9) ?
Die Sühnung – wie die Stelle in Joh. 2,2 deutlich macht – für die Sünden der Gläubigen und der ganzen Welt, sind die Grundlage einer Verkündigung des Evangeliums an alle Menschen:
Da nun Matthäus im Kap 28,19 schreibt „Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern“, stellt die Zielgruppe der Verkündigung nicht ein begrenzter, auserwählter Teil innerhalb der Nationen im calvinistischen Sinn dar, sondern Gott hat alle Menschen, die über diese Erde gehen im Blick.
Entsprechend verkündigt auch Paulus in Athen, dass „er [Anm. Gott] jetzt den Menschen gebietet, daß sie alleüberall Buße tun sollen“ (Apg. 17,30).
Nun würden sich Vertreter der eingeschränkten Erlösung in der Regel strikt dagegen wehren, wenn ihnen vorgehalten würde, sie verträten auch eine Einschränkung in der Evangeliumsverkündigung.
Die Notwendigkeit der Evangelisation wird in der Tat gleich bewertet - nicht aber die Motivation und die Begründung dafür. Wir sehen etwa bei Spurgeon und Whitefield, wie stark evangelistische Bemühungen bei Vertretern der Teilerlösung sein können.
Ein Ruf für alle oder doppelter Ruf für zwei Welten?
Die Verkündigung des Evangeliums an die Welt geschieht aus calvinistischer Sicht auf zwei Arten:
„In Ergänzung zum äußeren allgemeinen Ruf zur Errettung, der an alle ohne Unterschied erfolgt, gestaltet der Heilige Geist für die Erwählten einen speziellen innerlichen Ruf, der sie unwiderstehlich zur Errettung führt. Dem äußerlichen Ruf, der an alle geht kann widerstanden werden, Dem inneren, der an die Erwählten geht, nicht, er mündet immer in eine Bekehrung.“ (aus www.Calvinismus.de).
Ruft Gott im Evangelium demnach auf zweierlei Weise - einmal also äußerlich und allgemein ohne zwingende Antwort des Menschen darauf und andererseits innerlich mit unabdingbar errettender Folge bei den Auserwählten?
Da die Theorie des zweifachen Rufens auch zwei Gruppen von Adressaten dieser Rufe beinhaltet, erscheint es zunächst folgerichtig eine zweifache Welt vorauszusetzen.
„Sie [Anm.: die Gnade] verfehlt niemals ihr Ziel, diejenigen, für die sie bestimmt ist, zu erreichen und zu erretten.“ www.Calvinismus.de).
“Dem äußerlichen Ruf, der an alle geht[...]Dem inneren, der an die Erwählten geht“ (aus www.Calvinismus.de).
Der Ruf und die Gnade richten sich in der Verkündigung des Evangeliums einerseits an eine auserwählte Gruppe innerhalb der Zuhörerschaft. Unklar bleibt jedoch andererseits, welche Absicht Gottes hinter dem Ruf des Evangeliums an die zweite Gruppe der Nicht-Erwählten steht, dem die Adressaten ja ohnehin widerstehen werden.
Die eine gefallene Welt
Der biblischen „Weltanschauung“ liegt im Gegensatz dazu folgende Sicht zugrunde:
1 Joh 5:19 „Wir wissen, daß wir aus Gott sind, und die ganze Welt liegt in dem Bösen.“
Eph 2:3 „Unter diesen hatten auch wir einst alle unseren Verkehr in den Begierden unseres Fleisches, indem wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten und von Natur Kinder des Zorns waren wie auch die anderen.“
Die ganze Welt liegt im Bösen und alle unerlösten Menschen sind Kinder des Zorns. Wären aus calvinistischer Sicht die Auserwählten der Welt wirklich Kinder auf die der Zorn Gottes gerichtet ist?
Auserwählung – wozu und wer?
Vorherbestimmt und auserwählt zur Errettung ?
Nachdem Gottes Wort von Vorherbestimmung und Auserwählung spricht, gilt es zu erörterten, welcher Inhalt damit verbunden wird.
Hat Gott etwa festgelegt und bestimmt, einen Teil der Welt zum Heil zu bringen und den anderen Teil dem Verderben zu überlassen? Diesen Gedanken findet man etwa in der Lehrregel von Dordrecht aus dem Jahr 1619 :„Nach diesem Ratschluß erweicht er gnädig die Herzen der Auserwählten, obwohl sie hart sind, und neigt sie gnädig zum Glauben; diejenigen aber, die nicht erwählt sind, beläßt er nach seinem gerechten Urteil in ihrer Bosheit und Hartherzigkeit“ (erstes Lehrstück Kap.6).
Auserwählung von Menschen im Unglauben?
Nachdem zunächst die Frage nach dem Bezug der Vorhebestimmung gestellt wurde, ist zusätzlich anhand von Gottes Wort zu unterscheiden, welche Personengruppe angesprochen ist – Welt oder Gemeinde:
Joh 15,16 Auserwählung der Jünger zum Fruchtbringen
Römer 8,29 Vorherbestimmung der Berufenen zur Gleichförmigkeit mit dem Sohn Gottes
Eph 1,3f Auserwählung der Gemeinde zur Heiligkeit und Vorherbestimmung zur Sohnschaft
Eph 1,11f Vorherbestimmung der Gläubigen zum Preis seiner Herrlichkeit
Eph 2,10 Vorherbereitung der Werke der Gläubigen
Wir finden nirgendwo einen Bezug der Erwählung Gottes auf einen vermeintlich auserwählten Teil der Welt. Es ist daher ein Generalfehler eine Unterteilung der Welt vorzunehmen und den unerlösten und noch ungläubigen Teil der Menschen mit Aussagen in Verbindung zu bringen, die Gott ausschließlich seiner erlösten Gemeinde zugedacht hat, nämlich Frucht zu bringen, seinem Sohn gleichförmig zu werden und zum Preis seiner Herrlichkeit zu leben.
Wir finden ebenso wenig Errettung, Vergebung der Sünden und die Erlösung als inhaltlicher Bestandteil der Bestimmung Gottes für einen Teil der Ungläubigen.
Die Anordnung Gottes für die gesamte Welt lautet vielmehr, „daß sie alle überall Buße tun sollen“ (Apg 17,30).
Wir sehen also, dass es der Befehl und Wille Gottes ist, dass jeder Mensch an Jesus Christus glauben soll, „da er nicht will, daß irgendwelche verloren gehen, sondern daß alle zur Buße kommen.“ (2.Petr 3,9).
Peter Streitenberger
Im Herrn Jesus Christus
Hans Peter Wepf
1. Mose 15.6
Um die "begrenzte Erlösung" zu verteidigen, argumentieren Calvinisten, "Hätte Christus tatsächlich für alle Menschen die Strafe für Sünde bezahlt, sie erlöst und versöhnt und sein Leben gegeben, dann würden auch alle Menschen gerettet werden". In gleicher Weise schreibt Palmer "Aber wenn der Tod Jesu das ist, was die Bibel sagt - ein stellvertretendes Opfer für Sünden...mit dem der Sünder tatsächlich mit Gott versöhnt wird -, dann kann das offensichtlich nicht für jeden Menschen gewesen sein..denn dann würde auch jeder gerettet und das ist offensichtlich ja nicht der Fall".
In einem Brief an John Wesley argumentiert George Whitfield, "Du kannst nicht im Ernst annehmen, dass 'Christus für die, die verloren gehen, gestorben ist', ohne daran festzuhalten..'dass alle Verdammten Seelen irgendwann wieder aus der Hölle herauskommen'". Diese Argumentation basiert jedoch auf der unbiblischen Vorstellung, dass der Tod Christi automatisch alle Erwählten auch tatsächlich erlöst hat, auch ohne deren Glauben, deren Einsicht oder das sie es angenommen hätten. Pink gab folgendes zu und widersprach damit anderen Calvinisten: "Es reicht nicht, dass ein Heiland, nur dargeboten wird: er muss auch angenommen werden. Es muss auch Glauben an sein Blut da sein (Römer 3,25) und Glaube ist eine persönliche Sache. Ich muss Glauben haben".
Obwohl Pink von anderen Calvinisten in diesem Punkt für extrem gehalten wurde, hatte er in diesem Punkt Recht. Dass Christus "für jeden Menschen den Tod geschmeckt hat" (Heb 2,9) heißt nicht automatisch, dass alle auch tatsächlich vom ewigen Tod - der Strafe für Sünde - gerettet werden. Das sagt die Bibel nirgendwo. Sünder werden eingeladen und aufgefordert zu Christus zu kommen und an ihn zu glauben. Das ist die Verantwortung des Sünders - etwas, das er "tun muss...um gerettet zu werden" (Apg 16,30).
Dass Christus für unsere Sünden gestorben ist, ist die Botschaft, die im Evangeliums gepredigt wird. Das muss jedoch auch geglaubt werden, damit es einem Sünder zugute kommt. Obwohl der Tod Christi "allen Menschen" angeboten wird, ist er nur für die wirksam, die auch daran glauben: Er ist "der Retter aller Menschen, besonders derer die glauben" (1Tim 4,10). Vance weist auf das offensichtliche Problem damit hin, dass der Tod Christi automatisch Erlösung für diejenigen bewirken würde, für die er gestorben ist: "Wenn aber eine Eigenschaft der Erlösung die wäre, dass sie aus sich selbst heraus die Rettung für die bedeuten würde, für die sie bestimmt war, dann hätten die Erwählten niemals "tot in Sünden und Vergehungen" (Eph 2,1) geboren werden können. Und wie könnten konsequenterweise Menschen, die errettet, erlöst und versöhnt und gerechtfertigt wurden "von Natur aus Kinder des Zorns" (Eph 2,3) sein. ?"
Das Passafest bezeichnet Pink als "eines der deutlichsten und gesegneten Vorschattungen auf das Kreuzeswerk Christi, das irgendwo im Alten Testament gefunden werden kann. Es ist ein deutliches Beispiel für das Prinzip, dass die Sühnung und deren Annahme unterschieden werden müssen. Das Blut des geschlachteten Lammes (2Mose 12,6.21) wurde erst wirksam, nachdem es nach Anweisung an die Türpfosten gestrichen wurde...Der Tod des Lammes rettete niemanden: das Blut musste angewendet werden". Und so ist es auch mit dem Tod Christi.
Der Calvinismus gibt einfach Gott die Schuld: "Weil Gott nur bestimmte und nicht alle geliebt hat, weil er es souverän und unabänderlich bestimmt hat, dass nur diese bestimmten gerettet werden sollen, hat er seinen Sohn gesandt, um für diese zu sterben und diese zu retten, und nicht die ganze Welt". Es werden daher nicht alle Menschen errettet, weil Gott es nicht wollte und vorherbestimmt hat, dass Menschenmassen ewig leiden sollen. Nach der Bibel ist es jedoch so, dass nicht alle gerettet werden, weil SIE (die Verlorenen), sich weigern an Christus zu glauben. Paulus schreibt, dass die Erlösung "zu allen..die glauben..." kommt "weil alle gesündigt haben" (Röm 3,22-23). Natürlich bedeutet "alle haben gesündigt" die ganze Menschheit. Daher heißt "alle...die glauben" auch, dass die ganze Menschheit auch an Christus glauben könnte, wenn sie nur wollten.
(Aus: Dave Hunt: "What love is this", S. 301ff, Übers.:M)
Im Herrn Jesus Christus
Hans Peter Wepf
1. Mose 15.6
Hallo, hätte gerne Verse woran man sieht, dass Christus für jeden gestorben ist.
lg Ibo
1. Johannes
2,1b ... Jesum Christum, den Gerechten.
2 Und er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.
Herzliche Grüsse
Olivier
Sprüche 4,20-23
Mein Sohn, merke auf meine Worte, neige dein Ohr zu meinen Reden. Laß sie nicht von deinen Augen weichen, bewahre sie im Innern deines Herzens. Denn Leben sind sie denen, die sie finden, und Gesundheit ihrem ganzen Fleische. – Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens. –
Ein Beispiel, wie innerhalb der "AV"
"Wir sind die Versammlung" Irrlehrer Truppe so abgefahrens über den Herrn Jesus Christus und Sein Werk "gepredigt" wird. ►
M. Seibel:
"Diese beiden Begebenheiten haben eine geistliche Bedeutung: So, wie anstelle des Erstgeborenen in Israel ein Lamm sterben musste, ist der Herr Jesus stellvertretend für jeden Menschen gestorben, der sich zu Ihm bekehrt (vgl. 1. Kor 5,7). Ihn traf das Gericht für unsere Sünden. Und dadurch, dass Er dieses Gericht auf sich genommen hat, werden alle, die den Tod Christi für sich in Anspruch nehmen, von der ewigen Strafe Gottes befreit (vgl. Mk 10,45; 2. Kor 5,21)."
Man hat oft vermerkt, dass wir im Neuen Testament im Anschluss an die Evangelien und die Apostelgeschichte vornehmlich die christliche Lehre finden. Das Alte Testament zeigt uns dagegen in erster Linie die Geschichte des Menschen und des Volkes Israel. Ist aber das der tiefere Sinn des Alten ...
Im Herrn Jesus Christus
Hans Peter Wepf
1. Mose 15.6
Man muss halt ganz genau wie es die Schrift macht unterscheiden zwischen z.Bsp.:
- Sühne
- Strafe
- Versöhnung
- Vergebung
- Rechtfertigung
- Errettung
- Befreiung
- Sühneort
- Strafort
usw. usf.,
ein Monate füllendes Studium mit grösstem Gewinn.
Persönlich gestimmte Vernunftsgedanken und logische Schlüsse und Umkehrschlüsse nie zulassen.
3 Denn obwohl wir im Fleische wandeln, kämpfen wir nicht nach dem Fleische; 4 denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern göttlich mächtig zur Zerstörung von Festungen;
5 indem wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken gefangen nehmen unter den Gehorsam des Christus,
Herzliche Grüsse
Olivier
Sprüche 4,20-23
Mein Sohn, merke auf meine Worte, neige dein Ohr zu meinen Reden. Laß sie nicht von deinen Augen weichen, bewahre sie im Innern deines Herzens. Denn Leben sind sie denen, die sie finden, und Gesundheit ihrem ganzen Fleische. – Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens. –
Kommentar